die Automesse in Peking ist abgesagt. Der Grund: Corona. Ein Blick auf die Neuinfektionen in der Stadt sorgt für das inzwischen zur Gewohnheit gewordene Kopfschütteln. 95 neue Fälle waren es am Mittwoch. Auf Unverständnis folgt Spekulation – gibt es Anzeichen für einen baldigen Ausstieg aus Null-Covid? Hoffnungen in diese Richtung hat der Ständige Ausschuss des Politbüros in seiner ersten Sitzung nach der Neuformierung nun eine klare Absage erteilt.
Immerhin spricht sich die Runde um Xi Jinping dafür aus, die Schäden für die Wirtschaft möglichst kleinzuhalten. Das wird die Menschen in der Millionen-Metropole Guangzhou wenig beruhigen, die bei mehr als 2.000 Neuinfektionen in der Stadt aktuell einen so harten Lockdown wie im Frühjahr in Shanghai befürchten. Unser Autorenteam in China sät trotzdem ein wenig Hoffnung.
Wie werden die USA ihre Politik gegenüber China künftig ausrichten? Ganz gleich, wie die Verteilung in Senat und Repräsentantenhaus nach den Midterm-Wahlen aussieht – die USA werden ihre Haltung gegenüber China weiter verschärfen. Denn in einem sind sich Demokraten und Republikaner einig: ihrer negativen Sicht auf China. Was konkret zu erwarten wäre, wenn die Republikaner die Kontrolle über das Repräsentantenhaus übernehmen, erörtert Amelie Richter in ihrer Analyse, und wirft auch einen Blick auf die Auswirkungen auf Europa. Am Montag treffen sich Xi Jinping und Joe Biden erstmals als Staatspräsidenten in Bali.
Wie die Weichen für den Umgang mit China gestellt werden sollen, war auch Thema einer Aktuellen Stunde im Bundestag. Die angekündigte China-Strategie der Bundesregierung soll nach Angaben der Regierungsparteien noch in diesem Jahr das Licht der Welt erblicken – bisher war von kommendem Frühjahr die Rede gewesen. Mehr dazu finden Sie in unseren News.
Es ist noch nicht lange her, da dachten viele, dass Chinas Wachstum unaufhaltsam sei. Xis Corona-Politik hat die Optimisten eines Besseren belehrt. Denn sein Primat der Ideologie hat Chinas Wirtschaft in den letzten Monaten schlimmen Schaden zugefügt. Im heutigen Standpunkt spricht MIT-Professor Daron Acemoglu über die Grundprobleme der Wirtschaft in einer Autokratie.
Ich wünsche Ihnen eine erhellende Lektüre und ein schönes Wochenende.
Für alle, die darauf hoffen, dass China bald eine Lockerung seiner Corona-Maßnahmen verkünden würde, gab es gestern eine deutliche Absage. “Wir dürfen die notwendigen Initiativen zur Epidemieprävention nicht lockern”, erklärte der neu formierte Ständige Ausschuss des Politbüros in seiner ersten Sitzung nach dem Parteitag. Die Vorgehensweise sei “standhaft zu unterstützen”.
Die Corona-Zahlen haben in den vergangenen Tagen das höchste Niveau seit dem Lockdown von Shanghai im März und April erreicht. Doch die Regierung will sich dem Virus nicht geschlagen geben. Die Lage ist dabei zunehmend unübersichtlich. Behörden vermeiden es mittlerweile, ganze Metropolen abzuriegeln. Vielmehr gibt es im ganzen Land einen Flickenteppich von Stadtbezirken oder Straßenzügen, die in Lockdowns stecken.
Solche Abschottungen werden oft nur noch als “vorübergehende Kontrolle” oder “Stilllegung” deklariert (China.Table berichtete). Das macht es schwer, das tatsächliche Ausmaß zu erfassen. Doch werden in allen wichtigen Metropolen neue Ausbrüche gemeldet. Menschen sitzen dort in ihren Wohnungen fest. Und auch Reisen innerhalb des Landes sind schwieriger denn je, weil kaum noch eine Stadt jemanden ohne Quarantäne reinlässt, der aus einem Gebiet mit Infektionen kommt. Die Hauptstadt Peking geht in dieser Hinsicht mit besonderer Härte vor, wie derzeit von vielen Bewohnern zu hören ist.
Analysten von Goldman Sachs glauben nicht, dass die Behörden noch lange so vorgehen können. Am Montag schrieben die Ökonomen in einer Mitteilung, dass eine Lockerung der Corona-Regeln zwar noch Monate entfernt sei. Vorbereitungen würden aber derzeit getroffen. Die Regierung müsse handeln, weil die Kosten für die Null-Corona-Politik für die Wirtschaft zu einer nicht mehr tragbaren Belastung würden.
Einem Bericht des Wall Street Journals zufolge könnte eine Entspannung zumindest in Trippelschritten erfolgen. So zitiert die US-Zeitung regierungsnahe Quellen, wonach die Hotel-Quarantäne und die sich anschließende Gesundheitsüberwachung in der eigenen Wohnung bei Einreise nach China Anfang kommenden Jahres von derzeit zehn auf dann sieben Tage leicht reduziert werden könnte. Auch Bloomberg und Reuters zitierten Quellen mit ähnlichen Aussagen. Zudem werde diskutiert, schon diesen Monat die Zahl der vorgeschriebenen Corona-Tests im Alltag etwas herunterzuschrauben. Einige Städte verlangen derzeit, sich routinemäßig alle 48-Stunden testen zu lassen. Hier könnte laut Wall Street Journal nachjustiert werden.
Als definitiv falsch hat sich dagegen eine Reihe von Meldungen in der vergangenen Woche erwiesen. Die Gerüchteküche redete sich tagelang eine weitreichende Abkehr von Null-Covid schon in naher Zukunft herbei. Auch die Aktienmärkte reagierten darauf. Erst verspätet setzte sich die Erkenntnis durch, wie unrealistisch eine schnelle Öffnung ist. Die Bevölkerung ist kaum immun gegen Sars-CoV-2 und Null-Covid ist Staatsdoktrin. Ein Kurswechsel erfordert sowohl medizinische als auch propagandistische Vorbereitung.
Laut dem Bericht laufen zudem Vorbereitungen für eine groß angelegte Impfkampagne, die offenbar zum Ziel haben soll, endlich die Impflücke bei besonders alten Menschen zu schließen. Angestrebt werde, dass 95 Prozent aller Menschen über 60 Jahre mindestens zweimal geimpft sind. Nach den jüngsten verfügbaren Zahlen sind 86 Prozent der Alten doppelt geimpft. Auch werde daran gearbeitet, den Zugang zu wirksamen Corona-Medikamenten zu gewährleisten.
Eine weitere interessante Erkenntnis des Berichts: Peking hofft offenbar auf Hilfe der Weltgesundheitsorganisation, um dem eigenen Volk eine mögliche Entspannung der Maßnahmen verkaufen zu können. Seit den frühen Tagen der Pandemie hat die WHO das Coronavirus als “weltweiten Gesundheitsnotstand” eingestuft. Doch sollte die WHO diese Einstufung bei ihrer nächsten Versammlung im Januar überdenken, könnte auch Peking die eigene Gefahreneinstufung des Virus öffentlichkeitswirksam reduzieren. Die Regierung, so berichtet das Wall Street Journal, würde dann in Erwägung ziehen, Corona nur noch als Infektionskrankheit der Klasse B und nicht mehr als Klasse-A-Infektion einzustufen.
Klar scheint: Peking spielt hinter den Kulissen Szenarien durch, wie eine mögliche Öffnung aussehen könnte. Doch kaum etwas scheint fertig entschieden. Einen schnellen Weg aus der Null-Corona-Politik wird es somit kaum geben. “Ein Jahr” noch könnte laut Quellen des Wall Street Journals vergehen, bis das Leben in China wieder einen ähnlichen Zustand wie vor der Pandemie erreicht. Anderen Beobachtern erscheint selbst diese Prognose viel zu optimistisch. Jörn Petring
Die “Rote Welle” ist erstmal ausgeblieben – bei den US-Zwischenwahlen konnten nach den bisherigen Ergebnissen die Republikaner weniger starke Ergebnisse erzielen als Umfragen vor den Midterms nahegelegt hatten. In vielen Staaten läuft die Auszählung noch, im Repräsentantenhaus sieht es derzeit nach einem Sieg für die Grand Old Party (GOP) aus. Wie die Senatssitze künftig verteilt sein werden, ist noch offen. Georgia muss Anfang Dezember noch in die Stichwahl.
Was sich allerdings jetzt schon sagen lässt: Die US-China-Beziehungen bewegen sich auf mehr Konfrontation zu – egal wie Senat und Repräsentantenhaus verteilt sein werden. Denn trotz der Tatsache, dass der Kongress derzeit so polarisiert ist wie seit Jahrzehnten nicht, sind sich Republikaner und Demokraten in der China-Frage bemerkenswert einig: Beide setzen auf eine schärfere Gangart.
Andere außenpolitische Knackpunkte sind hingegen weniger klar. Der Wahlkampf in den USA war vor allem von innenpolitischen Themen geprägt: Inflation, nationale Sicherheit, Abtreibungs- und Waffenrechte waren für Wähler und Wählerinnen die bestimmenden Punkte für ihre Entscheidung an der Wahlurne. US-Außenpolitik für Asien spielte dabei keine Rolle. Was hat also die Stimme eines Wählers in Arizona mit dem Leben im mehr als 12.000 Kilometer entfernten Manila zu tun? Potenziell viel, denn die Ergebnisse der Zwischenwahlen können auch weitreichende Auswirkungen in der Indo-Pazifik-Region haben. Dort konkurrieren die USA und China um Einfluss.
Der Ausgang der Midterms kann die US-Außenpolitik in der Region in zwei unterschiedliche Richtungen lenken – abnehmender oder zunehmender Fokus. Die Übernahme der Kontrolle durch die Republikaner im US-Repräsentantenhaus bei den Zwischenwahlen könnte einerseits ein geringeres Engagement der USA in internationalen Fragen bedeuten. Eine Zunahme von “isolationistischen Ansichten”, wie die des ehemaligen Präsidenten Donald Trump, sei nicht unwahrscheinlich, sagt Asien-Analyst Joshua Kurlantzick von der US-Denkfabrik Council on Foreign Relations (CFR). Trump hält nach wie vor große Unterstützung in der GOP. Der Ex-Präsident “ist misstrauisch gegenüber den Beziehungen der USA zu vielen asiatischen Partnern, von denen er glaubt, dass sie nicht genug zu ihrer eigenen Verteidigung beitragen”, schrieb Kurlantzick in einer Kolumne in der Japan Times.
Ein republikanisches Repräsentantenhauses könnte Washingtons derzeitiges Engagement in Asien überdenken, so der Analyst. Darin eingeschlossen auch die Beziehung zu Südkorea, Japan und anderen Verbündeten. Der Sieg der Republikaner könnte sich zudem auf die Verteidigungsausgaben und Militärabkommen der USA auswirken und Druck auf die Biden-Regierung ausüben, “ihre Position zu Taiwan zu bekräftigen”, so Kurlantzick. Eine wachsende Zahl in der GOP will demnach nicht eingreifen, wenn Taiwan angegriffen werden sollte. US-Präsident Joe Biden hatte Taipeh in diesem Jahr mehrfach Unterstützung im Falle eines Angriffs zugesagt. Die Taiwan-Haltung Washingtons könnte in den kommenden zwei Jahren zu einem großen Streitpunkt werden.
Eine republikanische Mehrheit im Repräsentantenhaus könne zu einem konfrontativeren Ansatz in der Taiwan-Frage führen, meint Außenpolitik-Experte Noah Barkin vom Berliner Büro des German Marshall Fund (GMF). Eine “Rote Welle” könnte bei einem republikanisch geführtem Kongress auch neue Gesetzgebungen mit China-Bezug auf den Weg bringen. Diese hätten das Potenzial, die Spannungen zwischen Washington und Peking zu verstärken, so Barkin.
Handelspolitik und Taiwan sollen kommenden Montag auch für das erwartete Aufeinandertreffen von Xi und Biden am Rande des G20-Gipfels auf Bali auf der Gesprächsagenda stehen. Es ist das erste persönliche Treffen zwischen den beiden Staatschefs, seit Biden das Präsidentenamt angetreten hat. Das Weiße Haus bestätigte das Treffen am Donnerstag. Biden sagte bei einer Pressekonferenz bereits am Mittwoch, er habe viel mit Xi zu besprechen. Aus hochrangigen US-Kreisen verlautete, Thema werde auch der Ukraine-Krieg sein. Eine gemeinsame Erklärung werde es vermutlich nicht geben. Zudem würden keine spezifischen Vereinbarungen erwartet. Vielmehr wolle Biden eine Basis für die gemeinsamen Beziehungen schaffen.
Ein GOP-geführter Kongress – und gegebenenfalls Senat – könnten den Fokus der Biden-Regierung allerdings auch auf mehr außenpolitische Themen lenken, wenn innenpolitisch keine großen Schritte mehr möglich sind. Manche Entscheidungen wird Biden faktisch nur noch per Präsidialdekret durchsetzen können. Biden ist also auf die Zusammenarbeit mit den Republikanern angewiesen und muss Kompromisse finden. “Die Außenpolitik könnte eine Flucht nach vorn bieten“, so der Vorsitzende des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten im Europaparlament, David McAllister (CDU). “Das gilt vor allem in Bezug auf die von Biden gewählte härtere Gangart gegenüber China und eine geopolitische Orientierung in Richtung Indo-Pazifik.”
Das wird so auch in Peking beobachtet. “[Biden] wird die indo-pazifische Strategie vorantreiben, den sogenannten indo-pazifischen Wirtschaftsrahmen fördern und damit den Wettbewerb der Großmächte im Einklang mit der in seiner nationalen Sicherheitsstrategie umrissenen Agenda beschleunigen“, sagt Diao Daming, Professor an der School of International Studies an der Renmin-Universität in Peking, in der staatlichen Global Times.
Ein Fokus in Washington auf die Außenpolitik, wenn die heimische Agenda wegen Kongress und Senat nicht mehr umsetzbar ist, wäre kein neues Vorgehen: Nachdem die Republikaner die Kontrolle über das Repräsentantenhaus übernommen und die innenpolitische Agenda des damaligen Präsidenten Bill Clinton im Wesentlichen blockiert hatten, konzentrierte sich dieser auf Themen der nationalen Sicherheit. 1996 gaben Clinton und der damalige japanische Premierminister Ryutaro Hashimoto eine gemeinsame Erklärung ab, in der sie das Bündnis zwischen den USA und Japan stärkten, um erstmals auf regionale Spannungen wie Nordkorea und Taiwan zu reagieren.
Während die Stoßrichtung für den Indo-Pazifik im neuen US-Gemengelage noch schwer absehbar ist, sind die Zeichen für die künftigen US-China-Beziehungen klar auf Konfrontation gestellt. Die öffentliche Meinung zu China in den Vereinigten Staaten hat sich in den vergangenen Jahren massiv verschlechtert, insbesondere seit dem Ausbruch des Coronavirus im Jahr 2020. Neue Daten des Pew Research Center besagen, dass in diesem Jahr 82 Prozent der US-Amerikaner eine negative Sicht auf China haben, ein historischer Höchststand. Vor fünf Jahren war diese Zahl noch bei 47 Prozent.
Umfragen zeigen, dass diese negativen Ansichten von Demokraten und Republikanern geteilt werden. Chinas Bestrebungen auf der Weltbühne wurden von Kandidaten und Kandidatinnen beider politischer Spektren angesprochen. In Pennsylvania sagte der designierte Senator John Fetterman (Demokraten), er werde “nicht zulassen, dass China uns mit Innovationen überflügelt”. In Missouri bezeichnete der gewählte Senator Eric Schmitt (Republikaner) China als wachsende militärische, wirtschaftliche und öffentliche “Gesundheitsbedrohung”.
Die Biden-Regierung hat in ihrer im Oktober vorgelegten Sicherheitsstrategie den gefährlichsten Konkurrenten ausgemacht: China (China.Table berichtete). So heißt es in dem Dokument unmissverständlich: “Die Volksrepublik China ist der einzige Konkurrent, der nicht nur die Absicht hat, die internationale Ordnung umzugestalten, sondern auch über die wirtschaftliche, diplomatische, militärische und technologische Macht verfügt, dies zu tun.” Einem Wandel durch Handel, wie er lange Zeit vor allem in Deutschland und Europa für möglich gehalten wurde, erteilt Washington in seiner Strategie eine klare Absage: “Märkte allein können nicht auf das schnelle Tempo des technologischen Wandels, globale Versorgungsunterbrechungen, nicht marktbezogene Missbräuche durch China und andere Akteure reagieren.”
Ein konfrontativer Ansatz Washingtons gegenüber Peking könnte auch zu Spannungen mit den US-Verbündeten führt, insbesondere in Europa, meint Barkin. “Die Hauptstädte der EU sind weitaus risikoscheuer als die USA, wenn es um Abschreckung geht, und werden wahrscheinlich jede Erhöhung der US-Waffenverkäufe und die militärische Koordinierung mit Taiwan als übermäßig provokativ ansehen.”
Spannend wird nun auch, wer 2024 für die Republikaner im Rennen um die Präsidentschaft antreten wird. Trump soll Einschätzungen von US-Medien zufolge kommende Woche seine Kandidatur ankündigen. Sein größter Konkurrent um das Ticket: Floridas wiedergewählter Gouverneur und republikanischer Hardliner Ron DeSantis. Dieser hatte im September ein Paket von Gesetzesvorschlägen zur Bekämpfung des “bösartigen ausländischen Einflusses”, primär Chinas, enthüllt. Dass 2024 der neue US-Präsident DeSantis heißen könnte, ist nicht abwegig. Zumindest in Florida gab es eine “Rote Welle”, die DeSantis mit eindeutigem Vorsprung erneut auf den Gouverneurs-Posten spülte.
13.11.2022 bis 14.11.2022 in Singapur
Dezan Shira & Associates, vor Ort: Meet us at the 17th Asia Pacific Conference of German Business (APK) in Singapore Mehr
15.11.2022, 05:00 Uhr (12:00 Uhr Beijing Time)
Intertrust Group, Webinar: Setting up and Maintaining WFOEs in China Mehr
15.11.2022, 14:00-17:00 Uhr
Messe Stuttgart, vor Ort: Global Connect Forum für Export und Internationalisierung (mit China-Konferenz) Mehr
15.11.2022, 14:00 Uhr (21:00 Uhr Beijing Time)
Harvard Fairbank Center, Webinar: Taiwan Studies Workshop – Taiwan Elections 2022: The Politicians’ Perspective Mehr
16.11.2022, 08:00 Uhr (15:00 Uhr Beijing Time)
Medical Affairs Professional Society (MAPS), Webinar: Medical Affairs in China: Innovation, Current State & Future… Mehr
16.11.2022, 9:00-10:00 Uhr MEZ (15:00 Uhr Beijing Time)
China-Team Hannover, Webinar: China nach 20. Parteitag – Live Interview Mehr
16.11. & 17.11. 2022, jeweils 07:00-11:00 Uhr (14:00-18:00 Uhr Beijing Time)
VDA QMC China, Online Konferenz: 7th Product Integrity Day China 2022 Anmeldung
17.11.2022, 15:30 Uhr (22:30 Uhr Beijing Time)
Harvard Fairbank Center, Webinar: Taiwan Studies Workshop – Taiwan Elections 2022: The Analysts’ Perspective Mehr
17.11.2022, 10:00-16:00 Uhr (17:00-23:00 Uhr Beijing Time)
Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO, Online Konferenz: Innovative Weiterbildung in China -Abschlussveranstaltung zum BMBF-geförderten Projekt INWICA Anmeldung
17.11.2022, 09:00 Uhr (16:00 Uhr Beijing Time)
Dezan Shira & Associates, Webinar: China’s Greater Bay Area: Accessing Latest Business Subsidies in 2022 Mehr
17.11.2022, 12:00 Uhr, vor Ort
Konfuzius-Institut Berlin, Lesung: Im Gespräch mit chinesischen Schriftsteller:innen – Ge Fei 格⾮ Mehr
Das Bundeswirtschaftsministerium will das Instrument der Investitionsgarantien “neu justieren”, damit die Förderung eher der Erschließung neuer Märkte statt zusätzlichem Engagement in China zugutekommt. Das war am Vorabend der Abreise von Robert Habeck zur Asien-Pazifik-Konferenz aus Ministeriumskreisen zu erfahren. Das Instrument soll künftig in den Dienst einer breiteren Streuung der Investitionen gestellt werden. Bisher hatte es tendenziell den Effekt, den Geldfluss in autoritär regierte Länder wie China eher noch zu verstärken.
Die Investitionsgarantien der Bundesregierung sollen grundsätzlich den deutschen Außenhandel stärken. Sie mindern die Risiken für Investitionen in schwierigen Märkten und schaffen damit Anreize, sich dort zu engagieren. Wenn sich die politische Lage ändert und das Engagement schiefgeht, springt der Bund ein und zahlt eine Entschädigung. Es handelt sich also um eine Versicherung für politische Risiken.
Solche Garantien gab es traditionell auch für das Chinageschäft. Im Mai hatte Habeck sie Volkswagen erstmals verweigert (China.Table berichtete). Er hat seinerzeit ausdrücklich den Zusammenhang mit dem VW-Werk in Xinjiang und den Menschenrechtsverletzungen in der Region hergestellt.
Zugleich ist der in Deutschland derzeit meistdiskutierte Ausweg aus dem Abhängigkeits-Dilemma eine Diversifizierung der Wirtschaftsaktivität. Sprich: China soll nicht länger der alles dominierende Beschaffungs- und Absatzmarkt sein. Stattdessen lassen sich in Zentral- und Südasien sowie Lateinamerika noch viele Regionen erschließen. In solche Alternativmärkte will das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima (BMWK) nun offenbar verstärkt die Investitionen lenken.
Aus dem BMWK waren schon erste Details der Neujustierung zu hören:
Diese Änderungen hat den Kreisen zufolge das BMWK vorgeschlagen und die anderen zuständigen Ministerien haben ihnen zugestimmt. fin
In einer Aktuellen Stunde hat das Parlament über die künftige deutsche China-Strategie beraten. Die Vertreter der SPD verteidigten dabei das Ergebnis der Reise von Olaf Scholz nach Peking (China.Table berichtete), während die Opposition aus CDU und AfD laute Kritik äußerte. Grüne und FDP verwiesen darauf, dass die Weichenstellung für die derzeit schwierige Situation unter der CDU-Kanzlerschaft erfolgte. Alle sechs Parteien im Bundestag waren sich einig, dass Deutschland unabhängiger, souveräner und selbstbewusster gegenüber China werden müsse.
Die drei Regierungsparteien stellten noch für dieses Jahr die Vorlage einer ausgefeilten Strategie zum Umgang mit China in Aussicht. Der Abgeordnete Frank Schwabe von der SPD wies darauf hin, dass sie auch eine starke innenpolitische Komponente brauche. “Wir dürfen nicht zulassen, dass China in Deutschland Druck auf Dissidenten ausübt.” Dieter Janecek von den Grünen erwähnte, dass er am Freitag zur Asien-Pazifik-Konferenz der Deutschen Wirtschaft nach Singapur aufbricht. “China wird der Elefant im Raum sein.” Die Strategie der Bundesregierung müsse darauf abzielen, ein “level playing field” für die Wirtschaft zu schaffen. Seine Parteifreundin Anjeszka Burgger legte den Fokus auf die Geopolitik. Deutschland habe zu lange die Alarmsignale im Zusammenhang mit Russland ignoriert. Das drohe jetzt auch mit China. “Ein Staat, der nicht bedroht ist, aber militärisch aufrüstet, tut das mit einem Ziel.”
Johannes Vogel (FDP) benannte dieses mögliche Ziel in seiner Rede. “Wir müssen uns auf eine militärische Aggression gegen Taiwan einstellen.” Er verwies kritisch auf den Kurs von Kanzlerin Angela Merkel, die 2020 kurz vor Ende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft noch das Investitionsabkommen CAI durchpeitschen wollte. Vogel forderte einen “China-Stresstest”, der die Abhängigkeiten in Infrastruktur, Wirtschaft und anderen Bereichen offenbar.
Die drei Oppositionsparteien arbeiteten sich vor allem an der aktuellen Politik ab. Die AfD ging dabei noch einmal weit in die Vergangenheit und benannte die Überlassung der Transrapid-Technologie an China als Fehler. Jens Spahn von der CDU kritisierte die Entscheidung für den Cosco-Deal in Hamburg, den Scholz “brachial” durchgesetzt habe. Er stellte fest, dass China weiterhin ein wichtiger Handelspartner bleiben werde, forderte aber zugleich Zölle, um Wirtschaftsbereiche zu schützen.
Amira Mohamed Ali (Die Linke) kritisierte Außenministerin Annalena Baerbock dafür, bisher noch nicht in China gewesen zu sein. Baerbock ergehe sich stattdessen in “Kalter-Kriegs-Rhetorik”. Das sei falsch, weil man China ins Boot holen müsse, um den Krieg gegen die Ukraine zu beenden. “Die Menschenrechtslage verbessert sich nicht, wenn Europa sich gegen China abschottet.”
Die Vorstände von acht Großunternehmen meldet sich derweil mit einem eigenen Beitrag zur China-Debatte zu Wort. In einem Beitrag für die FAZ forderten sie eine Abkehr von der Betonung der Rivalität mit China. Die Diskussion müsse wieder mehr mit Blick auf die Chancen geführt werden. “Im Wettbewerb muss man mit eigenen Stärken punkten. Und wir können unsere Positionen gegenüber China umso nachdrücklicher vertreten, je stärker wir selbst sind.” Auch die Konzernlenker fordern daher, Risiken zu verringern, etwa bei der Versorgung mit Halbleitern, Batterien und Seltenen Erden. Dazu sollte eine “ambitionierten Forschungs-, Technologie- und Innovations-Agenda” kommen. Es sei wichtig, mit China im Gespräch zu bleiben. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem BASF, Siemens, Schaeffler und der Hamburger Hafen. fin
Das Europäische Parlament hat grünes Licht für ein neues Handelsinstrument gegeben, mit dem Ziel, Übernahmen europäischer Firmen durch hoch subventionierte ausländische Unternehmen zu verhindern. Die EU-Abgeordneten stimmten am Donnerstag mit großer Mehrheit für das Vorhaben, das zeitnah in Kraft treten könnte und gegen Marktverzerrungen ankämpfen soll. Brüssel will damit auch unterbinden, dass mit Staatsgeld unterstützte Unternehmen aus dem Ausland europäischen Konkurrenten öffentliche Aufträge wegnehmen. Chinesische Firmen könnte das empfindlich treffen.
Das soll das neue Gesetz beinhalten:
Die Botschaft für ausländische Unternehmen sei klar, sagte der im Europaparlament zuständige Abgeordnete, Christophe Hansen. “Sie sind im EU-Binnenmarkt willkommen, wenn Sie sich an die Regeln halten. Wer nicht fair spielt, bleibt außen vor.” Brüssel habe damit eine große Gesetzeslücke geschlossen, betonte CDU-Europapolitiker Daniel Caspary. Die chinesische Handelskammer in Brüssel erklärte, eine große Zahl chinesischer Firmen in der EU seien wegen des geplanten Instruments besorgt. Der EU-Rat der Mitgliedsstaaten müssen dem Gesetzesvorhaben noch zustimmen. ari
Das chinesische Satelliten-Navigationssystem Beidou findet zunehmend Verbreitung. Zwei Bodenüberwachungsstationen seien nun in Nordamerika, in Betrieb, berichtete South China Morning Post unter Berufung auf einen chinesischen Rüstungszulieferer, eine davon in den USA. Die Stationen sollen dabei helfen, die Genauigkeit des Systems zu erhöhen, indem sie beim Überflug eines Satelliten wichtige Daten für die Kalibrierung liefern. Weltweit betreibt Beidou 120 derartige Stationen.
Der Direktor des britischen Nachrichten- und Sicherheitsdienstes GCHQ, Jeremy Fleming, bezeichnete Beidou gegenüber der BBC im vergangenen Monat als Bedrohung. Die dadurch erlangten Daten stünden dem chinesischen Staat offen zur Verfügung und könnten auch zum Zweck der Kontrolle und Überwachung eingesetzt werden.
Beidou ist das chinesische Pendant zum Navigationssatellitensystem GPS. Nach zwanzig Jahren Aufbau wurde es 2020 fertiggestellt. Mit 45 Satelliten ist es das größte Satellitennavigationssystem und verspricht Nutzern weltweit eine genaue Ortsbestimmung mit einer Genauigkeit von zwei bis fünf Metern, vergleichbar zu GPS. Beidou ermöglicht es Nutzern zudem, Kurznachrichten über Satelliten zu verschicken. So soll eine Kommunikation auch in Regionen möglich sein, die keine Netzabdeckung besitzen. Das Angebot beschränkt sich zunächst auf China.
Neben seinem zivilen Nutzen ist Beidou vor allem eine militärische Technologie. Es macht China vom GPS-System unabhängig, das vom US-Militär betrieben wird. jul
Wegen der Corona-Pandemie hat die chinesische Regierung die Automesse in Peking abgesagt. Die größte Automesse Chinas war ursprünglich für den zurückliegenden April angesetzt und wegen der Corona-Restriktionen aufs Jahresende verschoben worden. Die Messe in der Hauptstadt findet im jährlichen Wechsel mit der Automesse in Shanghai statt und gilt inzwischen als eine der wichtigsten Autoausstellungen der Welt. rtr/jul
China und El Salvador wollen den Handel zwischen den beiden Ländern mit einem Freihandelsabkommen stärken. Die Volksrepublik und der Staat in Mittelamerika würden zusammenarbeiten, um den Prozess “so bald wie möglich” abzuschließen, teilte die chinesische Botschaft in El Salvador am Mittwoch mit. China hatte zuvor Dünger und Weizenmehl an den lateinamerikanischen Staat gespendet, die “die Auswirkungen der weltweiten Wirtschaftskrise abmildern” würden, erklärte der salvadorianische Präsident Nayib Bukele.
Am Montag hatte ein salvadorianisches Gericht die Aussetzung des Freihandelsabkommens zwischen El Salvador und Taiwan bestätigt. “Wir drücken unsere Dankbarkeit und Anerkennung für dieses Urteil auf der Grundlage des Ein-China-Prinzips aus”, sagte die chinesische Botschafterin in El Salvador, Ou Jianhong. rtr
Was gerade in China passiert, wirft eine lang umstrittene Frage der wirtschaftlichen Entwicklung auf: Kann eine zentral und von oben herab gesteuerte Autokratie bei Innovationen und Wachstum besser abschneiden als die liberalen Marktwirtschaften?
Zwischen 1980 und 2019 wuchs das chinesische BIP durchschnittlich um mehr als acht Prozent im Jahr – schneller als alle westlichen Volkswirtschaften. In den Nullerjahren ging die wirtschaftliche Entwicklung des Landes (mithilfe westlicher Technologien) sogar über eine reine Aufholjagd hinaus: China investierte in seine eigenen Technologien, veröffentlichte Patente und wissenschaftliche Berichte, und schuf innovative Unternehmen wie Alibaba, Tencent, Baidu und Huawei.
Einige Skeptiker hatten dies für unwahrscheinlich gehalten. Zwar hatten sich schon viele Autokraten über ein schnelles Wirtschaftswachstum freuen können. Aber noch nie zuvor konnte ein nicht-demokratisches Regime ein derart anhaltendes, innovationsgetriebenes Wachstum erzielen. Einige Westler hatten die wissenschaftlichen Fähigkeiten der Sowjetunion der 1950er und 1960er bewundert, aber häufig war dies nur Ausdruck ihrer eigenen Voreingenommenheit: In den 1970ern fiel die Sowjetunion klar zurück und stagnierte, da sie nicht in der Lage war, sektorübergreifend innovativ zu sein.
Sicherlich haben einige kluge China-Beobachter darauf hingewiesen, dass der eiserne Griff der Kommunistischen Partei für die Aussichten des Landes kein gutes Zeichen sei. Aber mehrheitlich herrschte die Meinung vor, China werde sein erstaunliches Wachstum aufrechterhalten. Obwohl es umstritten war, ob China global zu einer guten oder bösen Kraft werden würde, waren sich fast alle einig, dass das Wachstum des Landes unaufhaltsam sei. Der Internationale Währungsfonds und die Weltbank machten es sich zur Gewohnheit, vergangene chinesische Wachstumsraten in die Zukunft zu projizieren, und Bücher mit Titeln wie “Wenn China die Welt regiert“ hatten Hochkonjunktur.
Jahrelang hörte man auch das Argument, China habe einen Zustand der “Vertrauenswürdigkeit ohne Demokratie” erreicht, oder dass die kommunistische Führung wenigstens durch Amtszeitbegrenzungen, Gewaltenteilung und andere sinnvolle Vorrichtungen eingeschränkt sei. Das Land wurde dafür gelobt, die Vorteile zentraler politischer Planung zu verdeutlichen und eine Alternative zum neoliberalen Washingtoner Konsens zu bieten. Sogar jene, die das chinesische Modell als eine Form von “Staatskapitalismus” – mit allen damit verbundenen Widersprüchen – erkannten, sagten voraus, sein Wachstum werde ziemlich ungehindert weitergehen.
Das stärkste Argument war vielleicht, China werde die Welt durch seine mögliche Führungsrolle bei der Künstlichen Intelligenz (KI) beherrschen. Da das Land massiv in KI investiert, auf so viele Daten seiner enormen Bevölkerung zugreifen kann und in ethischer und datenschutzrechtlicher Hinsicht weniger eingeschränkt ist, wurde China auf diesem Gebiet ein offensichtlicher Vorteil bescheinigt.
Aber dieses Argument war immer schon fragwürdig: Man kann nicht einfach annehmen, dass Fortschritte bei der KI zukünftig die Hauptquelle wirtschaftlicher Vorteile sein werden; dass die chinesische Regierung dauerhafte, hochrangige Forschungen in diesem Bereich ermöglicht; oder dass westliche Unternehmen durch Datenschutz und andere Regulierungen erheblich behindert werden.
Chinas Aussichten sind heute viel weniger rosig als früher. Staats- und Parteichef Xi Jinping hat bereits viele interne Kontrollmechanismen abschaffen können. Den 20. Nationalkongress der Kommunistischen Partei hat er dazu genutzt, sich eine beispiellose dritte Amtszeit (ohne absehbare künftige zeitliche Einschränkung) zu sichern und den allmächtigen Ständigen Ausschuss des Politbüros mit loyalen Unterstützern zu besetzen.
Diese Machtkonsolidierung findet statt, obwohl Xi erhebliche Fehler begangen hat, die die Wirtschaft belasten und Chinas Innovationspotenzial untergraben. Seine “Null-Covid-Politik” wäre größtenteils vermeidbar gewesen, hat jedoch erhebliche Kosten verursacht, ebenso wie seine Unterstützung für Russlands Krieg in der Ukraine. Und jetzt, wo Xi uneingeschränkte Macht hat und von Jasagern umgeben ist, werden wohl weitere und noch größere Fehler folgen, da ihm keiner mehr sagen wird, was er hören muss.
Aber daraus zu schließen, Chinas Wachstumsmodell sei nur gefährdet, weil die falsche Person an die Spitze gekommen ist, wäre ein Fehler. Die Tendenz hin zu stärkerer Kontrolle, die während Xis erster Amtszeit (nach 2012) begann, könnte unvermeidlich gewesen sein.
Chinas rapides Industriewachstum in den 1990ern und 2000ern beruhte auf enormen Investitionen, Technologietransfers aus dem Westen, hoher Exportproduktion sowie Finanz- und Lohnunterdrückung. Aber ein solches exportorientiertes Wachstum hat seine Grenzen: Wie Xis Vorgänger Hu Jintao 2012 erkannt hatte, musste Chinas Wachstum “viel ausgeglichener, koordinierter und nachhaltiger” werden – mit viel weniger Abhängigkeit von externer Nachfrage und stärker vom Inlandskonsum gestützt.
Zu dieser Zeit glaubten viele Experten, Xi werde auf diese Herausforderung mit einer “ehrgeizigen Reformagenda” zur Einführung marktwirtschaftlicher Anreize reagieren. Aber diese Interpretation übersah eine Frage, die für China entscheidend war: Wie konnte angesichts einer schnell wachsenden, wirtschaftlich erstarkten Mittelklasse das Monopol der KP beibehalten werden? Die offensichtlichste – und vielleicht die einzige – Antwort darauf war: durch größere Repression und Zensur. Und genau diesen Weg ist Xi gegangen.
Eine Weile glaubten Xi, sein Umfeld und vielleicht sogar viele ausländische Experten, die chinesische Wirtschaft werde auch unter den Bedingungen strengerer zentraler Kontrolle, Zensur, Indoktrinierung und Unterdrückung immer noch weiter wachsen. Erneut hielten viele die KI für ein beispiellos mächtiges Werkzeug zur Überwachung und Kontrolle der Gesellschaft.
Aber es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass Xi und seine Berater die Lage falsch eingeschätzt haben und dass China für die zunehmende Kontrolle einen heftigen wirtschaftlichen Preis zahlen muss. Nach den Regulierungsrazzien des letzten Jahres gegen Alibaba, Tencent und andere konzentrieren sich die chinesischen Konzerne weniger auf Innovationen, sondern zunehmend auf ihr gutes Verhältnis zu den politischen Behörden.
Nun häufen sich die Ineffizienzen und andere Probleme, die ein solcher politisch geprägter Schwerpunkt mit sich bringt, und die staatlich getriebenen Innovationen stoßen an ihre Grenzen. Obwohl die akademische Forschung in China seit 2013 immer stärker staatlich gefördert wurde, verbessert sich ihre Qualität nur langsam. Selbst bei der KI, die oberste wissenschaftliche Priorität genießt, hinken die Fortschritte hinter den weltweiten Technologieführern her – die sich meist in den Vereinigten Staaten befinden.
Meine eigenen aktuellen Untersuchungen gemeinsam mit Jie Zhou vom MIT und David Yang von der Harvard University zeigen, dass die zentrale akademische Kontrolle auch die Richtung der Forschung verzerrt. Viele Fakultätsmitglieder wählen ihre Forschungsgebiete aus, um ihren Vorgesetzten oder Dekanen, die erhebliche Macht über ihre Karriere haben, damit zu gefallen. Mit dieser neuen Prioritätensetzung, so scheint es, leidet die allgemeine Forschungsqualität.
Xis fester Griff um Wissenschaft und Wirtschaft bedeutet, dass sich diese Probleme vergrößern werden. Und wie in allen Autokratien wird es an unabhängigen Experten oder inländischen Medien mangeln, die auf diese Fehlentwicklung hinweisen könnten.
Daron Acemoglu, Professor für Ökonomie am MIT, ist (gemeinsam mit James A. Robinson) Verfasser von “Why Nations Fail: The Origins of Power, Prosperity and Poverty” (Profile, 2019) und “The Narrow Corridor: States, Societies, and the Fate of Liberty” (Penguin, 2020). Übersetzung: Harald Eckhoff.
Copyright: Project Syndicate, 2022.
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Richard Tan wird ab 16. November neuer CEO von Dentsu Creative China, also der Kreativ-Sparte der China-Tochter des japanischen Werberiesen Dentsu. Er wird damit von Shanghai aus einem Team von 1.200 Mitarbeitern in sechs Büros vorstehen. Er ist Deric Wong unterstellt, dem CEO von Dentsu China.
Ronald Lam ersetzt ab 1. Januar Augustus Tang als CEO der Hongkonger Fluglinie Cathay Pacific. Tang geht in den Ruhestand. Der 50-jährige Lam ist schon seit 1996 bei Cathay Pacific und ist dort durch die Ränge bis in den Vorstand aufgestiegen. Cathay Pacific muss sich derzeit für die Zeit nach Corona fit machen.
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Auch in China sitzt der Nachwuchs zu viel vor Bildschirmen und somit ist auch dort Bewegungsmangel bei Kindern ein großes Thema. Warum nicht auf altbewährte Methoden setzen? Immer mehr Eltern schicken ihre Kinder in den Ferien auf traditionelle Kungfu- und Taichi-Schulen, damit sie sich körperlich ertüchtigen können.
die Automesse in Peking ist abgesagt. Der Grund: Corona. Ein Blick auf die Neuinfektionen in der Stadt sorgt für das inzwischen zur Gewohnheit gewordene Kopfschütteln. 95 neue Fälle waren es am Mittwoch. Auf Unverständnis folgt Spekulation – gibt es Anzeichen für einen baldigen Ausstieg aus Null-Covid? Hoffnungen in diese Richtung hat der Ständige Ausschuss des Politbüros in seiner ersten Sitzung nach der Neuformierung nun eine klare Absage erteilt.
Immerhin spricht sich die Runde um Xi Jinping dafür aus, die Schäden für die Wirtschaft möglichst kleinzuhalten. Das wird die Menschen in der Millionen-Metropole Guangzhou wenig beruhigen, die bei mehr als 2.000 Neuinfektionen in der Stadt aktuell einen so harten Lockdown wie im Frühjahr in Shanghai befürchten. Unser Autorenteam in China sät trotzdem ein wenig Hoffnung.
Wie werden die USA ihre Politik gegenüber China künftig ausrichten? Ganz gleich, wie die Verteilung in Senat und Repräsentantenhaus nach den Midterm-Wahlen aussieht – die USA werden ihre Haltung gegenüber China weiter verschärfen. Denn in einem sind sich Demokraten und Republikaner einig: ihrer negativen Sicht auf China. Was konkret zu erwarten wäre, wenn die Republikaner die Kontrolle über das Repräsentantenhaus übernehmen, erörtert Amelie Richter in ihrer Analyse, und wirft auch einen Blick auf die Auswirkungen auf Europa. Am Montag treffen sich Xi Jinping und Joe Biden erstmals als Staatspräsidenten in Bali.
Wie die Weichen für den Umgang mit China gestellt werden sollen, war auch Thema einer Aktuellen Stunde im Bundestag. Die angekündigte China-Strategie der Bundesregierung soll nach Angaben der Regierungsparteien noch in diesem Jahr das Licht der Welt erblicken – bisher war von kommendem Frühjahr die Rede gewesen. Mehr dazu finden Sie in unseren News.
Es ist noch nicht lange her, da dachten viele, dass Chinas Wachstum unaufhaltsam sei. Xis Corona-Politik hat die Optimisten eines Besseren belehrt. Denn sein Primat der Ideologie hat Chinas Wirtschaft in den letzten Monaten schlimmen Schaden zugefügt. Im heutigen Standpunkt spricht MIT-Professor Daron Acemoglu über die Grundprobleme der Wirtschaft in einer Autokratie.
Ich wünsche Ihnen eine erhellende Lektüre und ein schönes Wochenende.
Für alle, die darauf hoffen, dass China bald eine Lockerung seiner Corona-Maßnahmen verkünden würde, gab es gestern eine deutliche Absage. “Wir dürfen die notwendigen Initiativen zur Epidemieprävention nicht lockern”, erklärte der neu formierte Ständige Ausschuss des Politbüros in seiner ersten Sitzung nach dem Parteitag. Die Vorgehensweise sei “standhaft zu unterstützen”.
Die Corona-Zahlen haben in den vergangenen Tagen das höchste Niveau seit dem Lockdown von Shanghai im März und April erreicht. Doch die Regierung will sich dem Virus nicht geschlagen geben. Die Lage ist dabei zunehmend unübersichtlich. Behörden vermeiden es mittlerweile, ganze Metropolen abzuriegeln. Vielmehr gibt es im ganzen Land einen Flickenteppich von Stadtbezirken oder Straßenzügen, die in Lockdowns stecken.
Solche Abschottungen werden oft nur noch als “vorübergehende Kontrolle” oder “Stilllegung” deklariert (China.Table berichtete). Das macht es schwer, das tatsächliche Ausmaß zu erfassen. Doch werden in allen wichtigen Metropolen neue Ausbrüche gemeldet. Menschen sitzen dort in ihren Wohnungen fest. Und auch Reisen innerhalb des Landes sind schwieriger denn je, weil kaum noch eine Stadt jemanden ohne Quarantäne reinlässt, der aus einem Gebiet mit Infektionen kommt. Die Hauptstadt Peking geht in dieser Hinsicht mit besonderer Härte vor, wie derzeit von vielen Bewohnern zu hören ist.
Analysten von Goldman Sachs glauben nicht, dass die Behörden noch lange so vorgehen können. Am Montag schrieben die Ökonomen in einer Mitteilung, dass eine Lockerung der Corona-Regeln zwar noch Monate entfernt sei. Vorbereitungen würden aber derzeit getroffen. Die Regierung müsse handeln, weil die Kosten für die Null-Corona-Politik für die Wirtschaft zu einer nicht mehr tragbaren Belastung würden.
Einem Bericht des Wall Street Journals zufolge könnte eine Entspannung zumindest in Trippelschritten erfolgen. So zitiert die US-Zeitung regierungsnahe Quellen, wonach die Hotel-Quarantäne und die sich anschließende Gesundheitsüberwachung in der eigenen Wohnung bei Einreise nach China Anfang kommenden Jahres von derzeit zehn auf dann sieben Tage leicht reduziert werden könnte. Auch Bloomberg und Reuters zitierten Quellen mit ähnlichen Aussagen. Zudem werde diskutiert, schon diesen Monat die Zahl der vorgeschriebenen Corona-Tests im Alltag etwas herunterzuschrauben. Einige Städte verlangen derzeit, sich routinemäßig alle 48-Stunden testen zu lassen. Hier könnte laut Wall Street Journal nachjustiert werden.
Als definitiv falsch hat sich dagegen eine Reihe von Meldungen in der vergangenen Woche erwiesen. Die Gerüchteküche redete sich tagelang eine weitreichende Abkehr von Null-Covid schon in naher Zukunft herbei. Auch die Aktienmärkte reagierten darauf. Erst verspätet setzte sich die Erkenntnis durch, wie unrealistisch eine schnelle Öffnung ist. Die Bevölkerung ist kaum immun gegen Sars-CoV-2 und Null-Covid ist Staatsdoktrin. Ein Kurswechsel erfordert sowohl medizinische als auch propagandistische Vorbereitung.
Laut dem Bericht laufen zudem Vorbereitungen für eine groß angelegte Impfkampagne, die offenbar zum Ziel haben soll, endlich die Impflücke bei besonders alten Menschen zu schließen. Angestrebt werde, dass 95 Prozent aller Menschen über 60 Jahre mindestens zweimal geimpft sind. Nach den jüngsten verfügbaren Zahlen sind 86 Prozent der Alten doppelt geimpft. Auch werde daran gearbeitet, den Zugang zu wirksamen Corona-Medikamenten zu gewährleisten.
Eine weitere interessante Erkenntnis des Berichts: Peking hofft offenbar auf Hilfe der Weltgesundheitsorganisation, um dem eigenen Volk eine mögliche Entspannung der Maßnahmen verkaufen zu können. Seit den frühen Tagen der Pandemie hat die WHO das Coronavirus als “weltweiten Gesundheitsnotstand” eingestuft. Doch sollte die WHO diese Einstufung bei ihrer nächsten Versammlung im Januar überdenken, könnte auch Peking die eigene Gefahreneinstufung des Virus öffentlichkeitswirksam reduzieren. Die Regierung, so berichtet das Wall Street Journal, würde dann in Erwägung ziehen, Corona nur noch als Infektionskrankheit der Klasse B und nicht mehr als Klasse-A-Infektion einzustufen.
Klar scheint: Peking spielt hinter den Kulissen Szenarien durch, wie eine mögliche Öffnung aussehen könnte. Doch kaum etwas scheint fertig entschieden. Einen schnellen Weg aus der Null-Corona-Politik wird es somit kaum geben. “Ein Jahr” noch könnte laut Quellen des Wall Street Journals vergehen, bis das Leben in China wieder einen ähnlichen Zustand wie vor der Pandemie erreicht. Anderen Beobachtern erscheint selbst diese Prognose viel zu optimistisch. Jörn Petring
Die “Rote Welle” ist erstmal ausgeblieben – bei den US-Zwischenwahlen konnten nach den bisherigen Ergebnissen die Republikaner weniger starke Ergebnisse erzielen als Umfragen vor den Midterms nahegelegt hatten. In vielen Staaten läuft die Auszählung noch, im Repräsentantenhaus sieht es derzeit nach einem Sieg für die Grand Old Party (GOP) aus. Wie die Senatssitze künftig verteilt sein werden, ist noch offen. Georgia muss Anfang Dezember noch in die Stichwahl.
Was sich allerdings jetzt schon sagen lässt: Die US-China-Beziehungen bewegen sich auf mehr Konfrontation zu – egal wie Senat und Repräsentantenhaus verteilt sein werden. Denn trotz der Tatsache, dass der Kongress derzeit so polarisiert ist wie seit Jahrzehnten nicht, sind sich Republikaner und Demokraten in der China-Frage bemerkenswert einig: Beide setzen auf eine schärfere Gangart.
Andere außenpolitische Knackpunkte sind hingegen weniger klar. Der Wahlkampf in den USA war vor allem von innenpolitischen Themen geprägt: Inflation, nationale Sicherheit, Abtreibungs- und Waffenrechte waren für Wähler und Wählerinnen die bestimmenden Punkte für ihre Entscheidung an der Wahlurne. US-Außenpolitik für Asien spielte dabei keine Rolle. Was hat also die Stimme eines Wählers in Arizona mit dem Leben im mehr als 12.000 Kilometer entfernten Manila zu tun? Potenziell viel, denn die Ergebnisse der Zwischenwahlen können auch weitreichende Auswirkungen in der Indo-Pazifik-Region haben. Dort konkurrieren die USA und China um Einfluss.
Der Ausgang der Midterms kann die US-Außenpolitik in der Region in zwei unterschiedliche Richtungen lenken – abnehmender oder zunehmender Fokus. Die Übernahme der Kontrolle durch die Republikaner im US-Repräsentantenhaus bei den Zwischenwahlen könnte einerseits ein geringeres Engagement der USA in internationalen Fragen bedeuten. Eine Zunahme von “isolationistischen Ansichten”, wie die des ehemaligen Präsidenten Donald Trump, sei nicht unwahrscheinlich, sagt Asien-Analyst Joshua Kurlantzick von der US-Denkfabrik Council on Foreign Relations (CFR). Trump hält nach wie vor große Unterstützung in der GOP. Der Ex-Präsident “ist misstrauisch gegenüber den Beziehungen der USA zu vielen asiatischen Partnern, von denen er glaubt, dass sie nicht genug zu ihrer eigenen Verteidigung beitragen”, schrieb Kurlantzick in einer Kolumne in der Japan Times.
Ein republikanisches Repräsentantenhauses könnte Washingtons derzeitiges Engagement in Asien überdenken, so der Analyst. Darin eingeschlossen auch die Beziehung zu Südkorea, Japan und anderen Verbündeten. Der Sieg der Republikaner könnte sich zudem auf die Verteidigungsausgaben und Militärabkommen der USA auswirken und Druck auf die Biden-Regierung ausüben, “ihre Position zu Taiwan zu bekräftigen”, so Kurlantzick. Eine wachsende Zahl in der GOP will demnach nicht eingreifen, wenn Taiwan angegriffen werden sollte. US-Präsident Joe Biden hatte Taipeh in diesem Jahr mehrfach Unterstützung im Falle eines Angriffs zugesagt. Die Taiwan-Haltung Washingtons könnte in den kommenden zwei Jahren zu einem großen Streitpunkt werden.
Eine republikanische Mehrheit im Repräsentantenhaus könne zu einem konfrontativeren Ansatz in der Taiwan-Frage führen, meint Außenpolitik-Experte Noah Barkin vom Berliner Büro des German Marshall Fund (GMF). Eine “Rote Welle” könnte bei einem republikanisch geführtem Kongress auch neue Gesetzgebungen mit China-Bezug auf den Weg bringen. Diese hätten das Potenzial, die Spannungen zwischen Washington und Peking zu verstärken, so Barkin.
Handelspolitik und Taiwan sollen kommenden Montag auch für das erwartete Aufeinandertreffen von Xi und Biden am Rande des G20-Gipfels auf Bali auf der Gesprächsagenda stehen. Es ist das erste persönliche Treffen zwischen den beiden Staatschefs, seit Biden das Präsidentenamt angetreten hat. Das Weiße Haus bestätigte das Treffen am Donnerstag. Biden sagte bei einer Pressekonferenz bereits am Mittwoch, er habe viel mit Xi zu besprechen. Aus hochrangigen US-Kreisen verlautete, Thema werde auch der Ukraine-Krieg sein. Eine gemeinsame Erklärung werde es vermutlich nicht geben. Zudem würden keine spezifischen Vereinbarungen erwartet. Vielmehr wolle Biden eine Basis für die gemeinsamen Beziehungen schaffen.
Ein GOP-geführter Kongress – und gegebenenfalls Senat – könnten den Fokus der Biden-Regierung allerdings auch auf mehr außenpolitische Themen lenken, wenn innenpolitisch keine großen Schritte mehr möglich sind. Manche Entscheidungen wird Biden faktisch nur noch per Präsidialdekret durchsetzen können. Biden ist also auf die Zusammenarbeit mit den Republikanern angewiesen und muss Kompromisse finden. “Die Außenpolitik könnte eine Flucht nach vorn bieten“, so der Vorsitzende des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten im Europaparlament, David McAllister (CDU). “Das gilt vor allem in Bezug auf die von Biden gewählte härtere Gangart gegenüber China und eine geopolitische Orientierung in Richtung Indo-Pazifik.”
Das wird so auch in Peking beobachtet. “[Biden] wird die indo-pazifische Strategie vorantreiben, den sogenannten indo-pazifischen Wirtschaftsrahmen fördern und damit den Wettbewerb der Großmächte im Einklang mit der in seiner nationalen Sicherheitsstrategie umrissenen Agenda beschleunigen“, sagt Diao Daming, Professor an der School of International Studies an der Renmin-Universität in Peking, in der staatlichen Global Times.
Ein Fokus in Washington auf die Außenpolitik, wenn die heimische Agenda wegen Kongress und Senat nicht mehr umsetzbar ist, wäre kein neues Vorgehen: Nachdem die Republikaner die Kontrolle über das Repräsentantenhaus übernommen und die innenpolitische Agenda des damaligen Präsidenten Bill Clinton im Wesentlichen blockiert hatten, konzentrierte sich dieser auf Themen der nationalen Sicherheit. 1996 gaben Clinton und der damalige japanische Premierminister Ryutaro Hashimoto eine gemeinsame Erklärung ab, in der sie das Bündnis zwischen den USA und Japan stärkten, um erstmals auf regionale Spannungen wie Nordkorea und Taiwan zu reagieren.
Während die Stoßrichtung für den Indo-Pazifik im neuen US-Gemengelage noch schwer absehbar ist, sind die Zeichen für die künftigen US-China-Beziehungen klar auf Konfrontation gestellt. Die öffentliche Meinung zu China in den Vereinigten Staaten hat sich in den vergangenen Jahren massiv verschlechtert, insbesondere seit dem Ausbruch des Coronavirus im Jahr 2020. Neue Daten des Pew Research Center besagen, dass in diesem Jahr 82 Prozent der US-Amerikaner eine negative Sicht auf China haben, ein historischer Höchststand. Vor fünf Jahren war diese Zahl noch bei 47 Prozent.
Umfragen zeigen, dass diese negativen Ansichten von Demokraten und Republikanern geteilt werden. Chinas Bestrebungen auf der Weltbühne wurden von Kandidaten und Kandidatinnen beider politischer Spektren angesprochen. In Pennsylvania sagte der designierte Senator John Fetterman (Demokraten), er werde “nicht zulassen, dass China uns mit Innovationen überflügelt”. In Missouri bezeichnete der gewählte Senator Eric Schmitt (Republikaner) China als wachsende militärische, wirtschaftliche und öffentliche “Gesundheitsbedrohung”.
Die Biden-Regierung hat in ihrer im Oktober vorgelegten Sicherheitsstrategie den gefährlichsten Konkurrenten ausgemacht: China (China.Table berichtete). So heißt es in dem Dokument unmissverständlich: “Die Volksrepublik China ist der einzige Konkurrent, der nicht nur die Absicht hat, die internationale Ordnung umzugestalten, sondern auch über die wirtschaftliche, diplomatische, militärische und technologische Macht verfügt, dies zu tun.” Einem Wandel durch Handel, wie er lange Zeit vor allem in Deutschland und Europa für möglich gehalten wurde, erteilt Washington in seiner Strategie eine klare Absage: “Märkte allein können nicht auf das schnelle Tempo des technologischen Wandels, globale Versorgungsunterbrechungen, nicht marktbezogene Missbräuche durch China und andere Akteure reagieren.”
Ein konfrontativer Ansatz Washingtons gegenüber Peking könnte auch zu Spannungen mit den US-Verbündeten führt, insbesondere in Europa, meint Barkin. “Die Hauptstädte der EU sind weitaus risikoscheuer als die USA, wenn es um Abschreckung geht, und werden wahrscheinlich jede Erhöhung der US-Waffenverkäufe und die militärische Koordinierung mit Taiwan als übermäßig provokativ ansehen.”
Spannend wird nun auch, wer 2024 für die Republikaner im Rennen um die Präsidentschaft antreten wird. Trump soll Einschätzungen von US-Medien zufolge kommende Woche seine Kandidatur ankündigen. Sein größter Konkurrent um das Ticket: Floridas wiedergewählter Gouverneur und republikanischer Hardliner Ron DeSantis. Dieser hatte im September ein Paket von Gesetzesvorschlägen zur Bekämpfung des “bösartigen ausländischen Einflusses”, primär Chinas, enthüllt. Dass 2024 der neue US-Präsident DeSantis heißen könnte, ist nicht abwegig. Zumindest in Florida gab es eine “Rote Welle”, die DeSantis mit eindeutigem Vorsprung erneut auf den Gouverneurs-Posten spülte.
13.11.2022 bis 14.11.2022 in Singapur
Dezan Shira & Associates, vor Ort: Meet us at the 17th Asia Pacific Conference of German Business (APK) in Singapore Mehr
15.11.2022, 05:00 Uhr (12:00 Uhr Beijing Time)
Intertrust Group, Webinar: Setting up and Maintaining WFOEs in China Mehr
15.11.2022, 14:00-17:00 Uhr
Messe Stuttgart, vor Ort: Global Connect Forum für Export und Internationalisierung (mit China-Konferenz) Mehr
15.11.2022, 14:00 Uhr (21:00 Uhr Beijing Time)
Harvard Fairbank Center, Webinar: Taiwan Studies Workshop – Taiwan Elections 2022: The Politicians’ Perspective Mehr
16.11.2022, 08:00 Uhr (15:00 Uhr Beijing Time)
Medical Affairs Professional Society (MAPS), Webinar: Medical Affairs in China: Innovation, Current State & Future… Mehr
16.11.2022, 9:00-10:00 Uhr MEZ (15:00 Uhr Beijing Time)
China-Team Hannover, Webinar: China nach 20. Parteitag – Live Interview Mehr
16.11. & 17.11. 2022, jeweils 07:00-11:00 Uhr (14:00-18:00 Uhr Beijing Time)
VDA QMC China, Online Konferenz: 7th Product Integrity Day China 2022 Anmeldung
17.11.2022, 15:30 Uhr (22:30 Uhr Beijing Time)
Harvard Fairbank Center, Webinar: Taiwan Studies Workshop – Taiwan Elections 2022: The Analysts’ Perspective Mehr
17.11.2022, 10:00-16:00 Uhr (17:00-23:00 Uhr Beijing Time)
Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO, Online Konferenz: Innovative Weiterbildung in China -Abschlussveranstaltung zum BMBF-geförderten Projekt INWICA Anmeldung
17.11.2022, 09:00 Uhr (16:00 Uhr Beijing Time)
Dezan Shira & Associates, Webinar: China’s Greater Bay Area: Accessing Latest Business Subsidies in 2022 Mehr
17.11.2022, 12:00 Uhr, vor Ort
Konfuzius-Institut Berlin, Lesung: Im Gespräch mit chinesischen Schriftsteller:innen – Ge Fei 格⾮ Mehr
Das Bundeswirtschaftsministerium will das Instrument der Investitionsgarantien “neu justieren”, damit die Förderung eher der Erschließung neuer Märkte statt zusätzlichem Engagement in China zugutekommt. Das war am Vorabend der Abreise von Robert Habeck zur Asien-Pazifik-Konferenz aus Ministeriumskreisen zu erfahren. Das Instrument soll künftig in den Dienst einer breiteren Streuung der Investitionen gestellt werden. Bisher hatte es tendenziell den Effekt, den Geldfluss in autoritär regierte Länder wie China eher noch zu verstärken.
Die Investitionsgarantien der Bundesregierung sollen grundsätzlich den deutschen Außenhandel stärken. Sie mindern die Risiken für Investitionen in schwierigen Märkten und schaffen damit Anreize, sich dort zu engagieren. Wenn sich die politische Lage ändert und das Engagement schiefgeht, springt der Bund ein und zahlt eine Entschädigung. Es handelt sich also um eine Versicherung für politische Risiken.
Solche Garantien gab es traditionell auch für das Chinageschäft. Im Mai hatte Habeck sie Volkswagen erstmals verweigert (China.Table berichtete). Er hat seinerzeit ausdrücklich den Zusammenhang mit dem VW-Werk in Xinjiang und den Menschenrechtsverletzungen in der Region hergestellt.
Zugleich ist der in Deutschland derzeit meistdiskutierte Ausweg aus dem Abhängigkeits-Dilemma eine Diversifizierung der Wirtschaftsaktivität. Sprich: China soll nicht länger der alles dominierende Beschaffungs- und Absatzmarkt sein. Stattdessen lassen sich in Zentral- und Südasien sowie Lateinamerika noch viele Regionen erschließen. In solche Alternativmärkte will das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima (BMWK) nun offenbar verstärkt die Investitionen lenken.
Aus dem BMWK waren schon erste Details der Neujustierung zu hören:
Diese Änderungen hat den Kreisen zufolge das BMWK vorgeschlagen und die anderen zuständigen Ministerien haben ihnen zugestimmt. fin
In einer Aktuellen Stunde hat das Parlament über die künftige deutsche China-Strategie beraten. Die Vertreter der SPD verteidigten dabei das Ergebnis der Reise von Olaf Scholz nach Peking (China.Table berichtete), während die Opposition aus CDU und AfD laute Kritik äußerte. Grüne und FDP verwiesen darauf, dass die Weichenstellung für die derzeit schwierige Situation unter der CDU-Kanzlerschaft erfolgte. Alle sechs Parteien im Bundestag waren sich einig, dass Deutschland unabhängiger, souveräner und selbstbewusster gegenüber China werden müsse.
Die drei Regierungsparteien stellten noch für dieses Jahr die Vorlage einer ausgefeilten Strategie zum Umgang mit China in Aussicht. Der Abgeordnete Frank Schwabe von der SPD wies darauf hin, dass sie auch eine starke innenpolitische Komponente brauche. “Wir dürfen nicht zulassen, dass China in Deutschland Druck auf Dissidenten ausübt.” Dieter Janecek von den Grünen erwähnte, dass er am Freitag zur Asien-Pazifik-Konferenz der Deutschen Wirtschaft nach Singapur aufbricht. “China wird der Elefant im Raum sein.” Die Strategie der Bundesregierung müsse darauf abzielen, ein “level playing field” für die Wirtschaft zu schaffen. Seine Parteifreundin Anjeszka Burgger legte den Fokus auf die Geopolitik. Deutschland habe zu lange die Alarmsignale im Zusammenhang mit Russland ignoriert. Das drohe jetzt auch mit China. “Ein Staat, der nicht bedroht ist, aber militärisch aufrüstet, tut das mit einem Ziel.”
Johannes Vogel (FDP) benannte dieses mögliche Ziel in seiner Rede. “Wir müssen uns auf eine militärische Aggression gegen Taiwan einstellen.” Er verwies kritisch auf den Kurs von Kanzlerin Angela Merkel, die 2020 kurz vor Ende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft noch das Investitionsabkommen CAI durchpeitschen wollte. Vogel forderte einen “China-Stresstest”, der die Abhängigkeiten in Infrastruktur, Wirtschaft und anderen Bereichen offenbar.
Die drei Oppositionsparteien arbeiteten sich vor allem an der aktuellen Politik ab. Die AfD ging dabei noch einmal weit in die Vergangenheit und benannte die Überlassung der Transrapid-Technologie an China als Fehler. Jens Spahn von der CDU kritisierte die Entscheidung für den Cosco-Deal in Hamburg, den Scholz “brachial” durchgesetzt habe. Er stellte fest, dass China weiterhin ein wichtiger Handelspartner bleiben werde, forderte aber zugleich Zölle, um Wirtschaftsbereiche zu schützen.
Amira Mohamed Ali (Die Linke) kritisierte Außenministerin Annalena Baerbock dafür, bisher noch nicht in China gewesen zu sein. Baerbock ergehe sich stattdessen in “Kalter-Kriegs-Rhetorik”. Das sei falsch, weil man China ins Boot holen müsse, um den Krieg gegen die Ukraine zu beenden. “Die Menschenrechtslage verbessert sich nicht, wenn Europa sich gegen China abschottet.”
Die Vorstände von acht Großunternehmen meldet sich derweil mit einem eigenen Beitrag zur China-Debatte zu Wort. In einem Beitrag für die FAZ forderten sie eine Abkehr von der Betonung der Rivalität mit China. Die Diskussion müsse wieder mehr mit Blick auf die Chancen geführt werden. “Im Wettbewerb muss man mit eigenen Stärken punkten. Und wir können unsere Positionen gegenüber China umso nachdrücklicher vertreten, je stärker wir selbst sind.” Auch die Konzernlenker fordern daher, Risiken zu verringern, etwa bei der Versorgung mit Halbleitern, Batterien und Seltenen Erden. Dazu sollte eine “ambitionierten Forschungs-, Technologie- und Innovations-Agenda” kommen. Es sei wichtig, mit China im Gespräch zu bleiben. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem BASF, Siemens, Schaeffler und der Hamburger Hafen. fin
Das Europäische Parlament hat grünes Licht für ein neues Handelsinstrument gegeben, mit dem Ziel, Übernahmen europäischer Firmen durch hoch subventionierte ausländische Unternehmen zu verhindern. Die EU-Abgeordneten stimmten am Donnerstag mit großer Mehrheit für das Vorhaben, das zeitnah in Kraft treten könnte und gegen Marktverzerrungen ankämpfen soll. Brüssel will damit auch unterbinden, dass mit Staatsgeld unterstützte Unternehmen aus dem Ausland europäischen Konkurrenten öffentliche Aufträge wegnehmen. Chinesische Firmen könnte das empfindlich treffen.
Das soll das neue Gesetz beinhalten:
Die Botschaft für ausländische Unternehmen sei klar, sagte der im Europaparlament zuständige Abgeordnete, Christophe Hansen. “Sie sind im EU-Binnenmarkt willkommen, wenn Sie sich an die Regeln halten. Wer nicht fair spielt, bleibt außen vor.” Brüssel habe damit eine große Gesetzeslücke geschlossen, betonte CDU-Europapolitiker Daniel Caspary. Die chinesische Handelskammer in Brüssel erklärte, eine große Zahl chinesischer Firmen in der EU seien wegen des geplanten Instruments besorgt. Der EU-Rat der Mitgliedsstaaten müssen dem Gesetzesvorhaben noch zustimmen. ari
Das chinesische Satelliten-Navigationssystem Beidou findet zunehmend Verbreitung. Zwei Bodenüberwachungsstationen seien nun in Nordamerika, in Betrieb, berichtete South China Morning Post unter Berufung auf einen chinesischen Rüstungszulieferer, eine davon in den USA. Die Stationen sollen dabei helfen, die Genauigkeit des Systems zu erhöhen, indem sie beim Überflug eines Satelliten wichtige Daten für die Kalibrierung liefern. Weltweit betreibt Beidou 120 derartige Stationen.
Der Direktor des britischen Nachrichten- und Sicherheitsdienstes GCHQ, Jeremy Fleming, bezeichnete Beidou gegenüber der BBC im vergangenen Monat als Bedrohung. Die dadurch erlangten Daten stünden dem chinesischen Staat offen zur Verfügung und könnten auch zum Zweck der Kontrolle und Überwachung eingesetzt werden.
Beidou ist das chinesische Pendant zum Navigationssatellitensystem GPS. Nach zwanzig Jahren Aufbau wurde es 2020 fertiggestellt. Mit 45 Satelliten ist es das größte Satellitennavigationssystem und verspricht Nutzern weltweit eine genaue Ortsbestimmung mit einer Genauigkeit von zwei bis fünf Metern, vergleichbar zu GPS. Beidou ermöglicht es Nutzern zudem, Kurznachrichten über Satelliten zu verschicken. So soll eine Kommunikation auch in Regionen möglich sein, die keine Netzabdeckung besitzen. Das Angebot beschränkt sich zunächst auf China.
Neben seinem zivilen Nutzen ist Beidou vor allem eine militärische Technologie. Es macht China vom GPS-System unabhängig, das vom US-Militär betrieben wird. jul
Wegen der Corona-Pandemie hat die chinesische Regierung die Automesse in Peking abgesagt. Die größte Automesse Chinas war ursprünglich für den zurückliegenden April angesetzt und wegen der Corona-Restriktionen aufs Jahresende verschoben worden. Die Messe in der Hauptstadt findet im jährlichen Wechsel mit der Automesse in Shanghai statt und gilt inzwischen als eine der wichtigsten Autoausstellungen der Welt. rtr/jul
China und El Salvador wollen den Handel zwischen den beiden Ländern mit einem Freihandelsabkommen stärken. Die Volksrepublik und der Staat in Mittelamerika würden zusammenarbeiten, um den Prozess “so bald wie möglich” abzuschließen, teilte die chinesische Botschaft in El Salvador am Mittwoch mit. China hatte zuvor Dünger und Weizenmehl an den lateinamerikanischen Staat gespendet, die “die Auswirkungen der weltweiten Wirtschaftskrise abmildern” würden, erklärte der salvadorianische Präsident Nayib Bukele.
Am Montag hatte ein salvadorianisches Gericht die Aussetzung des Freihandelsabkommens zwischen El Salvador und Taiwan bestätigt. “Wir drücken unsere Dankbarkeit und Anerkennung für dieses Urteil auf der Grundlage des Ein-China-Prinzips aus”, sagte die chinesische Botschafterin in El Salvador, Ou Jianhong. rtr
Was gerade in China passiert, wirft eine lang umstrittene Frage der wirtschaftlichen Entwicklung auf: Kann eine zentral und von oben herab gesteuerte Autokratie bei Innovationen und Wachstum besser abschneiden als die liberalen Marktwirtschaften?
Zwischen 1980 und 2019 wuchs das chinesische BIP durchschnittlich um mehr als acht Prozent im Jahr – schneller als alle westlichen Volkswirtschaften. In den Nullerjahren ging die wirtschaftliche Entwicklung des Landes (mithilfe westlicher Technologien) sogar über eine reine Aufholjagd hinaus: China investierte in seine eigenen Technologien, veröffentlichte Patente und wissenschaftliche Berichte, und schuf innovative Unternehmen wie Alibaba, Tencent, Baidu und Huawei.
Einige Skeptiker hatten dies für unwahrscheinlich gehalten. Zwar hatten sich schon viele Autokraten über ein schnelles Wirtschaftswachstum freuen können. Aber noch nie zuvor konnte ein nicht-demokratisches Regime ein derart anhaltendes, innovationsgetriebenes Wachstum erzielen. Einige Westler hatten die wissenschaftlichen Fähigkeiten der Sowjetunion der 1950er und 1960er bewundert, aber häufig war dies nur Ausdruck ihrer eigenen Voreingenommenheit: In den 1970ern fiel die Sowjetunion klar zurück und stagnierte, da sie nicht in der Lage war, sektorübergreifend innovativ zu sein.
Sicherlich haben einige kluge China-Beobachter darauf hingewiesen, dass der eiserne Griff der Kommunistischen Partei für die Aussichten des Landes kein gutes Zeichen sei. Aber mehrheitlich herrschte die Meinung vor, China werde sein erstaunliches Wachstum aufrechterhalten. Obwohl es umstritten war, ob China global zu einer guten oder bösen Kraft werden würde, waren sich fast alle einig, dass das Wachstum des Landes unaufhaltsam sei. Der Internationale Währungsfonds und die Weltbank machten es sich zur Gewohnheit, vergangene chinesische Wachstumsraten in die Zukunft zu projizieren, und Bücher mit Titeln wie “Wenn China die Welt regiert“ hatten Hochkonjunktur.
Jahrelang hörte man auch das Argument, China habe einen Zustand der “Vertrauenswürdigkeit ohne Demokratie” erreicht, oder dass die kommunistische Führung wenigstens durch Amtszeitbegrenzungen, Gewaltenteilung und andere sinnvolle Vorrichtungen eingeschränkt sei. Das Land wurde dafür gelobt, die Vorteile zentraler politischer Planung zu verdeutlichen und eine Alternative zum neoliberalen Washingtoner Konsens zu bieten. Sogar jene, die das chinesische Modell als eine Form von “Staatskapitalismus” – mit allen damit verbundenen Widersprüchen – erkannten, sagten voraus, sein Wachstum werde ziemlich ungehindert weitergehen.
Das stärkste Argument war vielleicht, China werde die Welt durch seine mögliche Führungsrolle bei der Künstlichen Intelligenz (KI) beherrschen. Da das Land massiv in KI investiert, auf so viele Daten seiner enormen Bevölkerung zugreifen kann und in ethischer und datenschutzrechtlicher Hinsicht weniger eingeschränkt ist, wurde China auf diesem Gebiet ein offensichtlicher Vorteil bescheinigt.
Aber dieses Argument war immer schon fragwürdig: Man kann nicht einfach annehmen, dass Fortschritte bei der KI zukünftig die Hauptquelle wirtschaftlicher Vorteile sein werden; dass die chinesische Regierung dauerhafte, hochrangige Forschungen in diesem Bereich ermöglicht; oder dass westliche Unternehmen durch Datenschutz und andere Regulierungen erheblich behindert werden.
Chinas Aussichten sind heute viel weniger rosig als früher. Staats- und Parteichef Xi Jinping hat bereits viele interne Kontrollmechanismen abschaffen können. Den 20. Nationalkongress der Kommunistischen Partei hat er dazu genutzt, sich eine beispiellose dritte Amtszeit (ohne absehbare künftige zeitliche Einschränkung) zu sichern und den allmächtigen Ständigen Ausschuss des Politbüros mit loyalen Unterstützern zu besetzen.
Diese Machtkonsolidierung findet statt, obwohl Xi erhebliche Fehler begangen hat, die die Wirtschaft belasten und Chinas Innovationspotenzial untergraben. Seine “Null-Covid-Politik” wäre größtenteils vermeidbar gewesen, hat jedoch erhebliche Kosten verursacht, ebenso wie seine Unterstützung für Russlands Krieg in der Ukraine. Und jetzt, wo Xi uneingeschränkte Macht hat und von Jasagern umgeben ist, werden wohl weitere und noch größere Fehler folgen, da ihm keiner mehr sagen wird, was er hören muss.
Aber daraus zu schließen, Chinas Wachstumsmodell sei nur gefährdet, weil die falsche Person an die Spitze gekommen ist, wäre ein Fehler. Die Tendenz hin zu stärkerer Kontrolle, die während Xis erster Amtszeit (nach 2012) begann, könnte unvermeidlich gewesen sein.
Chinas rapides Industriewachstum in den 1990ern und 2000ern beruhte auf enormen Investitionen, Technologietransfers aus dem Westen, hoher Exportproduktion sowie Finanz- und Lohnunterdrückung. Aber ein solches exportorientiertes Wachstum hat seine Grenzen: Wie Xis Vorgänger Hu Jintao 2012 erkannt hatte, musste Chinas Wachstum “viel ausgeglichener, koordinierter und nachhaltiger” werden – mit viel weniger Abhängigkeit von externer Nachfrage und stärker vom Inlandskonsum gestützt.
Zu dieser Zeit glaubten viele Experten, Xi werde auf diese Herausforderung mit einer “ehrgeizigen Reformagenda” zur Einführung marktwirtschaftlicher Anreize reagieren. Aber diese Interpretation übersah eine Frage, die für China entscheidend war: Wie konnte angesichts einer schnell wachsenden, wirtschaftlich erstarkten Mittelklasse das Monopol der KP beibehalten werden? Die offensichtlichste – und vielleicht die einzige – Antwort darauf war: durch größere Repression und Zensur. Und genau diesen Weg ist Xi gegangen.
Eine Weile glaubten Xi, sein Umfeld und vielleicht sogar viele ausländische Experten, die chinesische Wirtschaft werde auch unter den Bedingungen strengerer zentraler Kontrolle, Zensur, Indoktrinierung und Unterdrückung immer noch weiter wachsen. Erneut hielten viele die KI für ein beispiellos mächtiges Werkzeug zur Überwachung und Kontrolle der Gesellschaft.
Aber es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass Xi und seine Berater die Lage falsch eingeschätzt haben und dass China für die zunehmende Kontrolle einen heftigen wirtschaftlichen Preis zahlen muss. Nach den Regulierungsrazzien des letzten Jahres gegen Alibaba, Tencent und andere konzentrieren sich die chinesischen Konzerne weniger auf Innovationen, sondern zunehmend auf ihr gutes Verhältnis zu den politischen Behörden.
Nun häufen sich die Ineffizienzen und andere Probleme, die ein solcher politisch geprägter Schwerpunkt mit sich bringt, und die staatlich getriebenen Innovationen stoßen an ihre Grenzen. Obwohl die akademische Forschung in China seit 2013 immer stärker staatlich gefördert wurde, verbessert sich ihre Qualität nur langsam. Selbst bei der KI, die oberste wissenschaftliche Priorität genießt, hinken die Fortschritte hinter den weltweiten Technologieführern her – die sich meist in den Vereinigten Staaten befinden.
Meine eigenen aktuellen Untersuchungen gemeinsam mit Jie Zhou vom MIT und David Yang von der Harvard University zeigen, dass die zentrale akademische Kontrolle auch die Richtung der Forschung verzerrt. Viele Fakultätsmitglieder wählen ihre Forschungsgebiete aus, um ihren Vorgesetzten oder Dekanen, die erhebliche Macht über ihre Karriere haben, damit zu gefallen. Mit dieser neuen Prioritätensetzung, so scheint es, leidet die allgemeine Forschungsqualität.
Xis fester Griff um Wissenschaft und Wirtschaft bedeutet, dass sich diese Probleme vergrößern werden. Und wie in allen Autokratien wird es an unabhängigen Experten oder inländischen Medien mangeln, die auf diese Fehlentwicklung hinweisen könnten.
Daron Acemoglu, Professor für Ökonomie am MIT, ist (gemeinsam mit James A. Robinson) Verfasser von “Why Nations Fail: The Origins of Power, Prosperity and Poverty” (Profile, 2019) und “The Narrow Corridor: States, Societies, and the Fate of Liberty” (Penguin, 2020). Übersetzung: Harald Eckhoff.
Copyright: Project Syndicate, 2022.
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Richard Tan wird ab 16. November neuer CEO von Dentsu Creative China, also der Kreativ-Sparte der China-Tochter des japanischen Werberiesen Dentsu. Er wird damit von Shanghai aus einem Team von 1.200 Mitarbeitern in sechs Büros vorstehen. Er ist Deric Wong unterstellt, dem CEO von Dentsu China.
Ronald Lam ersetzt ab 1. Januar Augustus Tang als CEO der Hongkonger Fluglinie Cathay Pacific. Tang geht in den Ruhestand. Der 50-jährige Lam ist schon seit 1996 bei Cathay Pacific und ist dort durch die Ränge bis in den Vorstand aufgestiegen. Cathay Pacific muss sich derzeit für die Zeit nach Corona fit machen.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Auch in China sitzt der Nachwuchs zu viel vor Bildschirmen und somit ist auch dort Bewegungsmangel bei Kindern ein großes Thema. Warum nicht auf altbewährte Methoden setzen? Immer mehr Eltern schicken ihre Kinder in den Ferien auf traditionelle Kungfu- und Taichi-Schulen, damit sie sich körperlich ertüchtigen können.