Table.Briefing: China

Extremwetter in Henan + Tiktok gelingt Monetarisierung

  • Starkregen und Hitzewellen in Teilen Chinas
  • Tiktok: Grenzenloser Aufstieg?
  • EU startet Chip-Allianz
  • Taiwan eröffnet Vertretung in Litauen
  • Microsoft-Hack: China dementiert
  • CRRC stellt schnellste Magnetschwebebahn der Welt fertig
  • Im Portrait: Fei Lu – Vorkämpfer in Sachen Fotovoltaik
Liebe Leserin, lieber Leser,

die erschütternden Bilder der Flutkatastrophe aus west- und süddeutschen Regionen bestimmen weiterhin die Schlagzeilen. Nun erreichen uns auch aus einigen Regionen Chinas verstörende Aufnahmen: Menschen, die in Zhengzhou in U-Bahnen-Zügen von Wassermassen eingeschlossen sind. Weggespülte Autos, die in braunen Strömen treiben. In der Inneren Mongolei und Henan wurden bereits Zehntausende Menschen wegen Überflutungen in Sicherheit gebracht. Es kam zu Schäden an der Infrastruktur, der Landwirtschaft und an Fabriken.

Und die meteorologischen Prognosen kündigen weiteren heftigen Regen an. Die Behörden bereiten sich auf Schlimmeres vor. Während einige Provinzen von Starkregen heimgesucht werden, leiden andere unter Hitzewellen. Das klingt Europäern vertraut. Die rund um den Planeten ähnlichen Muster des Extremwetters verdeutlichen erneut: Die Klimakrise kennt keine nationalen Grenzen und betrifft schon heute Milliarden Menschen – weltweit.

Ihr
Nico Beckert
Bild von Nico  Beckert

Analyse

Starkregen und Hochwasser in Henan und der Inneren Mongolei

Stadt Jiaozuo in Henan: Warnschilder sollen vom Betreten eines Bereichs mit hoher Überflutungsgefahr abhalten
Stadt Jiaozuo in Henan: Warnschilder sollen vom Betreten eines Bereichs mit hoher Überflutungsgefahr abhalten

Es sind erschreckende Bilder, die gestern aus Zhengzhou, der Hauptstadt Henans, auf Social Media auftauchten: Menschen stehen in einer überfluteten U-Bahn-Linie und warten bangend auf Rettung. Andere sitzen in ihren Autos fest, vor ihnen Wassermassen. Insgesamt sind in Henan mehr als 140.000 Menschen von den Folgen extremer Niederschläge betroffen. Mehr als 100.000 Menschen wurden laut Behördenangaben bis zum Mittwochmittag evakuiert. Allein in der Innenstadt von Zhengzhou starben 12 Menschen in den Wassermassen. Am Mittwoch riefen die Behörden die höchste Katastrophenstufe aus. Laut staatlichen Medien entspricht der Niederschlag der letzten drei Tage in der 10-Millionen-Einwohner-Stadt dem, was durchschnittlichen in einem Jahr an Regen zusammenkommt.

In Zhengzhou, der Hauptstadt der Provinz Henan, stemmen sich Polizisten mit Straßenbarrieren gegen die Überschwemmung
Die Innenstadt von Zhengzhou wurde großflächig überflutet

Auch in anderen Regionen von Henan und in weiteren Provinzen steigen die Wasserstände. Mittlerweile ist der Pegel bei 31 großen und mittelgroßen Stauseen “über die Alarmstufe angestiegen”, wie Reuters berichtet. Das meteorologische Büro der Provinz habe der Nachrichtenagentur Xinhua zufolge “Vorbereitungen für mögliche Naturkatastrophen” infolge des Starkregens getroffen. In einigen Städten sind schon jetzt Straßen stark überflutet, wie Videos auf Twitter zeigen. Die Wassermassen verwüsteten bisher mehr als 9.000 Hektar Ackerfläche. Auch wirtschaftliche Infrastruktur wurde zerstört. In einer Aluminium-Fabrik kam es infolge der Fluten zu einer massiven Explosion, das Personal wurde Medienberichten zufolge vorher evakuiert. “Die Situation des Hochwasserschutzes ist ernst”, sagte Li Guoying, Minister für Wasserressourcen, China Daily zufolge.

Ein Feuerwehrmann warnt die Einwohner des Dorfes Zhouzhuang via Durchsage-Drohne vor einer bevorstehenden Sturzflut

Starkregen und Hochwasser in Henan und der Inneren Mongolei

Prognosen von Montag kündigten weiterhin starke Regenfälle für die Provinzen Henan, Yunnan und Guangdong an. Das Ministerium für Natürliche Ressourcen warnte vor Bergstürzen und Erdrutschen in den Provinzen Anhui, Henan, Yunnan und der autonomen Region Guangxi Zhuang. Bis in den August hinein sei aufgrund starker Regenfälle mit Überschwemmungen des Gelben Flusses, des Songhua und des Haihe zu rechnen, so das Ministerium für Wasserressourcen. Am Jangtse und am Perlfluss komme es zu regionalen Überflutungen.

In der Inneren Mongolei waren schon am Montag zwei Dämme nach heftigen Regenfällen gebrochen. Flussabwärts lebende Menschen mussten evakuiert werden. 16.660 Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden. Mehr als 50.000 Hektar Land wurde überspült, Brücken und Infrastruktur verschwanden im Wasser.

In China gibt es fast 100.000 Dämme – 80 Prozent davon wurden jedoch schon vor 40 oder mehr Jahren erbaut. Einige davon sind laut Regierungsuntersuchu

ngen nicht mehr sicher. Auch in der Hauptstadt Peking war es in den vergangenen Tagen zu Starkregen gekommen. Schon im vergangenen Sommer waren Millionen Menschen in ganz China von den Folgen extremer Regenfälle und Überschwemmungen getroffen worden. Die Fluten von 2020 gelten als die schlimmsten seit einigen Jahrzehnten.

Extremwetter gefährdet Stromversorgung

Gleichzeitig wirken sich Hitzewellen in anderen Landesteilen auf die Stromversorgung aus. Mehrere chinesische Städte haben Fabriken und Haushalte vor Stromausfällen wegen Hitzewellen gewarnt. Die Netzbetreiber in Städten wie Peking und Xi’an kämpften damit, die überlasteten Netze aufrechtzuerhalten, berichtete Bloomberg. Es werde zu geplanten Unterbrechungen der Stromversorgung kommen. Ursache für die drohende Überlastung ist demnach der gestiegene Stromverbrauch für Klimatisierung infolge von Hitzewellen und des wirtschaftlichen Aufschwungs nach der Corona-Pandemie.

Elf Provinzen, darunter die östlichen Wirtschaftszentren, meldeten eine Rekordnachfrage und Spitzenbelastungen des Stromnetzes, wie es in dem Bericht heißt. Vergangene Woche kletterte Chinas täglicher Stromverbrauch auf einen neuen Höchststand. Am 14. Juli wurden 27 Milliarden Kilowattstunden verbraucht. Zehn Prozent mehr als der Rekord des letzten Sommers, so das Wirtschaftsportal Caixin. Die Überflutungen in Kohlerevieren wiederum schränkten laut Bloomberg “die Kohleproduktion und den Transport von den Minen und an den Häfen” ein. Dadurch sei es bei Kohlekraftwerken zu Engpässen gekommen, so Bloomberg.

Folgen des Klimawandels

Erst kürzlich hat ein Greenpeace-Bericht dargelegt, dass Hitzewellen in Chinas Metropolen häufiger und heftiger auftreten werden. Wetterkundler sind sich sicher, dass die Hitzephasen und der Starkregen zusammenhängen. Seit den 1990er-Jahren beschleunigt sich der Trend, als Ursache gilt der Klimawandel. Auch die Häufigkeit und Dauer sintflutartiger Regenstürme nahm in Shanghai und Guangzhou-Shenzhen zu. Über den Untersuchungszeitraum wechselten sich Perioden mit extremen Niederschläge und relativer Trockenheit ab. Sollten die globalen Emissionen erst im Jahr 2040 ihren Höchststand erreichen, würde die Durchschnittstemperatur in Teilen Pekings bis 2100 um 2,6 Grad zunehmen. Die Sommer würden dann in den drei untersuchten Regionen um 24 bis 40 Tage länger werden. Schon heute fordern extreme Hitzewellen Menschenleben. In Europa kamen im Hitzesommer 2003 Schätzungen zufolge 45.000 bis 70.000 Menschen ums Leben.

Chinas Küstenregionen müssen sich zudem auf den steigenden Meeresspiegel infolge der Klimakrise einstellen. Shanghai ist gemessen an der Einwohnerzahl, die am stärksten vom ansteigenden Meeresspiegel betroffene Stadt der Welt. Bei einem Temperaturanstieg von zwei Grad wären gut 40 Prozent der Bevölkerung von den Fluten bedroht (China.Table berichtete). Der Meeresspiegel vor Chinas Küsten steigt sogar stärker an als im globalen Durchschnitt. Wenn die Ereignisse der letzten Tage und Wochen eines erneut verdeutlicht haben, dann das der Klimawandel keine nationalen Grenzen kennt.

  • Henan
  • Klima
  • Unwetter

Tiktoks Siegeszug lockt Nachahmer

Die chinesische Kurzvideo-App Tiktok hat vor wenigen Tagen den Meilenstein von weltweit drei Milliarden Gesamtinstallationen überschritten. Gleichzeitig ist die App im ersten Halbjahr 2021 die am häufigsten heruntergeladene und umsatzstärkste Nicht-Gaming-App. Bislang war dieser Erfolg nur den Anwendungen aus dem Facebook-Kosmos gelungen: WhatsApp, Messenger, Instagram und Facebook selbst.  

Tiktok ist die erste Social-Media-App aus Chinas Internet-Paralleluniversum, die den Sprung ins “globale” Netz und damit auch in den Westen geschafft hat. Man kann mit ihr Kurzvideos drehen, sie mit Filtern und Musik unterlegen und dann per Hashtag teilen. Die Handhabung vom Dreh bis zum Schnitt ist intuitiv, mit Teilen- und Like-Funktion gehen Videos schnell viral. Mittlerweile hat sich eine eigene Tiktok-Kultur herausgebildet, mit Spontan-Challenges, Duetten, Live-Streaming, eigenen Stars, gutbezahlten Influencer:innen und virtueller Währung. Mithilfe von künstlicher Intelligenz bekommen die Nutzer vor allem Clips zu sehen, die dem eigenen Geschmack entsprechen.

Wenn man Douyin, die chinesische Version der App miteinbezieht, erreichte Tiktok im ersten Halbjahr 2021 fast 383 Millionen Erstinstallationen. Zwar nahm die Anzahl der Downloads im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ab – damals wurde sie knapp 619 Millionen mal geladen. Doch die Ausgaben der Nutzer innerhalb der App stiegen auf rund 919,2 Millionen US-Dollar an. Seit dem Launch der App im Jahr 2016 haben die Nutzer mehr als 2,5 Milliarden US-Dollar ausgegeben. Nur vier andere Nicht-Gaming-Apps haben dieses Level zuvor erreicht: Tinder, Netflix, YouTube und Tencent-Video. 

Tiktok gelingt Monetarisierung

Tiktok ist gelungen, woran viele Apps scheitern: Ihre hohen Nutzerzahlen zu monetarisieren. Immer mehr Partnerschaften zwischen Marken und Stars konnten geschlossen werden. Die Plattform verbessert ihre E-Commmerce-Tools stetig. Anders als Facebook hat Tiktok in seinen Apps eine interne Ökonomie samt Währung installieren können. Die Nutzer können Geld in Coins wechseln und dann direkt an die Content-Ersteller senden. Mit einer eigenen Digital-Wallet-Funktion namens DouyinPay will Tiktok den großen chinesischen Digital-Bezahldiensten WeChat-Pay und Alipay Konkurrenz machen. 

Noch hat Facebook viel mehr monatlich aktive Nutzer: Tiktok kommt weltweit auf 732 Millionen, während Facebook 2,85 Milliarden erreicht. Der Download-Rückgang von Tiktok dürfte wiederum darauf zurückzuführen sein, dass die App Mitte des vergangenen Jahres in Indien, dem bis dahin zweitgrößten Markt, infolge politischer Spannungen zwischen Indien und China verboten wurde. Trotzdem: Weder das Verbot in Indien noch das Misstrauen in den USA scheint den globalen Siegeszug von Tiktok aufhalten zu können.

Vorbild für westliche Tech-Konzerne?

Tiktoks Mutterkonzern Bytedance ist mit einer Bewertung von rund 400 Milliarden US-Dollar eines der wertvollsten Tech-Unternehmen der Welt. Zu den größten Aktionären gehören die US-amerikanischen Finanzinvestoren Sequoia Capital und KKR & Co, denen auch der deutsche Springer Verlag gehört. Im Dezember 2020 lag die Bewertung noch bei 180 Milliarden US-Dollar.

Ein Börsengang in New York oder Hongkong ist offenbar in Planung. Zwar hat das Unternehmen dies nie öffentlich bestätigt, aber Bytedance hat im Frühjahr Chew Shou Zi als CFO eingestellt. Er hat 2018 den Börsengang des Smartphone-Herstellers Xiaomi geleitet. Davor hat er bei dem Venture-Capital Unternehmen DST Global gearbeitet, dem er schon 2013 geholfen hatte, in Bytedance zu investieren. 

Das Pekinger Unternehmen wurde erst 2012 von Zhang Yiming (38) gegründet, der Mikroelektronik studiert und früher bei Microsoft gearbeitet hat. 2017 kaufte sein Unternehmen die Konkurrenz-App “musical.ly” für eine Milliarde Dollar und verschmolz sie im Sommer 2018 mit Tiktok. Das Start-up “musical.ly” kam zwar ebenfalls aus China, hatte zu dem Zeitpunkt aber schon ein Büro in Kalifornien und einigen Erfolg im US-Markt. Tiktok war so mit einem Schlag auf Millionen von Smartphones installiert. 

Zwar gab es im Westen mit Vine eine weitere beliebte App, die auf kurze Video-Inhalte spezialisiert war. Doch was die Spontanität, Funktionsvielfalt und Social-Media-Vernetzung betrifft, war sie meilenweit von Tiktok entfernt. Das Klischee, dass chinesische Firmen nur kopieren können, erweist sich im Falle Tiktoks nicht nur als falsch. Der Erfolg der App zeigt vielmehr, dass westliche Unternehmen gezwungen sind, sich die Chinesen zum Vorbild zu nehmen.

Mit “Reels” versucht Facebook nach dem gefloppten Tiktok-Klon “Lasso” einen neuen Kurzvideo-Dienst auf Instagram zu etablieren. Auch Facebook selbst wurde im August vergangenen Jahres um einen Kanal für Kurzvideos erweitert. Googles Youtube hat ebenfalls angekündigt, dass es seine Kurzvideofunktion Youtube Shorts in mehr als 100 Ländern verfügbar machen wird, nachdem sie zum Start in 26 Ländern verfügbar war.

Die Konkurrenz schläft nicht

Auch in China kämpfen die großen Tech-Konzerne um ein Stück vom Kuchen. Tencent hat im Januar einen WeChat-Kanal gestartet, auf dem die Benutzer Kurzvideos teilen können. Ein anderer ernstzunehmender Konkurrent aus China ist Kuaishou, das im Ausland unter dem Namen Kwai bekannt ist. Im März verzeichnete Kuaishou, das unter anderem von Tencent unterstützt wird, erstmals mehr als eine Milliarde aktive User pro Monat, davon mehr als 100 Millionen in Südamerika und Südostasien.

Das Unternehmen gibt es seit dem Jahr 2011. Heute ist es bereits mehr als 110 Milliarden US-Dollar wert. Im Februar konnten die Pekinger durch einen Börsengang in Hongkong 5,4 Milliarden Dollar einwerben. Innerhalb Chinas leben die User von Kuaishou im Gegensatz zu den Nutzern von Douyin eher in mittelgroßen bis kleinen Städten und auf dem Land. Aber auch hier hapert es noch mit der Monetarisierung. 2020 machte Kuaishou 7,7 Milliarden Euro Umsatz – und 15,3 Milliarden Euro Verlust. Seit dem Börsengang hat die Aktie rund 30 Prozent an Wert verloren. Die könnte ein Grund sein, warum Bytedance derzeit noch zögert. 

  • Facebook
  • Gesellschaft
  • Kuaishou
  • Technologie
  • Tencent
  • Tiktok
  • WeChat
  • Wirtschaft

News

EU stellt Initiativen zu Mikrochips und Cloud-Technologien vor

Die Europäische Union arbeitet weiter daran, ihre Abhängigkeit von Asien – allen voran von China – in der Halbleiter-Fertigung und der Cloud-Technologie zu verringern. Die EU-Kommission stellte dazu nun zwei gezielte Allianzen vor, die “die nächste Generation von Mikrochips und industriellen Cloud-/Edge-Computing-Technologien voranbringen” sollen. Mit den beiden Initiativen, die Vertreter:innen der Mitgliedsstaaten, der Forschung und Industrie zusammenbringen sollen, will Brüssel “Engpässe, Bedürfnisse und Abhängigkeiten” in der Halbleiter-Branche identifizieren und beheben.

Die EU hat sich im Bereich der Halbleiter-Herstellung ein ambitioniertes Ziel gesetzt: Bis 2030 soll der Anteil der EU in der weltweiten Halbleiter-Produktion auf 20 Prozent erhöht werden, was etwa einer Verdopplung des aktuellen Anteils entspricht. Mit der Allianz soll nun erörtert werden, wie dieses Ziel erreicht werden kann.

Die ebenfalls am Montag vorgestellte “Europäische Allianz für industrielle Daten, Edge und Cloud” soll demnach die Entstehung disruptiver Cloud- und Edge-Technologien fördern, die sicher, energie- und ressourceneffizient sowie interoperabel innerhalb der EU sind. Ein Fokus soll dabei auch auf der Verarbeitung hochsensibler Daten für militärische und Sicherheitszwecke liegen. ari

  • EU
  • Halbleiter
  • Technologie

Taiwan eröffnet Vertretung in Litauen

Nur noch 15 Länder erkennen Taiwan als eigenständigen Staat an und pflegen offiziell diplomatische Beziehungen. Staaten wie Kiribati und Vanuatu kehrten vor zwei Jahren der de facto unabhängig regierten Inselrepublik den Rücken, um stattdessen mit der Volksrepublik diplomatische Beziehungen aufzunehmen. In Europa gab es abgesehen vom Vatikan seit 18 Jahren keinen einzigen Staat mehr, der Taiwan anerkannte. Doch nun erhält Taiwan erstmals wieder eine diplomatische Vertretung in Europa. 

Taiwans Außenministerium teilte am Dienstag mit, in Litauen werde ein Büro errichtet, das “Taiwanische Vertretung” heißen werde. Taiwans Außenminister Joseph Wu bezeichnete die Einrichtung des Büros in Litauen als “sehr wichtigen” Schritt. “Litauen ist ein guter Partner für Taiwan”, sagte er. Beide Seiten hätten mit Blick auf “Freiheit und Demokratie” dieselben Werte und stünden “an der strategischen Frontlinie der Verteidigung demokratischer Systeme”. Auch Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen bedankte sich. “Wir freuen uns darauf, noch enger mit gleichgesinnten Partnern und Freunden zusammenzuarbeiten.

Führung in Peking verärgert

Auf Druck Chinas gibt es in den meisten Ländern, einschließlich Deutschland, lediglich Repräsentanzen aus Taiwan, die offiziell als Handelsbüros bezeichnet werden und zudem nur “Taipei” im Namen tragen dürfen. Deswegen dürfte vor allem die Bezeichnung “taiwanisch” die Führung in Peking ärgern. Chinas Außenamtssprecher Zhao Lijian sprach denn auch von Provokation und dem Versuch, Taiwan unabhängig machen zu wollen. “China lehnt jede Form formeller Beziehungen zwischen anderen Ländern und Taiwan ab und fordert die baltische Nation auf, dem Ein-China-Grundsatz zu folgen.” 

Zwischen China und den baltischen sowie einigen mitteleuropäischen Ländern knirscht es schon seit einiger Zeit. Litauen hatte im Mai seinen Austritt aus dem sogenannten 17+1-Format verkündet, innerhalb dessen China und die mittel- und osteuropäischen Länder eigentlich kooperieren wollten. Hoffnungen auf eine stärkere wirtschaftliche Kooperation hatten sich nicht erfüllt. Zudem kritisieren sie China für den Umgang mit Hongkong und der muslimischen Minderheit der Uiguren in Xinjiang. Die Regierung in Vilnius hat bereits angekündigt, rund 20.000 Corona-Impfstoffdosen an Taiwan zu spenden. Auch die Slowakei und Tschechien näherten sich zuletzt an Taiwan an. Die diplomatischen Beziehungen zu Peking will die Regierung in Litauen allerdings nicht kappen. 

Die USA begrüßten den Schritt. “Alle Länder sollten so frei sein, engere Beziehungen und größere Kooperation mit Taiwan zu pflegen – einer führenden Demokratie, großen Wirtschaft und einer Kraft für das Gute in der Welt”, erklärte das Amerikanische Institut in Taiwan (AIT) – die nicht offizielle Vertretung der US-Regierung in Taipeh. flee

  • Diplomatie
  • Litauen
  • Taiwan
  • Tsai Ing-wen

China weist Hacker-Vorwürfe zurück

China hat Vorwürfe eines Hackerangriffs auf das Softwareunternehmen Microsoft scharf zurückgewiesen. Die chinesische Vertretung bei der EU verurteilte die Anschuldigungen als “völlig unbegründet und unverantwortlich” und sprach von “Verleumdung”. Auch mehrere chinesischen Botschaften wiesen die Vorwürfe am Dienstag zurück und bezeichnete die US-Regierung als “Weltmeister der bösartigen Cyberangriffe”, wie lokale Medien berichteten. Die Vorwürfe in den Erklärungen von EU und NATO beruhten “nicht auf Fakten und Beweisen, sondern auf Spekulationen und haltlosen Anschuldigungen”, teilte die chinesische Vertretung in Brüssel mit.

Tatsächlich sei indes die Volksrepublik ein Opfer von Cyberangriffen, so die chinesische Mission. Und sie holte noch weiter aus: “Seit Jahren missbraucht ein bestimmtes Land im Westen seine technologischen Vorteile für massives und wahlloses Belauschen auf der ganzen Welt, selbst bei seinen engen Verbündeten”, hieß es weiter in dem Statement. Die USA und ihre westlichen Verbündeten haben China am Montag “bösartige” Cyberaktivitäten und die Bedrohung ihrer nationalen Sicherheit vorgeworfen (China.Table berichtete). ari

  • Cybersicherheit
  • Geopolitik
  • Hacker
  • Microsoft
  • Sicherheit
  • USA

CRRC baut schnellste Magnetschwebebahn der Welt

Die Magnetschwebebahn des chinesischen Staatskonzerns CRRC hat am Dienstag die Produktionslinie in der ostchinesischen Stadt Qingdao verlassen, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtet. Der Zug soll demnach in der Lage sein, eine Geschwindigkeit von 600 Kilometern pro Stunde zu erreichen. Damit handelt es sich nach Angaben der Nachrichtenagentur um den schnellsten Zug der Welt. Die Fertigstellung sei “eine große Errungenschaft in der Entwicklung des Schienenverkehrs des Landes”, teilte Chinas Staatsrat mit.

Der Zug soll mehrere Jahre lang getestet werden, bevor er in Dienst gestellt wird. Zudem müssten zunächst Magnetschwebebahn-Strecken gebaut werden. Erste Züge könnten demnach in fünf bis zehn Jahren im Einsatz sein. Chinas erste Magnetschwebebahn, der Transrapid, hatte 2002 in Shanghai den Betrieb aufgenommen. (In der Montagsausgabe von China.Table finden Sie ein ausführliches Interview mit Transrapid-Planer Hartmut Heine). ari

Aufnahme des Prototyps der Magnetschwebebahn
  • CRRC
  • Technologie

Presseschau

Chinese Suppliers Shun Xinjiang Workers as U.S. Forced-Labor Ban Looms WSJ (PAY)
Heavy flooding hits central China, affecting tens of millions THE GUARDIAN
Climate envoy says US, China must end world’s ‘suicide pact’ INDEPENDENT
Hong Kong to Debate Doxxing Law That Alarms Tech Companies BLOOMBERG (PAY)
China hits back at US-led accusations over cyber attacks FT (PAY)
‘Taiwan representative office’ shows ‘malicious intent’ of Lithuania that impacts foundation of China ties GLOBALTIMES (STAATSMEDIUM)
China sieht keinen Grund für neue WHO-Mission FAZ
China stellt schnellste Magnetschwebebahn der Welt fertig HANDELSBLATT
Warum Pekings Griff nach Biontech ein Zeichen der Schwäche ist WELT
Angriff auf Wissenschaftler: Haftbefehl gegen chinesischen Raumfahrtmanager nach Prügelattacke SPIEGEL

Portrait

Fei Lu – Vorkämpfer in Sachen Fotovoltaik

Fei Lu ist Vorkämpfer in Sachen Fotovoltaik.

Fei Lu erinnert sich gut: Er ging noch aufs College in der chinesischen Stadt Taizhou, als die deutsche Bundesregierung im Jahr 2004 das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) überarbeitete. Zur selben Zeit kamen chinesische Fotovoltaik-Pioniere aus dem Ausland zurück und gründeten erste Unternehmen in China. “Die Presse sprach hier damals von Solarenergie als Energie der Zukunft”, erzählt Fei Lu. “Die Fotovoltaik-Industrie war noch ein Baby, aber sie wurde als ‘game changer’ bezeichnet, als Industrie mit riesigem Potenzial.” Damals beschloss er, in dieser Industrie zu arbeiten. Heute ist er Vice President Factory Services am Photovoltaik-Institut (PI) Berlin – und arbeitet von Shanghai aus mit Kolleg:innen in Deutschland und den USA zusammen.

Kein anderes Land produziert und exportiert so viele Solarmodule wie China: Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) werden dort etwa 60 Prozent aller weltweit verbauten Solarpanels hergestellt. Deshalb schuf das PI Berlin vergangenes Jahr Fei Lus Stelle am Standort Shanghai. CEO Sven Lehmann gründete die PI Berlin AG 2006 gemeinsam mit Stefan Krauter und Paul Grunow. Heute beraten 60 Ingenieur:innen und Wissenschaftler:innen des Unternehmens weltweit Hersteller von Fotovoltaik-Kraftwerken bei der Planung, beim Bau und Betrieb. Fei Lu leitet die Organisation aller Dienstleistungen, die das Unternehmen weltweit anbietet. Außerdem berät er das PI Berlin als Senior Technologieberater.

Fei Lu besitzt großes Interesse an neuer Technologie

Die Vorteile der Solarenergie fürs Klima seien anfangs nicht ausschlaggebend für ihn gewesen, erzählt Fei Lu. “Ich habe als Ingenieur eher das Potenzial und die Möglichkeiten der neuen Technologie gesehen. Es gab viel Interessantes zu tun: neue Maschinen bauen, neues Material entwickeln, neue Konzepte für die Technologie entwickeln. Ich wollte ein neues Thema kennenlernen, wollte meine eigenen Talente herausfinden.”

Die chinesischen Universitäten boten jedoch kaum Kurse zum Thema Solarenergie an. Nach seinem Abschluss als Elektroingenieur beschloss er deshalb, ins Ausland zu gehen. Er machte seinen Master in Fotovoltaiktechnik an der University of New South Wales in Sydney. Anschließend arbeitete er am Solar Energy Research Institute (SERIS) in Singapur. Während dieser Zeit verbrachte er drei Monate als Gastforscher am Fraunhofer-Zentrum für Silizium-Fotovoltaik in Halle.

Fei Lu stieß bald auf Grenzen des wissenschaftlichen Arbeitens: Bestimmte Probleme ließen sich so nicht lösen. Er beschloss, praktischer zu arbeiten, und begann als Produktentwickler bei REC Solar in Singapur. Dann zog es ihn zurück nach China, wo er als Technologie-Direktor bei Jiangsu Linyang Energy arbeitete. Fei Lu hat mittlerweile mehr als zehn Patente an Fotovoltaik-Produkten.

Im Juli 2020 begann er seine Stelle im zwölfköpfigen Shanghai Operation Team des PI Berlin. Fei Lus erster Eindruck ist hervorragend: “Ich finde, das PI Berlin arbeitet sehr professionell.”

Im Vergleich zu seinen Kolleg:innen in Europa lebt er in China in ganz anderen Dimensionen als in Berlin: Denn Shanghai ist das Zuhause von mehr als 20 Millionen Menschen. Fei Lu kennt die Stadt gut. Seine Heimatstadt Taizhou ist mit dem Auto etwa zwei Stunden entfernt. “Shanghai ist sehr modern und viele junge, aktive Leute leben hier”, erzählt er. Das Leben in Shanghai sei sehr angenehm. Aber auch teuer: “Die Lebenshaltungskosten sind einfach zu hoch. Viele junge Leute müssen deshalb sehr hart arbeiten.”

Heute sieht Fei Lu seine Arbeit auch als wichtigen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel: “Die Welt muss jedes Jahr ein Terrawatt mehr Solarstrom erzeugen, um den Kampf gegen den Klimawandel zu gewinnen. Je besser die Qualität der Solarkraftwerke ist, desto höher ist auch ihr Energieertrag.” Leonie Düngefeld

  • Erneuerbare Energien
  • Solar
  • Technologie

Personalien

Der ehemalige China-Chef der Schweizer Großbank Credit Suisse, Tang Zhenyi, ist zum Vizepräsidenten des chinesischen KI-Startups, SenseTime Group, ernannt worden. Der 47-Jährige blickt auf zehn Jahre Arbeit im chinesischen Finanzministerium und eine vierjährige Tätigkeit bei der Weltbank zurück.

Dessert

Frühe Markenbindung mit dem Offroader im Stadtpark – die Miniaturausgabe des Mercedes G63 AMG 6×6 fährt sogar elektrisch und wird damit einen weitaus geringeren CO2-Fußabdruck haben als das tonnenschwere Original.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Starkregen und Hitzewellen in Teilen Chinas
    • Tiktok: Grenzenloser Aufstieg?
    • EU startet Chip-Allianz
    • Taiwan eröffnet Vertretung in Litauen
    • Microsoft-Hack: China dementiert
    • CRRC stellt schnellste Magnetschwebebahn der Welt fertig
    • Im Portrait: Fei Lu – Vorkämpfer in Sachen Fotovoltaik
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    die erschütternden Bilder der Flutkatastrophe aus west- und süddeutschen Regionen bestimmen weiterhin die Schlagzeilen. Nun erreichen uns auch aus einigen Regionen Chinas verstörende Aufnahmen: Menschen, die in Zhengzhou in U-Bahnen-Zügen von Wassermassen eingeschlossen sind. Weggespülte Autos, die in braunen Strömen treiben. In der Inneren Mongolei und Henan wurden bereits Zehntausende Menschen wegen Überflutungen in Sicherheit gebracht. Es kam zu Schäden an der Infrastruktur, der Landwirtschaft und an Fabriken.

    Und die meteorologischen Prognosen kündigen weiteren heftigen Regen an. Die Behörden bereiten sich auf Schlimmeres vor. Während einige Provinzen von Starkregen heimgesucht werden, leiden andere unter Hitzewellen. Das klingt Europäern vertraut. Die rund um den Planeten ähnlichen Muster des Extremwetters verdeutlichen erneut: Die Klimakrise kennt keine nationalen Grenzen und betrifft schon heute Milliarden Menschen – weltweit.

    Ihr
    Nico Beckert
    Bild von Nico  Beckert

    Analyse

    Starkregen und Hochwasser in Henan und der Inneren Mongolei

    Stadt Jiaozuo in Henan: Warnschilder sollen vom Betreten eines Bereichs mit hoher Überflutungsgefahr abhalten
    Stadt Jiaozuo in Henan: Warnschilder sollen vom Betreten eines Bereichs mit hoher Überflutungsgefahr abhalten

    Es sind erschreckende Bilder, die gestern aus Zhengzhou, der Hauptstadt Henans, auf Social Media auftauchten: Menschen stehen in einer überfluteten U-Bahn-Linie und warten bangend auf Rettung. Andere sitzen in ihren Autos fest, vor ihnen Wassermassen. Insgesamt sind in Henan mehr als 140.000 Menschen von den Folgen extremer Niederschläge betroffen. Mehr als 100.000 Menschen wurden laut Behördenangaben bis zum Mittwochmittag evakuiert. Allein in der Innenstadt von Zhengzhou starben 12 Menschen in den Wassermassen. Am Mittwoch riefen die Behörden die höchste Katastrophenstufe aus. Laut staatlichen Medien entspricht der Niederschlag der letzten drei Tage in der 10-Millionen-Einwohner-Stadt dem, was durchschnittlichen in einem Jahr an Regen zusammenkommt.

    In Zhengzhou, der Hauptstadt der Provinz Henan, stemmen sich Polizisten mit Straßenbarrieren gegen die Überschwemmung
    Die Innenstadt von Zhengzhou wurde großflächig überflutet

    Auch in anderen Regionen von Henan und in weiteren Provinzen steigen die Wasserstände. Mittlerweile ist der Pegel bei 31 großen und mittelgroßen Stauseen “über die Alarmstufe angestiegen”, wie Reuters berichtet. Das meteorologische Büro der Provinz habe der Nachrichtenagentur Xinhua zufolge “Vorbereitungen für mögliche Naturkatastrophen” infolge des Starkregens getroffen. In einigen Städten sind schon jetzt Straßen stark überflutet, wie Videos auf Twitter zeigen. Die Wassermassen verwüsteten bisher mehr als 9.000 Hektar Ackerfläche. Auch wirtschaftliche Infrastruktur wurde zerstört. In einer Aluminium-Fabrik kam es infolge der Fluten zu einer massiven Explosion, das Personal wurde Medienberichten zufolge vorher evakuiert. “Die Situation des Hochwasserschutzes ist ernst”, sagte Li Guoying, Minister für Wasserressourcen, China Daily zufolge.

    Ein Feuerwehrmann warnt die Einwohner des Dorfes Zhouzhuang via Durchsage-Drohne vor einer bevorstehenden Sturzflut

    Starkregen und Hochwasser in Henan und der Inneren Mongolei

    Prognosen von Montag kündigten weiterhin starke Regenfälle für die Provinzen Henan, Yunnan und Guangdong an. Das Ministerium für Natürliche Ressourcen warnte vor Bergstürzen und Erdrutschen in den Provinzen Anhui, Henan, Yunnan und der autonomen Region Guangxi Zhuang. Bis in den August hinein sei aufgrund starker Regenfälle mit Überschwemmungen des Gelben Flusses, des Songhua und des Haihe zu rechnen, so das Ministerium für Wasserressourcen. Am Jangtse und am Perlfluss komme es zu regionalen Überflutungen.

    In der Inneren Mongolei waren schon am Montag zwei Dämme nach heftigen Regenfällen gebrochen. Flussabwärts lebende Menschen mussten evakuiert werden. 16.660 Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden. Mehr als 50.000 Hektar Land wurde überspült, Brücken und Infrastruktur verschwanden im Wasser.

    In China gibt es fast 100.000 Dämme – 80 Prozent davon wurden jedoch schon vor 40 oder mehr Jahren erbaut. Einige davon sind laut Regierungsuntersuchu

    ngen nicht mehr sicher. Auch in der Hauptstadt Peking war es in den vergangenen Tagen zu Starkregen gekommen. Schon im vergangenen Sommer waren Millionen Menschen in ganz China von den Folgen extremer Regenfälle und Überschwemmungen getroffen worden. Die Fluten von 2020 gelten als die schlimmsten seit einigen Jahrzehnten.

    Extremwetter gefährdet Stromversorgung

    Gleichzeitig wirken sich Hitzewellen in anderen Landesteilen auf die Stromversorgung aus. Mehrere chinesische Städte haben Fabriken und Haushalte vor Stromausfällen wegen Hitzewellen gewarnt. Die Netzbetreiber in Städten wie Peking und Xi’an kämpften damit, die überlasteten Netze aufrechtzuerhalten, berichtete Bloomberg. Es werde zu geplanten Unterbrechungen der Stromversorgung kommen. Ursache für die drohende Überlastung ist demnach der gestiegene Stromverbrauch für Klimatisierung infolge von Hitzewellen und des wirtschaftlichen Aufschwungs nach der Corona-Pandemie.

    Elf Provinzen, darunter die östlichen Wirtschaftszentren, meldeten eine Rekordnachfrage und Spitzenbelastungen des Stromnetzes, wie es in dem Bericht heißt. Vergangene Woche kletterte Chinas täglicher Stromverbrauch auf einen neuen Höchststand. Am 14. Juli wurden 27 Milliarden Kilowattstunden verbraucht. Zehn Prozent mehr als der Rekord des letzten Sommers, so das Wirtschaftsportal Caixin. Die Überflutungen in Kohlerevieren wiederum schränkten laut Bloomberg “die Kohleproduktion und den Transport von den Minen und an den Häfen” ein. Dadurch sei es bei Kohlekraftwerken zu Engpässen gekommen, so Bloomberg.

    Folgen des Klimawandels

    Erst kürzlich hat ein Greenpeace-Bericht dargelegt, dass Hitzewellen in Chinas Metropolen häufiger und heftiger auftreten werden. Wetterkundler sind sich sicher, dass die Hitzephasen und der Starkregen zusammenhängen. Seit den 1990er-Jahren beschleunigt sich der Trend, als Ursache gilt der Klimawandel. Auch die Häufigkeit und Dauer sintflutartiger Regenstürme nahm in Shanghai und Guangzhou-Shenzhen zu. Über den Untersuchungszeitraum wechselten sich Perioden mit extremen Niederschläge und relativer Trockenheit ab. Sollten die globalen Emissionen erst im Jahr 2040 ihren Höchststand erreichen, würde die Durchschnittstemperatur in Teilen Pekings bis 2100 um 2,6 Grad zunehmen. Die Sommer würden dann in den drei untersuchten Regionen um 24 bis 40 Tage länger werden. Schon heute fordern extreme Hitzewellen Menschenleben. In Europa kamen im Hitzesommer 2003 Schätzungen zufolge 45.000 bis 70.000 Menschen ums Leben.

    Chinas Küstenregionen müssen sich zudem auf den steigenden Meeresspiegel infolge der Klimakrise einstellen. Shanghai ist gemessen an der Einwohnerzahl, die am stärksten vom ansteigenden Meeresspiegel betroffene Stadt der Welt. Bei einem Temperaturanstieg von zwei Grad wären gut 40 Prozent der Bevölkerung von den Fluten bedroht (China.Table berichtete). Der Meeresspiegel vor Chinas Küsten steigt sogar stärker an als im globalen Durchschnitt. Wenn die Ereignisse der letzten Tage und Wochen eines erneut verdeutlicht haben, dann das der Klimawandel keine nationalen Grenzen kennt.

    • Henan
    • Klima
    • Unwetter

    Tiktoks Siegeszug lockt Nachahmer

    Die chinesische Kurzvideo-App Tiktok hat vor wenigen Tagen den Meilenstein von weltweit drei Milliarden Gesamtinstallationen überschritten. Gleichzeitig ist die App im ersten Halbjahr 2021 die am häufigsten heruntergeladene und umsatzstärkste Nicht-Gaming-App. Bislang war dieser Erfolg nur den Anwendungen aus dem Facebook-Kosmos gelungen: WhatsApp, Messenger, Instagram und Facebook selbst.  

    Tiktok ist die erste Social-Media-App aus Chinas Internet-Paralleluniversum, die den Sprung ins “globale” Netz und damit auch in den Westen geschafft hat. Man kann mit ihr Kurzvideos drehen, sie mit Filtern und Musik unterlegen und dann per Hashtag teilen. Die Handhabung vom Dreh bis zum Schnitt ist intuitiv, mit Teilen- und Like-Funktion gehen Videos schnell viral. Mittlerweile hat sich eine eigene Tiktok-Kultur herausgebildet, mit Spontan-Challenges, Duetten, Live-Streaming, eigenen Stars, gutbezahlten Influencer:innen und virtueller Währung. Mithilfe von künstlicher Intelligenz bekommen die Nutzer vor allem Clips zu sehen, die dem eigenen Geschmack entsprechen.

    Wenn man Douyin, die chinesische Version der App miteinbezieht, erreichte Tiktok im ersten Halbjahr 2021 fast 383 Millionen Erstinstallationen. Zwar nahm die Anzahl der Downloads im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ab – damals wurde sie knapp 619 Millionen mal geladen. Doch die Ausgaben der Nutzer innerhalb der App stiegen auf rund 919,2 Millionen US-Dollar an. Seit dem Launch der App im Jahr 2016 haben die Nutzer mehr als 2,5 Milliarden US-Dollar ausgegeben. Nur vier andere Nicht-Gaming-Apps haben dieses Level zuvor erreicht: Tinder, Netflix, YouTube und Tencent-Video. 

    Tiktok gelingt Monetarisierung

    Tiktok ist gelungen, woran viele Apps scheitern: Ihre hohen Nutzerzahlen zu monetarisieren. Immer mehr Partnerschaften zwischen Marken und Stars konnten geschlossen werden. Die Plattform verbessert ihre E-Commmerce-Tools stetig. Anders als Facebook hat Tiktok in seinen Apps eine interne Ökonomie samt Währung installieren können. Die Nutzer können Geld in Coins wechseln und dann direkt an die Content-Ersteller senden. Mit einer eigenen Digital-Wallet-Funktion namens DouyinPay will Tiktok den großen chinesischen Digital-Bezahldiensten WeChat-Pay und Alipay Konkurrenz machen. 

    Noch hat Facebook viel mehr monatlich aktive Nutzer: Tiktok kommt weltweit auf 732 Millionen, während Facebook 2,85 Milliarden erreicht. Der Download-Rückgang von Tiktok dürfte wiederum darauf zurückzuführen sein, dass die App Mitte des vergangenen Jahres in Indien, dem bis dahin zweitgrößten Markt, infolge politischer Spannungen zwischen Indien und China verboten wurde. Trotzdem: Weder das Verbot in Indien noch das Misstrauen in den USA scheint den globalen Siegeszug von Tiktok aufhalten zu können.

    Vorbild für westliche Tech-Konzerne?

    Tiktoks Mutterkonzern Bytedance ist mit einer Bewertung von rund 400 Milliarden US-Dollar eines der wertvollsten Tech-Unternehmen der Welt. Zu den größten Aktionären gehören die US-amerikanischen Finanzinvestoren Sequoia Capital und KKR & Co, denen auch der deutsche Springer Verlag gehört. Im Dezember 2020 lag die Bewertung noch bei 180 Milliarden US-Dollar.

    Ein Börsengang in New York oder Hongkong ist offenbar in Planung. Zwar hat das Unternehmen dies nie öffentlich bestätigt, aber Bytedance hat im Frühjahr Chew Shou Zi als CFO eingestellt. Er hat 2018 den Börsengang des Smartphone-Herstellers Xiaomi geleitet. Davor hat er bei dem Venture-Capital Unternehmen DST Global gearbeitet, dem er schon 2013 geholfen hatte, in Bytedance zu investieren. 

    Das Pekinger Unternehmen wurde erst 2012 von Zhang Yiming (38) gegründet, der Mikroelektronik studiert und früher bei Microsoft gearbeitet hat. 2017 kaufte sein Unternehmen die Konkurrenz-App “musical.ly” für eine Milliarde Dollar und verschmolz sie im Sommer 2018 mit Tiktok. Das Start-up “musical.ly” kam zwar ebenfalls aus China, hatte zu dem Zeitpunkt aber schon ein Büro in Kalifornien und einigen Erfolg im US-Markt. Tiktok war so mit einem Schlag auf Millionen von Smartphones installiert. 

    Zwar gab es im Westen mit Vine eine weitere beliebte App, die auf kurze Video-Inhalte spezialisiert war. Doch was die Spontanität, Funktionsvielfalt und Social-Media-Vernetzung betrifft, war sie meilenweit von Tiktok entfernt. Das Klischee, dass chinesische Firmen nur kopieren können, erweist sich im Falle Tiktoks nicht nur als falsch. Der Erfolg der App zeigt vielmehr, dass westliche Unternehmen gezwungen sind, sich die Chinesen zum Vorbild zu nehmen.

    Mit “Reels” versucht Facebook nach dem gefloppten Tiktok-Klon “Lasso” einen neuen Kurzvideo-Dienst auf Instagram zu etablieren. Auch Facebook selbst wurde im August vergangenen Jahres um einen Kanal für Kurzvideos erweitert. Googles Youtube hat ebenfalls angekündigt, dass es seine Kurzvideofunktion Youtube Shorts in mehr als 100 Ländern verfügbar machen wird, nachdem sie zum Start in 26 Ländern verfügbar war.

    Die Konkurrenz schläft nicht

    Auch in China kämpfen die großen Tech-Konzerne um ein Stück vom Kuchen. Tencent hat im Januar einen WeChat-Kanal gestartet, auf dem die Benutzer Kurzvideos teilen können. Ein anderer ernstzunehmender Konkurrent aus China ist Kuaishou, das im Ausland unter dem Namen Kwai bekannt ist. Im März verzeichnete Kuaishou, das unter anderem von Tencent unterstützt wird, erstmals mehr als eine Milliarde aktive User pro Monat, davon mehr als 100 Millionen in Südamerika und Südostasien.

    Das Unternehmen gibt es seit dem Jahr 2011. Heute ist es bereits mehr als 110 Milliarden US-Dollar wert. Im Februar konnten die Pekinger durch einen Börsengang in Hongkong 5,4 Milliarden Dollar einwerben. Innerhalb Chinas leben die User von Kuaishou im Gegensatz zu den Nutzern von Douyin eher in mittelgroßen bis kleinen Städten und auf dem Land. Aber auch hier hapert es noch mit der Monetarisierung. 2020 machte Kuaishou 7,7 Milliarden Euro Umsatz – und 15,3 Milliarden Euro Verlust. Seit dem Börsengang hat die Aktie rund 30 Prozent an Wert verloren. Die könnte ein Grund sein, warum Bytedance derzeit noch zögert. 

    • Facebook
    • Gesellschaft
    • Kuaishou
    • Technologie
    • Tencent
    • Tiktok
    • WeChat
    • Wirtschaft

    News

    EU stellt Initiativen zu Mikrochips und Cloud-Technologien vor

    Die Europäische Union arbeitet weiter daran, ihre Abhängigkeit von Asien – allen voran von China – in der Halbleiter-Fertigung und der Cloud-Technologie zu verringern. Die EU-Kommission stellte dazu nun zwei gezielte Allianzen vor, die “die nächste Generation von Mikrochips und industriellen Cloud-/Edge-Computing-Technologien voranbringen” sollen. Mit den beiden Initiativen, die Vertreter:innen der Mitgliedsstaaten, der Forschung und Industrie zusammenbringen sollen, will Brüssel “Engpässe, Bedürfnisse und Abhängigkeiten” in der Halbleiter-Branche identifizieren und beheben.

    Die EU hat sich im Bereich der Halbleiter-Herstellung ein ambitioniertes Ziel gesetzt: Bis 2030 soll der Anteil der EU in der weltweiten Halbleiter-Produktion auf 20 Prozent erhöht werden, was etwa einer Verdopplung des aktuellen Anteils entspricht. Mit der Allianz soll nun erörtert werden, wie dieses Ziel erreicht werden kann.

    Die ebenfalls am Montag vorgestellte “Europäische Allianz für industrielle Daten, Edge und Cloud” soll demnach die Entstehung disruptiver Cloud- und Edge-Technologien fördern, die sicher, energie- und ressourceneffizient sowie interoperabel innerhalb der EU sind. Ein Fokus soll dabei auch auf der Verarbeitung hochsensibler Daten für militärische und Sicherheitszwecke liegen. ari

    • EU
    • Halbleiter
    • Technologie

    Taiwan eröffnet Vertretung in Litauen

    Nur noch 15 Länder erkennen Taiwan als eigenständigen Staat an und pflegen offiziell diplomatische Beziehungen. Staaten wie Kiribati und Vanuatu kehrten vor zwei Jahren der de facto unabhängig regierten Inselrepublik den Rücken, um stattdessen mit der Volksrepublik diplomatische Beziehungen aufzunehmen. In Europa gab es abgesehen vom Vatikan seit 18 Jahren keinen einzigen Staat mehr, der Taiwan anerkannte. Doch nun erhält Taiwan erstmals wieder eine diplomatische Vertretung in Europa. 

    Taiwans Außenministerium teilte am Dienstag mit, in Litauen werde ein Büro errichtet, das “Taiwanische Vertretung” heißen werde. Taiwans Außenminister Joseph Wu bezeichnete die Einrichtung des Büros in Litauen als “sehr wichtigen” Schritt. “Litauen ist ein guter Partner für Taiwan”, sagte er. Beide Seiten hätten mit Blick auf “Freiheit und Demokratie” dieselben Werte und stünden “an der strategischen Frontlinie der Verteidigung demokratischer Systeme”. Auch Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen bedankte sich. “Wir freuen uns darauf, noch enger mit gleichgesinnten Partnern und Freunden zusammenzuarbeiten.

    Führung in Peking verärgert

    Auf Druck Chinas gibt es in den meisten Ländern, einschließlich Deutschland, lediglich Repräsentanzen aus Taiwan, die offiziell als Handelsbüros bezeichnet werden und zudem nur “Taipei” im Namen tragen dürfen. Deswegen dürfte vor allem die Bezeichnung “taiwanisch” die Führung in Peking ärgern. Chinas Außenamtssprecher Zhao Lijian sprach denn auch von Provokation und dem Versuch, Taiwan unabhängig machen zu wollen. “China lehnt jede Form formeller Beziehungen zwischen anderen Ländern und Taiwan ab und fordert die baltische Nation auf, dem Ein-China-Grundsatz zu folgen.” 

    Zwischen China und den baltischen sowie einigen mitteleuropäischen Ländern knirscht es schon seit einiger Zeit. Litauen hatte im Mai seinen Austritt aus dem sogenannten 17+1-Format verkündet, innerhalb dessen China und die mittel- und osteuropäischen Länder eigentlich kooperieren wollten. Hoffnungen auf eine stärkere wirtschaftliche Kooperation hatten sich nicht erfüllt. Zudem kritisieren sie China für den Umgang mit Hongkong und der muslimischen Minderheit der Uiguren in Xinjiang. Die Regierung in Vilnius hat bereits angekündigt, rund 20.000 Corona-Impfstoffdosen an Taiwan zu spenden. Auch die Slowakei und Tschechien näherten sich zuletzt an Taiwan an. Die diplomatischen Beziehungen zu Peking will die Regierung in Litauen allerdings nicht kappen. 

    Die USA begrüßten den Schritt. “Alle Länder sollten so frei sein, engere Beziehungen und größere Kooperation mit Taiwan zu pflegen – einer führenden Demokratie, großen Wirtschaft und einer Kraft für das Gute in der Welt”, erklärte das Amerikanische Institut in Taiwan (AIT) – die nicht offizielle Vertretung der US-Regierung in Taipeh. flee

    • Diplomatie
    • Litauen
    • Taiwan
    • Tsai Ing-wen

    China weist Hacker-Vorwürfe zurück

    China hat Vorwürfe eines Hackerangriffs auf das Softwareunternehmen Microsoft scharf zurückgewiesen. Die chinesische Vertretung bei der EU verurteilte die Anschuldigungen als “völlig unbegründet und unverantwortlich” und sprach von “Verleumdung”. Auch mehrere chinesischen Botschaften wiesen die Vorwürfe am Dienstag zurück und bezeichnete die US-Regierung als “Weltmeister der bösartigen Cyberangriffe”, wie lokale Medien berichteten. Die Vorwürfe in den Erklärungen von EU und NATO beruhten “nicht auf Fakten und Beweisen, sondern auf Spekulationen und haltlosen Anschuldigungen”, teilte die chinesische Vertretung in Brüssel mit.

    Tatsächlich sei indes die Volksrepublik ein Opfer von Cyberangriffen, so die chinesische Mission. Und sie holte noch weiter aus: “Seit Jahren missbraucht ein bestimmtes Land im Westen seine technologischen Vorteile für massives und wahlloses Belauschen auf der ganzen Welt, selbst bei seinen engen Verbündeten”, hieß es weiter in dem Statement. Die USA und ihre westlichen Verbündeten haben China am Montag “bösartige” Cyberaktivitäten und die Bedrohung ihrer nationalen Sicherheit vorgeworfen (China.Table berichtete). ari

    • Cybersicherheit
    • Geopolitik
    • Hacker
    • Microsoft
    • Sicherheit
    • USA

    CRRC baut schnellste Magnetschwebebahn der Welt

    Die Magnetschwebebahn des chinesischen Staatskonzerns CRRC hat am Dienstag die Produktionslinie in der ostchinesischen Stadt Qingdao verlassen, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtet. Der Zug soll demnach in der Lage sein, eine Geschwindigkeit von 600 Kilometern pro Stunde zu erreichen. Damit handelt es sich nach Angaben der Nachrichtenagentur um den schnellsten Zug der Welt. Die Fertigstellung sei “eine große Errungenschaft in der Entwicklung des Schienenverkehrs des Landes”, teilte Chinas Staatsrat mit.

    Der Zug soll mehrere Jahre lang getestet werden, bevor er in Dienst gestellt wird. Zudem müssten zunächst Magnetschwebebahn-Strecken gebaut werden. Erste Züge könnten demnach in fünf bis zehn Jahren im Einsatz sein. Chinas erste Magnetschwebebahn, der Transrapid, hatte 2002 in Shanghai den Betrieb aufgenommen. (In der Montagsausgabe von China.Table finden Sie ein ausführliches Interview mit Transrapid-Planer Hartmut Heine). ari

    Aufnahme des Prototyps der Magnetschwebebahn
    • CRRC
    • Technologie

    Presseschau

    Chinese Suppliers Shun Xinjiang Workers as U.S. Forced-Labor Ban Looms WSJ (PAY)
    Heavy flooding hits central China, affecting tens of millions THE GUARDIAN
    Climate envoy says US, China must end world’s ‘suicide pact’ INDEPENDENT
    Hong Kong to Debate Doxxing Law That Alarms Tech Companies BLOOMBERG (PAY)
    China hits back at US-led accusations over cyber attacks FT (PAY)
    ‘Taiwan representative office’ shows ‘malicious intent’ of Lithuania that impacts foundation of China ties GLOBALTIMES (STAATSMEDIUM)
    China sieht keinen Grund für neue WHO-Mission FAZ
    China stellt schnellste Magnetschwebebahn der Welt fertig HANDELSBLATT
    Warum Pekings Griff nach Biontech ein Zeichen der Schwäche ist WELT
    Angriff auf Wissenschaftler: Haftbefehl gegen chinesischen Raumfahrtmanager nach Prügelattacke SPIEGEL

    Portrait

    Fei Lu – Vorkämpfer in Sachen Fotovoltaik

    Fei Lu ist Vorkämpfer in Sachen Fotovoltaik.

    Fei Lu erinnert sich gut: Er ging noch aufs College in der chinesischen Stadt Taizhou, als die deutsche Bundesregierung im Jahr 2004 das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) überarbeitete. Zur selben Zeit kamen chinesische Fotovoltaik-Pioniere aus dem Ausland zurück und gründeten erste Unternehmen in China. “Die Presse sprach hier damals von Solarenergie als Energie der Zukunft”, erzählt Fei Lu. “Die Fotovoltaik-Industrie war noch ein Baby, aber sie wurde als ‘game changer’ bezeichnet, als Industrie mit riesigem Potenzial.” Damals beschloss er, in dieser Industrie zu arbeiten. Heute ist er Vice President Factory Services am Photovoltaik-Institut (PI) Berlin – und arbeitet von Shanghai aus mit Kolleg:innen in Deutschland und den USA zusammen.

    Kein anderes Land produziert und exportiert so viele Solarmodule wie China: Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) werden dort etwa 60 Prozent aller weltweit verbauten Solarpanels hergestellt. Deshalb schuf das PI Berlin vergangenes Jahr Fei Lus Stelle am Standort Shanghai. CEO Sven Lehmann gründete die PI Berlin AG 2006 gemeinsam mit Stefan Krauter und Paul Grunow. Heute beraten 60 Ingenieur:innen und Wissenschaftler:innen des Unternehmens weltweit Hersteller von Fotovoltaik-Kraftwerken bei der Planung, beim Bau und Betrieb. Fei Lu leitet die Organisation aller Dienstleistungen, die das Unternehmen weltweit anbietet. Außerdem berät er das PI Berlin als Senior Technologieberater.

    Fei Lu besitzt großes Interesse an neuer Technologie

    Die Vorteile der Solarenergie fürs Klima seien anfangs nicht ausschlaggebend für ihn gewesen, erzählt Fei Lu. “Ich habe als Ingenieur eher das Potenzial und die Möglichkeiten der neuen Technologie gesehen. Es gab viel Interessantes zu tun: neue Maschinen bauen, neues Material entwickeln, neue Konzepte für die Technologie entwickeln. Ich wollte ein neues Thema kennenlernen, wollte meine eigenen Talente herausfinden.”

    Die chinesischen Universitäten boten jedoch kaum Kurse zum Thema Solarenergie an. Nach seinem Abschluss als Elektroingenieur beschloss er deshalb, ins Ausland zu gehen. Er machte seinen Master in Fotovoltaiktechnik an der University of New South Wales in Sydney. Anschließend arbeitete er am Solar Energy Research Institute (SERIS) in Singapur. Während dieser Zeit verbrachte er drei Monate als Gastforscher am Fraunhofer-Zentrum für Silizium-Fotovoltaik in Halle.

    Fei Lu stieß bald auf Grenzen des wissenschaftlichen Arbeitens: Bestimmte Probleme ließen sich so nicht lösen. Er beschloss, praktischer zu arbeiten, und begann als Produktentwickler bei REC Solar in Singapur. Dann zog es ihn zurück nach China, wo er als Technologie-Direktor bei Jiangsu Linyang Energy arbeitete. Fei Lu hat mittlerweile mehr als zehn Patente an Fotovoltaik-Produkten.

    Im Juli 2020 begann er seine Stelle im zwölfköpfigen Shanghai Operation Team des PI Berlin. Fei Lus erster Eindruck ist hervorragend: “Ich finde, das PI Berlin arbeitet sehr professionell.”

    Im Vergleich zu seinen Kolleg:innen in Europa lebt er in China in ganz anderen Dimensionen als in Berlin: Denn Shanghai ist das Zuhause von mehr als 20 Millionen Menschen. Fei Lu kennt die Stadt gut. Seine Heimatstadt Taizhou ist mit dem Auto etwa zwei Stunden entfernt. “Shanghai ist sehr modern und viele junge, aktive Leute leben hier”, erzählt er. Das Leben in Shanghai sei sehr angenehm. Aber auch teuer: “Die Lebenshaltungskosten sind einfach zu hoch. Viele junge Leute müssen deshalb sehr hart arbeiten.”

    Heute sieht Fei Lu seine Arbeit auch als wichtigen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel: “Die Welt muss jedes Jahr ein Terrawatt mehr Solarstrom erzeugen, um den Kampf gegen den Klimawandel zu gewinnen. Je besser die Qualität der Solarkraftwerke ist, desto höher ist auch ihr Energieertrag.” Leonie Düngefeld

    • Erneuerbare Energien
    • Solar
    • Technologie

    Personalien

    Der ehemalige China-Chef der Schweizer Großbank Credit Suisse, Tang Zhenyi, ist zum Vizepräsidenten des chinesischen KI-Startups, SenseTime Group, ernannt worden. Der 47-Jährige blickt auf zehn Jahre Arbeit im chinesischen Finanzministerium und eine vierjährige Tätigkeit bei der Weltbank zurück.

    Dessert

    Frühe Markenbindung mit dem Offroader im Stadtpark – die Miniaturausgabe des Mercedes G63 AMG 6×6 fährt sogar elektrisch und wird damit einen weitaus geringeren CO2-Fußabdruck haben als das tonnenschwere Original.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen