es ist immer wieder erstaunlich, wie konsequent die chinesische Justiz arbeitet, wenn die öffentliche Empörung über ein Verbrechen nur groß genug ist. Die brutale Gewalttat gegen vier Frauen in einem Restaurant in Tangshan vor zwei Monaten war so ein Verbrechen. Sehr viele Menschen in der Volksrepublik waren von den Bildern geschockt und regelrecht angewidert. Ihr natürlicher Reflex auf dieses Video war nicht nur der Wunsch nach einer angemessenen Strafe, sondern auch nach einer Debatte über Gewalt gegen Frauen im Land.
Doch die Situation der Frauen wird sich kaum verbessern, solange die Zensur derart entschieden einschreitet, sobald solche Debatten losgetreten werden. Wie soll sich die chinesische Gesellschaft substanziell verändern, wenn sie nicht über die Dinge reden darf, die falsch laufen? Insofern wird ein hartes Urteil gegen die Schläger von Tangshan allein rein gar nichts bewirken, was den Frauen nachhaltig mehr Respekt verschafft. Im Gegenteil bleiben sie langfristig die Leidtragenden.
Mehr Aufmerksamkeit als den Belangen der Frauen dürfte die chinesische Regierung derweil den Sorgen ihrer Großunternehmen schenken. Als in der vergangenen Woche Huawei-Gründer Ren Zhengfei seine Mitarbeiter auf harte Zeiten einschwor, schickte er vor allem auch ein Signal in Richtung Peking, glaubt Frank Sieren. Das klingt plausibel, denn direkte Kritik an der Regierung sollten sich private Firmenbetreiber besser verkneifen. Der Letzte, der das wagte, war Alibaba-Chef Jack Ma. Der malt jetzt lieber, statt seinen IT-Konzern in die Zukunft zu führen.
“Die Kälte wird jedermann spüren”, warnte Ren Zhengfei jüngst in einem Memo seine Mitarbeiter vor schwierigen Zeiten. Und der Huawei-Chef weiß, wovon er spricht. Er hatte den chinesischen Telekommunikationskonzern bis an die Weltspitze geführt, Huawei hatte sogar den US-Konkurrenten Apple überholt und war zum größten Smartphone-Hersteller der Welt aufgestiegen. Doch dann kam der tiefe Fall – nicht aufgrund von unternehmerischen Fehlern oder Chinas Wachstumsproblemen, sondern hauptsächlich wegen politischer US-Sanktionen. Sie haben Huaweis Hauptgeschäft der Smartphones vollkommen zerstört.
Auf die US-Sanktionen folgten sechs Quartale voller Umsatz- und Gewinneinbrüche. Inzwischen glänzt Huawei nur noch auf dem Nischenmarkt der Smartphones mit faltbaren Bildschirmen. Auch legte man zuletzt kräftig zu bei den Tablets, bleibt aber weiterhin weit hinter Apple zurück. Das sonstige Geschäft liegt weiterhin am Boden.
Immerhin: Trotz Gewinn- und Umsatzrückgang ist das Personal bei Huawei kaum geschrumpft. Hatte der chinesische Telekommunikationskonzern 2020 noch 197.000 Mitarbeiter, sind es Ende 2021 immerhin noch 195.000 – also ein Rückgang von rund einem Prozent, während der Umsatz im gleichen Zeitraum um 30 Prozent eingebrochen war. Es ist der erste Personal-Rückgang seit 2008.
Wie besonders der Weg von Huawei ist, zeigt der Blick auf die Wettbewerber: Tencent, das neben Huawei bekannteste Hightech-Unternehmen im südchinesischen Shenzhen, hat allein zwischen März und Juni die Mitarbeiterzahl um 4,7 Prozent verringert. Das sind rund 5.500 Mitarbeiter in nur drei Monaten – gegenüber 2.000 Mitarbeitern bei Huawei in einem ganzen Jahr. Alibaba hat sogar 10.000 Mitarbeiter in drei Monaten entlassen.
Doch Huaweis Festhalten an seinen Mitarbeitern zahlt sich langsam wieder aus. So ist es im zweiten Quartal dieses Jahres gelungen, den Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wieder zu steigern. Zwar ist das Wachstum mit 1,45 Prozent auf rund 25 Milliarden US-Dollar noch gering, aber nach einem Verlust von 14 Prozent im ersten Quartal doch ein wichtiger Schritt nach vorne. Der Gewinn ist allerdings um 34 Prozent auf umgerechnet knapp 1,4 Milliarden US-Dollar eingebrochen.
Trotzdem sind das gute Nachrichten für den Konzern: Die Umsatzentwicklung könnte darauf hindeuten, dass Huawei die Talsohle erreicht hat. Auch im Gesamtumsatz lässt sich Positives erkennen. Er ist zwar seit dem ersten Halbjahr 2019 von 400 Milliarden Yuan auf 300 Milliarden Yuan eingebrochen, doch der Rückgang erstreckt sich fast ausschließlich auf das von den US-Sanktionen zerstörte Smartphone-Geschäft. Die übrigen Geschäftszweige legen wieder zu: Das 5G-Ausrüstergeschäft zwar nur um 4,42 Prozent, weil die heiße Phase von Chinas 5G-Ausbau bereits abgeschlossen ist. Aber das Netzwerk-Geschäft für Unternehmen wuchs im ersten Halbjahr um satte 27,5 Prozent.
Doch um weiter innovativ sein zu können, muss sich Huawei nun höher verschulden – und das wird man vor allem in China tun. Zum einen, weil dort der Glauben an die Zukunft des Unternehmens höher ist, als auf den internationalen Kapitalmärkten. Und zum anderen, weil es für Huawei weniger riskant ist, Schulden im eigenen Land aufzunehmen, als international.
Und diesen Weg verfolgt das Unternehmen aus Shenzhen konsequent: Zuletzt legte man am 1. August eine 120-Tage-Anleihe im Wert von umgerechnet 470 Millionen US-Dollar auf. Damit hat sich Huawei allein in diesem Jahr bereits 24 Milliarden Yuan geliehen – im vergangenen Jahr waren es noch neun Milliarden Yuan gewesen. Und dennoch ist die Verschuldungsquote des Unternehmens noch immer moderat.
Zudem gilt es für Huawei, alternative Geschäfte zu entwickeln. Eine der vielversprechendsten Bereiche ist der “Intelligent Vehicle”-Bereich. Ende 2021 hat Huawei mit dem jungen Autohersteller Seres den AITO M5 auf den Markt gebracht – mit beachtlichem Verkaufsstart: Der Fünfsitzer verkaufte sich in den ersten 87 Tagen mehr als 11.000 Mal. Im Juli wurde deshalb gleich noch der passende Siebensitzer M7 vorgestellt.
Zusätzlich eröffnete man eine Fahrdienstplattform namens Petal Chuxing, die in Huaweis OS 3.0, neben Android und IOS von Apple das dritte Betriebssystem weltweit, fest installiert ist. Inzwischen ist das OS 3.0 allen Unkenrufen trotzend auf rund 300 Millionen Huawei-Geräten und als Plattform auf 170 Millionen Geräten von anderen Marken. Das zeigt zudem: Washington ist es gelungen, das Endkundengeschäft von Huawei empfindlich zu treffen, aber nicht, es zu vernichten.
Natürlich handelt es sich hierbei noch nicht um das ganz große Geschäft, so wie es Huawei einst mit Smartphones gelang. Aber es ist ein vielversprechender Anfang.
Der vielversprechendste neue Bereich für Huawei ist jedoch das autonome Fahren. Vor einer Woche schloss man eine Partnerschaft mit idriverplus, einem 2015 gegründeten Pekinger Start-up. Gemeinsam will man autonom fahrende Autos entwickeln, die dann auf Huaweis Ascend AI Processor basieren sollen.
Schon im Juli hat der Hersteller Arcfox ein erstes Auto mit “Huawei Inside” in Produktion geschickt: der Alpha-S, dessen autonomes Fahrsystem 400 Tera Operations per second (TOPS) schafft. TOPS sind gewissermaßen die PS der Chips. Zum Vergleich: das iPhone 13 schafft gerade einmal 15,3 TOPS. Und auch Arcfox ist kein unbedeutender Akteur, sondern ein Tochterunternehmen des Daimler Partners BAIC in Peking, einem der vier größten staatlichen Autohersteller Chinas.
Huawei blickt also längst wieder optimistischer in die Zukunft. In der Firmenzentrale rechnet man denn auch damit, dass man 2025 die Umsätze wieder das Niveau vor den US-Sanktionen erreichen werden. Die Sanktionen hätten Huawei dann um fünf Jahre zurückgeworfen.
Vor diesem Hintergrund bekommt die Warnung von Huawei-Chef Ren Zhengfei einen eigenen Klang. Schon seit Jahren stellt er sich die Frage, wie man es schaffen kann, dass ein so großes Unternehmen weiter an einem Strang zieht. Nun, da die Zahlen wieder etwas besser werden, scheint für Ren der Zeitpunkt gekommen, die Mitarbeiter anzuhalten, nicht nachzulassen. Denn die Wende ist noch längst nicht geschafft.
Zudem könnte Ren bei seiner Warnung auch an die Machthaber in Peking gedacht haben. Es wäre Rens indirekter Hinweis, dass die Staatsführung mehr tun muss, um die chinesische Konjunktur wieder anzukurbeln.
Die Dürre in großen Teilen Chinas hat apokalyptische Bilder produziert. Die Staatsmedien fanden in den vergangenen Tagen dennoch einen Weg, dem Thema einen positiven Dreh zu verpassen. Immer wieder berichteten sie über die Hightech-Drohnen vom Typ Wing Loong-2H UAV. Bei der chinesischen Eigenentwicklung handelt es sich eigentlich um ein Militärgerät. China hat jedoch einige der unbemannten Flugzeuge umgerüstet, um sie gezielt im Kampf gegen die Dürre einsetzen zu können.
Wie das chinesische Nachrichtenportal Global Times berichtet, hob eine der Wing-Loong-Drohnen am vergangenen Donnerstag in der besonders betroffenen Provinz Sichuan ab, um “Wetteränderungen” vorzunehmen. Während ihres vierstündigen Fluges gab die Drohne demnach 20 Salven mit Silberiodid in die Wolken ab, um so künstlichen Regen zu erzeugen.
Silberiodid trägt mikroskopisch kleine Kondensationskeime in die Wolke, an denen sich Wasser-Moleküle festsetzen und schließlich Tröpfchen bilden. Sind sie groß genug, fallen sie in Form von Regengüssen auf die Erde. Nach Angaben von Staatsmedien gab es seit Anfang August mehr als 90 Flüge in zehn Provinzen, um Wolken mit Silberiodid zu beschießen.
Bei den meisten Operationen waren jedoch keine Drohnen, sondern herkömmliche Flugzeuge im Einsatz. Auch schossen die Spezialisten Tausende Raketen vom Boden ab. Dafür kommen in der Regel umgerüstete Pick-up-Trucks mit Raketenwerfern auf der Ladefläche zum Einsatz. Unter anderem in der ebenfalls schwer von Trockenheit getroffenen Metropole Chongqing soll die Technik dabei geholfen haben, “leichte Regenschauer” zu erzeugen.
China ist inzwischen so etwas wie der unangefochtene Weltmeister im Regenmachen. Doch die Menge künstlich provozierten Niederschlags soll sich drastisch erhöhen. Bis 2035 sollen 5,5 Millionen Quadratkilometer Land künstlich berieselt werden können. Das entspräche mehr als der Hälfte der Landfläche der Volksrepublik. Das Projekt werde dazu beitragen, “Katastrophen wie Dürren und Hagel” zu lindern und auch beim Löschen von Waldbränden helfen.
Ein Wundermittel gegen anhaltende Dürren und Verwüstung ist der künstliche Regen jedoch nicht. Die Konsequenzen des Klimawandels, die China in diesem Sommer mit einer beispiellosen Hitzewelle drastisch vor Augen geführt bekommt, können auch die Silberiodid-Salven allenfalls lindern. Übliche Niederschläge einer Region steigen trotz der chemischen Reaktion höchstens um 20 Prozent. Und Regionen, denen laut der Klimamodelle dauerhafte Dürre prognostiziert wird, ist auch mit Drohnen und Raketen nicht mehr zu helfen.
Andere asiatische Länder blicken derweil zunehmend besorgt auf die künstliche Veränderung der Niederschlagszyklen. Benachbarte Staaten fürchten, dass ihnen dringend benötigte Regenfälle vorenthalten werden könnten. Schließlich regnen sich Wolken schon über chinesischem Staatsgebiet ab, statt auf natürliche Weise in anderen Regionen des Kontinents.
China weist solche Vorwürfe zurück, ohne jedoch Belege vorzulegen, die für Beruhigung sorgen würden. Zugleich gestehen chinesische Wissenschaftler jedoch ein, dass die Technik klare Grenzen hat. Vor einem sicheren Einsatz mit den Regen-Raketen müssen viele Bedingungen erfüllt sein, warnt Forscher Wei Ke vom Institut für Atmosphärenphysik der Chinesischen Akademie der Wissenschaften gegenüber der Global Times. Bei zu viel Wind sei ein Einsatz nicht möglich. Auch könne natürlich kein Niederschlag erzeugt werden, wenn am Himmel keine Wolken zu sehen sind.
Das Wetter wird schon lange manipuliert in China. Schon während der Olympischen Sommerspiele 2008 in Peking ließ die Regierung Wolken, die sich der Hauptstadt näherten, mit der gleichen Technologie frühzeitig abregnen. Obwohl Regen angesagt war, blieb der Himmel über Peking während der Spiele strahlend blau. Der Ansatz zeigt, dass es nicht nur darum geht, gegen Trockenheit vorzugehen. In der nordwestchinesischen Provinz Xinjiang lassen die Behörden Wolken bereits seit vielen Jahren abregnen, um Hagelschäden und zu intensive Regengüsse zu verhindern.
Über die Jahre hinweg hat China die technischen Mittel zur Verteilung des Silberiodids stetig erweitert. Nicht nur Drohnen oder Raketenwerfer kommen zum Einsatz. Schon vor einigen Jahren stellten Wissenschaftler ein Verfahren vor, mit dem der Niederschlag auf dem Tibetischen Plateau erhöht werden kann. Die Idee dabei ist es, Zehntausende frei stehende Ofenkammern zu bauen, die permanent Silberiodid in die Luft abgeben. Jörn Petring/Gregor Koppenburg
Im Südwesten Chinas sind zehntausende Menschen wegen Überschwemmungsgefahr in sicherere Gebiete gebracht worden. Wie der staatliche Fernsehsender CCTV am Montag berichtete, mussten in Sichuan seit Sonntagabend etwa 61.000 Menschen ihre Häuser und Wohnungen verlassen. In der Metropolregion Chongqing wurde eine Hochwasserwarnung ausgegeben. Für die zuvor von Hitze und Dürre geplagten Provinz Sichuan und die Metropolregion Chongqing sind weiter schwere Regenfälle vorhergesagt.
Der Wetterumschwung brachte jedoch auch Erleichterung von der Hitze und Trockenheit. Fabriken in Sichuan wurden wieder vollständig mit Strom versorgt. Zuvor hatte es zwei Wochen lang Einschränkungen wegen der reduzierten Wasserkraftproduktion gegeben. Auf der Internetseite von CCTV hieß es, die Stromversorgung in Sichuan für den kommerziellen und industriellen Gebrauch sei “vollständig wiederhergestellt”. In Sichuan werden normalerweise mehr als 80 Prozent des Stroms aus Wasserkraft generiert, sie gehört zudem zu den wichtigsten Stromlieferanten für die Ballungszentren im Osten des Landes.
China erlebt in den vergangenen zwei Monaten die schlimmste Dürre und Hitzewelle seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1961. Wegen der anhaltenden Dürre und dem Ausfall der Wasserkraftwerke kam es zu Stromrationierungen, in Teilen Chinas mussten Industriebetriebe geschlossen werden –Versäumnisse der Vergangenheit traten offen zu Tage (China.Table berichtete). rad
Die Behörden in der südchinesischen Stadt Shenzhen haben den weltgrößten Elektronikmarkt Huaqiangbei nach einem Corona-Ausbruch vorübergehend geschlossen. Der Markt in der auch als “Silicon Valley von China” bekannten Metropole blieb am Montag zu. Drei Hauptgebäude des weitläufigen Areals mit Tausenden von Ständen, die Mikrochips, Telefonteile und andere Komponenten an Hersteller verkaufen, sollen vorerst bis zum 2. September dicht bleiben.
Das Technologie-Zentrum mit seinen rund 18 Millionen Einwohnern hatte zuvor insgesamt elf neue Coronavirus-Fälle gemeldet. Um eine Ausbreitung zu verhindern, wurden auch 24 U-Bahn-Stationen in der Metropole geschlossen. Diese liegen in den zentralen Bezirken Futian und Luohu. rtr
Der brutale Angriff auf eine Gruppe junger Frauen im nordchinesischen Tangshan im Juni zieht politisch und juristisch große Kreise. Die Staatsanwaltschaft der Provinz Hebei hat gegen 28 Personen Strafverfahren eingeleitet. Darunter befinden sich sieben Männer, die direkt an der Tat beteiligt waren. Gegen 15 Funktionäre der örtlichen Sicherheitsbehörden wird zudem wegen des Verdachts der Korruption ermittelt. Acht von ihnen sitzen in Untersuchungshaft, darunter auch der Direktor des örtlichen Amts für Staatssicherheit.
Die Festnahme des Hauptverdächtigen löste eine Lawine an Ermittlungen aus. Der Mann stand wegen zahlreicher Verbrechen seit 2012 offiziell auf der Fahndungsliste, wurde jedoch nie von den Polizeikräften in Tangshan verhaftet. Ihm werden unter anderem bandenmäßige Kriminalität, illegales Glücksspiel und weitere Gewalttaten vorgeworfen. Weil er sich offenbar frei in der Stadt bewegen konnte, interessiert sich die Disziplinarkommission der Kommunistischen Partei für mögliche Verstrickungen von Sicherheitsbeamten in die Verbrechen des Mannes.
Auslöser war die Veröffentlichung der Bilder von Überwachungskameras eines Restaurants in Tangshan Mitte Juni dieses Jahres. Auf den Bilden ist zu sehen, wie eine Gruppe von Männern vier Frauen zusammenschlägt und an den Haaren über den Bordstein zerren. Nach offiziellen Angaben hätten nur zwei der Frauen ins Krankenhaus gemusst und seien mit leichten Verletzungen davon gekommen. Der Angriff provozierte eine Welle der Empörung in China und löste eine kurzzeitige Debatte über Gewalt gegen Frauen aus, ehe die Zensur einschritt (China.Table berichtete). grz
Chinas Öl-Konzerne haben im ersten Halbjahr 2022 kräftige Gewinne verbucht. Die staatliche Sinopec-Gruppe, der größte Ölverarbeiter in Asien, meldete am Sonntag für das erste Halbjahr einen Nettogewinn von 43,53 Milliarden Yuan (6,37 Milliarden Euro) – das ist eine Steigerung von 10,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Grund sind die rasant angestiegenen Energiepreise infolge des Ukraine-Kriegs, die die höheren Importkosten und den rückläufigen inländischen Kraftstoffverbrauch der vergangenen Monate mehr als aufgewogen haben. So verkaufte beispielsweise Sinopec nicht mehr, sondern weniger Öl. Der Absatz des Konzerns ging gar um 9,8 Prozent zurück.
Der Ölkonzern PetroChina wiederum verbuchte von Januar bis Juli einen Gewinn von 82,39 Milliarden Yuan. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bedeutet das ein Plus von satten 55,3 Prozent. Der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge handelt es sich um ein Rekordergebnis für den größten chinesischen Rohölproduzenten.
Wie die chinesische Zeitung “China Daily” berichtet, gelang auch CNOOC, dem größten Produzenten von Gas und Öl aus dem Meer, ein enormer Gewinnsprung: Das Unternehmen fuhr im ersten Halbjahr 71,89 Milliarden Yuan ein, eine Steigerung um 116 Prozent. Zudem erwarten die Unternehmen eine Trendwende für die chinesische Wirtschaft. Der Vorsitzende von PetroChina sagte, dass die Konjunkturpakete der Regierung die Ölnachfrage zusätzlich stützten. Bei Sinopec geht man davon aus, dass die inländischen Kraftstoffverkäufe in der zweiten Hälfte gegenüber der ersten um elf Prozent steigen werden. rad
Xiaolong Hu hat gelernt, dass sich die Dinge manchmal einfach fügen. “Für Deutsch habe ich mich damals aufgrund einer Mischung aus Sympathie und Zufall entschieden”, erinnert er sich an die wegweisende Wahl einer sogenannten Kleinsprache. Über diese Bezeichnung muss er heute noch schmunzeln.
Der selbständige Unternehmensberater und China-Coach stand 1988 vor der Entscheidung, ob er Japanisch, Französisch, Russisch und oder eben Deutsch lernen sollte. Deutsch war damals in Shanghai noch regelrecht exotisch. Die von ihm besuchte “Shanghai Fremdsprachen Mittelschule” war als ehemalige Diplomatenschule die einzige in der ganzen Stadt, an der die Sprache gelehrt wurde.
Spätestens nachdem ein Schüleraustausch Xiaolong Hu nach Hamburg geführt hatte, empfand er seine Fremdsprachen-Auswahl jedoch zunehmend als Glücksfall. Die Zeit in Hamburg blieb ihm als “nachhaltiger und eindrucksvoller Kulturschock” in Erinnerung. Sie weckte den sehnlichen Wunsch, eines Tages langfristig zurückkehren. Und tatsächlich entschied sich Hu für ein Studium in Deutschland. Zwar nicht in Hamburg, aber in Hannover, wo er bis heute lebt.
Nach dem Studium stieg Xiaolong Hu in die Unternehmensberatung ein. Inzwischen sind 20 Jahre vergangen. Ein gutes Jahrzehnt war er mit der Leitung von Beratungsprojekten beschäftigt. Spezialisiert hat er sich unter anderem auf Outsourcing. Zu der Zeit war es für viele seiner Kunden ein großes Thema, ihre Produktion nach Osteuropa zu verlagern. Nach und nach erhielt Hu Anfragen, ob er nicht auch in Richtung China arbeiten könne.
Hu hat für drei deutsche Unternehmensberatungen als Geschäftsführer in China gearbeitet, in zwei Fällen davon die Niederlassungen komplett aus dem Boden gestampft. Seine letzte Station war bei Unity, für die er Büros in Shanghai und Peking eröffnete und die Belegschaft bis auf zwanzig Mitarbeiter stetig erhöhte. Die Vielseitigkeit solcher Aufgaben ist es, die ihn bis heute antreibt: “Im Herzen bin ich ein Generalist, ich begeistere mich unheimlich schnell für neue Projekte und Ideen.”
Ende 2019 folgte der Schritt in die Selbständigkeit. Hu richtet seinen Fokus seither auf mittelständische Unternehmen im Maschinenbau und aus dem Dienstleistungssektor mit bis zu 300 Mitarbeitern. Denn in Betrieben dieser Größenordnung sieht Hu ungenutzte Möglichkeiten: “Ich glaube, dass deutsche mittelständische Unternehmen ein großes Potenzial haben. Doch sie leiden darunter, dass sie sich keine China-Kompetenz ‘in house’ leisten können”, sagt er.
Xiaolong Hu will mit seinem Angebot helfen, diese Lücke zu schließen. Mal fungiert er als Mitglied eines Aufsichtsrats chinesischer Niederlassungen, mal stärkt er den Entscheidungsträgern als China-Coach den Rücken. Daneben bietet er Webinars, Podcasts und mittlerweile auch Live-Events an, die er im stetigen Austausch mit chinaerfahrenen Managern entwickelt. Das positive Feedback seiner Kundschaft zeigt ihm, dass viele dieser Unternehmen sich durchaus auch in China behaupten können, obwohl sie für den europäischen Markt konzipiert sind: “Da braucht es einfach Erfahrung im ostasiatischen Raum.”
Sein Hobby ist das Zeichnen. Einige seiner Werke veröffentlicht er im Internet. “Wenn ich mal wirklich Ruhe finde, dann fertige ich gerne Skizzen von Städten und Landschaften an”, sagt Hu. Chinesische Motive haben sich aufgrund der Reiseeinschränkungen jetzt länger nicht mehr angeboten. Doch er ist hoffnungsvoll, dass ihm auch bald wieder mehr davon unter den Bleistift kommt, wenn er Unternehmen auch in China mit Rat und Tat zur Seite stehen kann. Julius Schwarzwälder
Ingrid d’Hooghe übernimmt am 1. September die Leitung des China Centre of Clingendael Institute im niederländischen Den Haag. In dem international renommierten Forschungsinstitut und Ausbildungszentrum für diplomatische Karrieren folgt sie auf Frans-Paul van der Putten, der der Einrichtung jedoch als Senior Associate Researcher erhalten bleibt. D’Hooghes Mandat ist bis Ende 2023 datiert.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Abschied aus Chongqing: 300 Feuerwehrleute aus der südchinesischen Provinz Yunnan traten am Sonntag in Reisebussen und Transportern die Heimfahrt an. In Chongqing hatten sie geholfen, die großflächigen Waldbrände zu löschen, die tagelang rund um die Millionen-Metropole am Jangtse wüteten.
es ist immer wieder erstaunlich, wie konsequent die chinesische Justiz arbeitet, wenn die öffentliche Empörung über ein Verbrechen nur groß genug ist. Die brutale Gewalttat gegen vier Frauen in einem Restaurant in Tangshan vor zwei Monaten war so ein Verbrechen. Sehr viele Menschen in der Volksrepublik waren von den Bildern geschockt und regelrecht angewidert. Ihr natürlicher Reflex auf dieses Video war nicht nur der Wunsch nach einer angemessenen Strafe, sondern auch nach einer Debatte über Gewalt gegen Frauen im Land.
Doch die Situation der Frauen wird sich kaum verbessern, solange die Zensur derart entschieden einschreitet, sobald solche Debatten losgetreten werden. Wie soll sich die chinesische Gesellschaft substanziell verändern, wenn sie nicht über die Dinge reden darf, die falsch laufen? Insofern wird ein hartes Urteil gegen die Schläger von Tangshan allein rein gar nichts bewirken, was den Frauen nachhaltig mehr Respekt verschafft. Im Gegenteil bleiben sie langfristig die Leidtragenden.
Mehr Aufmerksamkeit als den Belangen der Frauen dürfte die chinesische Regierung derweil den Sorgen ihrer Großunternehmen schenken. Als in der vergangenen Woche Huawei-Gründer Ren Zhengfei seine Mitarbeiter auf harte Zeiten einschwor, schickte er vor allem auch ein Signal in Richtung Peking, glaubt Frank Sieren. Das klingt plausibel, denn direkte Kritik an der Regierung sollten sich private Firmenbetreiber besser verkneifen. Der Letzte, der das wagte, war Alibaba-Chef Jack Ma. Der malt jetzt lieber, statt seinen IT-Konzern in die Zukunft zu führen.
“Die Kälte wird jedermann spüren”, warnte Ren Zhengfei jüngst in einem Memo seine Mitarbeiter vor schwierigen Zeiten. Und der Huawei-Chef weiß, wovon er spricht. Er hatte den chinesischen Telekommunikationskonzern bis an die Weltspitze geführt, Huawei hatte sogar den US-Konkurrenten Apple überholt und war zum größten Smartphone-Hersteller der Welt aufgestiegen. Doch dann kam der tiefe Fall – nicht aufgrund von unternehmerischen Fehlern oder Chinas Wachstumsproblemen, sondern hauptsächlich wegen politischer US-Sanktionen. Sie haben Huaweis Hauptgeschäft der Smartphones vollkommen zerstört.
Auf die US-Sanktionen folgten sechs Quartale voller Umsatz- und Gewinneinbrüche. Inzwischen glänzt Huawei nur noch auf dem Nischenmarkt der Smartphones mit faltbaren Bildschirmen. Auch legte man zuletzt kräftig zu bei den Tablets, bleibt aber weiterhin weit hinter Apple zurück. Das sonstige Geschäft liegt weiterhin am Boden.
Immerhin: Trotz Gewinn- und Umsatzrückgang ist das Personal bei Huawei kaum geschrumpft. Hatte der chinesische Telekommunikationskonzern 2020 noch 197.000 Mitarbeiter, sind es Ende 2021 immerhin noch 195.000 – also ein Rückgang von rund einem Prozent, während der Umsatz im gleichen Zeitraum um 30 Prozent eingebrochen war. Es ist der erste Personal-Rückgang seit 2008.
Wie besonders der Weg von Huawei ist, zeigt der Blick auf die Wettbewerber: Tencent, das neben Huawei bekannteste Hightech-Unternehmen im südchinesischen Shenzhen, hat allein zwischen März und Juni die Mitarbeiterzahl um 4,7 Prozent verringert. Das sind rund 5.500 Mitarbeiter in nur drei Monaten – gegenüber 2.000 Mitarbeitern bei Huawei in einem ganzen Jahr. Alibaba hat sogar 10.000 Mitarbeiter in drei Monaten entlassen.
Doch Huaweis Festhalten an seinen Mitarbeitern zahlt sich langsam wieder aus. So ist es im zweiten Quartal dieses Jahres gelungen, den Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wieder zu steigern. Zwar ist das Wachstum mit 1,45 Prozent auf rund 25 Milliarden US-Dollar noch gering, aber nach einem Verlust von 14 Prozent im ersten Quartal doch ein wichtiger Schritt nach vorne. Der Gewinn ist allerdings um 34 Prozent auf umgerechnet knapp 1,4 Milliarden US-Dollar eingebrochen.
Trotzdem sind das gute Nachrichten für den Konzern: Die Umsatzentwicklung könnte darauf hindeuten, dass Huawei die Talsohle erreicht hat. Auch im Gesamtumsatz lässt sich Positives erkennen. Er ist zwar seit dem ersten Halbjahr 2019 von 400 Milliarden Yuan auf 300 Milliarden Yuan eingebrochen, doch der Rückgang erstreckt sich fast ausschließlich auf das von den US-Sanktionen zerstörte Smartphone-Geschäft. Die übrigen Geschäftszweige legen wieder zu: Das 5G-Ausrüstergeschäft zwar nur um 4,42 Prozent, weil die heiße Phase von Chinas 5G-Ausbau bereits abgeschlossen ist. Aber das Netzwerk-Geschäft für Unternehmen wuchs im ersten Halbjahr um satte 27,5 Prozent.
Doch um weiter innovativ sein zu können, muss sich Huawei nun höher verschulden – und das wird man vor allem in China tun. Zum einen, weil dort der Glauben an die Zukunft des Unternehmens höher ist, als auf den internationalen Kapitalmärkten. Und zum anderen, weil es für Huawei weniger riskant ist, Schulden im eigenen Land aufzunehmen, als international.
Und diesen Weg verfolgt das Unternehmen aus Shenzhen konsequent: Zuletzt legte man am 1. August eine 120-Tage-Anleihe im Wert von umgerechnet 470 Millionen US-Dollar auf. Damit hat sich Huawei allein in diesem Jahr bereits 24 Milliarden Yuan geliehen – im vergangenen Jahr waren es noch neun Milliarden Yuan gewesen. Und dennoch ist die Verschuldungsquote des Unternehmens noch immer moderat.
Zudem gilt es für Huawei, alternative Geschäfte zu entwickeln. Eine der vielversprechendsten Bereiche ist der “Intelligent Vehicle”-Bereich. Ende 2021 hat Huawei mit dem jungen Autohersteller Seres den AITO M5 auf den Markt gebracht – mit beachtlichem Verkaufsstart: Der Fünfsitzer verkaufte sich in den ersten 87 Tagen mehr als 11.000 Mal. Im Juli wurde deshalb gleich noch der passende Siebensitzer M7 vorgestellt.
Zusätzlich eröffnete man eine Fahrdienstplattform namens Petal Chuxing, die in Huaweis OS 3.0, neben Android und IOS von Apple das dritte Betriebssystem weltweit, fest installiert ist. Inzwischen ist das OS 3.0 allen Unkenrufen trotzend auf rund 300 Millionen Huawei-Geräten und als Plattform auf 170 Millionen Geräten von anderen Marken. Das zeigt zudem: Washington ist es gelungen, das Endkundengeschäft von Huawei empfindlich zu treffen, aber nicht, es zu vernichten.
Natürlich handelt es sich hierbei noch nicht um das ganz große Geschäft, so wie es Huawei einst mit Smartphones gelang. Aber es ist ein vielversprechender Anfang.
Der vielversprechendste neue Bereich für Huawei ist jedoch das autonome Fahren. Vor einer Woche schloss man eine Partnerschaft mit idriverplus, einem 2015 gegründeten Pekinger Start-up. Gemeinsam will man autonom fahrende Autos entwickeln, die dann auf Huaweis Ascend AI Processor basieren sollen.
Schon im Juli hat der Hersteller Arcfox ein erstes Auto mit “Huawei Inside” in Produktion geschickt: der Alpha-S, dessen autonomes Fahrsystem 400 Tera Operations per second (TOPS) schafft. TOPS sind gewissermaßen die PS der Chips. Zum Vergleich: das iPhone 13 schafft gerade einmal 15,3 TOPS. Und auch Arcfox ist kein unbedeutender Akteur, sondern ein Tochterunternehmen des Daimler Partners BAIC in Peking, einem der vier größten staatlichen Autohersteller Chinas.
Huawei blickt also längst wieder optimistischer in die Zukunft. In der Firmenzentrale rechnet man denn auch damit, dass man 2025 die Umsätze wieder das Niveau vor den US-Sanktionen erreichen werden. Die Sanktionen hätten Huawei dann um fünf Jahre zurückgeworfen.
Vor diesem Hintergrund bekommt die Warnung von Huawei-Chef Ren Zhengfei einen eigenen Klang. Schon seit Jahren stellt er sich die Frage, wie man es schaffen kann, dass ein so großes Unternehmen weiter an einem Strang zieht. Nun, da die Zahlen wieder etwas besser werden, scheint für Ren der Zeitpunkt gekommen, die Mitarbeiter anzuhalten, nicht nachzulassen. Denn die Wende ist noch längst nicht geschafft.
Zudem könnte Ren bei seiner Warnung auch an die Machthaber in Peking gedacht haben. Es wäre Rens indirekter Hinweis, dass die Staatsführung mehr tun muss, um die chinesische Konjunktur wieder anzukurbeln.
Die Dürre in großen Teilen Chinas hat apokalyptische Bilder produziert. Die Staatsmedien fanden in den vergangenen Tagen dennoch einen Weg, dem Thema einen positiven Dreh zu verpassen. Immer wieder berichteten sie über die Hightech-Drohnen vom Typ Wing Loong-2H UAV. Bei der chinesischen Eigenentwicklung handelt es sich eigentlich um ein Militärgerät. China hat jedoch einige der unbemannten Flugzeuge umgerüstet, um sie gezielt im Kampf gegen die Dürre einsetzen zu können.
Wie das chinesische Nachrichtenportal Global Times berichtet, hob eine der Wing-Loong-Drohnen am vergangenen Donnerstag in der besonders betroffenen Provinz Sichuan ab, um “Wetteränderungen” vorzunehmen. Während ihres vierstündigen Fluges gab die Drohne demnach 20 Salven mit Silberiodid in die Wolken ab, um so künstlichen Regen zu erzeugen.
Silberiodid trägt mikroskopisch kleine Kondensationskeime in die Wolke, an denen sich Wasser-Moleküle festsetzen und schließlich Tröpfchen bilden. Sind sie groß genug, fallen sie in Form von Regengüssen auf die Erde. Nach Angaben von Staatsmedien gab es seit Anfang August mehr als 90 Flüge in zehn Provinzen, um Wolken mit Silberiodid zu beschießen.
Bei den meisten Operationen waren jedoch keine Drohnen, sondern herkömmliche Flugzeuge im Einsatz. Auch schossen die Spezialisten Tausende Raketen vom Boden ab. Dafür kommen in der Regel umgerüstete Pick-up-Trucks mit Raketenwerfern auf der Ladefläche zum Einsatz. Unter anderem in der ebenfalls schwer von Trockenheit getroffenen Metropole Chongqing soll die Technik dabei geholfen haben, “leichte Regenschauer” zu erzeugen.
China ist inzwischen so etwas wie der unangefochtene Weltmeister im Regenmachen. Doch die Menge künstlich provozierten Niederschlags soll sich drastisch erhöhen. Bis 2035 sollen 5,5 Millionen Quadratkilometer Land künstlich berieselt werden können. Das entspräche mehr als der Hälfte der Landfläche der Volksrepublik. Das Projekt werde dazu beitragen, “Katastrophen wie Dürren und Hagel” zu lindern und auch beim Löschen von Waldbränden helfen.
Ein Wundermittel gegen anhaltende Dürren und Verwüstung ist der künstliche Regen jedoch nicht. Die Konsequenzen des Klimawandels, die China in diesem Sommer mit einer beispiellosen Hitzewelle drastisch vor Augen geführt bekommt, können auch die Silberiodid-Salven allenfalls lindern. Übliche Niederschläge einer Region steigen trotz der chemischen Reaktion höchstens um 20 Prozent. Und Regionen, denen laut der Klimamodelle dauerhafte Dürre prognostiziert wird, ist auch mit Drohnen und Raketen nicht mehr zu helfen.
Andere asiatische Länder blicken derweil zunehmend besorgt auf die künstliche Veränderung der Niederschlagszyklen. Benachbarte Staaten fürchten, dass ihnen dringend benötigte Regenfälle vorenthalten werden könnten. Schließlich regnen sich Wolken schon über chinesischem Staatsgebiet ab, statt auf natürliche Weise in anderen Regionen des Kontinents.
China weist solche Vorwürfe zurück, ohne jedoch Belege vorzulegen, die für Beruhigung sorgen würden. Zugleich gestehen chinesische Wissenschaftler jedoch ein, dass die Technik klare Grenzen hat. Vor einem sicheren Einsatz mit den Regen-Raketen müssen viele Bedingungen erfüllt sein, warnt Forscher Wei Ke vom Institut für Atmosphärenphysik der Chinesischen Akademie der Wissenschaften gegenüber der Global Times. Bei zu viel Wind sei ein Einsatz nicht möglich. Auch könne natürlich kein Niederschlag erzeugt werden, wenn am Himmel keine Wolken zu sehen sind.
Das Wetter wird schon lange manipuliert in China. Schon während der Olympischen Sommerspiele 2008 in Peking ließ die Regierung Wolken, die sich der Hauptstadt näherten, mit der gleichen Technologie frühzeitig abregnen. Obwohl Regen angesagt war, blieb der Himmel über Peking während der Spiele strahlend blau. Der Ansatz zeigt, dass es nicht nur darum geht, gegen Trockenheit vorzugehen. In der nordwestchinesischen Provinz Xinjiang lassen die Behörden Wolken bereits seit vielen Jahren abregnen, um Hagelschäden und zu intensive Regengüsse zu verhindern.
Über die Jahre hinweg hat China die technischen Mittel zur Verteilung des Silberiodids stetig erweitert. Nicht nur Drohnen oder Raketenwerfer kommen zum Einsatz. Schon vor einigen Jahren stellten Wissenschaftler ein Verfahren vor, mit dem der Niederschlag auf dem Tibetischen Plateau erhöht werden kann. Die Idee dabei ist es, Zehntausende frei stehende Ofenkammern zu bauen, die permanent Silberiodid in die Luft abgeben. Jörn Petring/Gregor Koppenburg
Im Südwesten Chinas sind zehntausende Menschen wegen Überschwemmungsgefahr in sicherere Gebiete gebracht worden. Wie der staatliche Fernsehsender CCTV am Montag berichtete, mussten in Sichuan seit Sonntagabend etwa 61.000 Menschen ihre Häuser und Wohnungen verlassen. In der Metropolregion Chongqing wurde eine Hochwasserwarnung ausgegeben. Für die zuvor von Hitze und Dürre geplagten Provinz Sichuan und die Metropolregion Chongqing sind weiter schwere Regenfälle vorhergesagt.
Der Wetterumschwung brachte jedoch auch Erleichterung von der Hitze und Trockenheit. Fabriken in Sichuan wurden wieder vollständig mit Strom versorgt. Zuvor hatte es zwei Wochen lang Einschränkungen wegen der reduzierten Wasserkraftproduktion gegeben. Auf der Internetseite von CCTV hieß es, die Stromversorgung in Sichuan für den kommerziellen und industriellen Gebrauch sei “vollständig wiederhergestellt”. In Sichuan werden normalerweise mehr als 80 Prozent des Stroms aus Wasserkraft generiert, sie gehört zudem zu den wichtigsten Stromlieferanten für die Ballungszentren im Osten des Landes.
China erlebt in den vergangenen zwei Monaten die schlimmste Dürre und Hitzewelle seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1961. Wegen der anhaltenden Dürre und dem Ausfall der Wasserkraftwerke kam es zu Stromrationierungen, in Teilen Chinas mussten Industriebetriebe geschlossen werden –Versäumnisse der Vergangenheit traten offen zu Tage (China.Table berichtete). rad
Die Behörden in der südchinesischen Stadt Shenzhen haben den weltgrößten Elektronikmarkt Huaqiangbei nach einem Corona-Ausbruch vorübergehend geschlossen. Der Markt in der auch als “Silicon Valley von China” bekannten Metropole blieb am Montag zu. Drei Hauptgebäude des weitläufigen Areals mit Tausenden von Ständen, die Mikrochips, Telefonteile und andere Komponenten an Hersteller verkaufen, sollen vorerst bis zum 2. September dicht bleiben.
Das Technologie-Zentrum mit seinen rund 18 Millionen Einwohnern hatte zuvor insgesamt elf neue Coronavirus-Fälle gemeldet. Um eine Ausbreitung zu verhindern, wurden auch 24 U-Bahn-Stationen in der Metropole geschlossen. Diese liegen in den zentralen Bezirken Futian und Luohu. rtr
Der brutale Angriff auf eine Gruppe junger Frauen im nordchinesischen Tangshan im Juni zieht politisch und juristisch große Kreise. Die Staatsanwaltschaft der Provinz Hebei hat gegen 28 Personen Strafverfahren eingeleitet. Darunter befinden sich sieben Männer, die direkt an der Tat beteiligt waren. Gegen 15 Funktionäre der örtlichen Sicherheitsbehörden wird zudem wegen des Verdachts der Korruption ermittelt. Acht von ihnen sitzen in Untersuchungshaft, darunter auch der Direktor des örtlichen Amts für Staatssicherheit.
Die Festnahme des Hauptverdächtigen löste eine Lawine an Ermittlungen aus. Der Mann stand wegen zahlreicher Verbrechen seit 2012 offiziell auf der Fahndungsliste, wurde jedoch nie von den Polizeikräften in Tangshan verhaftet. Ihm werden unter anderem bandenmäßige Kriminalität, illegales Glücksspiel und weitere Gewalttaten vorgeworfen. Weil er sich offenbar frei in der Stadt bewegen konnte, interessiert sich die Disziplinarkommission der Kommunistischen Partei für mögliche Verstrickungen von Sicherheitsbeamten in die Verbrechen des Mannes.
Auslöser war die Veröffentlichung der Bilder von Überwachungskameras eines Restaurants in Tangshan Mitte Juni dieses Jahres. Auf den Bilden ist zu sehen, wie eine Gruppe von Männern vier Frauen zusammenschlägt und an den Haaren über den Bordstein zerren. Nach offiziellen Angaben hätten nur zwei der Frauen ins Krankenhaus gemusst und seien mit leichten Verletzungen davon gekommen. Der Angriff provozierte eine Welle der Empörung in China und löste eine kurzzeitige Debatte über Gewalt gegen Frauen aus, ehe die Zensur einschritt (China.Table berichtete). grz
Chinas Öl-Konzerne haben im ersten Halbjahr 2022 kräftige Gewinne verbucht. Die staatliche Sinopec-Gruppe, der größte Ölverarbeiter in Asien, meldete am Sonntag für das erste Halbjahr einen Nettogewinn von 43,53 Milliarden Yuan (6,37 Milliarden Euro) – das ist eine Steigerung von 10,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Grund sind die rasant angestiegenen Energiepreise infolge des Ukraine-Kriegs, die die höheren Importkosten und den rückläufigen inländischen Kraftstoffverbrauch der vergangenen Monate mehr als aufgewogen haben. So verkaufte beispielsweise Sinopec nicht mehr, sondern weniger Öl. Der Absatz des Konzerns ging gar um 9,8 Prozent zurück.
Der Ölkonzern PetroChina wiederum verbuchte von Januar bis Juli einen Gewinn von 82,39 Milliarden Yuan. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bedeutet das ein Plus von satten 55,3 Prozent. Der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge handelt es sich um ein Rekordergebnis für den größten chinesischen Rohölproduzenten.
Wie die chinesische Zeitung “China Daily” berichtet, gelang auch CNOOC, dem größten Produzenten von Gas und Öl aus dem Meer, ein enormer Gewinnsprung: Das Unternehmen fuhr im ersten Halbjahr 71,89 Milliarden Yuan ein, eine Steigerung um 116 Prozent. Zudem erwarten die Unternehmen eine Trendwende für die chinesische Wirtschaft. Der Vorsitzende von PetroChina sagte, dass die Konjunkturpakete der Regierung die Ölnachfrage zusätzlich stützten. Bei Sinopec geht man davon aus, dass die inländischen Kraftstoffverkäufe in der zweiten Hälfte gegenüber der ersten um elf Prozent steigen werden. rad
Xiaolong Hu hat gelernt, dass sich die Dinge manchmal einfach fügen. “Für Deutsch habe ich mich damals aufgrund einer Mischung aus Sympathie und Zufall entschieden”, erinnert er sich an die wegweisende Wahl einer sogenannten Kleinsprache. Über diese Bezeichnung muss er heute noch schmunzeln.
Der selbständige Unternehmensberater und China-Coach stand 1988 vor der Entscheidung, ob er Japanisch, Französisch, Russisch und oder eben Deutsch lernen sollte. Deutsch war damals in Shanghai noch regelrecht exotisch. Die von ihm besuchte “Shanghai Fremdsprachen Mittelschule” war als ehemalige Diplomatenschule die einzige in der ganzen Stadt, an der die Sprache gelehrt wurde.
Spätestens nachdem ein Schüleraustausch Xiaolong Hu nach Hamburg geführt hatte, empfand er seine Fremdsprachen-Auswahl jedoch zunehmend als Glücksfall. Die Zeit in Hamburg blieb ihm als “nachhaltiger und eindrucksvoller Kulturschock” in Erinnerung. Sie weckte den sehnlichen Wunsch, eines Tages langfristig zurückkehren. Und tatsächlich entschied sich Hu für ein Studium in Deutschland. Zwar nicht in Hamburg, aber in Hannover, wo er bis heute lebt.
Nach dem Studium stieg Xiaolong Hu in die Unternehmensberatung ein. Inzwischen sind 20 Jahre vergangen. Ein gutes Jahrzehnt war er mit der Leitung von Beratungsprojekten beschäftigt. Spezialisiert hat er sich unter anderem auf Outsourcing. Zu der Zeit war es für viele seiner Kunden ein großes Thema, ihre Produktion nach Osteuropa zu verlagern. Nach und nach erhielt Hu Anfragen, ob er nicht auch in Richtung China arbeiten könne.
Hu hat für drei deutsche Unternehmensberatungen als Geschäftsführer in China gearbeitet, in zwei Fällen davon die Niederlassungen komplett aus dem Boden gestampft. Seine letzte Station war bei Unity, für die er Büros in Shanghai und Peking eröffnete und die Belegschaft bis auf zwanzig Mitarbeiter stetig erhöhte. Die Vielseitigkeit solcher Aufgaben ist es, die ihn bis heute antreibt: “Im Herzen bin ich ein Generalist, ich begeistere mich unheimlich schnell für neue Projekte und Ideen.”
Ende 2019 folgte der Schritt in die Selbständigkeit. Hu richtet seinen Fokus seither auf mittelständische Unternehmen im Maschinenbau und aus dem Dienstleistungssektor mit bis zu 300 Mitarbeitern. Denn in Betrieben dieser Größenordnung sieht Hu ungenutzte Möglichkeiten: “Ich glaube, dass deutsche mittelständische Unternehmen ein großes Potenzial haben. Doch sie leiden darunter, dass sie sich keine China-Kompetenz ‘in house’ leisten können”, sagt er.
Xiaolong Hu will mit seinem Angebot helfen, diese Lücke zu schließen. Mal fungiert er als Mitglied eines Aufsichtsrats chinesischer Niederlassungen, mal stärkt er den Entscheidungsträgern als China-Coach den Rücken. Daneben bietet er Webinars, Podcasts und mittlerweile auch Live-Events an, die er im stetigen Austausch mit chinaerfahrenen Managern entwickelt. Das positive Feedback seiner Kundschaft zeigt ihm, dass viele dieser Unternehmen sich durchaus auch in China behaupten können, obwohl sie für den europäischen Markt konzipiert sind: “Da braucht es einfach Erfahrung im ostasiatischen Raum.”
Sein Hobby ist das Zeichnen. Einige seiner Werke veröffentlicht er im Internet. “Wenn ich mal wirklich Ruhe finde, dann fertige ich gerne Skizzen von Städten und Landschaften an”, sagt Hu. Chinesische Motive haben sich aufgrund der Reiseeinschränkungen jetzt länger nicht mehr angeboten. Doch er ist hoffnungsvoll, dass ihm auch bald wieder mehr davon unter den Bleistift kommt, wenn er Unternehmen auch in China mit Rat und Tat zur Seite stehen kann. Julius Schwarzwälder
Ingrid d’Hooghe übernimmt am 1. September die Leitung des China Centre of Clingendael Institute im niederländischen Den Haag. In dem international renommierten Forschungsinstitut und Ausbildungszentrum für diplomatische Karrieren folgt sie auf Frans-Paul van der Putten, der der Einrichtung jedoch als Senior Associate Researcher erhalten bleibt. D’Hooghes Mandat ist bis Ende 2023 datiert.
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Abschied aus Chongqing: 300 Feuerwehrleute aus der südchinesischen Provinz Yunnan traten am Sonntag in Reisebussen und Transportern die Heimfahrt an. In Chongqing hatten sie geholfen, die großflächigen Waldbrände zu löschen, die tagelang rund um die Millionen-Metropole am Jangtse wüteten.