heute präsentieren wir Fortsetzungsfolgen des Evergrande-Dramas (hoch geflogen und tief gefallen) und des Litauen-Thrillers (David gegen Goliath). Die Geschichte um das baltische Land hatte zwischenzeitlich Züge einer Komödie, doch es droht ein Handelskriegs-Epos daraus zu werden. China will alle EU-Waren an der Grenze zurückzuweisen, die auch nur eine Komponente aus Litauen enthalten. Das ist die Rache für eine Annäherung Litauens an Taiwan. Nun hat die Slowakei ihrerseits eine Delegation nach Taipeh geschickt. Amelie Richter analysiert, ob dem Land jetzt ebenfalls Ungemach droht. Insgesamt verdichtet sich zusammen mit einem möglichen Verbot von Importen aus Xinjiang durch die USA eine bedrohliche Stimmung neuer Handelskonflikte.
Das Evergrande-Drama könnte derweil schon vor dem letzten Akt stehen – zumindest, was das Unternehmen selbst betrifft. Ratingagenturen sprechen die Wahrheit schon aus, der sich der Immobilienkonzern noch verweigert: Evergrande ist insolvent. Wie soll man es sonst nennen, wenn kein Geld mehr für Kreditraten, Anleihezinsen und Handwerkerrechnungen vorhanden ist? Hinter den Kulissen laufen daher die Vorbereitungen für eine Umstrukturierung. Es könnte allerdings noch ein längeres wirtschaftspolitisches Nachspiel folgen. Chinas aufgeblasene Immobilienbranche muss sich unter Aufsicht des Staates gesundschrumpfen. Das wird nicht ohne Nebenwirkungen ablaufen.
Vielleicht wird es den einen, klar definierten “Evergrande-Moment” nicht geben. Stattdessen läuft eine Salami-Insolvenz vor unseren Augen ab. Jede Woche verpasst das angeschlagene Immobilien-Unternehmen zwar eine Zahlungsfrist, bedient dafür aber gelegentlich eine andere – wenn auch die meist mit Verspätung. In China gibt es keine Strafen für Insolvenzverschleppung (China.Table berichtete). Evergrande hat daher mehr Möglichkeiten, auf Zeit zu spielen, als ein Unternehmen das in Deutschland hätte.
Am Donnerstag zog sich die Schlinge dann jedoch deutlich enger zu. Die deutlichste Aussage kam von der Ratingagentur Fitch. Sie stufte die Bonität von Evergrande auf die Bewertung “RD” herunter: grundsätzlich insolvent, wenn auch noch zum Teil geschäftsfähig. Direkt darunter kommt allerdings der Totalausfall auf der Skala der Kreditwürdigkeit. Der Grund für die Herabstufung: Evergrande konnte am Montag 82,5 Millionen Dollar an Zinsnachzahlungen nicht begleichen (China.Table berichtete). Auch die Ratingagentur Standard & Poor’s hält mit ihrer Prognose nicht hinterm Berg: In einer Stellungnahme heißt es, dass Zahlungsausfälle “unvermeidbar” sind. Solche Signale von den zwei großen Ratingagenturen können nichts anderes bedeuten als den Anfang vom Ende des Evergrande-Konzerns in seiner heutigen Form.
Der Immobilienkonzern aus Shenzhen, der bereits mehrfach knapp an der Zahlungsunfähigkeit vorbeigeschrammt ist, hat damit eine weitere Galgenfrist verstreichen lassen. Die Hongkonger Börse reagierte entsprechend alarmiert: Die Aktien des Immobilienriesen sind am Mittwoch nochmals gefallen. Am Donnerstag bewegte sich der Kurs um die 20 Eurocent-Marke herum. Vor einem Jahr lag er noch bei drei Euro. Die Regierung hat derweil angefangen, Internetgerüchte über die bevorstehende Pleite zu unterdrücken, um Unruhe zu vermeiden.
Die Fallhöhe der Evergrande-Krise ist riesig: Die Schulden des Bauentwicklers betragen rund 300 Milliarden Dollar. Davon kommen 19 Milliarden Dollar von internationalen Investoren. Auch für die chinesische Regierung steht viel auf dem Spiel, und das nicht nur, weil mit Evergrande mehrere Millionen Arbeitsplätze zusammenhängen. Die Immobilienbranche insgesamt generiert nämlich rund ein Viertel des chinesischen Bruttoinlandsprodukts. Zudem hat die Bevölkerung bis zu 80 Prozent ihres Privatvermögens in Grundeigentum investiert.
Pekings Staatsführung will nun in einem aufgeladenen Spannungsfeld ein Exempel statuieren: Zwar möchte die Regierung den erhitzten und hoch verschuldeten Immobiliensektor deutlich abkühlen. Doch gleichzeitig muss sie verhindern, dass es zu Schockwellen kommt, die auf die Finanzmärkte übergreifen. Zentralbankchef Yi Gang sagte am Donnerstag bereits in Hongkong, kurzfristige Störungen am Immobilienmarkt werden das mittel- und langfristige Funktionieren des Marktes nicht beeinträchtigen.
Die bisher angedeutete Kompromisslösung für den strauchelnden Immobilienriesen Evergrande bedeutet, dass der chinesische Staat zwar keinen Rettungsschirm basteln wird, aber sehr wohl bei der Restrukturierung hilft (China.Table berichtete), um die Folgen möglichst abzufedern. Damit stellt Peking ein für alle Mal klar, dass Evergrande keineswegs “too big to fail” ist (China.Table berichtete). Am vergangenen Freitag wurde laut Medienberichten bereits eine geordnete Abwicklung des Konzerns eingeleitet.
Dabei wird wohl den heimischen Gläubigern die höchste Priorität zugewiesen: Rund 1,6 Millionen Chinesen haben bereits in ihr Evergrande-Eigenheim investiert und warten nun auf dessen Fertigstellung. Da die Kommunistische Partei nichts so sehr fürchtet wie soziale Unruhen, werden die heimischen Hauskäufer wahrscheinlich vor den Folgeschäden geschützt. Für die ausländischen Gläubiger stehen die Chancen ungleich schlechter.
Experten sagen voraus, dass sich Chinas Immobilienbranche im Zuge des Evergrande-Fiaskos in den kommenden Jahren gesundschrumpfen wird. Immobilienverkäufe sind 2021 bereits um über 20 Prozent eingebrochen, im ersten Quartal 2022 könnte das Minus bis zu 30 Prozent betragen. Hinzu kommt auch, dass in der Volksrepublik der Zuzug in die Städte allmählich abflacht und aufgrund des demografischen Wandels die Nachfrage nach Immobilien ohnehin stagniert.
Damit die Immobilienkrise jedoch nicht zu einer harten Bruchlandung führt, hat die chinesische Zentralbank die Geldfreisetzung erhöht. Sie hat Anfang der Woche die Mindestreserven für die führenden Banken des Landes vorübergehend um einen halben Prozentpunkt reduziert. Das dürfte gut 180 Milliarden Dollar an Liquidität freisetzen, die dem Finanzmarkt zur Verfügung stehen. Die Volksrepublik nutzt damit die Bewegungsfreiheit, die sie sich durch die relativ hoch gehaltenen Mindestreservesätze erhalten hat.
Der kleinere Evergrande-Rivale Kaisa Group, der ebenfalls von Fitch auf “RD” heruntergestuft wurde, hat derweil bereits eine Umschuldung eingeleitet. Das Management wird in Kürze eine Vertraulichkeitsvereinbarung mit der Investmentbank Lazard treffen, die eine Gruppe von Anleihegläubigern berät. Damit werde der Grundstein gelegt für Verhandlungen über Refinanzierungen und Kreditstundungen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Kaisa hat nach eigenen Angaben ausländische Anleihen im Volumen von zwölf Milliarden Dollar ausstehen. Bei Evergrande sind es 19 Milliarden Dollar. Der Insolvenzfall Kaisa bewegt sich für ausländische Investoren also in einer ähnlichen Größenordnung, obwohl er international weniger bekannt ist. Fabian Kretschmer/Finn Mayer-Kuckuk/rtr
Der Handelsstreit zwischen Litauen und China spitzt sich weiter zu. Der baltische EU-Staat war am Donnerstag weiterhin im Zollsystem gesperrt, wie der litauische Industriellenverband bestätigte. Schiffsladungen werden nicht gelöscht oder von den Zollbehörden bearbeitet. Peking zog dem litauischen Außenministerium zufolge nun weitere EU-Staaten mit in den Streit: China habe Konzernen geraten, ihre Verbindungen zu Litauen abzubrechen – oder zu riskieren, vom Markt der Volksrepublik ausgeschlossen zu werden.
Unternehmen dürfe ihre Waren nicht mehr auf dem chinesischen Markt verkaufen, wenn sie “Teile und Vorräte aus Litauen verwenden”, sagte der stellvertretende litauische Außenminister, Mantas Adomėnas. Wer Beziehungen zu Litauen hat, darf demnach auch keine Produkte mehr in China beschaffen.
Die Drohung habe bereits konkrete Konsequenzen, so Adomėnas: “Wir haben gesehen, wie einige Unternehmen Verträge mit litauischen Lieferanten gekündigt haben.” Welche Unternehmen genau betroffen waren, gab er zunächst nicht an. Gleichzeitig habe China bereits die Exporte nach Litauen gedrosselt, sagte Vize-Außenminister Adomėnas. Betroffen davon seien beispielsweise Lebensmittel, Rohstoffe, Pharmazeutika, Möbel oder Textilien. Für Litauen bestimmte Waren blieben nun in chinesischen Häfen liegen, da sie nicht auf Schiffe, Züge oder Flugzeuge verladen werden.
Vidmantas Janulevičius, Präsident des litauischen Industriellenverbandes, bestätigte, dass Konzerne mit litauischen Zulieferern ins Visier genommen werden. Er nannte aber keine weiteren Details zu den Branchen. Demnach gebe es Druck auf einen Konzern aus einem anderen EU-Land, litauischen Zulieferer fallen zu lassen. Die Regierung in Vilnius befinde sich bereits in Gesprächen mit betroffenen Firmen, um ihnen in Folge des Handelskonflikts finanzielle Unterstützung anbieten zu können, zitierte Reuters einen Beamten.
Brüssel kümmerte sich nach eigenen Angaben um Aufklärung der Lage. Die EU-Delegation in Peking sei darum bemüht, die Situation “schnell” zu klären, betonte EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis am Donnerstag. “Wir sind bereits, die EU-Mitgliedsstaaten zu verteidigen.” Er habe die Situation auch beim chinesischen EU-Botschafter Zhang Ming am Donnerstag im Rahmen eines Business-Dialogs angesprochen, so Dombrovskis.
In China kam das offenbar noch nicht an: Ein erstes Gesprächsangebot der Europäer blitzte laut einem Bericht der South China Morning Post (SCMP) ab. Die chinesische Zollbehörde hatte demnach den Antrag der Europäischen Union abgelehnt, über die mutmaßliche Handelssperre zu diskutieren. Die Behörde gab an, wegen der Corona-Pandemie keine Zeit zu haben, berichtete SCMP unter Berufung auf Quellen in Peking und Brüssel. Litauens Vize-Außenminister Adomėnas zeigte sich demnach “nicht überrascht”, dass die chinesischen Behörden ein Treffen abgelehnt hätten. Er warf der chinesischen Seite Heuchelei vor: Denn die Behörden seien offenbar nicht zu beschäftigt, um gegen die litauischen Unternehmen vorzugehen.
Die EU hatte bereits am Mittwoch mit einer Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO) gedroht, sollte sich das Problem nicht lösen. Laut Handelskommissar Dombrovskis sammele die EU-Delegation derzeit Informationen, ob es sich um ein einseitiges Handelsembargo handele, das gegen WTO-Regeln verstößt.
Für Unmut in Peking sorgte auch der Besuch des slowakischen Vize-Wirtschaftsministers Karol Galek mit einer Handelsdelegation in Taipeh für die erste Sitzung der taiwanisch-slowakischen Kommission für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Bei dem Treffen seien mehrere Kooperationsvereinbarungen zustande gekommen, teilte das taiwanische Außenministerium am Donnerstag mit.
China warf der Slowakei vor, damit ein Abkommen aus dem Jahr 2003 zu brechen. In der gemeinsamen Erklärung versprach die Slowakei, dass sie “keine offiziellen Beziehungen jeglicher Art mit Taiwan aufnehmen oder offizielle Kontakte irgendeiner Form eingehen wird.” Lediglich “vom privaten Sektor geführte Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit Taiwan” seien erlaubt.
Peking sah in Galeks Reise nun einen “schwerwiegenden Verstoß gegen das Ein-China-Prinzip und das politische Engagement der Slowakei für Ein China”, wie die chinesische Botschaft in der Slowakei mitteilte. Das politische gegenseitige Vertrauen zwischen China und der Slowakei sei dadurch ernsthaft beschädigt.
Ganz andere Töne gab es beim Jahresendgespräch des chinesischen EU-Botschafters mit Vertretern der chinesischen EU-Handelskammer und der European China Business Association. “China begrüßt die aktive Teilnahme von EU-Unternehmen am chinesischen Markt und hofft, dass sie an den Entwicklungsmöglichkeiten Chinas teilhaben und auf dem chinesischen Markt erfolgreich sein können”, sagte EU-Botschafter Zhang. Das klang so, als habe er vom Zoff um Litauen noch nichts gehört. Oder es gilt nur für willfährige EU-Mitglieder.
13.12.2021, 18:30 Uhr
Konfuzius Institut Bremen/ Vortrag: Wolfram Elsner. China: Die neue Nummer 1 ist anders Mehr
14.12.2021, 21:00-22:30 Uhr (3-4:30 PM US-Ostküstenzeit EST)
Harvard Fairbank Center, Webinar: YANG LICHAO – CHILDREN’S DIMENSIONS OF POVERTY: QUALITATIVE STUDIES IN URBAN CHINA Mehr
15.12.2021, 8:00-9:00 AM (Mitteleuropäische Zeit MEZ), 3:00-4:00 PM (China)
EU SME/ Webinar: TECH TRANSFER FOR EUROPEAN SMES IN CHINA – A CRASH COURSE Mehr
15.12.2021, 9:30-11:00 AM (MEZ)/ 16.30-18:00 Uhr (China)
EU SME/ Webinar: Report Launch: The Healthcare Market in China Mehr
15.12.2021, 18:00-19:30 (China) / 11:00-12:30 CET (MEZ).
CEIBS Global EMBA/ Lecture: China’s Competitive Context Mehr
16.12.2021, 11:30 Uhr
CNBW/ Webinar: Worauf müssen sich deutsche Unternehmen in China in 2022 einstellen? Mehr
17.12.2021, 9:15-10:15 Uhr (MEZ) / 16:15-17:15 Uhr (China)
CNBW/Talk: Autoren-Talk mit Prof. Dr. Klaus Mühlhahn (“Geschichte des modernen China”) Mehr
17.12.2021, 16:00-18:00 Uhr
Konfuzius Institut Göttingen / Vortrag: Peter Zarrow: The Utopian Impulse and Chinese Political Modernity Mehr
17.12.2021, 17:30 Uhr (China)
German Center Taicang/ Party: Feuerzangenbowle Mehr
Die USA verstärken den Druck auf China wegen Menschenrechtsverletzungen. Im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren bringt Washington neue Wirtschaftssanktionen auf den Weg. Das Repräsentantenhaus verabschiedete am Mittwoch ein Gesetz zum Verbot von Importen aus der chinesischen Uiguren-Region Xinjiang wegen mutmaßlicher Zwangsarbeit. Die Kongresskammer stimmte dem “Uyghur Forced Labor Prevention Act” fast einstimmig mit einer Mehrheit von 428 zu einer Stimme zu. Damit das Gesetz in Kraft tritt, muss es noch den Senat passieren und von Präsident Joe Biden unterzeichnet werden.
Die US-Regierung will zudem das KI-Unternehmen Sensetime aus Shenzhen auf eine Schwarze Liste setzen. Das berichtet die “Financial Times”. Damit dürfen Amerikaner nicht in das Unternehmen investieren. Die USA halten Sensetime für eines der chinesischen Unternehmen, die bei Menschenrechtsverletzungen gegen muslimische Minderheiten in China eine Rolle spielen.
China kritisierte das Vorgehen der USA. Ein Regierungssprecher drohte mit Vergeltung. Die USA müssten ihre Fehler korrigieren, teilte das Handelsministerium mit. Andernfalls werde China Maßnahmen ergreifen, um seine Interessen zu sichern. Damit drohen sich die Spannungen und Handelsstreitigkeiten zwischen den beiden Großmächten, die unter dem vorherigen US-Präsidenten Donald Trump angefacht wurden, auch unter dessen Nachfolger zu verschärfen. Zu einem virtuellen Demokratie-Gipfel, zu dem Biden für Donnerstag geladen hat und an dem mehr als 100 Staats- und Regierungschefs sowie andere Spitzenvertreter aus aller Welt teilnehmen, wurden China und Russland nicht eingeladen (China.Table berichtete). rtr/fin
Ein Gericht in Hongkong hat am Donnerstag den chinakritischen Medienunternehmer Jimmy Lai, den Anwalt Chow Hang Tung und die ehemalige Oppositionspolitikerin Gwyneth Ho schuldig gesprochen. Sie waren wegen wegen Anstiftung zur Teilnahme an einer nicht genehmigten Versammlung angeklagt. Lai, Chow und Ho hatten auf nicht schuldig plädiert, andere zur Mahnwache am 4. Juni 2020 aufgerufen zu haben. Es ist der jüngste Schlag gegen die Demokratiebewegung in der chinesischen Sonderverwaltungszone unter dem sogenannten Sicherheitsgesetz, das von der Regierung in Peking im vergangenen Jahr trotz internationaler Kritik als Reaktion auf die Proteste der Demokratiebewegung erlassen wurde und ihr mehr Zugriff auf Hongkong ermöglicht.
Jimmy Lai war Verleger der Zeitung Apple Daily, die den steigenden Einfluss Pekings in Hongkong immer kritisiert hat und daher geschlossen wurde (China.Table berichtete). Die jährliche Mahnwache am 4. Juni findet zum Gedenken an die Niederschlagung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking im Jahr 1989 statt. Die letzten beiden Mahnwachen wurden von der Polizei unter Berufung auf Coronavirus-Beschränkungen untersagt. Lai gilt als scharfer und prominenter Kritiker Chinas. Er wurde bereits in zwei ähnlichen Fällen zu jeweils 14 Monaten Gefängnis verurteilt und ist seit letztem Jahr in Haft. rtr/fin
Der Aufsichtsrat von Volkswagen hat wie erwartet den erfahrenen Manager Ralf Brandstätter zum China-Vorstand ernannt. Er übernimmt das Ressort am 1. August 2022. Schon ab Januar wird Brandstätter Vorstand mit Zuständigkeit für Pkw. Brandstätter leitet damit sowohl das wichtige China-Geschäft als auch die Kernmarke. Brandstätter übernimmt die Verantwortung für China von Konzernchef Herbert Diess. Der 53-Jährige soll diesen formal entlasten und erhält zugleich vom Aufsichtsrat den Auftrag, die zunehmenden Probleme auf dem größten Automarkt der Welt anzupacken (China.Table berichtete). fin
Die chinesische Arzneimittelaufsicht hat einen Antikörper-Cocktail gegen Covid-19 zugelassen. Das Präparat des Anbieters Brii Biosciences zeige eine 80-prozentige Verringerung von Krankenhauseinweisungen und Todesfällen, teilte das Pekinger Unternehmen mit. In zwei Wochen wisse man mehr darüber, wie gut das Medikament gegen die Omikron-Variante wirkt.
Medikamente zur Behandlung einer akuten Corona-Infektion gelten China als Ausweg aus der Null-Covid-Spirale (China.Table berichtete). Durch das Auftauchen immer neuer Virus-Varianten erreichen gerade die chinesischen Impfstoffe keinen ausreichenden Schutz. Nach Aufheben der Abschottung des Landes und der harten Maßnahmen gegen alle Ausbrüche droht eine Covid-Welle, weshalb sich die Öffnung immer weiter verschiebt. Wenn die Krankenhäuser dagegen über gute Medikamente gegen die Krankheit verfügen, ließe sich das hinnehmen, ohne viele Todesfälle befürchten zu müssen. fin
Es gibt eine chinesische Redewendung: Fasse einen Tiger nicht am Hintern an (老虎屁股摸不得). Der Altmeister chinesischer Satire Hua Junwu zeichnete einen Tiger mit Schild am Po: “Tabuzone” und der Bildzeile: “Der Alleinentscheider”. Er wollte Funktionäre verspotten, die man nicht kritisieren darf. Das war 1979. Hua durfte nach dem Ende von Maos Kulturrevolution, in der er übelst verfolgt wurde, nach zehn Jahren Berufsverbot wieder zeichnen. Doch seine harmlose Karikatur bescherte ihm erneuten Ärger. Ideologen warfen ihm einen hinterhältigen Angriff auf Mao vor. Hua zeigte mir, wie in deren Augen die von ihm gezeichnete Kralle des Tigers angeblich, wie das Schriftzeichen Mao im Namen des Staatengründers aussah. Er musste seine Kralle neu und verändert zeichnen.
Satire hatte es in der humorlosen Volksrepublik immer schwer. Heute flüchten sich ihre Zeichner in immer kompliziertere Andeutungen, frei nach dem Motto des Aphoristikers Karl Kraus: “Satiren, die der Zensor versteht, werden mit Recht verboten.”
Dieser Tage fiel mir das “Bild der 100 Tiger” (百虎图) des Kantoner Karikaturisten Kuang Biao auf. Er zeichnete für das am 1. Februar 2022 beginnende neue Jahr des Tigers 128 wohlgenährte Raubtiere auf freiem Feld. Ihre Zahl ähnelt – chinesisch ausgesprochen – dem Glücksspruch: “Ich will reich werden”. Im Bild versteckt sich indess noch eine zweite Botschaft: Seine Tiger wirken sehr träge. Manche sehen wie dösende Robben aus, haben ihre Augen zu, wollen partout nicht auffallen, ducken sich einfach weg.
Die Karikatur spielt nun eindeutig auf ein derzeit geflügeltes Wort in China an, das in der Internet- und Jugendsprache erst seit wenigen Monaten en vogue ist. Es heißt “tangping”( 躺平) und bedeutet “flachliegen”. Der Sprachrubrik von China.Table zufolge “trended es derzeit als Schlagwort in allen sozialen Medien, als eine Art stilles Auflehnen der jungen Generation.”
Man könnte es auch mit “Nichtstun” übersetzen. Die Pekinger Korrespondentin der New York Times, Elsie Chen, portraitierte Luo Huazhong (骆华中), der es mit seinem Post im Internetportal Baidu im April zum neuen Kultwort machte. Der heute 31-jährige Luo hatte 2016 hatte als Fabrikarbeiter die Nase voll, warf seinen Job hin. “Ich fühlte mich wie eine Maschine”, sagte er der Reporterin. Zuerst ging er auf Fahrradtour und strampelte sich 2.100 Kilometer bis nach Tibet durch. Zurück in seiner Heimatstadt Jiande in Zhejiang wollte er nach keinem neuen Job mehr suchen, übte Konsumverzicht, wollte nur “chillen” und lebte von seinen mageren Ersparnissen. Luo versteht sich als genügsamer “Flachlieger” und fühlt sich wie Diogenes in der Tonne. Sein Leitspruch “Flachliegen ist gerecht” (躺平即是正義) schrieb er als Motto unter sein Foto, auf dem er in einem Raum mit zugezogenen Vorhängen auf dem Bett liegt. In Chinas Leitmedien von Sina Weibo bis Douban wurde er über Nacht zum IT-Star.
Das Aussteiger-Feeling traf den Nerv einer Generation, die den Schul-, Prüfungs- und ständigen Leistungsstress nicht mehr abkann. 2019 hatte ihr kollektiver Aufschrei im Internet gegen das “System 996” den Boden bereitet. 996 steht dafür, sechs Tage in der Woche von neun Uhr früh bis neun Uhr nachts arbeiten zu müssen, besonders in den Hightech- und IT-Zukunftsindustrien Chinas. Junge Chinesen spotteten online bitter über sich selbst, sie seien wie “Schnittlauch”, der ständig abgeschnitten wird, weil er immer nachwachsen kann. Ihr neues Idol Luo hält dagegen: Schnittlauch, der flachliegt, kann nur schwerlich geschnitten werden (躺平的韭菜不好割).
Seine Tangping-Philsophie wurde Synonym für die Suche nach einem neuen Lebensstil. Sieben Jahrzehnte, nachdem die Hippie-Generation ihre Eltern in den USA mit ihrer Verweigerungshaltung geschockt hat, packt China nun eine ähnliche Bewegung. Davor kam bereits der Begriff Neijuan (内卷) auf, (Deutsch: Involution). Er steht für die Gefühle vieler junger Chinesen, die sich in einem “Rattenrennen” gefangen sehen, oder sinnlos auf der Rolle wie “im Hamsterkäfig” nach vorne rennen. Die jungen Leute reagieren, so analysieren Soziologen, auf den sich “ständig verschärfenden Wettbewerb, aus dem es keinen Ausweg gibt” mit Stress, Burnout und Verzweiflung.
Chinas Partei reagierte ihrerseits sofort auf die ersten Anzeichen des passiven Sozialprotests. Die Zensur ließ Luos Spruch “Flachliegen ist Gerecht!” online verschwinden, löschte Gruppenchats, untersagte den boomenden Onlinehandel mit T-Shirts, Teetassen oder Handy-Schutzhüllen mit dem Spruch. Einen Monat nach Luos ersten Posts attackierten Parteimedien das “Flachliegen” als “schamlos.”
Selbst bis zu KP-Führer Xi Jinping drang das gefürchtete Jugendwort vor, der sein Ohr ganz nah am Puls der Zeit hält, wenn er sich anbahnende Krisen oder subversive Trends vermutet. In einer Rede am 17. August, verlangte er, um sein Programm für gemeinsamen Wohlstand im Sozialismus zu promoten, “alle zu ermutigen, dafür hart zu arbeiten und innovativ zu sein … und ein Umfeld zu schaffen, zu dem wir alle beitragen müssen. Involution und Flachliegen müssen wir vermeiden.” (共同富裕要靠勤劳智慧来创造….形成人人参与的发展环境,避免”内卷”、”躺平”.)
Ungeachtet solcher Interventionen hielt die Online-Begeisterung für das Flachliegen weiter an. Im November widmete die China Daily den Kontroversen um das Schlagwort eine ganze Zeitungsseite. Die Philosophie des Nichtstuns weise “eine Lebens- und Arbeitskultur zurück, die auf ständigen Wettbewerb aufgebaut ist.” Schließlich bestätigte jetzt Chinas nationales Sprachmonitoring- und Forschungszentrum (国家语言资源监测与研究中心), dass “tangping” zu den zehn 2021 am häufigsten verwendeten Online Begriffen (十大网络用语) gehört.
Chinas Parteimedien versuchen nun, der Auswahl des Wortes “tangping” einen positiven Spin zu geben. Es sei doch nur der Wunsch “ein Nickerchen im fortwährenden Kampf einzulegen. Das kurzzeitige Flachliegen ist dazu da, um neue Energie zu gewinnen und wieder zu starten.” Die nationalistische Parteizeitung Global Times kommentierte: Es stimme zwar, dass viele junge Chinesen danach lechzten, eine Atempause in unserer schnelllebigen und hoch wettbewerbsstarken Gesellschaft einzulegen.” Aber sie seien die gleiche Generation, die darauf schwören: “Wir arbeiten für die Revitalisierung der chinesischen Nation.”
Auch wenn Chinas Ideologen es nicht zugeben wollen, nach dem Motto, dass nicht sein kann, was nicht sein darf: Die Partei hat mit ihren Vorstellungen ein dickes Motivationsproblem bei Chinas Jugend.
Xing Guijun wurde zum Leiter der Zweigstelle der China Banking and Insurance Regulatory Commission (CBIRC) in Shandong ernannt. Der 47-Jährige hat einen Doktortitel und langjährige Erfahrung in der Betreuung ländlicher Finanzinstitute, so das Finanzblatt Caixin. Xing hatte erst im ersten Halbjahr 2020 die Aufsicht über städtische Geschäftsbanken und private Kreditgeber übernommen.
Rafael Suchan wurde als CEO der Chiho Environmental Group freigestellt. Es handelt sich dabei um die Muttergesellschaft des deutschen Unternehmens Scholz Recycling. Suchan war bis dahin einer von fünf Geschäftsführern der deutschen Tochter. Zu den Gründen für die Freistellung erklärte der Konzern lediglich, er untersuche derzeit eine Reihe von geplanten Transaktionen, an denen Suchan beteiligt war. Der deutsche Stahlschrottrecycler Scholz hatte zuletzt mehrere Projekte und Kooperationen zum Recycling von Altautos, Schrotten und Batterien in China vorangetrieben. Suchan hatte die Leitung von Chiho erst im März 2020 übernommen.
Kraniche am Poyang-See in Nanchang (Provinz Jiangxi). Hier sammeln sich im Winter viele Zugvogelarten aus dem Norden, die das mildere Klima zu schätzen wissen. Die großen Vögel führen auch hier ihre Tänze auf. Ihre spitzen, trompetenartigen Schreie hallen über den See.
heute präsentieren wir Fortsetzungsfolgen des Evergrande-Dramas (hoch geflogen und tief gefallen) und des Litauen-Thrillers (David gegen Goliath). Die Geschichte um das baltische Land hatte zwischenzeitlich Züge einer Komödie, doch es droht ein Handelskriegs-Epos daraus zu werden. China will alle EU-Waren an der Grenze zurückzuweisen, die auch nur eine Komponente aus Litauen enthalten. Das ist die Rache für eine Annäherung Litauens an Taiwan. Nun hat die Slowakei ihrerseits eine Delegation nach Taipeh geschickt. Amelie Richter analysiert, ob dem Land jetzt ebenfalls Ungemach droht. Insgesamt verdichtet sich zusammen mit einem möglichen Verbot von Importen aus Xinjiang durch die USA eine bedrohliche Stimmung neuer Handelskonflikte.
Das Evergrande-Drama könnte derweil schon vor dem letzten Akt stehen – zumindest, was das Unternehmen selbst betrifft. Ratingagenturen sprechen die Wahrheit schon aus, der sich der Immobilienkonzern noch verweigert: Evergrande ist insolvent. Wie soll man es sonst nennen, wenn kein Geld mehr für Kreditraten, Anleihezinsen und Handwerkerrechnungen vorhanden ist? Hinter den Kulissen laufen daher die Vorbereitungen für eine Umstrukturierung. Es könnte allerdings noch ein längeres wirtschaftspolitisches Nachspiel folgen. Chinas aufgeblasene Immobilienbranche muss sich unter Aufsicht des Staates gesundschrumpfen. Das wird nicht ohne Nebenwirkungen ablaufen.
Vielleicht wird es den einen, klar definierten “Evergrande-Moment” nicht geben. Stattdessen läuft eine Salami-Insolvenz vor unseren Augen ab. Jede Woche verpasst das angeschlagene Immobilien-Unternehmen zwar eine Zahlungsfrist, bedient dafür aber gelegentlich eine andere – wenn auch die meist mit Verspätung. In China gibt es keine Strafen für Insolvenzverschleppung (China.Table berichtete). Evergrande hat daher mehr Möglichkeiten, auf Zeit zu spielen, als ein Unternehmen das in Deutschland hätte.
Am Donnerstag zog sich die Schlinge dann jedoch deutlich enger zu. Die deutlichste Aussage kam von der Ratingagentur Fitch. Sie stufte die Bonität von Evergrande auf die Bewertung “RD” herunter: grundsätzlich insolvent, wenn auch noch zum Teil geschäftsfähig. Direkt darunter kommt allerdings der Totalausfall auf der Skala der Kreditwürdigkeit. Der Grund für die Herabstufung: Evergrande konnte am Montag 82,5 Millionen Dollar an Zinsnachzahlungen nicht begleichen (China.Table berichtete). Auch die Ratingagentur Standard & Poor’s hält mit ihrer Prognose nicht hinterm Berg: In einer Stellungnahme heißt es, dass Zahlungsausfälle “unvermeidbar” sind. Solche Signale von den zwei großen Ratingagenturen können nichts anderes bedeuten als den Anfang vom Ende des Evergrande-Konzerns in seiner heutigen Form.
Der Immobilienkonzern aus Shenzhen, der bereits mehrfach knapp an der Zahlungsunfähigkeit vorbeigeschrammt ist, hat damit eine weitere Galgenfrist verstreichen lassen. Die Hongkonger Börse reagierte entsprechend alarmiert: Die Aktien des Immobilienriesen sind am Mittwoch nochmals gefallen. Am Donnerstag bewegte sich der Kurs um die 20 Eurocent-Marke herum. Vor einem Jahr lag er noch bei drei Euro. Die Regierung hat derweil angefangen, Internetgerüchte über die bevorstehende Pleite zu unterdrücken, um Unruhe zu vermeiden.
Die Fallhöhe der Evergrande-Krise ist riesig: Die Schulden des Bauentwicklers betragen rund 300 Milliarden Dollar. Davon kommen 19 Milliarden Dollar von internationalen Investoren. Auch für die chinesische Regierung steht viel auf dem Spiel, und das nicht nur, weil mit Evergrande mehrere Millionen Arbeitsplätze zusammenhängen. Die Immobilienbranche insgesamt generiert nämlich rund ein Viertel des chinesischen Bruttoinlandsprodukts. Zudem hat die Bevölkerung bis zu 80 Prozent ihres Privatvermögens in Grundeigentum investiert.
Pekings Staatsführung will nun in einem aufgeladenen Spannungsfeld ein Exempel statuieren: Zwar möchte die Regierung den erhitzten und hoch verschuldeten Immobiliensektor deutlich abkühlen. Doch gleichzeitig muss sie verhindern, dass es zu Schockwellen kommt, die auf die Finanzmärkte übergreifen. Zentralbankchef Yi Gang sagte am Donnerstag bereits in Hongkong, kurzfristige Störungen am Immobilienmarkt werden das mittel- und langfristige Funktionieren des Marktes nicht beeinträchtigen.
Die bisher angedeutete Kompromisslösung für den strauchelnden Immobilienriesen Evergrande bedeutet, dass der chinesische Staat zwar keinen Rettungsschirm basteln wird, aber sehr wohl bei der Restrukturierung hilft (China.Table berichtete), um die Folgen möglichst abzufedern. Damit stellt Peking ein für alle Mal klar, dass Evergrande keineswegs “too big to fail” ist (China.Table berichtete). Am vergangenen Freitag wurde laut Medienberichten bereits eine geordnete Abwicklung des Konzerns eingeleitet.
Dabei wird wohl den heimischen Gläubigern die höchste Priorität zugewiesen: Rund 1,6 Millionen Chinesen haben bereits in ihr Evergrande-Eigenheim investiert und warten nun auf dessen Fertigstellung. Da die Kommunistische Partei nichts so sehr fürchtet wie soziale Unruhen, werden die heimischen Hauskäufer wahrscheinlich vor den Folgeschäden geschützt. Für die ausländischen Gläubiger stehen die Chancen ungleich schlechter.
Experten sagen voraus, dass sich Chinas Immobilienbranche im Zuge des Evergrande-Fiaskos in den kommenden Jahren gesundschrumpfen wird. Immobilienverkäufe sind 2021 bereits um über 20 Prozent eingebrochen, im ersten Quartal 2022 könnte das Minus bis zu 30 Prozent betragen. Hinzu kommt auch, dass in der Volksrepublik der Zuzug in die Städte allmählich abflacht und aufgrund des demografischen Wandels die Nachfrage nach Immobilien ohnehin stagniert.
Damit die Immobilienkrise jedoch nicht zu einer harten Bruchlandung führt, hat die chinesische Zentralbank die Geldfreisetzung erhöht. Sie hat Anfang der Woche die Mindestreserven für die führenden Banken des Landes vorübergehend um einen halben Prozentpunkt reduziert. Das dürfte gut 180 Milliarden Dollar an Liquidität freisetzen, die dem Finanzmarkt zur Verfügung stehen. Die Volksrepublik nutzt damit die Bewegungsfreiheit, die sie sich durch die relativ hoch gehaltenen Mindestreservesätze erhalten hat.
Der kleinere Evergrande-Rivale Kaisa Group, der ebenfalls von Fitch auf “RD” heruntergestuft wurde, hat derweil bereits eine Umschuldung eingeleitet. Das Management wird in Kürze eine Vertraulichkeitsvereinbarung mit der Investmentbank Lazard treffen, die eine Gruppe von Anleihegläubigern berät. Damit werde der Grundstein gelegt für Verhandlungen über Refinanzierungen und Kreditstundungen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Kaisa hat nach eigenen Angaben ausländische Anleihen im Volumen von zwölf Milliarden Dollar ausstehen. Bei Evergrande sind es 19 Milliarden Dollar. Der Insolvenzfall Kaisa bewegt sich für ausländische Investoren also in einer ähnlichen Größenordnung, obwohl er international weniger bekannt ist. Fabian Kretschmer/Finn Mayer-Kuckuk/rtr
Der Handelsstreit zwischen Litauen und China spitzt sich weiter zu. Der baltische EU-Staat war am Donnerstag weiterhin im Zollsystem gesperrt, wie der litauische Industriellenverband bestätigte. Schiffsladungen werden nicht gelöscht oder von den Zollbehörden bearbeitet. Peking zog dem litauischen Außenministerium zufolge nun weitere EU-Staaten mit in den Streit: China habe Konzernen geraten, ihre Verbindungen zu Litauen abzubrechen – oder zu riskieren, vom Markt der Volksrepublik ausgeschlossen zu werden.
Unternehmen dürfe ihre Waren nicht mehr auf dem chinesischen Markt verkaufen, wenn sie “Teile und Vorräte aus Litauen verwenden”, sagte der stellvertretende litauische Außenminister, Mantas Adomėnas. Wer Beziehungen zu Litauen hat, darf demnach auch keine Produkte mehr in China beschaffen.
Die Drohung habe bereits konkrete Konsequenzen, so Adomėnas: “Wir haben gesehen, wie einige Unternehmen Verträge mit litauischen Lieferanten gekündigt haben.” Welche Unternehmen genau betroffen waren, gab er zunächst nicht an. Gleichzeitig habe China bereits die Exporte nach Litauen gedrosselt, sagte Vize-Außenminister Adomėnas. Betroffen davon seien beispielsweise Lebensmittel, Rohstoffe, Pharmazeutika, Möbel oder Textilien. Für Litauen bestimmte Waren blieben nun in chinesischen Häfen liegen, da sie nicht auf Schiffe, Züge oder Flugzeuge verladen werden.
Vidmantas Janulevičius, Präsident des litauischen Industriellenverbandes, bestätigte, dass Konzerne mit litauischen Zulieferern ins Visier genommen werden. Er nannte aber keine weiteren Details zu den Branchen. Demnach gebe es Druck auf einen Konzern aus einem anderen EU-Land, litauischen Zulieferer fallen zu lassen. Die Regierung in Vilnius befinde sich bereits in Gesprächen mit betroffenen Firmen, um ihnen in Folge des Handelskonflikts finanzielle Unterstützung anbieten zu können, zitierte Reuters einen Beamten.
Brüssel kümmerte sich nach eigenen Angaben um Aufklärung der Lage. Die EU-Delegation in Peking sei darum bemüht, die Situation “schnell” zu klären, betonte EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis am Donnerstag. “Wir sind bereits, die EU-Mitgliedsstaaten zu verteidigen.” Er habe die Situation auch beim chinesischen EU-Botschafter Zhang Ming am Donnerstag im Rahmen eines Business-Dialogs angesprochen, so Dombrovskis.
In China kam das offenbar noch nicht an: Ein erstes Gesprächsangebot der Europäer blitzte laut einem Bericht der South China Morning Post (SCMP) ab. Die chinesische Zollbehörde hatte demnach den Antrag der Europäischen Union abgelehnt, über die mutmaßliche Handelssperre zu diskutieren. Die Behörde gab an, wegen der Corona-Pandemie keine Zeit zu haben, berichtete SCMP unter Berufung auf Quellen in Peking und Brüssel. Litauens Vize-Außenminister Adomėnas zeigte sich demnach “nicht überrascht”, dass die chinesischen Behörden ein Treffen abgelehnt hätten. Er warf der chinesischen Seite Heuchelei vor: Denn die Behörden seien offenbar nicht zu beschäftigt, um gegen die litauischen Unternehmen vorzugehen.
Die EU hatte bereits am Mittwoch mit einer Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO) gedroht, sollte sich das Problem nicht lösen. Laut Handelskommissar Dombrovskis sammele die EU-Delegation derzeit Informationen, ob es sich um ein einseitiges Handelsembargo handele, das gegen WTO-Regeln verstößt.
Für Unmut in Peking sorgte auch der Besuch des slowakischen Vize-Wirtschaftsministers Karol Galek mit einer Handelsdelegation in Taipeh für die erste Sitzung der taiwanisch-slowakischen Kommission für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Bei dem Treffen seien mehrere Kooperationsvereinbarungen zustande gekommen, teilte das taiwanische Außenministerium am Donnerstag mit.
China warf der Slowakei vor, damit ein Abkommen aus dem Jahr 2003 zu brechen. In der gemeinsamen Erklärung versprach die Slowakei, dass sie “keine offiziellen Beziehungen jeglicher Art mit Taiwan aufnehmen oder offizielle Kontakte irgendeiner Form eingehen wird.” Lediglich “vom privaten Sektor geführte Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit Taiwan” seien erlaubt.
Peking sah in Galeks Reise nun einen “schwerwiegenden Verstoß gegen das Ein-China-Prinzip und das politische Engagement der Slowakei für Ein China”, wie die chinesische Botschaft in der Slowakei mitteilte. Das politische gegenseitige Vertrauen zwischen China und der Slowakei sei dadurch ernsthaft beschädigt.
Ganz andere Töne gab es beim Jahresendgespräch des chinesischen EU-Botschafters mit Vertretern der chinesischen EU-Handelskammer und der European China Business Association. “China begrüßt die aktive Teilnahme von EU-Unternehmen am chinesischen Markt und hofft, dass sie an den Entwicklungsmöglichkeiten Chinas teilhaben und auf dem chinesischen Markt erfolgreich sein können”, sagte EU-Botschafter Zhang. Das klang so, als habe er vom Zoff um Litauen noch nichts gehört. Oder es gilt nur für willfährige EU-Mitglieder.
13.12.2021, 18:30 Uhr
Konfuzius Institut Bremen/ Vortrag: Wolfram Elsner. China: Die neue Nummer 1 ist anders Mehr
14.12.2021, 21:00-22:30 Uhr (3-4:30 PM US-Ostküstenzeit EST)
Harvard Fairbank Center, Webinar: YANG LICHAO – CHILDREN’S DIMENSIONS OF POVERTY: QUALITATIVE STUDIES IN URBAN CHINA Mehr
15.12.2021, 8:00-9:00 AM (Mitteleuropäische Zeit MEZ), 3:00-4:00 PM (China)
EU SME/ Webinar: TECH TRANSFER FOR EUROPEAN SMES IN CHINA – A CRASH COURSE Mehr
15.12.2021, 9:30-11:00 AM (MEZ)/ 16.30-18:00 Uhr (China)
EU SME/ Webinar: Report Launch: The Healthcare Market in China Mehr
15.12.2021, 18:00-19:30 (China) / 11:00-12:30 CET (MEZ).
CEIBS Global EMBA/ Lecture: China’s Competitive Context Mehr
16.12.2021, 11:30 Uhr
CNBW/ Webinar: Worauf müssen sich deutsche Unternehmen in China in 2022 einstellen? Mehr
17.12.2021, 9:15-10:15 Uhr (MEZ) / 16:15-17:15 Uhr (China)
CNBW/Talk: Autoren-Talk mit Prof. Dr. Klaus Mühlhahn (“Geschichte des modernen China”) Mehr
17.12.2021, 16:00-18:00 Uhr
Konfuzius Institut Göttingen / Vortrag: Peter Zarrow: The Utopian Impulse and Chinese Political Modernity Mehr
17.12.2021, 17:30 Uhr (China)
German Center Taicang/ Party: Feuerzangenbowle Mehr
Die USA verstärken den Druck auf China wegen Menschenrechtsverletzungen. Im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren bringt Washington neue Wirtschaftssanktionen auf den Weg. Das Repräsentantenhaus verabschiedete am Mittwoch ein Gesetz zum Verbot von Importen aus der chinesischen Uiguren-Region Xinjiang wegen mutmaßlicher Zwangsarbeit. Die Kongresskammer stimmte dem “Uyghur Forced Labor Prevention Act” fast einstimmig mit einer Mehrheit von 428 zu einer Stimme zu. Damit das Gesetz in Kraft tritt, muss es noch den Senat passieren und von Präsident Joe Biden unterzeichnet werden.
Die US-Regierung will zudem das KI-Unternehmen Sensetime aus Shenzhen auf eine Schwarze Liste setzen. Das berichtet die “Financial Times”. Damit dürfen Amerikaner nicht in das Unternehmen investieren. Die USA halten Sensetime für eines der chinesischen Unternehmen, die bei Menschenrechtsverletzungen gegen muslimische Minderheiten in China eine Rolle spielen.
China kritisierte das Vorgehen der USA. Ein Regierungssprecher drohte mit Vergeltung. Die USA müssten ihre Fehler korrigieren, teilte das Handelsministerium mit. Andernfalls werde China Maßnahmen ergreifen, um seine Interessen zu sichern. Damit drohen sich die Spannungen und Handelsstreitigkeiten zwischen den beiden Großmächten, die unter dem vorherigen US-Präsidenten Donald Trump angefacht wurden, auch unter dessen Nachfolger zu verschärfen. Zu einem virtuellen Demokratie-Gipfel, zu dem Biden für Donnerstag geladen hat und an dem mehr als 100 Staats- und Regierungschefs sowie andere Spitzenvertreter aus aller Welt teilnehmen, wurden China und Russland nicht eingeladen (China.Table berichtete). rtr/fin
Ein Gericht in Hongkong hat am Donnerstag den chinakritischen Medienunternehmer Jimmy Lai, den Anwalt Chow Hang Tung und die ehemalige Oppositionspolitikerin Gwyneth Ho schuldig gesprochen. Sie waren wegen wegen Anstiftung zur Teilnahme an einer nicht genehmigten Versammlung angeklagt. Lai, Chow und Ho hatten auf nicht schuldig plädiert, andere zur Mahnwache am 4. Juni 2020 aufgerufen zu haben. Es ist der jüngste Schlag gegen die Demokratiebewegung in der chinesischen Sonderverwaltungszone unter dem sogenannten Sicherheitsgesetz, das von der Regierung in Peking im vergangenen Jahr trotz internationaler Kritik als Reaktion auf die Proteste der Demokratiebewegung erlassen wurde und ihr mehr Zugriff auf Hongkong ermöglicht.
Jimmy Lai war Verleger der Zeitung Apple Daily, die den steigenden Einfluss Pekings in Hongkong immer kritisiert hat und daher geschlossen wurde (China.Table berichtete). Die jährliche Mahnwache am 4. Juni findet zum Gedenken an die Niederschlagung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking im Jahr 1989 statt. Die letzten beiden Mahnwachen wurden von der Polizei unter Berufung auf Coronavirus-Beschränkungen untersagt. Lai gilt als scharfer und prominenter Kritiker Chinas. Er wurde bereits in zwei ähnlichen Fällen zu jeweils 14 Monaten Gefängnis verurteilt und ist seit letztem Jahr in Haft. rtr/fin
Der Aufsichtsrat von Volkswagen hat wie erwartet den erfahrenen Manager Ralf Brandstätter zum China-Vorstand ernannt. Er übernimmt das Ressort am 1. August 2022. Schon ab Januar wird Brandstätter Vorstand mit Zuständigkeit für Pkw. Brandstätter leitet damit sowohl das wichtige China-Geschäft als auch die Kernmarke. Brandstätter übernimmt die Verantwortung für China von Konzernchef Herbert Diess. Der 53-Jährige soll diesen formal entlasten und erhält zugleich vom Aufsichtsrat den Auftrag, die zunehmenden Probleme auf dem größten Automarkt der Welt anzupacken (China.Table berichtete). fin
Die chinesische Arzneimittelaufsicht hat einen Antikörper-Cocktail gegen Covid-19 zugelassen. Das Präparat des Anbieters Brii Biosciences zeige eine 80-prozentige Verringerung von Krankenhauseinweisungen und Todesfällen, teilte das Pekinger Unternehmen mit. In zwei Wochen wisse man mehr darüber, wie gut das Medikament gegen die Omikron-Variante wirkt.
Medikamente zur Behandlung einer akuten Corona-Infektion gelten China als Ausweg aus der Null-Covid-Spirale (China.Table berichtete). Durch das Auftauchen immer neuer Virus-Varianten erreichen gerade die chinesischen Impfstoffe keinen ausreichenden Schutz. Nach Aufheben der Abschottung des Landes und der harten Maßnahmen gegen alle Ausbrüche droht eine Covid-Welle, weshalb sich die Öffnung immer weiter verschiebt. Wenn die Krankenhäuser dagegen über gute Medikamente gegen die Krankheit verfügen, ließe sich das hinnehmen, ohne viele Todesfälle befürchten zu müssen. fin
Es gibt eine chinesische Redewendung: Fasse einen Tiger nicht am Hintern an (老虎屁股摸不得). Der Altmeister chinesischer Satire Hua Junwu zeichnete einen Tiger mit Schild am Po: “Tabuzone” und der Bildzeile: “Der Alleinentscheider”. Er wollte Funktionäre verspotten, die man nicht kritisieren darf. Das war 1979. Hua durfte nach dem Ende von Maos Kulturrevolution, in der er übelst verfolgt wurde, nach zehn Jahren Berufsverbot wieder zeichnen. Doch seine harmlose Karikatur bescherte ihm erneuten Ärger. Ideologen warfen ihm einen hinterhältigen Angriff auf Mao vor. Hua zeigte mir, wie in deren Augen die von ihm gezeichnete Kralle des Tigers angeblich, wie das Schriftzeichen Mao im Namen des Staatengründers aussah. Er musste seine Kralle neu und verändert zeichnen.
Satire hatte es in der humorlosen Volksrepublik immer schwer. Heute flüchten sich ihre Zeichner in immer kompliziertere Andeutungen, frei nach dem Motto des Aphoristikers Karl Kraus: “Satiren, die der Zensor versteht, werden mit Recht verboten.”
Dieser Tage fiel mir das “Bild der 100 Tiger” (百虎图) des Kantoner Karikaturisten Kuang Biao auf. Er zeichnete für das am 1. Februar 2022 beginnende neue Jahr des Tigers 128 wohlgenährte Raubtiere auf freiem Feld. Ihre Zahl ähnelt – chinesisch ausgesprochen – dem Glücksspruch: “Ich will reich werden”. Im Bild versteckt sich indess noch eine zweite Botschaft: Seine Tiger wirken sehr träge. Manche sehen wie dösende Robben aus, haben ihre Augen zu, wollen partout nicht auffallen, ducken sich einfach weg.
Die Karikatur spielt nun eindeutig auf ein derzeit geflügeltes Wort in China an, das in der Internet- und Jugendsprache erst seit wenigen Monaten en vogue ist. Es heißt “tangping”( 躺平) und bedeutet “flachliegen”. Der Sprachrubrik von China.Table zufolge “trended es derzeit als Schlagwort in allen sozialen Medien, als eine Art stilles Auflehnen der jungen Generation.”
Man könnte es auch mit “Nichtstun” übersetzen. Die Pekinger Korrespondentin der New York Times, Elsie Chen, portraitierte Luo Huazhong (骆华中), der es mit seinem Post im Internetportal Baidu im April zum neuen Kultwort machte. Der heute 31-jährige Luo hatte 2016 hatte als Fabrikarbeiter die Nase voll, warf seinen Job hin. “Ich fühlte mich wie eine Maschine”, sagte er der Reporterin. Zuerst ging er auf Fahrradtour und strampelte sich 2.100 Kilometer bis nach Tibet durch. Zurück in seiner Heimatstadt Jiande in Zhejiang wollte er nach keinem neuen Job mehr suchen, übte Konsumverzicht, wollte nur “chillen” und lebte von seinen mageren Ersparnissen. Luo versteht sich als genügsamer “Flachlieger” und fühlt sich wie Diogenes in der Tonne. Sein Leitspruch “Flachliegen ist gerecht” (躺平即是正義) schrieb er als Motto unter sein Foto, auf dem er in einem Raum mit zugezogenen Vorhängen auf dem Bett liegt. In Chinas Leitmedien von Sina Weibo bis Douban wurde er über Nacht zum IT-Star.
Das Aussteiger-Feeling traf den Nerv einer Generation, die den Schul-, Prüfungs- und ständigen Leistungsstress nicht mehr abkann. 2019 hatte ihr kollektiver Aufschrei im Internet gegen das “System 996” den Boden bereitet. 996 steht dafür, sechs Tage in der Woche von neun Uhr früh bis neun Uhr nachts arbeiten zu müssen, besonders in den Hightech- und IT-Zukunftsindustrien Chinas. Junge Chinesen spotteten online bitter über sich selbst, sie seien wie “Schnittlauch”, der ständig abgeschnitten wird, weil er immer nachwachsen kann. Ihr neues Idol Luo hält dagegen: Schnittlauch, der flachliegt, kann nur schwerlich geschnitten werden (躺平的韭菜不好割).
Seine Tangping-Philsophie wurde Synonym für die Suche nach einem neuen Lebensstil. Sieben Jahrzehnte, nachdem die Hippie-Generation ihre Eltern in den USA mit ihrer Verweigerungshaltung geschockt hat, packt China nun eine ähnliche Bewegung. Davor kam bereits der Begriff Neijuan (内卷) auf, (Deutsch: Involution). Er steht für die Gefühle vieler junger Chinesen, die sich in einem “Rattenrennen” gefangen sehen, oder sinnlos auf der Rolle wie “im Hamsterkäfig” nach vorne rennen. Die jungen Leute reagieren, so analysieren Soziologen, auf den sich “ständig verschärfenden Wettbewerb, aus dem es keinen Ausweg gibt” mit Stress, Burnout und Verzweiflung.
Chinas Partei reagierte ihrerseits sofort auf die ersten Anzeichen des passiven Sozialprotests. Die Zensur ließ Luos Spruch “Flachliegen ist Gerecht!” online verschwinden, löschte Gruppenchats, untersagte den boomenden Onlinehandel mit T-Shirts, Teetassen oder Handy-Schutzhüllen mit dem Spruch. Einen Monat nach Luos ersten Posts attackierten Parteimedien das “Flachliegen” als “schamlos.”
Selbst bis zu KP-Führer Xi Jinping drang das gefürchtete Jugendwort vor, der sein Ohr ganz nah am Puls der Zeit hält, wenn er sich anbahnende Krisen oder subversive Trends vermutet. In einer Rede am 17. August, verlangte er, um sein Programm für gemeinsamen Wohlstand im Sozialismus zu promoten, “alle zu ermutigen, dafür hart zu arbeiten und innovativ zu sein … und ein Umfeld zu schaffen, zu dem wir alle beitragen müssen. Involution und Flachliegen müssen wir vermeiden.” (共同富裕要靠勤劳智慧来创造….形成人人参与的发展环境,避免”内卷”、”躺平”.)
Ungeachtet solcher Interventionen hielt die Online-Begeisterung für das Flachliegen weiter an. Im November widmete die China Daily den Kontroversen um das Schlagwort eine ganze Zeitungsseite. Die Philosophie des Nichtstuns weise “eine Lebens- und Arbeitskultur zurück, die auf ständigen Wettbewerb aufgebaut ist.” Schließlich bestätigte jetzt Chinas nationales Sprachmonitoring- und Forschungszentrum (国家语言资源监测与研究中心), dass “tangping” zu den zehn 2021 am häufigsten verwendeten Online Begriffen (十大网络用语) gehört.
Chinas Parteimedien versuchen nun, der Auswahl des Wortes “tangping” einen positiven Spin zu geben. Es sei doch nur der Wunsch “ein Nickerchen im fortwährenden Kampf einzulegen. Das kurzzeitige Flachliegen ist dazu da, um neue Energie zu gewinnen und wieder zu starten.” Die nationalistische Parteizeitung Global Times kommentierte: Es stimme zwar, dass viele junge Chinesen danach lechzten, eine Atempause in unserer schnelllebigen und hoch wettbewerbsstarken Gesellschaft einzulegen.” Aber sie seien die gleiche Generation, die darauf schwören: “Wir arbeiten für die Revitalisierung der chinesischen Nation.”
Auch wenn Chinas Ideologen es nicht zugeben wollen, nach dem Motto, dass nicht sein kann, was nicht sein darf: Die Partei hat mit ihren Vorstellungen ein dickes Motivationsproblem bei Chinas Jugend.
Xing Guijun wurde zum Leiter der Zweigstelle der China Banking and Insurance Regulatory Commission (CBIRC) in Shandong ernannt. Der 47-Jährige hat einen Doktortitel und langjährige Erfahrung in der Betreuung ländlicher Finanzinstitute, so das Finanzblatt Caixin. Xing hatte erst im ersten Halbjahr 2020 die Aufsicht über städtische Geschäftsbanken und private Kreditgeber übernommen.
Rafael Suchan wurde als CEO der Chiho Environmental Group freigestellt. Es handelt sich dabei um die Muttergesellschaft des deutschen Unternehmens Scholz Recycling. Suchan war bis dahin einer von fünf Geschäftsführern der deutschen Tochter. Zu den Gründen für die Freistellung erklärte der Konzern lediglich, er untersuche derzeit eine Reihe von geplanten Transaktionen, an denen Suchan beteiligt war. Der deutsche Stahlschrottrecycler Scholz hatte zuletzt mehrere Projekte und Kooperationen zum Recycling von Altautos, Schrotten und Batterien in China vorangetrieben. Suchan hatte die Leitung von Chiho erst im März 2020 übernommen.
Kraniche am Poyang-See in Nanchang (Provinz Jiangxi). Hier sammeln sich im Winter viele Zugvogelarten aus dem Norden, die das mildere Klima zu schätzen wissen. Die großen Vögel führen auch hier ihre Tänze auf. Ihre spitzen, trompetenartigen Schreie hallen über den See.