- China wird immer mehr zum „Xi-Staat“
- Geringe Erwartungen an Gipfel von Brüssel und Peking
- USA stärkt Schlüsselindustrien
- Engpässe in Changchun
- Sinolytics.Radar: Führend beim EV-Ladenetz
- Im Portrait: CD Rev machen patriotische Rapmusik
„In der Höhe ist es ziemlich kalt“ lautet das chinesische Äquivalent zur deutschen Redewendung „Es ist einsam an der Spitze“. Das trifft auch auf Chinas Staatschef Xi Jinping zu. Der 68-Jährige hat die Volksrepublik in den letzten Jahren immer mehr in einen „Xi-Staat“ verwandelt. Ob Wirtschaft oder Diplomatie: Alle großen Entscheidungen will der Chef alleine treffen.
Seine „Xi-Jinping-Gedanken“ sind längst Teil der KP-Verfassung. Doch wer so einen Machtanspruch auf sich konzentriert, läuft Gefahr, gravierende Fehler zu machen, schreibt Christiane Kühl. Zumal Xi sich obendrein als „Werkzeug der Geschichte“ betrachtet. So was ging in besagter Geschichte, insbesondere in der chinesischen, selten gut.
Am Freitag treffen sich China und die EU das erste Mal seit zwei Jahren zu einem bilateralen Gipfel auf höchster Ebene. Bei der mehrfach verschobenen Videoschalte steht der Ukraine-Krieg ganz oben auf der Agenda. Dass Xi Jinping ausgerechnet während des Treffens einlenkt und endlich Druck auf Russland ausübt, ist höchst unwahrscheinlich, schreibt Amelie Richter, die für ihre Analyse unter anderem mit Tim Rühlig, Research Fellow bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) gesprochen hat. Dennoch ist der Gipfel richtungsgebend für EU-China-Beziehungen. Die Fronten werden danach noch klarer gezogen sein als zuvor.
Längst klare Fronten gezogen hat die patriotische Hiphop-Crew CD Rev aus Chengdu, die Chinas Jugend auf Parteilinie bringen soll. In ihren Songs verspotten die vier Rapper ausländische Journalisten und verbreiten Virus-Verschwörungstheorien. Chinas Regierung findet das so gut, dass die Band sogar auf einer Olympia-Hymne mitsingen durfte. In die internationalen Charts kommt man damit zum Glück nicht.
Fabian Peltsch

Analyse
Xis Einsamkeit an der Spitze

Christiane Kühl
Xi Jinping steht vor schweren Entscheidungen: Gibt er die Null-Covid-Politik auf oder nicht? Oder, noch wichtiger: Welche Rolle will China denn nun im Ukraine-Krieg spielen? Harte Entscheidungen für jede Regierung – aber noch schwieriger, wenn man diese ganz allein treffen muss. Doch Xi hat sich selbst in diese Lage gebracht. Seit Jahren hat sich der Staatschef unverzichtbar gemacht, indem er praktisch jedes Thema zur Chefsache erklärte, von Wirtschaftsfragen bis zur Diplomatie.
Auf dem Parteitag im Oktober will sich Xi ein drittes Mal zum Generalsekretär der KP China ernennen lassen, um dann auch nach 2023 Präsident zu bleiben. Dafür hatte er 2018 eigens die Verfassung ändern lassen. Der Parteistaat China ist zum Xi-Staat geworden. Xi lächelt von Propagandaplakaten, seine Slogans prangen überall. Er prägt das Bild des Landes und der Partei wie seit Mao kein chinesischer Parteichef mehr.
Experten halten die Transformation von Einparteienstaat zur persönlichen Herrschaft schon für weit fortgeschritten. „Nichts Wichtiges passiert in China ohne Xis Zustimmung. Und alles, was Xi möchte, geschieht mehr oder weniger genau so, wie er es will“, sagt Richard McGregor, Asien-Pazifik-Experte am Lowy Institute in Sydney. Xi sehe sich selbst als „Werkzeug der Geschichte“, der den Auftrag bekommen habe, die chinesische Nation als gleichberechtigtes Mitglied auf die Weltbühne zurückzuführen. „Das ist seine Mission, und die führt er nach seinen Überzeugungen aus.“
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