mit seinem 16+1-Format wollte China der EU in Ost- und Mitteleuropa langfristig das Wasser abgraben. Zehn Jahre nach der Gründung der Wirtschaftsinitiative macht sich jedoch Ernüchterung breit. Der wirtschaftliche Nutzen hält sich in Grenzen. Finanzspritzen fielen kleiner aus als gedacht. Verhandlungen gestalteten sich zäh und politische Differenzen, etwa sanktionierte Beziehungen zu Taiwan und Chinas Haltung zum Ukraine-Krieg, haben zu einem Vertrauensverlust geführt. Zuletzt kehrten Lettland und Estland der Initiative den Rücken. Doch auch wenn Tschechien bald folgen dürfte, ist eine große Austrittswelle nicht zu erwarten, analysiert Amelie Richter. Viele der Staaten sind eng mit China verknüpft und erhoffen sich weitere Investitionen – und die EU ist als Alternative vielerorts noch immer zu wenig sichtbar.
Auch Chinas Filmindustrie zeigt eine Tendenz zur Entkopplung. Wie unser Team aus Peking berichtet, finden immer weniger westliche Blockbuster den Weg nach China. Das liegt zum einen an der intransparenten Vorauswahl der Behörden – jährlich dürfen nur 34 ausländische Filme gezeigt werden – und zum anderen an veränderten Ansprüchen. Die Chinesen haben immer mehr Lust auf chinesische Produktionen mit chinesischen Themen, gerne patriotisch und bombastisch wie der Kassenschlager Battle at Lake Changjin, dessen erster Teil allein 900 Millionen US-Dollar einspielte.
Der Vorschlag klang vielversprechend: Eine Großmacht will Geld in mittel- und osteuropäische Staaten leiten, Infrastruktur aufbauen, alte Fabriken wiederbeleben, in Menschen und lokale Projekte investieren, die keine westlichen Investoren finden. Das 16+1-Format trat auf den Plan und es begann ein Wettlauf darum, “Chinas Tor zu Europa” zu werden. Für einige Teilnehmer kam die Ziellinie aber nie in Sicht, wirtschaftliche Hoffnungen blieben unerfüllt. Zum zehnjährigen Gründungsjubiläum gibt es kein Feuerwerk. Das Kooperationsformat schrumpft stattdessen mit dem Austritt von Lettland und Estland weiter.
Im Jahr 2012 wurde die Cooperation between China and Central and Eastern European Countries, kurz China-CEEC, gegründet. Dazu gehörten 16 Staaten in Mittel- und Osteuropa und die Volksrepublik. Nach dem Beitritt Griechenlands wurde daraus dann der inoffizielle Name 17+1. 2021 machte schließlich Litauen den Anfang, verließ das Kooperationsformat und verkleinerte den Namen zurück zu 16+1.
Seit vergangener Woche muss wieder neu gezählt werden. Mit dem koordinierten Abgang der baltischen EU-Staaten Estland und Lettland sind es nur noch 14+1 (China.Table berichtete). Die verbliebenen 14 sind die neun EU-Mitgliedsländer Bulgarien, Griechenland, Kroatien, Polen, Rumänien, Slowenien, Slowakei, Tschechien und Ungarn. Dazu kommen die fünf Westbalkanstaaten Albanien, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Montenegro und Nordmazedonien.
Der Austritt kommt nicht wirklich überraschend, sagt Liisi Karindi, Analystin beim Thinktank China Observers in Central and Eastern Europe (CHOICE). In ihrem Heimatland Estland sei China schon lange nicht mehr als wirtschaftliche Chance wahrgenommen worden, sondern sei mehr ein Thema der nationalen Sicherheit. “Politisch und wirtschaftlich war China nie so wichtig für uns”, erklärt Karindi gegenüber China.Table.
Estland, genauso wie Litauen und Lettland, befindet sich eher am unteren Ende der Empfängerliste von Investitionen aus China. Und laut der Comtrade-Datenbank der Vereinten Nationen zum internationalen Handel beliefen sich die estnischen Exporte nach China im Jahr 2021 auf lediglich 232 Millionen US-Dollar.
Viel wichtiger und präsenter in der öffentlichen Wahrnehmung in Estland sei eine andere Großmacht, so Karindi. “Für uns im Baltikum ist immer die Frage: Was macht Russland?” Wegen der Nähe habe man sich “ziemlich schnell für eine Seite entscheiden müssen”. Die Wahl sei auf USA und Nato gefallen. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und Chinas Reaktion waren dann auch entscheidend für Estlands Schritt, das Kooperationsformat zu verlassen. Die mögliche Verschlechterung der Beziehungen zu China wegen des Austritts sei dabei ein “Kollateralschaden”, sagt Karindi. Es gehe darum, klar Stellung zu beziehen, gegen Chinas Rolle im Ukraine-Krieg und gegen Menschenrechtsverletzungen. “Walk the talk”, wie Karindi es sagt. Den Worten auch Taten folgen lassen, sei wichtig gewesen.
Lettland gab am vergangenen Donnerstag fast zeitgleich eine ähnlich lautende Mitteilung wie Estland heraus und verkündete den Austritt. Dabei war erst am Tag zuvor über einen möglichen Ausbau der Zusammenarbeit im Verkehrssektor gesprochen worden.
Was überraschte: Eine Reaktion aus Peking blieb aus. Weder am Wochenende noch zu Beginn der neuen Woche wurde der Austritt der Balten von offizieller Seite kommentiert. Vor einem Jahr hatte Litauen noch viel größeren Wirbel verursacht. Denn mit dem Austritt aus dem Format leitete Vilnius auch gleich eine Annäherung an Taiwan ein. Die Ankündigung, ein “Taiwan-Büro” in der litauischen Hauptstadt einzurichten, war dann der Startpunkt eines beispiellosen Niedergangs der diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen. Dass Estland nun ähnliches drohe, denkt Analystin Karindi nicht. Es gäbe derzeit keine konkreten Pläne der Regierung, ein “Taiwan-Büro” im Land einzurichten. Fordern tut das aber zum Beispiel der einflussreiche Vorsitzenden des Außenpolitik-Ausschusses des estnischen Parlaments, Marko Mihkelson.
Ist der baltische Exit jetzt der Beginn einer großen Austrittswelle aus CEEC-China? Eher nicht. Dazu ist die Teilnehmer-Zusammensetzung zu heterogen – zu viele unterschiedliche Interessen in unterschiedlichen Staaten. Lettland, Litauen und Estland haben keine Vorreiterrolle für Staaten wie Serbien oder Montenegro, wenn es um die China-Beziehungen geht. Für die Westbalkanstaaten sind chinesische Angebote weiterhin finanziell interessant und werden das auch bleiben, weil die EU zu wenig präsent ist.
Das Ende von 14+1 ist erst eingeläutet, wenn eines der tonangebenden Schwergewichte wie Ungarn, Polen, Rumänien oder Tschechien den Kreis verlässt. Ungarn wird nun aber Standort einer neuen Batteriefabrik von CATL – Höhe der Investition: 7,34 Milliarden Euro (China.Table berichtete). Dass diese just am Tag nach Bekanntwerden des Austritts von Lettland und Estland verkündet wurde, war von einigen Beobachtern als indirekte Reaktion auf den Balten-Exit gelesen worden.
Polen und Rumänien sind zunehmend skeptisch, was chinesische Investitionen angeht. In Rumänien wurden alle chinesischen Projekte eingefroren. Die Rumänen brachen 2020 die Gespräche mit den Chinesen über das Kernkraftwerk Cernavoda nach sieben Jahren Verhandlungen ab. In Polen ist das bedeutendste Projekt die Güterbahn, die entlang der Land-Seidenstraße aus China anrollt. Die Züge verkehrten dort trotz der Probleme im Jahr 2021 an der polnisch-belarussischen Grenze und nun während des russischen Krieges in der Ukraine weiter. Das größte wirtschaftliche Problem zwischen Polen und der Volksrepublik ist das Handelsdefizit. Die Skepsis gegenüber China scheint die Regierungen in Warschau und Bukarest derzeit aber noch nicht in Richtung Austritt aus dem Kooperationsformat zu drängen.
Heißtester Kandidat für einen Austritt ist Tschechien – hier lautet die Frage nicht “ob”, sondern eher “wann” der Schritt gemacht wird, wie Ivana Karásková, China Research Fellow bei der Association for International Affairs (AMO) in Prag, schreibt. Seit Amtsantritt des neuen Ministerpräsidenten Petr Fiala kommen aus Tschechien deutlich China-kritischere Töne. Der tschechische Außenminister Jan Lipavský spricht sich für engere Verbindungen zu Taiwan aus. Zudem schloss sich das Außenministerium der Einschätzung an, dass das Format Tschechien in einem Jahrzehnt Mitgliedschaft praktisch keinen Nutzen gebracht habe.
Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten der tschechischen Abgeordnetenkammer hatte in einer Resolution den Austritt bereits konkret gefordert. Tschechien muss allerdings noch eine “Hürde” loswerden: Präsident Miloš Zeman. Zeman ist Fürsprecher Pekings. Am Gipfeltreffen der CEEC-China im vergangenen Jahr nahm er persönlich online teil. Da Zeman im Januar nicht nochmal zur Wahl antreten darf, kann mit einem Abgang Tschechiens aus 14+1 im kommenden Jahr gerechnet werden.
Wer ein Fan von Superheldenfilmen ist, fühlt sich in China vermutlich seit zwei Jahren wie auf einem Marsch durch die Wüste. Zwar öffneten die Kinos in China in der Corona-Pandemie recht schnell wieder ihre Tore, doch die Hollywood-Blockbuster blieben aus. Globale Kassenschlager wie Black Widow, Shang Chi oder Spiderman: No Way Home kamen nicht auf dem chinesischen Markt.
Der Zugang für Superheldenfilme ist verstopft. Der neue Marvel-Film Thor – Love and Thunder reiht sich in eine lange Liste von nicht veröffentlichten Marvel-Filmen ein. Dabei hatte Avengers: Endgame im Jahr 2019 allein in China mehr als 629 Millionen Dollar eingespielt, ein wichtiger Beitrag zum weltweiten Bruttoergebnis von 2,7 Milliarden Dollar. Das Erscheinen von The Batman im März und diese Woche von Minions: The Rise Of Gru stimmt Filmfans und Industrie-Analysten wieder etwas positiver. Der Trend geht jedoch in eine andere, eindeutige Richtung.
Warum US-Filme keine Lizenzen in China bekommen, wird von offiziellen Stellen nicht begründet. Die Folge sind teils wilde Spekulationen. Im Fall von Thor – Love and Thunder wird gemutmaßt, dass ein Kuss zwischen zwei gleichgeschlechtlichen Figuren die Ursache sein könnte. Bei Spiderman: No Way Home war angeblich die Freiheitsstatue zu oft im Bild. Doch auch Marvel-fremde Filme ereilte dieses Schicksal. Im Fall von Top Gun: Maverick war der Stein des Anstoßes angeblich eine japanische und eine taiwanische Flagge auf der Fliegerjacke von Tom Cruise. Spekulationen, die sich nicht verifizieren lassen.
Anders ist auch, dass die Filme neuerdings häufiger komplett ausgeschlossen werden. Zensoren hätten früher oft die entsprechenden Szenen rausschneiden oder Inhalte per Computereffekte so ändern lassen, dass sie für die Zensur akzeptabel geworden wären. Finanziell hilft das Nichterscheinen der Filme selbstverständlich keiner Seite weiter.
Wenn man frühere große Marvel-Releases als Maßstab hernimmt, hätte ein Film wie Spiderman: No Way Home mit Einnahmen im dreistelligen Millionenbereich rechnen können. 75 Prozent davon wären an chinesische Vertragspartner gefallen. Es zeigt deutlich, dass beiden Seiten Einnahmen verloren gehen. Und der chinesische Kinomarkt hätte das Geld eigentlich genauso gut gebrauchen können wie die US-Firmen. Kinomärkte haben durch die Coronakrise überall gelitten. Weltweit liegen die Umsätze zwischen 30 und 40 Prozent unter den durchschnittlichen Zahlen der letzten drei Jahre vor der Coronakrise. Der Unterschied zwischen dem chinesischen Markt und dem weltweiten: In China verschlechtern sich die Zahlen momentan, während sie sich anderswo langsam erholen.
Nach einer Studie von Comscore Movies hat Nordamerika China dieses Jahr wieder als größten Kinomarkt überholt. Der Unterschied beträgt dabei allerdings nur drei Millionen US-Dollar. China scheint auch beim Film auf eine Entkoppelung und starke heimische Produktionskapazitäten zu setzen. Die größten chinesischen Kassenschlager der letzten zwei Jahre waren Battle of Lake Changjin (rund 900 Millionen US-Dollar) und Battle of Changjin II (rund 630 Millionen US-Dollar), beides patriotische Actionfilme. Es ist ein Trend, der seit Jahren vorhält. Der Anteil der US-Produktionen an den Gesamteinnahmen des chinesischen Marktes sinkt. Während es 2016 noch 38 waren, kamen US-Produktionen im Jahr 2021 nur noch auf 12,3 Prozent.
Es findet also eine Verschiebung zu einheimischen Produktionen statt. “Bei chinesischen Zuschauern gibt es eine riesige Nachfrage nach chinesischen Inhalten”, sagt ein Brancheninsider. “Das sind nicht unbedingt Leute aus Peking oder Shanghai, aber in kleineren Städten sind chinesische Inhalte extrem beliebt.” Die angespannten US-China Beziehungen verstärken diesen Trend noch. Filme wie “Battle of Lake Changjin”, in denen die USA zum Feindbild stilisiert werden, haben daher Hochkonjunktur. Dadurch, dass sie auch technisch gut genug gemacht sind, können ihnen auch Zuschauer in modernen Großstädten etwas abgewinnen.
Hinzu kommt, dass Filme wie Dune oder kürzlich The Batman nur wenig Zuschauer in die Kinos gelockt haben. Letzterer war am chinesischen Markt mit fliegenden Fahnen untergegangen – nicht einmal 30 Millionen Dollar spielte er ein. “Das Interesse bei den Vertrieben ist dadurch gedämpft. Sie können oft mit chinesischen Releases mehr Geld verdienen als mit dem Extraaufwand, den ein US-Film mit sich bringt.”
Auch hat die chinesische Regierung ein Interesse daran, chinesische Produktionsfirmen zu schützen. Nur etwas mehr als 34 ausländische Blockbuster dürfen unter Einnahmenteilung im chinesischen Markt erscheinen. 2021 waren es gerade einmal 20. Und Einnahmenteilung ist in China deutlich weniger lukrativ für US-Studios als an anderen Märkten. Denn verglichen mit den 40 bis 50 Prozent der Einnahmen, die sie an anderen Kinomärkten verdienen, nehmen sie in China nur etwa 25 Prozent ein. Und das Damoklesschwert der Zensoren hängt über jedem Release.
Eine Situation, die auch bei US Studio-Executives zu Unmut führt. Denn das Geschäft mit der chinesischen Seite wird immer unberechenbarer. “Manchmal füllen wir eine Fantasiezahl in die Spalte China ein, aber öfter lassen wir es ganz frei oder machen zwei Modelle: eins mit und eins ohne China”, sagte ein erfahrener Finanzier gegenüber der Zeitschrift Hollywood Reporter. Angewiesen sind die US-Studios derweil auf den chinesischen Markt nicht mehr. “Es ist ein Markt, der zu interessant ist, um ihn zu ignorieren, aber zu unsicher, um sich darauf zu verlassen”, schlussfolgert Rance Pow, Präsident von Artisan Gateway, Asiens führendem Beratungsunternehmen für die Film- und Kinobranche.
Für US-Studios ist der chinesische Markt ein Zusatzgeschäft. Für chinesische Firmen ist das anders. Sie sind auf ihren Markt angewiesen. Denn selbst die erfolgreichsten chinesischen Filme generieren außerhalb Chinas nahezu keine Zuschauereinnahmen. Jörn Petring/Gregor Koppenburg
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Die Cyberspace Administration of China (CAC) hat diese Woche erstmals eine Liste mit Details und Funktionsweisen von Algorithmen in den Apps großer Internetkonzerne wie Tencent, Alibaba, Meituan und Bytedance veröffentlicht. Auf diese Weise will Chinas Internetregulierungsbehörde den Nutzern mehr Transparenz und Selbstbestimmung ermöglichen und eine “gesunde Entwicklung von Internetinformationsdiensten fördern”, wie es von offizieller Seite heißt. Viele Online-Plattformen bauen ihr Geschäftsmodell auf Empfehlungsalgorithmen auf, die den User basierend auf individuellen Daten an ihre Angebote binden
Peking hatte Internetplattformen vorgeworfen, mit Algorithmen in die Privatsphäre der Nutzer vorzudringen und ihre Entscheidungen zu manipulieren. Im Frühjahr hatte der Staat deshalb ein Gesetz verabschiedet, das es Nutzern ermöglicht, Empfehlungen durch Algorithmen innerhalb von Apps und Online-Plattformen einzusehen und gegebenenfalls sogar abzuschalten. Das Gesetz mit dem Titel “Vorschriften für die Verwaltung von Algorithmus-Empfehlungen für Internetinformationsdienste” ist ein weltweites Novum. Kein anderes Land ermöglicht den Nutzern, Algorithmen in ihren Apps umfassend außer Kraft zu setzen. (China.Table berichtete).
In der von der CAC veröffentlichten Liste sind 30 Algorithmen angeführt und mit kurzen Erklärungen versehen. Demnach verwendet etwa Alibabas Taobao-E-Commerce-App einen Empfehlungsalgorithmus, der die Besuchs- und Suchhistorie jedes Nutzers auswertet, um ihm Produkte und Dienstleistungen zu empfehlen. Der Lieferdienst Meituan stellt Einzelheiten über den Algorithmus zur Verfügung, der zur Schätzung von Lieferzeiten und zur Einsatzabstimmung von Fahrern verwendet wird. Die Liste soll kontinuierlich erweitert werden, erklärt die Cyberspace-Verwaltung. rtr/fpe
H&M darf nach mehr als einem Jahr Boykott wieder Produkte auf der chinesischen E-Commerce-Plattform Tmall verkaufen. Der schwedische Textil-Einzelhändler, der gut 14 Millionen Abonnenten auf Tmall hat, war im März 2021 wegen kritischer Äußerungen über die Herkunft von Xinjiang-Baumwolle aus diesem und anderen Online-Handelsplätzen entfernt worden (China.Table berichtete). Tmall ist mit mehr als 500 Millionen registrierten Nutzern die größte B2C-Shopping-Plattform Chinas.
Der Modekonzern hatte 2020 mitgeteilt, “sehr besorgt über die Vorwürfe zu Zwangsarbeit” bei der Baumwoll-Produktion in China zu sein und keine Produkte mehr aus Xinjiang zu beziehen. Der Shitstorm auf Chinas sozialen Medien, der erst ein Jahr später entbrannte, verdeutlicht die Risiken, denen westliche Unternehmen in einem zunehmend nationalistischen China ausgesetzt sind. Im Zuge der Eskalation musste H&M auch rund 60 seiner Geschäfte in China schließen – etwa zwölf Prozent seines gesamten Einzelhandel-Netzwerks in China.
Im Hintergrund hatten Gespräche über eine Rückkehr von H&M stattgefunden, berichten Insider gegenüber Bloomberg. Im globalen Geschäft ist China für den Einzelhändler mit einem Anteil von drei Prozent nicht überlebenswichtig. Die Volksrepublik ist allerdings der größte Produktionsstandort für H&M. fpe
Aufgrund hoher Temperaturen und ausbleibender Regenfälle ist der Wasserstand an Chinas längstem Fluss, dem Jangtse, auf den niedrigsten Stand seit es Aufzeichnungen gibt gefallen. In Wuhan wurde ein Pegelstand von 17,54 Metern gemessen – sechs Meter unter dem Durchschnitt der letzten Jahre und der tiefste Stand seit 1865, wie die South China Morning Post berichtet. Am Jangtse lebt gut ein Drittel der chinesischen Bevölkerung.
Die beiden größten Frischwasserseen der Volksrepublik verzeichnen die niedrigsten Pegelstände seit Beginn der Aufzeichnung 1951. Der Poyang und der Dongting sind mit dem Jangtse verbunden. Auch kleinere Flüsse trocknen zunehmend aus. Das südliche China erlebt seit Juli Höchsttemperaturen. Das Nationale Meteorologische Zentrum hat jetzt erstmals die höchste Alarmstufe für die gesamte Region ausgesprochen, so die SCMP. Das Jahr 2022 könnte demnach zum heißesten Jahr seit 1961 werden.
Während niedrige Pegelstände in Deutschland bisher vor allem die Binnenschiffer in Bedrängnis bringen, bedrohen sie in China eher die Strom-Erzeugung. In der Provinz Sichuan ist der Wasserdurchfluss in die Stauseen von Wasserkraftwerken um 50 Prozent gegenüber dem historischen Durchschnitt gesunken, wie Bloomberg berichtet. Die Behörden riefen Unternehmen zum Stromsparen und zum Stopp der Produktion auf, so Reuters. Toyota hat daraufhin die Bänder in seinem Werk in der Provinz bis Samstag angehalten. Laut Volkswagen kommt es im örtlichen Werk nur zu geringen Verzögerungen bei den Auslieferungen. Auch das Foxconn-Werk in Chengdu bleibt bis Samstag geschlossen. Produzenten von Lithium, Polysilizium, Düngemitteln und anderen Gütern haben ihre Produktion eingeschränkt.
In einigen Dörfern um die Metropole Chongqing kam es zu einer Knappheit von Trinkwasser. Die Feuerwehr belieferte die Bewohner mit Frischwasser zur Bewässerung und zum Trinken. nib
Das Biotech-Unternehmen Stemirna Therapeutics aus Shanghai beginnt mit einer Phase-1-Studie für seinen mRNA-Impfstoff gegen Covid-19. Das Unternehmen arbeitet seit Frühjahr 2021 an dem Produkt (China.Table berichtete). Drei weitere chinesische mRNA-Präparate befinden sich bereits in klinischer Erprobung. Auf den vier Impfstoffkandidaten beruht jetzt die Hoffnung, das Land mit einem nationalen Vakzin aus der Lockdown-Falle zu befreien. In einer Phase-1-Studie wird ein neuer Wirkstoff zunächst an wenigen Menschen getestet, um zu sehen, was passiert.
Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus steigt derweil in mehreren Regionen Chinas wieder. Das weckt neue Lockdown-Ängste. Am auffälligsten war der Trend auf der Urlaubsinsel Hainan, wo die Behörden 1.211 neue Fälle festgestellt haben. Die Gesamtzahl der Neuinfektionen lag bei 2.368. Auf Hainan folgen in der Statistik Tibet und Xinjiang. In Shanghai tauchten drei und in Peking vier neue Fälle auf. fin
Chinas Behörden lassen kritische Geister weiterhin in großem Stil ohne medizinische Gründe in psychiatrische Kliniken einweisen. Die spanische Menschenrechtsorganisation Safeguard Defenders hat 99 Fälle von Hospital-Einweisungen nach Meinungsäußerungen dokumentiert. Darunter befinden sich auch viele Unterzeichner von Petitionen, die nur auf offiziellen Kanälen eine Verbesserung der Verhältnisse anstrebten und dafür als gefährliche Querulanten eingestuft wurden.
Das Ministerium für Öffentliche Sicherheit (PSB) betreibt dafür eigene Institutionen: “Zwangsbehandlungseinrichtungen” 强制医疗所, im Volksmund nach ihrem alten Namen auch Ankang 安康 genannt. Sie sind auf “kriminelle, psychisch gestörte Subjekte” spezialisiert. Den Eingewiesenen drohen Ruhigstellung mit harten Medikamenten, Elektroschocks und Isolation. Einige der Opfer verbringen mehr als zehn Jahre in den Einrichtungen. fin
Als Studentin wurde Christine Althauser immer wieder skeptisch gemustert, wenn es um ihre Fächer und Interessen ging. Politikwissenschaften – das war nicht sonderlich aufsehenerregend. Aber Sinologie und Slawistik im Nebenfach? Ein Jahr Studium in Taiwan und eines in Moskau? Das brachte ihr mitunter entsetzte Blicke ein.
Althauser ließ sich von ihrer Faszination für Asien und Osteuropa aber nicht abbringen. Zurecht, wie sie heute resümiert. Denn die damals erworbene Expertise in Sachen Sprache, Kultur, Politik und Gesellschaft habe ihre zahlreichen Entsendungen ins Ausland erst möglich gemacht.
In ihrer 34-jährigen Karriere schickte das Auswärtige Amt Christine Althauser gleich mehrmals in Staaten, mit denen sie schon im Studium Berührungspunkte hatte: zweimal nach Russland, zweimal nach China. Direkt nach ihrer Attachéausbildung im Jahr 1987 kam sie an die Deutsche Botschaft Peking. Es folgten Stationen bei mehreren europäischen Botschaften, der Ständigen Vertretung bei der Europäischen Union, im Planungsstab des Bundesverteidigungsministeriums und als Leiterin des Referats für Krisenprävention im Auswärtigen Amt. Zwischendurch schloss sie auch ihre Promotion an der Universität Heidelberg ab und dozierte an der Universität Freiburg. Ende der 90er-Jahre war sie in Russland eingesetzt.
Im Jahr 2017 kam die Entsendung nach Shanghai als Generalkonsulin. Althauser kannte die Metropole von früheren Besuchen als lebendig und international. Mit dem ersten Lockdown in Wuhan 2020 veränderte sich jedoch alles. So begleitete sie auf der finalen Station ihrer aktiven Karriere den Weg der Stadt in den Coronavirus-Ausnahmezustand. Auch wenn sich die Lage im Laufe des Jahres stabilisierte, erlebte sie so doch die Vorboten der besonders strengen Ausgangssperren 2022. Bis dahin hatte sie den Posten allerdings schon wieder verlassen.
Auf tiefgreifende Zäsuren wie eine Pandemie kann man zwar nie vollends vorbereitet sein, aber Althauser hatte einen vergleichbaren Einschnitt schon einmal durchgemacht, ganz am Anfang ihrer Karriere, in Peking. Damals arbeitete sie in der Kulturabteilung, hatte zu tun mit Schriftstellern und steckte mitten im blühenden Leben der künstlerischen Szene – bis 1989 der Dialog ein brutales Ende fand. Wie prägend, schnell und radikal sich eine vermeintlich stabile Situation ändern kann, das wurde ihr damals bewusst.
Nun befindet sich Althauser offiziell im Ruhestand, eine Bezeichnung, die ihr aber nicht sonderlich behagt: “Da sollte man mal darüber nachdenken, wie man das umtaufen kann.” Sie ist der Meinung, dass sie noch viel von dem Know-how anzubieten hat, das sie sich über all die Jahre erarbeitet hat. Dementsprechend rastlos ist sie immer noch unterwegs, allein im letzten Jahr half sie bei Wahlbeobachtungen in Georgien und Serbien und leitete einen Diplomatenlehrgang in Berlin. Neue Missionen stehen bereits an.
Von großer Bedeutung war für Althauser stets “der Austausch mit den normalen Menschen aus dem Alltag, abseits der beruflichen Einbindung”. Eine ihrer liebsten Erinnerungen an Shanghai waren die vielen Streifzüge mit dem Fahrrad und zu Fuß, bei denen sie auf verwunschene Ecken voller versteckter Geschichten gestoßen ist.
Mit Sorge blickt Althauser darauf, dass die Möglichkeiten für solche Erfahrungen zunehmend schwinden: “Je weniger Austausch es gibt, desto mehr werden Stereotype Überhand nehmen.” Dem entgegenzuwirken, auch und gerade unter erschwerten Bedingungen, das hat sich Christine Althauser zum Ziel gesetzt. Julius Schwarzwälder
Jing Du ist seit August Digital Marketing Managerin bei Melchers China. Die Marketing-Expertin will bei dem Bremer Dienstleister für Markterweiterung und Handel neue Wege in der digitalen Kommunikation gehen. Jing war zuvor unter anderem für die Deutsche Auslandshandelskammer und den Deutschen Akademischen Austauschdienst in China tätig.
Uwe Schroeter ist innerhalb der SMS Group von Moskau nach Peking gewechselt, wo er seit Juli als Chief Operating Officer für die Region China zuständig ist. Die SMS Group ist ein international tätiges Unternehmen im Bereich Hütten- und Walzwerkstechnik mit Hauptsitz in Düsseldorf. Schroeter war für das Unternehmen bereits zwischen 2010 und 2019 als Vice President Service Division in China tätig.
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Das Bahnverfolgungsschiff Yuan Wang 5 im Hafen Hambantota auf Sri Lanka. Schiffe dieser Bauart können mit ihren großen Parabolantennen Flugkörper wie Raketen verfolgen. Sie haben zivile Aufgaben wie die Überwachung von Satellitenstarts; außerdem können sie außerhalb des chinesischen Territoriums den Kontakt zu den künstlichen Himmelskörpern halten. Die Schiffe können aber auch das Militär unterstützen. Die Anwesenheit des chinesischen Schiffes in dem mit Seidenstraßen-Mitteln finanzierten Hafen wird daher vermutlich wieder als ominöses Zeichen chinesischen Einflusses gelten.
mit seinem 16+1-Format wollte China der EU in Ost- und Mitteleuropa langfristig das Wasser abgraben. Zehn Jahre nach der Gründung der Wirtschaftsinitiative macht sich jedoch Ernüchterung breit. Der wirtschaftliche Nutzen hält sich in Grenzen. Finanzspritzen fielen kleiner aus als gedacht. Verhandlungen gestalteten sich zäh und politische Differenzen, etwa sanktionierte Beziehungen zu Taiwan und Chinas Haltung zum Ukraine-Krieg, haben zu einem Vertrauensverlust geführt. Zuletzt kehrten Lettland und Estland der Initiative den Rücken. Doch auch wenn Tschechien bald folgen dürfte, ist eine große Austrittswelle nicht zu erwarten, analysiert Amelie Richter. Viele der Staaten sind eng mit China verknüpft und erhoffen sich weitere Investitionen – und die EU ist als Alternative vielerorts noch immer zu wenig sichtbar.
Auch Chinas Filmindustrie zeigt eine Tendenz zur Entkopplung. Wie unser Team aus Peking berichtet, finden immer weniger westliche Blockbuster den Weg nach China. Das liegt zum einen an der intransparenten Vorauswahl der Behörden – jährlich dürfen nur 34 ausländische Filme gezeigt werden – und zum anderen an veränderten Ansprüchen. Die Chinesen haben immer mehr Lust auf chinesische Produktionen mit chinesischen Themen, gerne patriotisch und bombastisch wie der Kassenschlager Battle at Lake Changjin, dessen erster Teil allein 900 Millionen US-Dollar einspielte.
Der Vorschlag klang vielversprechend: Eine Großmacht will Geld in mittel- und osteuropäische Staaten leiten, Infrastruktur aufbauen, alte Fabriken wiederbeleben, in Menschen und lokale Projekte investieren, die keine westlichen Investoren finden. Das 16+1-Format trat auf den Plan und es begann ein Wettlauf darum, “Chinas Tor zu Europa” zu werden. Für einige Teilnehmer kam die Ziellinie aber nie in Sicht, wirtschaftliche Hoffnungen blieben unerfüllt. Zum zehnjährigen Gründungsjubiläum gibt es kein Feuerwerk. Das Kooperationsformat schrumpft stattdessen mit dem Austritt von Lettland und Estland weiter.
Im Jahr 2012 wurde die Cooperation between China and Central and Eastern European Countries, kurz China-CEEC, gegründet. Dazu gehörten 16 Staaten in Mittel- und Osteuropa und die Volksrepublik. Nach dem Beitritt Griechenlands wurde daraus dann der inoffizielle Name 17+1. 2021 machte schließlich Litauen den Anfang, verließ das Kooperationsformat und verkleinerte den Namen zurück zu 16+1.
Seit vergangener Woche muss wieder neu gezählt werden. Mit dem koordinierten Abgang der baltischen EU-Staaten Estland und Lettland sind es nur noch 14+1 (China.Table berichtete). Die verbliebenen 14 sind die neun EU-Mitgliedsländer Bulgarien, Griechenland, Kroatien, Polen, Rumänien, Slowenien, Slowakei, Tschechien und Ungarn. Dazu kommen die fünf Westbalkanstaaten Albanien, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Montenegro und Nordmazedonien.
Der Austritt kommt nicht wirklich überraschend, sagt Liisi Karindi, Analystin beim Thinktank China Observers in Central and Eastern Europe (CHOICE). In ihrem Heimatland Estland sei China schon lange nicht mehr als wirtschaftliche Chance wahrgenommen worden, sondern sei mehr ein Thema der nationalen Sicherheit. “Politisch und wirtschaftlich war China nie so wichtig für uns”, erklärt Karindi gegenüber China.Table.
Estland, genauso wie Litauen und Lettland, befindet sich eher am unteren Ende der Empfängerliste von Investitionen aus China. Und laut der Comtrade-Datenbank der Vereinten Nationen zum internationalen Handel beliefen sich die estnischen Exporte nach China im Jahr 2021 auf lediglich 232 Millionen US-Dollar.
Viel wichtiger und präsenter in der öffentlichen Wahrnehmung in Estland sei eine andere Großmacht, so Karindi. “Für uns im Baltikum ist immer die Frage: Was macht Russland?” Wegen der Nähe habe man sich “ziemlich schnell für eine Seite entscheiden müssen”. Die Wahl sei auf USA und Nato gefallen. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und Chinas Reaktion waren dann auch entscheidend für Estlands Schritt, das Kooperationsformat zu verlassen. Die mögliche Verschlechterung der Beziehungen zu China wegen des Austritts sei dabei ein “Kollateralschaden”, sagt Karindi. Es gehe darum, klar Stellung zu beziehen, gegen Chinas Rolle im Ukraine-Krieg und gegen Menschenrechtsverletzungen. “Walk the talk”, wie Karindi es sagt. Den Worten auch Taten folgen lassen, sei wichtig gewesen.
Lettland gab am vergangenen Donnerstag fast zeitgleich eine ähnlich lautende Mitteilung wie Estland heraus und verkündete den Austritt. Dabei war erst am Tag zuvor über einen möglichen Ausbau der Zusammenarbeit im Verkehrssektor gesprochen worden.
Was überraschte: Eine Reaktion aus Peking blieb aus. Weder am Wochenende noch zu Beginn der neuen Woche wurde der Austritt der Balten von offizieller Seite kommentiert. Vor einem Jahr hatte Litauen noch viel größeren Wirbel verursacht. Denn mit dem Austritt aus dem Format leitete Vilnius auch gleich eine Annäherung an Taiwan ein. Die Ankündigung, ein “Taiwan-Büro” in der litauischen Hauptstadt einzurichten, war dann der Startpunkt eines beispiellosen Niedergangs der diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen. Dass Estland nun ähnliches drohe, denkt Analystin Karindi nicht. Es gäbe derzeit keine konkreten Pläne der Regierung, ein “Taiwan-Büro” im Land einzurichten. Fordern tut das aber zum Beispiel der einflussreiche Vorsitzenden des Außenpolitik-Ausschusses des estnischen Parlaments, Marko Mihkelson.
Ist der baltische Exit jetzt der Beginn einer großen Austrittswelle aus CEEC-China? Eher nicht. Dazu ist die Teilnehmer-Zusammensetzung zu heterogen – zu viele unterschiedliche Interessen in unterschiedlichen Staaten. Lettland, Litauen und Estland haben keine Vorreiterrolle für Staaten wie Serbien oder Montenegro, wenn es um die China-Beziehungen geht. Für die Westbalkanstaaten sind chinesische Angebote weiterhin finanziell interessant und werden das auch bleiben, weil die EU zu wenig präsent ist.
Das Ende von 14+1 ist erst eingeläutet, wenn eines der tonangebenden Schwergewichte wie Ungarn, Polen, Rumänien oder Tschechien den Kreis verlässt. Ungarn wird nun aber Standort einer neuen Batteriefabrik von CATL – Höhe der Investition: 7,34 Milliarden Euro (China.Table berichtete). Dass diese just am Tag nach Bekanntwerden des Austritts von Lettland und Estland verkündet wurde, war von einigen Beobachtern als indirekte Reaktion auf den Balten-Exit gelesen worden.
Polen und Rumänien sind zunehmend skeptisch, was chinesische Investitionen angeht. In Rumänien wurden alle chinesischen Projekte eingefroren. Die Rumänen brachen 2020 die Gespräche mit den Chinesen über das Kernkraftwerk Cernavoda nach sieben Jahren Verhandlungen ab. In Polen ist das bedeutendste Projekt die Güterbahn, die entlang der Land-Seidenstraße aus China anrollt. Die Züge verkehrten dort trotz der Probleme im Jahr 2021 an der polnisch-belarussischen Grenze und nun während des russischen Krieges in der Ukraine weiter. Das größte wirtschaftliche Problem zwischen Polen und der Volksrepublik ist das Handelsdefizit. Die Skepsis gegenüber China scheint die Regierungen in Warschau und Bukarest derzeit aber noch nicht in Richtung Austritt aus dem Kooperationsformat zu drängen.
Heißtester Kandidat für einen Austritt ist Tschechien – hier lautet die Frage nicht “ob”, sondern eher “wann” der Schritt gemacht wird, wie Ivana Karásková, China Research Fellow bei der Association for International Affairs (AMO) in Prag, schreibt. Seit Amtsantritt des neuen Ministerpräsidenten Petr Fiala kommen aus Tschechien deutlich China-kritischere Töne. Der tschechische Außenminister Jan Lipavský spricht sich für engere Verbindungen zu Taiwan aus. Zudem schloss sich das Außenministerium der Einschätzung an, dass das Format Tschechien in einem Jahrzehnt Mitgliedschaft praktisch keinen Nutzen gebracht habe.
Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten der tschechischen Abgeordnetenkammer hatte in einer Resolution den Austritt bereits konkret gefordert. Tschechien muss allerdings noch eine “Hürde” loswerden: Präsident Miloš Zeman. Zeman ist Fürsprecher Pekings. Am Gipfeltreffen der CEEC-China im vergangenen Jahr nahm er persönlich online teil. Da Zeman im Januar nicht nochmal zur Wahl antreten darf, kann mit einem Abgang Tschechiens aus 14+1 im kommenden Jahr gerechnet werden.
Wer ein Fan von Superheldenfilmen ist, fühlt sich in China vermutlich seit zwei Jahren wie auf einem Marsch durch die Wüste. Zwar öffneten die Kinos in China in der Corona-Pandemie recht schnell wieder ihre Tore, doch die Hollywood-Blockbuster blieben aus. Globale Kassenschlager wie Black Widow, Shang Chi oder Spiderman: No Way Home kamen nicht auf dem chinesischen Markt.
Der Zugang für Superheldenfilme ist verstopft. Der neue Marvel-Film Thor – Love and Thunder reiht sich in eine lange Liste von nicht veröffentlichten Marvel-Filmen ein. Dabei hatte Avengers: Endgame im Jahr 2019 allein in China mehr als 629 Millionen Dollar eingespielt, ein wichtiger Beitrag zum weltweiten Bruttoergebnis von 2,7 Milliarden Dollar. Das Erscheinen von The Batman im März und diese Woche von Minions: The Rise Of Gru stimmt Filmfans und Industrie-Analysten wieder etwas positiver. Der Trend geht jedoch in eine andere, eindeutige Richtung.
Warum US-Filme keine Lizenzen in China bekommen, wird von offiziellen Stellen nicht begründet. Die Folge sind teils wilde Spekulationen. Im Fall von Thor – Love and Thunder wird gemutmaßt, dass ein Kuss zwischen zwei gleichgeschlechtlichen Figuren die Ursache sein könnte. Bei Spiderman: No Way Home war angeblich die Freiheitsstatue zu oft im Bild. Doch auch Marvel-fremde Filme ereilte dieses Schicksal. Im Fall von Top Gun: Maverick war der Stein des Anstoßes angeblich eine japanische und eine taiwanische Flagge auf der Fliegerjacke von Tom Cruise. Spekulationen, die sich nicht verifizieren lassen.
Anders ist auch, dass die Filme neuerdings häufiger komplett ausgeschlossen werden. Zensoren hätten früher oft die entsprechenden Szenen rausschneiden oder Inhalte per Computereffekte so ändern lassen, dass sie für die Zensur akzeptabel geworden wären. Finanziell hilft das Nichterscheinen der Filme selbstverständlich keiner Seite weiter.
Wenn man frühere große Marvel-Releases als Maßstab hernimmt, hätte ein Film wie Spiderman: No Way Home mit Einnahmen im dreistelligen Millionenbereich rechnen können. 75 Prozent davon wären an chinesische Vertragspartner gefallen. Es zeigt deutlich, dass beiden Seiten Einnahmen verloren gehen. Und der chinesische Kinomarkt hätte das Geld eigentlich genauso gut gebrauchen können wie die US-Firmen. Kinomärkte haben durch die Coronakrise überall gelitten. Weltweit liegen die Umsätze zwischen 30 und 40 Prozent unter den durchschnittlichen Zahlen der letzten drei Jahre vor der Coronakrise. Der Unterschied zwischen dem chinesischen Markt und dem weltweiten: In China verschlechtern sich die Zahlen momentan, während sie sich anderswo langsam erholen.
Nach einer Studie von Comscore Movies hat Nordamerika China dieses Jahr wieder als größten Kinomarkt überholt. Der Unterschied beträgt dabei allerdings nur drei Millionen US-Dollar. China scheint auch beim Film auf eine Entkoppelung und starke heimische Produktionskapazitäten zu setzen. Die größten chinesischen Kassenschlager der letzten zwei Jahre waren Battle of Lake Changjin (rund 900 Millionen US-Dollar) und Battle of Changjin II (rund 630 Millionen US-Dollar), beides patriotische Actionfilme. Es ist ein Trend, der seit Jahren vorhält. Der Anteil der US-Produktionen an den Gesamteinnahmen des chinesischen Marktes sinkt. Während es 2016 noch 38 waren, kamen US-Produktionen im Jahr 2021 nur noch auf 12,3 Prozent.
Es findet also eine Verschiebung zu einheimischen Produktionen statt. “Bei chinesischen Zuschauern gibt es eine riesige Nachfrage nach chinesischen Inhalten”, sagt ein Brancheninsider. “Das sind nicht unbedingt Leute aus Peking oder Shanghai, aber in kleineren Städten sind chinesische Inhalte extrem beliebt.” Die angespannten US-China Beziehungen verstärken diesen Trend noch. Filme wie “Battle of Lake Changjin”, in denen die USA zum Feindbild stilisiert werden, haben daher Hochkonjunktur. Dadurch, dass sie auch technisch gut genug gemacht sind, können ihnen auch Zuschauer in modernen Großstädten etwas abgewinnen.
Hinzu kommt, dass Filme wie Dune oder kürzlich The Batman nur wenig Zuschauer in die Kinos gelockt haben. Letzterer war am chinesischen Markt mit fliegenden Fahnen untergegangen – nicht einmal 30 Millionen Dollar spielte er ein. “Das Interesse bei den Vertrieben ist dadurch gedämpft. Sie können oft mit chinesischen Releases mehr Geld verdienen als mit dem Extraaufwand, den ein US-Film mit sich bringt.”
Auch hat die chinesische Regierung ein Interesse daran, chinesische Produktionsfirmen zu schützen. Nur etwas mehr als 34 ausländische Blockbuster dürfen unter Einnahmenteilung im chinesischen Markt erscheinen. 2021 waren es gerade einmal 20. Und Einnahmenteilung ist in China deutlich weniger lukrativ für US-Studios als an anderen Märkten. Denn verglichen mit den 40 bis 50 Prozent der Einnahmen, die sie an anderen Kinomärkten verdienen, nehmen sie in China nur etwa 25 Prozent ein. Und das Damoklesschwert der Zensoren hängt über jedem Release.
Eine Situation, die auch bei US Studio-Executives zu Unmut führt. Denn das Geschäft mit der chinesischen Seite wird immer unberechenbarer. “Manchmal füllen wir eine Fantasiezahl in die Spalte China ein, aber öfter lassen wir es ganz frei oder machen zwei Modelle: eins mit und eins ohne China”, sagte ein erfahrener Finanzier gegenüber der Zeitschrift Hollywood Reporter. Angewiesen sind die US-Studios derweil auf den chinesischen Markt nicht mehr. “Es ist ein Markt, der zu interessant ist, um ihn zu ignorieren, aber zu unsicher, um sich darauf zu verlassen”, schlussfolgert Rance Pow, Präsident von Artisan Gateway, Asiens führendem Beratungsunternehmen für die Film- und Kinobranche.
Für US-Studios ist der chinesische Markt ein Zusatzgeschäft. Für chinesische Firmen ist das anders. Sie sind auf ihren Markt angewiesen. Denn selbst die erfolgreichsten chinesischen Filme generieren außerhalb Chinas nahezu keine Zuschauereinnahmen. Jörn Petring/Gregor Koppenburg
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Die Cyberspace Administration of China (CAC) hat diese Woche erstmals eine Liste mit Details und Funktionsweisen von Algorithmen in den Apps großer Internetkonzerne wie Tencent, Alibaba, Meituan und Bytedance veröffentlicht. Auf diese Weise will Chinas Internetregulierungsbehörde den Nutzern mehr Transparenz und Selbstbestimmung ermöglichen und eine “gesunde Entwicklung von Internetinformationsdiensten fördern”, wie es von offizieller Seite heißt. Viele Online-Plattformen bauen ihr Geschäftsmodell auf Empfehlungsalgorithmen auf, die den User basierend auf individuellen Daten an ihre Angebote binden
Peking hatte Internetplattformen vorgeworfen, mit Algorithmen in die Privatsphäre der Nutzer vorzudringen und ihre Entscheidungen zu manipulieren. Im Frühjahr hatte der Staat deshalb ein Gesetz verabschiedet, das es Nutzern ermöglicht, Empfehlungen durch Algorithmen innerhalb von Apps und Online-Plattformen einzusehen und gegebenenfalls sogar abzuschalten. Das Gesetz mit dem Titel “Vorschriften für die Verwaltung von Algorithmus-Empfehlungen für Internetinformationsdienste” ist ein weltweites Novum. Kein anderes Land ermöglicht den Nutzern, Algorithmen in ihren Apps umfassend außer Kraft zu setzen. (China.Table berichtete).
In der von der CAC veröffentlichten Liste sind 30 Algorithmen angeführt und mit kurzen Erklärungen versehen. Demnach verwendet etwa Alibabas Taobao-E-Commerce-App einen Empfehlungsalgorithmus, der die Besuchs- und Suchhistorie jedes Nutzers auswertet, um ihm Produkte und Dienstleistungen zu empfehlen. Der Lieferdienst Meituan stellt Einzelheiten über den Algorithmus zur Verfügung, der zur Schätzung von Lieferzeiten und zur Einsatzabstimmung von Fahrern verwendet wird. Die Liste soll kontinuierlich erweitert werden, erklärt die Cyberspace-Verwaltung. rtr/fpe
H&M darf nach mehr als einem Jahr Boykott wieder Produkte auf der chinesischen E-Commerce-Plattform Tmall verkaufen. Der schwedische Textil-Einzelhändler, der gut 14 Millionen Abonnenten auf Tmall hat, war im März 2021 wegen kritischer Äußerungen über die Herkunft von Xinjiang-Baumwolle aus diesem und anderen Online-Handelsplätzen entfernt worden (China.Table berichtete). Tmall ist mit mehr als 500 Millionen registrierten Nutzern die größte B2C-Shopping-Plattform Chinas.
Der Modekonzern hatte 2020 mitgeteilt, “sehr besorgt über die Vorwürfe zu Zwangsarbeit” bei der Baumwoll-Produktion in China zu sein und keine Produkte mehr aus Xinjiang zu beziehen. Der Shitstorm auf Chinas sozialen Medien, der erst ein Jahr später entbrannte, verdeutlicht die Risiken, denen westliche Unternehmen in einem zunehmend nationalistischen China ausgesetzt sind. Im Zuge der Eskalation musste H&M auch rund 60 seiner Geschäfte in China schließen – etwa zwölf Prozent seines gesamten Einzelhandel-Netzwerks in China.
Im Hintergrund hatten Gespräche über eine Rückkehr von H&M stattgefunden, berichten Insider gegenüber Bloomberg. Im globalen Geschäft ist China für den Einzelhändler mit einem Anteil von drei Prozent nicht überlebenswichtig. Die Volksrepublik ist allerdings der größte Produktionsstandort für H&M. fpe
Aufgrund hoher Temperaturen und ausbleibender Regenfälle ist der Wasserstand an Chinas längstem Fluss, dem Jangtse, auf den niedrigsten Stand seit es Aufzeichnungen gibt gefallen. In Wuhan wurde ein Pegelstand von 17,54 Metern gemessen – sechs Meter unter dem Durchschnitt der letzten Jahre und der tiefste Stand seit 1865, wie die South China Morning Post berichtet. Am Jangtse lebt gut ein Drittel der chinesischen Bevölkerung.
Die beiden größten Frischwasserseen der Volksrepublik verzeichnen die niedrigsten Pegelstände seit Beginn der Aufzeichnung 1951. Der Poyang und der Dongting sind mit dem Jangtse verbunden. Auch kleinere Flüsse trocknen zunehmend aus. Das südliche China erlebt seit Juli Höchsttemperaturen. Das Nationale Meteorologische Zentrum hat jetzt erstmals die höchste Alarmstufe für die gesamte Region ausgesprochen, so die SCMP. Das Jahr 2022 könnte demnach zum heißesten Jahr seit 1961 werden.
Während niedrige Pegelstände in Deutschland bisher vor allem die Binnenschiffer in Bedrängnis bringen, bedrohen sie in China eher die Strom-Erzeugung. In der Provinz Sichuan ist der Wasserdurchfluss in die Stauseen von Wasserkraftwerken um 50 Prozent gegenüber dem historischen Durchschnitt gesunken, wie Bloomberg berichtet. Die Behörden riefen Unternehmen zum Stromsparen und zum Stopp der Produktion auf, so Reuters. Toyota hat daraufhin die Bänder in seinem Werk in der Provinz bis Samstag angehalten. Laut Volkswagen kommt es im örtlichen Werk nur zu geringen Verzögerungen bei den Auslieferungen. Auch das Foxconn-Werk in Chengdu bleibt bis Samstag geschlossen. Produzenten von Lithium, Polysilizium, Düngemitteln und anderen Gütern haben ihre Produktion eingeschränkt.
In einigen Dörfern um die Metropole Chongqing kam es zu einer Knappheit von Trinkwasser. Die Feuerwehr belieferte die Bewohner mit Frischwasser zur Bewässerung und zum Trinken. nib
Das Biotech-Unternehmen Stemirna Therapeutics aus Shanghai beginnt mit einer Phase-1-Studie für seinen mRNA-Impfstoff gegen Covid-19. Das Unternehmen arbeitet seit Frühjahr 2021 an dem Produkt (China.Table berichtete). Drei weitere chinesische mRNA-Präparate befinden sich bereits in klinischer Erprobung. Auf den vier Impfstoffkandidaten beruht jetzt die Hoffnung, das Land mit einem nationalen Vakzin aus der Lockdown-Falle zu befreien. In einer Phase-1-Studie wird ein neuer Wirkstoff zunächst an wenigen Menschen getestet, um zu sehen, was passiert.
Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus steigt derweil in mehreren Regionen Chinas wieder. Das weckt neue Lockdown-Ängste. Am auffälligsten war der Trend auf der Urlaubsinsel Hainan, wo die Behörden 1.211 neue Fälle festgestellt haben. Die Gesamtzahl der Neuinfektionen lag bei 2.368. Auf Hainan folgen in der Statistik Tibet und Xinjiang. In Shanghai tauchten drei und in Peking vier neue Fälle auf. fin
Chinas Behörden lassen kritische Geister weiterhin in großem Stil ohne medizinische Gründe in psychiatrische Kliniken einweisen. Die spanische Menschenrechtsorganisation Safeguard Defenders hat 99 Fälle von Hospital-Einweisungen nach Meinungsäußerungen dokumentiert. Darunter befinden sich auch viele Unterzeichner von Petitionen, die nur auf offiziellen Kanälen eine Verbesserung der Verhältnisse anstrebten und dafür als gefährliche Querulanten eingestuft wurden.
Das Ministerium für Öffentliche Sicherheit (PSB) betreibt dafür eigene Institutionen: “Zwangsbehandlungseinrichtungen” 强制医疗所, im Volksmund nach ihrem alten Namen auch Ankang 安康 genannt. Sie sind auf “kriminelle, psychisch gestörte Subjekte” spezialisiert. Den Eingewiesenen drohen Ruhigstellung mit harten Medikamenten, Elektroschocks und Isolation. Einige der Opfer verbringen mehr als zehn Jahre in den Einrichtungen. fin
Als Studentin wurde Christine Althauser immer wieder skeptisch gemustert, wenn es um ihre Fächer und Interessen ging. Politikwissenschaften – das war nicht sonderlich aufsehenerregend. Aber Sinologie und Slawistik im Nebenfach? Ein Jahr Studium in Taiwan und eines in Moskau? Das brachte ihr mitunter entsetzte Blicke ein.
Althauser ließ sich von ihrer Faszination für Asien und Osteuropa aber nicht abbringen. Zurecht, wie sie heute resümiert. Denn die damals erworbene Expertise in Sachen Sprache, Kultur, Politik und Gesellschaft habe ihre zahlreichen Entsendungen ins Ausland erst möglich gemacht.
In ihrer 34-jährigen Karriere schickte das Auswärtige Amt Christine Althauser gleich mehrmals in Staaten, mit denen sie schon im Studium Berührungspunkte hatte: zweimal nach Russland, zweimal nach China. Direkt nach ihrer Attachéausbildung im Jahr 1987 kam sie an die Deutsche Botschaft Peking. Es folgten Stationen bei mehreren europäischen Botschaften, der Ständigen Vertretung bei der Europäischen Union, im Planungsstab des Bundesverteidigungsministeriums und als Leiterin des Referats für Krisenprävention im Auswärtigen Amt. Zwischendurch schloss sie auch ihre Promotion an der Universität Heidelberg ab und dozierte an der Universität Freiburg. Ende der 90er-Jahre war sie in Russland eingesetzt.
Im Jahr 2017 kam die Entsendung nach Shanghai als Generalkonsulin. Althauser kannte die Metropole von früheren Besuchen als lebendig und international. Mit dem ersten Lockdown in Wuhan 2020 veränderte sich jedoch alles. So begleitete sie auf der finalen Station ihrer aktiven Karriere den Weg der Stadt in den Coronavirus-Ausnahmezustand. Auch wenn sich die Lage im Laufe des Jahres stabilisierte, erlebte sie so doch die Vorboten der besonders strengen Ausgangssperren 2022. Bis dahin hatte sie den Posten allerdings schon wieder verlassen.
Auf tiefgreifende Zäsuren wie eine Pandemie kann man zwar nie vollends vorbereitet sein, aber Althauser hatte einen vergleichbaren Einschnitt schon einmal durchgemacht, ganz am Anfang ihrer Karriere, in Peking. Damals arbeitete sie in der Kulturabteilung, hatte zu tun mit Schriftstellern und steckte mitten im blühenden Leben der künstlerischen Szene – bis 1989 der Dialog ein brutales Ende fand. Wie prägend, schnell und radikal sich eine vermeintlich stabile Situation ändern kann, das wurde ihr damals bewusst.
Nun befindet sich Althauser offiziell im Ruhestand, eine Bezeichnung, die ihr aber nicht sonderlich behagt: “Da sollte man mal darüber nachdenken, wie man das umtaufen kann.” Sie ist der Meinung, dass sie noch viel von dem Know-how anzubieten hat, das sie sich über all die Jahre erarbeitet hat. Dementsprechend rastlos ist sie immer noch unterwegs, allein im letzten Jahr half sie bei Wahlbeobachtungen in Georgien und Serbien und leitete einen Diplomatenlehrgang in Berlin. Neue Missionen stehen bereits an.
Von großer Bedeutung war für Althauser stets “der Austausch mit den normalen Menschen aus dem Alltag, abseits der beruflichen Einbindung”. Eine ihrer liebsten Erinnerungen an Shanghai waren die vielen Streifzüge mit dem Fahrrad und zu Fuß, bei denen sie auf verwunschene Ecken voller versteckter Geschichten gestoßen ist.
Mit Sorge blickt Althauser darauf, dass die Möglichkeiten für solche Erfahrungen zunehmend schwinden: “Je weniger Austausch es gibt, desto mehr werden Stereotype Überhand nehmen.” Dem entgegenzuwirken, auch und gerade unter erschwerten Bedingungen, das hat sich Christine Althauser zum Ziel gesetzt. Julius Schwarzwälder
Jing Du ist seit August Digital Marketing Managerin bei Melchers China. Die Marketing-Expertin will bei dem Bremer Dienstleister für Markterweiterung und Handel neue Wege in der digitalen Kommunikation gehen. Jing war zuvor unter anderem für die Deutsche Auslandshandelskammer und den Deutschen Akademischen Austauschdienst in China tätig.
Uwe Schroeter ist innerhalb der SMS Group von Moskau nach Peking gewechselt, wo er seit Juli als Chief Operating Officer für die Region China zuständig ist. Die SMS Group ist ein international tätiges Unternehmen im Bereich Hütten- und Walzwerkstechnik mit Hauptsitz in Düsseldorf. Schroeter war für das Unternehmen bereits zwischen 2010 und 2019 als Vice President Service Division in China tätig.
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Das Bahnverfolgungsschiff Yuan Wang 5 im Hafen Hambantota auf Sri Lanka. Schiffe dieser Bauart können mit ihren großen Parabolantennen Flugkörper wie Raketen verfolgen. Sie haben zivile Aufgaben wie die Überwachung von Satellitenstarts; außerdem können sie außerhalb des chinesischen Territoriums den Kontakt zu den künstlichen Himmelskörpern halten. Die Schiffe können aber auch das Militär unterstützen. Die Anwesenheit des chinesischen Schiffes in dem mit Seidenstraßen-Mitteln finanzierten Hafen wird daher vermutlich wieder als ominöses Zeichen chinesischen Einflusses gelten.