der Jahrestag des Krieges in der Ukraine steht unmittelbar vor der Tür. Dass Chinas Chef-Diplomat Wang Yi ausgerechnet in dieser Woche nach Moskau reisen will, kann verschieden interpretiert werden. Entweder als Unterstützung Pekings für den russischen Angriff oder als Teil einer Friedensoffensive, die Wang am Wochenende in München angekündigt hat.
Um im Westen glaubhaft zu wirken, muss Wang auch in die Ukraine reisen, analysiert Michael Radunski, der in den vergangenen Tagen die Hektik und Anspannung während der Sicherheitskonferenz am eigenen Leib erfuhr. Denn eine Friedensoffensive kann nur erfolgreich sein, wenn man glaubhaft zwischen den beiden Kriegsparteien vermittelt. Nur mit einer der beiden Seiten persönlich zu reden, würde Chinas Ambitionen auf Erfolg drastisch schmälern. Zumal die Ukraine bislang mehr Vertrauen in Peking hat als der Westen. Zumindest noch.
Auf dem Mond dagegen, so sollte man meinen, seien territoriale Auseinandersetzungen so weit entfernt wie die Erde, – naja -, vom Mond eben. Und bislang ist das auch so. Doch in den USA wachsen bereits weltliche Sorgen, dass China mit seinem fortschreitenden Weltraumprogramm territoriale Ansprüche stellen könnte in unmittelbarer Nähe des Erdtrabanten. So wie aktuell im Südchinesischen Meer, schreibt Frank Sieren. Sprich: ohne international rechtliche Grundlage.
Das klingt schon alles sehr nach Zukunftsmusik. Bei aller Dynamik in Chinas Raumfahrt sollte den Amerikanern, aber auch uns, der Mond als Streitort von morgen heute noch relativ egal sein. Wir haben ausreichend irdische Sorgen.
Wang Yi befindet sich derzeit auf großer diplomatischer Mission. Nach der Sicherheitskonferenz in München lautete am Montag der nächste Stopp von Chinas oberstem Diplomaten Budapest. Dort habe er zusammen mit Ungarn an einer Friedenslösung für den Ukrainekrieg gearbeitet.
Während die Politik in Washington, Berlin oder Paris noch gespannt auf Chinas Vorstoß wartet, ist Ungarns Regierungschef Victor Orbán bereits voll des Lobes: Der Gast aus Peking wisse “Ungarns China-freundliche Politik hoch zu schätzen”, zitierte ihn die Nachrichtenagentur MTI.
Der nächste Halt wird wesentlich interessanter. Wang wird in Moskau erwartet. Dort soll es eventuell gar ein Treffen mit Präsident Putin geben. “Die Agenda ist sehr umfangreich, es gibt viel zu besprechen”, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Auch dort wird es um Chinas Friedensinitiative gehen.
Die Voraussetzungen für eine chinesische Vermittlung sind zwar grundsätzlich gut. Dennoch hält sich die Hoffnung auf eine erfolgreiche Friedensinitiative in Grenzen. China hat eine eigene Agenda und bringt mit seinem großen Verständnis für Russland letztlich doch nicht die nötige Neutralität mit.
Im Grunde stellen sich aktuell vor allem zwei Fragen: Wie realistisch ist Wangs Ankündigung? Und was ist konkret aus Peking erwarten? Zunächst ist es begrüßen, dass China sich nach drei Jahren Corona-Pandemie wieder zurückmeldet in der Weltpolitik. Viele Probleme lassen sich heutzutage nur noch zusammen mit der zweitgrößten Macht der Welt lösen.
Zudem ist China längst zu einem Land geworden, dessen politische, wirtschaftliche und auch militärische Macht einhergeht mit einem gewissen Grad an Verantwortung. Diesen Anspruch formuliert Peking immer wieder – vor allem, wenn es darum geht, eine neue multipolare Weltordnung zu errichten. Dieser Verantwortung sollte es dann auch in Krisenfällen gerecht werden.
Und im konkreten Fall des Ukrainekrieges wäre China tatsächlich in der Position, zwischen den Kriegsparteien zu vermitteln. Als strategischer Partner Russland verfügt China über einen so guten Draht in den Kreml wie derzeit wohl kein anderes Land. Xi Jinping scheint einer der wenigen Politiker zu sein, die Wladimir Putin tatsächlich von dessen Kriegsmission abbringen könnte.
Gleichzeitig scheint China auch für die Ukraine akzeptabel. Die beiden Länder pflegten in der Vergangenheit gute Beziehungen zueinander. Und selbst die neue, große Nähe zwischen Peking und Moskau scheint für Kiew kein Grund, um Peking als Vermittler abzulehnen. So sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag im Interview mit der Zeitung Welt: “Ich sehe eine Chance für China, eine pragmatische Einschätzung dessen vorzunehmen, was hier passiert.” Am liebsten hätte Selenskyj China gar auf seiner Seite.
Die Voraussetzungen für einen Erfolg von Chinas Friedensoffensive sind also gut. Und dennoch sollte man nicht allzu große Erwartungen mit dem chinesischen Vorstoß verbinden – und zwar aus mehreren Gründen.
Wenn nun in vielen Medien von einem chinesischen Friedensplan für die Ukraine die Rede ist, scheint hier eher der Wunsch der Vater des Gedankens zu sein. Ein umfassender Friedensplan würde Folgendes beinhalten: konkrete Schritte, möglichst auch zeitliche Vorstellungen, Orte, Treffen, Pendeldiplomatie – all das ist von China nicht zu erwarten.
Schon in der Vergangenheit hat China mit ähnlichen Ankündigungen einer großen Vermittlerrolle für Schlagzeilen gesorgt. Die bisherigen Erfolge chinesischer Vermittlungsbemühungen sind allerdings eher mau, sei es in Syrien, Myanmar oder Sudan. Der Grund: Pekings Ansatz zielt vor allem auf mediale Aufmerksamkeit und direkten Zugang zu den lokalen Regierungen.
So vage Wang Yi in München auch blieb, so unvereinbar sind schon die wenigen Punkte, die er nannte.
Das klingt alles schön, bei genauerem Hinsehen widersprechen sich die Vorhaben allerdings: Punkt 1 schützt die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine. Punkt 3 ist allerdings wörtlich die Begründung Russlands, weshalb seine Truppen seit fast einem Jahr Punkt 1 zerschießen.
In diesem Sinne äußerte sich auch der chinesische Sicherheitsexperte Zhou Bo auf der Münchner Sicherheitskonferenz: Der Krieg in der Ukraine stelle zwar eindeutig die Verletzung der Souveränität eines Landes durch ein anderes Land dar. “Aber Chinas Gedanken gehen bei diesem Thema viel weiter, nämlich zu den Gründen”, sagte der chinesische Ex-Militär und heutige Forscher am Center for International Security and Strategy CISS der Qinghua Universität. “Hier sympathisieren wir mit Russland, denn wir wissen, dass Russlands Beweggründe für seine Aktionen die Expansion der Nato ist.”
Das ist keine gute Ausgangslage dafür, in der Ukraine glaubwürdig zu erscheinen. China kritisiert zwar den Übergriff auf das ukrainische Territorium. Es folgt ansonsten jedoch genau der russischen Erzählung vom Vorrücken der Nato, das eine vorbeugende Aktion geradezu notwendig gemacht habe.
Bo erklärt, warum diese Punkte für China wichtig sind. “Man muss berücksichtigen, dass Russland der größte Nachbar Chinas ist. Und deshalb müssen wir schauen, dass unsere Beziehungen mit Russland gut und nachhaltig sind.”
Ebenfalls gegen eine erfolgreiche Vermittlung spricht Chinas eigene Auffassung der Vorgänge. Selbst ein Jahr nach Kriegsausbruch verharmlost Peking die grausamen Kriegshandlungen noch immer als “Krise”. Zudem macht China ausschließlich die USA und die Nato als Provokateure und Auslöser des Kriegs verantwortlich.
Dass es jedoch Russland war, das die Ukraine überfallen hat, ist aus Peking bislang jedenfalls nicht zu hören. Chinas eigene Wahrnehmung als “neutraler Staat” wird deshalb gemeinhin als “pro-russische Neutralität” bezeichnet.
Die Bezeichnung “pro-russische Neutralität” zieht seine Berechtigung nicht nur aus rhetorischen Feinheiten (siehe Punkt 3), sondern auch aus handfesten Taten. Während die USA und Europa ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland fast vollkommen abgebrochen haben, hat der bilaterale Handel zwischen Peking und Moskau seit Kriegsbeginn enorm zugenommen.
Entsprechend skeptisch reagiert man im Westen auf den chinesischen Vorschlag. “Wir wissen, dass China sehr klar die Position Russlands unterstützt”, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen in München. Auch Omid Nouripour ist wenig überzeugt. “Wie soll China mit seiner Nähe zu Russland ernsthaft vermitteln?”, sagte der Ko-Vorsitzende der Grünen zu Table.Media. “Aber warten wir ab, was die Chinesen vorlegen werden.”
Wang Yi wird seinen Besuch in Moskau denn wohl auch als ersten Schritt einer chinesischen Vermittlungsmission verkaufen wollen. Wäre es China wirklich ernst damit, müsste seine nächste Station Kiew lauten.
Hinzukommen neue Vorwürfe seitens der USA. China erwäge die Lieferung von “tödlichen Hilfen” an Russland, sagte US-Außenminister Antony Blinken während der Münchner Sicherheitskonferenz. Er kündigte zugleich an, demnächst entsprechende Beweise vorzulegen. Offen ist bislang, ob Blinken mit “tödlichen Hilfen” direkt Waffenlieferungen meint oder zumindest die Bereitstellung von dual-use-Systemen, also Produkten, die sowohl für zivile als auch militärische Zwecke eingesetzt werden können.
Experten zufolge könnte China Satellitenaufnahmen bereitstellen, die es der russischen Söldnertruppe Wagner ermöglichen, gezielter zuzuschlagen oder hochwertige Elektronikteile, die das russische Militär dringend benötigt.
China jedenfalls wies am Montag derartige Vorwürfe entschieden zurück: “Die Vereinigten Staaten sind nicht in der Position, Forderungen an China zu stellen“, sagte der Sprecher des Außenministeriums in Peking. “Wir werden niemals akzeptieren, dass die USA mit dem Finger auf die chinesisch-russischen Beziehungen zeigen oder uns sogar unter Druck setzen.”
Nicht nur an der Grenze zwischen Luftraum und Weltall kämpfen China und die USA um die Vorherrschaft, sondern auch im Weltall selbst. Hier muss China zwar aufholen, kommt aber erstaunlich schnell voran. Die Volksrepublik betreibt seit Ende 2022 eine permanente Weltraumstation, zwei Astronauten haben Anfang 2023 ihren ersten Weltraumspaziergang durchgeführt. Damit gibt es nun zwei dauerhaft bewohnbare Außenposten der Menschheit im All.
Entstanden ist der Wettbewerb durch die Entscheidung der Amerikaner, die Chinesen von der Internationalen Raumstation (ISS) auszuschließen. Doch die ISS, ein Gemeinschaftsprojekt von USA, Russland, Japan, Kanada und der europäischen Raumfahrtagentur ESA, wird 2031 ausgemustert: zu teuer. Private Investoren sollen einspringen.
Chinas Raumstation hingegen bleibt in Betrieb – egal, was es kostet. Veröffentlicht werden die Zahlen ohnehin nicht. Allerdings ist sie deutlich kleiner als die ISS. Sie wiegt lediglich 66 Tonnen, die ISS das Siebenfache. “Tiangong” kann bis zu sechs Taikonauten beherbergen. In der Regel sollen jedoch nur drei Personen pro Mission an Bord sein. Das ist die Mindestbesetzung für Weltraumspaziergänge. Zwei gehen raus, der dritte Astronaut assistiert von innen. Auf der ISS sind sieben Astronauten. Bei Personalwechsel sind es kurzzeitig sogar elf.
China war im Oktober 2003 nach der ehemaligen Sowjetunion und den Vereinigten Staaten das dritte Land, das einen Astronauten in die Erdumlaufbahn schickte. Der erste Weltraumspaziergang wurde im September 2008 von dem Raumschiff “Shenzhou 7” durchgeführt. Nach nur sieben bemannten Weltallflügen. Und in diesen 20 Jahren ist China im Weltraum sehr weit gekommen: Es betreibt erfolgreich ein Erkundungsfahrzeug auf dem Mars, hat mit der Sonde “Chang’e 5” Gestein vom Mond geholt und als erste Nation überhaupt ein Raumschiff auf der erdabgewandten Seite des Erdtrabanten landen lassen. Allerdings war noch kein Chinese auf dem Mond.
NASA-Chef Bill Nelson warnt bereits vor zu großer Gelassenheit gegenüber dem Wettbewerber: “Wir befinden uns in einem Wettlauf um den Weltraum.” Seine Befürchtung: Die Chinesen könnten auf dem Mond das Gleiche tun wie im Südchinesischen Meer. “Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie dann sagen: Bleibt draußen, wir sind hier. Das ist jetzt unser Territorium.” Das sagt Nelson sicherlich auch, um doch noch mehr Geld zu bekommen.
Die nächste Stufe, die China und die USA planen, ist eine permanente Station auf dem Mond. Auch da ist die NASA auf Privatunternehmer angewiesen. Unter anderem auf Elon Musk. Im März wird er seine neue SpaceX-Rakete in den Orbit schicken, die bislang leistungsstärkste und größte Rakete der Raumfahrtgeschichte. Daran gekoppelt ist Starship, ein wiederverwendbares Raumschiff, das bereits mehrere Testflüge absolvierte – von denen allerdings einige im wahrsten Sinne des Wortes in Feuer aufgingen.
Die NASA will die Musk-Rakete für ihr Artemis-Programm mieten, bei dem es darum geht, wieder Astronauten zum Mond zu schicken. Geplant ist, 2025 zum ersten Mal nach 50 Jahren wieder zum Mond zu fliegen. Die Landfähre soll auch von Musks SpaceX-Programm kommen. Die Chinesen wollen das erst Ende des Jahrzehntes schaffen. In den 2030er-Jahren wollen Amerikaner und Chinesen dort permanente Forschungsstationen errichten.
Rechtlich gesehen sind die Befürchtungen von NASA-Chef Nelson nicht sehr wahrscheinlich. Das Mondrecht ist viel klarer und eindeutiger geregelt als das Seerecht für die von China beanspruchten Inseln im Südchinesischen Meer. Dort besteht die Schwierigkeit, dass das Seerechtsabkommen der Vereinten Nationen von 1982 unter anderem nicht von den USA akzeptiert wird. Die Chinesen haben unterschrieben, fühlen sich aber nicht daran gebunden, weil die Amerikaner nicht dabei sind.
Ein Urteil des Ständigen Schiedshofes in Den Haag vom Juli 2016, in dem die Philippinen erfolgreich versuchten, die umfangreichen territorialen und maritimen Ansprüche Chinas auf rechtlichem Wege zu beschränken, bleibt deswegen bislang folgenlos. Dabei erklärte das Gericht die historische Argumentation Chinas für nicht mit dem Seerecht vereinbar. Es kam auch zu dem Schluss, dass keine der Erhebungen der Spratly-Inseln die Minimalbedingungen einer Insel im Sinne der Seerechtskonvention erfüllt. Damit gelte auch die 200-Meilen-Zone um die Inseln nicht, die China für sich beansprucht.
Im Fall des Mondes ist das viel klarer geregelt. Die drei wichtigsten Länder der Erde haben die Vereinbarung unterschrieben. Bereits 1967 wurde der UN-Weltraumvertrag verabschiedet und von 110 Ländern unterzeichnet, darunter eben auch die USA, China und Russland. Der Vertrag sagt klar, dass kein anderer Planet von einem Land besetzt werden kann und auch die Bodenschätze dort nicht von einem Erdland für reklamiert werden können.
Der Mond oder Teile der Planeten können also nicht amerikanisch oder chinesisch werden. “Es gibt keine Schlupflöcher”, sagt Kai-Uwe Schrogl, Präsident des International Institute of Space Law (IISL) im holländischen Den Haag: “Wer sich nicht daran hält, bricht internationales Recht.” Doch internationales Recht ist oft das Recht des Stärkeren. Insofern sollte die Weltgemeinschaft genau hinschauen, was die USA und China vorhaben.
Die Hongkonger Politik will weitere drastische Eingriffe in das immer weniger unabhängige Rechtssystem der Stadt vornehmen. Auf Geheiß aus Peking schlug das Justizministerium eine entsprechende Verschärfung der aktuellen Gesetzeslage vor. Demnach bliebe es künftig dem Regierungschef der Stadt vorbehalten, ausländische Anwälte in Prozesse bei Verstößen gegen das Nationale Sicherheitsgesetz zuzulassen oder abzulehnen.
Der Entwurf soll am 27. Februar in das Parlament der Stadt eingebracht werden. Grundlage des Entwurfs ist eine Rechtsauslegung des Ständigen Ausschusses von Chinas Nationalem Volkskongress im vergangenen Oktober. Peking hatte die Rechtsauslegung verfasst, nachdem der oppositionelle Hongkonger Verleger und Demokratie-Aktivist Jimmy Lai zu seiner Verteidigung den britischen Strafverteidiger Timothy Owen verpflichtet und das Oberste Gericht in Hongkong den Einspruch des Justizministeriums abgelehnt hatte. grz
In China liegt ein Großteil der Wirtschaftsregionen, die weltweit am stärksten unter den Folgen des Klimawandels leiden könnten. Ein am Montag veröffentlichtes Ranking der Klima-Risikoanalysten XDI verortet 16 der 20 meistgefährdeten Gebiete in der Volksrepublik. Die Spezialisten hatten insgesamt 2.600 wirtschaftlich bedeutende Regionen der Erde ausgewertet.
Die Studie basiert auf einem Temperaturanstieg von drei Grad bis zum Ende des Jahrhunderts. Darauf basierend wird die Küstenprovinz Jiangsu, auf die ein Zehntel der chinesischen Wirtschaftsleistung entfällt, als am stärksten gefährdetes Gebiet eingestuft. Gefolgt vom benachbarten Shandong und der großen Stahlproduktionsregion Hebei. Guangzhou im Süden Chinas landete auf Platz vier. Die von Überschwemmungen gefährdete Zentralprovinz Henan folgt auf Rang fünf.
Die Provinzen seien groß, beherbergten große Industrie-, Handels-, Wohn- sowie Gewerbeflächen und seien dem Anstieg des Meeresspiegels an der Küste sowie Überschwemmungen an Flüssen ausgesetzt, hieß in der XDI-Analyse. Die bisherigen Boom-Regionen könnten deshalb für Investitionen oder Immobilienkäufe in der Zukunft weniger attraktiv werden.
Man wolle sicherstellen, dass jede Investitionsentscheidung klimaresilient getroffen werde, sagte XDI-Geschäftsführer Rohan Hamden. “Infrastrukturinvestitionen haben sich auf Gebiete konzentriert, die traditionell ohnehin sehr risikoreich waren – Flussdeltas, Küstengebiete und relativ flache Gebiete”, sagte Hamden. Die Verlagerung der globalen Fertigung nach Asien habe zu einem erheblichen Anstieg der Infrastrukturinvestitionen in gefährdeten Regionen in China geführt.
Die Prognosen von XDI gehen davon aus, dass extreme Wetterereignisse in diesen Regionen in den kommenden Jahren zunehmen werden. Guangzhous Hauptstadt Guangdong gilt mit dem Anstieg des Meeresspiegels bis 2050 demnach als “wirtschaftlich am stärksten gefährdete Stadt der Welt.” ari
Die Pädagogische Hochschule Hefei in der Provinz Anhui hat einen außerordentlichen Professor nach einem mutmaßlich pro-westlichen Vortrag an einer Mittelschule suspendiert. Das berichtet das chinesische Nachrichtenportal The Paper (澎湃新闻).
Professor Chen Hongyou sagte dem Portal, er fühle sich schuldig, weil einige seiner Aussagen über Ethnien und Geschlechter missverstanden worden seien. Den genauen Inhalt seiner Rede zeichnete The Paper nicht nach. Chen selbst sagt, er habe die Absicht gehabt, die Schüler zu ermutigen, “ihr Schicksal zu ändern und auf die Breite der Gesellschaft und der Welt zuzugehen“.
Aufmerksamkeit in Sozialmedien erhielt der Fall, weil ein Videoausschnitt zeigte, wie ein junger Mann die Bühne betrat, Chen das Mikrofon entriss und diesem vorwarf, den Westen anzupreisen und sich ihm anzubiedern. “Wozu lernen wir hart? Für die große Verjüngung der chinesischen Nation”, brüllte er in Anlehnung an die politische Maxime von Präsident Xi Jinping. “Kreuzt euch nicht mit Amerikanern!“, forderte er die Schüler auf und erntete starken Applaus.
Die Pädagogische Hochschule suspendierte daraufhin Professor Chen, der nun in einer Selbstkritik eigene Fehler formulieren muss. Das Uni-Komitee der Kommunistischen Partei hat eine genaue Untersuchung des Vorfalls und mögliche Konsequenzen angekündigt. Chen hatte sich zuvor die Bezeichnung als “herausragendes Mitglied der Kommunistischen Partei” erworben. Sein Lebenslauf wurden inzwischen von der Internetseite der Uni gelöscht. grz
Seit dem Ende von Chinas Null-Covid-Politik hat der Gütertransport auf der neu gebauten China-Laos-Eisenbahnstrecke deutlich zugenommen. Seit wenigen Tagen werden vor allem landwirtschaftliche Produkte auf der Schienenstrecke zwischen dem südchinesischen Kunming und Thailands Hauptstadt Bangkok transportiert. Rund 420 Kilometer der Strecke verlaufen durch Laos, das als Binnenstaat keine eigene Küste hat und wegen seiner hügeligen Topografie wirtschaftlich schwer zu erschließen ist.
Aussagen thailändischer und laotischer Beamter im Radio Free Asia zufolge würden derzeit allerdings kaum laotische Produkte transportiert. Stattdessen nutzen vor allem Thailand und China die Strecke für ihre Waren. Eröffnet wurde die Strecke zwar schon Ende 2021, für den Warenaustausch relevant wird sie jedoch erst jetzt.
Die Baukosten der Strecke zwischen dem laotischen Grenzübergang Boten bis zur Hauptstadt Vientiane beliefen sich auf knapp sechs Milliarden US-Dollar, von denen mehr als zwei Drittel von China finanziert worden sind. Die laotische Regierung bürgte für die chinesischen Kredite mit Rohstoffen.
Fragen zu Chinas Finanzierung von Infrastrukturprojekten im Rahmen seiner “Belt & Road”-Initiative (BRI) warf kürzlich der UN-Sozialausschuss in Genf auf. Chinas wies konkrete Vorwürfe zurück, Länder wie Sri Lanka und Pakistan in eine Schuldenfalle gelockt zu haben. grz
Im Gespräch mit Christian Göbel wird es schnell technisch, denn der Professor für Sinologie mit sozialwissenschaftlicher Ausrichtung an der Universität Wien ist nicht nur ein Experte für chinesische Protestbewegungen und Regimestabilität, sondern programmiert für seine Forschung auch eigene Algorithmen für maschinelles Lernen.
Ursprünglich hatte Christian Göbel Anglistik und Politologie studiert, bis ihm ein chinesischer Mitbewohner 1993 eine vergleichsweise günstige Reisedestination für die Semesterferien empfahl. In China angekommen, entdeckte Göbel nicht nur das Land für sich, sondern lernte auch viel über sich selbst. Zwei Jahre später kehrte er wieder nach China zurück, landete über Umwege in Taiwan und beschloss, dort zu bleiben. Die nächsten zweieinhalb Jahre studierte er dort Chinesisch, um stärker in die Kultur einzutauchen. Geld verdiente er nebenbei als Englischlehrer.
Zurück in Deutschland entschied er sich endgültig gegen Anglistik und für Sinologie – und promovierte dann zur Steuerreform im ländlichen China. Seit knapp zehn Jahren arbeitet Christian Göbel jetzt als Professor an der Universität Wien, wo er die damals neu geschaffene Professur für Sinologie mit sozialwissenschaftlicher Ausrichtung annahm.
Schon früh erkannte Göbel das Potenzial der technischen Auswertung von Online-Materialien, “auch aus der Tatsache heraus, dass Forschen in China ab 2014 sehr schwer geworden ist”, sagt er. Interviews mit örtlichen Politikern, bis dato sein tägliches Brot, waren kaum noch möglich, weil sich kaum jemand noch zu Gesprächen bereit erklärte. Darum brachte er sich Programmieren bei, schrieb bald seine eigenen Web-Scraping- und Machine-Learning-Algorithmen und nutzt diese seither, um unter anderem Daten zu Protestbewegungen aus den chinesischen Sozialmedien zu analysieren und zu visualisieren.
Seine Forschungen haben gezeigt, dass in China schon lange vor Corona fast täglich Proteste stattfanden. Diese bezogen sich meist auf Fragen des Arbeitsrechts, der Bildung oder den Immobiliensektor. Ihre Intensität habe aber zugenommen.
Dass sich dadurch in nächster Zeit Proteste entwickeln könnten, die die Regierung direkt herausfordern, glaubt der Forscher aber “derzeit überhaupt nicht”. Diejenigen, die wirklich gegen die Partei sind, seien eine kleine Minderheit. “Diejenigen, die wirklich dafür sind, sind aber auch eine kleine Minderheit. Die meisten befinden sich pragmatisch in der Mitte und können jederzeit auf die eine oder andere Seite gehen.”
Durch die Wiederholung von negativen Nachrichten und Erlebnissen baue sich in letzter Zeit jedoch Unmut auf, der sowohl die Bereitschaft, sich eines Tages einem regimekritischen Protest anzuschließen, als auch die Wahrscheinlichkeit von größeren, gewaltsamen Ausschreitungen erhöhe, erklärt Göbel. Clemens Ruben
Navin Hossain ist neuer Key Account Director beim deutschen Property-Management-Anbieter GSN Property Services in Shanghai. Hossain war zuvor Regionalmanager bei der deutschen Auslandshandelskammer in China.
Zhang Yanhui ist neuer chinesischer Botschafter in El Salvador. Er folgt auf Ou Jianhong.
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Zwei Bullen gehen beim Lieshen-Festival der Li-Ethnie in Yiliang in der Provinz Yunnan vor voll besetzten Zuschauerrängen aufeinander los. Stierkämpfe – auch mit menschlicher Beteiligung – haben in den vergangenen Jahren eine Renaissance in China erlebt.
der Jahrestag des Krieges in der Ukraine steht unmittelbar vor der Tür. Dass Chinas Chef-Diplomat Wang Yi ausgerechnet in dieser Woche nach Moskau reisen will, kann verschieden interpretiert werden. Entweder als Unterstützung Pekings für den russischen Angriff oder als Teil einer Friedensoffensive, die Wang am Wochenende in München angekündigt hat.
Um im Westen glaubhaft zu wirken, muss Wang auch in die Ukraine reisen, analysiert Michael Radunski, der in den vergangenen Tagen die Hektik und Anspannung während der Sicherheitskonferenz am eigenen Leib erfuhr. Denn eine Friedensoffensive kann nur erfolgreich sein, wenn man glaubhaft zwischen den beiden Kriegsparteien vermittelt. Nur mit einer der beiden Seiten persönlich zu reden, würde Chinas Ambitionen auf Erfolg drastisch schmälern. Zumal die Ukraine bislang mehr Vertrauen in Peking hat als der Westen. Zumindest noch.
Auf dem Mond dagegen, so sollte man meinen, seien territoriale Auseinandersetzungen so weit entfernt wie die Erde, – naja -, vom Mond eben. Und bislang ist das auch so. Doch in den USA wachsen bereits weltliche Sorgen, dass China mit seinem fortschreitenden Weltraumprogramm territoriale Ansprüche stellen könnte in unmittelbarer Nähe des Erdtrabanten. So wie aktuell im Südchinesischen Meer, schreibt Frank Sieren. Sprich: ohne international rechtliche Grundlage.
Das klingt schon alles sehr nach Zukunftsmusik. Bei aller Dynamik in Chinas Raumfahrt sollte den Amerikanern, aber auch uns, der Mond als Streitort von morgen heute noch relativ egal sein. Wir haben ausreichend irdische Sorgen.
Wang Yi befindet sich derzeit auf großer diplomatischer Mission. Nach der Sicherheitskonferenz in München lautete am Montag der nächste Stopp von Chinas oberstem Diplomaten Budapest. Dort habe er zusammen mit Ungarn an einer Friedenslösung für den Ukrainekrieg gearbeitet.
Während die Politik in Washington, Berlin oder Paris noch gespannt auf Chinas Vorstoß wartet, ist Ungarns Regierungschef Victor Orbán bereits voll des Lobes: Der Gast aus Peking wisse “Ungarns China-freundliche Politik hoch zu schätzen”, zitierte ihn die Nachrichtenagentur MTI.
Der nächste Halt wird wesentlich interessanter. Wang wird in Moskau erwartet. Dort soll es eventuell gar ein Treffen mit Präsident Putin geben. “Die Agenda ist sehr umfangreich, es gibt viel zu besprechen”, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Auch dort wird es um Chinas Friedensinitiative gehen.
Die Voraussetzungen für eine chinesische Vermittlung sind zwar grundsätzlich gut. Dennoch hält sich die Hoffnung auf eine erfolgreiche Friedensinitiative in Grenzen. China hat eine eigene Agenda und bringt mit seinem großen Verständnis für Russland letztlich doch nicht die nötige Neutralität mit.
Im Grunde stellen sich aktuell vor allem zwei Fragen: Wie realistisch ist Wangs Ankündigung? Und was ist konkret aus Peking erwarten? Zunächst ist es begrüßen, dass China sich nach drei Jahren Corona-Pandemie wieder zurückmeldet in der Weltpolitik. Viele Probleme lassen sich heutzutage nur noch zusammen mit der zweitgrößten Macht der Welt lösen.
Zudem ist China längst zu einem Land geworden, dessen politische, wirtschaftliche und auch militärische Macht einhergeht mit einem gewissen Grad an Verantwortung. Diesen Anspruch formuliert Peking immer wieder – vor allem, wenn es darum geht, eine neue multipolare Weltordnung zu errichten. Dieser Verantwortung sollte es dann auch in Krisenfällen gerecht werden.
Und im konkreten Fall des Ukrainekrieges wäre China tatsächlich in der Position, zwischen den Kriegsparteien zu vermitteln. Als strategischer Partner Russland verfügt China über einen so guten Draht in den Kreml wie derzeit wohl kein anderes Land. Xi Jinping scheint einer der wenigen Politiker zu sein, die Wladimir Putin tatsächlich von dessen Kriegsmission abbringen könnte.
Gleichzeitig scheint China auch für die Ukraine akzeptabel. Die beiden Länder pflegten in der Vergangenheit gute Beziehungen zueinander. Und selbst die neue, große Nähe zwischen Peking und Moskau scheint für Kiew kein Grund, um Peking als Vermittler abzulehnen. So sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag im Interview mit der Zeitung Welt: “Ich sehe eine Chance für China, eine pragmatische Einschätzung dessen vorzunehmen, was hier passiert.” Am liebsten hätte Selenskyj China gar auf seiner Seite.
Die Voraussetzungen für einen Erfolg von Chinas Friedensoffensive sind also gut. Und dennoch sollte man nicht allzu große Erwartungen mit dem chinesischen Vorstoß verbinden – und zwar aus mehreren Gründen.
Wenn nun in vielen Medien von einem chinesischen Friedensplan für die Ukraine die Rede ist, scheint hier eher der Wunsch der Vater des Gedankens zu sein. Ein umfassender Friedensplan würde Folgendes beinhalten: konkrete Schritte, möglichst auch zeitliche Vorstellungen, Orte, Treffen, Pendeldiplomatie – all das ist von China nicht zu erwarten.
Schon in der Vergangenheit hat China mit ähnlichen Ankündigungen einer großen Vermittlerrolle für Schlagzeilen gesorgt. Die bisherigen Erfolge chinesischer Vermittlungsbemühungen sind allerdings eher mau, sei es in Syrien, Myanmar oder Sudan. Der Grund: Pekings Ansatz zielt vor allem auf mediale Aufmerksamkeit und direkten Zugang zu den lokalen Regierungen.
So vage Wang Yi in München auch blieb, so unvereinbar sind schon die wenigen Punkte, die er nannte.
Das klingt alles schön, bei genauerem Hinsehen widersprechen sich die Vorhaben allerdings: Punkt 1 schützt die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine. Punkt 3 ist allerdings wörtlich die Begründung Russlands, weshalb seine Truppen seit fast einem Jahr Punkt 1 zerschießen.
In diesem Sinne äußerte sich auch der chinesische Sicherheitsexperte Zhou Bo auf der Münchner Sicherheitskonferenz: Der Krieg in der Ukraine stelle zwar eindeutig die Verletzung der Souveränität eines Landes durch ein anderes Land dar. “Aber Chinas Gedanken gehen bei diesem Thema viel weiter, nämlich zu den Gründen”, sagte der chinesische Ex-Militär und heutige Forscher am Center for International Security and Strategy CISS der Qinghua Universität. “Hier sympathisieren wir mit Russland, denn wir wissen, dass Russlands Beweggründe für seine Aktionen die Expansion der Nato ist.”
Das ist keine gute Ausgangslage dafür, in der Ukraine glaubwürdig zu erscheinen. China kritisiert zwar den Übergriff auf das ukrainische Territorium. Es folgt ansonsten jedoch genau der russischen Erzählung vom Vorrücken der Nato, das eine vorbeugende Aktion geradezu notwendig gemacht habe.
Bo erklärt, warum diese Punkte für China wichtig sind. “Man muss berücksichtigen, dass Russland der größte Nachbar Chinas ist. Und deshalb müssen wir schauen, dass unsere Beziehungen mit Russland gut und nachhaltig sind.”
Ebenfalls gegen eine erfolgreiche Vermittlung spricht Chinas eigene Auffassung der Vorgänge. Selbst ein Jahr nach Kriegsausbruch verharmlost Peking die grausamen Kriegshandlungen noch immer als “Krise”. Zudem macht China ausschließlich die USA und die Nato als Provokateure und Auslöser des Kriegs verantwortlich.
Dass es jedoch Russland war, das die Ukraine überfallen hat, ist aus Peking bislang jedenfalls nicht zu hören. Chinas eigene Wahrnehmung als “neutraler Staat” wird deshalb gemeinhin als “pro-russische Neutralität” bezeichnet.
Die Bezeichnung “pro-russische Neutralität” zieht seine Berechtigung nicht nur aus rhetorischen Feinheiten (siehe Punkt 3), sondern auch aus handfesten Taten. Während die USA und Europa ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland fast vollkommen abgebrochen haben, hat der bilaterale Handel zwischen Peking und Moskau seit Kriegsbeginn enorm zugenommen.
Entsprechend skeptisch reagiert man im Westen auf den chinesischen Vorschlag. “Wir wissen, dass China sehr klar die Position Russlands unterstützt”, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen in München. Auch Omid Nouripour ist wenig überzeugt. “Wie soll China mit seiner Nähe zu Russland ernsthaft vermitteln?”, sagte der Ko-Vorsitzende der Grünen zu Table.Media. “Aber warten wir ab, was die Chinesen vorlegen werden.”
Wang Yi wird seinen Besuch in Moskau denn wohl auch als ersten Schritt einer chinesischen Vermittlungsmission verkaufen wollen. Wäre es China wirklich ernst damit, müsste seine nächste Station Kiew lauten.
Hinzukommen neue Vorwürfe seitens der USA. China erwäge die Lieferung von “tödlichen Hilfen” an Russland, sagte US-Außenminister Antony Blinken während der Münchner Sicherheitskonferenz. Er kündigte zugleich an, demnächst entsprechende Beweise vorzulegen. Offen ist bislang, ob Blinken mit “tödlichen Hilfen” direkt Waffenlieferungen meint oder zumindest die Bereitstellung von dual-use-Systemen, also Produkten, die sowohl für zivile als auch militärische Zwecke eingesetzt werden können.
Experten zufolge könnte China Satellitenaufnahmen bereitstellen, die es der russischen Söldnertruppe Wagner ermöglichen, gezielter zuzuschlagen oder hochwertige Elektronikteile, die das russische Militär dringend benötigt.
China jedenfalls wies am Montag derartige Vorwürfe entschieden zurück: “Die Vereinigten Staaten sind nicht in der Position, Forderungen an China zu stellen“, sagte der Sprecher des Außenministeriums in Peking. “Wir werden niemals akzeptieren, dass die USA mit dem Finger auf die chinesisch-russischen Beziehungen zeigen oder uns sogar unter Druck setzen.”
Nicht nur an der Grenze zwischen Luftraum und Weltall kämpfen China und die USA um die Vorherrschaft, sondern auch im Weltall selbst. Hier muss China zwar aufholen, kommt aber erstaunlich schnell voran. Die Volksrepublik betreibt seit Ende 2022 eine permanente Weltraumstation, zwei Astronauten haben Anfang 2023 ihren ersten Weltraumspaziergang durchgeführt. Damit gibt es nun zwei dauerhaft bewohnbare Außenposten der Menschheit im All.
Entstanden ist der Wettbewerb durch die Entscheidung der Amerikaner, die Chinesen von der Internationalen Raumstation (ISS) auszuschließen. Doch die ISS, ein Gemeinschaftsprojekt von USA, Russland, Japan, Kanada und der europäischen Raumfahrtagentur ESA, wird 2031 ausgemustert: zu teuer. Private Investoren sollen einspringen.
Chinas Raumstation hingegen bleibt in Betrieb – egal, was es kostet. Veröffentlicht werden die Zahlen ohnehin nicht. Allerdings ist sie deutlich kleiner als die ISS. Sie wiegt lediglich 66 Tonnen, die ISS das Siebenfache. “Tiangong” kann bis zu sechs Taikonauten beherbergen. In der Regel sollen jedoch nur drei Personen pro Mission an Bord sein. Das ist die Mindestbesetzung für Weltraumspaziergänge. Zwei gehen raus, der dritte Astronaut assistiert von innen. Auf der ISS sind sieben Astronauten. Bei Personalwechsel sind es kurzzeitig sogar elf.
China war im Oktober 2003 nach der ehemaligen Sowjetunion und den Vereinigten Staaten das dritte Land, das einen Astronauten in die Erdumlaufbahn schickte. Der erste Weltraumspaziergang wurde im September 2008 von dem Raumschiff “Shenzhou 7” durchgeführt. Nach nur sieben bemannten Weltallflügen. Und in diesen 20 Jahren ist China im Weltraum sehr weit gekommen: Es betreibt erfolgreich ein Erkundungsfahrzeug auf dem Mars, hat mit der Sonde “Chang’e 5” Gestein vom Mond geholt und als erste Nation überhaupt ein Raumschiff auf der erdabgewandten Seite des Erdtrabanten landen lassen. Allerdings war noch kein Chinese auf dem Mond.
NASA-Chef Bill Nelson warnt bereits vor zu großer Gelassenheit gegenüber dem Wettbewerber: “Wir befinden uns in einem Wettlauf um den Weltraum.” Seine Befürchtung: Die Chinesen könnten auf dem Mond das Gleiche tun wie im Südchinesischen Meer. “Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie dann sagen: Bleibt draußen, wir sind hier. Das ist jetzt unser Territorium.” Das sagt Nelson sicherlich auch, um doch noch mehr Geld zu bekommen.
Die nächste Stufe, die China und die USA planen, ist eine permanente Station auf dem Mond. Auch da ist die NASA auf Privatunternehmer angewiesen. Unter anderem auf Elon Musk. Im März wird er seine neue SpaceX-Rakete in den Orbit schicken, die bislang leistungsstärkste und größte Rakete der Raumfahrtgeschichte. Daran gekoppelt ist Starship, ein wiederverwendbares Raumschiff, das bereits mehrere Testflüge absolvierte – von denen allerdings einige im wahrsten Sinne des Wortes in Feuer aufgingen.
Die NASA will die Musk-Rakete für ihr Artemis-Programm mieten, bei dem es darum geht, wieder Astronauten zum Mond zu schicken. Geplant ist, 2025 zum ersten Mal nach 50 Jahren wieder zum Mond zu fliegen. Die Landfähre soll auch von Musks SpaceX-Programm kommen. Die Chinesen wollen das erst Ende des Jahrzehntes schaffen. In den 2030er-Jahren wollen Amerikaner und Chinesen dort permanente Forschungsstationen errichten.
Rechtlich gesehen sind die Befürchtungen von NASA-Chef Nelson nicht sehr wahrscheinlich. Das Mondrecht ist viel klarer und eindeutiger geregelt als das Seerecht für die von China beanspruchten Inseln im Südchinesischen Meer. Dort besteht die Schwierigkeit, dass das Seerechtsabkommen der Vereinten Nationen von 1982 unter anderem nicht von den USA akzeptiert wird. Die Chinesen haben unterschrieben, fühlen sich aber nicht daran gebunden, weil die Amerikaner nicht dabei sind.
Ein Urteil des Ständigen Schiedshofes in Den Haag vom Juli 2016, in dem die Philippinen erfolgreich versuchten, die umfangreichen territorialen und maritimen Ansprüche Chinas auf rechtlichem Wege zu beschränken, bleibt deswegen bislang folgenlos. Dabei erklärte das Gericht die historische Argumentation Chinas für nicht mit dem Seerecht vereinbar. Es kam auch zu dem Schluss, dass keine der Erhebungen der Spratly-Inseln die Minimalbedingungen einer Insel im Sinne der Seerechtskonvention erfüllt. Damit gelte auch die 200-Meilen-Zone um die Inseln nicht, die China für sich beansprucht.
Im Fall des Mondes ist das viel klarer geregelt. Die drei wichtigsten Länder der Erde haben die Vereinbarung unterschrieben. Bereits 1967 wurde der UN-Weltraumvertrag verabschiedet und von 110 Ländern unterzeichnet, darunter eben auch die USA, China und Russland. Der Vertrag sagt klar, dass kein anderer Planet von einem Land besetzt werden kann und auch die Bodenschätze dort nicht von einem Erdland für reklamiert werden können.
Der Mond oder Teile der Planeten können also nicht amerikanisch oder chinesisch werden. “Es gibt keine Schlupflöcher”, sagt Kai-Uwe Schrogl, Präsident des International Institute of Space Law (IISL) im holländischen Den Haag: “Wer sich nicht daran hält, bricht internationales Recht.” Doch internationales Recht ist oft das Recht des Stärkeren. Insofern sollte die Weltgemeinschaft genau hinschauen, was die USA und China vorhaben.
Die Hongkonger Politik will weitere drastische Eingriffe in das immer weniger unabhängige Rechtssystem der Stadt vornehmen. Auf Geheiß aus Peking schlug das Justizministerium eine entsprechende Verschärfung der aktuellen Gesetzeslage vor. Demnach bliebe es künftig dem Regierungschef der Stadt vorbehalten, ausländische Anwälte in Prozesse bei Verstößen gegen das Nationale Sicherheitsgesetz zuzulassen oder abzulehnen.
Der Entwurf soll am 27. Februar in das Parlament der Stadt eingebracht werden. Grundlage des Entwurfs ist eine Rechtsauslegung des Ständigen Ausschusses von Chinas Nationalem Volkskongress im vergangenen Oktober. Peking hatte die Rechtsauslegung verfasst, nachdem der oppositionelle Hongkonger Verleger und Demokratie-Aktivist Jimmy Lai zu seiner Verteidigung den britischen Strafverteidiger Timothy Owen verpflichtet und das Oberste Gericht in Hongkong den Einspruch des Justizministeriums abgelehnt hatte. grz
In China liegt ein Großteil der Wirtschaftsregionen, die weltweit am stärksten unter den Folgen des Klimawandels leiden könnten. Ein am Montag veröffentlichtes Ranking der Klima-Risikoanalysten XDI verortet 16 der 20 meistgefährdeten Gebiete in der Volksrepublik. Die Spezialisten hatten insgesamt 2.600 wirtschaftlich bedeutende Regionen der Erde ausgewertet.
Die Studie basiert auf einem Temperaturanstieg von drei Grad bis zum Ende des Jahrhunderts. Darauf basierend wird die Küstenprovinz Jiangsu, auf die ein Zehntel der chinesischen Wirtschaftsleistung entfällt, als am stärksten gefährdetes Gebiet eingestuft. Gefolgt vom benachbarten Shandong und der großen Stahlproduktionsregion Hebei. Guangzhou im Süden Chinas landete auf Platz vier. Die von Überschwemmungen gefährdete Zentralprovinz Henan folgt auf Rang fünf.
Die Provinzen seien groß, beherbergten große Industrie-, Handels-, Wohn- sowie Gewerbeflächen und seien dem Anstieg des Meeresspiegels an der Küste sowie Überschwemmungen an Flüssen ausgesetzt, hieß in der XDI-Analyse. Die bisherigen Boom-Regionen könnten deshalb für Investitionen oder Immobilienkäufe in der Zukunft weniger attraktiv werden.
Man wolle sicherstellen, dass jede Investitionsentscheidung klimaresilient getroffen werde, sagte XDI-Geschäftsführer Rohan Hamden. “Infrastrukturinvestitionen haben sich auf Gebiete konzentriert, die traditionell ohnehin sehr risikoreich waren – Flussdeltas, Küstengebiete und relativ flache Gebiete”, sagte Hamden. Die Verlagerung der globalen Fertigung nach Asien habe zu einem erheblichen Anstieg der Infrastrukturinvestitionen in gefährdeten Regionen in China geführt.
Die Prognosen von XDI gehen davon aus, dass extreme Wetterereignisse in diesen Regionen in den kommenden Jahren zunehmen werden. Guangzhous Hauptstadt Guangdong gilt mit dem Anstieg des Meeresspiegels bis 2050 demnach als “wirtschaftlich am stärksten gefährdete Stadt der Welt.” ari
Die Pädagogische Hochschule Hefei in der Provinz Anhui hat einen außerordentlichen Professor nach einem mutmaßlich pro-westlichen Vortrag an einer Mittelschule suspendiert. Das berichtet das chinesische Nachrichtenportal The Paper (澎湃新闻).
Professor Chen Hongyou sagte dem Portal, er fühle sich schuldig, weil einige seiner Aussagen über Ethnien und Geschlechter missverstanden worden seien. Den genauen Inhalt seiner Rede zeichnete The Paper nicht nach. Chen selbst sagt, er habe die Absicht gehabt, die Schüler zu ermutigen, “ihr Schicksal zu ändern und auf die Breite der Gesellschaft und der Welt zuzugehen“.
Aufmerksamkeit in Sozialmedien erhielt der Fall, weil ein Videoausschnitt zeigte, wie ein junger Mann die Bühne betrat, Chen das Mikrofon entriss und diesem vorwarf, den Westen anzupreisen und sich ihm anzubiedern. “Wozu lernen wir hart? Für die große Verjüngung der chinesischen Nation”, brüllte er in Anlehnung an die politische Maxime von Präsident Xi Jinping. “Kreuzt euch nicht mit Amerikanern!“, forderte er die Schüler auf und erntete starken Applaus.
Die Pädagogische Hochschule suspendierte daraufhin Professor Chen, der nun in einer Selbstkritik eigene Fehler formulieren muss. Das Uni-Komitee der Kommunistischen Partei hat eine genaue Untersuchung des Vorfalls und mögliche Konsequenzen angekündigt. Chen hatte sich zuvor die Bezeichnung als “herausragendes Mitglied der Kommunistischen Partei” erworben. Sein Lebenslauf wurden inzwischen von der Internetseite der Uni gelöscht. grz
Seit dem Ende von Chinas Null-Covid-Politik hat der Gütertransport auf der neu gebauten China-Laos-Eisenbahnstrecke deutlich zugenommen. Seit wenigen Tagen werden vor allem landwirtschaftliche Produkte auf der Schienenstrecke zwischen dem südchinesischen Kunming und Thailands Hauptstadt Bangkok transportiert. Rund 420 Kilometer der Strecke verlaufen durch Laos, das als Binnenstaat keine eigene Küste hat und wegen seiner hügeligen Topografie wirtschaftlich schwer zu erschließen ist.
Aussagen thailändischer und laotischer Beamter im Radio Free Asia zufolge würden derzeit allerdings kaum laotische Produkte transportiert. Stattdessen nutzen vor allem Thailand und China die Strecke für ihre Waren. Eröffnet wurde die Strecke zwar schon Ende 2021, für den Warenaustausch relevant wird sie jedoch erst jetzt.
Die Baukosten der Strecke zwischen dem laotischen Grenzübergang Boten bis zur Hauptstadt Vientiane beliefen sich auf knapp sechs Milliarden US-Dollar, von denen mehr als zwei Drittel von China finanziert worden sind. Die laotische Regierung bürgte für die chinesischen Kredite mit Rohstoffen.
Fragen zu Chinas Finanzierung von Infrastrukturprojekten im Rahmen seiner “Belt & Road”-Initiative (BRI) warf kürzlich der UN-Sozialausschuss in Genf auf. Chinas wies konkrete Vorwürfe zurück, Länder wie Sri Lanka und Pakistan in eine Schuldenfalle gelockt zu haben. grz
Im Gespräch mit Christian Göbel wird es schnell technisch, denn der Professor für Sinologie mit sozialwissenschaftlicher Ausrichtung an der Universität Wien ist nicht nur ein Experte für chinesische Protestbewegungen und Regimestabilität, sondern programmiert für seine Forschung auch eigene Algorithmen für maschinelles Lernen.
Ursprünglich hatte Christian Göbel Anglistik und Politologie studiert, bis ihm ein chinesischer Mitbewohner 1993 eine vergleichsweise günstige Reisedestination für die Semesterferien empfahl. In China angekommen, entdeckte Göbel nicht nur das Land für sich, sondern lernte auch viel über sich selbst. Zwei Jahre später kehrte er wieder nach China zurück, landete über Umwege in Taiwan und beschloss, dort zu bleiben. Die nächsten zweieinhalb Jahre studierte er dort Chinesisch, um stärker in die Kultur einzutauchen. Geld verdiente er nebenbei als Englischlehrer.
Zurück in Deutschland entschied er sich endgültig gegen Anglistik und für Sinologie – und promovierte dann zur Steuerreform im ländlichen China. Seit knapp zehn Jahren arbeitet Christian Göbel jetzt als Professor an der Universität Wien, wo er die damals neu geschaffene Professur für Sinologie mit sozialwissenschaftlicher Ausrichtung annahm.
Schon früh erkannte Göbel das Potenzial der technischen Auswertung von Online-Materialien, “auch aus der Tatsache heraus, dass Forschen in China ab 2014 sehr schwer geworden ist”, sagt er. Interviews mit örtlichen Politikern, bis dato sein tägliches Brot, waren kaum noch möglich, weil sich kaum jemand noch zu Gesprächen bereit erklärte. Darum brachte er sich Programmieren bei, schrieb bald seine eigenen Web-Scraping- und Machine-Learning-Algorithmen und nutzt diese seither, um unter anderem Daten zu Protestbewegungen aus den chinesischen Sozialmedien zu analysieren und zu visualisieren.
Seine Forschungen haben gezeigt, dass in China schon lange vor Corona fast täglich Proteste stattfanden. Diese bezogen sich meist auf Fragen des Arbeitsrechts, der Bildung oder den Immobiliensektor. Ihre Intensität habe aber zugenommen.
Dass sich dadurch in nächster Zeit Proteste entwickeln könnten, die die Regierung direkt herausfordern, glaubt der Forscher aber “derzeit überhaupt nicht”. Diejenigen, die wirklich gegen die Partei sind, seien eine kleine Minderheit. “Diejenigen, die wirklich dafür sind, sind aber auch eine kleine Minderheit. Die meisten befinden sich pragmatisch in der Mitte und können jederzeit auf die eine oder andere Seite gehen.”
Durch die Wiederholung von negativen Nachrichten und Erlebnissen baue sich in letzter Zeit jedoch Unmut auf, der sowohl die Bereitschaft, sich eines Tages einem regimekritischen Protest anzuschließen, als auch die Wahrscheinlichkeit von größeren, gewaltsamen Ausschreitungen erhöhe, erklärt Göbel. Clemens Ruben
Navin Hossain ist neuer Key Account Director beim deutschen Property-Management-Anbieter GSN Property Services in Shanghai. Hossain war zuvor Regionalmanager bei der deutschen Auslandshandelskammer in China.
Zhang Yanhui ist neuer chinesischer Botschafter in El Salvador. Er folgt auf Ou Jianhong.
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Zwei Bullen gehen beim Lieshen-Festival der Li-Ethnie in Yiliang in der Provinz Yunnan vor voll besetzten Zuschauerrängen aufeinander los. Stierkämpfe – auch mit menschlicher Beteiligung – haben in den vergangenen Jahren eine Renaissance in China erlebt.