wenn sich zwei besonders erfolgreiche Unternehmen in ihrem Feld zusammen tun, sollte die Welt ganz genau hinschauen. Konkret geht es um den Volvo-Mutterkonzern und Mercedes-Großaktionär Geely und dem Tech-Konzern Baidu. Ihr gemeinsam gegründetes Start-up Jidu hat kürzlich in Peking das Konzeptauto Robo-1 vorgestellt.
Auf den ersten Blick unterscheidet sich das Gefährt mit Schmetterlingstüren und einem Display, das sich über das gesamte Armaturenbrett zieht, nicht viel von anderen Konzeptautos, wie sie derzeit alle naselang von chinesischen E-Auto-Herstellern vorgestellt werden. Doch der Eindruck täuscht. Baidu ist inzwischen weltweit führend bei der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz und damit auch bei der Technik, die autonomes Fahrens ermöglicht. Das Auto von Jidu könnte “neue Maßstäbe setzen”, analysiert unser Autorenteam in Peking, die sich die Entwicklung genau angeschaut haben.
Angesichts der Erfolge dieser Tech-Unternehmen war es überraschend, dass die chinesische Führung in den vergangenen zwei Jahren regulativ so radikal gegen sie vorging. Im vergangenen Sommer traf es auch den beliebten Fahrdienst Didi, das chinesische Uber: Didi wurde aus dem App-Store geschmissen. Das Management hatte aus Sicht des Staates zu eigenwillig gehandelt. Inzwischen zeigt sich das Unternehmen demütig. Immerhin scheint das jetzt belohnt zu werden: Die App könnte schon bald wieder abrufbar sein, schreibt ebenfalls unser Team in Peking. Offenbar ist der Führung in Peking am Erfolg der Tech-Branche doch gelegen.
Viele neue Erkenntnisse!
Als erster chinesischer Tech-Gigant steht Baidu vor dem Produktionsstart eines eigenen smarten E-Autos. Das von Baidu und dem heimischen Autokonzern Geely gegründete Start-up Jidu 集度 hat kürzlich in Peking das Konzeptauto Robo-1 vorgestellt. Jidu zeigte ein futuristisches Gefährt mit Schmetterlingstüren und einem Display, das sich über das gesamte Armaturenbrett zieht. Der Bau soll nach Angaben des Unternehmens im kommenden Jahr beginnen. Demnach soll das Serienmodell zu 90 Prozent dem Konzept-Auto entsprechen.
Die Konkurrenz dürfte den Robo-1 im Auge behalten. Schließlich verbindet das Fahrzeug Expertise aus zwei Welten. Volvo-Mutter und Mercedes-Großaktionär Geely demonstrierte gerade erst mit der Einführung der neuen Marke Zeekr, dass es in der Lage ist, Tesla und anderen Herstellern im Premiumsegment bei E-Autos Konkurrenz zu machen. Baidu wiederum ist ein weltweit führender Spieler im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Hier finden also Hardware und Software auf hohem Niveau zusammen.
Der Robo-1 basiert auf der gleichen Plattform wie der Zeekr 001 oder auch der neue Smart, den Geely und Mercedes gemeinsam entwickelt haben. Hinzu kommt jedoch eine technische Ausstattung, die Baidu federführend entwickelt hat. Fünf Radaraugen, zwei Lidar-Sensoren und zwölf HD-Kameras sollen im Robo-1 verbaut werden. Damit würde das Auto neue Maßstäbe setzen. Trotz der üppigen Technik-Ausstattung strebt Jidu an, den Robo-1 offenbar zu einem Kampfpreis oberhalb von 200.000 Yuan (28.500 Euro) auf den Markt zu bringen.
Gelingt es Jidu tatsächlich, den Robo-1 im kommenden Jahr auszurollen, würde es damit auch Xiaomi ausstechen. Der chinesische Smartphone-Gigant arbeitet ebenfalls an einem eigenen E-Auto. Xiaomi hält bislang an dem Ziel fest, bis 2024 in die Massenproduktion zu gehen. Neben Baidu und Xiaomi investieren auch andere chinesische Tech-Giganten in E-Autos.
Huawei etwa ist Partnerschaften mit einer ganzen Reihe von Autokonzernen eingegangen, denen es smarte Lösungen anbietet. Ähnlich gehen auch Tencent und Alibaba vor, die zudem früh in die chinesischen E-Auto-Startups Xpeng (Alibaba) und Nio (Tencent) investiert haben. Nur Xiaomi und Baidu verfolgen Pläne zum Bau eigener Autos.
Der Robo-1 ziele darauf ab, das Bedürfnisse der Nutzer nach intelligentem Reisen und einer intelligenten Kabine zu erfüllen, sagte Joe Xia Yiping, Geschäftsführer von Jidu anlässlich der Präsentation. “Das ultimative Ziel ist es, ein vollständig fahrerloses Transporterlebnis zu realisieren”, so der Jidu-Chef weiter. Die autonome Fahrtechnologie für Jidus Auto wird auf Apollo basieren, einer offenen Plattform, die von Baidu und mehreren Partnern entwickelt wurde.
Sie wird von Dutzenden Autoherstellern in China eingesetzt. Baidu gilt in China als führend bei der Entwicklung von Technik, die autonomes Fahrens ermöglicht. Das Unternehmen ist derzeit dabei, seinen eigenen Roboter-Taxi-Service Apollo Go in großen chinesischen Städten auszurollen.
Nach eigenen Angaben verfügt der Konzern über einen Datenschatz, aus mehr als 20 Millionen Kilometern überwachtem autonomen Fahren. Die Daten nutzt Baidu ähnlich wie Tesla, um die Algorithmen zu trainieren, die später das Steuer komplett übernehmen sollen. Jörn Petring/Gregor Koppenburg
Für den führenden chinesischen Fahrdienst Didi brechen nach einem katastrophalen Jahr endlich wieder bessere Zeiten an. Das Unternehmen zog sich am 10. Juni offiziell von der New Yorker Börse zurück. Damit hat es die wichtigste Auflage Pekings erfüllt, um wieder zum normalen Geschäftsbetrieb zurückkehren zu können.
Der chinesische Uber-Rivale musste im vergangenen Sommer einen schweren Rückschlag hinnehmen. Denn nach seinem US-Börsengang trat plötzlich die Regierung auf den Plan. Die Behörden ordneten an, Didis Angebote aus sämtlichen chinesischen App-Stores zu löschen. Das hatte zur Folge, dass sich keine neuen Nutzer mehr bei den Diensten des Konzerns anmelden konnten. Die Höchststrafe.
Didi hatte seinen Börsengang in den USA ohne Einverständnis der Pekinger Führung durchgesetzt. Die Ansage an das Unternehmen lautete daher: Korrigiert eure Fehler, oder ihr werdet es büßen. Die Maßnahmen gegen Didi bildeten damals eine weitere Eskalationsstufe des großen Tech-Crackdowns, von dem praktisch kein chinesisches Internetunternehmen verschont blieb.
Peking, so scheint es, hat in den vergangenen Monaten wegen der allgemein schwachen Wirtschaftsentwicklung seinen harten Kurs gegen die Tech-Giganten überdacht (China.Table berichtete). Und so brechen nun offenbar auch für Didi wieder bessere Zeiten an.
So berichtet das Wall Street Journal unter Berufung auf mit dem Vorgang vertraute Personen, dass Peking kurz vor einem Abschluss seiner Untersuchung gegen Didi steht. Demnach sollen die Apps des Konzerns schon bald wieder in chinesischen Stores freigegeben werden. Der Kurs der Didi-Aktie schoss daraufhin in die Höhe. Seit Mitte Mai hat sich der Wert der Papiere mehr als verdoppelt.
Für Anleger, die beim Börsengang vergangenen Sommer eingestiegen waren, bleibt das Investment jedoch ein Debakel, seitdem hat sich die Bewertung knapp halbiert. Auch nach der jüngsten Mini-Rally sitzen sie noch immer auf einem Verlust von mehr als 80 Prozent. 56 Milliarden US-Dollar Marktkapitalisierung wurden ausgelöscht.
Dass Peking Didi jetzt aus dem Schwitzkasten nimmt, dürfte vor allem mit den Fortschritten zusammenhängen, die das Unternehmen bei seinem Rückzug von der US-Börse gemacht hat. Zwar klappte es bisher nicht – wie zunächst geplant – mit einem alternativen Börsengang in Hongkong. Dies ist ein äußerst kompliziertes Unterfangen. Stattdessen stimmten die Didi-Anteilseigner dafür, auf ein offizielles Listing an einer US-Börse zu verzichten.
Nun sind die Didi-Papiere ausschließlich über den sogenannten OTC-Markt (over the counter) handelbar. Der außerbörsliche Handel wird von vielen Brokern und Banken unterstützt. Damit gibt es für Anleger beim Kauf der Papiere kaum Unterschiede. Allerdings bestehen höhere Risiken, weil Didi sich nicht mehr an Auflagen und Regeln der New Yorker Börse NYSE halten muss, wo das Unternehmen bisher gelistet war. Große Fondsgesellschaften, deren Regelwerk vorsieht, nur offiziell gelistete Aktien zu halten, müssen sich von ihren Didi-Anteilen trennen.
Schlecht für den Aktienkurs ist ein Ausweichen auf den OTC-Markt nicht unbedingt. Das hat zuletzt das Beispiel Luckin Coffee gezeigt. Der chinesische Starbucks-Konkurrent musste sich vor zwei Jahren wegen eines Bilanzskandals von der Tech-Börse Nasdaq zurückziehen. Am OTC-Markt hat sich der Luckin-Kurs seitdem von weniger als zwei auf mehr als elf US-Dollar deutlich erholt.
Didi hat sich erstmal Luft verschafft, die der Konzern dringend benötigt. Denn andere heimische Konkurrenten wie der zum Autokonzern Geely gehörende Fahrdienst Cao Cao haben die Probleme des Unternehmens genutzt. Sie konnten im vergangenen Jahr viele neue Nutzer gewinnen. Während Didi bis Ende 2021 noch über 80 Millionen aktive User verfügte, was einem Minus von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht, legte Cao Cao um 65 Prozent auf 11,5 Millionen zu. Der kleinere Rivale T3 wuchs sogar um 125 Prozent auf 6,6 Millionen Nutzer. Jörn Petring/Gregor Koppenburg
Aufgrund sinkender Nachfrage nach Nutzfahrzeugen hat der chinesische Automobilverband CAAM seine Absatzprognose für das laufende Jahr gesenkt. Im Gesamtjahr rechnet die Organisation mit der Auslieferung von 27 Millionen neuen Pkw, Lastwagen und Bussen – das sind eine halbe Million weniger Fahrzeuge als bei der ursprünglichen Prognose von Dezember. Das Wachstum gegenüber dem Vorjahr soll sich nach den am Montag veröffentlichten Daten auf nur noch 3 Prozent belaufen – und nicht mehr auf 5,4 Prozent.
Vor allem der schleppende Verkauf von Nutzfahrzeugen belastet den Ausblick. Hier wird ein Rückgang um 16 Prozent auf vier Millionen Einheiten erwartet. Der Pkw-Markt soll sich hingegen weiter erholen und trotz aller Behinderungen durch strikte Corona-Lockdowns in den vergangenen Monaten um sieben Prozent zulegen. Vor allem bei Elektroautos zeichnet sich demnach dank staatlicher Kaufanreize ein starkes Wachstum von mehr als 50 Prozent ab.
Beim Autobauer Mercedes-Benz ging der Neuwagenabsatz am weltweit wichtigsten Einzelmarkt China dagegen um 25 Prozent im zweiten Quartal zurück. Halbleitermangel und logistische Probleme im Zusammenhang mit dem Lockdown wie der Sperrung des wichtigen Handelshafens Shanghai führte der Dax-Konzern als Gründe an. rtr
Das chinesische Handelsministerium stellte am Donnerstag zusammen mit anderen Ministerien eine Verlängerung der Steuervergünstigungen beim Kauf von Elektrofahrzeugen in Aussicht. Ein Plan, für E-Autos ab dem kommenden Jahr wieder die volle Steuer zu verlangen, könnte nun verworfen werden, hieß es. Der weltgrößte Automarkt wurde in den vergangenen Monaten von rigiden Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in Shanghai und anderen Teilen des Landes hart getroffen. Käufer vollelektrischer und teilelektrischer Fahrzeuge (New Energy Verhicle, NEV) erhalten die Steuererleichterung seit 2014. Die Verlängerung der Subvention ist bereits seit einigen Wochen im Gespräch (China.Table berichtete) rtr
Volkswagen will in China mehrere Tausend Software-Entwickler einstellen. Das geht aus Äußerungen des VW-Chefs Herbert Diess hervor. Der digitale Wandel sei der wichtigste Umbruch, vor dem der Konzern stehe. Selbstfahrende Autos, Entertainment und digitale Gadgets seien eine große Herausforderung für die Autoindustrie. In China steht Volkswagen vor der Aufgabe, sich an die lokalen Wünsche der Kundinnen und Kunden anzupassen, die im digitalen Bereich oft andere Vorstellungen hätten als Verbraucher im Westen.
In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagte Diess, es gäbe keine Pläne, das umstrittene Werk in Xinjiang zu schließen. Laut Diess müsse der lokale Partner SAIC “sicherstellen”, dass “wir in unserem Werk mit Minderheitsbeteiligung alles tun, damit dort nicht diskriminiert wird“. Diess zeigt sich davon überzeugt, dass sich die Situation der Minderheiten in Xinjiang verbessern wird, wenn VW den Standort behält. “Ich will deshalb auch baldmöglichst selbst dorthin reisen”, kündigte Diess an. nib
Volkswagen hat nach vermehrter Kritik an seinem Werk in Xinjiang eine Beauftragte für Menschenrechte berufen. Kerstin Waltenberg gehört zur Compliance-Abteilung und soll in dieser Funktion direkt an den Vorstand berichten. Volkswagen-Chef Herbert Diess hatte die Personalie am Freitag dem Aufsichtsrat vorgestellt.
Die Berufung von Waltenberg sei vor allem eine Vorbereitung auf die Einführung des Lieferkettengesetzes in Deutschland zum 1. Januar 2023, sagte ein Sprecher gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Mit dem Posten werde aber auch auf die Kritik am VW-Werk in Xinjiang (China.Table berichtete) reagiert. Waltenberg arbeitet seit 2017 für Volkswagen als COO für Group Compliance. Sie ist Autorin von Fachliteratur zu Compliance- und Due-Diligence-Themen. ari
Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) fordert die Aufhebung des Quarantänezwangs für Geimpfte bei der Einreise nach China. Er kritisiert zudem die Einschränkungen, die mit der Null-Covid-Strategie des Landes einhergehen. “Das ist nicht nur für unsere Mitgliedsfirmen ein enormes Ärgernis mit wirtschaftlichen Auswirkungen. China schneidet sich mit dieser restriktiven Einreisepolitik auch ins eigene Fleisch, weil man sich den Zugang zu Service genauso versperrt wie zu neuen Technologien”, sagt Ulrich Ackermann, Leiter der Außenwirtschaftsabteilung des VDMA .
Ausgewählte Mitglieder bekräftigen diese Haltung. “Die aktuelle, unserer Meinung nach unmenschliche Quarantänesituation würgt das Geschäft mit China ab”, sagt Ingo Cremer von Cremer Thermoprozessanlagen. “Schlechte Quarantänehotels sind wie Knast für unser Servicepersonal.” Man könne den Eindruck gewinnen, dass China keine ausländischen Mitarbeiter im Land haben möchte.
Der VDMA fordert die Regierung in Peking auf, “die Quarantäne für ausreichend geimpfte Geschäftsreisende ebenso abzuschaffen wie die umständlichen und undurchsichtigen Visa-Anforderungen”. Die Unternehmen brauchen zudem wieder ein deutlich ausgeweitetes Flugangebot nach China, um ihre vertraglichen Verpflichtungen dort erfüllen zu können, so Ackermann.
Die strikten Reisebestimmungen werden laut VDMA als Bedrohung für Handel und Investitionen gesehen. In seiner Pressemitteilung verweist der Verband auf die Exporte des Maschinen- und Anlagenbaus nach China. Diese seien seit Beginn des Jahres “spürbar gesunken”. Von Januar bis einschließlich April sanken die Ausfuhren in die Volksrepublik um 8,5 Prozent auf 5,9 Milliarden Euro. Die Exporte in die Vereinigten Staaten legten dagegen im selben Zeitraum um 13 Prozent auf 7,3 Milliarden Euro zu. Damit bauten die USA ihre Spitzenposition im Export-Länderranking des Maschinen- und Anlagenbaus weiter aus, betont der Verband “China ist und bleibt ein wichtiger Markt, auch für mittelständische Unternehmen”, sagt Ackermann. “Aber angesichts all der Behinderungen werden immer mehr Firmen die Geschäftsrisiken vor Ort neu bewerten und sich auf die Suche nach alternativen Absatzmärkten und Produktionsstandorten in Asien machen.” niw
Martin Tschendel ist seit Juni Product Controller für die VW-Tochter Mobility Asia in Peking. Tschendel war zuvor ebenfalls bei Mobility Asia als Risk Manager tätig.
Florian Lampmann hat bei Daimler China die Rolle des Director base engine and battery übernommen. Der in Nürnberg und Berlin ausgebildete Diplom-Ingenieur ist seit 2004 für den deutschen Autobauer tätig. Sechs Jahre davon hat er an seinem jetzigen Tätigkeitsort Peking verbracht.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unserer Personal-Rubrik an heads@table.media!
wenn sich zwei besonders erfolgreiche Unternehmen in ihrem Feld zusammen tun, sollte die Welt ganz genau hinschauen. Konkret geht es um den Volvo-Mutterkonzern und Mercedes-Großaktionär Geely und dem Tech-Konzern Baidu. Ihr gemeinsam gegründetes Start-up Jidu hat kürzlich in Peking das Konzeptauto Robo-1 vorgestellt.
Auf den ersten Blick unterscheidet sich das Gefährt mit Schmetterlingstüren und einem Display, das sich über das gesamte Armaturenbrett zieht, nicht viel von anderen Konzeptautos, wie sie derzeit alle naselang von chinesischen E-Auto-Herstellern vorgestellt werden. Doch der Eindruck täuscht. Baidu ist inzwischen weltweit führend bei der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz und damit auch bei der Technik, die autonomes Fahrens ermöglicht. Das Auto von Jidu könnte “neue Maßstäbe setzen”, analysiert unser Autorenteam in Peking, die sich die Entwicklung genau angeschaut haben.
Angesichts der Erfolge dieser Tech-Unternehmen war es überraschend, dass die chinesische Führung in den vergangenen zwei Jahren regulativ so radikal gegen sie vorging. Im vergangenen Sommer traf es auch den beliebten Fahrdienst Didi, das chinesische Uber: Didi wurde aus dem App-Store geschmissen. Das Management hatte aus Sicht des Staates zu eigenwillig gehandelt. Inzwischen zeigt sich das Unternehmen demütig. Immerhin scheint das jetzt belohnt zu werden: Die App könnte schon bald wieder abrufbar sein, schreibt ebenfalls unser Team in Peking. Offenbar ist der Führung in Peking am Erfolg der Tech-Branche doch gelegen.
Viele neue Erkenntnisse!
Als erster chinesischer Tech-Gigant steht Baidu vor dem Produktionsstart eines eigenen smarten E-Autos. Das von Baidu und dem heimischen Autokonzern Geely gegründete Start-up Jidu 集度 hat kürzlich in Peking das Konzeptauto Robo-1 vorgestellt. Jidu zeigte ein futuristisches Gefährt mit Schmetterlingstüren und einem Display, das sich über das gesamte Armaturenbrett zieht. Der Bau soll nach Angaben des Unternehmens im kommenden Jahr beginnen. Demnach soll das Serienmodell zu 90 Prozent dem Konzept-Auto entsprechen.
Die Konkurrenz dürfte den Robo-1 im Auge behalten. Schließlich verbindet das Fahrzeug Expertise aus zwei Welten. Volvo-Mutter und Mercedes-Großaktionär Geely demonstrierte gerade erst mit der Einführung der neuen Marke Zeekr, dass es in der Lage ist, Tesla und anderen Herstellern im Premiumsegment bei E-Autos Konkurrenz zu machen. Baidu wiederum ist ein weltweit führender Spieler im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Hier finden also Hardware und Software auf hohem Niveau zusammen.
Der Robo-1 basiert auf der gleichen Plattform wie der Zeekr 001 oder auch der neue Smart, den Geely und Mercedes gemeinsam entwickelt haben. Hinzu kommt jedoch eine technische Ausstattung, die Baidu federführend entwickelt hat. Fünf Radaraugen, zwei Lidar-Sensoren und zwölf HD-Kameras sollen im Robo-1 verbaut werden. Damit würde das Auto neue Maßstäbe setzen. Trotz der üppigen Technik-Ausstattung strebt Jidu an, den Robo-1 offenbar zu einem Kampfpreis oberhalb von 200.000 Yuan (28.500 Euro) auf den Markt zu bringen.
Gelingt es Jidu tatsächlich, den Robo-1 im kommenden Jahr auszurollen, würde es damit auch Xiaomi ausstechen. Der chinesische Smartphone-Gigant arbeitet ebenfalls an einem eigenen E-Auto. Xiaomi hält bislang an dem Ziel fest, bis 2024 in die Massenproduktion zu gehen. Neben Baidu und Xiaomi investieren auch andere chinesische Tech-Giganten in E-Autos.
Huawei etwa ist Partnerschaften mit einer ganzen Reihe von Autokonzernen eingegangen, denen es smarte Lösungen anbietet. Ähnlich gehen auch Tencent und Alibaba vor, die zudem früh in die chinesischen E-Auto-Startups Xpeng (Alibaba) und Nio (Tencent) investiert haben. Nur Xiaomi und Baidu verfolgen Pläne zum Bau eigener Autos.
Der Robo-1 ziele darauf ab, das Bedürfnisse der Nutzer nach intelligentem Reisen und einer intelligenten Kabine zu erfüllen, sagte Joe Xia Yiping, Geschäftsführer von Jidu anlässlich der Präsentation. “Das ultimative Ziel ist es, ein vollständig fahrerloses Transporterlebnis zu realisieren”, so der Jidu-Chef weiter. Die autonome Fahrtechnologie für Jidus Auto wird auf Apollo basieren, einer offenen Plattform, die von Baidu und mehreren Partnern entwickelt wurde.
Sie wird von Dutzenden Autoherstellern in China eingesetzt. Baidu gilt in China als führend bei der Entwicklung von Technik, die autonomes Fahrens ermöglicht. Das Unternehmen ist derzeit dabei, seinen eigenen Roboter-Taxi-Service Apollo Go in großen chinesischen Städten auszurollen.
Nach eigenen Angaben verfügt der Konzern über einen Datenschatz, aus mehr als 20 Millionen Kilometern überwachtem autonomen Fahren. Die Daten nutzt Baidu ähnlich wie Tesla, um die Algorithmen zu trainieren, die später das Steuer komplett übernehmen sollen. Jörn Petring/Gregor Koppenburg
Für den führenden chinesischen Fahrdienst Didi brechen nach einem katastrophalen Jahr endlich wieder bessere Zeiten an. Das Unternehmen zog sich am 10. Juni offiziell von der New Yorker Börse zurück. Damit hat es die wichtigste Auflage Pekings erfüllt, um wieder zum normalen Geschäftsbetrieb zurückkehren zu können.
Der chinesische Uber-Rivale musste im vergangenen Sommer einen schweren Rückschlag hinnehmen. Denn nach seinem US-Börsengang trat plötzlich die Regierung auf den Plan. Die Behörden ordneten an, Didis Angebote aus sämtlichen chinesischen App-Stores zu löschen. Das hatte zur Folge, dass sich keine neuen Nutzer mehr bei den Diensten des Konzerns anmelden konnten. Die Höchststrafe.
Didi hatte seinen Börsengang in den USA ohne Einverständnis der Pekinger Führung durchgesetzt. Die Ansage an das Unternehmen lautete daher: Korrigiert eure Fehler, oder ihr werdet es büßen. Die Maßnahmen gegen Didi bildeten damals eine weitere Eskalationsstufe des großen Tech-Crackdowns, von dem praktisch kein chinesisches Internetunternehmen verschont blieb.
Peking, so scheint es, hat in den vergangenen Monaten wegen der allgemein schwachen Wirtschaftsentwicklung seinen harten Kurs gegen die Tech-Giganten überdacht (China.Table berichtete). Und so brechen nun offenbar auch für Didi wieder bessere Zeiten an.
So berichtet das Wall Street Journal unter Berufung auf mit dem Vorgang vertraute Personen, dass Peking kurz vor einem Abschluss seiner Untersuchung gegen Didi steht. Demnach sollen die Apps des Konzerns schon bald wieder in chinesischen Stores freigegeben werden. Der Kurs der Didi-Aktie schoss daraufhin in die Höhe. Seit Mitte Mai hat sich der Wert der Papiere mehr als verdoppelt.
Für Anleger, die beim Börsengang vergangenen Sommer eingestiegen waren, bleibt das Investment jedoch ein Debakel, seitdem hat sich die Bewertung knapp halbiert. Auch nach der jüngsten Mini-Rally sitzen sie noch immer auf einem Verlust von mehr als 80 Prozent. 56 Milliarden US-Dollar Marktkapitalisierung wurden ausgelöscht.
Dass Peking Didi jetzt aus dem Schwitzkasten nimmt, dürfte vor allem mit den Fortschritten zusammenhängen, die das Unternehmen bei seinem Rückzug von der US-Börse gemacht hat. Zwar klappte es bisher nicht – wie zunächst geplant – mit einem alternativen Börsengang in Hongkong. Dies ist ein äußerst kompliziertes Unterfangen. Stattdessen stimmten die Didi-Anteilseigner dafür, auf ein offizielles Listing an einer US-Börse zu verzichten.
Nun sind die Didi-Papiere ausschließlich über den sogenannten OTC-Markt (over the counter) handelbar. Der außerbörsliche Handel wird von vielen Brokern und Banken unterstützt. Damit gibt es für Anleger beim Kauf der Papiere kaum Unterschiede. Allerdings bestehen höhere Risiken, weil Didi sich nicht mehr an Auflagen und Regeln der New Yorker Börse NYSE halten muss, wo das Unternehmen bisher gelistet war. Große Fondsgesellschaften, deren Regelwerk vorsieht, nur offiziell gelistete Aktien zu halten, müssen sich von ihren Didi-Anteilen trennen.
Schlecht für den Aktienkurs ist ein Ausweichen auf den OTC-Markt nicht unbedingt. Das hat zuletzt das Beispiel Luckin Coffee gezeigt. Der chinesische Starbucks-Konkurrent musste sich vor zwei Jahren wegen eines Bilanzskandals von der Tech-Börse Nasdaq zurückziehen. Am OTC-Markt hat sich der Luckin-Kurs seitdem von weniger als zwei auf mehr als elf US-Dollar deutlich erholt.
Didi hat sich erstmal Luft verschafft, die der Konzern dringend benötigt. Denn andere heimische Konkurrenten wie der zum Autokonzern Geely gehörende Fahrdienst Cao Cao haben die Probleme des Unternehmens genutzt. Sie konnten im vergangenen Jahr viele neue Nutzer gewinnen. Während Didi bis Ende 2021 noch über 80 Millionen aktive User verfügte, was einem Minus von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht, legte Cao Cao um 65 Prozent auf 11,5 Millionen zu. Der kleinere Rivale T3 wuchs sogar um 125 Prozent auf 6,6 Millionen Nutzer. Jörn Petring/Gregor Koppenburg
Aufgrund sinkender Nachfrage nach Nutzfahrzeugen hat der chinesische Automobilverband CAAM seine Absatzprognose für das laufende Jahr gesenkt. Im Gesamtjahr rechnet die Organisation mit der Auslieferung von 27 Millionen neuen Pkw, Lastwagen und Bussen – das sind eine halbe Million weniger Fahrzeuge als bei der ursprünglichen Prognose von Dezember. Das Wachstum gegenüber dem Vorjahr soll sich nach den am Montag veröffentlichten Daten auf nur noch 3 Prozent belaufen – und nicht mehr auf 5,4 Prozent.
Vor allem der schleppende Verkauf von Nutzfahrzeugen belastet den Ausblick. Hier wird ein Rückgang um 16 Prozent auf vier Millionen Einheiten erwartet. Der Pkw-Markt soll sich hingegen weiter erholen und trotz aller Behinderungen durch strikte Corona-Lockdowns in den vergangenen Monaten um sieben Prozent zulegen. Vor allem bei Elektroautos zeichnet sich demnach dank staatlicher Kaufanreize ein starkes Wachstum von mehr als 50 Prozent ab.
Beim Autobauer Mercedes-Benz ging der Neuwagenabsatz am weltweit wichtigsten Einzelmarkt China dagegen um 25 Prozent im zweiten Quartal zurück. Halbleitermangel und logistische Probleme im Zusammenhang mit dem Lockdown wie der Sperrung des wichtigen Handelshafens Shanghai führte der Dax-Konzern als Gründe an. rtr
Das chinesische Handelsministerium stellte am Donnerstag zusammen mit anderen Ministerien eine Verlängerung der Steuervergünstigungen beim Kauf von Elektrofahrzeugen in Aussicht. Ein Plan, für E-Autos ab dem kommenden Jahr wieder die volle Steuer zu verlangen, könnte nun verworfen werden, hieß es. Der weltgrößte Automarkt wurde in den vergangenen Monaten von rigiden Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in Shanghai und anderen Teilen des Landes hart getroffen. Käufer vollelektrischer und teilelektrischer Fahrzeuge (New Energy Verhicle, NEV) erhalten die Steuererleichterung seit 2014. Die Verlängerung der Subvention ist bereits seit einigen Wochen im Gespräch (China.Table berichtete) rtr
Volkswagen will in China mehrere Tausend Software-Entwickler einstellen. Das geht aus Äußerungen des VW-Chefs Herbert Diess hervor. Der digitale Wandel sei der wichtigste Umbruch, vor dem der Konzern stehe. Selbstfahrende Autos, Entertainment und digitale Gadgets seien eine große Herausforderung für die Autoindustrie. In China steht Volkswagen vor der Aufgabe, sich an die lokalen Wünsche der Kundinnen und Kunden anzupassen, die im digitalen Bereich oft andere Vorstellungen hätten als Verbraucher im Westen.
In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagte Diess, es gäbe keine Pläne, das umstrittene Werk in Xinjiang zu schließen. Laut Diess müsse der lokale Partner SAIC “sicherstellen”, dass “wir in unserem Werk mit Minderheitsbeteiligung alles tun, damit dort nicht diskriminiert wird“. Diess zeigt sich davon überzeugt, dass sich die Situation der Minderheiten in Xinjiang verbessern wird, wenn VW den Standort behält. “Ich will deshalb auch baldmöglichst selbst dorthin reisen”, kündigte Diess an. nib
Volkswagen hat nach vermehrter Kritik an seinem Werk in Xinjiang eine Beauftragte für Menschenrechte berufen. Kerstin Waltenberg gehört zur Compliance-Abteilung und soll in dieser Funktion direkt an den Vorstand berichten. Volkswagen-Chef Herbert Diess hatte die Personalie am Freitag dem Aufsichtsrat vorgestellt.
Die Berufung von Waltenberg sei vor allem eine Vorbereitung auf die Einführung des Lieferkettengesetzes in Deutschland zum 1. Januar 2023, sagte ein Sprecher gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Mit dem Posten werde aber auch auf die Kritik am VW-Werk in Xinjiang (China.Table berichtete) reagiert. Waltenberg arbeitet seit 2017 für Volkswagen als COO für Group Compliance. Sie ist Autorin von Fachliteratur zu Compliance- und Due-Diligence-Themen. ari
Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) fordert die Aufhebung des Quarantänezwangs für Geimpfte bei der Einreise nach China. Er kritisiert zudem die Einschränkungen, die mit der Null-Covid-Strategie des Landes einhergehen. “Das ist nicht nur für unsere Mitgliedsfirmen ein enormes Ärgernis mit wirtschaftlichen Auswirkungen. China schneidet sich mit dieser restriktiven Einreisepolitik auch ins eigene Fleisch, weil man sich den Zugang zu Service genauso versperrt wie zu neuen Technologien”, sagt Ulrich Ackermann, Leiter der Außenwirtschaftsabteilung des VDMA .
Ausgewählte Mitglieder bekräftigen diese Haltung. “Die aktuelle, unserer Meinung nach unmenschliche Quarantänesituation würgt das Geschäft mit China ab”, sagt Ingo Cremer von Cremer Thermoprozessanlagen. “Schlechte Quarantänehotels sind wie Knast für unser Servicepersonal.” Man könne den Eindruck gewinnen, dass China keine ausländischen Mitarbeiter im Land haben möchte.
Der VDMA fordert die Regierung in Peking auf, “die Quarantäne für ausreichend geimpfte Geschäftsreisende ebenso abzuschaffen wie die umständlichen und undurchsichtigen Visa-Anforderungen”. Die Unternehmen brauchen zudem wieder ein deutlich ausgeweitetes Flugangebot nach China, um ihre vertraglichen Verpflichtungen dort erfüllen zu können, so Ackermann.
Die strikten Reisebestimmungen werden laut VDMA als Bedrohung für Handel und Investitionen gesehen. In seiner Pressemitteilung verweist der Verband auf die Exporte des Maschinen- und Anlagenbaus nach China. Diese seien seit Beginn des Jahres “spürbar gesunken”. Von Januar bis einschließlich April sanken die Ausfuhren in die Volksrepublik um 8,5 Prozent auf 5,9 Milliarden Euro. Die Exporte in die Vereinigten Staaten legten dagegen im selben Zeitraum um 13 Prozent auf 7,3 Milliarden Euro zu. Damit bauten die USA ihre Spitzenposition im Export-Länderranking des Maschinen- und Anlagenbaus weiter aus, betont der Verband “China ist und bleibt ein wichtiger Markt, auch für mittelständische Unternehmen”, sagt Ackermann. “Aber angesichts all der Behinderungen werden immer mehr Firmen die Geschäftsrisiken vor Ort neu bewerten und sich auf die Suche nach alternativen Absatzmärkten und Produktionsstandorten in Asien machen.” niw
Martin Tschendel ist seit Juni Product Controller für die VW-Tochter Mobility Asia in Peking. Tschendel war zuvor ebenfalls bei Mobility Asia als Risk Manager tätig.
Florian Lampmann hat bei Daimler China die Rolle des Director base engine and battery übernommen. Der in Nürnberg und Berlin ausgebildete Diplom-Ingenieur ist seit 2004 für den deutschen Autobauer tätig. Sechs Jahre davon hat er an seinem jetzigen Tätigkeitsort Peking verbracht.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unserer Personal-Rubrik an heads@table.media!