Table.Briefing: China

Grüner Konsum + E-Autos

  • China will den grünen Konsum fördern
  • Sinopec pumpt CO2 in Ölfelder
  • Seltene Erden werden teurer
  • Olympia als Schaufenster für Wasserstoffautos
  • Audi darf neue Fabrik für E-Autos bauen
Liebe Leserin, lieber Leser,

haben Sie heute schon den Müll getrennt, Bio-Lebensmittel gefrühstückt oder auf Fleisch verzichtet? Der Trend zum nachhaltigen Lebensstil erreicht auch das politische Peking. Dort will man den grünen Konsum nun fördern. Die Menschen sollen Produkte mit Öko-Siegeln kaufen und weniger Müll verursachen. Behörden und Unternehmen sollen die Beschaffung nachhaltiger gestalten und klimafreundlicher bauen. Doch bei all dem grünen Schein gibt es ein Problem: Die meisten Unternehmen in China sind zu intransparent und veröffentlichen zu wenig Informationen, wie nachhaltig ihr Geschäftsgebaren und ihre Produkte wirklich sind. Doch Peking strebt Reformen an, wie wir heute in einer Analyse erklären.

Dass wir bei vermeintlich nachhaltigen Produkten und Verfahren immer genau hinschauen sollten, zeigt das Beispiel Sinopec. Der chinesische Öl- und Gasriese scheidet zwar CO2 ab, um nachhaltiger zu werden. Doch das Klimagas wird zur Maximierung der Ölförderung genutzt – wodurch der Klimaeffekt des Carbon Captures wieder verloren geht.

Recht erfolgreich ist China schon beim Umstieg auf E-Autos. Der Marktanteil der Stromer wächst von Jahr zu Jahr. Das liegt auch an einer langjährigen, Milliarden-schweren Förderung. Audi will weiter vom wachsenden chinesischen Markt profitieren und hat die Erlaubnis bekommen, eine weitere Fabrik für E-Autos zu bauen. Die Olympischen Winterspiele zeigen, dass auch der Wasserstoff eine Zukunft in Chinas E-Mobilität haben könnte.

Viele neue Erkenntnisse!

Ihr
Nico Beckert
Bild von Nico  Beckert

Analyse

Chinas Klimaziele und der grüne Anstrich

Aus keinem Land der Welt importiert Deutschland so viel Kleidung und Textilien wie aus China. Erst die Ramsch-Preise der Kleidung aus der Volksrepublik und anderen asiatischen Ländern haben den Massenkonsum von Billigkleidung im Westen ermöglicht. Da mutet es schon leicht skurril an, dass Peking jetzt die eigenen Bürger dazu anhält, Kleidung “vernünftig und angemessen, entsprechend dem tatsächlichen Bedarf” zu kaufen.

Scheinbar hat man in Peking erkannt, dass die im Westen verbreitete Wegwerf-Mentalität, die auch längst im Reich der Mitte angekommen ist, nicht nachhaltig ist und mit den eigenen Klimaziele kollidiert. Die Regierung hat sich ambitioniert klingende Ziele gesetzt. Bis 2025 soll der “Marktanteil von grünen und CO₂-armen Produkten erheblich steigen”. Zudem sollen “Extravaganz und Verschwendung wirksam eingedämmt werden”. Bis 2030 sollen grüne und CO₂-arme Produkte sogar zum “Mainstream” werden. Das geht aus einem neuen Plan zur Förderung des grünen Konsums hervor. Die Planer haben acht Sektoren ausgemacht, in denen der nachhaltige Konsum gestärkt werden soll:

  • Lebensmittel – beispielsweise durch die Einschränkung von Lebensmittelverschwendung
  • Kleidung – durch den Kauf von Schuluniformen mit Nachhaltigkeits-Zertifikaten
  • Wohnen – durch den Bau nachhaltiger Wohngebäude
  • Haushaltsprodukte – durch den Kauf energiesparender Haushaltsgeräte
  • Transport und Mobilität – durch die Förderung von Fahrzeugen mit alternativem Antrieb
  • Kultur und Tourismus
  • Strom
  • Öffentliche Einrichtungen – durch die Förderung der nachhaltigen Beschaffung öffentlicher Institutionen

Chinas Konsumenten geben sich nachhaltig

Bei den Konsumenten im Reich der Mitte könnte der Aufruf zum grünen Konsum auf Zustimmung treffen. In einer Umfrage der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers gaben 72 Prozent der Befragten an, von Unternehmen zu kaufen, die “sich bewusst für den Umweltschutz einsetzen und ihn unterstützen”. Ebenfalls 72 Prozent gaben an, beim Konsum auf Nachhaltigkeits-Zertifikate zu achten. Allerdings sind solche Umfragen mit Vorsicht zu genießen.

Auch im internationalen Vergleich schneidet zumindest die junge Generation von Chinesen gut ab. Laut einer neuen Erhebung des Credit Suisse Research Institute sagen mehr als 60 Prozent der 1000 befragten Chines:innen, dass sie ihren Konsum auf umweltfreundlichere Produkte verlagert haben oder nur noch solche Produkte kaufen. In Deutschland lag die Quote demnach nur bei knapp über 40 Prozent. Ein gewisser Anteil der Befragten wird das eigene Verhalten besser darstellen, als es in Wahrheit ist. Das Spannende an der Credit Suisse-Umfrage ist: Mehr als die Hälfte der befragten Chines:innen vertrauen den Nachhaltigkeits-Versprechen von Unternehmen nicht. Und es gibt in der Tat Anzeichen dafür, dass diese Skepsis durchaus berechtigt ist.

Chinas Unternehmen: Viel grüner Schein

Chinesische Unternehmen geben sich in ihrer Außendarstellung zunehmend als nachhaltig. Immer häufiger benutzen sie Schlagwörter wie “Klimaneutralität”, “Nachhaltigkeit” oder “umweltfreundlich”, um ihre Produkte und Dienstleistungen zu bewerben. Doch wenn es darum geht, ihre Emissionen zu veröffentlichen und konkrete Fortschritte zu veranschaulichen, herrscht häufig noch Schweigen.

Bisher gibt es kaum Kontrollinstanzen, die Klimaversprechen chinesischer Unternehmen überwachen. “Es gibt keinen nationalen Standard oder Mechanismus, um alle Behauptungen der Unternehmen über Klimaneutralität zu überprüfen”, sagt die Klimaexpertin Yan Qin gegenüber dem Nachrichtendienst Bloomberg. Während es in Europa Medien und unabhängige Organisationen gebe, die Klimaversprechen kritisch hinterfragen, sei China von einem Top-Down-Ansatz geprägt, bei dem der Staat kontrollierend eingreifen müsse.

Auch bei der Nachhaltigkeits-Berichterstattung chinesischer Unternehmen gibt es große Lücken. Zwar veröffentlichen mittlerweile viele der größten, an chinesischen Börsen notierten Unternehmen einen ESG-Bericht mit Informationen zu Umwelt-, sozialen und Governance-Fragen. ESG steht hierbei für Environmental, Social and Governance. Aber in der Vergangenheit wurden nur wenige dieser Berichte von unabhängigen Prüfern begutachtet (China.Table berichtete).

Nur 26 Prozent der ESG-Berichte der CSI-300-Unternehmen enthalten überhaupt Informationen über die von den jeweiligen Unternehmen verursachten Treibhausgasemissionen. “Insgesamt sind die von den chinesischen Unternehmen offengelegten ESG-Daten noch unzureichend“, schreiben die Unternehmensberater von Dezan-Shira. Auch eine jüngste Reform der Berichterstattung ist kaum ausreichend, da sie nicht alle (börsennotierten) Unternehmen umfasst (China.Table berichtete).

Peking will Zertifikate für Grünen Konsum verbessern

In Peking scheint man diese Probleme erkannt zu haben. So will man die Standards, Zertifizierungs- und Kennzeichnungssysteme für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen ausbauen und internationalen Standards angleichen. Auch Standards zum Energiesparen sollen verbessert werden. Zudem will die Regierung Standards für Treibhausgasemissionen für Schlüsselindustrien und -produkte entwickeln. Bei “wichtigen Produkten” will die Regierung auch prüfen, ob sie Standards für den CO₂-Fußabdruck dieser Produkte einführen wird.

Insgesamt bleiben die Vorhaben, um Grünen Konsum zu fördern, noch recht vage. “Der Plan ist eher ein Aufruf zum Handeln als ein Rezept zur Lösung der anstehenden Probleme”, sagen die Experten der Beratungsagentur Trivium China. Die große Herausforderung beim grünen Konsum sei es, den Menschen den Nutzen zu veranschaulichen.

Bei E-Autos hatte die Regierung auf finanzielle Förderung und Steuererleichterungen für die Konsumenten gesetzt. Doch für andere Konsumgüter sei das kaum möglich. “Die Regierung muss Wege finden, Anreize für die Verbraucher zu schaffen, ohne jedem Verbrauchssegment Milliarden von Renminbi zukommen zu lassen”, so die Einschätzung der Berater.

  • Klima
  • Nachhaltiger Konsum
  • Nachhaltigkeit
  • Umwelt

News

Sinopec nutzt CO2 zur Steigerung der Ölproduktion

Der chinesische Öl- und Gaskonzern Sinopec hat eine neue Anlage zur CO2-Abscheidung, -nutzung und -speicherung (CCUS) fertiggestellt. Laut Unternehmensangaben könne die Anlage pro Jahr eine Million Tonnen CO2 abscheiden, wie die Beratungsagentur Trivium China berichtet. Das CO2 würde somit nicht mehr in die Atmosphäre entweichen und seine klimaschädliche Wirkung verlieren. Umgerechnet sei das so viel, wie knapp 600.000 Verbrenner-Autos pro Jahr verursachen oder wie neun Millionen Bäume pro Jahr an CO2 speichern. Zum Vergleich: Chinas jährliche CO2-Emissionen betragen 10,7 Milliarden Tonnen.

Allerdings will Sinopec das CO2 dafür nutzen, die Produktion eines nahegelegenen Ölfelds zu erhöhen. Indem CO2 unter die Erde gepresst wird, können auch die letzten Reserven der Öl- und Gasfelder gefördert werden. Sinopec erhofft sich durch die CO2-Nutzung, innerhalb der nächsten 15 Jahre fast drei Millionen Tonnen mehr Öl zu fördern.

Laut Trivium ist die CCUS-Technologie in China ein aufstrebender Sektor. Derzeit fließt der Großteil der Projektfinanzierung demnach in CCUS-Projekte zur Erhöhung der Produktivität von Öl- und Gasreservoirs. Laut dem Umweltministerium befinden sich in China 40 CCUS-Projekte im Bau oder werden schon betrieben.

Auch in Europa gibt es erste Projekte zur Abscheidung und Speicherung von CO2. Norwegen baut gerade an einer “CO2-Deponie”, die ab dem Jahr 2024 anfänglich 1,5 Millionen Tonnen des Treibhausgases speichern soll. Der für die Umsetzung des Green Deal verantwortliche Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, sagte jüngst: “Die Abscheidung und Speicherung von CO2 wird unerlässlich sein, wenn wir Klimaneutralität erreichen wollen. Es ist ein wichtiges Instrument in unserem Baukasten” (Europa.Table berichtete). nib

  • Energie
  • Klima
  • Klimapolitik
  • Rohstoffe

Preise für Seltene Erden auf Rekord-Niveau

Die Preise für Seltene Erden sind in China auf ein Rekord-Niveau gestiegen. Ein Preisindex des Verbandes der chinesischen Industrie für Seltene Erden, der die Preise von 21 Seltenen Erden und Kombinationsprodukten misst, ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 99 Prozent gestiegen. Das berichtete das Wirtschaftsportal Caixin. Allein seit Anfang des Jahres ist der Index demnach um 86 Basispunkte auf einen Stand von 426 gestiegen.

Seltene Erden werden vor allem für die Herstellung von Hochtechnologie-Produkten benötigt. Sie werden häufig in kleinen Mengen in Produkten wie Windkraftanlagen, Elektromotoren und Akkus verbaut, werden aber auch für militärische Geräte oder in der Radiologie benötigt. Anders als der Name vermuten lässt, kommen die Metalle in der Erdkruste nicht selten vor.

Der Preisanstieg wird vor allem mit Lieferschwierigkeiten erklärt. Die Versorgung aus Myanmar etwa war im letzten Jahr aufgrund der Coronavirus-Pandemie gestört. Das Land sei für zehn Prozent der chinesischen Produktion Seltener Erden verantwortlich, so Caixin. Gleichzeitig steige die Nachfrage, durch den Boom bei E-Autos und Windkraftanlagen. Marktanalysten sind sich laut Caixin uneins, ob die Preise weiter stark ansteigen werden. nib

Olympia schafft Aufmerksamkeit für Wasserstoff

Wasserstoff betriebene Busse sind bei Olympia 2022 gängige Verkehrsmittel und schaffen eine breitere Aufmerksamkeit für diese Art der nachhaltigeren Mobilität.
Wasserstoffbus im Wintersportgebiet Zhangjiakou

Wasserstoff könnte für Chinas Energiezukunft eine größere Rolle spielen als bisher angenommen. Das ist das Ergebnis eines aktuellen Reports des Ölkonzerns Shell. Chinas Medien haben die Studie anlässlich von Wasserstoffanwendungen bei den Olympischen Spielen groß aufgegriffen. Wasserstoff spielt den Experten zufolge vor allem da eine Rolle, wo sich Elektrizität nicht direkt einsetzen lässt. Dazu gehören der Transport mit schweren Lkw, die Schiff- und Luftfahrt oder die Stahlproduktion. Das energiereiche Gas könnte bis 2060 demnach 16 Prozent des Energieumsatzes ausmachen. Daraus ergäbe sich ein gewaltiges Wachstum des Marktes mit Herstellung, Handhabung und Nutzung von Wasserstoff. Der Anteil ist bisher vernachlässigbar klein.

Damit die Wasserstoffnutzung für den Klimaschutz Sinn hat, komme nur sogenannter grüner Wasserstoff in Frage, der durch die Aufspaltung von Wasser mit klimaneutral hergestelltem Strom entsteht. Dieser Teil sollte 85 Prozent des Verbrauchs ausmachen, so die Shell-Experten. Zu den klimafreundlichen Energiequellen zählt in China auch die Kernkraft. Shell geht auch davon aus, dass die Stromerzeugung sich insgesamt verdreifachen muss, um genug Strom für direkte Anwendungen und für die Elektrolyse von Wasserstoff bereitzustellen. Der Anteil von Wind und Solar wird demnach auf 80 Prozent steigen. Zwar erfordert die Umstellung zunächst erhebliche Investitionen, doch dann sinken die Kosten erheblich.

Viel Aufmerksamkeit gilt derweil den Wasserstofffahrzeugen, die bei den Olympischen Spielen bereits im realen Einsatz sind. Bloomberg stellt einen Vergleich mit 2008 an. Damals hatte Peking das Elektroauto als Zukunftstechnik vorgestellt, heute ist es ein Alltagsgegenstand. Genauso könne es nun mit Brennstoffzellenantrieben laufen. Die rund 1000 Wasserstoffbusse und -autos im Umfeld der Spiele beweisen den Berichten zufolge die Nützlichkeit der Technik bei tiefen Minustemperaturen. Wo Batterien schwächeln, laufen Wasserstoffantriebe weiter einwandfrei. Das Tanken dauert zudem wie beim Benziner nur wenige Minuten – ein Vorteil, wenn die Heizung lange läuft und die Energiereserven sich daher schneller aufzehren.

Die Fahrzeuge stammen von Beiqi Foton, Geely, Yutong und Toyota. Der Wasserstoff für den Einsatz im Olympiagebiet Zhangjiakou stammt aus einer kräftigen 20-Megawatt-Anlage von Shell. Der Strom dafür kommt aus den umliegenden konventionellen Kraftwerken, es handelt sich also noch nicht um grünen, sondern bisher um schwarzen Wasserstoff aus Kohleverbrennung. fin

  • Autoindustrie

Audi erhält grünes Licht für E-Auto-Fabrik

Der Autobauer Audi kann die Produktion von Elektroautos in China in den kommenden Jahren kräftig ausweiten. Die Behörden erteilten der VW-Tochter und ihrem staatlichen chinesischen Partner FAW die Genehmigung für eine rund drei Milliarden Dollar teure Fabrik in Changchun im Nordosten des Landes. Die Arbeiten an den Anlagen dort sollen im April beginnen, das Werk mit einer Jahreskapazität von mehr als 150.000 Fahrzeugen soll Ende 2024 die Produktion aufnehmen. Audi wolle dort drei vollelektrische Modelle montieren, darunter einen SUV. “Das Projekt Audi FAW NEV ist ein wichtiger Eckpfeiler der Elektrifizierungsstrategie von Audi in China”, sagte ein Volkswagen-Sprecher. Unter der Abkürzung NEV werden in China Fahrzeuge mit klimaschonenden Antrieben zusammengefasst.

Audi und FAW hatten im Oktober 2020 eine Absichtserklärung zur Produktion von Premium-Elektrofahrzeugen unterzeichnet. Im November 2021 teilte Audi mit, dass das Werk wegen Verzögerungen bei der Genehmigung hinter dem Zeitplan zurückliege. Audi baut seit vielen Jahren zusammen mit FAW in Changchun und im südlich gelegenen Foshan Autos mit Verbrennungsmotor. An beiden Standorten läuft bereits je ein E-Modell vom Band: In Changchun der Audi e-tron und in Foshan die Langversion des Q2 e-tron. Die Ingolstädter wollen auch mit dem in Shanghai ansässigen chinesischen Partner SAIC Elektroautos bauen. Bis 2025 sollen elektrifizierte Autos ein Drittel des Absatzes von Audi auf dem weltgrößten Pkw-Markt ausmachen. rtr

  • Autoindustrie

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • China will den grünen Konsum fördern
    • Sinopec pumpt CO2 in Ölfelder
    • Seltene Erden werden teurer
    • Olympia als Schaufenster für Wasserstoffautos
    • Audi darf neue Fabrik für E-Autos bauen
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    haben Sie heute schon den Müll getrennt, Bio-Lebensmittel gefrühstückt oder auf Fleisch verzichtet? Der Trend zum nachhaltigen Lebensstil erreicht auch das politische Peking. Dort will man den grünen Konsum nun fördern. Die Menschen sollen Produkte mit Öko-Siegeln kaufen und weniger Müll verursachen. Behörden und Unternehmen sollen die Beschaffung nachhaltiger gestalten und klimafreundlicher bauen. Doch bei all dem grünen Schein gibt es ein Problem: Die meisten Unternehmen in China sind zu intransparent und veröffentlichen zu wenig Informationen, wie nachhaltig ihr Geschäftsgebaren und ihre Produkte wirklich sind. Doch Peking strebt Reformen an, wie wir heute in einer Analyse erklären.

    Dass wir bei vermeintlich nachhaltigen Produkten und Verfahren immer genau hinschauen sollten, zeigt das Beispiel Sinopec. Der chinesische Öl- und Gasriese scheidet zwar CO2 ab, um nachhaltiger zu werden. Doch das Klimagas wird zur Maximierung der Ölförderung genutzt – wodurch der Klimaeffekt des Carbon Captures wieder verloren geht.

    Recht erfolgreich ist China schon beim Umstieg auf E-Autos. Der Marktanteil der Stromer wächst von Jahr zu Jahr. Das liegt auch an einer langjährigen, Milliarden-schweren Förderung. Audi will weiter vom wachsenden chinesischen Markt profitieren und hat die Erlaubnis bekommen, eine weitere Fabrik für E-Autos zu bauen. Die Olympischen Winterspiele zeigen, dass auch der Wasserstoff eine Zukunft in Chinas E-Mobilität haben könnte.

    Viele neue Erkenntnisse!

    Ihr
    Nico Beckert
    Bild von Nico  Beckert

    Analyse

    Chinas Klimaziele und der grüne Anstrich

    Aus keinem Land der Welt importiert Deutschland so viel Kleidung und Textilien wie aus China. Erst die Ramsch-Preise der Kleidung aus der Volksrepublik und anderen asiatischen Ländern haben den Massenkonsum von Billigkleidung im Westen ermöglicht. Da mutet es schon leicht skurril an, dass Peking jetzt die eigenen Bürger dazu anhält, Kleidung “vernünftig und angemessen, entsprechend dem tatsächlichen Bedarf” zu kaufen.

    Scheinbar hat man in Peking erkannt, dass die im Westen verbreitete Wegwerf-Mentalität, die auch längst im Reich der Mitte angekommen ist, nicht nachhaltig ist und mit den eigenen Klimaziele kollidiert. Die Regierung hat sich ambitioniert klingende Ziele gesetzt. Bis 2025 soll der “Marktanteil von grünen und CO₂-armen Produkten erheblich steigen”. Zudem sollen “Extravaganz und Verschwendung wirksam eingedämmt werden”. Bis 2030 sollen grüne und CO₂-arme Produkte sogar zum “Mainstream” werden. Das geht aus einem neuen Plan zur Förderung des grünen Konsums hervor. Die Planer haben acht Sektoren ausgemacht, in denen der nachhaltige Konsum gestärkt werden soll:

    • Lebensmittel – beispielsweise durch die Einschränkung von Lebensmittelverschwendung
    • Kleidung – durch den Kauf von Schuluniformen mit Nachhaltigkeits-Zertifikaten
    • Wohnen – durch den Bau nachhaltiger Wohngebäude
    • Haushaltsprodukte – durch den Kauf energiesparender Haushaltsgeräte
    • Transport und Mobilität – durch die Förderung von Fahrzeugen mit alternativem Antrieb
    • Kultur und Tourismus
    • Strom
    • Öffentliche Einrichtungen – durch die Förderung der nachhaltigen Beschaffung öffentlicher Institutionen

    Chinas Konsumenten geben sich nachhaltig

    Bei den Konsumenten im Reich der Mitte könnte der Aufruf zum grünen Konsum auf Zustimmung treffen. In einer Umfrage der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers gaben 72 Prozent der Befragten an, von Unternehmen zu kaufen, die “sich bewusst für den Umweltschutz einsetzen und ihn unterstützen”. Ebenfalls 72 Prozent gaben an, beim Konsum auf Nachhaltigkeits-Zertifikate zu achten. Allerdings sind solche Umfragen mit Vorsicht zu genießen.

    Auch im internationalen Vergleich schneidet zumindest die junge Generation von Chinesen gut ab. Laut einer neuen Erhebung des Credit Suisse Research Institute sagen mehr als 60 Prozent der 1000 befragten Chines:innen, dass sie ihren Konsum auf umweltfreundlichere Produkte verlagert haben oder nur noch solche Produkte kaufen. In Deutschland lag die Quote demnach nur bei knapp über 40 Prozent. Ein gewisser Anteil der Befragten wird das eigene Verhalten besser darstellen, als es in Wahrheit ist. Das Spannende an der Credit Suisse-Umfrage ist: Mehr als die Hälfte der befragten Chines:innen vertrauen den Nachhaltigkeits-Versprechen von Unternehmen nicht. Und es gibt in der Tat Anzeichen dafür, dass diese Skepsis durchaus berechtigt ist.

    Chinas Unternehmen: Viel grüner Schein

    Chinesische Unternehmen geben sich in ihrer Außendarstellung zunehmend als nachhaltig. Immer häufiger benutzen sie Schlagwörter wie “Klimaneutralität”, “Nachhaltigkeit” oder “umweltfreundlich”, um ihre Produkte und Dienstleistungen zu bewerben. Doch wenn es darum geht, ihre Emissionen zu veröffentlichen und konkrete Fortschritte zu veranschaulichen, herrscht häufig noch Schweigen.

    Bisher gibt es kaum Kontrollinstanzen, die Klimaversprechen chinesischer Unternehmen überwachen. “Es gibt keinen nationalen Standard oder Mechanismus, um alle Behauptungen der Unternehmen über Klimaneutralität zu überprüfen”, sagt die Klimaexpertin Yan Qin gegenüber dem Nachrichtendienst Bloomberg. Während es in Europa Medien und unabhängige Organisationen gebe, die Klimaversprechen kritisch hinterfragen, sei China von einem Top-Down-Ansatz geprägt, bei dem der Staat kontrollierend eingreifen müsse.

    Auch bei der Nachhaltigkeits-Berichterstattung chinesischer Unternehmen gibt es große Lücken. Zwar veröffentlichen mittlerweile viele der größten, an chinesischen Börsen notierten Unternehmen einen ESG-Bericht mit Informationen zu Umwelt-, sozialen und Governance-Fragen. ESG steht hierbei für Environmental, Social and Governance. Aber in der Vergangenheit wurden nur wenige dieser Berichte von unabhängigen Prüfern begutachtet (China.Table berichtete).

    Nur 26 Prozent der ESG-Berichte der CSI-300-Unternehmen enthalten überhaupt Informationen über die von den jeweiligen Unternehmen verursachten Treibhausgasemissionen. “Insgesamt sind die von den chinesischen Unternehmen offengelegten ESG-Daten noch unzureichend“, schreiben die Unternehmensberater von Dezan-Shira. Auch eine jüngste Reform der Berichterstattung ist kaum ausreichend, da sie nicht alle (börsennotierten) Unternehmen umfasst (China.Table berichtete).

    Peking will Zertifikate für Grünen Konsum verbessern

    In Peking scheint man diese Probleme erkannt zu haben. So will man die Standards, Zertifizierungs- und Kennzeichnungssysteme für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen ausbauen und internationalen Standards angleichen. Auch Standards zum Energiesparen sollen verbessert werden. Zudem will die Regierung Standards für Treibhausgasemissionen für Schlüsselindustrien und -produkte entwickeln. Bei “wichtigen Produkten” will die Regierung auch prüfen, ob sie Standards für den CO₂-Fußabdruck dieser Produkte einführen wird.

    Insgesamt bleiben die Vorhaben, um Grünen Konsum zu fördern, noch recht vage. “Der Plan ist eher ein Aufruf zum Handeln als ein Rezept zur Lösung der anstehenden Probleme”, sagen die Experten der Beratungsagentur Trivium China. Die große Herausforderung beim grünen Konsum sei es, den Menschen den Nutzen zu veranschaulichen.

    Bei E-Autos hatte die Regierung auf finanzielle Förderung und Steuererleichterungen für die Konsumenten gesetzt. Doch für andere Konsumgüter sei das kaum möglich. “Die Regierung muss Wege finden, Anreize für die Verbraucher zu schaffen, ohne jedem Verbrauchssegment Milliarden von Renminbi zukommen zu lassen”, so die Einschätzung der Berater.

    • Klima
    • Nachhaltiger Konsum
    • Nachhaltigkeit
    • Umwelt

    News

    Sinopec nutzt CO2 zur Steigerung der Ölproduktion

    Der chinesische Öl- und Gaskonzern Sinopec hat eine neue Anlage zur CO2-Abscheidung, -nutzung und -speicherung (CCUS) fertiggestellt. Laut Unternehmensangaben könne die Anlage pro Jahr eine Million Tonnen CO2 abscheiden, wie die Beratungsagentur Trivium China berichtet. Das CO2 würde somit nicht mehr in die Atmosphäre entweichen und seine klimaschädliche Wirkung verlieren. Umgerechnet sei das so viel, wie knapp 600.000 Verbrenner-Autos pro Jahr verursachen oder wie neun Millionen Bäume pro Jahr an CO2 speichern. Zum Vergleich: Chinas jährliche CO2-Emissionen betragen 10,7 Milliarden Tonnen.

    Allerdings will Sinopec das CO2 dafür nutzen, die Produktion eines nahegelegenen Ölfelds zu erhöhen. Indem CO2 unter die Erde gepresst wird, können auch die letzten Reserven der Öl- und Gasfelder gefördert werden. Sinopec erhofft sich durch die CO2-Nutzung, innerhalb der nächsten 15 Jahre fast drei Millionen Tonnen mehr Öl zu fördern.

    Laut Trivium ist die CCUS-Technologie in China ein aufstrebender Sektor. Derzeit fließt der Großteil der Projektfinanzierung demnach in CCUS-Projekte zur Erhöhung der Produktivität von Öl- und Gasreservoirs. Laut dem Umweltministerium befinden sich in China 40 CCUS-Projekte im Bau oder werden schon betrieben.

    Auch in Europa gibt es erste Projekte zur Abscheidung und Speicherung von CO2. Norwegen baut gerade an einer “CO2-Deponie”, die ab dem Jahr 2024 anfänglich 1,5 Millionen Tonnen des Treibhausgases speichern soll. Der für die Umsetzung des Green Deal verantwortliche Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, sagte jüngst: “Die Abscheidung und Speicherung von CO2 wird unerlässlich sein, wenn wir Klimaneutralität erreichen wollen. Es ist ein wichtiges Instrument in unserem Baukasten” (Europa.Table berichtete). nib

    • Energie
    • Klima
    • Klimapolitik
    • Rohstoffe

    Preise für Seltene Erden auf Rekord-Niveau

    Die Preise für Seltene Erden sind in China auf ein Rekord-Niveau gestiegen. Ein Preisindex des Verbandes der chinesischen Industrie für Seltene Erden, der die Preise von 21 Seltenen Erden und Kombinationsprodukten misst, ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 99 Prozent gestiegen. Das berichtete das Wirtschaftsportal Caixin. Allein seit Anfang des Jahres ist der Index demnach um 86 Basispunkte auf einen Stand von 426 gestiegen.

    Seltene Erden werden vor allem für die Herstellung von Hochtechnologie-Produkten benötigt. Sie werden häufig in kleinen Mengen in Produkten wie Windkraftanlagen, Elektromotoren und Akkus verbaut, werden aber auch für militärische Geräte oder in der Radiologie benötigt. Anders als der Name vermuten lässt, kommen die Metalle in der Erdkruste nicht selten vor.

    Der Preisanstieg wird vor allem mit Lieferschwierigkeiten erklärt. Die Versorgung aus Myanmar etwa war im letzten Jahr aufgrund der Coronavirus-Pandemie gestört. Das Land sei für zehn Prozent der chinesischen Produktion Seltener Erden verantwortlich, so Caixin. Gleichzeitig steige die Nachfrage, durch den Boom bei E-Autos und Windkraftanlagen. Marktanalysten sind sich laut Caixin uneins, ob die Preise weiter stark ansteigen werden. nib

    Olympia schafft Aufmerksamkeit für Wasserstoff

    Wasserstoff betriebene Busse sind bei Olympia 2022 gängige Verkehrsmittel und schaffen eine breitere Aufmerksamkeit für diese Art der nachhaltigeren Mobilität.
    Wasserstoffbus im Wintersportgebiet Zhangjiakou

    Wasserstoff könnte für Chinas Energiezukunft eine größere Rolle spielen als bisher angenommen. Das ist das Ergebnis eines aktuellen Reports des Ölkonzerns Shell. Chinas Medien haben die Studie anlässlich von Wasserstoffanwendungen bei den Olympischen Spielen groß aufgegriffen. Wasserstoff spielt den Experten zufolge vor allem da eine Rolle, wo sich Elektrizität nicht direkt einsetzen lässt. Dazu gehören der Transport mit schweren Lkw, die Schiff- und Luftfahrt oder die Stahlproduktion. Das energiereiche Gas könnte bis 2060 demnach 16 Prozent des Energieumsatzes ausmachen. Daraus ergäbe sich ein gewaltiges Wachstum des Marktes mit Herstellung, Handhabung und Nutzung von Wasserstoff. Der Anteil ist bisher vernachlässigbar klein.

    Damit die Wasserstoffnutzung für den Klimaschutz Sinn hat, komme nur sogenannter grüner Wasserstoff in Frage, der durch die Aufspaltung von Wasser mit klimaneutral hergestelltem Strom entsteht. Dieser Teil sollte 85 Prozent des Verbrauchs ausmachen, so die Shell-Experten. Zu den klimafreundlichen Energiequellen zählt in China auch die Kernkraft. Shell geht auch davon aus, dass die Stromerzeugung sich insgesamt verdreifachen muss, um genug Strom für direkte Anwendungen und für die Elektrolyse von Wasserstoff bereitzustellen. Der Anteil von Wind und Solar wird demnach auf 80 Prozent steigen. Zwar erfordert die Umstellung zunächst erhebliche Investitionen, doch dann sinken die Kosten erheblich.

    Viel Aufmerksamkeit gilt derweil den Wasserstofffahrzeugen, die bei den Olympischen Spielen bereits im realen Einsatz sind. Bloomberg stellt einen Vergleich mit 2008 an. Damals hatte Peking das Elektroauto als Zukunftstechnik vorgestellt, heute ist es ein Alltagsgegenstand. Genauso könne es nun mit Brennstoffzellenantrieben laufen. Die rund 1000 Wasserstoffbusse und -autos im Umfeld der Spiele beweisen den Berichten zufolge die Nützlichkeit der Technik bei tiefen Minustemperaturen. Wo Batterien schwächeln, laufen Wasserstoffantriebe weiter einwandfrei. Das Tanken dauert zudem wie beim Benziner nur wenige Minuten – ein Vorteil, wenn die Heizung lange läuft und die Energiereserven sich daher schneller aufzehren.

    Die Fahrzeuge stammen von Beiqi Foton, Geely, Yutong und Toyota. Der Wasserstoff für den Einsatz im Olympiagebiet Zhangjiakou stammt aus einer kräftigen 20-Megawatt-Anlage von Shell. Der Strom dafür kommt aus den umliegenden konventionellen Kraftwerken, es handelt sich also noch nicht um grünen, sondern bisher um schwarzen Wasserstoff aus Kohleverbrennung. fin

    • Autoindustrie

    Audi erhält grünes Licht für E-Auto-Fabrik

    Der Autobauer Audi kann die Produktion von Elektroautos in China in den kommenden Jahren kräftig ausweiten. Die Behörden erteilten der VW-Tochter und ihrem staatlichen chinesischen Partner FAW die Genehmigung für eine rund drei Milliarden Dollar teure Fabrik in Changchun im Nordosten des Landes. Die Arbeiten an den Anlagen dort sollen im April beginnen, das Werk mit einer Jahreskapazität von mehr als 150.000 Fahrzeugen soll Ende 2024 die Produktion aufnehmen. Audi wolle dort drei vollelektrische Modelle montieren, darunter einen SUV. “Das Projekt Audi FAW NEV ist ein wichtiger Eckpfeiler der Elektrifizierungsstrategie von Audi in China”, sagte ein Volkswagen-Sprecher. Unter der Abkürzung NEV werden in China Fahrzeuge mit klimaschonenden Antrieben zusammengefasst.

    Audi und FAW hatten im Oktober 2020 eine Absichtserklärung zur Produktion von Premium-Elektrofahrzeugen unterzeichnet. Im November 2021 teilte Audi mit, dass das Werk wegen Verzögerungen bei der Genehmigung hinter dem Zeitplan zurückliege. Audi baut seit vielen Jahren zusammen mit FAW in Changchun und im südlich gelegenen Foshan Autos mit Verbrennungsmotor. An beiden Standorten läuft bereits je ein E-Modell vom Band: In Changchun der Audi e-tron und in Foshan die Langversion des Q2 e-tron. Die Ingolstädter wollen auch mit dem in Shanghai ansässigen chinesischen Partner SAIC Elektroautos bauen. Bis 2025 sollen elektrifizierte Autos ein Drittel des Absatzes von Audi auf dem weltgrößten Pkw-Markt ausmachen. rtr

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    China.Table Redaktion

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