für viele europäische Unternehmen ist China der wichtigste Absatzmarkt. Doch das Arbeiten in China wird immer schwieriger: Lockdowns, Lieferkettenprobleme und vor allem weitgehend geschlossene Grenzen sind lediglich die bekanntesten Probleme, unter denen europäische Firmen in China derzeit leiden.
Unser Autorenteam in Peking hat sich die aktuelle Umfrage der EU-Handelskammer in China genauer angeschaut und nachgefragt, was die Führung in Peking tun könnte, um das wirtschaftliche Umfeld in der Volksrepublik wieder zu verbessern. Denn eines ist klar: Die Stimmung ist so schlecht wie nie zuvor. Einige Unternehmen stellten sich offenbar bereits die Frage, wie sehr sie in Zukunft noch auf China setzen wollen.
Auf wen oder was man in Zukunft setzen will – diese Frage stellt sich derzeit auch im Bereich Energieversorgung. Spätestens seit dem Ukraine-Krieg ist sie auf der politischen Agenda vieler Regierungen weit nach oben gerutscht. Doch während Deutschlands Wirtschaftsminister Robert Habeck versucht, Katar und Saudi-Arabien als neue Gas-Lieferanten zu gewinnen, setzt China auf einen anderen fossilen Brennstoff: Kohle.
Unfassbare vier Milliarden Tonnen wurden im vergangenen Jahr in China gefördert – so viel wie noch nie. Zudem werden im ganzen Land dutzende neue Kohlekraftwerke gebaut. Und das alles, obwohl Xi Jinping sein Land gerne als kommende Klimaschutzmacht anpreist. Nico Beckert hat sich genauer angeschaut, was hinter dem Kohleboom in China steckt, weshalb viele Kraftwerke in der Nähe von Wind und Solarparks gebaut werden – und warum führende Klimaexperten den chinesischen Kohleboom gar nicht so negativ bewerten.
Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht
Die EU-Handelskammer in China hat die chinesische Regierung aufgefordert, die strengen Corona-Maßnahmen endlich zu lockern. “China muss seine Grenzen öffnen. Es verfügt über alle Mittel für ein großartiges Comeback”, sagte Kammer-Vizepräsidentin Bettina Schön-Behanzin am Montag bei der Vorstellung des neuen “Business Confidence Survey” (BCS) 2022.
China müsse den Unternehmen die Angst nehmen und “mit einem klaren Plan Vertrauen zurückgewinnen”, sagte Schön-Behanzin. Mit Massentests und Lockdowns könne die Lage nicht unter Kontrolle gebracht werden. Anlass für den Appell ist das Resultat der jährlichen Umfrage. Darin wird deutlich, wie sehr die Stimmung in europäischen Unternehmen in China seit Beginn des Krieges in der Ukraine und der Lockdowns in mehreren Wirtschaftsmetropolen des Landes in den Keller gesunken ist.
Trübe Aussichten für das eigene Geschäft, Lieferketten-Probleme, Personalmangel – das alles ziehen die geo- und gesundheitspolitischen Krisen nach sich und belasten das Geschäftsklima in der zweitgrößten Volkswirtschaft. Der BCS der Europäischen Handelskammer in China offenbart die wachsenden Sorgen unter den 620 Firmen, die an der alljährlichen Umfrage teilgenommen haben. Drei Viertel der Mitglieder berichteten, dass die strengen Corona-Eindämmungsmaßnahmen ihren Betrieb negativ beeinflusst hätten. 92 Prozent klagten über Lieferketten-Probleme, die etwa durch Hafenschließungen und steigende Frachtkosten verursacht wurden.
Die Lage habe sich so schnell verschärft, dass Teile der diesjährigen BCS bereits überholt waren, als die Kammer noch dabei war, die ausgefüllten Fragebögen auszuwerten. Denn die Abgabefrist für die Beantwortung lag bereits einige Monate zurück und hatte die jüngsten Entwicklungen noch nicht berücksichtigt. Die Spuren, die Krieg und Lockdowns hinterlassen, versuchte die Kammer, mit einer separaten Blitz-Umfrage Ende April abzubilden.
Das Resultat waren demnach “erheblich destabilisierende Auswirkungen auf die China-Aktivitäten europäischer Unternehmen“. Maßnahmen wie die jüngsten Hafenschließungen in China, der Rückgang des Straßengüterverkehrs und die steigenden Seefrachtkosten werden sich voraussichtlich negativ auf die Bilanzen auswirken. 60 Prozent der Befragten der Flash-Umfrage haben ihre Umsatzprognose für das laufende Jahr nach unten korrigiert.
Eine große Herausforderung sei es zudem, neues Personal aus Europa zu gewinnen. “Es ist schwierig, jemanden zu finden, der noch nach China reisen will”, sagte Schön-Behanzin. Lockdowns, lange Quarantänezeiten, sowie immer weniger verfügbare Flüge hätten einen wahren “Exodus” ausgelöst. 23 Prozent der Unternehmen gaben an, darüber nachzudenken, neue Investitionen in der Volksrepublik auf Eis zu legen. “Die jüngsten Ereignisse haben viele Unternehmen dazu veranlasst, sich zu fragen, wie weit sie in Zukunft auf die China-Karte wollen.”
Im Vergleich zum jüngsten Stimmungsbericht las sich die Umfrage im vergangenen Jahr wie ein regelrechter Rausch. Europäische Unternehmen hatten sich wegen der zunächst erfolgreichen Null-Covid-Strategie sehr zufrieden und zuversichtlich geäußert. Im Juni vergangenen Jahres profitierten die Firmen davon, dass es der Volksrepublik zunächst gelungen war, das Coronavirus fernzuhalten. Doch das war vor dem Ausbruch von Omikron. Als die deutlich ansteckendere Virus-Variante das Land erreichte, griffen die Behörden zu viel drastischeren Eindämmungsmaßnahmen, als sie in anderen Regionen der Welt angewendet werden.
Laut der Kammer sei die überwältigende Mehrheit der Unternehmen trotz aller Schwierigkeiten noch immer bereit, grundsätzlich an China festzuhalten. Das ist wenig überraschend, denn trotz der aktuellen Probleme bietet die Volksrepublik weiterhin auch Grund für Optimismus. Die wachsende Mittelschicht ist demnach ein wichtiger Grund für die Firmen, zu bleiben. Chancen würden sich auch durch die rasant zunehmenden Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten im Land ergeben.
Doch um davon optimal profitieren zu können, stehen den europäischen Firmen immer noch zahlreiche andere Faktoren im Weg, die seit vielen Jahren Kopfschmerzen bereiten. Krieg und Corona haben mit ihren unmittelbaren Konsequenzen die Prioritäten zwar bis auf Weiteres verschoben. Allerdings drücken sie immer noch nachhaltig auf die Stimmung.
Doch damit sich das China-Geschäft wieder zum Besseren wenden kann, müsse zunächst die Corona-Krise in den Griff bekommen werden. Um die Lage in China zu entspannen, empfiehlt die Handelskammer der Regierung, auf wirksamere MRNA-Impfstoffe zu setzen. Die Volksrepublik, so Schön-Behanzin, solle sich eher am Singapurer-Modell orientieren. Auch der südostasiatische Stadtstaat hatte nach dem Beginn der Corona-Pandemie vor über zwei Jahren zunächst sehr strenge Maßnahmen verhängt. Nachdem eine hohe Impfquote erreicht war, kehrte Singapur jedoch immer weiter zur Normalität zurück, was eine große Erleichterung für die Wirtschaft darstellte. Jörn Petring/ Gregor Koppenburg
Strom kommt aus der Steckdose, Wärme aus der Heizung – diese Gewissheit hat uns jahrzehntelang unauffällig begleitet. Doch durch den Ukraine-Krieg ist die Strom- und Energieversorgung zu einem Topthema geworden. Europa sucht krampfhaft nach neuen Energielieferanten. Auch in China steht die Energiesicherheit ganz oben auf der Agenda. Schließlich hat die Volksrepublik schon im vergangenen Jahr eine gravierende Stromkrise durchgemacht. Wochenlang mussten Fabriken mit halber Kraft fahren (China.Table berichtete). Die Zentralregierung in Peking hat eine klare Botschaft ausgesandt: Die Stromkrise darf sich unter keinen Umständen wiederholen.
Um die Versorgung zu sichern, setzen die Behörden vor allem auf Kohle:
Doch was bedeutet dieser neue Kohle-Fokus für das Erreichen der chinesischen und globalen Klimaziele? Verbaut sich die Volksrepublik gerade die Energiewende?
China hat im vergangenen Jahr eine Rekordmenge an Kohle produziert. Insgesamt wurden gigantische 4,13 Milliarden Tonnen gefördert. Im laufenden Jahr könnte diese Menge noch übertroffen werden. Der Staatsrat hat die Minen angewiesen, die Produktion um 300 Millionen Tonnen auszuweiten. Ein staatsnaher Industrieverband bezweifelt jedoch, dass dieses Ziel erreicht werden kann. China könne in diesem Jahr lediglich 100 Millionen Tonnen an neuer Kapazität realisieren, sagte ein Analyst der China Coal Transportation and Distribution Association (China.Table berichtete).
Der Kohleverbrauch ist 2021 leicht angestiegen und liegt auf einem Rekordniveau. “Die Stromerzeugung aus Kohle stieg 2021 das sechste Jahr in Folge”, schreiben die Analysten des Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA).
Im vergangenen Jahr wurde zudem der Bau neuer Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von 33 Gigawatt gestartet, der größte Anstieg seit 2016. Seit Anfang 2022 hat China 23 große Kohlekraftwerks-Projekte mit einer Gesamtkapazität von mehr als 30 Gigawatt vorangetrieben. Diese Zahlen scheinen also eine deutliche Sprache zu sprechen.
Und trotzdem sind Klima– und Energieanalysten nicht so pessimistisch, wie die Daten vermuten lassen. “Die meisten Experten sind sich einig, dass der Anstieg der Kohleverstromung eine kurzfristige politische Anpassung ist und keinen ‘Rückzieher’ Chinas aus seinen langfristigen Klimaverpflichtungen darstellt”, fasst das Fachportal Carbon Brief zusammen.
Diese Einschätzung hat mehrere Gründe. Der Neubau von Kohlekraftwerken geht teils mit der Abschaltung älterer, weniger effizienter Kraftwerke einher. Unter dem Strich wächst die Kraftwerkskapazität zwar an, aber die Kraftwerke laufen effizienter, verbrauchen also weniger Kohle. Das ist natürlich noch kein Ausweg aus dem Klimadilemma.
Der größere Klimanutzen könnte durch eine andere Maßnahme entstehen: Ein Teil der neuen Kraftwerke soll in Zukunft als Backup für Wind- und Solarkraftwerke dienen und mit geringerer Auslastung laufen. China baut seine erneuerbaren Energien massiv aus. Einige der neuen Kohlekraftwerke sollen unweit der geplanten, riesigen Solar- und Wind-Kraftwerke in den Wüsten des Landes gebaut werden (China.Table berichtete). Sie sollen die Erneuerbaren-Kraftwerke ergänzen, weil sie flexibel einsetzbar sind und Nachfragespitzen bedienen können. Die Kohlekraft soll quasi zur Brückentechnologie werden, bis die erneuerbaren Energien die Hauptlast der Stromnachfrage decken können.
Dabei verfolgt China ein anderes ökonomisches Kalkül als westliche Länder. Es scheint die Planer nicht zu sorgen, dass die Kraftwerke in Zukunft nicht mit hoher Auslastung gefahren werden und die Investitionen betriebswirtschaftlich wenig sinnvoll erscheinen. Die Energieexpertin und unabhängige Beraterin Liu Hongqiao sagt: “Die chinesischen Politiker sehen neue Kohleprojekte als ‘erträgliche Kosten’ im Rahmen der Energiewende.”
Laut Xie Chunping, Energie-Ökonomin am Grantham Research Institute on Climate Change and the Environment, sieht die Regierung neue Kohlekraftwerke als “flexible Ressource oder Kapazitäten” an, die nicht unter Volllast laufen werden. Der Bau neuer Kohlekraftwerke ginge also nicht zwangsläufig mit einem Anstieg der CO2-Emissionen einher.
Allerdings bleibt abzuwarten, ob das Ziel eines flexiblen Kraftwerkbetriebs in der Praxis auch wirklich umgesetzt wird. Mehr Kohlekraftwerke könnten die Provinzen auch dazu verleiten, mehr Strom zu produzieren und die Abhängigkeit von anderen Provinzen zu verringern, wie der Energieexperte Lauri Myllyvirta schreibt.
Auch andere Fachleute sind skeptisch. China hat sich keine Zielmarke gesetzt, wie hoch die Emissionen auf ihrem Höchststand sein dürfen. Auch für den Kohleverbrauch gibt es keine Zielmarken, wie viel Kohle bis wann maximal verbraucht werden darf. Demnach gibt es Spielraum für einen höheren Kohleverbrauch in den nächsten Jahren.
Zudem muss zwischen Chinas Klimazielen und den Pariser Klimazielen unterschieden werden. Selbst wenn China trotz des Zubaus von Kohlemeilern mittelfristig weniger Kohle verbraucht und die eigenen Klimaziele erreicht, könnte das Tempo des Kohleausstiegs zu langsam sein, um die Pariser Klimaziele erreichen zu können. Denn Chinas Klimaziele sind nicht ambitioniert genug. Zur Erreichung der Pariser Klimaziele müsste die Volksrepublik ihre Ambitionen steigern.
Wenn das Land seinen Anteil zur Erreichung der Pariser Klimaziele beitragen will, muss der Anteil des Kohlestroms bis zum Jahr 2030 auf 35 Prozent sinken, wie Berechnungen des Climate Action Tracker zeigen. Derzeit liegt er noch bei 64 Prozent. Der Tracker analysiert die Klimapolitik der wichtigsten Staaten und wird von Wissenschaftlern der beiden Think-Tanks Carbon Analytics und New Climate Institute erstellt. Noch vor dem Jahr 2040 dürfte China gar keine Kohle mehr für die Stromerzeugung verbrauchen, rechnen die Experten vor.
Derzeit basiert Chinas Energiepolitik auf dem gleichzeitigen Ausbau der Kohlekraft und der erneuerbaren Energien. Was auf den ersten Blick klimapolitisch wenig sinnvoll erscheint, wird mit der Flexibilität der Kohlekraft begründet. Die große Klimafrage ist, ob es schnell genug gelingt, ein funktionierendes System aus erneuerbaren Energien, einem flexiblen Stromnetz und – mittelfristig – ausreichend Stromspeichern aufzubauen, damit die Kohle aus dem Netz gedrängt werden kann. China steht hier vor einer Mammutaufgabe.
Russland hat im Mai so viel Öl nach China verkauft wie noch nie und ist damit zum größten Öl-Lieferanten der Volksrepublik aufgestiegen. China importierte allein im vergangenen Monat fast 8,42 Millionen Tonnen Rohöl aus Russland, wie die Zollbehörde in Peking am Montag mitteilte. Das sind knapp zwei Millionen Barrel pro Tag (bpd) – und 55 Prozent mehr als im vergangenen Jahr.
Damit verdrängte Russland nach 19 Monaten wieder Saudi-Arabien von Rang eins der größten Öl-Lieferanten Chinas. Chinesische Unternehmen wie der Raffinerie-Riese Sinopec profitierten dabei von kräftigen Preisnachlässen, nachdem sich westliche Öl-Konzerne und Handelshäuser aufgrund der Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs vom russischen Markt zurückgezogen hatten.
Saudi-Arabien lieferte im Mai mit 7,82 Millionen Tonnen nach China. Das sind neun Prozent mehr Öl als im Vorjahr. Im Vergleich zum April sind die saudischen Lieferungen allerdings um rund 15 Prozent gesunken.
Die Europäische Union hatte im Mai einen weitgehenden Importstopp von russischem Öl beschlossen. Dies betrifft aber nur Transporte mit Öltankern über den Seeweg, Pipeline-Öl wurde auf Drängen vor allem Ungarns von dem Embargo ausgeschlossen. Das EU-Embargo soll zudem mit Übergangsfristen greifen. rtr
China hat erfolgreich ein Raketenabfangsystem getestet. Bei dem getesteten System soll es sich um ein bodenbasiertes Abfangsystem mit Mittelstreckenraketen innerhalb der Grenzen von China handeln, wie das Verteidigungsministerium in Peking mitteilte. Der Test sei für die nationale Verteidigung und Sicherheit erforderlich und habe die erwarteten Ziele erfüllt, hieß es weiter. Allerdings müsse sich kein Land Sorgen machen. “Dieser Test war defensiv und richtete sich nicht gegen ein Land”, ließ das chinesische Verteidigungsministerium wissen.
Einem Bericht der Zeitung “Global Times” zufolge, ist es Chinas sechster bekannter Test einer landgestützten antiballistischen Rakete. Das Land führt solche Tests seit 2010 durch. Die bislang letzten Tests erfolgten 2018 sowie im Februar 2021.
Der Militär-Experte Shao Yongling sagte am Montag gegenüber dem staatlichen Fernsehsender CCTV, dass die Technologie darauf abziele, die nuklearen Fähigkeiten des Landes zu schützen.
Weitere Details wurden nicht bekannt. Es ist deshalb auch nicht klar, welches System und welche Raketengattung getestet wurde. Angesichts der Parameter wie Größe des Luftraums könnte es sich um ein System ähnlich dem US-System Thaad (Terminal High Altitude Area Defense) in Südkorea handeln.
China hatte sich in der Vergangenheit – zusammen mit Russland – wiederholt gegen die Stationierung von Thaad in Südkorea ausgesprochen. Obwohl Thaad sich gegen Nordkorea richtet, kritisiert Peking, dass das leistungsstarke Radar der Anlage in sein Hoheitsgebiet eindringen könnte. Außenminister Wang Yi hatte Thaad deshalb als Herausforderung für die nationalen Sicherheitsinteressen Chinas bezeichnet. rad
Der chinesische Bezirk Beidaihe will Elektroautos von Tesla ab dem kommenden Monat von seinen Straßen verbannen. Ab 1. Juli sei es für mindestens zwei Monate verboten, mit einem Wagen des US-Herstellers durch die Region zu fahren, sagte ein Vertreter der lokalen Verkehrspolizei der Nachrichtenagentur Reuters am Montag. Der Polizist nannte keinen Grund für diese Entscheidung. Er sagte lediglich, es gehe um Staatsangelegenheiten. Tesla war zunächst nicht für eine Stellungnahme erreichbar.
Beidaihe liegt östlich der Hauptstadt Peking. Dort befindet sich ein renommierter Badeort, in dem die Führungselite der Kommunistischen Partei jedes Jahr zu einem Treffen hinter verschlossenen Türen zusammenkommt und einzelne Interessen austariert. Der Zeitpunkt des kommenden Treffens vor dem anstehenden Parteitag der KP im Herbst fällt mit dem kolportierten Fahrverbot für Tesla zusammen.
Das Vorgehen der Behörden in Beidaihe ist nicht die erste Entscheidung dieser Art: Erst vor wenigen Wochen war Tesla-Fahrzeugen das Befahren einiger Straßen in der Innenstadt von Chengdu untersagt worden. Die Maßnahme von Anfang Juni wurde auch damals nicht offiziell begründet, fiel zeitlich jedoch zusammen mit einem Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in der Stadt.
Schon im vergangenen Jahr hatte Chinas Militär Tesla-Autos den Zugang zu einigen Gebieten untersagt. Damals war inoffiziell die Rede von Sicherheitsbedenken hinsichtlich der an den Fahrzeugen installierten Kameras. Musk versicherte damals, dass Teslas Autos weder in China noch anderswo spionierten und dass das Unternehmen geschlossen würde, wenn dies der Fall wäre. rad/rtr
Die UN-Verhandlungen zum Abschluss eines globalen Pakts zum Schutz der Natur (COP15) sollen im Dezember nach Kanada verlegt werden. China als eigentlicher Gastgeber hat am Montag der Verlegung zugestimmt. Geplant war, dass das UN-Gipfeltreffen im dritten Quartal 2022 in Kunming stattfinden würde. Dort wollten 195 Nationen ein neues Abkommen beschließen, um Schäden an Pflanzen, Tieren und Ökosystemen möglichst schnell zu stoppen und umzukehren. Die Konferenz war aufgrund der Coronavirus-Pandemie bereits mehrfach verschoben worden.
Da Chinas Grenzen jedoch aufgrund seiner Null-COVID-Strategie geschlossen waren, schlug das Gastgeberland im vergangenen Monat vor, die bereits viermal verschobenen Gespräche nun endgültig auf 2023 zu legen. Eine Verschiebung ins kommende Jahr wurde allerdings abgelehnt. Jetzt soll die Standortverlegung nach Montreal das Treffen endlich möglich machen.
Li Shuo von Greenpeace China bestätigte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass die COP15-Konferenz dort vom 5. bis 17. Dezember stattfinden solle. Offiziell soll die Verlegung diese Woche nach abschließenden Gesprächen verkündet werden.
Wie die COP15 wird auch der AFC Asien-Cup im Fußball nicht in China stattfinden. Eigentlich sollte das Turnier im Juni und Juli kommenden Jahres in China ausgetragen werden. Stattdessen hat sich Südkorea um die Ausrichtung des Asien-Pokals 2023 beworben. rad
Die Volksrepublik China erschließt sich für François Chimits nicht über die Sprache. Mandarin hat er nie konsequent gelernt. Sein Übersetzungswerkzeug sind stattdessen Zahlen. Beim Mercator Institute for China Studies in Berlin blickt er aus der Vogelperspektive auf Chinas Wirtschaft und analysiert deren Bedeutung für Europa.
Der Weg dorthin begann mit einem Studium der Entwicklungsökonomie an der Universität Dauphine in seiner Geburtsstadt Paris. “Politik war für mich erstmal nur ein Hobby, das man nebenbei machen kann. Als Student wollte ich eine harte Wissenschaft lernen”, sagt Chimits. Es folgte ein zweijähriger Aufenthalt in Peking, wo er für die französische Botschaft als Analyst für Makroökonomie und Finanzsysteme arbeitete. Anschließend übernahm er den Posten des stellvertretenden Leiters der Abteilung Handelspolitik im französischen Finanzministerium. An der renommierten Universität Sciences Po in Paris lehrte Chimits zudem mehrere Jahre zu Chinas Wirtschaft.
Chimits beschäftigt vor allem die Frage nach dem Ursprung von Reichtum und Armut. “Wenn sich ein Land entwickeln will, gibt es kein Rezept. Aber einige Bedingungen müssen erfüllt sein, wie Stabilität, Bildung, Ausbildung und Offenheit.” Und genau hier steht China vor gewaltigen Herausforderungen, so Chimits. Mit der Pandemie hat sich die Volksrepublik bewusst von der Welt abgekoppelt. “Das ist für das bevölkerungsreichste und wirtschaftlich stärkste Land der Welt sehr besorgniserregend.”
China sei im vergangenen Jahr gut durch die Pandemie gekommen. Vor allem chinesische Auslandsdirektinvestitionen, Exporte und Investitionen im Hightech-Bereich haben 2021 zugelegt. Aber langfristig droht einem isolierten China, das durch harte Lockdowns im ganzen Land seit Monaten an Produktivität einbüßt, der Verlust von Wohlstand.
China brauche einen massiven Produktivitätsanstieg, um die Alterung der Gesellschaft auffangen zu können. Und das geht nur mit Innovation, Technologie und gesellschaftlicher Offenheit. Deswegen stürzten sich chinesische Firmen jetzt nicht auf ein vom Krieg unter Druck geratene russische Unternehmen, erklärt Chimits. “Russland bietet nur Ressourcen, aber keine Innovation.”
Ist das für Europa eine gute Nachricht? Keineswegs. Denn obwohl es für China in Russland nichts zu holen gibt, klammert sich China an die Partnerschaft mit Russland. “Das ist wirtschaftlich sehr kostenintensiv. Und es zeigt, dass Peking sogar bereit ist, zur Erreichung seiner geopolitischen Ziele ökonomische Verluste hinzunehmen.” Daher müsse die EU jetzt zu einem ernstzunehmenden geopolitischen Akteur aufsteigen, so Chimits.
Und hier zeigt sich eine Parallele zu Chimits Hobby, dem Boxen. Denn was beim Faustkampf gilt, kann auch in der Chinapolitik von Nutzen sein: Nur mit einer guten Defensivarbeit kann man sich im Ring behaupten. “Chinas politische Zielsetzungen zu beeinflussen, wird für uns immer schwieriger. Aber ich rate unseren Politikern: Macht eure Arbeit! Verwendet die Werkzeuge, die ihr aktuell baut. Und dann bereitet euch auf eine Langstrecke vor, um unsere Präferenzen und Werte in der Welt zu vertreten.”
An alle China-affinen Studierenden, die gerade enttäuscht in ihren WG-Zimmern sitzen, hat er einen Rat: “Macht euch keine Sorgen, es gibt genug zu lesen und zu lernen, um die Zeit zu überbrücken, bis ihr wieder nach China könnt.” Dennoch denkt Chimits mit Sorge an den fehlenden Kontakt mit China. “Wir verlieren Chinas Diversität aus den Augen. China wird aus der Distanz immer homogener. Das kann dir in Peking, Hongkong oder auf dem Dorf in Yunnan nicht passieren.” Jonathan Lehrer
Steven Xu wird ab 1. Juli Präsident für China und Asien-Pazifik beim Münchener Modehändler Mytheresa. In seine Verantwortung fallen alle kundenbezogenen Aktivitäten des Unternehmens in China und der Region. Schon beim US-amerikanischen Modehaus Ralph Lauren war Xu als Vice President of Digital Marketing and E-Commerce für den Asien-Pazifik-Raum zuständig.
Seit diesem Montag rasen die Hochgeschwindigkeitszüge zwischen Peking und Wuhan mit einer Geschwindigkeit von 350 Kilometern pro Stunde die Gleise entlang. Bislang durften die Züge auf dem Teilstück der Nord-Süd-Verbindung zwischen Peking und Guangzhou “nur” 310 km/h fahren. Durch die Beschleunigung soll die Transport-Kapazität zwischen der Hauptstadt und Wuhan um sieben Prozent steigen.
für viele europäische Unternehmen ist China der wichtigste Absatzmarkt. Doch das Arbeiten in China wird immer schwieriger: Lockdowns, Lieferkettenprobleme und vor allem weitgehend geschlossene Grenzen sind lediglich die bekanntesten Probleme, unter denen europäische Firmen in China derzeit leiden.
Unser Autorenteam in Peking hat sich die aktuelle Umfrage der EU-Handelskammer in China genauer angeschaut und nachgefragt, was die Führung in Peking tun könnte, um das wirtschaftliche Umfeld in der Volksrepublik wieder zu verbessern. Denn eines ist klar: Die Stimmung ist so schlecht wie nie zuvor. Einige Unternehmen stellten sich offenbar bereits die Frage, wie sehr sie in Zukunft noch auf China setzen wollen.
Auf wen oder was man in Zukunft setzen will – diese Frage stellt sich derzeit auch im Bereich Energieversorgung. Spätestens seit dem Ukraine-Krieg ist sie auf der politischen Agenda vieler Regierungen weit nach oben gerutscht. Doch während Deutschlands Wirtschaftsminister Robert Habeck versucht, Katar und Saudi-Arabien als neue Gas-Lieferanten zu gewinnen, setzt China auf einen anderen fossilen Brennstoff: Kohle.
Unfassbare vier Milliarden Tonnen wurden im vergangenen Jahr in China gefördert – so viel wie noch nie. Zudem werden im ganzen Land dutzende neue Kohlekraftwerke gebaut. Und das alles, obwohl Xi Jinping sein Land gerne als kommende Klimaschutzmacht anpreist. Nico Beckert hat sich genauer angeschaut, was hinter dem Kohleboom in China steckt, weshalb viele Kraftwerke in der Nähe von Wind und Solarparks gebaut werden – und warum führende Klimaexperten den chinesischen Kohleboom gar nicht so negativ bewerten.
Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht
Die EU-Handelskammer in China hat die chinesische Regierung aufgefordert, die strengen Corona-Maßnahmen endlich zu lockern. “China muss seine Grenzen öffnen. Es verfügt über alle Mittel für ein großartiges Comeback”, sagte Kammer-Vizepräsidentin Bettina Schön-Behanzin am Montag bei der Vorstellung des neuen “Business Confidence Survey” (BCS) 2022.
China müsse den Unternehmen die Angst nehmen und “mit einem klaren Plan Vertrauen zurückgewinnen”, sagte Schön-Behanzin. Mit Massentests und Lockdowns könne die Lage nicht unter Kontrolle gebracht werden. Anlass für den Appell ist das Resultat der jährlichen Umfrage. Darin wird deutlich, wie sehr die Stimmung in europäischen Unternehmen in China seit Beginn des Krieges in der Ukraine und der Lockdowns in mehreren Wirtschaftsmetropolen des Landes in den Keller gesunken ist.
Trübe Aussichten für das eigene Geschäft, Lieferketten-Probleme, Personalmangel – das alles ziehen die geo- und gesundheitspolitischen Krisen nach sich und belasten das Geschäftsklima in der zweitgrößten Volkswirtschaft. Der BCS der Europäischen Handelskammer in China offenbart die wachsenden Sorgen unter den 620 Firmen, die an der alljährlichen Umfrage teilgenommen haben. Drei Viertel der Mitglieder berichteten, dass die strengen Corona-Eindämmungsmaßnahmen ihren Betrieb negativ beeinflusst hätten. 92 Prozent klagten über Lieferketten-Probleme, die etwa durch Hafenschließungen und steigende Frachtkosten verursacht wurden.
Die Lage habe sich so schnell verschärft, dass Teile der diesjährigen BCS bereits überholt waren, als die Kammer noch dabei war, die ausgefüllten Fragebögen auszuwerten. Denn die Abgabefrist für die Beantwortung lag bereits einige Monate zurück und hatte die jüngsten Entwicklungen noch nicht berücksichtigt. Die Spuren, die Krieg und Lockdowns hinterlassen, versuchte die Kammer, mit einer separaten Blitz-Umfrage Ende April abzubilden.
Das Resultat waren demnach “erheblich destabilisierende Auswirkungen auf die China-Aktivitäten europäischer Unternehmen“. Maßnahmen wie die jüngsten Hafenschließungen in China, der Rückgang des Straßengüterverkehrs und die steigenden Seefrachtkosten werden sich voraussichtlich negativ auf die Bilanzen auswirken. 60 Prozent der Befragten der Flash-Umfrage haben ihre Umsatzprognose für das laufende Jahr nach unten korrigiert.
Eine große Herausforderung sei es zudem, neues Personal aus Europa zu gewinnen. “Es ist schwierig, jemanden zu finden, der noch nach China reisen will”, sagte Schön-Behanzin. Lockdowns, lange Quarantänezeiten, sowie immer weniger verfügbare Flüge hätten einen wahren “Exodus” ausgelöst. 23 Prozent der Unternehmen gaben an, darüber nachzudenken, neue Investitionen in der Volksrepublik auf Eis zu legen. “Die jüngsten Ereignisse haben viele Unternehmen dazu veranlasst, sich zu fragen, wie weit sie in Zukunft auf die China-Karte wollen.”
Im Vergleich zum jüngsten Stimmungsbericht las sich die Umfrage im vergangenen Jahr wie ein regelrechter Rausch. Europäische Unternehmen hatten sich wegen der zunächst erfolgreichen Null-Covid-Strategie sehr zufrieden und zuversichtlich geäußert. Im Juni vergangenen Jahres profitierten die Firmen davon, dass es der Volksrepublik zunächst gelungen war, das Coronavirus fernzuhalten. Doch das war vor dem Ausbruch von Omikron. Als die deutlich ansteckendere Virus-Variante das Land erreichte, griffen die Behörden zu viel drastischeren Eindämmungsmaßnahmen, als sie in anderen Regionen der Welt angewendet werden.
Laut der Kammer sei die überwältigende Mehrheit der Unternehmen trotz aller Schwierigkeiten noch immer bereit, grundsätzlich an China festzuhalten. Das ist wenig überraschend, denn trotz der aktuellen Probleme bietet die Volksrepublik weiterhin auch Grund für Optimismus. Die wachsende Mittelschicht ist demnach ein wichtiger Grund für die Firmen, zu bleiben. Chancen würden sich auch durch die rasant zunehmenden Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten im Land ergeben.
Doch um davon optimal profitieren zu können, stehen den europäischen Firmen immer noch zahlreiche andere Faktoren im Weg, die seit vielen Jahren Kopfschmerzen bereiten. Krieg und Corona haben mit ihren unmittelbaren Konsequenzen die Prioritäten zwar bis auf Weiteres verschoben. Allerdings drücken sie immer noch nachhaltig auf die Stimmung.
Doch damit sich das China-Geschäft wieder zum Besseren wenden kann, müsse zunächst die Corona-Krise in den Griff bekommen werden. Um die Lage in China zu entspannen, empfiehlt die Handelskammer der Regierung, auf wirksamere MRNA-Impfstoffe zu setzen. Die Volksrepublik, so Schön-Behanzin, solle sich eher am Singapurer-Modell orientieren. Auch der südostasiatische Stadtstaat hatte nach dem Beginn der Corona-Pandemie vor über zwei Jahren zunächst sehr strenge Maßnahmen verhängt. Nachdem eine hohe Impfquote erreicht war, kehrte Singapur jedoch immer weiter zur Normalität zurück, was eine große Erleichterung für die Wirtschaft darstellte. Jörn Petring/ Gregor Koppenburg
Strom kommt aus der Steckdose, Wärme aus der Heizung – diese Gewissheit hat uns jahrzehntelang unauffällig begleitet. Doch durch den Ukraine-Krieg ist die Strom- und Energieversorgung zu einem Topthema geworden. Europa sucht krampfhaft nach neuen Energielieferanten. Auch in China steht die Energiesicherheit ganz oben auf der Agenda. Schließlich hat die Volksrepublik schon im vergangenen Jahr eine gravierende Stromkrise durchgemacht. Wochenlang mussten Fabriken mit halber Kraft fahren (China.Table berichtete). Die Zentralregierung in Peking hat eine klare Botschaft ausgesandt: Die Stromkrise darf sich unter keinen Umständen wiederholen.
Um die Versorgung zu sichern, setzen die Behörden vor allem auf Kohle:
Doch was bedeutet dieser neue Kohle-Fokus für das Erreichen der chinesischen und globalen Klimaziele? Verbaut sich die Volksrepublik gerade die Energiewende?
China hat im vergangenen Jahr eine Rekordmenge an Kohle produziert. Insgesamt wurden gigantische 4,13 Milliarden Tonnen gefördert. Im laufenden Jahr könnte diese Menge noch übertroffen werden. Der Staatsrat hat die Minen angewiesen, die Produktion um 300 Millionen Tonnen auszuweiten. Ein staatsnaher Industrieverband bezweifelt jedoch, dass dieses Ziel erreicht werden kann. China könne in diesem Jahr lediglich 100 Millionen Tonnen an neuer Kapazität realisieren, sagte ein Analyst der China Coal Transportation and Distribution Association (China.Table berichtete).
Der Kohleverbrauch ist 2021 leicht angestiegen und liegt auf einem Rekordniveau. “Die Stromerzeugung aus Kohle stieg 2021 das sechste Jahr in Folge”, schreiben die Analysten des Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA).
Im vergangenen Jahr wurde zudem der Bau neuer Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von 33 Gigawatt gestartet, der größte Anstieg seit 2016. Seit Anfang 2022 hat China 23 große Kohlekraftwerks-Projekte mit einer Gesamtkapazität von mehr als 30 Gigawatt vorangetrieben. Diese Zahlen scheinen also eine deutliche Sprache zu sprechen.
Und trotzdem sind Klima– und Energieanalysten nicht so pessimistisch, wie die Daten vermuten lassen. “Die meisten Experten sind sich einig, dass der Anstieg der Kohleverstromung eine kurzfristige politische Anpassung ist und keinen ‘Rückzieher’ Chinas aus seinen langfristigen Klimaverpflichtungen darstellt”, fasst das Fachportal Carbon Brief zusammen.
Diese Einschätzung hat mehrere Gründe. Der Neubau von Kohlekraftwerken geht teils mit der Abschaltung älterer, weniger effizienter Kraftwerke einher. Unter dem Strich wächst die Kraftwerkskapazität zwar an, aber die Kraftwerke laufen effizienter, verbrauchen also weniger Kohle. Das ist natürlich noch kein Ausweg aus dem Klimadilemma.
Der größere Klimanutzen könnte durch eine andere Maßnahme entstehen: Ein Teil der neuen Kraftwerke soll in Zukunft als Backup für Wind- und Solarkraftwerke dienen und mit geringerer Auslastung laufen. China baut seine erneuerbaren Energien massiv aus. Einige der neuen Kohlekraftwerke sollen unweit der geplanten, riesigen Solar- und Wind-Kraftwerke in den Wüsten des Landes gebaut werden (China.Table berichtete). Sie sollen die Erneuerbaren-Kraftwerke ergänzen, weil sie flexibel einsetzbar sind und Nachfragespitzen bedienen können. Die Kohlekraft soll quasi zur Brückentechnologie werden, bis die erneuerbaren Energien die Hauptlast der Stromnachfrage decken können.
Dabei verfolgt China ein anderes ökonomisches Kalkül als westliche Länder. Es scheint die Planer nicht zu sorgen, dass die Kraftwerke in Zukunft nicht mit hoher Auslastung gefahren werden und die Investitionen betriebswirtschaftlich wenig sinnvoll erscheinen. Die Energieexpertin und unabhängige Beraterin Liu Hongqiao sagt: “Die chinesischen Politiker sehen neue Kohleprojekte als ‘erträgliche Kosten’ im Rahmen der Energiewende.”
Laut Xie Chunping, Energie-Ökonomin am Grantham Research Institute on Climate Change and the Environment, sieht die Regierung neue Kohlekraftwerke als “flexible Ressource oder Kapazitäten” an, die nicht unter Volllast laufen werden. Der Bau neuer Kohlekraftwerke ginge also nicht zwangsläufig mit einem Anstieg der CO2-Emissionen einher.
Allerdings bleibt abzuwarten, ob das Ziel eines flexiblen Kraftwerkbetriebs in der Praxis auch wirklich umgesetzt wird. Mehr Kohlekraftwerke könnten die Provinzen auch dazu verleiten, mehr Strom zu produzieren und die Abhängigkeit von anderen Provinzen zu verringern, wie der Energieexperte Lauri Myllyvirta schreibt.
Auch andere Fachleute sind skeptisch. China hat sich keine Zielmarke gesetzt, wie hoch die Emissionen auf ihrem Höchststand sein dürfen. Auch für den Kohleverbrauch gibt es keine Zielmarken, wie viel Kohle bis wann maximal verbraucht werden darf. Demnach gibt es Spielraum für einen höheren Kohleverbrauch in den nächsten Jahren.
Zudem muss zwischen Chinas Klimazielen und den Pariser Klimazielen unterschieden werden. Selbst wenn China trotz des Zubaus von Kohlemeilern mittelfristig weniger Kohle verbraucht und die eigenen Klimaziele erreicht, könnte das Tempo des Kohleausstiegs zu langsam sein, um die Pariser Klimaziele erreichen zu können. Denn Chinas Klimaziele sind nicht ambitioniert genug. Zur Erreichung der Pariser Klimaziele müsste die Volksrepublik ihre Ambitionen steigern.
Wenn das Land seinen Anteil zur Erreichung der Pariser Klimaziele beitragen will, muss der Anteil des Kohlestroms bis zum Jahr 2030 auf 35 Prozent sinken, wie Berechnungen des Climate Action Tracker zeigen. Derzeit liegt er noch bei 64 Prozent. Der Tracker analysiert die Klimapolitik der wichtigsten Staaten und wird von Wissenschaftlern der beiden Think-Tanks Carbon Analytics und New Climate Institute erstellt. Noch vor dem Jahr 2040 dürfte China gar keine Kohle mehr für die Stromerzeugung verbrauchen, rechnen die Experten vor.
Derzeit basiert Chinas Energiepolitik auf dem gleichzeitigen Ausbau der Kohlekraft und der erneuerbaren Energien. Was auf den ersten Blick klimapolitisch wenig sinnvoll erscheint, wird mit der Flexibilität der Kohlekraft begründet. Die große Klimafrage ist, ob es schnell genug gelingt, ein funktionierendes System aus erneuerbaren Energien, einem flexiblen Stromnetz und – mittelfristig – ausreichend Stromspeichern aufzubauen, damit die Kohle aus dem Netz gedrängt werden kann. China steht hier vor einer Mammutaufgabe.
Russland hat im Mai so viel Öl nach China verkauft wie noch nie und ist damit zum größten Öl-Lieferanten der Volksrepublik aufgestiegen. China importierte allein im vergangenen Monat fast 8,42 Millionen Tonnen Rohöl aus Russland, wie die Zollbehörde in Peking am Montag mitteilte. Das sind knapp zwei Millionen Barrel pro Tag (bpd) – und 55 Prozent mehr als im vergangenen Jahr.
Damit verdrängte Russland nach 19 Monaten wieder Saudi-Arabien von Rang eins der größten Öl-Lieferanten Chinas. Chinesische Unternehmen wie der Raffinerie-Riese Sinopec profitierten dabei von kräftigen Preisnachlässen, nachdem sich westliche Öl-Konzerne und Handelshäuser aufgrund der Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs vom russischen Markt zurückgezogen hatten.
Saudi-Arabien lieferte im Mai mit 7,82 Millionen Tonnen nach China. Das sind neun Prozent mehr Öl als im Vorjahr. Im Vergleich zum April sind die saudischen Lieferungen allerdings um rund 15 Prozent gesunken.
Die Europäische Union hatte im Mai einen weitgehenden Importstopp von russischem Öl beschlossen. Dies betrifft aber nur Transporte mit Öltankern über den Seeweg, Pipeline-Öl wurde auf Drängen vor allem Ungarns von dem Embargo ausgeschlossen. Das EU-Embargo soll zudem mit Übergangsfristen greifen. rtr
China hat erfolgreich ein Raketenabfangsystem getestet. Bei dem getesteten System soll es sich um ein bodenbasiertes Abfangsystem mit Mittelstreckenraketen innerhalb der Grenzen von China handeln, wie das Verteidigungsministerium in Peking mitteilte. Der Test sei für die nationale Verteidigung und Sicherheit erforderlich und habe die erwarteten Ziele erfüllt, hieß es weiter. Allerdings müsse sich kein Land Sorgen machen. “Dieser Test war defensiv und richtete sich nicht gegen ein Land”, ließ das chinesische Verteidigungsministerium wissen.
Einem Bericht der Zeitung “Global Times” zufolge, ist es Chinas sechster bekannter Test einer landgestützten antiballistischen Rakete. Das Land führt solche Tests seit 2010 durch. Die bislang letzten Tests erfolgten 2018 sowie im Februar 2021.
Der Militär-Experte Shao Yongling sagte am Montag gegenüber dem staatlichen Fernsehsender CCTV, dass die Technologie darauf abziele, die nuklearen Fähigkeiten des Landes zu schützen.
Weitere Details wurden nicht bekannt. Es ist deshalb auch nicht klar, welches System und welche Raketengattung getestet wurde. Angesichts der Parameter wie Größe des Luftraums könnte es sich um ein System ähnlich dem US-System Thaad (Terminal High Altitude Area Defense) in Südkorea handeln.
China hatte sich in der Vergangenheit – zusammen mit Russland – wiederholt gegen die Stationierung von Thaad in Südkorea ausgesprochen. Obwohl Thaad sich gegen Nordkorea richtet, kritisiert Peking, dass das leistungsstarke Radar der Anlage in sein Hoheitsgebiet eindringen könnte. Außenminister Wang Yi hatte Thaad deshalb als Herausforderung für die nationalen Sicherheitsinteressen Chinas bezeichnet. rad
Der chinesische Bezirk Beidaihe will Elektroautos von Tesla ab dem kommenden Monat von seinen Straßen verbannen. Ab 1. Juli sei es für mindestens zwei Monate verboten, mit einem Wagen des US-Herstellers durch die Region zu fahren, sagte ein Vertreter der lokalen Verkehrspolizei der Nachrichtenagentur Reuters am Montag. Der Polizist nannte keinen Grund für diese Entscheidung. Er sagte lediglich, es gehe um Staatsangelegenheiten. Tesla war zunächst nicht für eine Stellungnahme erreichbar.
Beidaihe liegt östlich der Hauptstadt Peking. Dort befindet sich ein renommierter Badeort, in dem die Führungselite der Kommunistischen Partei jedes Jahr zu einem Treffen hinter verschlossenen Türen zusammenkommt und einzelne Interessen austariert. Der Zeitpunkt des kommenden Treffens vor dem anstehenden Parteitag der KP im Herbst fällt mit dem kolportierten Fahrverbot für Tesla zusammen.
Das Vorgehen der Behörden in Beidaihe ist nicht die erste Entscheidung dieser Art: Erst vor wenigen Wochen war Tesla-Fahrzeugen das Befahren einiger Straßen in der Innenstadt von Chengdu untersagt worden. Die Maßnahme von Anfang Juni wurde auch damals nicht offiziell begründet, fiel zeitlich jedoch zusammen mit einem Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in der Stadt.
Schon im vergangenen Jahr hatte Chinas Militär Tesla-Autos den Zugang zu einigen Gebieten untersagt. Damals war inoffiziell die Rede von Sicherheitsbedenken hinsichtlich der an den Fahrzeugen installierten Kameras. Musk versicherte damals, dass Teslas Autos weder in China noch anderswo spionierten und dass das Unternehmen geschlossen würde, wenn dies der Fall wäre. rad/rtr
Die UN-Verhandlungen zum Abschluss eines globalen Pakts zum Schutz der Natur (COP15) sollen im Dezember nach Kanada verlegt werden. China als eigentlicher Gastgeber hat am Montag der Verlegung zugestimmt. Geplant war, dass das UN-Gipfeltreffen im dritten Quartal 2022 in Kunming stattfinden würde. Dort wollten 195 Nationen ein neues Abkommen beschließen, um Schäden an Pflanzen, Tieren und Ökosystemen möglichst schnell zu stoppen und umzukehren. Die Konferenz war aufgrund der Coronavirus-Pandemie bereits mehrfach verschoben worden.
Da Chinas Grenzen jedoch aufgrund seiner Null-COVID-Strategie geschlossen waren, schlug das Gastgeberland im vergangenen Monat vor, die bereits viermal verschobenen Gespräche nun endgültig auf 2023 zu legen. Eine Verschiebung ins kommende Jahr wurde allerdings abgelehnt. Jetzt soll die Standortverlegung nach Montreal das Treffen endlich möglich machen.
Li Shuo von Greenpeace China bestätigte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass die COP15-Konferenz dort vom 5. bis 17. Dezember stattfinden solle. Offiziell soll die Verlegung diese Woche nach abschließenden Gesprächen verkündet werden.
Wie die COP15 wird auch der AFC Asien-Cup im Fußball nicht in China stattfinden. Eigentlich sollte das Turnier im Juni und Juli kommenden Jahres in China ausgetragen werden. Stattdessen hat sich Südkorea um die Ausrichtung des Asien-Pokals 2023 beworben. rad
Die Volksrepublik China erschließt sich für François Chimits nicht über die Sprache. Mandarin hat er nie konsequent gelernt. Sein Übersetzungswerkzeug sind stattdessen Zahlen. Beim Mercator Institute for China Studies in Berlin blickt er aus der Vogelperspektive auf Chinas Wirtschaft und analysiert deren Bedeutung für Europa.
Der Weg dorthin begann mit einem Studium der Entwicklungsökonomie an der Universität Dauphine in seiner Geburtsstadt Paris. “Politik war für mich erstmal nur ein Hobby, das man nebenbei machen kann. Als Student wollte ich eine harte Wissenschaft lernen”, sagt Chimits. Es folgte ein zweijähriger Aufenthalt in Peking, wo er für die französische Botschaft als Analyst für Makroökonomie und Finanzsysteme arbeitete. Anschließend übernahm er den Posten des stellvertretenden Leiters der Abteilung Handelspolitik im französischen Finanzministerium. An der renommierten Universität Sciences Po in Paris lehrte Chimits zudem mehrere Jahre zu Chinas Wirtschaft.
Chimits beschäftigt vor allem die Frage nach dem Ursprung von Reichtum und Armut. “Wenn sich ein Land entwickeln will, gibt es kein Rezept. Aber einige Bedingungen müssen erfüllt sein, wie Stabilität, Bildung, Ausbildung und Offenheit.” Und genau hier steht China vor gewaltigen Herausforderungen, so Chimits. Mit der Pandemie hat sich die Volksrepublik bewusst von der Welt abgekoppelt. “Das ist für das bevölkerungsreichste und wirtschaftlich stärkste Land der Welt sehr besorgniserregend.”
China sei im vergangenen Jahr gut durch die Pandemie gekommen. Vor allem chinesische Auslandsdirektinvestitionen, Exporte und Investitionen im Hightech-Bereich haben 2021 zugelegt. Aber langfristig droht einem isolierten China, das durch harte Lockdowns im ganzen Land seit Monaten an Produktivität einbüßt, der Verlust von Wohlstand.
China brauche einen massiven Produktivitätsanstieg, um die Alterung der Gesellschaft auffangen zu können. Und das geht nur mit Innovation, Technologie und gesellschaftlicher Offenheit. Deswegen stürzten sich chinesische Firmen jetzt nicht auf ein vom Krieg unter Druck geratene russische Unternehmen, erklärt Chimits. “Russland bietet nur Ressourcen, aber keine Innovation.”
Ist das für Europa eine gute Nachricht? Keineswegs. Denn obwohl es für China in Russland nichts zu holen gibt, klammert sich China an die Partnerschaft mit Russland. “Das ist wirtschaftlich sehr kostenintensiv. Und es zeigt, dass Peking sogar bereit ist, zur Erreichung seiner geopolitischen Ziele ökonomische Verluste hinzunehmen.” Daher müsse die EU jetzt zu einem ernstzunehmenden geopolitischen Akteur aufsteigen, so Chimits.
Und hier zeigt sich eine Parallele zu Chimits Hobby, dem Boxen. Denn was beim Faustkampf gilt, kann auch in der Chinapolitik von Nutzen sein: Nur mit einer guten Defensivarbeit kann man sich im Ring behaupten. “Chinas politische Zielsetzungen zu beeinflussen, wird für uns immer schwieriger. Aber ich rate unseren Politikern: Macht eure Arbeit! Verwendet die Werkzeuge, die ihr aktuell baut. Und dann bereitet euch auf eine Langstrecke vor, um unsere Präferenzen und Werte in der Welt zu vertreten.”
An alle China-affinen Studierenden, die gerade enttäuscht in ihren WG-Zimmern sitzen, hat er einen Rat: “Macht euch keine Sorgen, es gibt genug zu lesen und zu lernen, um die Zeit zu überbrücken, bis ihr wieder nach China könnt.” Dennoch denkt Chimits mit Sorge an den fehlenden Kontakt mit China. “Wir verlieren Chinas Diversität aus den Augen. China wird aus der Distanz immer homogener. Das kann dir in Peking, Hongkong oder auf dem Dorf in Yunnan nicht passieren.” Jonathan Lehrer
Steven Xu wird ab 1. Juli Präsident für China und Asien-Pazifik beim Münchener Modehändler Mytheresa. In seine Verantwortung fallen alle kundenbezogenen Aktivitäten des Unternehmens in China und der Region. Schon beim US-amerikanischen Modehaus Ralph Lauren war Xu als Vice President of Digital Marketing and E-Commerce für den Asien-Pazifik-Raum zuständig.
Seit diesem Montag rasen die Hochgeschwindigkeitszüge zwischen Peking und Wuhan mit einer Geschwindigkeit von 350 Kilometern pro Stunde die Gleise entlang. Bislang durften die Züge auf dem Teilstück der Nord-Süd-Verbindung zwischen Peking und Guangzhou “nur” 310 km/h fahren. Durch die Beschleunigung soll die Transport-Kapazität zwischen der Hauptstadt und Wuhan um sieben Prozent steigen.