Table.Briefing: China

Bedrohte Biodiversität + Xpengs Europa-Pläne

  • China unternimmt zu wenig gegen Artensterben
  • Xpeng strebt nach Europa
  • Weiter Dürre in Teilen des Landes
  • Behörden drosseln Aluminium-Produktion
  • BYD kauft Land für Werk in Thailand
  • Standpunkt: Dürre zeigt Gefahren der Klimakrise für die Landwirtschaft
Liebe Leserin, lieber Leser,

Chinas Unternehmen sind wichtige Player in der globalen Transformation hin zu mehr Klimaschutz. Sie dominieren die Solar-Lieferketten und wachsen auch im Bereich der Windenergie sehr stark. Bei E-Autos sind die Pläne ebenfalls ambitioniert, wie Christian Domke Seidel berichtet. Die Hersteller werden vom Staat angehalten, bald einen größeren Teil ihrer Produkte im Ausland zu verkaufen. Auch die Hoffnung auf noch größere Absätze lässt die Anbieter auf Auslandsmärkte streben. Doch der europäische Markt gilt als besonders schwieriges Terrain – das liegt an anderen Kundenwünschen, mangelnder Lade-Infrastruktur und dem Fehlen eines Vertriebsnetzes.

Beim derzeitigen Artensterben kommt man kaum hinterher. Täglich sterben circa 150 Planzen- und Tierarten. In China machte zuletzt das Aussterben des Dugongs Schlagzeilen. Forscher haben den als Seeschwein bekannten Meeressäuger für ausgestorben erklärt. Überfischung und Schiffsunfälle führten wohl zu seinem tragischen Abschied vom Planeten Erde. Auch der Klimawandel und das Vordringen des Menschen sind für viele Artenverluste verantwortlich. Die Volksrepublik wollte gegen das Artensterben eigentlich ins Feld ziehen und hatte nicht zuletzt bei der Biodiversitätskonferenz in Kunming Großes versprochen. Bei der Umsetzung hapert es nun allerdings massiv, wie Ning Wang analysiert.

Vor allem die Auslandsprojekte Chinas tragen nur wenig zum Erhalt der Biodiversität bei – im Gegenteil. Und hinzu kommt noch: Die Aussichten dafür, dass es gelingen wird, auf der COP-Biodiversitätskonferenz im Dezember weltweit gültige Ziele zu vereinbaren, sind alles andere als rosig.

Ihr
Nico Beckert
Bild von Nico  Beckert

Analyse

Leere Versprechen beim Artenschutz

Besucher bei einer Ausstellung zur Weltnaturkonferenz COP15 in Kunming in der Provinz Yunnan im Oktober vergangenen Jahres - China tut zu wenig für den Artenschutz.
Besucher bei einer Ausstellung zur Weltnaturkonferenz COP15 in Kunming in der Provinz Yunnan im Oktober vergangenen Jahres

Es gibt noch geschätzt acht Millionen Tier- und Pflanzenarten auf der Erde, zehn Prozent davon kommen auch in China vor. Ob es der (rote) Panda, Schneeleoparden oder Alligatoren sind: Die Lebensräume vieler Arten sind durch die Ausbreitung des Menschen und die Zerstörung von Lebensräumen immer kleiner geworden. Die Ausweitung landwirtschaftlicher Flächen, die Versiegelung von Flächen und das Abholzen von Wäldern sind zentrale Faktoren, weshalb Tiere aus ihren Lebensräumen verdrängt werden und immer mehr Pflanzenarten verschwinden. Laut Weltbiodiversitätsrat (IPBES) sind etwa eine Million Tier- und Pflanzenarten akut vom Aussterben bedroht.

Weil China eines der Länder mit den meisten Tier- und Pflanzenarten ist, hat die Pekinger Führung im Jahr 2012 den Beginn einer neuen Ära zum Schutz der biologischen Vielfalt ausgerufen. Chinesische Wissenschaftler sparen nicht mit Lobgesang auf die bisher erreichten Errungenschaften, wenn es um die Erhaltung der biologischen Vielfalt im eigenen Land geht. Laut Huang Chengming, Professor am Zoologischen Institut der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (CAS), hat China in den vergangenen 20 Jahren das Netzwerk zur Überwachung der Biodiversität der Wälder weiter verbessert, indem es ein Überwachungssystem der Waldflächen aufgebaut hat.

Die Volksrepublik hat zudem eine Keimplasma-Ressourcenbank aufgebaut, die mehr als 10.000 Arten und 85.000 Kopien biologischer Ressourcen zählt. Darunter fallen Samen oder Gewebe, die zum Beispiel für die zukünftige Tier- oder Pflanzenzüchtung und -konservierung archiviert und erhalten werden.

“Monitoring und Forschung betreiben ist wichtig, um zu verstehen, wie ein Ökosystem und die darin lebende Arten funktionieren und was dagegen getan werden kann, um das Artensterben zu stoppen. Es ist aber nur eine von vielen nötigen Maßnahmen”, sagt Florian Titze, WWF-Experte für Internationale Biodiversitätspolitik. Er betont, dass nicht nur die Erhaltung der Vielfalt eine wichtige Rolle spiele, sondern dass ein funktionierendes Ökosystem in der Lage sei, sauberes Wasser und saubere Luft zu produzieren. “Wie viele andere Länder der Erde, ist auch China noch weit davon entfernt, den nötigen Systemwechsel einzuleiten, den wir für den Erhalt der biologischen Vielfalt brauchen” so Titze.

Blumige Worte statt klaren Ansagen

Unter dem blumigen Motto “Wie Mensch und Natur in Harmonie koexistieren” hat Staats- und Parteichef Xi Jinping zuletzt auf der 15. UN-Biodiversitätskonferenz (COP15) dazu aufgerufen, gemeinsam für die biologische Vielfalt zu kämpfen.

Für Xi Jinping ist der Zeitpunkt dennoch günstig, als Gastgeberland der UN-Artenschutzkonferenz ein Zeichen zu setzen. Und wie so häufig tut er dies durch finanzielle Versprechen. Gleich beim ersten Treffen des COP15-Gipfels kündigte er einen neuen Fonds in Höhe von 237 Millionen US-Dollar (200 Millionen Euro) zur Unterstützung des Schutzes der biologischen Vielfalt in Entwicklungsländern an (China.Table berichtete). Der Economist bewertete Xis Ankündigung als Versuch, sich in Sachen Biodiversität von den USA abzusetzen. Diese hatte die UN-Konventionen zur Biodiversität von 1993 nicht unterzeichnet – China hingegen gehört zu den Unterzeichnern der ersten Stunde. Außerdem hätten die USA derzeit einen Senat, “der eine schlechte Bilanz in der Ratifizierung von Umweltabkommen hat“, urteilte das Wirtschaftsmagazin im Februar dieses Jahres.

Laut WWF-Experte Titze gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Staaten bei den Vorstellungen, was für mehr Artenschutz gebraucht und bereitgestellt werden müsste. Einer Studie nach sind rund 700 Milliarden US-Dollar dafür nötig. So betrachtet ist die Summe, die von den chinesischen Staatsmedien überall propagiert wird, in einer Größenordnung, die kaum signifikant ist.

Chinas Finanzierungen bedrohen Indigenen-Gebiete

Die Tatsache, dass Xi das Geld vor allem für Entwicklungsländer bereitstellen will, scheint auf den ersten Blick löblich. Doch bei genauerem Blick erscheint der Plan in einem anderen Licht. Denn eine Studie aus dem Herbst vergangenen Jahres zeigt, dass Chinas Entwicklungsfinanzierungen im Ausland Risiken für die weltweite Biodiversität erzeugen. Autoren des Nature Magazins kommen zu dem Ergebnis, dass sich 63 Prozent der von China finanzierten Projekte mit kritischen Lebensräumen, Schutzgebieten oder indigenen Gebieten überschneiden.

Hinzu kommt, dass bis zu 24 Prozent der weltweit bedrohten Vögel, Säugetiere, Reptilien und Amphibien potenziell von diesen Projekten betroffen sind. Sie leben in sogenannten Hotspots, die vor allem im nördlichen Subsahara-Afrika, in Südostasien und in Teilen Südamerikas liegen. “Insgesamt bergen Chinas Entwicklungsprojekte größere Risiken als die der Weltbank, insbesondere im Energiesektor”, so das Fazit des Nature-Berichts.

Die Aussichten dafür, dass es gelingen wird, auf der COP-Biodiversitätskonferenz im Dezember weltweit gültige Ziele zu vereinbaren, sind alles andere als rosig. Bereits der vorherige UN-Plan, die biologische Vielfalt zu erhalten, der 2010 in Aichi in Japan beschlossen wurde, zeigt, wie wenig in der Zwischenzeit erreicht worden ist.

Die dort gesetzten Ziele für den Zeitraum 2011 bis 2020 sind größtenteils verfehlt worden. Der Bericht zum Zustand der Biodiversität (CBD) zeigte zuletzt, dass von den damals gesetzten 20 Zielen gerade mal sechs erreicht wurden. Für das Treffen im Dezember sieht es derzeit nicht besser aus. Anstatt, wie erwartet, einen Konsens über viele der 23 im Rahmendokument enthaltenen Ziele zu erreichen, einigten sich die Delegierten im Juni nur auf zwei.

  • IPBES
  • Klima
  • Klimaschutz
  • Nachhaltigkeit
  • Xi Jinping

Xpeng in Europa auf Expansionskurs

Futuristisches Elektromobil im Xpeng-Store in Kopenhagen Xpeng hat Epansions-Pläne in Europa.
Futuristisches im Xpeng-Store in Kopenhagen. Das Elektro-Startup ist auf Europa-Kurs.

Ein fliegendes Auto und ein giftgrüner Sportwagen mit Flügeltüren stehen vor dem Xpeng-Store in Kopenhagen. Das lockt natürlich Kundschaft an. Zwar gibt es dort weder den HT Aero zu kaufen – der aussieht wie eine überdimensionierte Drohne – noch den futuristischen P7 Wing. Doch der Effekt allein reicht aus. Und natürlich die Lage: Die Verkaufsräume liegen direkt gegenüber dem Vergnügungspark Tivoli. Der zweistöckige Lego-Flagship-Store ist nur ein paar Gehminuten entfernt, genauso wie der Hauptbahnhof.

Während der Ferienzeit kamen daher rund 12.000 Besucher innerhalb eines Monats, um sich die allesamt elektrisch betriebenen Autos anzuschauen – und die erhältliche E-Limousine P7 (ohne Flügeltüren) Probe zu fahren.

Xpeng möchte nah am Kunden sein, wie ein Unternehmenssprecher gegenüber China.Table erklärt. Der Showroom sieht aus wie ein Wohnzimmer, in dem jemand zwei Autos abgestellt hat: Couch, Kaffeemaschine, Holzvertäfelung. Wer eine Probefahrt machen möchte, muss dort gut 15 Minuten warten.

Chinesische Hersteller: Große Europa-Pläne

Genau wie die Elektro-Konkurrenten NIO und BYD treibt Xpeng gerade seine Europapläne voran. Brian Gu, der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende des Elektro-Startups, plant, dass zukünftig die Hälfte aller Autos außerhalb Chinas verkauft werden sollen. Eine Jahreszahl für dieses Ziel kommunizierte er allerdings nicht. Im August hat die Marke in China knapp über 9.500 Fahrzeuge verkauft. Im zweiten Quartal waren es insgesamt über 34.000 Autos – ein Plus von 98 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Und im dritten Quartal sollen es zwischen 29.000 und 31.000 Autos werden.

Die Expansionspläne – nicht nur die von Xpeng – sind auch eine Reaktion auf das Strategiepapier “Made in China 2025”. Die Regierung in Peking hat darin festgelegt, dass die zwei führenden chinesischen EV-Hersteller ab dem Jahr 2025 zehn Prozent ihrer Fahrzeuge außerhalb Chinas verkaufen sollen. Für Xpeng bedeutet das aktuell: Norwegen, Schweden, Dänemark und Holland.

Einen Start in Deutschland hat Xpeng dagegen noch nicht offiziell angekündigt. Das ist wahrscheinlich auch gut so. Denn noch fehlen dem Hersteller schlichtweg die passenden Fahrzeuge, um durchzustarten. Das einzige Auto, das es in Dänemark zu kaufen gibt, ist der oben genannte P7. Dabei handelt es sich um eine sportliche Elektro-Limousine. Das ist jedoch eine Fahrzeugklasse, die seit Jahren wegen des anhaltenden SUV-Booms – auch im Elektro-Segment – Marktanteile verliert. Sie spielt nur wegen der hohen Anteile an Firmenfahrzeugen überhaupt noch eine Rolle.

Xpeng: Elektrischer SUV soll Marktöffner werden

Eines der Hauptargumente für Xpeng sind die Steuern. Auf luxuriöse Autos mit Verbrennungsmotor fallen in Dänemark bis zu 150 Prozent an – zusätzlich zur Umsatzsteuer wohlgemerkt. Elektroautos sind davon befreit. So ist ein Xpeng P7 in Vollausstattung (rund 56.000 Euro) günstiger als ein leistungstechnisch vergleichbarer Audi A4. Wer jetzt das Elektroauto bestellt, kann im zweiten Quartal 2023 mit der Lieferung rechnen. Genug Zeit, um ein Servicenetzwerk aufzubauen – denn das gibt es aktuell noch gar nicht.

Für eine Revolution auf dem Automarkt sorgt der Xpeng P7 also noch nicht. Diese soll nach Vorstellungen von Xpeng dann demnächst mit dem G9 folgen. Der G9 ist ein SUV der nächsten EV-Generation – mit 800 Volt Bordnetz, das ab rund 71.000 Euro zu haben sein soll. Mit einem der eigenen Supercharger (480 kW) des Startups lässt sich innerhalb von fünf Minuten genug Strom in den Akku schießen, um rund 200 Kilometer fahren zu können.

Innerhalb von nur 24 Stunden nach seiner Präsentation hatte Xpeng in China für das Modell rund 23.000 Vorbestellungen. Das Problem ist, dass es in Europa diese Supercharger noch nicht gibt. Xpeng unterhält lediglich in China ein entsprechendes Netz.

Xpeng: Europäischer Luxusmarkt ist schwieriges Terrain

Kürzlich geriet Xpeng etwas unter Druck. Die erwähnten Quartalszahlen ließen den Aktienkurs auf ein Allzeittief abstürzen. Analysten hatten sich schlichtweg mehr erwartet und waren vom Ausblick auf das dritte Quartal enttäuscht. Doch das ist nur eine Momentaufnahme. Denn in China gehört Xpeng zu den heimischen Top-Performern. Und letztlich geht es nicht um Quartalszahlen, sondern um mittel- und langfristige Ziele. Mit Alibaba und Foxconn stehen außerdem milliardenschwere Investoren hinter dem Projekt.

Ob das reicht, bleibt dennoch abzuwarten. Mit Lexus (Toyota) und Infiniti (Nissan) haben schon einmal asiatische Firmen versucht, den europäischen Premiumherstellern Kunden abzuluchsen – mit überschaubarem Erfolg. Lexus kam nie über die Rolle als Nischenhersteller hinaus, und Infiniti hat sich mittlerweile aus dem Markt zurückgezogen. Der Unterschied ist allerdings, dass diese Hersteller nur mehr vom Altbekannten angeboten haben.

Xpeng, Nio und BYD haben hingegen das Alleinstellungsmerkmal qualitativ hochwertiger Elektroautos. In diesem Segment hinken die europäischen Hersteller schlichtweg hinterher. Xpeng hat noch dazu den Vorteil, alles selbst entwickelt zu haben. Die Technik hinter dem autonomen Fahren, die künstliche Intelligenz und die Infrastruktur drumherum (App-Store) gehören allesamt der Marke selbst. Und somit auch die Margen, die sich in diesen Bereichen verbergen. Es ist ein vorteilhafter Ansatz, bei dem sich europäische Hersteller bisher schwertun – wie das Beispiel Cariad von Volkswagen zeigt.

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News

Trockenheit auch nach der Hitze

Chinas Meteorologen schlagen Alarm: Die große Hitzewelle lasse zwar allmählich nach, aber die Dürre in Teilen des Landes sei noch lange nicht vorbei. In manchen Provinzen wie beispielsweise Jiangxi könnte sie gar noch bis in den Herbst andauern.

Dort befindet sich der Poyang Hu 鄱陽湖, der größte Süßwassersee Chinas. Wie die Zeitung South China Morning Post berichtet, wollen die Behörden in Jiangxi deshalb auch in den kommenden Wochen den Süßwassersee anzapfen. Dafür müssen sie allerdings immer weiter in den Poyang-See vordringen, da auch dessen Wasserstand zuletzt stark zurückgegangen ist. Der Wasserspiegel des Poyang ist zuletzt laut der Jiangxi Water Group täglich um 15 Zentimeter gesunken.

China war von einer der schlimmsten Hitzewellen und Dürren seit Jahrzehnten betroffen, die Seen und Flüsse im ganzen Land austrockneten (China.Table berichtete). Inzwischen hat die Hitzewelle nachgelassen, aber die Wetterbehörden warnen davor, dass die Dürre in einigen Gebieten, einschließlich Jiangxi, bis in den Herbst andauern könnte.

Auch in der südwestlichen Großstadt Chongqing sagten die Behörden, die Bedingungen hätten sich mit Regenfällen entspannt. Dennoch fürchten auch sie, dass die Dürre noch lange nicht vorbei sei und bis in den Winter hinein schwerwiegende Folgen haben könnte. rad

  • Hitzewelle
  • Klima
  • Unwetter

Dürre bedroht Aluminium-Produktion

Die erst kürzlich abgeebbten Hitzewellen und die anhaltende Dürre haben die Aluminium-Produktion in Yunnan eingeschränkt. Die Behörden der südwestchinesischen Provinz haben die Industrie aufgefordert, ihre Produktion um zehn Prozent zu drosseln. Es fehlt schlicht an Strom aus Wasserkraft. Laut Bloomberg wird das Ende der Drosselung davon abhängen, wann es in der Provinz wieder genug regnet und sich die Stauseen hinter den Wasserkraftwerken wieder aufgefüllt haben.

Yunnan ist für 13 Prozent der chinesischen Aluminium-Produktion verantwortlich. Die Provinz hatte viele Aluminium-Produzenten angelockt, da der Strom dort besonders günstig ist.

Der lokale Strommangel wird durch den allmählich wachsenden innerchinesischen Stromhandel verschärft. Provinzen wie Yunnan und Sichuan, die reich an Wasserkraft sind, senden einen großen Teil des Stroms an Provinzen und Städte im Süden Chinas, obwohl die Industrieproduktion in beiden Provinzen den letzten Jahren stark zugenommen hat und diesen Strom inzwischen auch selbst gern nutzen würde.

Die Stromengpässe in Yunnan könnten bis zum Ende der Trockenzeit im April 2023 andauern, gibt Bloomberg eine Analyse von Mysteel wieder. Auch Analysten von S&P Global Commodity Insights warnen vor anhaltenden Stromengpässen in Yunnan. Ob es deshalb zu Engpässen bei der Aluminium-Versorgung kommen wird, ist jedoch unklar. Aufgrund der Immobilienkrise in der Volksrepublik stockt derzeit die heimische Nachfrage nach Aluminium. Analysten haben für das dritte Quartal einen Nachfrage-Anstieg vorhergesagt, erwarten Richtung Jahresende aber schon wieder eine Abschwächung. nib

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Thailand-Pläne von BYD kommen voran

Der chinesische Autobauer BYD hat Land in Thailand gekauft, um seine erste Fabrik in Südostasien zu bauen. Am Donnerstag hatte das Unternehmen einen Vertrag mit einem Entwickler in Thailand abgeschlossen, wie Bloomberg berichtet. Die Produktion in dem Werk soll demnach im Jahr 2024 starten. Die Autos sind vor allem für den regionalen Markt und den Export nach Europa gedacht.

Die Werkspläne fügen sich ein in eine Strategie, Märkte außerhalb Chinas zu erschließen. Schon Ende des Jahres will BYD erste Modelle in Thailand verkaufen. Dafür wurde ein Vertrag mit dem lokalen Händler Rever Automotive abgeschlossen. Auch Deutschland, Japan, Dänemark, Israel und Kambodscha gehören zu den Märkten, in die BYD bald vorstoßen will. nib

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  • BYD
  • Thailand

Standpunkt

Die Dürre zeigt die Gefahren des Klimawandels für die Landwirtschaft

Von Dr. Michaela Böhme
Dr. Michaela Böhme, Expertin für Agrar-und Lebensmittelstudien China am Deutsch-Chinesischen Agrarzentrum in Peking - hier schreibt sie über die Dürre in China als Folge des Klimawandels und wie sich China auf mehr Dürren vorbereitet.
Dr. Michaela Böhme, Expertin für Agrar-und Lebensmittelstudien China am Deutsch-Chinesischen Agrarzentrum in Peking

Eine Hitzewelle historischen Ausmaßes sucht aktuell den Süden und Südwesten Chinas heim. Seit Wochen machen Temperaturen oberhalb der 40-Grad-Marke Mensch und Natur in den zentralchinesischen und südlichen Provinzen entlang des Jangtse-Flusses zu schaffen. Hinzu kommt gravierender Wassermangel in der an sich niederschlagsreichen Region. Es ist die schlimmste Dürre seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1961. Der längste Fluss Jangtse führt Niedrigwasser, Zuflüsse wie der Jialing in der Millionenmetropole Chongqing sind trockengefallen – und Chinas größter Süßwassersee, der Poyang in der südchinesischen Provinz Jiangxi, auf ein Viertel seiner Größe geschrumpft.

Die Landwirtschaft leidet besonders unter den Folgen der aktuellen Dürre. 2,2 Millionen Hektar Ackerland in neun Provinzen entlang des Jangtse sind laut aktuellen Medienberichten von Ernteausfällen betroffen. Besonders die diesjährige Reisernte ist gefährdet. 45 Prozent der jährlichen Reisproduktion des Landes entfallen auf die von der Dürre betroffenen Provinzen, so eine statistische Auswertung von Geografieprofessor Gregory Veeck und Kollegen.

Doch auch der Anbau von frischen und hochwertigen Agrarprodukten wie Gemüse, Tee oder Erdnüssen ist durch die hohen Temperaturen und den Mangel an Niederschlag beeinträchtigt. Selbst für den Eigenverbrauch kann aktuell nicht genug angebaut werden, wie uns Bauern aus Zigong und Guangyuan in der Provinz Sichuan erzählen. Frische Nahrungsmittel bekämen sie aktuell, wenn überhaupt, nicht vom eigenen Feld, sondern aus dem Handel.

Geopolitische Spannungen erhöhen Druck zur Selbstversorgung

Auch mit indirekten Folgen für die Landwirtschaft ist zu rechnen. Ein starker Rückgang der Energiegewinnung aus Wasserkraft in Provinzen wie Sichuan beeinträchtigt bereits jetzt die energieintensive Produktion von Düngemitteln und wird absehbar die Kosten für landwirtschaftliche Betriebsmittel weiter in die Höhe treiben. Auch viele andere Bereiche der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette sind von einer zuverlässigen Energieversorgung abhängig. So erregte unlängst das Video einer Hühnerzüchterin aus Sichuan Aufmerksamkeit, das tausende tote, in der Hitze verendete Tiere zeigt. Stromengpässe hätten zum Ausfall der Klimaanlagen in den Stallungen geführt, so die verzweifelte Bäuerin.

Die Dürre kommt zu einem für die chinesische Führung schwierigen Zeitpunkt. Eine größtmögliche Eigenversorgung des Landes mit Nahrungsmitteln ist angesichts geopolitischer Spannungen und den damit einhergehenden Verwerfungen auf den internationalen Agrar-Märkten wichtiger denn je. Zwar importiert China große Mengen an Ölsaaten und Getreide, die zumeist zu Tierfutter verarbeitet werden. Doch besonders bei Kulturen für den menschlichen Verzehr sowie bei der Produktion von Fleisch, Obst und Gemüse strebt das Land einen hohen Grad an Selbstversorgung an.

Eine Reaktion der Politik ließ daher auch nicht lange auf sich warten. Nach einer Notfallsitzung am 22. August verkündeten die Vertreter vierer Ministerien ein umfangreiches Maßnahmenpaket, um Ausfälle bei der Herbsternte zu minimieren. Neben der sofortigen Auszahlung von Hilfen in Höhe von 300 Millionen RMB sollen in die betroffenen Provinzen entsandte Expertenteams Landwirte vor Ort bei der Rettung ihrer Ernten unterstützen.

Weckruf für die Folgen des Klimawandels

Dabei liegt das Augenmerk vor allem auf der gezielten Bewässerung betroffener landwirtschaftlicher Flächen. Denn viele Betriebe der Region verfügen aufgrund der ansonsten hohen Niederschlagsmengen im Sommer über keinerlei professionelle Systeme zur Bewässerung der Ackerflächen. Viele Bauern mussten somit hilflos dabei zuschauen, wie ihre Ernten auf den Feldern vertrockneten. Auch Methoden zur Reduzierung von Wasserverdunstung und die Bekämpfung von Schädlingen bei den von der Hitze geschwächten Pflanzen stehen bei den aktuellen Maßnahmen im Vordergrund.

Dennoch sind die unmittelbaren Auswirkungen der Dürre auf Chinas Ernährungssicherheit eher gering einzuschätzen. Der hohen Bedeutung für die Reisernte zum Trotz machen die von der Dürre betroffenen Flächen entlang des Jangtse nur rund zwei Prozent der Gesamtanbaufläche aus. Besonders auf den riesigen landwirtschaftlichen Flächen im Norden und Nordosten des Landes zeichnen sich dieses Jahr gute Erträge bei der Weizen-, Soja- und Maisernte ab – wobei letztere Kulturen vor allem als Futtermittel bei der Fleischproduktion eine Rolle spielen.

Während kurzfristige Preissteigerungen bei frischen Nahrungsmitteln wie Obst und Gemüse wohl unvermeidlich sind, ließen sich zumindest mögliche Engpässe bei der Versorgung mit Reis mit Hilfe der riesigen chinesischen Lebensmittelreserven abfedern. So lagern in chinesischen Speichern Schätzungen zufolge mehr als die Hälfte der weltweiten Getreide- und Reisreserven.

Für China ist die aktuelle Dürre somit weniger der Auftakt einer unmittelbaren Ernährungskrise als vielmehr ein Weckruf, die mittelfristigen Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft ernst zu nehmen. Denn in einem sind sich die Experten einig: extreme Wetterlagen wie diese sind kein Einzelereignis, sondern werden in Zukunft immer häufiger auftreten.

Neue Reissorten sollen Abhilfe schaffen

Die chinesische Regierung ist sich der Folgen des Klimawandels für die Landwirtschaft sehr wohl bewusst, wie aus der im Juni diesen Jahres verkündeten Nationalen Strategie zur Anpassung an den Klimawandel 2035 hervorgeht. So wird zum Beispiel mit Nachdruck an neuen Sorten geforscht, die besser mit Hitze und Trockenheit umgehen können. Erste Erfolge bei der Züchtung hitzeresistenter Reissorten wurden hierbei bereits vermeldet. Durch den Einsatz von “Smart Agriculture”-Technologien könnte zudem der Einsatz von klimaschädlichen Düngemitteln und Pestiziden reduziert werden, während bessere Frühwarnsysteme Ernteschäden minimieren sollen. Auch die Ausweitung des Versicherungssystems, um Landwirte gegen oftmals sehr lokal auftretende Schäden durch extreme Wetterereignisse abzusichern, spielt eine wichtige Rolle.

Doch noch fehlt es an konkreten Maßnahmenpaketen, mit denen diese Ziele umgesetzt werden können. Auch finanzielle Probleme stehen aktuell der Umsetzung von Anpassungsstrategien in der Landwirtschaft im Weg. Und nicht zuletzt ist es der heilige Gral der Ernährungssicherung selbst, der die Transformation hin zu einer klimaresilienten und -freundlichen Landwirtschaft zum Drahtseilakt macht. Denn für die chinesische Regierung ist klar: Klimamaßnahmen dürfen nicht auf Kosten der hohen Produktionsziele gehen.

Chinas Landwirtschaft ist mit den aktuellen Herausforderungen durch den Klimawandel nicht allein. Andere Länder sind mit sehr ähnlichen Problemen konfrontiert, wie zum Beispiel der deutsche Erntebericht 2022 zeigt. So kann die aktuelle Krise auch als eine Chance für mehr Kooperation im Kampf gegen den Klimawandel begriffen werden.

Michaela Böhme ist Expertin am Deutsch-Chinesischen Agrarzentrum (DCZ) tätig. Ihre Arbeit befasst sich mit dem Wandel der chinesischen Agrarpolitik im Kontext globaler Agri-Food-Systeme. Sie promovierte an der Universität Leipzig mit einer Arbeit zu Chinas transnationalen Landakquisitionen.

Das Deutsch-Chinesische Agrarzentrum (DCZ) wurde im März 2015 als zentrale Kontakt- und Informationsstelle sowie zur Koordination der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China im Agrar- und Ernährungssektor gegründet. Es fördert den Austausch zwischen deutschen und chinesischen Vertretern und Vertreterinnen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft für eine nachhaltige Transformation der Landwirtschaft. Das DCZ ist eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) der Bundesrepublik Deutschland und des Ministeriums für Landwirtschaft und Ländliche Angelegenheiten (MARA) der Volksrepublik China. Auf deutscher Seite wird das DCZ von IAK Agrar Consulting GmbH Leipzig durchgeführt.

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China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    • Behörden drosseln Aluminium-Produktion
    • BYD kauft Land für Werk in Thailand
    • Standpunkt: Dürre zeigt Gefahren der Klimakrise für die Landwirtschaft
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Chinas Unternehmen sind wichtige Player in der globalen Transformation hin zu mehr Klimaschutz. Sie dominieren die Solar-Lieferketten und wachsen auch im Bereich der Windenergie sehr stark. Bei E-Autos sind die Pläne ebenfalls ambitioniert, wie Christian Domke Seidel berichtet. Die Hersteller werden vom Staat angehalten, bald einen größeren Teil ihrer Produkte im Ausland zu verkaufen. Auch die Hoffnung auf noch größere Absätze lässt die Anbieter auf Auslandsmärkte streben. Doch der europäische Markt gilt als besonders schwieriges Terrain – das liegt an anderen Kundenwünschen, mangelnder Lade-Infrastruktur und dem Fehlen eines Vertriebsnetzes.

    Beim derzeitigen Artensterben kommt man kaum hinterher. Täglich sterben circa 150 Planzen- und Tierarten. In China machte zuletzt das Aussterben des Dugongs Schlagzeilen. Forscher haben den als Seeschwein bekannten Meeressäuger für ausgestorben erklärt. Überfischung und Schiffsunfälle führten wohl zu seinem tragischen Abschied vom Planeten Erde. Auch der Klimawandel und das Vordringen des Menschen sind für viele Artenverluste verantwortlich. Die Volksrepublik wollte gegen das Artensterben eigentlich ins Feld ziehen und hatte nicht zuletzt bei der Biodiversitätskonferenz in Kunming Großes versprochen. Bei der Umsetzung hapert es nun allerdings massiv, wie Ning Wang analysiert.

    Vor allem die Auslandsprojekte Chinas tragen nur wenig zum Erhalt der Biodiversität bei – im Gegenteil. Und hinzu kommt noch: Die Aussichten dafür, dass es gelingen wird, auf der COP-Biodiversitätskonferenz im Dezember weltweit gültige Ziele zu vereinbaren, sind alles andere als rosig.

    Ihr
    Nico Beckert
    Bild von Nico  Beckert

    Analyse

    Leere Versprechen beim Artenschutz

    Besucher bei einer Ausstellung zur Weltnaturkonferenz COP15 in Kunming in der Provinz Yunnan im Oktober vergangenen Jahres - China tut zu wenig für den Artenschutz.
    Besucher bei einer Ausstellung zur Weltnaturkonferenz COP15 in Kunming in der Provinz Yunnan im Oktober vergangenen Jahres

    Es gibt noch geschätzt acht Millionen Tier- und Pflanzenarten auf der Erde, zehn Prozent davon kommen auch in China vor. Ob es der (rote) Panda, Schneeleoparden oder Alligatoren sind: Die Lebensräume vieler Arten sind durch die Ausbreitung des Menschen und die Zerstörung von Lebensräumen immer kleiner geworden. Die Ausweitung landwirtschaftlicher Flächen, die Versiegelung von Flächen und das Abholzen von Wäldern sind zentrale Faktoren, weshalb Tiere aus ihren Lebensräumen verdrängt werden und immer mehr Pflanzenarten verschwinden. Laut Weltbiodiversitätsrat (IPBES) sind etwa eine Million Tier- und Pflanzenarten akut vom Aussterben bedroht.

    Weil China eines der Länder mit den meisten Tier- und Pflanzenarten ist, hat die Pekinger Führung im Jahr 2012 den Beginn einer neuen Ära zum Schutz der biologischen Vielfalt ausgerufen. Chinesische Wissenschaftler sparen nicht mit Lobgesang auf die bisher erreichten Errungenschaften, wenn es um die Erhaltung der biologischen Vielfalt im eigenen Land geht. Laut Huang Chengming, Professor am Zoologischen Institut der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (CAS), hat China in den vergangenen 20 Jahren das Netzwerk zur Überwachung der Biodiversität der Wälder weiter verbessert, indem es ein Überwachungssystem der Waldflächen aufgebaut hat.

    Die Volksrepublik hat zudem eine Keimplasma-Ressourcenbank aufgebaut, die mehr als 10.000 Arten und 85.000 Kopien biologischer Ressourcen zählt. Darunter fallen Samen oder Gewebe, die zum Beispiel für die zukünftige Tier- oder Pflanzenzüchtung und -konservierung archiviert und erhalten werden.

    “Monitoring und Forschung betreiben ist wichtig, um zu verstehen, wie ein Ökosystem und die darin lebende Arten funktionieren und was dagegen getan werden kann, um das Artensterben zu stoppen. Es ist aber nur eine von vielen nötigen Maßnahmen”, sagt Florian Titze, WWF-Experte für Internationale Biodiversitätspolitik. Er betont, dass nicht nur die Erhaltung der Vielfalt eine wichtige Rolle spiele, sondern dass ein funktionierendes Ökosystem in der Lage sei, sauberes Wasser und saubere Luft zu produzieren. “Wie viele andere Länder der Erde, ist auch China noch weit davon entfernt, den nötigen Systemwechsel einzuleiten, den wir für den Erhalt der biologischen Vielfalt brauchen” so Titze.

    Blumige Worte statt klaren Ansagen

    Unter dem blumigen Motto “Wie Mensch und Natur in Harmonie koexistieren” hat Staats- und Parteichef Xi Jinping zuletzt auf der 15. UN-Biodiversitätskonferenz (COP15) dazu aufgerufen, gemeinsam für die biologische Vielfalt zu kämpfen.

    Für Xi Jinping ist der Zeitpunkt dennoch günstig, als Gastgeberland der UN-Artenschutzkonferenz ein Zeichen zu setzen. Und wie so häufig tut er dies durch finanzielle Versprechen. Gleich beim ersten Treffen des COP15-Gipfels kündigte er einen neuen Fonds in Höhe von 237 Millionen US-Dollar (200 Millionen Euro) zur Unterstützung des Schutzes der biologischen Vielfalt in Entwicklungsländern an (China.Table berichtete). Der Economist bewertete Xis Ankündigung als Versuch, sich in Sachen Biodiversität von den USA abzusetzen. Diese hatte die UN-Konventionen zur Biodiversität von 1993 nicht unterzeichnet – China hingegen gehört zu den Unterzeichnern der ersten Stunde. Außerdem hätten die USA derzeit einen Senat, “der eine schlechte Bilanz in der Ratifizierung von Umweltabkommen hat“, urteilte das Wirtschaftsmagazin im Februar dieses Jahres.

    Laut WWF-Experte Titze gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Staaten bei den Vorstellungen, was für mehr Artenschutz gebraucht und bereitgestellt werden müsste. Einer Studie nach sind rund 700 Milliarden US-Dollar dafür nötig. So betrachtet ist die Summe, die von den chinesischen Staatsmedien überall propagiert wird, in einer Größenordnung, die kaum signifikant ist.

    Chinas Finanzierungen bedrohen Indigenen-Gebiete

    Die Tatsache, dass Xi das Geld vor allem für Entwicklungsländer bereitstellen will, scheint auf den ersten Blick löblich. Doch bei genauerem Blick erscheint der Plan in einem anderen Licht. Denn eine Studie aus dem Herbst vergangenen Jahres zeigt, dass Chinas Entwicklungsfinanzierungen im Ausland Risiken für die weltweite Biodiversität erzeugen. Autoren des Nature Magazins kommen zu dem Ergebnis, dass sich 63 Prozent der von China finanzierten Projekte mit kritischen Lebensräumen, Schutzgebieten oder indigenen Gebieten überschneiden.

    Hinzu kommt, dass bis zu 24 Prozent der weltweit bedrohten Vögel, Säugetiere, Reptilien und Amphibien potenziell von diesen Projekten betroffen sind. Sie leben in sogenannten Hotspots, die vor allem im nördlichen Subsahara-Afrika, in Südostasien und in Teilen Südamerikas liegen. “Insgesamt bergen Chinas Entwicklungsprojekte größere Risiken als die der Weltbank, insbesondere im Energiesektor”, so das Fazit des Nature-Berichts.

    Die Aussichten dafür, dass es gelingen wird, auf der COP-Biodiversitätskonferenz im Dezember weltweit gültige Ziele zu vereinbaren, sind alles andere als rosig. Bereits der vorherige UN-Plan, die biologische Vielfalt zu erhalten, der 2010 in Aichi in Japan beschlossen wurde, zeigt, wie wenig in der Zwischenzeit erreicht worden ist.

    Die dort gesetzten Ziele für den Zeitraum 2011 bis 2020 sind größtenteils verfehlt worden. Der Bericht zum Zustand der Biodiversität (CBD) zeigte zuletzt, dass von den damals gesetzten 20 Zielen gerade mal sechs erreicht wurden. Für das Treffen im Dezember sieht es derzeit nicht besser aus. Anstatt, wie erwartet, einen Konsens über viele der 23 im Rahmendokument enthaltenen Ziele zu erreichen, einigten sich die Delegierten im Juni nur auf zwei.

    • IPBES
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    • Nachhaltigkeit
    • Xi Jinping

    Xpeng in Europa auf Expansionskurs

    Futuristisches Elektromobil im Xpeng-Store in Kopenhagen Xpeng hat Epansions-Pläne in Europa.
    Futuristisches im Xpeng-Store in Kopenhagen. Das Elektro-Startup ist auf Europa-Kurs.

    Ein fliegendes Auto und ein giftgrüner Sportwagen mit Flügeltüren stehen vor dem Xpeng-Store in Kopenhagen. Das lockt natürlich Kundschaft an. Zwar gibt es dort weder den HT Aero zu kaufen – der aussieht wie eine überdimensionierte Drohne – noch den futuristischen P7 Wing. Doch der Effekt allein reicht aus. Und natürlich die Lage: Die Verkaufsräume liegen direkt gegenüber dem Vergnügungspark Tivoli. Der zweistöckige Lego-Flagship-Store ist nur ein paar Gehminuten entfernt, genauso wie der Hauptbahnhof.

    Während der Ferienzeit kamen daher rund 12.000 Besucher innerhalb eines Monats, um sich die allesamt elektrisch betriebenen Autos anzuschauen – und die erhältliche E-Limousine P7 (ohne Flügeltüren) Probe zu fahren.

    Xpeng möchte nah am Kunden sein, wie ein Unternehmenssprecher gegenüber China.Table erklärt. Der Showroom sieht aus wie ein Wohnzimmer, in dem jemand zwei Autos abgestellt hat: Couch, Kaffeemaschine, Holzvertäfelung. Wer eine Probefahrt machen möchte, muss dort gut 15 Minuten warten.

    Chinesische Hersteller: Große Europa-Pläne

    Genau wie die Elektro-Konkurrenten NIO und BYD treibt Xpeng gerade seine Europapläne voran. Brian Gu, der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende des Elektro-Startups, plant, dass zukünftig die Hälfte aller Autos außerhalb Chinas verkauft werden sollen. Eine Jahreszahl für dieses Ziel kommunizierte er allerdings nicht. Im August hat die Marke in China knapp über 9.500 Fahrzeuge verkauft. Im zweiten Quartal waren es insgesamt über 34.000 Autos – ein Plus von 98 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Und im dritten Quartal sollen es zwischen 29.000 und 31.000 Autos werden.

    Die Expansionspläne – nicht nur die von Xpeng – sind auch eine Reaktion auf das Strategiepapier “Made in China 2025”. Die Regierung in Peking hat darin festgelegt, dass die zwei führenden chinesischen EV-Hersteller ab dem Jahr 2025 zehn Prozent ihrer Fahrzeuge außerhalb Chinas verkaufen sollen. Für Xpeng bedeutet das aktuell: Norwegen, Schweden, Dänemark und Holland.

    Einen Start in Deutschland hat Xpeng dagegen noch nicht offiziell angekündigt. Das ist wahrscheinlich auch gut so. Denn noch fehlen dem Hersteller schlichtweg die passenden Fahrzeuge, um durchzustarten. Das einzige Auto, das es in Dänemark zu kaufen gibt, ist der oben genannte P7. Dabei handelt es sich um eine sportliche Elektro-Limousine. Das ist jedoch eine Fahrzeugklasse, die seit Jahren wegen des anhaltenden SUV-Booms – auch im Elektro-Segment – Marktanteile verliert. Sie spielt nur wegen der hohen Anteile an Firmenfahrzeugen überhaupt noch eine Rolle.

    Xpeng: Elektrischer SUV soll Marktöffner werden

    Eines der Hauptargumente für Xpeng sind die Steuern. Auf luxuriöse Autos mit Verbrennungsmotor fallen in Dänemark bis zu 150 Prozent an – zusätzlich zur Umsatzsteuer wohlgemerkt. Elektroautos sind davon befreit. So ist ein Xpeng P7 in Vollausstattung (rund 56.000 Euro) günstiger als ein leistungstechnisch vergleichbarer Audi A4. Wer jetzt das Elektroauto bestellt, kann im zweiten Quartal 2023 mit der Lieferung rechnen. Genug Zeit, um ein Servicenetzwerk aufzubauen – denn das gibt es aktuell noch gar nicht.

    Für eine Revolution auf dem Automarkt sorgt der Xpeng P7 also noch nicht. Diese soll nach Vorstellungen von Xpeng dann demnächst mit dem G9 folgen. Der G9 ist ein SUV der nächsten EV-Generation – mit 800 Volt Bordnetz, das ab rund 71.000 Euro zu haben sein soll. Mit einem der eigenen Supercharger (480 kW) des Startups lässt sich innerhalb von fünf Minuten genug Strom in den Akku schießen, um rund 200 Kilometer fahren zu können.

    Innerhalb von nur 24 Stunden nach seiner Präsentation hatte Xpeng in China für das Modell rund 23.000 Vorbestellungen. Das Problem ist, dass es in Europa diese Supercharger noch nicht gibt. Xpeng unterhält lediglich in China ein entsprechendes Netz.

    Xpeng: Europäischer Luxusmarkt ist schwieriges Terrain

    Kürzlich geriet Xpeng etwas unter Druck. Die erwähnten Quartalszahlen ließen den Aktienkurs auf ein Allzeittief abstürzen. Analysten hatten sich schlichtweg mehr erwartet und waren vom Ausblick auf das dritte Quartal enttäuscht. Doch das ist nur eine Momentaufnahme. Denn in China gehört Xpeng zu den heimischen Top-Performern. Und letztlich geht es nicht um Quartalszahlen, sondern um mittel- und langfristige Ziele. Mit Alibaba und Foxconn stehen außerdem milliardenschwere Investoren hinter dem Projekt.

    Ob das reicht, bleibt dennoch abzuwarten. Mit Lexus (Toyota) und Infiniti (Nissan) haben schon einmal asiatische Firmen versucht, den europäischen Premiumherstellern Kunden abzuluchsen – mit überschaubarem Erfolg. Lexus kam nie über die Rolle als Nischenhersteller hinaus, und Infiniti hat sich mittlerweile aus dem Markt zurückgezogen. Der Unterschied ist allerdings, dass diese Hersteller nur mehr vom Altbekannten angeboten haben.

    Xpeng, Nio und BYD haben hingegen das Alleinstellungsmerkmal qualitativ hochwertiger Elektroautos. In diesem Segment hinken die europäischen Hersteller schlichtweg hinterher. Xpeng hat noch dazu den Vorteil, alles selbst entwickelt zu haben. Die Technik hinter dem autonomen Fahren, die künstliche Intelligenz und die Infrastruktur drumherum (App-Store) gehören allesamt der Marke selbst. Und somit auch die Margen, die sich in diesen Bereichen verbergen. Es ist ein vorteilhafter Ansatz, bei dem sich europäische Hersteller bisher schwertun – wie das Beispiel Cariad von Volkswagen zeigt.

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    Trockenheit auch nach der Hitze

    Chinas Meteorologen schlagen Alarm: Die große Hitzewelle lasse zwar allmählich nach, aber die Dürre in Teilen des Landes sei noch lange nicht vorbei. In manchen Provinzen wie beispielsweise Jiangxi könnte sie gar noch bis in den Herbst andauern.

    Dort befindet sich der Poyang Hu 鄱陽湖, der größte Süßwassersee Chinas. Wie die Zeitung South China Morning Post berichtet, wollen die Behörden in Jiangxi deshalb auch in den kommenden Wochen den Süßwassersee anzapfen. Dafür müssen sie allerdings immer weiter in den Poyang-See vordringen, da auch dessen Wasserstand zuletzt stark zurückgegangen ist. Der Wasserspiegel des Poyang ist zuletzt laut der Jiangxi Water Group täglich um 15 Zentimeter gesunken.

    China war von einer der schlimmsten Hitzewellen und Dürren seit Jahrzehnten betroffen, die Seen und Flüsse im ganzen Land austrockneten (China.Table berichtete). Inzwischen hat die Hitzewelle nachgelassen, aber die Wetterbehörden warnen davor, dass die Dürre in einigen Gebieten, einschließlich Jiangxi, bis in den Herbst andauern könnte.

    Auch in der südwestlichen Großstadt Chongqing sagten die Behörden, die Bedingungen hätten sich mit Regenfällen entspannt. Dennoch fürchten auch sie, dass die Dürre noch lange nicht vorbei sei und bis in den Winter hinein schwerwiegende Folgen haben könnte. rad

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    Dürre bedroht Aluminium-Produktion

    Die erst kürzlich abgeebbten Hitzewellen und die anhaltende Dürre haben die Aluminium-Produktion in Yunnan eingeschränkt. Die Behörden der südwestchinesischen Provinz haben die Industrie aufgefordert, ihre Produktion um zehn Prozent zu drosseln. Es fehlt schlicht an Strom aus Wasserkraft. Laut Bloomberg wird das Ende der Drosselung davon abhängen, wann es in der Provinz wieder genug regnet und sich die Stauseen hinter den Wasserkraftwerken wieder aufgefüllt haben.

    Yunnan ist für 13 Prozent der chinesischen Aluminium-Produktion verantwortlich. Die Provinz hatte viele Aluminium-Produzenten angelockt, da der Strom dort besonders günstig ist.

    Der lokale Strommangel wird durch den allmählich wachsenden innerchinesischen Stromhandel verschärft. Provinzen wie Yunnan und Sichuan, die reich an Wasserkraft sind, senden einen großen Teil des Stroms an Provinzen und Städte im Süden Chinas, obwohl die Industrieproduktion in beiden Provinzen den letzten Jahren stark zugenommen hat und diesen Strom inzwischen auch selbst gern nutzen würde.

    Die Stromengpässe in Yunnan könnten bis zum Ende der Trockenzeit im April 2023 andauern, gibt Bloomberg eine Analyse von Mysteel wieder. Auch Analysten von S&P Global Commodity Insights warnen vor anhaltenden Stromengpässen in Yunnan. Ob es deshalb zu Engpässen bei der Aluminium-Versorgung kommen wird, ist jedoch unklar. Aufgrund der Immobilienkrise in der Volksrepublik stockt derzeit die heimische Nachfrage nach Aluminium. Analysten haben für das dritte Quartal einen Nachfrage-Anstieg vorhergesagt, erwarten Richtung Jahresende aber schon wieder eine Abschwächung. nib

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    Thailand-Pläne von BYD kommen voran

    Der chinesische Autobauer BYD hat Land in Thailand gekauft, um seine erste Fabrik in Südostasien zu bauen. Am Donnerstag hatte das Unternehmen einen Vertrag mit einem Entwickler in Thailand abgeschlossen, wie Bloomberg berichtet. Die Produktion in dem Werk soll demnach im Jahr 2024 starten. Die Autos sind vor allem für den regionalen Markt und den Export nach Europa gedacht.

    Die Werkspläne fügen sich ein in eine Strategie, Märkte außerhalb Chinas zu erschließen. Schon Ende des Jahres will BYD erste Modelle in Thailand verkaufen. Dafür wurde ein Vertrag mit dem lokalen Händler Rever Automotive abgeschlossen. Auch Deutschland, Japan, Dänemark, Israel und Kambodscha gehören zu den Märkten, in die BYD bald vorstoßen will. nib

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    Standpunkt

    Die Dürre zeigt die Gefahren des Klimawandels für die Landwirtschaft

    Von Dr. Michaela Böhme
    Dr. Michaela Böhme, Expertin für Agrar-und Lebensmittelstudien China am Deutsch-Chinesischen Agrarzentrum in Peking - hier schreibt sie über die Dürre in China als Folge des Klimawandels und wie sich China auf mehr Dürren vorbereitet.
    Dr. Michaela Böhme, Expertin für Agrar-und Lebensmittelstudien China am Deutsch-Chinesischen Agrarzentrum in Peking

    Eine Hitzewelle historischen Ausmaßes sucht aktuell den Süden und Südwesten Chinas heim. Seit Wochen machen Temperaturen oberhalb der 40-Grad-Marke Mensch und Natur in den zentralchinesischen und südlichen Provinzen entlang des Jangtse-Flusses zu schaffen. Hinzu kommt gravierender Wassermangel in der an sich niederschlagsreichen Region. Es ist die schlimmste Dürre seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1961. Der längste Fluss Jangtse führt Niedrigwasser, Zuflüsse wie der Jialing in der Millionenmetropole Chongqing sind trockengefallen – und Chinas größter Süßwassersee, der Poyang in der südchinesischen Provinz Jiangxi, auf ein Viertel seiner Größe geschrumpft.

    Die Landwirtschaft leidet besonders unter den Folgen der aktuellen Dürre. 2,2 Millionen Hektar Ackerland in neun Provinzen entlang des Jangtse sind laut aktuellen Medienberichten von Ernteausfällen betroffen. Besonders die diesjährige Reisernte ist gefährdet. 45 Prozent der jährlichen Reisproduktion des Landes entfallen auf die von der Dürre betroffenen Provinzen, so eine statistische Auswertung von Geografieprofessor Gregory Veeck und Kollegen.

    Doch auch der Anbau von frischen und hochwertigen Agrarprodukten wie Gemüse, Tee oder Erdnüssen ist durch die hohen Temperaturen und den Mangel an Niederschlag beeinträchtigt. Selbst für den Eigenverbrauch kann aktuell nicht genug angebaut werden, wie uns Bauern aus Zigong und Guangyuan in der Provinz Sichuan erzählen. Frische Nahrungsmittel bekämen sie aktuell, wenn überhaupt, nicht vom eigenen Feld, sondern aus dem Handel.

    Geopolitische Spannungen erhöhen Druck zur Selbstversorgung

    Auch mit indirekten Folgen für die Landwirtschaft ist zu rechnen. Ein starker Rückgang der Energiegewinnung aus Wasserkraft in Provinzen wie Sichuan beeinträchtigt bereits jetzt die energieintensive Produktion von Düngemitteln und wird absehbar die Kosten für landwirtschaftliche Betriebsmittel weiter in die Höhe treiben. Auch viele andere Bereiche der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette sind von einer zuverlässigen Energieversorgung abhängig. So erregte unlängst das Video einer Hühnerzüchterin aus Sichuan Aufmerksamkeit, das tausende tote, in der Hitze verendete Tiere zeigt. Stromengpässe hätten zum Ausfall der Klimaanlagen in den Stallungen geführt, so die verzweifelte Bäuerin.

    Die Dürre kommt zu einem für die chinesische Führung schwierigen Zeitpunkt. Eine größtmögliche Eigenversorgung des Landes mit Nahrungsmitteln ist angesichts geopolitischer Spannungen und den damit einhergehenden Verwerfungen auf den internationalen Agrar-Märkten wichtiger denn je. Zwar importiert China große Mengen an Ölsaaten und Getreide, die zumeist zu Tierfutter verarbeitet werden. Doch besonders bei Kulturen für den menschlichen Verzehr sowie bei der Produktion von Fleisch, Obst und Gemüse strebt das Land einen hohen Grad an Selbstversorgung an.

    Eine Reaktion der Politik ließ daher auch nicht lange auf sich warten. Nach einer Notfallsitzung am 22. August verkündeten die Vertreter vierer Ministerien ein umfangreiches Maßnahmenpaket, um Ausfälle bei der Herbsternte zu minimieren. Neben der sofortigen Auszahlung von Hilfen in Höhe von 300 Millionen RMB sollen in die betroffenen Provinzen entsandte Expertenteams Landwirte vor Ort bei der Rettung ihrer Ernten unterstützen.

    Weckruf für die Folgen des Klimawandels

    Dabei liegt das Augenmerk vor allem auf der gezielten Bewässerung betroffener landwirtschaftlicher Flächen. Denn viele Betriebe der Region verfügen aufgrund der ansonsten hohen Niederschlagsmengen im Sommer über keinerlei professionelle Systeme zur Bewässerung der Ackerflächen. Viele Bauern mussten somit hilflos dabei zuschauen, wie ihre Ernten auf den Feldern vertrockneten. Auch Methoden zur Reduzierung von Wasserverdunstung und die Bekämpfung von Schädlingen bei den von der Hitze geschwächten Pflanzen stehen bei den aktuellen Maßnahmen im Vordergrund.

    Dennoch sind die unmittelbaren Auswirkungen der Dürre auf Chinas Ernährungssicherheit eher gering einzuschätzen. Der hohen Bedeutung für die Reisernte zum Trotz machen die von der Dürre betroffenen Flächen entlang des Jangtse nur rund zwei Prozent der Gesamtanbaufläche aus. Besonders auf den riesigen landwirtschaftlichen Flächen im Norden und Nordosten des Landes zeichnen sich dieses Jahr gute Erträge bei der Weizen-, Soja- und Maisernte ab – wobei letztere Kulturen vor allem als Futtermittel bei der Fleischproduktion eine Rolle spielen.

    Während kurzfristige Preissteigerungen bei frischen Nahrungsmitteln wie Obst und Gemüse wohl unvermeidlich sind, ließen sich zumindest mögliche Engpässe bei der Versorgung mit Reis mit Hilfe der riesigen chinesischen Lebensmittelreserven abfedern. So lagern in chinesischen Speichern Schätzungen zufolge mehr als die Hälfte der weltweiten Getreide- und Reisreserven.

    Für China ist die aktuelle Dürre somit weniger der Auftakt einer unmittelbaren Ernährungskrise als vielmehr ein Weckruf, die mittelfristigen Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft ernst zu nehmen. Denn in einem sind sich die Experten einig: extreme Wetterlagen wie diese sind kein Einzelereignis, sondern werden in Zukunft immer häufiger auftreten.

    Neue Reissorten sollen Abhilfe schaffen

    Die chinesische Regierung ist sich der Folgen des Klimawandels für die Landwirtschaft sehr wohl bewusst, wie aus der im Juni diesen Jahres verkündeten Nationalen Strategie zur Anpassung an den Klimawandel 2035 hervorgeht. So wird zum Beispiel mit Nachdruck an neuen Sorten geforscht, die besser mit Hitze und Trockenheit umgehen können. Erste Erfolge bei der Züchtung hitzeresistenter Reissorten wurden hierbei bereits vermeldet. Durch den Einsatz von “Smart Agriculture”-Technologien könnte zudem der Einsatz von klimaschädlichen Düngemitteln und Pestiziden reduziert werden, während bessere Frühwarnsysteme Ernteschäden minimieren sollen. Auch die Ausweitung des Versicherungssystems, um Landwirte gegen oftmals sehr lokal auftretende Schäden durch extreme Wetterereignisse abzusichern, spielt eine wichtige Rolle.

    Doch noch fehlt es an konkreten Maßnahmenpaketen, mit denen diese Ziele umgesetzt werden können. Auch finanzielle Probleme stehen aktuell der Umsetzung von Anpassungsstrategien in der Landwirtschaft im Weg. Und nicht zuletzt ist es der heilige Gral der Ernährungssicherung selbst, der die Transformation hin zu einer klimaresilienten und -freundlichen Landwirtschaft zum Drahtseilakt macht. Denn für die chinesische Regierung ist klar: Klimamaßnahmen dürfen nicht auf Kosten der hohen Produktionsziele gehen.

    Chinas Landwirtschaft ist mit den aktuellen Herausforderungen durch den Klimawandel nicht allein. Andere Länder sind mit sehr ähnlichen Problemen konfrontiert, wie zum Beispiel der deutsche Erntebericht 2022 zeigt. So kann die aktuelle Krise auch als eine Chance für mehr Kooperation im Kampf gegen den Klimawandel begriffen werden.

    Michaela Böhme ist Expertin am Deutsch-Chinesischen Agrarzentrum (DCZ) tätig. Ihre Arbeit befasst sich mit dem Wandel der chinesischen Agrarpolitik im Kontext globaler Agri-Food-Systeme. Sie promovierte an der Universität Leipzig mit einer Arbeit zu Chinas transnationalen Landakquisitionen.

    Das Deutsch-Chinesische Agrarzentrum (DCZ) wurde im März 2015 als zentrale Kontakt- und Informationsstelle sowie zur Koordination der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China im Agrar- und Ernährungssektor gegründet. Es fördert den Austausch zwischen deutschen und chinesischen Vertretern und Vertreterinnen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft für eine nachhaltige Transformation der Landwirtschaft. Das DCZ ist eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) der Bundesrepublik Deutschland und des Ministeriums für Landwirtschaft und Ländliche Angelegenheiten (MARA) der Volksrepublik China. Auf deutscher Seite wird das DCZ von IAK Agrar Consulting GmbH Leipzig durchgeführt.

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    • Landwirtschaft

    China.Table Redaktion

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