China hat mit drastischen Maßnahmen auf den Taiwan-Besuch Nancy Pelosis reagiert. Die Militärmanöver vor der Insel wurden auch am Dienstag fortgesetzt, obwohl sie offiziell am Sonntagmittag enden sollten. Die Reaktionen fielen in den letzten Tagen so heftig aus, weil China Angst vor einer Aufweichung des Ein-China-Prinzips hat, analysiert Christiane Kühl. Taiwans Vertreter in Deutschland hatte jüngst noch im China.Table-Interview gesagt, China dürfe das “eine China” sein, wenn Taiwan eben Taiwan sein darf. Solche Aussagen stoßen in Peking auf große Gegenwehr, denn Taiwan gehört aus dortiger Sicht nun einmal zu China. Alle, die das anders sehen, gelten in den Augen Pekings als feindliche Kräfte.
Jede Regung oder auch nur angenommene Bewegung der USA in der Taiwan-Frage wird von Peking daher äußerst kritisch beobachtet. Für China hat der Pelosi-Besuch das Fass zum Überlaufen gebracht. Bei all dem darf allerdings nicht vergessen werden, dass auch China diese Krise dazu nutzen kann, um neue Fakten zu schaffen. Die Lage bleibt derzeit noch sehr unklar: Wann wird Peking seine Militärmanöver beenden? Wird es weitere Maßnahmen wie Sanktionen geben? Und wann geht Peking zu weit und zwingt auch die USA zu einer Reaktion? Am China.Table hoffen wir sehr, dass die Krise bald zu einem friedlichen Ende kommt.
Wir nutzen Laptops “Made in China” und Smartphones von chinesischen Marken. Doch ein Auto aus der Volksrepublik kaufen? Das konnten sich noch im vergangenen Jahr fast 70 Prozent der Befragten einer China.Table-Umfrage nicht vorstellen. Der chinesische Autobauer “Build your Dreams” (BYD) lässt sich von solchen Zahlen nicht irritieren. Ab Herbst will BYD erste Modelle in Deutschland verkaufen. Bisher geht die Expansion nach Europa eher in Trippelschritten voran. BYD sucht noch Vertriebspartner und wird so schnell keine allzu großen Mengen in der EU absetzen. Sollte der Markteinstieg aber trotz aller Hürden gelingen, könnte sich das Unternehmen zu einem “Global Player” mit einigen Stärken entwickeln, wie Christian Domke Seidel berichtet.
Chinas Diplomaten sprechen zuweilen eine recht unterschiedliche Sprache. Der selbst unter forschen Wolfskriegern radikal erscheinende Botschafter in Frankreich Lu Shaye verkündete in den vergangenen Tagen gleich zweimal, die von den USA und ihrer eigenen Regierung fehlgeleiteten Taiwaner müssten nach einer Eroberung erst einmal umerzogen werden: “Ich bin sicher, dass die taiwanische Öffentlichkeit wieder zu Patrioten werden wird, wenn wir sie umerziehen.”
Der Botschafter in den USA Qin Gang, ehemals Sprecher des Außenministeriums, versucht es hingegen mit einer Erklärung der chinesischen Position zu Taiwan, einschließlich historischer Referenzen. Er wählte dafür die Zeitung Washington Post, in der wenige Tage zuvor auch Nancy Pelosis Begründung für ihre Taiwan-Reise erschienen war. “1943 gaben die Staats- und Regierungschefs Chinas, der Vereinigten Staaten und Großbritanniens die Kairoer Erklärung ab, in der eindeutig festgelegt wurde, dass alle Gebiete, die Japan den Chinesen gestohlen hatte, darunter Taiwan, an China zurückgegeben werden sollten“, schrieb Qin. “In der Potsdamer Erklärung von 1945 wurde bekräftigt, dass die Bedingungen der Kairoer Erklärung erfüllt werden.” Die Angaben stimmen, doch das ist alles lange her. China argumentiert allerdings in Souveränitätsfragen oft mit Bezug auf die Geschichte, so etwa auch im Südchinesischen Meer.
Qin schlägt dann jedoch den Bogen bis 1971 und damit zu Ereignissen, die bis heute gültig sind. Die “Republik China” verlor durch die Resolution 2758 ihren Sitz bei der Vereinten Nationen. “In der Resolution 2758 der Generalversammlung der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1971 wurde anerkannt, dass die Vertreter der Regierung der Volksrepublik China die einzigen rechtmäßigen Vertreter Chinas bei den Vereinten Nationen sind”, so der Botschafter.
Nicht erst seit dem Pelosi-Besuch mahnt Peking die USA immer wieder, sich an die sogenannten “Drei Kommuniqués” 三个联合公报 zu halten, die als Grundstein für die 1979 aufgenommenen diplomatischen Beziehungen zwischen China und den USA gelten.
In dem ersten Dokument nach dem Besuch von Nixon in Peking steht unter anderem, Chinas Regierung habe betont, dass “die Taiwanfrage die entscheidende Frage ist, die die Normalisierung behindert”. Peking sei entschieden gegen jeden Versuch, “ein China und ein Taiwan” zu schaffen. Die USA wiederum erklärten in dem Dokument: “Die Vereinigten Staaten erkennen an, dass alle Chinesen auf beiden Seiten der Taiwanstraße daran festhalten, dass es nur ein China gibt, und dass Taiwan ein Teil Chinas ist”. Die US-Regierung werde diese Position nicht infrage stellen. Die weiteren Kommuniqués variieren das Thema.
Die Krux aus heutiger Sicht: 1971 erhob die autoritäre Regierung unter Chiang Kai-shek in Taipeh ebenfalls den Anspruch auf ganz China. Erst mit Beginn der Demokratisierung gab Taiwan diese Haltung auf. Und erst damit bekam die Idee, dass es auch “ein Taiwan” geben könnte, überhaupt Relevanz. Hat sich also das Verständnis der USA zu den Kommuniqués verändert? Zumindest scheint Peking das zu befürchten.
China und die USA werfen sich nach der erheblichen Verschiebung der Rahmenbedingungen in den vergangenen Jahrzehnten nun gegenseitig vor, den Status quo an der Taiwanstraße zu verändern.
Aus Sicht Washingtons fährt Peking seit Jahren den Bedrohungslevel gegenüber Taiwan hoch und verschiebt dadurch das Gleichgewicht. Dazu kommt, dass sich der Sprachgebrauch in diesem Jahr weiter zuungunsten der Ein-China-Idee verändert hat (China.Table berichtete).
Peking wiederum sieht seit dem Amtsantritt von Präsidentin Tsai Ing-wen 2016 in Taipeh Tendenzen hin zu mehr Unabhängigkeit. Die Demokratische Fortschrittspartei (DPP) Tsais trat früher offen für eine formale Unabhängigkeit ein. Heute betont sie zwar, am Status quo festhalten zu wollen. Taiwan erfährt aber wachsenden Zuspruch aus dem Westen: Immer wieder reisten zuletzt Parlamentarier aus EU oder USA nach Taiwan, Washington sagte neue Waffenlieferungen zu. Präsident Joe Biden gelobte kürzlich sogar militärische Unterstützung Taiwans im Falle eines chinesischen Angriffs.
Aus Chinas Sicht habe sich der Status quo durch all das bereits faktisch verschoben, wie kürzlich der Politologe Mingxin Pei vom Claremont McKenna College in den USA feststellte: “Es lässt sich schwer sagen, ab welchem Punkt der neue Status quo für China unerträglich wurde.” Ein wichtiger Punkt sei die Wiederwahl Tsais Anfang 2020 gewesen – gepaart mit einer Niederlage der traditionell China-freundlicheren Nationalistenpartei KMT. “Je stärker sich die politische Dominanz der DPP verfestigt, umso weiter rückt der chinesische Traum von einer friedlichen Wiedervereinigung in die Ferne”, so Pei im China.Table.
Peking befürchtet nach Einschätzung vieler Experten eine langsame Aushöhlung der Prinzipien aus den drei Kommuniqués. “Die USA untergraben absichtlich den Frieden in der Straße von Taiwan”, sagte Außenminister Wang Yi am Wochenende in Bangladesch. “Sie wenden die Taktik an, erst ein Problem zu schaffen – und dieses dann zu nutzen, um ihr eigenes strategisches Ziel zu erreichen.”
Es gebe Anzeichen dafür, dass die USA versuchen, ihre “üblichen Tricks” zu wiederholen, indem sie den Besuch von Pelosi planten, so Wang. Anschleißend wollten sie die Spannungen für ihre eigenen Zwecke nutzen, die sich aus der entstandenen Lage ergeben. Ziel sei es, die US-Militärpräsenz in der Region weiter auszubauen. Dafür suche Washington die Rechtfertigung.
Experten bestätigen, dass beide Seiten die Lage höchst unterschiedlich interpretieren. “Peking wertet den Besuch von Pelosi in Taiwan als Teil eines amerikanischen Politikwechsels hin zu einer offenen Unterstützung der Unabhängigkeit Taiwans und einem Rückzug von der lange vertretenen Position der ‘strategischen Zweideutigkeit’”, sagt Valarie Tan vom Merics-Institut für Chinastudien zu China.Table. “Dies hat China in seiner Entschlossenheit bestärkt, seine Bemühungen um die Wiedervereinigung Taiwans zu verstärken.”
Die ausgedehnten Militärübungen demonstrieren, dass aus Sicht Chinas eine Grenze des Akzeptablen überschritten wurde. Peking versucht, seine Wahrnehmung mit den praktischen Aktionen international zu kommunizieren, nachdem Worte dafür nicht mehr ausgereicht haben. Mag sein, dass auch China den Konflikt nutzt, um Fakten zu schaffen – ganz so, wie Wang es umgekehrt den USA vorwarf. Argumentativ aber bringen die offiziellen Reaktionen Chinas auf die Visite nichts Neues: Selbst die Wut erscheint zentral gemanagt. Die Aktionen der USA seien “extrem unverantwortlich, provokativ und gefährlich”, schreibt Qin Gang. Ähnlich äußerten sich andere Staatsvertreter.
Ob China wirklich erwartet, dass Taiwan sich für unabhängig erklären könnte, ist unklar. “Taiwan ist eine der wenigen Fragen, die China und die Vereinigten Staaten in einen Konflikt führen könnten“, betont Qin Gang. “Besondere Vorsicht und Verantwortungsbewusstsein sind unabdingbar, wenn es um Taiwan geht”. Damit meint er vor allem Vorsicht der USA. Peking hat eine gewaltsame Eroberung Taiwans derweil nie ausgeschlossen.
Hitzige Nationalisten sind es nach Ansicht von Merics-Forscherin Tan indes nicht, die Peking zu der harten Reaktion treiben. Eher schon der Parteitag der KP im Herbst, auf dem Xi eine dritte Amtszeit anstrebt. “Es ist zweifellos eine politisch heikle und wichtige Zeit für die chinesische Führung.” Sie könne es sich nicht leisten, schwach zu erscheinen. Vor allem wolle sie ihre Autorität nicht durch die Vereinigten Staaten untergraben lassen.
Nichtsdestotrotz wurden die Zensoren in China angewiesen, extreme militaristische Ansichten im Internet abzuschwächen, beobachtet Tan. Vor allem dann, wenn sie “nicht mit der offiziellen Darstellung übereinstimmen, wonach die Vereinigten Staaten der Aggressor und Provokateur sind – und nicht China”.
Es ist ein Markenname, der großes verspricht: “Build your dreams” (BYD). Der chinesische Autobauer hat in den vergangenen Monaten viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, denn die Marke fährt wirtschaftlich auf der Überholspur. Zwei Zahlen belegen das sehr deutlich. Zum einen: 300 Prozent. So stark wuchs im ersten Halbjahr 2022 der Fahrzeugabsatz. Trotz Lockdown, Chipmangel und Störungen der Lieferketten. Der chinesische Anbieter setzte über 641.000 Fahrzeuge ab, fast 80.000 mehr als der vermeintliche Klassenbeste Tesla.
Die zweite Zahl: neun Milliarden Dollar. So viel sind mittlerweile die Anteile an BYD wert, die Warren Buffett im Jahr 2008 für 235 Millionen Dollar gekauft hatte. Mittlerweile ist die Marke an der Börse mehr wert als Volkswagen und hat den deutschen Konzern in Sachen Elektromobilität in China abgehängt (China.Table berichtete).
Derzeit feiert BYD diese Erfolge noch hauptsächlich im Heimatmarkt China. Doch das Unternehmen will auch auf westlichen Märkten heimisch werden. Es geht die Expansion zwar zunächst noch in bedächtigen Schritten an. Doch wenn es gelingt, sich in traditionellen Auto-Ländern wie Deutschland und den USA zu etablieren, dann hätte BYD es geschafft – und wäre zum globalen Autobauer aufgestiegen. Das ist unter den asiatischen Anbietern zuletzt der südkoreanischen Marke Hyundai gelungen.
BYD hat jüngst einen Vertriebspartner für Deutschland und Schweden gefunden: die Hedin Mobility Group. 235 Standorte hat das Unternehmen. In Deutschland liegt davon aber nur einer, und zwar in Bremerhaven. Im Jahr 2021 hat dort laut Geschäftsbericht ein einzelner Angestellter insgesamt elf Autos der Marke Dodge verkauft. Um den Europastart von BYD gab es in Fachkreisen zwar einen Hype. Dabei geht allerdings unter, dass das Unternehmen gerade erst dabei ist, Händler anzuwerben.
BYDs Erfolg in China geht auf die breite Aufstellung der Chinesen zurück. Es besteht bereits seit 1995. Damals stellte BYD noch Akkus für Handys und MP3-Player her. Erst im Jahr 2003 diversifizierte Unternehmensgründer Wang Chuanfu sein Unternehmen und begann Elektroautos zu entwickeln. Die Akku- und E-Auto-Sparten liefen so erfolgreich, dass BYD mittlerweile zu den weltgrößten Herstellern von Akkus gehört. Außerdem stammt jedes vierte elektrifizierte Auto in China – reine Elektroautos und Hybride – von BYD. Der einzige Grund, warum der Anteil nicht noch größer ist, ist die fehlende Produktionskapazität. Ein Flaschenhals, den die jüngst eröffnete fünfte Fabrik zumindest etwas entschärft. Dank ihr kann die Marke zukünftig 3,4 Millionen Autos pro Jahr produzieren.
Anders als viele Konkurrenten verfügt BYD über eine recht sichere Rohstoffversorgung. Denn das Unternehmen hat nicht nur seine eigenen Batteriefabriken, sondern besitzt seit Anfang des Jahres auch Förderrechte für Lithium in Chile. In Afrika will die Marke sechs weitere Minen übernehmen. Die Akkus von BYD kommen zudem ohne Kobalt aus. Abbau und Produktion sind derart reibungslos und das Endprodukt auf so hohem Niveau, dass sogar Tesla zukünftig bei dem Wettbewerber Batterien kaufen möchte.
Dank des Tochterunternehmens BYD Semiconductor hat die Marke auch den Chipmangel im Griff. Die Firma produziert auch Halbleiter für Automobilsysteme. Aktuell verhandelt BYD mit der chinesischen Börsenaufsicht über einen Börsengang. So sollen Geldmittel für Forschung und Entwicklung eingesammelt werden.
Durch die Diversifikation entlang der Wertschöpfungskette hat BYD neben der Versorgungssicherheit enorme Kostenvorteile im Vergleich zur Konkurrenz. Zwar werden Batterien seit Jahren immer günstiger, sie machen aber immer noch etwa ein Drittel der Kosten eines Elektroautos aus. BYD kommt außerdem ein Gesetz entgegen. In China müssen Elektroauto-Bauer Batterien wieder einsammeln. Der Autobauer hat aber auch hier diversifiziert und als einziger Autohersteller auch gleich eine Recyclingfabrik eröffnet (China.Table berichtete).
Auf diese Vorteile wird sich BYD auch beim Marktstart in Europa verlassen und einen langen Atem haben müssen. Neue Marken tun sich vor allem in Deutschland erfahrungsgemäß schwer. Lexus kam nie über eine Nischenrolle hinaus und Infiniti stellte seinen Betrieb ganz ein, obwohl mit Toyota und Nissan Europa-erfahrene Konzerne dahinterstecken. Doch BYD schreckt das nicht ab. Im Gegenteil. Im Jahr 2022 will die Marke 20.000 Autos in Europa verkaufen. Vor dem Hintergrund, dass es 2021 gerade einmal 1.000 Stück waren, ist das ein sehr ambitionierter Plan. Selbst von den ursprünglichen einmal ausgegebenen 200.000 Stück im Jahr 2023 – eine Expansions-Fantasie aus der Vor-Corona-Zeit – ist Wang nie abgerückt.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
China hat seine Militärmanöver im Meeresgebiet und Luftraum um Taiwan nach eigenen Angaben auch am Dienstag fortgesetzt. Der Fokus der Übungen liege diesmal auf Seeblockaden und Nachschubsicherung, teilte das zuständige Einsatzkommando der Volksbefreiungsarmee mit. Taiwan wiederum begann mit eigenen, seit längerem angekündigten Manövern. Vom Süden der Insel aus schoss das Militär mit Haubitzen aufs Meer. Taiwans Außenminister Joseph Wu warf China auf einer Pressekonferenz in Taipeh vor, die Manöver als ein “Playbook”, also eine Art Taktik-Skript zur Vorbereitung einer Invasion der Insel zu nutzen. Man werde sich aber nicht einschüchtern lassen. Eigentlich sollten die Übungen am Sonntag enden.
Laut taiwanischem Verteidigungsministerium wurden bis Dienstagabend 45 chinesische Kampfflugzeuge und zehn Kriegsschiffe in der Nähe der Insel entdeckt. Davon haben 16 chinesische Jets die Mittellinie der Taiwanstraße überflogen.
Wu warnte, Chinas Ambitionen machten nicht bei Taiwan halt. Peking sei entschlossen, die Kontrolle über das Ost- und das Südchinesische Meer auf beiden Seiten der Taiwanstraße zu erlangen und das gesamte Gebiet zu seinen Gewässern zu machen. China führe “groß angelegte Militärübungen und Raketenstarts durch”. Es versuche mit Cyberangriffen, Desinformation und wirtschaftlicher Nötigung, das “Durchhaltevermögen Taiwans zu schwächen”. Er rief die internationale Gemeinschaft zu mehr Unterstützung auf. rtr/nib
Tschechiens Europaminister Mikuláš Bek hat sich für eine härtere Gangart gegenüber Peking ausgesprochen. “Die Beziehungen sind kompliziert. Es ist unrealistisch zu glauben, dass China für Europa ein verlässlicher Partner werden kann“, sagte Bek im Interview mit Europe.Table. Die Europäische Union müsse aufpassen, dass die Fehler im Umgang mit Russland im Falle Chinas nicht wiederholt würden. Bek ist seit Dezember 2021 Minister für europäische Angelegenheiten in der Regierung von Ministerpräsident Petr Fiala in Prag.
Tschechien hält derzeit den Vorsitz des EU-Rats und ist damit für das Agenda-Setting des Rats der Mitgliedsstaaten zuständig. Brüssel müsse auch weiterhin mit der Zusammenarbeit zwischen China und Russland rechnen, so Bek. “Bei diesem Bündnis agieren aber keineswegs gleichberechtigte Partner. China ist viel stärker. Es wird in Russland zu einer größeren Abhängigkeit von China führen.” Die EU müsse als Antwort darauf enger mit Gleichgesinnten und auch der Nato kooperieren, betonte der Europaminister.
Bek schlug vor, als Antwort auf die “Belt and Road”-Initiative chinafreundliche EU-Beitrittskandidaten in Ost- und Südosteuropa effektiver zu umwerben und zu motivieren. Beispielsweise mit Übergangsstadien zwischen Kandidatenstatus und Vollmitgliedschaft: “Wir brauchen eine neue Dynamik im Erweiterungsprozess, um den chinesischen Einfluss in der Region einzudämmen.”
Bek sprach selbstkritisch über das schwierige Verhältnis seines Heimatlandes zu Peking (China.Table berichtete). Tschechien müsse das prochinesische Bild korrigieren: “Durch die Bemühungen des tschechischen Präsidenten Zeman ist der Eindruck zahlreicher Aktivitäten Chinas in unserem Land entstanden”, sagte Bek. “Die Wirklichkeit sieht aber anders aus. Wirtschaftlich ist der Einfluss chinesischer Unternehmen gering geblieben. Für uns ist Taiwan ökonomisch der viel wichtigere Partner als China.” Interview: Hans-Peter Siebenhaar/ari
Ein längerfristiger Ausfall von China als Wachstumsmarkt könnte die Umsatz- und Gewinnziele von Adidas für die Jahre bis 2025 infrage stellen. “Falls sich die ursprünglichen Annahmen dauerhaft ändern, müssten wir auch unsere Ziele anpassen”, sagte Vorstandschef Kasper Rorsted dem “Handelsblatt” in einem am Dienstag veröffentlichten Interview. Er glaube aber nicht an eine endgültige Abkehr des Riesenreichs von westlichen Marken. “Dann hätten alle Firmen in der Welt ein Problem. Aber ich halte das nicht für realistisch. China wird wiederkommen, und dann ist auch der Hebel nach oben groß.” Die Chinesen verfolgten im Fernsehen Basketball aus den USA und Fußball aus Europa. “Da treffen sie immer wieder auf Adidas.”
Im zweiten Quartal war der Umsatz von Adidas in China um 35 Prozent eingebrochen, der zweitgrößte Sportartikelhersteller der Welt musste seine Prognosen für 2022 deshalb jüngst zurücknehmen. Rorsted führt das auf die erneuten Corona-Lockdowns in Großstädten wie Shanghai zurück, räumte aber ein, dass auch die Boykottaufrufe gegen westliche Textilhersteller eine Rolle spielten. Sie verhinderten die Vermarktung über Influencer in sozialen Medien. Der Däne sagte, Adidas habe in China Fehler gemacht. “Wir waren nicht gut genug darin, die Konsumenten zu verstehen. So haben wir den Spielraum für chinesische Wettbewerber geöffnet, die das besser gemacht haben.” Nun würden die Produkte mehr auf den heimischen Geschmack zugeschnitten.
Bis das Geschäft in China wieder anspringt, leite Adidas die Investitionen in andere Märkte um, sagte Rorsted. “Wir bringen so viel Geld wie möglich dorthin, wo Wachstum ist, zum Beispiel in die USA.” Rorsted sagte, er mache sich Sorgen, wie lange die Corona-Pandemie in China ein Thema bleiben werde. “In Europa haben wir eine hohe Impfquote, und vielen Menschen haben sich bereits infiziert. So weit sind wir in China noch nicht.” rtr
Laut einem Bericht von Bloomberg sollen Smartphone-Hersteller ihre Geräte in Indien nicht mehr unter 12.000 Rupien anbieten dürfen – umgerechnet 147 Euro. Von den Maßnahmen der Regierung besonders betroffen wäre die chinesische Marke Xiaomi, die mit einem Marktanteil von über 20 Prozent Marktführer in Indien ist. Laut Schätzungen von Bloomberg würde der Absatz von Xiaomi-Smartphones im Falle eines Dumpingpreis-Verbots jährlich um elf bis 14 Prozent beziehungsweise 20 bis 25 Millionen Stück zurückgehen.
Indien ist nach China der weltweit zweitgrößte Markt für Mobiltelefone. Laut Daten der Marktanalysten von Counterpoint machten Smartphones unter 150 Dollar im zweiten Quartal ein Drittel des indischen Verkaufsvolumens aus, wobei bis zu 80 Prozent der Lieferungen auf chinesische Unternehmen entfielen. Marken wie Apple und Samsung bieten ihre Geräte ohnehin nicht unter 150 Dollar an und wären von einem Verbot von Billig-Handys nicht betroffen, meldet Bloomberg.
Indiens Regierung versucht bereits seit einer Weile, die aggressive Expansion chinesischer Firmen zu stoppen, da lokale Tech-Unternehmen wie Lava und MicroMax kaum mit ihnen konkurrieren können (China.Table berichtete). Zuletzt haben indische Steuerbehörden Untersuchungen bei mehr als 500 chinesischen Unternehmen eingeleitet und Steuerforderungen geltend gemacht. Neben ZTE, Vivo, Xiaomi, Huawei und Oppo sollen auch mehrere Tochterfirmen von Alibaba betroffen sein. Nach einem Grenzkonflikt mit China im Himalaya im Sommer 2020 verbot Neu-Delhi zudem nach und nach mehr als 300 Apps von chinesischen Anbietern. Die chinesischen Netzwerkausrüster Huawei und ZTE sind in Indien zudem vom Ausbau des 5G-Netzes praktisch ausgeschlossen. fpe
Die China Passenger Car Association hat ihre Prognose zum Absatz von E-Autos für das Jahr 2022 von 5,5 auf sechs Millionen angehoben. Im Juli wurden demnach 486.000 E-Autos verkauft, was einen Anteil von über 27 Prozent am Gesamtmarkt ausmacht. Einheimische Hersteller konnten ihren Marktanteil im Juli bei elektrischen Fahrzeugen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um neun Prozent auf 73 Prozent erhöhen.
Im vergangenen Jahr wurden in China fast drei Millionen elektrisch betriebene Autos verkauft – darunter fallen auch Hybrid-Autos (New Energy Vehicles, NEV). Laut Bloomberg-Prognosen könnten in diesem Jahr in der EU 3,2 Millionen und in den USA 1,2 Millionen elektrische Fahrzeuge verkauft werden. nib
Nach zwei Corona-freien Jahren verzeichnet Tibet wieder Infektionen. Nachdem 18 Fälle der Omikron-Variante in der Hauptstadt Lhasa aufgetreten waren, wurden Teile der Stadt in den Lockdown geschickt. Auch der Potala-Palast wurde geschlossen. In der zweitgrößten Stadt Tibets, Shigatse, wurden ebenfalls Verbote erlassen. Die Behörden haben Großveranstaltungen abgesagt, Freizeiteinrichtungen geschlossen und den Reiseverkehr eingeschränkt, wie die Financial Times berichtet. Demnach war es in Tibet zuvor erst zu einem Corona-Fall im Januar 2020 gekommen.
Am Montag verzeichnete Festland-China 939 neue Coronavirus-Infektionen, wie Reuters berichtet. Am Vortag lagen die Neuinfektionen bei 940. Gut die Hälfte der Neuinfektionen wurden in Hainan verzeichnet. Auch in Xinjiang lag die Zahl der Neuinfektionen mit 146 auf einem relativen hohen Stand. Keine neuen Ansteckungen gab es am Montag den offiziellen Angaben zufolge in Peking, Shanghai und Shenzhen. nib
“Ich dachte, ich hätte etwas falsch gemacht, als mich das Weiße Haus anrief”, erinnert sich Ryan Hass im Gespräch mit China.Table. Hat er aber nicht. Denn Präsident Obama wollte Hass in sein China-Team holen. Die vielfältigen Erfahrungen dieser Jahre nützen ihm mittlerweile bei der Analyse der aktuellen Entwicklungen der Beziehungen zwischen China und den USA.
Schon früh zieht es Hass weit weg von zu Hause – zunächst geht er für das Studium von der Westküste der USA an die Ostküste in die Hauptstadt Washington. Aber Hass will im Ausland leben, und er will sich für die Außenbeziehungen seines Landes einsetzen. Im letzten College-Jahr nimmt er an der Aufnahmeprüfung für den diplomatischen Dienst teil. “Ich habe nicht wirklich erwartet, die Prüfung zu bestehen”, gibt Hass zu. Tatsächlich wird er mit 23 Jahren der jüngste Junior-Diplomat seines Jahrgangs.
Das Pentagon bildet Hass dann systematisch für eine Karriere in Asien und insbesondere China aus. “Doch das China, das ich dann kennengelernt habe, unterschied sich sehr von dem China, auf das ich vorbereitet wurde.” Denn Hass kommt 2009 an die US-Botschaft in Peking. Ein Jahr nach der Finanzkrise ist der Westen geschwächt und die Olympischen Spiele haben China neues Selbstbewusstsein verliehen. “Man konnte fühlen, wie sich die tektonischen Platten verschieben”, erinnert sich Hass.
Inmitten dieser Machtverschiebung wird Hass 2013 Direktor für China, Taiwan und die Mongolei im Nationalen Sicherheitsrat des Weißen Hauses – daher der Anruf von Obama. “Es war eine unglaubliche Erfahrung und die Chance meines Lebens, für den Präsidenten zu arbeiten”, so Hass. Er begleitet Obama auf seinen China-Besuchen. Schon damals ist zu spüren, wie sich die amerikanisch-chinesischen Beziehungen verhärten.
China fordert die Vormachtstellung der USA heraus. Die globalen Machtzentren verschieben sich. Wenn Hass einen Blick in die Zukunft wagt, entwirft er jedoch ein differenziertes Bild: Zwar sei Chinas Aufstieg nicht linear, aber Chinas Position im Zentrum der Lieferketten und der Handelsarchitektur sei stark. “Die Welt wird somit multipolarer, aber in dieser Multipolarität ragen die USA und China heraus”. Für beide werde es dadurch immer schwieriger, die Angelegenheiten anderer Länder zu beeinflussen.
Wie sich die USA in der neuen Weltordnung positionieren sollten, analysiert Hass seit 2018 als Senior Fellow bei der renommierten Denkfabrik Brookings Institution. Hass ist sicher: Harter Wettbewerb werde die Beziehungen zwischen den USA und China auf Jahre prägen. Aber genauso die wechselseitige Abhängigkeit beider Länder. Die USA müssen daher versuchen, mit China mitzuhalten, statt es zu bremsen und sich damit selber zu schaden. So wird Innenpolitik zur Außenpolitik. Und der Wettbewerb mit China wird dann mit Investitionen in Schulen, Straßen und Start-ups geführt.
Dennoch gebe es rote Linien, betont Hass. Da wo die USA Chinas revisionistische Außenpolitik ermöglicht, müsse der Wettbewerb aufhören, fordert er und klingt hier wieder mehr wie ein Politiker. Das heißt konkret: Exportbeschränkungen zum Beispiel bei der Halbleiterproduktion. Im Idealfall funktioniere der Wettbewerb dann wie ein Marathon: Fair und mit so wenig Zusammenstößen wie möglich. Wer am Ende den längeren Atem hat, wird sich zeigen. Jonathan Lehrer
Ulf Röller übernimmt zum 1. Oktober die Leitung des ZDF-Studios in Brüssel. Der Fernsehjournalist wechselt aus Peking dorthin, wo er seit September 2019 das ZDF-Ostasien-Studio leitete.
Sebi Karakus ist seit Juli Managing Director bei Sensorview Taiwan. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Seoul hat sich auf Hochfrequenz-Antennen und -Kabel spezialisiert, die unter anderem für den 5G-Ausbau gebraucht werden. Der Experte für Business Development war vorher für Sensorview in Nord- und Südamerika tätig. Sein neuer Einsatzort ist Taipeh.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Beleuchtete Legosteine? Unser heutiges Dessert zeigt eine Hochhauswohnung im Hongkonger Stadtteil Quarry Bay.
China hat mit drastischen Maßnahmen auf den Taiwan-Besuch Nancy Pelosis reagiert. Die Militärmanöver vor der Insel wurden auch am Dienstag fortgesetzt, obwohl sie offiziell am Sonntagmittag enden sollten. Die Reaktionen fielen in den letzten Tagen so heftig aus, weil China Angst vor einer Aufweichung des Ein-China-Prinzips hat, analysiert Christiane Kühl. Taiwans Vertreter in Deutschland hatte jüngst noch im China.Table-Interview gesagt, China dürfe das “eine China” sein, wenn Taiwan eben Taiwan sein darf. Solche Aussagen stoßen in Peking auf große Gegenwehr, denn Taiwan gehört aus dortiger Sicht nun einmal zu China. Alle, die das anders sehen, gelten in den Augen Pekings als feindliche Kräfte.
Jede Regung oder auch nur angenommene Bewegung der USA in der Taiwan-Frage wird von Peking daher äußerst kritisch beobachtet. Für China hat der Pelosi-Besuch das Fass zum Überlaufen gebracht. Bei all dem darf allerdings nicht vergessen werden, dass auch China diese Krise dazu nutzen kann, um neue Fakten zu schaffen. Die Lage bleibt derzeit noch sehr unklar: Wann wird Peking seine Militärmanöver beenden? Wird es weitere Maßnahmen wie Sanktionen geben? Und wann geht Peking zu weit und zwingt auch die USA zu einer Reaktion? Am China.Table hoffen wir sehr, dass die Krise bald zu einem friedlichen Ende kommt.
Wir nutzen Laptops “Made in China” und Smartphones von chinesischen Marken. Doch ein Auto aus der Volksrepublik kaufen? Das konnten sich noch im vergangenen Jahr fast 70 Prozent der Befragten einer China.Table-Umfrage nicht vorstellen. Der chinesische Autobauer “Build your Dreams” (BYD) lässt sich von solchen Zahlen nicht irritieren. Ab Herbst will BYD erste Modelle in Deutschland verkaufen. Bisher geht die Expansion nach Europa eher in Trippelschritten voran. BYD sucht noch Vertriebspartner und wird so schnell keine allzu großen Mengen in der EU absetzen. Sollte der Markteinstieg aber trotz aller Hürden gelingen, könnte sich das Unternehmen zu einem “Global Player” mit einigen Stärken entwickeln, wie Christian Domke Seidel berichtet.
Chinas Diplomaten sprechen zuweilen eine recht unterschiedliche Sprache. Der selbst unter forschen Wolfskriegern radikal erscheinende Botschafter in Frankreich Lu Shaye verkündete in den vergangenen Tagen gleich zweimal, die von den USA und ihrer eigenen Regierung fehlgeleiteten Taiwaner müssten nach einer Eroberung erst einmal umerzogen werden: “Ich bin sicher, dass die taiwanische Öffentlichkeit wieder zu Patrioten werden wird, wenn wir sie umerziehen.”
Der Botschafter in den USA Qin Gang, ehemals Sprecher des Außenministeriums, versucht es hingegen mit einer Erklärung der chinesischen Position zu Taiwan, einschließlich historischer Referenzen. Er wählte dafür die Zeitung Washington Post, in der wenige Tage zuvor auch Nancy Pelosis Begründung für ihre Taiwan-Reise erschienen war. “1943 gaben die Staats- und Regierungschefs Chinas, der Vereinigten Staaten und Großbritanniens die Kairoer Erklärung ab, in der eindeutig festgelegt wurde, dass alle Gebiete, die Japan den Chinesen gestohlen hatte, darunter Taiwan, an China zurückgegeben werden sollten“, schrieb Qin. “In der Potsdamer Erklärung von 1945 wurde bekräftigt, dass die Bedingungen der Kairoer Erklärung erfüllt werden.” Die Angaben stimmen, doch das ist alles lange her. China argumentiert allerdings in Souveränitätsfragen oft mit Bezug auf die Geschichte, so etwa auch im Südchinesischen Meer.
Qin schlägt dann jedoch den Bogen bis 1971 und damit zu Ereignissen, die bis heute gültig sind. Die “Republik China” verlor durch die Resolution 2758 ihren Sitz bei der Vereinten Nationen. “In der Resolution 2758 der Generalversammlung der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1971 wurde anerkannt, dass die Vertreter der Regierung der Volksrepublik China die einzigen rechtmäßigen Vertreter Chinas bei den Vereinten Nationen sind”, so der Botschafter.
Nicht erst seit dem Pelosi-Besuch mahnt Peking die USA immer wieder, sich an die sogenannten “Drei Kommuniqués” 三个联合公报 zu halten, die als Grundstein für die 1979 aufgenommenen diplomatischen Beziehungen zwischen China und den USA gelten.
In dem ersten Dokument nach dem Besuch von Nixon in Peking steht unter anderem, Chinas Regierung habe betont, dass “die Taiwanfrage die entscheidende Frage ist, die die Normalisierung behindert”. Peking sei entschieden gegen jeden Versuch, “ein China und ein Taiwan” zu schaffen. Die USA wiederum erklärten in dem Dokument: “Die Vereinigten Staaten erkennen an, dass alle Chinesen auf beiden Seiten der Taiwanstraße daran festhalten, dass es nur ein China gibt, und dass Taiwan ein Teil Chinas ist”. Die US-Regierung werde diese Position nicht infrage stellen. Die weiteren Kommuniqués variieren das Thema.
Die Krux aus heutiger Sicht: 1971 erhob die autoritäre Regierung unter Chiang Kai-shek in Taipeh ebenfalls den Anspruch auf ganz China. Erst mit Beginn der Demokratisierung gab Taiwan diese Haltung auf. Und erst damit bekam die Idee, dass es auch “ein Taiwan” geben könnte, überhaupt Relevanz. Hat sich also das Verständnis der USA zu den Kommuniqués verändert? Zumindest scheint Peking das zu befürchten.
China und die USA werfen sich nach der erheblichen Verschiebung der Rahmenbedingungen in den vergangenen Jahrzehnten nun gegenseitig vor, den Status quo an der Taiwanstraße zu verändern.
Aus Sicht Washingtons fährt Peking seit Jahren den Bedrohungslevel gegenüber Taiwan hoch und verschiebt dadurch das Gleichgewicht. Dazu kommt, dass sich der Sprachgebrauch in diesem Jahr weiter zuungunsten der Ein-China-Idee verändert hat (China.Table berichtete).
Peking wiederum sieht seit dem Amtsantritt von Präsidentin Tsai Ing-wen 2016 in Taipeh Tendenzen hin zu mehr Unabhängigkeit. Die Demokratische Fortschrittspartei (DPP) Tsais trat früher offen für eine formale Unabhängigkeit ein. Heute betont sie zwar, am Status quo festhalten zu wollen. Taiwan erfährt aber wachsenden Zuspruch aus dem Westen: Immer wieder reisten zuletzt Parlamentarier aus EU oder USA nach Taiwan, Washington sagte neue Waffenlieferungen zu. Präsident Joe Biden gelobte kürzlich sogar militärische Unterstützung Taiwans im Falle eines chinesischen Angriffs.
Aus Chinas Sicht habe sich der Status quo durch all das bereits faktisch verschoben, wie kürzlich der Politologe Mingxin Pei vom Claremont McKenna College in den USA feststellte: “Es lässt sich schwer sagen, ab welchem Punkt der neue Status quo für China unerträglich wurde.” Ein wichtiger Punkt sei die Wiederwahl Tsais Anfang 2020 gewesen – gepaart mit einer Niederlage der traditionell China-freundlicheren Nationalistenpartei KMT. “Je stärker sich die politische Dominanz der DPP verfestigt, umso weiter rückt der chinesische Traum von einer friedlichen Wiedervereinigung in die Ferne”, so Pei im China.Table.
Peking befürchtet nach Einschätzung vieler Experten eine langsame Aushöhlung der Prinzipien aus den drei Kommuniqués. “Die USA untergraben absichtlich den Frieden in der Straße von Taiwan”, sagte Außenminister Wang Yi am Wochenende in Bangladesch. “Sie wenden die Taktik an, erst ein Problem zu schaffen – und dieses dann zu nutzen, um ihr eigenes strategisches Ziel zu erreichen.”
Es gebe Anzeichen dafür, dass die USA versuchen, ihre “üblichen Tricks” zu wiederholen, indem sie den Besuch von Pelosi planten, so Wang. Anschleißend wollten sie die Spannungen für ihre eigenen Zwecke nutzen, die sich aus der entstandenen Lage ergeben. Ziel sei es, die US-Militärpräsenz in der Region weiter auszubauen. Dafür suche Washington die Rechtfertigung.
Experten bestätigen, dass beide Seiten die Lage höchst unterschiedlich interpretieren. “Peking wertet den Besuch von Pelosi in Taiwan als Teil eines amerikanischen Politikwechsels hin zu einer offenen Unterstützung der Unabhängigkeit Taiwans und einem Rückzug von der lange vertretenen Position der ‘strategischen Zweideutigkeit’”, sagt Valarie Tan vom Merics-Institut für Chinastudien zu China.Table. “Dies hat China in seiner Entschlossenheit bestärkt, seine Bemühungen um die Wiedervereinigung Taiwans zu verstärken.”
Die ausgedehnten Militärübungen demonstrieren, dass aus Sicht Chinas eine Grenze des Akzeptablen überschritten wurde. Peking versucht, seine Wahrnehmung mit den praktischen Aktionen international zu kommunizieren, nachdem Worte dafür nicht mehr ausgereicht haben. Mag sein, dass auch China den Konflikt nutzt, um Fakten zu schaffen – ganz so, wie Wang es umgekehrt den USA vorwarf. Argumentativ aber bringen die offiziellen Reaktionen Chinas auf die Visite nichts Neues: Selbst die Wut erscheint zentral gemanagt. Die Aktionen der USA seien “extrem unverantwortlich, provokativ und gefährlich”, schreibt Qin Gang. Ähnlich äußerten sich andere Staatsvertreter.
Ob China wirklich erwartet, dass Taiwan sich für unabhängig erklären könnte, ist unklar. “Taiwan ist eine der wenigen Fragen, die China und die Vereinigten Staaten in einen Konflikt führen könnten“, betont Qin Gang. “Besondere Vorsicht und Verantwortungsbewusstsein sind unabdingbar, wenn es um Taiwan geht”. Damit meint er vor allem Vorsicht der USA. Peking hat eine gewaltsame Eroberung Taiwans derweil nie ausgeschlossen.
Hitzige Nationalisten sind es nach Ansicht von Merics-Forscherin Tan indes nicht, die Peking zu der harten Reaktion treiben. Eher schon der Parteitag der KP im Herbst, auf dem Xi eine dritte Amtszeit anstrebt. “Es ist zweifellos eine politisch heikle und wichtige Zeit für die chinesische Führung.” Sie könne es sich nicht leisten, schwach zu erscheinen. Vor allem wolle sie ihre Autorität nicht durch die Vereinigten Staaten untergraben lassen.
Nichtsdestotrotz wurden die Zensoren in China angewiesen, extreme militaristische Ansichten im Internet abzuschwächen, beobachtet Tan. Vor allem dann, wenn sie “nicht mit der offiziellen Darstellung übereinstimmen, wonach die Vereinigten Staaten der Aggressor und Provokateur sind – und nicht China”.
Es ist ein Markenname, der großes verspricht: “Build your dreams” (BYD). Der chinesische Autobauer hat in den vergangenen Monaten viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, denn die Marke fährt wirtschaftlich auf der Überholspur. Zwei Zahlen belegen das sehr deutlich. Zum einen: 300 Prozent. So stark wuchs im ersten Halbjahr 2022 der Fahrzeugabsatz. Trotz Lockdown, Chipmangel und Störungen der Lieferketten. Der chinesische Anbieter setzte über 641.000 Fahrzeuge ab, fast 80.000 mehr als der vermeintliche Klassenbeste Tesla.
Die zweite Zahl: neun Milliarden Dollar. So viel sind mittlerweile die Anteile an BYD wert, die Warren Buffett im Jahr 2008 für 235 Millionen Dollar gekauft hatte. Mittlerweile ist die Marke an der Börse mehr wert als Volkswagen und hat den deutschen Konzern in Sachen Elektromobilität in China abgehängt (China.Table berichtete).
Derzeit feiert BYD diese Erfolge noch hauptsächlich im Heimatmarkt China. Doch das Unternehmen will auch auf westlichen Märkten heimisch werden. Es geht die Expansion zwar zunächst noch in bedächtigen Schritten an. Doch wenn es gelingt, sich in traditionellen Auto-Ländern wie Deutschland und den USA zu etablieren, dann hätte BYD es geschafft – und wäre zum globalen Autobauer aufgestiegen. Das ist unter den asiatischen Anbietern zuletzt der südkoreanischen Marke Hyundai gelungen.
BYD hat jüngst einen Vertriebspartner für Deutschland und Schweden gefunden: die Hedin Mobility Group. 235 Standorte hat das Unternehmen. In Deutschland liegt davon aber nur einer, und zwar in Bremerhaven. Im Jahr 2021 hat dort laut Geschäftsbericht ein einzelner Angestellter insgesamt elf Autos der Marke Dodge verkauft. Um den Europastart von BYD gab es in Fachkreisen zwar einen Hype. Dabei geht allerdings unter, dass das Unternehmen gerade erst dabei ist, Händler anzuwerben.
BYDs Erfolg in China geht auf die breite Aufstellung der Chinesen zurück. Es besteht bereits seit 1995. Damals stellte BYD noch Akkus für Handys und MP3-Player her. Erst im Jahr 2003 diversifizierte Unternehmensgründer Wang Chuanfu sein Unternehmen und begann Elektroautos zu entwickeln. Die Akku- und E-Auto-Sparten liefen so erfolgreich, dass BYD mittlerweile zu den weltgrößten Herstellern von Akkus gehört. Außerdem stammt jedes vierte elektrifizierte Auto in China – reine Elektroautos und Hybride – von BYD. Der einzige Grund, warum der Anteil nicht noch größer ist, ist die fehlende Produktionskapazität. Ein Flaschenhals, den die jüngst eröffnete fünfte Fabrik zumindest etwas entschärft. Dank ihr kann die Marke zukünftig 3,4 Millionen Autos pro Jahr produzieren.
Anders als viele Konkurrenten verfügt BYD über eine recht sichere Rohstoffversorgung. Denn das Unternehmen hat nicht nur seine eigenen Batteriefabriken, sondern besitzt seit Anfang des Jahres auch Förderrechte für Lithium in Chile. In Afrika will die Marke sechs weitere Minen übernehmen. Die Akkus von BYD kommen zudem ohne Kobalt aus. Abbau und Produktion sind derart reibungslos und das Endprodukt auf so hohem Niveau, dass sogar Tesla zukünftig bei dem Wettbewerber Batterien kaufen möchte.
Dank des Tochterunternehmens BYD Semiconductor hat die Marke auch den Chipmangel im Griff. Die Firma produziert auch Halbleiter für Automobilsysteme. Aktuell verhandelt BYD mit der chinesischen Börsenaufsicht über einen Börsengang. So sollen Geldmittel für Forschung und Entwicklung eingesammelt werden.
Durch die Diversifikation entlang der Wertschöpfungskette hat BYD neben der Versorgungssicherheit enorme Kostenvorteile im Vergleich zur Konkurrenz. Zwar werden Batterien seit Jahren immer günstiger, sie machen aber immer noch etwa ein Drittel der Kosten eines Elektroautos aus. BYD kommt außerdem ein Gesetz entgegen. In China müssen Elektroauto-Bauer Batterien wieder einsammeln. Der Autobauer hat aber auch hier diversifiziert und als einziger Autohersteller auch gleich eine Recyclingfabrik eröffnet (China.Table berichtete).
Auf diese Vorteile wird sich BYD auch beim Marktstart in Europa verlassen und einen langen Atem haben müssen. Neue Marken tun sich vor allem in Deutschland erfahrungsgemäß schwer. Lexus kam nie über eine Nischenrolle hinaus und Infiniti stellte seinen Betrieb ganz ein, obwohl mit Toyota und Nissan Europa-erfahrene Konzerne dahinterstecken. Doch BYD schreckt das nicht ab. Im Gegenteil. Im Jahr 2022 will die Marke 20.000 Autos in Europa verkaufen. Vor dem Hintergrund, dass es 2021 gerade einmal 1.000 Stück waren, ist das ein sehr ambitionierter Plan. Selbst von den ursprünglichen einmal ausgegebenen 200.000 Stück im Jahr 2023 – eine Expansions-Fantasie aus der Vor-Corona-Zeit – ist Wang nie abgerückt.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
China hat seine Militärmanöver im Meeresgebiet und Luftraum um Taiwan nach eigenen Angaben auch am Dienstag fortgesetzt. Der Fokus der Übungen liege diesmal auf Seeblockaden und Nachschubsicherung, teilte das zuständige Einsatzkommando der Volksbefreiungsarmee mit. Taiwan wiederum begann mit eigenen, seit längerem angekündigten Manövern. Vom Süden der Insel aus schoss das Militär mit Haubitzen aufs Meer. Taiwans Außenminister Joseph Wu warf China auf einer Pressekonferenz in Taipeh vor, die Manöver als ein “Playbook”, also eine Art Taktik-Skript zur Vorbereitung einer Invasion der Insel zu nutzen. Man werde sich aber nicht einschüchtern lassen. Eigentlich sollten die Übungen am Sonntag enden.
Laut taiwanischem Verteidigungsministerium wurden bis Dienstagabend 45 chinesische Kampfflugzeuge und zehn Kriegsschiffe in der Nähe der Insel entdeckt. Davon haben 16 chinesische Jets die Mittellinie der Taiwanstraße überflogen.
Wu warnte, Chinas Ambitionen machten nicht bei Taiwan halt. Peking sei entschlossen, die Kontrolle über das Ost- und das Südchinesische Meer auf beiden Seiten der Taiwanstraße zu erlangen und das gesamte Gebiet zu seinen Gewässern zu machen. China führe “groß angelegte Militärübungen und Raketenstarts durch”. Es versuche mit Cyberangriffen, Desinformation und wirtschaftlicher Nötigung, das “Durchhaltevermögen Taiwans zu schwächen”. Er rief die internationale Gemeinschaft zu mehr Unterstützung auf. rtr/nib
Tschechiens Europaminister Mikuláš Bek hat sich für eine härtere Gangart gegenüber Peking ausgesprochen. “Die Beziehungen sind kompliziert. Es ist unrealistisch zu glauben, dass China für Europa ein verlässlicher Partner werden kann“, sagte Bek im Interview mit Europe.Table. Die Europäische Union müsse aufpassen, dass die Fehler im Umgang mit Russland im Falle Chinas nicht wiederholt würden. Bek ist seit Dezember 2021 Minister für europäische Angelegenheiten in der Regierung von Ministerpräsident Petr Fiala in Prag.
Tschechien hält derzeit den Vorsitz des EU-Rats und ist damit für das Agenda-Setting des Rats der Mitgliedsstaaten zuständig. Brüssel müsse auch weiterhin mit der Zusammenarbeit zwischen China und Russland rechnen, so Bek. “Bei diesem Bündnis agieren aber keineswegs gleichberechtigte Partner. China ist viel stärker. Es wird in Russland zu einer größeren Abhängigkeit von China führen.” Die EU müsse als Antwort darauf enger mit Gleichgesinnten und auch der Nato kooperieren, betonte der Europaminister.
Bek schlug vor, als Antwort auf die “Belt and Road”-Initiative chinafreundliche EU-Beitrittskandidaten in Ost- und Südosteuropa effektiver zu umwerben und zu motivieren. Beispielsweise mit Übergangsstadien zwischen Kandidatenstatus und Vollmitgliedschaft: “Wir brauchen eine neue Dynamik im Erweiterungsprozess, um den chinesischen Einfluss in der Region einzudämmen.”
Bek sprach selbstkritisch über das schwierige Verhältnis seines Heimatlandes zu Peking (China.Table berichtete). Tschechien müsse das prochinesische Bild korrigieren: “Durch die Bemühungen des tschechischen Präsidenten Zeman ist der Eindruck zahlreicher Aktivitäten Chinas in unserem Land entstanden”, sagte Bek. “Die Wirklichkeit sieht aber anders aus. Wirtschaftlich ist der Einfluss chinesischer Unternehmen gering geblieben. Für uns ist Taiwan ökonomisch der viel wichtigere Partner als China.” Interview: Hans-Peter Siebenhaar/ari
Ein längerfristiger Ausfall von China als Wachstumsmarkt könnte die Umsatz- und Gewinnziele von Adidas für die Jahre bis 2025 infrage stellen. “Falls sich die ursprünglichen Annahmen dauerhaft ändern, müssten wir auch unsere Ziele anpassen”, sagte Vorstandschef Kasper Rorsted dem “Handelsblatt” in einem am Dienstag veröffentlichten Interview. Er glaube aber nicht an eine endgültige Abkehr des Riesenreichs von westlichen Marken. “Dann hätten alle Firmen in der Welt ein Problem. Aber ich halte das nicht für realistisch. China wird wiederkommen, und dann ist auch der Hebel nach oben groß.” Die Chinesen verfolgten im Fernsehen Basketball aus den USA und Fußball aus Europa. “Da treffen sie immer wieder auf Adidas.”
Im zweiten Quartal war der Umsatz von Adidas in China um 35 Prozent eingebrochen, der zweitgrößte Sportartikelhersteller der Welt musste seine Prognosen für 2022 deshalb jüngst zurücknehmen. Rorsted führt das auf die erneuten Corona-Lockdowns in Großstädten wie Shanghai zurück, räumte aber ein, dass auch die Boykottaufrufe gegen westliche Textilhersteller eine Rolle spielten. Sie verhinderten die Vermarktung über Influencer in sozialen Medien. Der Däne sagte, Adidas habe in China Fehler gemacht. “Wir waren nicht gut genug darin, die Konsumenten zu verstehen. So haben wir den Spielraum für chinesische Wettbewerber geöffnet, die das besser gemacht haben.” Nun würden die Produkte mehr auf den heimischen Geschmack zugeschnitten.
Bis das Geschäft in China wieder anspringt, leite Adidas die Investitionen in andere Märkte um, sagte Rorsted. “Wir bringen so viel Geld wie möglich dorthin, wo Wachstum ist, zum Beispiel in die USA.” Rorsted sagte, er mache sich Sorgen, wie lange die Corona-Pandemie in China ein Thema bleiben werde. “In Europa haben wir eine hohe Impfquote, und vielen Menschen haben sich bereits infiziert. So weit sind wir in China noch nicht.” rtr
Laut einem Bericht von Bloomberg sollen Smartphone-Hersteller ihre Geräte in Indien nicht mehr unter 12.000 Rupien anbieten dürfen – umgerechnet 147 Euro. Von den Maßnahmen der Regierung besonders betroffen wäre die chinesische Marke Xiaomi, die mit einem Marktanteil von über 20 Prozent Marktführer in Indien ist. Laut Schätzungen von Bloomberg würde der Absatz von Xiaomi-Smartphones im Falle eines Dumpingpreis-Verbots jährlich um elf bis 14 Prozent beziehungsweise 20 bis 25 Millionen Stück zurückgehen.
Indien ist nach China der weltweit zweitgrößte Markt für Mobiltelefone. Laut Daten der Marktanalysten von Counterpoint machten Smartphones unter 150 Dollar im zweiten Quartal ein Drittel des indischen Verkaufsvolumens aus, wobei bis zu 80 Prozent der Lieferungen auf chinesische Unternehmen entfielen. Marken wie Apple und Samsung bieten ihre Geräte ohnehin nicht unter 150 Dollar an und wären von einem Verbot von Billig-Handys nicht betroffen, meldet Bloomberg.
Indiens Regierung versucht bereits seit einer Weile, die aggressive Expansion chinesischer Firmen zu stoppen, da lokale Tech-Unternehmen wie Lava und MicroMax kaum mit ihnen konkurrieren können (China.Table berichtete). Zuletzt haben indische Steuerbehörden Untersuchungen bei mehr als 500 chinesischen Unternehmen eingeleitet und Steuerforderungen geltend gemacht. Neben ZTE, Vivo, Xiaomi, Huawei und Oppo sollen auch mehrere Tochterfirmen von Alibaba betroffen sein. Nach einem Grenzkonflikt mit China im Himalaya im Sommer 2020 verbot Neu-Delhi zudem nach und nach mehr als 300 Apps von chinesischen Anbietern. Die chinesischen Netzwerkausrüster Huawei und ZTE sind in Indien zudem vom Ausbau des 5G-Netzes praktisch ausgeschlossen. fpe
Die China Passenger Car Association hat ihre Prognose zum Absatz von E-Autos für das Jahr 2022 von 5,5 auf sechs Millionen angehoben. Im Juli wurden demnach 486.000 E-Autos verkauft, was einen Anteil von über 27 Prozent am Gesamtmarkt ausmacht. Einheimische Hersteller konnten ihren Marktanteil im Juli bei elektrischen Fahrzeugen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um neun Prozent auf 73 Prozent erhöhen.
Im vergangenen Jahr wurden in China fast drei Millionen elektrisch betriebene Autos verkauft – darunter fallen auch Hybrid-Autos (New Energy Vehicles, NEV). Laut Bloomberg-Prognosen könnten in diesem Jahr in der EU 3,2 Millionen und in den USA 1,2 Millionen elektrische Fahrzeuge verkauft werden. nib
Nach zwei Corona-freien Jahren verzeichnet Tibet wieder Infektionen. Nachdem 18 Fälle der Omikron-Variante in der Hauptstadt Lhasa aufgetreten waren, wurden Teile der Stadt in den Lockdown geschickt. Auch der Potala-Palast wurde geschlossen. In der zweitgrößten Stadt Tibets, Shigatse, wurden ebenfalls Verbote erlassen. Die Behörden haben Großveranstaltungen abgesagt, Freizeiteinrichtungen geschlossen und den Reiseverkehr eingeschränkt, wie die Financial Times berichtet. Demnach war es in Tibet zuvor erst zu einem Corona-Fall im Januar 2020 gekommen.
Am Montag verzeichnete Festland-China 939 neue Coronavirus-Infektionen, wie Reuters berichtet. Am Vortag lagen die Neuinfektionen bei 940. Gut die Hälfte der Neuinfektionen wurden in Hainan verzeichnet. Auch in Xinjiang lag die Zahl der Neuinfektionen mit 146 auf einem relativen hohen Stand. Keine neuen Ansteckungen gab es am Montag den offiziellen Angaben zufolge in Peking, Shanghai und Shenzhen. nib
“Ich dachte, ich hätte etwas falsch gemacht, als mich das Weiße Haus anrief”, erinnert sich Ryan Hass im Gespräch mit China.Table. Hat er aber nicht. Denn Präsident Obama wollte Hass in sein China-Team holen. Die vielfältigen Erfahrungen dieser Jahre nützen ihm mittlerweile bei der Analyse der aktuellen Entwicklungen der Beziehungen zwischen China und den USA.
Schon früh zieht es Hass weit weg von zu Hause – zunächst geht er für das Studium von der Westküste der USA an die Ostküste in die Hauptstadt Washington. Aber Hass will im Ausland leben, und er will sich für die Außenbeziehungen seines Landes einsetzen. Im letzten College-Jahr nimmt er an der Aufnahmeprüfung für den diplomatischen Dienst teil. “Ich habe nicht wirklich erwartet, die Prüfung zu bestehen”, gibt Hass zu. Tatsächlich wird er mit 23 Jahren der jüngste Junior-Diplomat seines Jahrgangs.
Das Pentagon bildet Hass dann systematisch für eine Karriere in Asien und insbesondere China aus. “Doch das China, das ich dann kennengelernt habe, unterschied sich sehr von dem China, auf das ich vorbereitet wurde.” Denn Hass kommt 2009 an die US-Botschaft in Peking. Ein Jahr nach der Finanzkrise ist der Westen geschwächt und die Olympischen Spiele haben China neues Selbstbewusstsein verliehen. “Man konnte fühlen, wie sich die tektonischen Platten verschieben”, erinnert sich Hass.
Inmitten dieser Machtverschiebung wird Hass 2013 Direktor für China, Taiwan und die Mongolei im Nationalen Sicherheitsrat des Weißen Hauses – daher der Anruf von Obama. “Es war eine unglaubliche Erfahrung und die Chance meines Lebens, für den Präsidenten zu arbeiten”, so Hass. Er begleitet Obama auf seinen China-Besuchen. Schon damals ist zu spüren, wie sich die amerikanisch-chinesischen Beziehungen verhärten.
China fordert die Vormachtstellung der USA heraus. Die globalen Machtzentren verschieben sich. Wenn Hass einen Blick in die Zukunft wagt, entwirft er jedoch ein differenziertes Bild: Zwar sei Chinas Aufstieg nicht linear, aber Chinas Position im Zentrum der Lieferketten und der Handelsarchitektur sei stark. “Die Welt wird somit multipolarer, aber in dieser Multipolarität ragen die USA und China heraus”. Für beide werde es dadurch immer schwieriger, die Angelegenheiten anderer Länder zu beeinflussen.
Wie sich die USA in der neuen Weltordnung positionieren sollten, analysiert Hass seit 2018 als Senior Fellow bei der renommierten Denkfabrik Brookings Institution. Hass ist sicher: Harter Wettbewerb werde die Beziehungen zwischen den USA und China auf Jahre prägen. Aber genauso die wechselseitige Abhängigkeit beider Länder. Die USA müssen daher versuchen, mit China mitzuhalten, statt es zu bremsen und sich damit selber zu schaden. So wird Innenpolitik zur Außenpolitik. Und der Wettbewerb mit China wird dann mit Investitionen in Schulen, Straßen und Start-ups geführt.
Dennoch gebe es rote Linien, betont Hass. Da wo die USA Chinas revisionistische Außenpolitik ermöglicht, müsse der Wettbewerb aufhören, fordert er und klingt hier wieder mehr wie ein Politiker. Das heißt konkret: Exportbeschränkungen zum Beispiel bei der Halbleiterproduktion. Im Idealfall funktioniere der Wettbewerb dann wie ein Marathon: Fair und mit so wenig Zusammenstößen wie möglich. Wer am Ende den längeren Atem hat, wird sich zeigen. Jonathan Lehrer
Ulf Röller übernimmt zum 1. Oktober die Leitung des ZDF-Studios in Brüssel. Der Fernsehjournalist wechselt aus Peking dorthin, wo er seit September 2019 das ZDF-Ostasien-Studio leitete.
Sebi Karakus ist seit Juli Managing Director bei Sensorview Taiwan. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Seoul hat sich auf Hochfrequenz-Antennen und -Kabel spezialisiert, die unter anderem für den 5G-Ausbau gebraucht werden. Der Experte für Business Development war vorher für Sensorview in Nord- und Südamerika tätig. Sein neuer Einsatzort ist Taipeh.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Beleuchtete Legosteine? Unser heutiges Dessert zeigt eine Hochhauswohnung im Hongkonger Stadtteil Quarry Bay.