wenig symbolisiert die Zerrissenheit der Europäischen Union beim Umgang mit der Volksrepublik China besser als die Rede von Valdis Dombrovskis an der Tsinghua-Universität. Der Handelskommissar sprach viele Themen an, die den Politikern in Brüssel bitter aufstoßen – und betonte dabei parallel, dass Europa dennoch eng zusammenarbeiten möchte mit der zweitgrößten Volkswirtschaft.
Es schien so, als ringe Dombrovskis mit sich selbst und den Worten, die er wählte. Nur nichts Falsches sagen, aber zugleich klare Kante zeigen. Kritisieren, aber nicht vergraulen. Beziehungsstatus: kompliziert. Doch inzwischen muss man es den Europäern tatsächlich abnehmen, dass sie Jahrzehnte nach Chinas WTO-Eintritt einfach genug haben von unfairen chinesischen Geschäftspraktiken zum Nachteil Europas.
Wie sich dieser Frust in konkrete Politik umsetzen wird, bleibt abzuwarten. Amelie Richter hat Dombrovskis Besuch jedenfalls genau verfolgt und aufgeschrieben, wie sich der Handelskommissar künftig die Zusammenarbeit mit China vorstellt.
Auch die Philippinen können ein Lied davon singen, mit welchen unlauteren Mitteln die Volksrepublik vorgeht, wenn sie ihre nationalen Interessen durchsetzen möchte. Über die Seehoheit im Südchinesischen Meer geraten die beiden Staaten regelmäßig aneinander. Meistens weil China aller internationalen Abkommen und Gerichtsurteile zum Trotz in der Region macht, was es will. Was sich Peking dieses Mal ausgedacht hat, um die Philippinen vom umstrittenen Scarborough-Riff abzuschneiden, erklärt Michael Radunski. Die Reaktion Manilas lässt wenig Hoffnung auf Entspannung.
Als bärenstarker globaler Akteur kann sich China Rücksichtslosigkeit durchaus leisten, weil anderen Akteuren Mut und Kraft fehlen, sich zu wehren. So ist das eben in der Realpolitik. Ob es einem gefällt oder nicht. China ist niemandem etwas schuldig. Das gegenseitige Vertrauen allerdings, um das Peking international immer wieder wirbt, verkümmert so zu einer rhetorischen Luftblase.
Zwischen Schein und Sein unterscheidet künftig übrigens auch die Kreditbank für Wiederaubau (KfW). Die staatliche Entwicklungsbank stellt im kommenden Jahr die Kreditvergabe nach China ein, wie China.Table exklusiv erfuhr. Der Grund: Man könne China nicht ernsthaft abnehmen, noch Entwicklungsland zu sein, wie es Peking stets darstellt.
Die Liste der Ergebnisse nach dem Treffen zwischen EU-Handelschef Valdis Dombrovskis und Chinas Vize-Ministerpräsident He Lifeng war lang. Auch ein öffentlicher Eklat wegen der EU-Untersuchung zu Chinas mutmaßlichen Subventionen auf E-Autos blieb aus. Wie die Atmosphäre beim ersten persönlich abgehaltenen EU-China-Handelsdialog wirklich war, ließ sich an den Gesichtern von Dombrovskis und He allerdings nur schwer ablesen.
Beide trugen am Donnerstag unaufgeregt ihre Punkte vor der Presse in der chinesischen Hauptstadt vor. Der Lette Dombrovskis betonte vorab, wie wichtig ihm der persönliche Austausch vor Ort sei. Neben He hatte er Handelsminister Wang Wentao, Finanzminister Liu Kun sowie Pan Gongsheng, den neuen Gouverneur der chinesischen Volksbank, getroffen.
Die EU und China verständigten sich beim 10. Handelsdialog unter anderem auf mehrere gemeinsame Arbeitsgruppen und ein mögliches Rohstoff-Frühwarnsystem. Die wichtigsten Punkte und Aussagen im Überblick:
Die anstehende Überprüfung hatte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union angekündigt. Sie stand vor Dombrovskis Besuch in Peking als aktuell größter Konfliktpunkt mit Peking im Raum.
Der EU-Handelskommissar sprach die Untersuchung nicht direkt bei seinem Besuch an – er zeigte aber klare Kante in verschiedenen Ansprachen, so auch bei einer Rede in der Tsinghua-Universität, der Alma mater von Chinas Staatschef Xi Jinping, am Montagmorgen: “Wir sind uns bewusst, dass die Welt China braucht, aber China muss auch erkennen, dass der Mangel an Gegenseitigkeit und gleichen Wettbewerbsbedingungen seitens Chinas, gepaart mit umfassenderen geopolitischen Veränderungen, Europa gezwungen hat, selbstbewusster zu werden”, sagte Dombrovskis. Er hielt seine gut 20-minütigen Rede vor Studenten und Lehrpersonal. “Wir haben Chinas Bedenken bezüglich der Pläne für wirtschaftliche Sicherheit der EU gehört.”
Dombrovskis hatte vor dem Treffen auch die Vertretung der EU-Handelskammer in Peking besucht. Die Kammer hatte in der vergangenen Woche ein ernüchterndes Positionspapier vorlegt, und sich ein Machtwort von Dombrovskis erhofft. “Wir haben Bedenken hinsichtlich des Geschäftsumfelds in China besprochen”, schrieb der EU-Handelskommissar nach dem Treffen auf X, vormals Twitter. Eine Lösung der Bedenken liege im Interesse der EU und Chinas.
Dombrovskis Visite ist nicht der einzige Besuch aus Brüssel: EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius befindet sich derzeit ebenfalls in China. Er traf am Montag seinen chinesischen Amtskollegen Huang Runqiu und den für Wasser-Ressourcen zuständigen Minister, Li Guoying. Beim 9. Minister-Dialog zur Umweltpolitik sei der “Grundstein unserer globalen Zusammenarbeit” gelegt worden, schrieb Sinkevičius auf X. Der Dialog sei für den Austausch zu biologischer Vielfalt, Abfallwirtschaft und Kontrolle von Umweltverschmutzung unerlässlich, so der EU-Kommissar. Sinkevičius hatte bereits am Wochenende beim Blue Partnership Forum for the Ocean in Shenzhen gesprochen und die gemeinsame Verantwortung Chinas und der EU für die Ozeane betont.
Auch in den kommenden Wochen werden EU-Spitzenpolitiker in die chinesische Hauptstadt reisen. Energiekommissarin Kadri Simson wird kommende Woche erwartet, EU-Spitzendiplomat Josep Borrell soll dann im nächsten Monat zu Besuch kommen.
Pekings neueste Waffen im Streit um das Südchinesische Meer kommt vergleichsweise schlicht daher: schwimmende weiße Plastikkugeln. Aufgereiht an einem Seil zu einer rund 300 Meter langen Kette bilden sie eine schwimmende Barriere – und sollen die Philippinen endgültig vom umstrittenen Scarborough-Riff abschneiden.
Entsprechend besorgt äußerte sich die philippinische Küstenwache am Montag. “Wir verurteilen die Installation schwimmender Barrieren durch die chinesische Küstenwache“, sagte der nationale Sicherheitsberater Eduardo Año in einer Erklärung. Die Barriere stelle eine Gefahr für die Schifffahrt dar und sei ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht. Das Scarborough-Riff sei “integraler Bestandteil des philippinischen Staatsgebiets”. Die Absperrung sei am Freitag bei einer Routinepatrouille im Bajo de Masinloc entdeckt worden.
Chinas Außenministerium erwähnte die schwimmende Barriere nicht direkt, verteidigte jedoch am Montag das Vorgehen seiner Küstenwache als “notwendige Maßnahme“, nachdem am Freitag ein Fischereifahrzeug der philippinischen Behörde in seine Gewässer “eingedrungen” war.
Der Streit um das strategisch wichtige und ressourcenreiche Riff ist ein Spiegelbild der Beziehungen zwischen China und den Philippinen. Obwohl das Atoll deutlich näher an der philippinischen Küste liegt, erheben beide Staaten Anspruch darauf. 2012 beschlagnahmte China das Riff. Wenige Monate rief die Regierung der Philippinen den Ständigen Schiedshof in Den Haag an, um die Territorialansprüche zwischen China und den Philippinen zu klären.
Das Südchinesische Meer ist geostrategisch eine der wichtigsten Regionen der Welt: Rund ein Drittel des gesamten Welthandels wird hier verschifft, zudem ist das Gebiet reich an Rohstoffen. Wer hier die Kontrolle hat, ist in einer überaus mächtigen Position. Deshalb erheben sämtliche Anrainerstaaten miteinander konkurrierende Ansprüche. China besteht mit seiner “Neun-Striche-Linie” auf mehr als 80 Prozent des 3,5 Millionen Quadratkilometer großen Gebiets.
Als sich die Beziehungen zwischen China und den Philippinen unter dem ehemaligen Präsidenten Rodrigo Duterte verbesserten, ermöglichte China es den Philippinen wieder, in der Nähe des Riffs zu fischen. Doch es folgten zwei Rückschläge für den chinesisch-philippinischen Honeymoon: das Urteil aus Den Haag und die Wahl von Ferdinand Marcos Jr. zum Präsident der Philippinen.
2016 entschied das Schiedsgericht zugunsten der Philippinen. Zudem stellten die Richter fest, dass China keine Rechtsgrundlage habe, um historische Rechte auf den Großteil des Südchinesischen Meeres zu beanspruchen. Im Falle des Scarborough-Riffs hielt man fest: Die Fischgründe des Atolls würden traditionell von mehreren Ländern genutzt. Weder China noch die Philippinen dürften andere dort vom Fischen abhalten. Die Regierung der Philippinen begrüßte das Urteil, Peking hingegen fühlt sich nicht an den Schiedsspruch gebunden.
Zudem sucht der aktuelle philippinische Präsident wieder deutlich mehr die Nähe zu den USA. Ferdinand Marcos Jr. will die alte Partnerschaft zu Washington wieder stärken. So haben die Philippinen in den vergangenen Monaten den USA Zugang zu wichtigen Militärstützpunkten gewährt, die größten gemeinsamen Militärübungen der beiden Länder aller Zeiten ausgerichtet und wiederholt Pekings Aggression im Südchinesischen Meer angeprangert.
Entsprechend forsch fällt die Reaktion aus Peking aus. Chinesische Schiffe haben in den vergangenen Monaten Wasserwerfer und Laser eingesetzt, um die philippinische Schiffe abzudrängen. “China hat eine Küstenwache geschaffen, mit dem Auftrag, die chinesische Kontrolle im Südchinesischen Meer auszuweiten. Das alles basiert auf einer verzerrten historischen Erzählung, die wenig mit den Beweisen zu tun hat”, sagte Bill Hayton, der Autor von “The South China Sea: The Struggle for Power in Asia” gegenüber der britische Zeitung Guardian.
Auch am Montag war Chinas Küstenwache wieder im Einsatz. Man habe in Übereinstimmung mit dem Gesetz die notwendigen Maßnahmen ergriffen, um ein Schiff der Philippinen in einem umstrittenen Gebiet im Südchinesischen Meer abzuwehren, teilte das chinesische Außenministerium am Montag mit.
Die Behörden der Philippinen wollen sich Pekings aggressives Verhalten jedenfalls nicht länger gefallen lassen. Allerdings ließ sich deutlich erkennen, welch Schwierigkeiten auch eine schlichte chinesische Bojen-Kette verursachen kann. “Wir müssen sehr vorsichtig sein, damit wir keinen diplomatischen Fehltritt begehen”, sagte ein Sprecher der philippinischen Küstenwache am Montag auf die Frage, ob die Küstenwache vorhabe, die Barriere zu entfernen. Die Behörden in Manila wissen nur zu gut um das ungleiche Kraftverhältnis zwischen China und den Philippinen.
Am Montagabend dann der Durchbruch – im wahrsten Sinne des Wortes: Die philippinische Küstenwache hat die schwimmende Absperrung auf Geheiß von Präsident Ferdinand Marcos Jr. mit einer Spezialeinheit im Südchinesischen Meer entfernt.
Um den großen Konflikt mit China zu vermeiden, sich aber dennoch wehren zu können, will Manila künftig seine Fischer in die Pflicht nehmen – und sie darin ausbilden, ihre Gründe auf See selbständig zu schützen.
So verständlich das Vorhaben sein mag, so gefährlich ist es. Schließlich heizt Manila damit den Konflikt weiter an. So heißt es vom Sprecher der Küstenwache, dass die Rechtfertigung und Entschuldigung des “aggressiven Verhaltens Chinas” durch einen Filipino unpatriotisch und als Verrat an den Philippinen und dem eigenen Volk einzustufen sei.
Ab 2024 gibt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) keine Kredite mehr an China. Das erfuhr China.Table exklusiv aus Kreisen des chinesischen Finanzministeriums. Gisela Hammerschmidt, die Unterabteilungsleiterin Asien im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), habe ihre Counterparts in Peking persönlich darüber informiert.
Allein im Zeitraum von 2013 bis 2020 hat die KfW insgesamt 90 Förderkredite mit einem Gesamtvolumen von fast 3,1 Milliarden Euro für Projekte in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz, Berufsbildung und Gesundheit vergeben. Hierbei handelte es sich um sogenannte Förderkredite, international finanzierte Kredite, die mit Zinsen zurückgezahlt werden müssen. Die KfW bekommt aufgrund ihres guten Rufs auf dem internationalen Kapitalmarkt zu günstigeren Zinsen Kredite als die einzelnen Unternehmen. Davon profitierten sowohl die Unternehmen als auch die KfW.
Die treibenden Kräfte für den Ausstieg der KfW aus dieser Entwicklungsförderung sind das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und das Auswärtige Amt. Beide Ministerien werden von Grünen-Politikern geleitet: Annalena Baerbock und Robert Habeck. Zur Begründung heißt es, das Chinageschäft der KfW sei mit “Chinas faktischem Status als Industrieland” unvereinbar. fs
Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat sich gegen Schutzzölle auf chinesische Elektroautos ausgesprochen. Der Augsburger Allgemeinen Zeitung sagte er: “Ich halte grundsätzlich nicht viel davon, Marktbarrieren aufzubauen.” Wissing begründet seine Skepsis mit der Sorge vor einer Kettenreaktion. “Heute werden die Autos abgeschottet, morgen die Chemieprodukte, und jeder Einzelschritt für sich macht die Welt ärmer”, sagte der FDP-Politiker.
Wissing reagierte damit auf die Ankündigung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die eine Untersuchung gegen chinesische Hersteller vorgeschlagen hatte. “Wir haben nicht vergessen, wie sich Chinas unfaire Handelspraktiken auf unsere Solarindustrie ausgewirkt haben”, hatte von der Leyen gesagt. Jetzt gibt es Vermutungen, dass auch die Produzenten von E-Autos aus der Volksrepublik unfaire staatliche Subventionen und dadurch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber europäischen Mitbewerbern erhalten. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck dagegen hatte die Ankündigung begrüßt. grz
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat die deutsche Regierung aufgefordert, mit China über dessen Anti-Spionage-Gesetz zu verhandeln. Berlin solle Peking dazu drängen, die Vertraulichkeit von Geschäftsinformationen zu respektieren, heißt es in einem neuen Positionspapier. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.
In dem Papier begrüße der Verband, dass die deutsche Regierung eine “Entkopplung” von China zugunsten des Konzepts des “De-Risking” abgelehnt habe. In Bezug auf Chinas Anti-Spionage-Gesetz heißt es jedoch kritisch: “Wir glauben, dass die Regierung die Pflicht hat, sich auch in Peking für die Vertraulichkeit von Geschäftsdaten einzusetzen, sich mit der Frage der Auswirkungen des Gesetzes auseinanderzusetzen und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen.”
Das achtseitige VDA-Papier gilt als Reaktion auf die im Juli veröffentlichte China-Strategie der Bundesregierung. Der VDA gehört zu den einflussreichsten Interessenverbänden in der Bundesrepublik und vertritt mehr als 650 Mitgliedsunternehmen, darunter Branchenriesen wie BMW oder Volkswagen, aber auch viel kleinere Zulieferbetriebe. rad
Der Chemnitzer Hersteller von Rundstrickmaschinen, Terrot, hat rund sechs Monate nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens einen neuen Besitzer aus China. Die Santoni Shanghai Knitting Machinery Co. übernimmt das Traditionsunternehmen, das ursprünglich aus Baden-Württemberg stammt und inzwischen in Sachsen beheimatet ist. Santoni Shanghai ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Santoni Spa in Mailand und befindet sich komplett in italienischem Familienbesitz. Die Übernahme wurde Mitte September vereinbart.
Terrot ist erst kürzlich im Schutzschirmverfahren saniert worden und konnte rund 170 Arbeitsplätze erhalten. Das Unternehmen war besonders auch wegen Drucks durch asiatische Konkurrenz in die Schieflage gelangt.
Santoni teilte in einer Pressemitteilung mit, die neue Partnerschaft mit Terrot helfe dabei, die eigenen strategischen Ziele – Innovation, Nachhaltigkeit und Digitalisierung – zu erreichen. Firmenchef Gianpietro Belotti sprach von einem “unmittelbaren und außerordentlichen Impuls” für sein Unternehmen. Mit der Übernahme durch Santoni schlage man ein neues Kapitel in der rund 160-jährigen Firmengeschichte auf, hieß es. grz
Dem Vorsitzenden der Hongkonger Journalistenvereinigung droht eine mehrjährige Haftstrafe. Ronson Chan wurde am Montag vom Magistratsgericht in West Kowloon schuldig gesprochen, eine Polizistin bei der Ausübung ihres Amtes behindert zu haben. Die Richterin sah es als erwiesen an, dass sich der frühere Reporter des inzwischen eingestellten oppositionellen Onlinemediums Stand News trotz wiederholter Aufforderung durch die Beamtin nicht ausgewiesen hatte. Das genaue Strafmaß wird erst später bekannt gegeben. Das Gericht kann bis zu zwei Jahre Haft verhängen.
Bei dem Vorfall im September vergangenen Jahres war Chan wegen angeblich “verdächtigen Benehmens” von der Beamtin aufgefordert worden, seinen Ausweis zu zeigen. Chan erklärte vor Gericht, er habe lediglich kurz gezögert. In einem vergleichbaren Fall, einige Jahre zuvor, sei sein Ausweisdokument in die Kamera eines Livestreamers gehalten worden und für Tausende Online-Zuschauer sichtbar gewesen.
Die Verteidigung warf der Polizistin vor, den Vorgang verzerrt und zuungunsten ihres Mandanten wiedergegeben zu haben. Der angebliche verbale Austausch, den die Beamtin vor Gericht bezeugte, hätte mindestens 24 Sekunden in Anspruch genommen. Bildmaterial von dem Vorfall belegte jedoch eine Länge von lediglich 15 Sekunden. grz
Chinas Social-Media-Plattformen sind ein Universum für sich. Selten findet ein Influencer oder eine Influencerin den Weg aus dieser Parallelwelt auf eine globale Bühne. Eine, die es trotz Sprachbarrieren und kultureller Unterschiede dennoch geschafft hat, ist Li Ziqi 李子柒. Die junge Frau aus Sichuan hat auf Youtube 17,7 Millionen Follower – kein anderer chinesischsprachiger Kanal kam jemals auf solche Zahlen, meldet sogar das Guinness Buch der Rekorde.
Die 33-Jährige ist eine sogenannte Rural Influencerin. Im Mittelpunkt ihrer durchschnittlich fünfminütigen Videos steht das Leben auf dem Land oder besser gesagt: das Leben in einer idealisierten Landidylle. Perfekt ausgeleuchtet und begleitet von Vogelgezwitscher und perlendem Piano pflanzt, erntet und kocht sich die junge Frau durch die Tage. Mal sichelt sie Pilze in selbst geflochtene Bastkörbe, mal presst sie aus selbst gezogenem Soja Tofu nach traditionellem Rezept – und das ganz ohne Schweiß, Muskelkater oder Mückenstiche.
Der heimliche Star ihrer Videos ist jedoch die bergige Landschaft Nord-Sichuans. Von Tau benetzter Lotus, hölzerne Pagoden an nebligen Hängen und Sonnenstrahlen, die durchs Küchenfenster fallen, als hätte Jan Vermeer seine Genre-Szenen nicht im barocken Holland, sondern im China der Ming-Dynastie gemalt. Man nennt diese sedierende Durchästhetisierung des Landlebens auch “Cottage-Core”. In der Pandemie erlebte das Genre einen Höhepunkt. Während vielerorts die Städte zu Spaß-Wüsten dichtgemacht wurden, projizierten viele Menschen ihre Sehnsüchte auf die einst so verhasste Pampa.
Li Ziqi wurde in diesen Fantasien zu einer Art Henry Thoreau fürs Instagram-und Hygge-Zeitalter. Und das vor allem auch in China selbst. Dort folgen ihr allein auf Weibo 20 Millionen Menschen. Vor allem junge Chinesen sahen in ihren Videos eine andere Art von chinesischem Traum, der nichts mit Burn-out und der Ellbogengesellschaft in Metropolen wie Shanghai und Shenzhen zu tun hatte. Gleichzeitig fügte sich die bukolische Inszenierung des Landlebens gut in Xi Jinpings Kampagne der ländlichen Revitalisierung, die nicht zuletzt auch gut ausgebildete Städter in kleinere Städte und Dörfer locken sollte. Nicht wenige ließen sich tatsächlich von Li Ziqi inspirieren und wagten vor allem während der Pandemie die Stadtflucht.
Schon bald wurde Li Ziqi zur neuen Soft-Power-Hoffnung Chinas, die sich nicht dem Westen anbiederte, aber dort trotzdem mit chinesischer Kultur Erfolge feierte. Die Provinzhauptstadt von Sichuan, Chengdu, ernannte Li zur offiziellen Botschafterin des immateriellen Kulturerbes der Region. 2018 unterzeichnete sie zudem einen Werbevertrag mit einem Lebensmittelunternehmen, das von Pekings berühmtem Palastmuseum lizenziert wurde. Ein Ritterschlag für das Scheidungskind aus einfachen Verhältnissen, das hauptsächlich bei den Großeltern aufwuchs, wie sie in Interviews mit chinesischen Medien erklärte.
Auch finanziell lohnte sich die Sache für Li. Zusammen mit Hangzhou Weinian, einer Agentur für Online-Content, fand die Influencerin, die sich früher einmal als Musikerin versucht hatte, ein professionelles Management. Zusammen eröffneten sie unter anderem einen erfolgreichen Shoppingkanal auf der E-Commerce-Plattform Tmall. Dort konnte man beispielsweise die Messer kaufen, mit denen Li Kräuter hackte oder die Kleidung, die bei ihren anmutigen Koch-Zeremonien stets fleckenfrei zu bleiben schien.
Doch dann, im Juli 2021, war nach 128 Videos plötzlich Schluss. Li Ziqi postete keinen Content mehr und verschwand auch sonst von der Bildfläche. Hatte sie etwa ihren Kritikern nachgegeben, die behaupteten, sie verschweige in ihren Videos die Armut auf dem Land? Oder vielleicht jenen, die kritisierten, sie porträtiere China als zu rückständig? Oder standen, wie so oft, politische Gründe dahinter, vielleicht sogar ein Korruptionsskandal?
Wie sich herausstellte, hatte Li sich wohl einfach mit den falschen Partnern eingelassen. Weinian war als Agentur zwar mitverantwortlich dafür, Lis Videos auch im Ausland bekannt zu machen, die Firma sicherte sich aber auch eine Mehrheitsbeteiligung am gemeinsam gegründeten Joint Venture “Sichuan Li Ziqi Culture Communication” von mehr als 50 Prozent. Dadurch konnte das Management mehr und mehr die Kontrolle übernehmen. Die Videos wurden didaktischer. Manche sagen: politisch korrekter, inklusive nebenbei einsickernder Partei-Botschaften. Auch störte Li sich angeblich an der übertriebenen Kommerzialisierung ihrer Videos, ohne dabei einen fairen Anteil zu erhalten.
In den Jahren 2021 und 2022 verklagten sich die beiden Parteien insgesamt fünfmal gegenseitig, bis sie sich schließlich im Rahmen eines Vermittlungsverfahrens im Frühjahr des vergangenen Jahres einigten. Die Beteiligung von Li an “Sichuan Culture Communication” stieg auf neunundneunzig Prozent. Dennoch postete die junge Influencerin über zwei Jahre keine neuen Videos mehr. Bis vor elf Tagen. Am 15. September erschien plötzlich ein Lebenszeichen von Li. In einem Clip, der sofort tausendfach geteilt wurde, sieht man sie in einem Obstgarten stehen. Mit gewohnt sanftem Blick erklärt der Social-Media-Star dort, bald wieder “Qualitäts-Content über die bäuerliche Kultur Chinas und Geschichten über die Provinz” zu produzieren, und junge Menschen zu ermutigen, das Landleben zu entdecken.
Die Nachricht von Lis Rückkehr ins Rampenlicht verbreitete sich rasend schnell, wobei sich viele Kommentare vor allem auf ihr verändertes Aussehen konzentrierten. Ihre Augen und ihr Kinn hätten sich verändert, schrieben Nutzer zwischen Häme und Überraschung. Sie erkannten vielleicht zum ersten Mal, dass auch bei der Schönheit der Natur, die sie in Lis Videos so bewunderten, nur der Schein getrügt hatte. Dabei hatte die Influencerin daraus nie einen Hehl gemacht. Man musste schon blind sein, um ihren Traum eines chinesischen Garten Eden für bare Münze zu nehmen. Fabian Peltsch
LH Koh hat die alleinige Verantwortung für die Sparte Global Family and Institutional Wealth (GFIW) for Asia-Pacific bei der Schweizer UBS übernommen. Der Banker aus Singapur war seit 2020 Teil eines Führungsteams, dessen Leitung er nun übernommen hat. Koh arbeitet seit 2010 bei der UBS.
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Bei den Asienspielen in Hangzhou wurden am vergangenen Wochenende die ersten Medaillen vergeben. Im Park-Skateboarding teilten sich die Chinesen und Japaner das Edelmetall zu gleichen Teilen auf. Mao Jaisi gewann im Frauen-Wettbewerb Bronze für die Volksrepublik.
wenig symbolisiert die Zerrissenheit der Europäischen Union beim Umgang mit der Volksrepublik China besser als die Rede von Valdis Dombrovskis an der Tsinghua-Universität. Der Handelskommissar sprach viele Themen an, die den Politikern in Brüssel bitter aufstoßen – und betonte dabei parallel, dass Europa dennoch eng zusammenarbeiten möchte mit der zweitgrößten Volkswirtschaft.
Es schien so, als ringe Dombrovskis mit sich selbst und den Worten, die er wählte. Nur nichts Falsches sagen, aber zugleich klare Kante zeigen. Kritisieren, aber nicht vergraulen. Beziehungsstatus: kompliziert. Doch inzwischen muss man es den Europäern tatsächlich abnehmen, dass sie Jahrzehnte nach Chinas WTO-Eintritt einfach genug haben von unfairen chinesischen Geschäftspraktiken zum Nachteil Europas.
Wie sich dieser Frust in konkrete Politik umsetzen wird, bleibt abzuwarten. Amelie Richter hat Dombrovskis Besuch jedenfalls genau verfolgt und aufgeschrieben, wie sich der Handelskommissar künftig die Zusammenarbeit mit China vorstellt.
Auch die Philippinen können ein Lied davon singen, mit welchen unlauteren Mitteln die Volksrepublik vorgeht, wenn sie ihre nationalen Interessen durchsetzen möchte. Über die Seehoheit im Südchinesischen Meer geraten die beiden Staaten regelmäßig aneinander. Meistens weil China aller internationalen Abkommen und Gerichtsurteile zum Trotz in der Region macht, was es will. Was sich Peking dieses Mal ausgedacht hat, um die Philippinen vom umstrittenen Scarborough-Riff abzuschneiden, erklärt Michael Radunski. Die Reaktion Manilas lässt wenig Hoffnung auf Entspannung.
Als bärenstarker globaler Akteur kann sich China Rücksichtslosigkeit durchaus leisten, weil anderen Akteuren Mut und Kraft fehlen, sich zu wehren. So ist das eben in der Realpolitik. Ob es einem gefällt oder nicht. China ist niemandem etwas schuldig. Das gegenseitige Vertrauen allerdings, um das Peking international immer wieder wirbt, verkümmert so zu einer rhetorischen Luftblase.
Zwischen Schein und Sein unterscheidet künftig übrigens auch die Kreditbank für Wiederaubau (KfW). Die staatliche Entwicklungsbank stellt im kommenden Jahr die Kreditvergabe nach China ein, wie China.Table exklusiv erfuhr. Der Grund: Man könne China nicht ernsthaft abnehmen, noch Entwicklungsland zu sein, wie es Peking stets darstellt.
Die Liste der Ergebnisse nach dem Treffen zwischen EU-Handelschef Valdis Dombrovskis und Chinas Vize-Ministerpräsident He Lifeng war lang. Auch ein öffentlicher Eklat wegen der EU-Untersuchung zu Chinas mutmaßlichen Subventionen auf E-Autos blieb aus. Wie die Atmosphäre beim ersten persönlich abgehaltenen EU-China-Handelsdialog wirklich war, ließ sich an den Gesichtern von Dombrovskis und He allerdings nur schwer ablesen.
Beide trugen am Donnerstag unaufgeregt ihre Punkte vor der Presse in der chinesischen Hauptstadt vor. Der Lette Dombrovskis betonte vorab, wie wichtig ihm der persönliche Austausch vor Ort sei. Neben He hatte er Handelsminister Wang Wentao, Finanzminister Liu Kun sowie Pan Gongsheng, den neuen Gouverneur der chinesischen Volksbank, getroffen.
Die EU und China verständigten sich beim 10. Handelsdialog unter anderem auf mehrere gemeinsame Arbeitsgruppen und ein mögliches Rohstoff-Frühwarnsystem. Die wichtigsten Punkte und Aussagen im Überblick:
Die anstehende Überprüfung hatte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union angekündigt. Sie stand vor Dombrovskis Besuch in Peking als aktuell größter Konfliktpunkt mit Peking im Raum.
Der EU-Handelskommissar sprach die Untersuchung nicht direkt bei seinem Besuch an – er zeigte aber klare Kante in verschiedenen Ansprachen, so auch bei einer Rede in der Tsinghua-Universität, der Alma mater von Chinas Staatschef Xi Jinping, am Montagmorgen: “Wir sind uns bewusst, dass die Welt China braucht, aber China muss auch erkennen, dass der Mangel an Gegenseitigkeit und gleichen Wettbewerbsbedingungen seitens Chinas, gepaart mit umfassenderen geopolitischen Veränderungen, Europa gezwungen hat, selbstbewusster zu werden”, sagte Dombrovskis. Er hielt seine gut 20-minütigen Rede vor Studenten und Lehrpersonal. “Wir haben Chinas Bedenken bezüglich der Pläne für wirtschaftliche Sicherheit der EU gehört.”
Dombrovskis hatte vor dem Treffen auch die Vertretung der EU-Handelskammer in Peking besucht. Die Kammer hatte in der vergangenen Woche ein ernüchterndes Positionspapier vorlegt, und sich ein Machtwort von Dombrovskis erhofft. “Wir haben Bedenken hinsichtlich des Geschäftsumfelds in China besprochen”, schrieb der EU-Handelskommissar nach dem Treffen auf X, vormals Twitter. Eine Lösung der Bedenken liege im Interesse der EU und Chinas.
Dombrovskis Visite ist nicht der einzige Besuch aus Brüssel: EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius befindet sich derzeit ebenfalls in China. Er traf am Montag seinen chinesischen Amtskollegen Huang Runqiu und den für Wasser-Ressourcen zuständigen Minister, Li Guoying. Beim 9. Minister-Dialog zur Umweltpolitik sei der “Grundstein unserer globalen Zusammenarbeit” gelegt worden, schrieb Sinkevičius auf X. Der Dialog sei für den Austausch zu biologischer Vielfalt, Abfallwirtschaft und Kontrolle von Umweltverschmutzung unerlässlich, so der EU-Kommissar. Sinkevičius hatte bereits am Wochenende beim Blue Partnership Forum for the Ocean in Shenzhen gesprochen und die gemeinsame Verantwortung Chinas und der EU für die Ozeane betont.
Auch in den kommenden Wochen werden EU-Spitzenpolitiker in die chinesische Hauptstadt reisen. Energiekommissarin Kadri Simson wird kommende Woche erwartet, EU-Spitzendiplomat Josep Borrell soll dann im nächsten Monat zu Besuch kommen.
Pekings neueste Waffen im Streit um das Südchinesische Meer kommt vergleichsweise schlicht daher: schwimmende weiße Plastikkugeln. Aufgereiht an einem Seil zu einer rund 300 Meter langen Kette bilden sie eine schwimmende Barriere – und sollen die Philippinen endgültig vom umstrittenen Scarborough-Riff abschneiden.
Entsprechend besorgt äußerte sich die philippinische Küstenwache am Montag. “Wir verurteilen die Installation schwimmender Barrieren durch die chinesische Küstenwache“, sagte der nationale Sicherheitsberater Eduardo Año in einer Erklärung. Die Barriere stelle eine Gefahr für die Schifffahrt dar und sei ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht. Das Scarborough-Riff sei “integraler Bestandteil des philippinischen Staatsgebiets”. Die Absperrung sei am Freitag bei einer Routinepatrouille im Bajo de Masinloc entdeckt worden.
Chinas Außenministerium erwähnte die schwimmende Barriere nicht direkt, verteidigte jedoch am Montag das Vorgehen seiner Küstenwache als “notwendige Maßnahme“, nachdem am Freitag ein Fischereifahrzeug der philippinischen Behörde in seine Gewässer “eingedrungen” war.
Der Streit um das strategisch wichtige und ressourcenreiche Riff ist ein Spiegelbild der Beziehungen zwischen China und den Philippinen. Obwohl das Atoll deutlich näher an der philippinischen Küste liegt, erheben beide Staaten Anspruch darauf. 2012 beschlagnahmte China das Riff. Wenige Monate rief die Regierung der Philippinen den Ständigen Schiedshof in Den Haag an, um die Territorialansprüche zwischen China und den Philippinen zu klären.
Das Südchinesische Meer ist geostrategisch eine der wichtigsten Regionen der Welt: Rund ein Drittel des gesamten Welthandels wird hier verschifft, zudem ist das Gebiet reich an Rohstoffen. Wer hier die Kontrolle hat, ist in einer überaus mächtigen Position. Deshalb erheben sämtliche Anrainerstaaten miteinander konkurrierende Ansprüche. China besteht mit seiner “Neun-Striche-Linie” auf mehr als 80 Prozent des 3,5 Millionen Quadratkilometer großen Gebiets.
Als sich die Beziehungen zwischen China und den Philippinen unter dem ehemaligen Präsidenten Rodrigo Duterte verbesserten, ermöglichte China es den Philippinen wieder, in der Nähe des Riffs zu fischen. Doch es folgten zwei Rückschläge für den chinesisch-philippinischen Honeymoon: das Urteil aus Den Haag und die Wahl von Ferdinand Marcos Jr. zum Präsident der Philippinen.
2016 entschied das Schiedsgericht zugunsten der Philippinen. Zudem stellten die Richter fest, dass China keine Rechtsgrundlage habe, um historische Rechte auf den Großteil des Südchinesischen Meeres zu beanspruchen. Im Falle des Scarborough-Riffs hielt man fest: Die Fischgründe des Atolls würden traditionell von mehreren Ländern genutzt. Weder China noch die Philippinen dürften andere dort vom Fischen abhalten. Die Regierung der Philippinen begrüßte das Urteil, Peking hingegen fühlt sich nicht an den Schiedsspruch gebunden.
Zudem sucht der aktuelle philippinische Präsident wieder deutlich mehr die Nähe zu den USA. Ferdinand Marcos Jr. will die alte Partnerschaft zu Washington wieder stärken. So haben die Philippinen in den vergangenen Monaten den USA Zugang zu wichtigen Militärstützpunkten gewährt, die größten gemeinsamen Militärübungen der beiden Länder aller Zeiten ausgerichtet und wiederholt Pekings Aggression im Südchinesischen Meer angeprangert.
Entsprechend forsch fällt die Reaktion aus Peking aus. Chinesische Schiffe haben in den vergangenen Monaten Wasserwerfer und Laser eingesetzt, um die philippinische Schiffe abzudrängen. “China hat eine Küstenwache geschaffen, mit dem Auftrag, die chinesische Kontrolle im Südchinesischen Meer auszuweiten. Das alles basiert auf einer verzerrten historischen Erzählung, die wenig mit den Beweisen zu tun hat”, sagte Bill Hayton, der Autor von “The South China Sea: The Struggle for Power in Asia” gegenüber der britische Zeitung Guardian.
Auch am Montag war Chinas Küstenwache wieder im Einsatz. Man habe in Übereinstimmung mit dem Gesetz die notwendigen Maßnahmen ergriffen, um ein Schiff der Philippinen in einem umstrittenen Gebiet im Südchinesischen Meer abzuwehren, teilte das chinesische Außenministerium am Montag mit.
Die Behörden der Philippinen wollen sich Pekings aggressives Verhalten jedenfalls nicht länger gefallen lassen. Allerdings ließ sich deutlich erkennen, welch Schwierigkeiten auch eine schlichte chinesische Bojen-Kette verursachen kann. “Wir müssen sehr vorsichtig sein, damit wir keinen diplomatischen Fehltritt begehen”, sagte ein Sprecher der philippinischen Küstenwache am Montag auf die Frage, ob die Küstenwache vorhabe, die Barriere zu entfernen. Die Behörden in Manila wissen nur zu gut um das ungleiche Kraftverhältnis zwischen China und den Philippinen.
Am Montagabend dann der Durchbruch – im wahrsten Sinne des Wortes: Die philippinische Küstenwache hat die schwimmende Absperrung auf Geheiß von Präsident Ferdinand Marcos Jr. mit einer Spezialeinheit im Südchinesischen Meer entfernt.
Um den großen Konflikt mit China zu vermeiden, sich aber dennoch wehren zu können, will Manila künftig seine Fischer in die Pflicht nehmen – und sie darin ausbilden, ihre Gründe auf See selbständig zu schützen.
So verständlich das Vorhaben sein mag, so gefährlich ist es. Schließlich heizt Manila damit den Konflikt weiter an. So heißt es vom Sprecher der Küstenwache, dass die Rechtfertigung und Entschuldigung des “aggressiven Verhaltens Chinas” durch einen Filipino unpatriotisch und als Verrat an den Philippinen und dem eigenen Volk einzustufen sei.
Ab 2024 gibt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) keine Kredite mehr an China. Das erfuhr China.Table exklusiv aus Kreisen des chinesischen Finanzministeriums. Gisela Hammerschmidt, die Unterabteilungsleiterin Asien im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), habe ihre Counterparts in Peking persönlich darüber informiert.
Allein im Zeitraum von 2013 bis 2020 hat die KfW insgesamt 90 Förderkredite mit einem Gesamtvolumen von fast 3,1 Milliarden Euro für Projekte in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz, Berufsbildung und Gesundheit vergeben. Hierbei handelte es sich um sogenannte Förderkredite, international finanzierte Kredite, die mit Zinsen zurückgezahlt werden müssen. Die KfW bekommt aufgrund ihres guten Rufs auf dem internationalen Kapitalmarkt zu günstigeren Zinsen Kredite als die einzelnen Unternehmen. Davon profitierten sowohl die Unternehmen als auch die KfW.
Die treibenden Kräfte für den Ausstieg der KfW aus dieser Entwicklungsförderung sind das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und das Auswärtige Amt. Beide Ministerien werden von Grünen-Politikern geleitet: Annalena Baerbock und Robert Habeck. Zur Begründung heißt es, das Chinageschäft der KfW sei mit “Chinas faktischem Status als Industrieland” unvereinbar. fs
Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat sich gegen Schutzzölle auf chinesische Elektroautos ausgesprochen. Der Augsburger Allgemeinen Zeitung sagte er: “Ich halte grundsätzlich nicht viel davon, Marktbarrieren aufzubauen.” Wissing begründet seine Skepsis mit der Sorge vor einer Kettenreaktion. “Heute werden die Autos abgeschottet, morgen die Chemieprodukte, und jeder Einzelschritt für sich macht die Welt ärmer”, sagte der FDP-Politiker.
Wissing reagierte damit auf die Ankündigung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die eine Untersuchung gegen chinesische Hersteller vorgeschlagen hatte. “Wir haben nicht vergessen, wie sich Chinas unfaire Handelspraktiken auf unsere Solarindustrie ausgewirkt haben”, hatte von der Leyen gesagt. Jetzt gibt es Vermutungen, dass auch die Produzenten von E-Autos aus der Volksrepublik unfaire staatliche Subventionen und dadurch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber europäischen Mitbewerbern erhalten. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck dagegen hatte die Ankündigung begrüßt. grz
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat die deutsche Regierung aufgefordert, mit China über dessen Anti-Spionage-Gesetz zu verhandeln. Berlin solle Peking dazu drängen, die Vertraulichkeit von Geschäftsinformationen zu respektieren, heißt es in einem neuen Positionspapier. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.
In dem Papier begrüße der Verband, dass die deutsche Regierung eine “Entkopplung” von China zugunsten des Konzepts des “De-Risking” abgelehnt habe. In Bezug auf Chinas Anti-Spionage-Gesetz heißt es jedoch kritisch: “Wir glauben, dass die Regierung die Pflicht hat, sich auch in Peking für die Vertraulichkeit von Geschäftsdaten einzusetzen, sich mit der Frage der Auswirkungen des Gesetzes auseinanderzusetzen und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen.”
Das achtseitige VDA-Papier gilt als Reaktion auf die im Juli veröffentlichte China-Strategie der Bundesregierung. Der VDA gehört zu den einflussreichsten Interessenverbänden in der Bundesrepublik und vertritt mehr als 650 Mitgliedsunternehmen, darunter Branchenriesen wie BMW oder Volkswagen, aber auch viel kleinere Zulieferbetriebe. rad
Der Chemnitzer Hersteller von Rundstrickmaschinen, Terrot, hat rund sechs Monate nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens einen neuen Besitzer aus China. Die Santoni Shanghai Knitting Machinery Co. übernimmt das Traditionsunternehmen, das ursprünglich aus Baden-Württemberg stammt und inzwischen in Sachsen beheimatet ist. Santoni Shanghai ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Santoni Spa in Mailand und befindet sich komplett in italienischem Familienbesitz. Die Übernahme wurde Mitte September vereinbart.
Terrot ist erst kürzlich im Schutzschirmverfahren saniert worden und konnte rund 170 Arbeitsplätze erhalten. Das Unternehmen war besonders auch wegen Drucks durch asiatische Konkurrenz in die Schieflage gelangt.
Santoni teilte in einer Pressemitteilung mit, die neue Partnerschaft mit Terrot helfe dabei, die eigenen strategischen Ziele – Innovation, Nachhaltigkeit und Digitalisierung – zu erreichen. Firmenchef Gianpietro Belotti sprach von einem “unmittelbaren und außerordentlichen Impuls” für sein Unternehmen. Mit der Übernahme durch Santoni schlage man ein neues Kapitel in der rund 160-jährigen Firmengeschichte auf, hieß es. grz
Dem Vorsitzenden der Hongkonger Journalistenvereinigung droht eine mehrjährige Haftstrafe. Ronson Chan wurde am Montag vom Magistratsgericht in West Kowloon schuldig gesprochen, eine Polizistin bei der Ausübung ihres Amtes behindert zu haben. Die Richterin sah es als erwiesen an, dass sich der frühere Reporter des inzwischen eingestellten oppositionellen Onlinemediums Stand News trotz wiederholter Aufforderung durch die Beamtin nicht ausgewiesen hatte. Das genaue Strafmaß wird erst später bekannt gegeben. Das Gericht kann bis zu zwei Jahre Haft verhängen.
Bei dem Vorfall im September vergangenen Jahres war Chan wegen angeblich “verdächtigen Benehmens” von der Beamtin aufgefordert worden, seinen Ausweis zu zeigen. Chan erklärte vor Gericht, er habe lediglich kurz gezögert. In einem vergleichbaren Fall, einige Jahre zuvor, sei sein Ausweisdokument in die Kamera eines Livestreamers gehalten worden und für Tausende Online-Zuschauer sichtbar gewesen.
Die Verteidigung warf der Polizistin vor, den Vorgang verzerrt und zuungunsten ihres Mandanten wiedergegeben zu haben. Der angebliche verbale Austausch, den die Beamtin vor Gericht bezeugte, hätte mindestens 24 Sekunden in Anspruch genommen. Bildmaterial von dem Vorfall belegte jedoch eine Länge von lediglich 15 Sekunden. grz
Chinas Social-Media-Plattformen sind ein Universum für sich. Selten findet ein Influencer oder eine Influencerin den Weg aus dieser Parallelwelt auf eine globale Bühne. Eine, die es trotz Sprachbarrieren und kultureller Unterschiede dennoch geschafft hat, ist Li Ziqi 李子柒. Die junge Frau aus Sichuan hat auf Youtube 17,7 Millionen Follower – kein anderer chinesischsprachiger Kanal kam jemals auf solche Zahlen, meldet sogar das Guinness Buch der Rekorde.
Die 33-Jährige ist eine sogenannte Rural Influencerin. Im Mittelpunkt ihrer durchschnittlich fünfminütigen Videos steht das Leben auf dem Land oder besser gesagt: das Leben in einer idealisierten Landidylle. Perfekt ausgeleuchtet und begleitet von Vogelgezwitscher und perlendem Piano pflanzt, erntet und kocht sich die junge Frau durch die Tage. Mal sichelt sie Pilze in selbst geflochtene Bastkörbe, mal presst sie aus selbst gezogenem Soja Tofu nach traditionellem Rezept – und das ganz ohne Schweiß, Muskelkater oder Mückenstiche.
Der heimliche Star ihrer Videos ist jedoch die bergige Landschaft Nord-Sichuans. Von Tau benetzter Lotus, hölzerne Pagoden an nebligen Hängen und Sonnenstrahlen, die durchs Küchenfenster fallen, als hätte Jan Vermeer seine Genre-Szenen nicht im barocken Holland, sondern im China der Ming-Dynastie gemalt. Man nennt diese sedierende Durchästhetisierung des Landlebens auch “Cottage-Core”. In der Pandemie erlebte das Genre einen Höhepunkt. Während vielerorts die Städte zu Spaß-Wüsten dichtgemacht wurden, projizierten viele Menschen ihre Sehnsüchte auf die einst so verhasste Pampa.
Li Ziqi wurde in diesen Fantasien zu einer Art Henry Thoreau fürs Instagram-und Hygge-Zeitalter. Und das vor allem auch in China selbst. Dort folgen ihr allein auf Weibo 20 Millionen Menschen. Vor allem junge Chinesen sahen in ihren Videos eine andere Art von chinesischem Traum, der nichts mit Burn-out und der Ellbogengesellschaft in Metropolen wie Shanghai und Shenzhen zu tun hatte. Gleichzeitig fügte sich die bukolische Inszenierung des Landlebens gut in Xi Jinpings Kampagne der ländlichen Revitalisierung, die nicht zuletzt auch gut ausgebildete Städter in kleinere Städte und Dörfer locken sollte. Nicht wenige ließen sich tatsächlich von Li Ziqi inspirieren und wagten vor allem während der Pandemie die Stadtflucht.
Schon bald wurde Li Ziqi zur neuen Soft-Power-Hoffnung Chinas, die sich nicht dem Westen anbiederte, aber dort trotzdem mit chinesischer Kultur Erfolge feierte. Die Provinzhauptstadt von Sichuan, Chengdu, ernannte Li zur offiziellen Botschafterin des immateriellen Kulturerbes der Region. 2018 unterzeichnete sie zudem einen Werbevertrag mit einem Lebensmittelunternehmen, das von Pekings berühmtem Palastmuseum lizenziert wurde. Ein Ritterschlag für das Scheidungskind aus einfachen Verhältnissen, das hauptsächlich bei den Großeltern aufwuchs, wie sie in Interviews mit chinesischen Medien erklärte.
Auch finanziell lohnte sich die Sache für Li. Zusammen mit Hangzhou Weinian, einer Agentur für Online-Content, fand die Influencerin, die sich früher einmal als Musikerin versucht hatte, ein professionelles Management. Zusammen eröffneten sie unter anderem einen erfolgreichen Shoppingkanal auf der E-Commerce-Plattform Tmall. Dort konnte man beispielsweise die Messer kaufen, mit denen Li Kräuter hackte oder die Kleidung, die bei ihren anmutigen Koch-Zeremonien stets fleckenfrei zu bleiben schien.
Doch dann, im Juli 2021, war nach 128 Videos plötzlich Schluss. Li Ziqi postete keinen Content mehr und verschwand auch sonst von der Bildfläche. Hatte sie etwa ihren Kritikern nachgegeben, die behaupteten, sie verschweige in ihren Videos die Armut auf dem Land? Oder vielleicht jenen, die kritisierten, sie porträtiere China als zu rückständig? Oder standen, wie so oft, politische Gründe dahinter, vielleicht sogar ein Korruptionsskandal?
Wie sich herausstellte, hatte Li sich wohl einfach mit den falschen Partnern eingelassen. Weinian war als Agentur zwar mitverantwortlich dafür, Lis Videos auch im Ausland bekannt zu machen, die Firma sicherte sich aber auch eine Mehrheitsbeteiligung am gemeinsam gegründeten Joint Venture “Sichuan Li Ziqi Culture Communication” von mehr als 50 Prozent. Dadurch konnte das Management mehr und mehr die Kontrolle übernehmen. Die Videos wurden didaktischer. Manche sagen: politisch korrekter, inklusive nebenbei einsickernder Partei-Botschaften. Auch störte Li sich angeblich an der übertriebenen Kommerzialisierung ihrer Videos, ohne dabei einen fairen Anteil zu erhalten.
In den Jahren 2021 und 2022 verklagten sich die beiden Parteien insgesamt fünfmal gegenseitig, bis sie sich schließlich im Rahmen eines Vermittlungsverfahrens im Frühjahr des vergangenen Jahres einigten. Die Beteiligung von Li an “Sichuan Culture Communication” stieg auf neunundneunzig Prozent. Dennoch postete die junge Influencerin über zwei Jahre keine neuen Videos mehr. Bis vor elf Tagen. Am 15. September erschien plötzlich ein Lebenszeichen von Li. In einem Clip, der sofort tausendfach geteilt wurde, sieht man sie in einem Obstgarten stehen. Mit gewohnt sanftem Blick erklärt der Social-Media-Star dort, bald wieder “Qualitäts-Content über die bäuerliche Kultur Chinas und Geschichten über die Provinz” zu produzieren, und junge Menschen zu ermutigen, das Landleben zu entdecken.
Die Nachricht von Lis Rückkehr ins Rampenlicht verbreitete sich rasend schnell, wobei sich viele Kommentare vor allem auf ihr verändertes Aussehen konzentrierten. Ihre Augen und ihr Kinn hätten sich verändert, schrieben Nutzer zwischen Häme und Überraschung. Sie erkannten vielleicht zum ersten Mal, dass auch bei der Schönheit der Natur, die sie in Lis Videos so bewunderten, nur der Schein getrügt hatte. Dabei hatte die Influencerin daraus nie einen Hehl gemacht. Man musste schon blind sein, um ihren Traum eines chinesischen Garten Eden für bare Münze zu nehmen. Fabian Peltsch
LH Koh hat die alleinige Verantwortung für die Sparte Global Family and Institutional Wealth (GFIW) for Asia-Pacific bei der Schweizer UBS übernommen. Der Banker aus Singapur war seit 2020 Teil eines Führungsteams, dessen Leitung er nun übernommen hat. Koh arbeitet seit 2010 bei der UBS.
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Bei den Asienspielen in Hangzhou wurden am vergangenen Wochenende die ersten Medaillen vergeben. Im Park-Skateboarding teilten sich die Chinesen und Japaner das Edelmetall zu gleichen Teilen auf. Mao Jaisi gewann im Frauen-Wettbewerb Bronze für die Volksrepublik.