die USA eskalieren ihren schwelenden Konflikt mit China. Sie haben angekündigt, keine Regierungsvertreter zu den Olympischen Spielen nach Peking zu schicken. Damit sendet Präsident Joe Biden eine deutlich unfreundliche Botschaft. Auf diesen diplomatischen Boykott muss China entsprechend reagieren, schließlich hat Xi Jinping seine Person und sein Land als stark und durchsetzungsfähig stilisiert. Es wird also nicht bei dieser Ankündigung in Bezug auf ein Sportereignis bleiben. Weitere Störungen im Welthandel sind jetzt absolut möglich.
Die neue Außenministerin Annalena Baerbock erhält damit eine Steilvorlage für ihre eigene, menschenrechtsorientierte Außenpolitik. Sie hat angekündigt, die Lage in Xinjiang nicht zu ignorieren und sich um transatlantische Abstimmung zu bemühen. Wenn Deutschland den USA tatsächlich in den Boykott folgt, wäre der Effekt allerdings nicht noch einmal so heftig wie jetzt. China könnte das mit dem schlechten Einfluss der USA erklären und die Beziehungen vorerst weiterführen. Denn China braucht Verbündete. Ganz klar ist jetzt aber: Die Zeit der heftigen geopolitischen Konflikte hat nicht zusammen mit der Ära Trump geendet.
Wie sehr sich die Einstellung zu China in den vergangenen Jahren gewandelt hat, zeigt auch der Rückblick auf die Geschichte der WTO-Mitgliedschaft des Landes. “Wandel durch Handel” lautete ein beliebter Glaubenssatz der Optimisten Anfang der 2000er-Jahre. Wenn “der Westen” China in die internationale Handelsordnung einbeziehe und die Im- und Exporte stiegen, werde China schon bald die internationalen Spielregeln einhalten und sich zu einer Marktwirtschaft entwickeln. So der Gedanke. In der Rückschau wirkt das reichlich naiv. Zum 20. Jubiläum des Beitritts Chinas zur Welthandelsorganisation (WTO) ist die Bilanz durchwachsen, berichtet Felix Lee. Zwar wuchs der globale Handel, doch im Westen gingen viele Industriearbeitsplätze verloren – in den USA verödeten ganze Landstriche. Umgekehrt sind viele Segmente des chinesischen Marktes für Ausländer weiterhin verschlossen.
Wie heftig die resultierenden Konflikte sind, zeigt sich auch in der Gegenreaktion der USA gegenüber chinesischen Firmen. Washington schließt mehr und mehr von ihnen vom eigenen Finanzmarkt aus und hat nun eine Verschärfung der Aufsicht angekündigt. Wie das ins Gesamtbild der Auseinandersetzungen passt, analysiert Ning Wang.
Viele neue Erkenntnisse wünscht
An diese Rede wird Bill Clinton sicherlich nicht gern erinnert. Es war im März 1999. Vor beiden Häusern des US-Kongresses warb der damalige US-Präsident für den Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation (WTO). Die Welt werde nicht mehr die gleiche sein, versprach er. Das bevölkerungsreichste Land der Welt würde seine Märkte öffnen. Und die US-Amerikaner mit ihrem Weizen und Mais, den Hollywood-Filmen, Fords und GMs sind ganz vorne dabei. Mit mehr Freihandel würde es zudem ein freieres China geben, gab sich Clinton zuversichtlich. Doch es kam anders.
In diesen Tagen jährt sich Chinas Beitritt zur WTO zum 20. Mal. Das kommunistische Regime regiert weiter mit harter Hand. Für die USA und auch andere Industrieländer hat sich das Versprechen eines neuen Absatzmarktes zwar erfüllt. Aber China hat weit mehr profitiert. Heute werden mehr als 80 Prozent der weltweit verkauften Kühlschränke in der Volksrepublik hergestellt, 70 Prozent aller Mobiltelefone und jedes zweite Paar Schuhe. War die Handelsbilanz zwischen China und den USA 2003 noch weitgehend ausgeglichen, verzeichnen vor allem die USA im Handel mit China Jahr für Jahr neue Rekorddefizite. Und es sind längst nicht nur Billigprodukte, mit denen China die Welt überschwemmt. Laptops, Flachbildschirme, Drohnen, Elektroautos – allein 2020 hat China weltweit mehr als eine halbe Billion US-Dollar mehr aus- als eingeführt.
“Ja, Chinas WTO-Beitritt war erwartungsgemäß ein Erfolg”, sagt Pascal Lamy. Er war zwischen 1999 und 2004 EU-Handelskommissar und ab 2005 als WTO-Generaldirektor auch nach Chinas Beitritt an den Verhandlungen mit der chinesischen Führung maßgeblich beteiligt. “Die Weltwirtschaft wurde von der Leine gelassen, sagte er am Freitag auf einem Webinar des Berliner China-Thinktanks Merics zum Thema: “Chinas 20. WTO-Jubiläum – Anlass zum Feiern?” China importierte kräftig und modernisierte seine Wirtschaft, schildert Lamy. Verbraucher anderswo profitierten von niedrigeren Preisen, weil China mit einem riesigen Arbeitsheer günstig und in großen Mengen zu produzieren wusste. Für Lamy ist klar: “Ein Gewinn.”
Tatsächlich hatte China zur Jahrtausendwende vor allem zwei Vorteile: Geringe Arbeits- und Umweltschutzbestimmungen und ein riesiges Heer an Arbeitskräften, das bereit war, zu Löhnen zu schuften, die im Westen undenkbar waren. Zugleich schrumpfte die Erde, weil der Transport der Waren kaum noch etwas kostete und das Internet die entferntesten Standorte miteinander verband. Chinas Exporte schossen in die Höhe, ebenso der Lebensstandard. Lebte vor dem WTO-Beitritt noch jeder vierte Chinese unter der Armutsgrenze, sind es heute weniger als zehn Prozent. Ein Drittel der Bevölkerung kann sich ein eigenes Auto leisten, Eigentumswohnung und Weltreisen. Von diesem neuen Wohlstand profitierten auch ausländische Unternehmen. Doch in den Industrieländern selbst schaffte Chinas Beitritt auch viele Verlierer. Insbesondere in den USA, gingen genau jene Industriearbeitsplätze verloren, die sich in China entwickelten.
Aus deutscher Sicht fällt die Bilanz durchwachsen aus. Deutschland selbst ist Exportnation und hat von Chinas Einbindung in den Weltmarkt unter den OECD-Ländern mit am meisten profitiert. EU-Handelskammer-Chef Jörg Wuttke, der für den Chemieriesen BASF seit 2017 Geschäftsführender Generalbevollmächtigter in China ist, schildert beim Merics-Webinar aus Peking zugeschaltet: “Als ich kam, machte BASF in China etwa weniger als zwei Milliarden US-Dollar Umsatz. Jetzt sind wir bei über elf Milliarden. Und wir haben ein 10-Milliarden-Dollar-Projekt im Bau.” Ohne Chinas Beitritt zur WTO wäre all das nicht möglich gewesen.
Dennoch haben sich gewisse Erwartungen auch aus Sicht der deutschen Wirtschaft nicht erfüllt: Als “Katalysator für weitreichende Strukturreformen” sollte die Einbindung wirken und “freies unternehmerisches Handeln in China fördern”, schreibt der Industrieverband BDI in einem jüngst erschienenem Papier. “Diese Hoffnungen wurden weitestgehend enttäuscht.” Worüber sich der BDI vor allem ärgert: Spätestens seit 2016 sollte China als Marktwirtschaft behandelt werden und nicht mehr die Vorteile genießen, die Entwicklungsländern im internationalen Handel zugestanden werden. Das sahen die Beitrittsregelungen explizit vor.
So sehr die WTO-Aufnahme Chinas Wirtschaft beflügelte – frei ist sie bis heute nicht. Vielmehr versteht es China, seine Märkte nur so weit zu öffnen, wie es dem Land Vorteile bringt. Auch die EU-Handelskammer beklagt regelmäßig, dass ausländische Unternehmen in China konsequent benachteiligt werden. “Die weitverbreitete Erwartung, dass sich das Land tatsächlich in eine offene und hauptsächlich marktbasierte Volkswirtschaft entwickelt, wurde nicht erfüllt”, schreibt denn auch der BDI in seinem Papier.
“Die chinesische Regierung versteht es, die Spielräume der WTO-Regeln für sich zu nutzen und tut oft nur das Minimum, um Verpflichtungen nachzukommen.” Außerdem nehme die chinesische Regierung ebenfalls anders als zugesagt, “übermäßig Einfluss auf die Wirtschaftsaktivitäten” etwa durch Preiskontrollen, Beihilfen und Justizbeeinflussung. 99 der 100 größten börsennotierten Unternehmen in China seien weiter mehrheitlich in Staatshand. Auch das sei anders vereinbart gewesen, beschwert sich der BDI.
Die auf dem Merics-Webinar ebenfalls zugeschaltete ehemalige stellvertretende US-Handelsbeauftragte für China, Audrey Winter, versucht aus den gemachten Erfahrungen dennoch Positives zu ziehen. “Wir haben in dieser Zeit viel über China und sein System und seine Schnittstellen zu unseren Systemen gelernt.” Das sei wichtig zu wissen, denn bei Handelsverhandlungen stecke der Teufel immer im Detail. Und weitere Verhandlungen stünden ja an. Eine aus ihrer Sicht wichtige Lektion: “Wir haben gelernt, dass China gar nicht beabsichtigt, eine echte Marktwirtschaft zu werden.”
Es sind Steueroasen wie die Cayman Islands, die chinesische Unternehmen nutzen, um ihre wahren Strukturen zu verschleiern. Sie gründen dort Variable Interest Entity (VIE)-Gesellschaften, um im Ausland an die Börsen zu gehen. Alibaba, Baidu, Didi, Tencent – fast alle großen chinesische Technologie-Unternehmen, die an den US-Börsen gelistet sind, greifen zu diesem Konstrukt. Das Ziel? Pekings Beschränkungen zu umgehen, die es erschweren, dass ausländische Investoren in chinesische Tech-Firmen investieren.
Denn eigentlich ist es ausländischen Investoren verboten, sich am Technologiesektor der Volksrepublik zu beteiligen. Peking will in diesem Sektor die Nase vorn haben, um seinen Einfluss weltweit zu vergrößern. Doch durch VIE-Konstrukte werden Investitionen durch Ausländer möglich (China.Table berichtete).
Die Behörden in Peking hatten bei den Technologie-Unternehmen lange weggeschaut, wenn sie Kapital an den US-Börsen eingesammelt haben. Laut Berechnungen von Bloomberg haben 34 chinesische Unternehmen in den ersten sieben Monaten dieses Jahres durch IPOs an den US-Börsen rund 13 Milliarden US-Dollar von Investoren erhalten. Dabei gibt es seit 2018 Bestrebungen, dass chinesische Unternehmen Aktien an den Börsen in Hongkong oder in China platzieren sollen statt im Ausland.
Für Aufruhr sorgte Mitte vergangener Woche die Nachricht, dass die KP ihren Techunternehmen den Börsengang im Ausland komplett untersagen will. Dem widersprach die Pekinger Börsenaufsicht CSRC umgehend und stellte die Meldung schlicht als “Fake News” dar. Auffällig ist, dass die US-Börsenaufsicht einen Tag nach der chinesischen Ankündigung bekannt gab, künftig ausländische Aktiengesellschaften, die in den Vereinigten Staaten notiert sind, von der Börse nehmen zu können, wenn ihre Wirtschaftsprüfer den Auskunftsersuchen der US-Regulierungsbehörden nicht nachkommen.
SEC-Chef Gary Gensler begründete den Schritt damit, dass China und Hongkong nicht mit der US-Bilanzaufsicht Public Company Accounting Oversight Board PCAOB zusammenarbeiten und Inspektionen verweigern. Peking argumentiert, bei einer Zusammenarbeit mit der Bilanzaufsicht drohten sensible Daten chinesischer Unternehmen an ausländische Regierungen oder Wettbewerber zu gelangen.
Die chinesische Börsenaufsicht sah sich noch am Sonntag genötigt, eine eigene Erklärung auf ihrer Webseite zu veröffentlichen. Sie ist als Reaktion auf Medienberichte zu verstehen, dass China plane, Unternehmen den Börsengang an ausländische Aktienmärkte durch Variable Interest Entities (VIEs) zu verbieten.
Die chinesische Börsenaufsicht kritisiert die USA darin: Obwohl “effektive Wege der Zusammenarbeit durch Pilotinspektionen” zustande gekommen seien, hätten “einige Kräfte in der US-Politik die Kapitalmarktregulierung in den letzten Jahren politisiert, um die in den USA notierten chinesischen Unternehmen grundlos zu unterdrücken und zum Delisting zu zwingen”.
Seit Monaten erhitzt das Problem um die VIEs die Gemüter bei den ausländischen Investoren, die in chinesische Unternehmen wie Alibaba, Tencent, Didi oder Baidu investiert haben. Sie fühlen sich betrogen. Denn VIEs sind eigentlich nur Unternehmenshüllen, die keinen Wert haben.
“Diese Briefkastenfirmen (…) beschaffen Kapital an US-Börsen, aber sie übertragen nicht das Eigentum von der Betreibergesellschaft an amerikanische Investoren”, schrieb US-Börsenaufsicht-Chef Gary Gensler im September in einem Leitartikel im Wall Street Journal. Die Anleger sind nicht geschützt und halten auch keine Anteile an den Firmen in China. Immerhin hatte die SEC vor einiger Zeit reagiert und im September die Hürden für chinesische Börsengänge in den USA erhöht. Erst wenn neue Offenlegungspflichten in Kraft getreten sind, die es den Anlegern erlauben, die Risiken der VIE-Strukturen zu erkennen, sollen chinesische Unternehmen für Börsengänge in den USA zugelassen werden.
Nach dem Bilanzskandal der chinesischen Kaffeehauskette Luckin 2020, die an der US-Technologiebörse Nasdaq gelistet war, hatte der ehemalige US-Präsident Donald Trump die Offenlegungspflichten für börsennotierte Unternehmen aus dem Ausland noch verschärft. Vor dem Hintergrund des Handelsstreits, den Trump mit der Volksrepublik führte, zielen die Offenlegungspflichten vor allem auf chinesische Unternehmen ab.
Allerdings gilt bis zur Umsetzung der neuen Regulierung eine drei Jahre lange Übergangsfrist, weshalb Experten den Zahlen von chinesischen Unternehmen nach wie vor nicht trauen.
Für Pekings schnelles Umdenken bei ausländischen Listings ist auch der Fahrdienstanbieter Didi verantwortlich. Das Unternehmen hatte noch im Juni sein Börsendebüt in New York entgegen der Bedenken der chinesischen Behörden durchgedrückt (China.Table berichtete). Seitdem wird gegen Didi wegen Datenmissbrauch ermittelt und zuletzt hatte Peking angekündigt, Teile des Unternehmens unter staatliche Kontrolle bringen zu wollen.
Am Donnerstag vergangener Woche kündigte Didi Chuxing an, sich von der Wall Street zurückziehen zu wollen (China.Table berichtete). Stattdessen wolle man bis März ein Börsendebüt in Hongkong voranbringen. “Chinesische Hinterlegungsscheine (ADS) werden mit steigenden regulatorischen Herausforderungen von US-amerikanischen wie auch chinesischen Behörden konfrontiert”, sagte Fondsmanager Wang Qi von MegaTrust Investment. Er ist der Meinung, dass ein Delisting alles einfacher mache.”
Didi hatte bei seinem IPO an der Wall Street 4,4 Milliarden US-Dollar eingesammelt. Das war der zweitgrößte Börsengang eines chinesischen Konzerns in den USA seit der Neuemission des E-Commerce-Giganten Alibaba im Jahr 2014. Doch seitdem sind Didi-Titel in den USA um 44 Prozent gefallen.
Peking maßregelt bereits seit mehr als einem Jahr seine Technologieunternehmen. Ihnen wird Monopolmissbrauch, Nichteinhaltung von Arbeitnehmerschutzregeln, aber auch schlechter Einfluss auf die Jugendlichen im Land und Verstößen gegen Verbraucherrechte vorgeworfen. Firmen wie Didi mussten nicht nur Strafgelder bezahlen, sondern auch schmerzliche Wertverluste hinnehmen. So ist Didis Börsenwert um 42 Milliarden US-Dollar eingebrochen, nachdem die Cyberaufsichtsbehörde der App verboten hatte neue Nutzer zu registrieren.
Doch Didis erzwungener Abgang von der New York Börse steht nur als Beispiel für viele andere Unternehmen, die noch folgen werden. Und es geht Peking vor allem um die Daten, die diese Unternehmen in den Boomjahren von ihren Nutzern gesammelt haben. Bereits im Juli teilte die Cyberspace-Behörde CAC mit, dass jedes Unternehmen, das einen Börsengang im Ausland plane und mehr als eine Million Nutzer habe, eine Genehmigung beantragen müsse.
Washingtons neuster Schritt spielt Peking dabei in die Hände – denn nun kann die Regierung die Maßnahmen unter dem Vorwand des Datenschutzes begründen und sich zudem als Kämpfer für eine “gesündere und nachhaltigere Entwicklung der Plattformökonomie” darstellen.
Die USA werden keine diplomatischen oder offiziellen Vertreter zu den Olympischen Winterspielen in Peking schicken. Washington verzichtet auf die Entsendung einer diplomatischen Delegation “angesichts des anhaltenden Völkermords und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Xinjiang”, erklärte die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, am Montag. Die Sportlerinnen und Sportler nehmen aber wie geplant an den Spielen teil, betonte Psaki. “Wir werden die Athleten von zu Hause aus unterstützen”, so die Sprecherin. Angesichts der Lage in Xinjiang könne jedoch nicht “business as usual” stattfinden.
Die USA werden auch künftig auf die Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang hinweisen, kündigte Psaki an. Der diplomatische Boykott sei nur ein Teil des Engagements für die Region. Auf die Frage, warum die Regierung nicht einen kompletten Boykott vollziehe, antwortete Psaki: “Ich glaube nicht, dass es der richtige Schritt ist, Sportler zu bestrafen.”
China reagierte noch am Montag auf die Entscheidung Bidens. Die Botschaft in Washington nannte sie einen “politischen Winkelzug” ohne jeden Einfluss auf den Erfolg der Spiele. “Es wurde ohnehin keine Einladung an US-Politiker ausgesprochen, deshalb ist dieser sogenannte diplomatische Boykott null und nichtig”, so ein Botschaftssprecher in einer E-Mail an die Nachrichtenagentur Reuters. Es handele sich um eine “Verzerrung des olympischen Geistes”.
Zuvor hatte Peking den USA zuvor für den Fall eines Olympia-Boykotts mit einem Bruch von Handelsbeziehungen gedroht. Die Regierung in Peking werde dann “Gegenmaßnahmen” ergreifen, erklärte das chinesische Außenministerium am Montag vor der US-Entscheidung. “Wenn die USA darauf bestehen, absichtlich an ihrem Kurs festzuhalten, wird China entschlossen gegensteuern”, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Diejenigen, die zu einem Fernbleiben aufriefen, sollten damit aufhören, “um den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen China und den USA in wichtigen Bereichen nicht zu beeinträchtigen”.
Die USA hatten das Internationale Olympische Komitee (IOC) dazu aufgefordert, die Olympischen Winterspiele im Februar 2022 wegen Missachtung von Menschenrechten in China zu verschieben. Auch in weiteren Staaten gab es bisher Aufrufe, die Spiele zu boykottieren. Litauen hatte bereits angedeutet, keine Offiziellen entsenden zu wollen. Der Schritt wäre angesichts der derzeitigen Spannungen jedoch auch nur wenig überraschend.
Auch die künftige deutsche Außenministerin zeigte sich einem diplomatischen Olympia-Boykott gegenüber China.Table nicht abgeneigt (China.Table). Annalena Baerbock hatte zudem angekündigt, ihre Politik stärker mit traditionellen Verbündeten wie den USA oder den EU-Nachbarn koordinieren zu wollen. Am Montag bekräftigte Baerbock noch einmal ihre Haltung, Deutschland im Systemwettbewerb mit China zu sehen und daraus Konsequenzen ziehen zu wollen. “Neben Kooperation sind wir aber auch Wettbewerber, wenn wir uns die zentralen wirtschaftspolitischen Themen unserer Zeit anschauen”, sagte die Grünen-Politikerin bei einem Parteitreffen zum Koalitionsvertrag. Sie befürworte eine gemeinsame EU-Politik gegenüber China. ari/rtr/fin
Der chinesische Immobilienentwickler Evergrande steht laut Insidern vor einer Umstrukturierung seiner Schulden. Dabei würden auch die Offshore-Anleihen und privaten Schuldverpflichtungen einbezogen, berichtete Bloomberg mit Bezug auf Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind. Die Umstrukturierung wäre demnach eine der größten in der Geschichte Chinas.
Am vergangenen Freitag hatte Evergrande erstmals die Notwendigkeit einer Umstrukturierung seiner Auslandsschulden eingeräumt. In einer kurzen Börsenmitteilung blieben jedoch viele Details unklar, so Bloomberg. Der Immobilienkonzern hat Auslandsschulden in Höhe von 19,2 Milliarden US-Dollar ausstehen, zeigen Daten des Finanzdienstleisters.
“Evergrande hat versucht, Vermögenswerte zu verkaufen, um seine Schulden zurückzuzahlen, aber die Erklärung vom Freitag besagt im Grunde, dass das Unternehmen ‘kapitulieren’ wird und Hilfe braucht”, sagte Conita Hung, Direktorin für Anlagestrategie bei Tiger Faith Asset Management gegenüber Reuters. “Das ist ein sehr schlechtes Zeichen.”
Gestern endeten zudem die Zahlungsfristen für zwei Dollar-Anleihen. Am Ende der asiatischen Geschäftszeit erklärten zwei Anleihegläubiger, dass sie von Evergrande noch keine Zahlungen erhalten hätten. Evergrande hatte seine Anleihen in den letzten Wochen häufig erst kurz vor Ablauf von Zahlungsfristen bedient. Alle warten darauf, ob es dieses Mal wirklich zum Totalausfall komme, gibt Reuters einen Finanzanalysten wieder. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe gab es darüber noch keine endgültige Klarheit.
Evergrande hat gestern zudem einen “Ausschuss zum Risikomanagement” eingerichtet, wie Reuters berichtet. Dem Ausschuss gehören staatliche Beamte an. Er soll eine wichtige Rolle bei der “Abschwächung und Beseitigung künftiger Risiken” spielen. Analysten sagten gegenüber Reuters, die konzertierten Bemühungen der Behörden deuteten darauf hin, dass Evergrande wahrscheinlich bereits in einen geordneten Umschuldungsprozess eingetreten sei. Chinas Zentralbank versicherte, das Ansteckungsrisiko sei kontrollierbar. nib
Die Europäische Union hat ihre Sanktionen gegen vier chinesische Beamte und eine Organisation wegen Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang verlängert. Die Strafmaßnahmen gelten nun bis Ende Dezember 2022, wie der EU-Rat am Montag mitteilte. Die EU hatte sich im März auf die Sanktionen verständigt, Peking reagierte seinerseits mit Strafmaßnahmen. Seither liegt das Investitionsabkommen CAI auf Eis.
Die EU-Sanktionen treffen Zhu Hailun, den ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden der KPCh in Xinjiang, sowie Wang Junzheng, Parteisekretär des Xinjiang Produktions- und Aufbaukorps (Xinjiang Production and Construction Corps. XPCC), einer wirtschaftlichen und paramilitärischen Organisationseinheit in Xinjiang, die der Zentralregierung in Peking unterstellt ist. Laut EU ist sie auch für die Verwaltung von Haftzentren zuständig.
Die Strafmaßnahmen richten sich außerdem gegen Wang Mingshan, Mitglied des Ständigen Ausschusses der KPCh Xinjiang und Chen Mingguo, Direktor des Xinjiang Public Security Bureau (PSB), der regionalen Sicherheitsbehörde in der Provinz. Das zu XPCC gehörige PSB ist zudem separat als Organisation mit auf der Sanktionsliste.
Für die Betroffenen gilt ein Einreiseverbot für die EU, außerdem werden ihre Vermögen eingefroren. Zudem dürfen sie keine finanziellen Mittel oder wirtschaftliche Unterstützung aus der Europäischen Union von Organisationen oder Einzelpersonen bekommen. ari
China treibt den Ausbau der Erneuerbaren Energien in den Wüsten des Landes voran. Nur wenige Monate nachdem Xi Jinping ein massives Wüstenprojekt mit einer Kapazität von bis zu 200 Gigawatt vorgestellt hat (China.Table berichtete), wird nun die zweite Phase des Ausbaus eingeleitet. Die Nationale Energiebehörde Chinas hat die Provinzen aufgerufen, bis Mitte Dezember Einzelvorhaben einzureichen, wie Bloomberg berichtet. Demnach muss jedes Einzelprojekt eine Kapazität von mindestens einem Gigawatt haben. Der Bau der Wind- und Solarkraftwerke soll 2022 beginnen und 2023 abgeschlossen sein. Der Netzanschluss könne jedoch auch erst 2024 vollendet werden.
Die Kraftwerke sollen in der Nähe von bestehenden Stromleitungen errichtet werden, sodass nur ein geringer Teil des Stroms verloren geht. Auch sollen die Kraftwerke in der Nähe von Kohle- und Gaskraftwerken entstehen, die bei sogenannten Dunkelflauten, wenn keine Sonne scheint und es windstill ist, als Ersatz fungieren sollen, wie Bloomberg berichtet. Wie auch andere Staaten steht China aufgrund des Klimaschutzes vor einem weitreichenden Umbau seines Energiesystems. Die hohe Abhängigkeit vom Kohlestrom und Sorgen um die Energiesicherheit stellen das Land vor große Herausforderungen (China.Table berichtete). nib
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat zwei chinesische Hersteller von Corona-Impfstoffen um die Freigabe ihrer Impfpatente gebeten, wie South China Morning Post berichtete. “Wir befinden uns in Kontakt mit den beiden großen Herstellern, deren Impfstoffe eine WHO-Freigabe erhalten haben”, sagte Erika Dueñas Loayza, Leiterin des Referats für geistiges Eigentum in der WHO-Abteilung für den Zugang zu Arzneimitteln und Gesundheitsprodukten. Ziel sei es, den Zugang von Ländern des globalen Südens zu Impfstoffen zu verbessern. Bisher seien in den afrikanischen Staaten lediglich 7,3 Prozent der Bevölkerung vollständig gegen Corona geimpft.
Die Impfstoffe von Sinovac und Sinopharm sind von der WHO für den Notfalleinsatz zugelassen. Neben den beiden Unternehmen habe die WHO auch die chinesische Vertretung in Genf kontaktiert. Allerdings betonte Dueñas Loayza, dass es sich nicht um eine kostenlose Freigabe handeln würde. “Es wäre eine Freigabe im Austausch für Lizenzgebühren”, sagte Dueñas Loayza.
Die WHO würde als Plattform agieren und potenzielle Impfstoffhersteller ausmachen, die in der Lage sind, den Impfstoff der chinesischen Unternehmen zu produzieren. Die Weltgesundheitsorganisation könne dabei helfen, die Produktion zu beschleunigen und die Impfstoffe schnell in die Länder des globalen Südens zu bringen.
Laut Dueñas Loayza sind Sinopharm und Sinovac jedoch eher an bilateralen Vereinbarungen mit einzelnen Ländern interessiert. Das indische Unternehmen Bharat Biotech hätte seine Technologien für Covid-Impfstoffe der WHO-Plattform zur Verfügung gestellt. Man hoffe, dass die chinesischen Anbieter nachziehen würden. Auch westliche Pharma-Unternehmen wie Pfizer, Moderna, Johnson & Johnson und AstraZeneca haben der WHO bei der Freigabe der Patente bisher die kalte Schulter gezeigt, so die SCMP. nib
China will mit der Fusion von fünf Unternehmen zu einem staatlichen Logistikkonzern Lieferketten-Probleme besser in den Griff bekommen. Der neue Konzern namens China Logistics Group solle internationale Handelsverbindungen und Frachtdienstleistungen entwickeln und so die globalen Lieferketten organisieren, berichtete der Staatssender CCTV am Montag.
Zusammengeführt worden seien China Railway Materials, China National Materials Storage and Transportation Group, die Shenzhen-Tochter der Huamao International Freight Ltd, China Logistics und die China National Packaging Corporation. Zudem werden sich China Eastern Airlines, COSCO Shipping und China Merchants Group als strategische Partner beteiligen.
Die Corona-Pandemie sorgt seit Monaten für Unterbrechungen und Engpässen bei den globalen Lieferketten (China.Table berichtete). Der neue staatliche Logistikriese ist dem Sender CCTV zufolge in 30 chinesischen Provinzen und allen fünf Kontinenten aktiv. rtr
Eine Umfrage der American Society for Quality zeigte, dass die größte Hürde, mit der Einkäufer bei der Verbesserung der Lieferkettenqualität konfrontiert sind, darin besteht, “mit Lieferanten zusammenzuarbeiten, um die Leistung zu verbessern”. Das war 2016, und wir glauben, dass sich sehr wenig geändert hat.
Viele Unternehmen haben verschiedene Ansätze ausprobiert, um ihre wichtigsten Lieferanten zu verbessern. Das ist besonders schwierig, wenn diese Unternehmen umsteigen müssen, um ein sogenanntes “Zero Defect”-, also “Null-Fehler”-Ziel, zu verfolgen, und ihre Lieferanten sich weigern, auch nur den ersten Schritt zu tun.
Zero Defect ist ein Qualitätsziel, das sich auf die Verbesserung der Fertigungssysteme bis zu dem Punkt bezieht, an dem null oder fast keine Fehler an die Käufer geliefert werden. Es ist eine Möglichkeit, nicht nur die Käufer zufriedenzustellen, sondern auch alle verschwendeten Aktivitäten und Materialien zu beseitigen, die mit einer fehlerhaften Herstellung verbunden sind. Zero Defect kann letztendlich zu einer Denkweise werden, bei der die gesamte Organisation keine Form von schlechter Qualität duldet.
Basierend auf unserer Erfahrung, unsere Kunden durch Transformationsprojekte zu führen, finden Sie hier unsere praktischen Ratschläge. Es beginnt damit, dass der Käufer entschlossen handelt. Wenn Berater beteiligt sind, teilen wir auch einige gute Praktiken.
Wenn der Käufer keinen Einfluss auf den Lieferanten hat und wenn der Käufer nicht bereit ist, konsequente Entscheidungen zu treffen, ist der Wechsel zu Null-Fehler-Bedingungen nicht wahrscheinlich. Lassen Sie uns dies näher erläutern.
Wir sollten erwähnen, dass es eine wichtige Voraussetzung gibt. Als Käufer möchten Sie, dass Ihr Lieferant Ihren Qualitätsstandard klar versteht, und Sie mit Ihrer Bewertung seiner Produktqualität einverstanden sind. Ohne diese Voraussetzung konzentrieren sich die Teams des Lieferanten auf Unterschiede in der Einschätzung dessen, was ein Defekt ist, anstatt an Verbesserungen zu arbeiten.
Wir haben beobachtet, dass Einkäufer mehrere Ansätze verfolgen, die erfolgreich waren, um wichtige Lieferanten davon zu überzeugen, ein Qualitätsverbesserungs-Programm zu starten und letztendlich zu einer Null-Fehler-Denkweise überzugehen.
Hier sind Beispiele für Ansätze, die funktioniert haben.
Machen Sie dem Lieferanten bewusst, dass er Ihr Geschäft zu verlieren droht:
Machen Sie die Situation für den Lieferanten ungemütlich:
Es gibt Möglichkeiten, den Erfolg dieser Ansätze wahrscheinlicher zu machen:
Wenn Sie sich entscheiden, Berater einzubeziehen, kann die Beherzigung einiger “Best Practices” ein großes Stück weiterhelfen.
Der leitende Berater sollte ein Management-Meeting in der Fabrik arrangieren, um sein Team vorzustellen und zu erklären, wie er der Fabrik helfen kann, ihre Ziele zu erreichen.
Gute Vorbereitung und gute Kommunikation sind sehr wichtig:
Vielen Unternehmen fehlt das Selbstbewusstsein, um einige ihrer wichtigsten Lieferanten wirklich nachdrücklich zu pushen. Das ist verständlich und nachvollziehbar.
Ein guter Anfang ist es, direkt mit Ihren wichtigsten Lieferanten zu kommunizieren und einen Ansprechpartner zu finden, der motiviert ist – zum Beispiel ist sich das Top-Management bewusst, dass Änderungen erforderlich sind, und sie haben viel zusätzliches Geschäft zu gewinnen, wenn sich ihre Leistung verbessert.
Sobald ein Projekt mit einem Lieferanten positive Ergebnisse gezeigt hat, haben Sie mehr Vertrauen, Ihre anderen Lieferanten stärker zu pushen. Und wenn Sie Erfahrung bei der Umsetzung betrieblicher Veränderungen in einem Teil Ihrer Lieferantenbasis sammeln, werden Sie besser darin sein, die richtigen Kandidaten auszuwählen und sie davon zu überzeugen, den gewünschten Weg zu gehen.
Toby Xu wird ab dem 1. April Chief Financial Officer von Alibaba. Er folgt auf Maggie Wu, wie das Unternehmen mitteilt. Wu wird Alibaba treu bleiben und als Executive Director im Vorstand des Internetriesen tätig sein.
Jiang Fan wird Leiter eines neu geschaffenen Digital-Commerce-Teams von Alibaba. Er wird in dem Bereich für die internationalen Märkte zu ständig sein. Trudy Dai wird den gleichen Posten für den heimischen Markt übernehmen.
Zur Einweihung der mehr als 1.000 Kilometer langen Zugstrecke von Kunming, der Hauptstadt in der südwestchinesischen Provinz Yunnan, nach Laos gab es statt Champagner Blumenkränze. Nun wurde der letzte Abschnitt zwischen dem chinesisch-laotischen Grenzort Boten und Vientiane, der Hauptstadt von Laos, in Betrieb genommen. Das Projekt, das im Rahmen der “Belt and Road”-Initiative entstanden ist, hat 5,9 Milliarden US-Dollar gekostet (China.Table berichtete).
die USA eskalieren ihren schwelenden Konflikt mit China. Sie haben angekündigt, keine Regierungsvertreter zu den Olympischen Spielen nach Peking zu schicken. Damit sendet Präsident Joe Biden eine deutlich unfreundliche Botschaft. Auf diesen diplomatischen Boykott muss China entsprechend reagieren, schließlich hat Xi Jinping seine Person und sein Land als stark und durchsetzungsfähig stilisiert. Es wird also nicht bei dieser Ankündigung in Bezug auf ein Sportereignis bleiben. Weitere Störungen im Welthandel sind jetzt absolut möglich.
Die neue Außenministerin Annalena Baerbock erhält damit eine Steilvorlage für ihre eigene, menschenrechtsorientierte Außenpolitik. Sie hat angekündigt, die Lage in Xinjiang nicht zu ignorieren und sich um transatlantische Abstimmung zu bemühen. Wenn Deutschland den USA tatsächlich in den Boykott folgt, wäre der Effekt allerdings nicht noch einmal so heftig wie jetzt. China könnte das mit dem schlechten Einfluss der USA erklären und die Beziehungen vorerst weiterführen. Denn China braucht Verbündete. Ganz klar ist jetzt aber: Die Zeit der heftigen geopolitischen Konflikte hat nicht zusammen mit der Ära Trump geendet.
Wie sehr sich die Einstellung zu China in den vergangenen Jahren gewandelt hat, zeigt auch der Rückblick auf die Geschichte der WTO-Mitgliedschaft des Landes. “Wandel durch Handel” lautete ein beliebter Glaubenssatz der Optimisten Anfang der 2000er-Jahre. Wenn “der Westen” China in die internationale Handelsordnung einbeziehe und die Im- und Exporte stiegen, werde China schon bald die internationalen Spielregeln einhalten und sich zu einer Marktwirtschaft entwickeln. So der Gedanke. In der Rückschau wirkt das reichlich naiv. Zum 20. Jubiläum des Beitritts Chinas zur Welthandelsorganisation (WTO) ist die Bilanz durchwachsen, berichtet Felix Lee. Zwar wuchs der globale Handel, doch im Westen gingen viele Industriearbeitsplätze verloren – in den USA verödeten ganze Landstriche. Umgekehrt sind viele Segmente des chinesischen Marktes für Ausländer weiterhin verschlossen.
Wie heftig die resultierenden Konflikte sind, zeigt sich auch in der Gegenreaktion der USA gegenüber chinesischen Firmen. Washington schließt mehr und mehr von ihnen vom eigenen Finanzmarkt aus und hat nun eine Verschärfung der Aufsicht angekündigt. Wie das ins Gesamtbild der Auseinandersetzungen passt, analysiert Ning Wang.
Viele neue Erkenntnisse wünscht
An diese Rede wird Bill Clinton sicherlich nicht gern erinnert. Es war im März 1999. Vor beiden Häusern des US-Kongresses warb der damalige US-Präsident für den Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation (WTO). Die Welt werde nicht mehr die gleiche sein, versprach er. Das bevölkerungsreichste Land der Welt würde seine Märkte öffnen. Und die US-Amerikaner mit ihrem Weizen und Mais, den Hollywood-Filmen, Fords und GMs sind ganz vorne dabei. Mit mehr Freihandel würde es zudem ein freieres China geben, gab sich Clinton zuversichtlich. Doch es kam anders.
In diesen Tagen jährt sich Chinas Beitritt zur WTO zum 20. Mal. Das kommunistische Regime regiert weiter mit harter Hand. Für die USA und auch andere Industrieländer hat sich das Versprechen eines neuen Absatzmarktes zwar erfüllt. Aber China hat weit mehr profitiert. Heute werden mehr als 80 Prozent der weltweit verkauften Kühlschränke in der Volksrepublik hergestellt, 70 Prozent aller Mobiltelefone und jedes zweite Paar Schuhe. War die Handelsbilanz zwischen China und den USA 2003 noch weitgehend ausgeglichen, verzeichnen vor allem die USA im Handel mit China Jahr für Jahr neue Rekorddefizite. Und es sind längst nicht nur Billigprodukte, mit denen China die Welt überschwemmt. Laptops, Flachbildschirme, Drohnen, Elektroautos – allein 2020 hat China weltweit mehr als eine halbe Billion US-Dollar mehr aus- als eingeführt.
“Ja, Chinas WTO-Beitritt war erwartungsgemäß ein Erfolg”, sagt Pascal Lamy. Er war zwischen 1999 und 2004 EU-Handelskommissar und ab 2005 als WTO-Generaldirektor auch nach Chinas Beitritt an den Verhandlungen mit der chinesischen Führung maßgeblich beteiligt. “Die Weltwirtschaft wurde von der Leine gelassen, sagte er am Freitag auf einem Webinar des Berliner China-Thinktanks Merics zum Thema: “Chinas 20. WTO-Jubiläum – Anlass zum Feiern?” China importierte kräftig und modernisierte seine Wirtschaft, schildert Lamy. Verbraucher anderswo profitierten von niedrigeren Preisen, weil China mit einem riesigen Arbeitsheer günstig und in großen Mengen zu produzieren wusste. Für Lamy ist klar: “Ein Gewinn.”
Tatsächlich hatte China zur Jahrtausendwende vor allem zwei Vorteile: Geringe Arbeits- und Umweltschutzbestimmungen und ein riesiges Heer an Arbeitskräften, das bereit war, zu Löhnen zu schuften, die im Westen undenkbar waren. Zugleich schrumpfte die Erde, weil der Transport der Waren kaum noch etwas kostete und das Internet die entferntesten Standorte miteinander verband. Chinas Exporte schossen in die Höhe, ebenso der Lebensstandard. Lebte vor dem WTO-Beitritt noch jeder vierte Chinese unter der Armutsgrenze, sind es heute weniger als zehn Prozent. Ein Drittel der Bevölkerung kann sich ein eigenes Auto leisten, Eigentumswohnung und Weltreisen. Von diesem neuen Wohlstand profitierten auch ausländische Unternehmen. Doch in den Industrieländern selbst schaffte Chinas Beitritt auch viele Verlierer. Insbesondere in den USA, gingen genau jene Industriearbeitsplätze verloren, die sich in China entwickelten.
Aus deutscher Sicht fällt die Bilanz durchwachsen aus. Deutschland selbst ist Exportnation und hat von Chinas Einbindung in den Weltmarkt unter den OECD-Ländern mit am meisten profitiert. EU-Handelskammer-Chef Jörg Wuttke, der für den Chemieriesen BASF seit 2017 Geschäftsführender Generalbevollmächtigter in China ist, schildert beim Merics-Webinar aus Peking zugeschaltet: “Als ich kam, machte BASF in China etwa weniger als zwei Milliarden US-Dollar Umsatz. Jetzt sind wir bei über elf Milliarden. Und wir haben ein 10-Milliarden-Dollar-Projekt im Bau.” Ohne Chinas Beitritt zur WTO wäre all das nicht möglich gewesen.
Dennoch haben sich gewisse Erwartungen auch aus Sicht der deutschen Wirtschaft nicht erfüllt: Als “Katalysator für weitreichende Strukturreformen” sollte die Einbindung wirken und “freies unternehmerisches Handeln in China fördern”, schreibt der Industrieverband BDI in einem jüngst erschienenem Papier. “Diese Hoffnungen wurden weitestgehend enttäuscht.” Worüber sich der BDI vor allem ärgert: Spätestens seit 2016 sollte China als Marktwirtschaft behandelt werden und nicht mehr die Vorteile genießen, die Entwicklungsländern im internationalen Handel zugestanden werden. Das sahen die Beitrittsregelungen explizit vor.
So sehr die WTO-Aufnahme Chinas Wirtschaft beflügelte – frei ist sie bis heute nicht. Vielmehr versteht es China, seine Märkte nur so weit zu öffnen, wie es dem Land Vorteile bringt. Auch die EU-Handelskammer beklagt regelmäßig, dass ausländische Unternehmen in China konsequent benachteiligt werden. “Die weitverbreitete Erwartung, dass sich das Land tatsächlich in eine offene und hauptsächlich marktbasierte Volkswirtschaft entwickelt, wurde nicht erfüllt”, schreibt denn auch der BDI in seinem Papier.
“Die chinesische Regierung versteht es, die Spielräume der WTO-Regeln für sich zu nutzen und tut oft nur das Minimum, um Verpflichtungen nachzukommen.” Außerdem nehme die chinesische Regierung ebenfalls anders als zugesagt, “übermäßig Einfluss auf die Wirtschaftsaktivitäten” etwa durch Preiskontrollen, Beihilfen und Justizbeeinflussung. 99 der 100 größten börsennotierten Unternehmen in China seien weiter mehrheitlich in Staatshand. Auch das sei anders vereinbart gewesen, beschwert sich der BDI.
Die auf dem Merics-Webinar ebenfalls zugeschaltete ehemalige stellvertretende US-Handelsbeauftragte für China, Audrey Winter, versucht aus den gemachten Erfahrungen dennoch Positives zu ziehen. “Wir haben in dieser Zeit viel über China und sein System und seine Schnittstellen zu unseren Systemen gelernt.” Das sei wichtig zu wissen, denn bei Handelsverhandlungen stecke der Teufel immer im Detail. Und weitere Verhandlungen stünden ja an. Eine aus ihrer Sicht wichtige Lektion: “Wir haben gelernt, dass China gar nicht beabsichtigt, eine echte Marktwirtschaft zu werden.”
Es sind Steueroasen wie die Cayman Islands, die chinesische Unternehmen nutzen, um ihre wahren Strukturen zu verschleiern. Sie gründen dort Variable Interest Entity (VIE)-Gesellschaften, um im Ausland an die Börsen zu gehen. Alibaba, Baidu, Didi, Tencent – fast alle großen chinesische Technologie-Unternehmen, die an den US-Börsen gelistet sind, greifen zu diesem Konstrukt. Das Ziel? Pekings Beschränkungen zu umgehen, die es erschweren, dass ausländische Investoren in chinesische Tech-Firmen investieren.
Denn eigentlich ist es ausländischen Investoren verboten, sich am Technologiesektor der Volksrepublik zu beteiligen. Peking will in diesem Sektor die Nase vorn haben, um seinen Einfluss weltweit zu vergrößern. Doch durch VIE-Konstrukte werden Investitionen durch Ausländer möglich (China.Table berichtete).
Die Behörden in Peking hatten bei den Technologie-Unternehmen lange weggeschaut, wenn sie Kapital an den US-Börsen eingesammelt haben. Laut Berechnungen von Bloomberg haben 34 chinesische Unternehmen in den ersten sieben Monaten dieses Jahres durch IPOs an den US-Börsen rund 13 Milliarden US-Dollar von Investoren erhalten. Dabei gibt es seit 2018 Bestrebungen, dass chinesische Unternehmen Aktien an den Börsen in Hongkong oder in China platzieren sollen statt im Ausland.
Für Aufruhr sorgte Mitte vergangener Woche die Nachricht, dass die KP ihren Techunternehmen den Börsengang im Ausland komplett untersagen will. Dem widersprach die Pekinger Börsenaufsicht CSRC umgehend und stellte die Meldung schlicht als “Fake News” dar. Auffällig ist, dass die US-Börsenaufsicht einen Tag nach der chinesischen Ankündigung bekannt gab, künftig ausländische Aktiengesellschaften, die in den Vereinigten Staaten notiert sind, von der Börse nehmen zu können, wenn ihre Wirtschaftsprüfer den Auskunftsersuchen der US-Regulierungsbehörden nicht nachkommen.
SEC-Chef Gary Gensler begründete den Schritt damit, dass China und Hongkong nicht mit der US-Bilanzaufsicht Public Company Accounting Oversight Board PCAOB zusammenarbeiten und Inspektionen verweigern. Peking argumentiert, bei einer Zusammenarbeit mit der Bilanzaufsicht drohten sensible Daten chinesischer Unternehmen an ausländische Regierungen oder Wettbewerber zu gelangen.
Die chinesische Börsenaufsicht sah sich noch am Sonntag genötigt, eine eigene Erklärung auf ihrer Webseite zu veröffentlichen. Sie ist als Reaktion auf Medienberichte zu verstehen, dass China plane, Unternehmen den Börsengang an ausländische Aktienmärkte durch Variable Interest Entities (VIEs) zu verbieten.
Die chinesische Börsenaufsicht kritisiert die USA darin: Obwohl “effektive Wege der Zusammenarbeit durch Pilotinspektionen” zustande gekommen seien, hätten “einige Kräfte in der US-Politik die Kapitalmarktregulierung in den letzten Jahren politisiert, um die in den USA notierten chinesischen Unternehmen grundlos zu unterdrücken und zum Delisting zu zwingen”.
Seit Monaten erhitzt das Problem um die VIEs die Gemüter bei den ausländischen Investoren, die in chinesische Unternehmen wie Alibaba, Tencent, Didi oder Baidu investiert haben. Sie fühlen sich betrogen. Denn VIEs sind eigentlich nur Unternehmenshüllen, die keinen Wert haben.
“Diese Briefkastenfirmen (…) beschaffen Kapital an US-Börsen, aber sie übertragen nicht das Eigentum von der Betreibergesellschaft an amerikanische Investoren”, schrieb US-Börsenaufsicht-Chef Gary Gensler im September in einem Leitartikel im Wall Street Journal. Die Anleger sind nicht geschützt und halten auch keine Anteile an den Firmen in China. Immerhin hatte die SEC vor einiger Zeit reagiert und im September die Hürden für chinesische Börsengänge in den USA erhöht. Erst wenn neue Offenlegungspflichten in Kraft getreten sind, die es den Anlegern erlauben, die Risiken der VIE-Strukturen zu erkennen, sollen chinesische Unternehmen für Börsengänge in den USA zugelassen werden.
Nach dem Bilanzskandal der chinesischen Kaffeehauskette Luckin 2020, die an der US-Technologiebörse Nasdaq gelistet war, hatte der ehemalige US-Präsident Donald Trump die Offenlegungspflichten für börsennotierte Unternehmen aus dem Ausland noch verschärft. Vor dem Hintergrund des Handelsstreits, den Trump mit der Volksrepublik führte, zielen die Offenlegungspflichten vor allem auf chinesische Unternehmen ab.
Allerdings gilt bis zur Umsetzung der neuen Regulierung eine drei Jahre lange Übergangsfrist, weshalb Experten den Zahlen von chinesischen Unternehmen nach wie vor nicht trauen.
Für Pekings schnelles Umdenken bei ausländischen Listings ist auch der Fahrdienstanbieter Didi verantwortlich. Das Unternehmen hatte noch im Juni sein Börsendebüt in New York entgegen der Bedenken der chinesischen Behörden durchgedrückt (China.Table berichtete). Seitdem wird gegen Didi wegen Datenmissbrauch ermittelt und zuletzt hatte Peking angekündigt, Teile des Unternehmens unter staatliche Kontrolle bringen zu wollen.
Am Donnerstag vergangener Woche kündigte Didi Chuxing an, sich von der Wall Street zurückziehen zu wollen (China.Table berichtete). Stattdessen wolle man bis März ein Börsendebüt in Hongkong voranbringen. “Chinesische Hinterlegungsscheine (ADS) werden mit steigenden regulatorischen Herausforderungen von US-amerikanischen wie auch chinesischen Behörden konfrontiert”, sagte Fondsmanager Wang Qi von MegaTrust Investment. Er ist der Meinung, dass ein Delisting alles einfacher mache.”
Didi hatte bei seinem IPO an der Wall Street 4,4 Milliarden US-Dollar eingesammelt. Das war der zweitgrößte Börsengang eines chinesischen Konzerns in den USA seit der Neuemission des E-Commerce-Giganten Alibaba im Jahr 2014. Doch seitdem sind Didi-Titel in den USA um 44 Prozent gefallen.
Peking maßregelt bereits seit mehr als einem Jahr seine Technologieunternehmen. Ihnen wird Monopolmissbrauch, Nichteinhaltung von Arbeitnehmerschutzregeln, aber auch schlechter Einfluss auf die Jugendlichen im Land und Verstößen gegen Verbraucherrechte vorgeworfen. Firmen wie Didi mussten nicht nur Strafgelder bezahlen, sondern auch schmerzliche Wertverluste hinnehmen. So ist Didis Börsenwert um 42 Milliarden US-Dollar eingebrochen, nachdem die Cyberaufsichtsbehörde der App verboten hatte neue Nutzer zu registrieren.
Doch Didis erzwungener Abgang von der New York Börse steht nur als Beispiel für viele andere Unternehmen, die noch folgen werden. Und es geht Peking vor allem um die Daten, die diese Unternehmen in den Boomjahren von ihren Nutzern gesammelt haben. Bereits im Juli teilte die Cyberspace-Behörde CAC mit, dass jedes Unternehmen, das einen Börsengang im Ausland plane und mehr als eine Million Nutzer habe, eine Genehmigung beantragen müsse.
Washingtons neuster Schritt spielt Peking dabei in die Hände – denn nun kann die Regierung die Maßnahmen unter dem Vorwand des Datenschutzes begründen und sich zudem als Kämpfer für eine “gesündere und nachhaltigere Entwicklung der Plattformökonomie” darstellen.
Die USA werden keine diplomatischen oder offiziellen Vertreter zu den Olympischen Winterspielen in Peking schicken. Washington verzichtet auf die Entsendung einer diplomatischen Delegation “angesichts des anhaltenden Völkermords und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Xinjiang”, erklärte die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, am Montag. Die Sportlerinnen und Sportler nehmen aber wie geplant an den Spielen teil, betonte Psaki. “Wir werden die Athleten von zu Hause aus unterstützen”, so die Sprecherin. Angesichts der Lage in Xinjiang könne jedoch nicht “business as usual” stattfinden.
Die USA werden auch künftig auf die Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang hinweisen, kündigte Psaki an. Der diplomatische Boykott sei nur ein Teil des Engagements für die Region. Auf die Frage, warum die Regierung nicht einen kompletten Boykott vollziehe, antwortete Psaki: “Ich glaube nicht, dass es der richtige Schritt ist, Sportler zu bestrafen.”
China reagierte noch am Montag auf die Entscheidung Bidens. Die Botschaft in Washington nannte sie einen “politischen Winkelzug” ohne jeden Einfluss auf den Erfolg der Spiele. “Es wurde ohnehin keine Einladung an US-Politiker ausgesprochen, deshalb ist dieser sogenannte diplomatische Boykott null und nichtig”, so ein Botschaftssprecher in einer E-Mail an die Nachrichtenagentur Reuters. Es handele sich um eine “Verzerrung des olympischen Geistes”.
Zuvor hatte Peking den USA zuvor für den Fall eines Olympia-Boykotts mit einem Bruch von Handelsbeziehungen gedroht. Die Regierung in Peking werde dann “Gegenmaßnahmen” ergreifen, erklärte das chinesische Außenministerium am Montag vor der US-Entscheidung. “Wenn die USA darauf bestehen, absichtlich an ihrem Kurs festzuhalten, wird China entschlossen gegensteuern”, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Diejenigen, die zu einem Fernbleiben aufriefen, sollten damit aufhören, “um den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen China und den USA in wichtigen Bereichen nicht zu beeinträchtigen”.
Die USA hatten das Internationale Olympische Komitee (IOC) dazu aufgefordert, die Olympischen Winterspiele im Februar 2022 wegen Missachtung von Menschenrechten in China zu verschieben. Auch in weiteren Staaten gab es bisher Aufrufe, die Spiele zu boykottieren. Litauen hatte bereits angedeutet, keine Offiziellen entsenden zu wollen. Der Schritt wäre angesichts der derzeitigen Spannungen jedoch auch nur wenig überraschend.
Auch die künftige deutsche Außenministerin zeigte sich einem diplomatischen Olympia-Boykott gegenüber China.Table nicht abgeneigt (China.Table). Annalena Baerbock hatte zudem angekündigt, ihre Politik stärker mit traditionellen Verbündeten wie den USA oder den EU-Nachbarn koordinieren zu wollen. Am Montag bekräftigte Baerbock noch einmal ihre Haltung, Deutschland im Systemwettbewerb mit China zu sehen und daraus Konsequenzen ziehen zu wollen. “Neben Kooperation sind wir aber auch Wettbewerber, wenn wir uns die zentralen wirtschaftspolitischen Themen unserer Zeit anschauen”, sagte die Grünen-Politikerin bei einem Parteitreffen zum Koalitionsvertrag. Sie befürworte eine gemeinsame EU-Politik gegenüber China. ari/rtr/fin
Der chinesische Immobilienentwickler Evergrande steht laut Insidern vor einer Umstrukturierung seiner Schulden. Dabei würden auch die Offshore-Anleihen und privaten Schuldverpflichtungen einbezogen, berichtete Bloomberg mit Bezug auf Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind. Die Umstrukturierung wäre demnach eine der größten in der Geschichte Chinas.
Am vergangenen Freitag hatte Evergrande erstmals die Notwendigkeit einer Umstrukturierung seiner Auslandsschulden eingeräumt. In einer kurzen Börsenmitteilung blieben jedoch viele Details unklar, so Bloomberg. Der Immobilienkonzern hat Auslandsschulden in Höhe von 19,2 Milliarden US-Dollar ausstehen, zeigen Daten des Finanzdienstleisters.
“Evergrande hat versucht, Vermögenswerte zu verkaufen, um seine Schulden zurückzuzahlen, aber die Erklärung vom Freitag besagt im Grunde, dass das Unternehmen ‘kapitulieren’ wird und Hilfe braucht”, sagte Conita Hung, Direktorin für Anlagestrategie bei Tiger Faith Asset Management gegenüber Reuters. “Das ist ein sehr schlechtes Zeichen.”
Gestern endeten zudem die Zahlungsfristen für zwei Dollar-Anleihen. Am Ende der asiatischen Geschäftszeit erklärten zwei Anleihegläubiger, dass sie von Evergrande noch keine Zahlungen erhalten hätten. Evergrande hatte seine Anleihen in den letzten Wochen häufig erst kurz vor Ablauf von Zahlungsfristen bedient. Alle warten darauf, ob es dieses Mal wirklich zum Totalausfall komme, gibt Reuters einen Finanzanalysten wieder. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe gab es darüber noch keine endgültige Klarheit.
Evergrande hat gestern zudem einen “Ausschuss zum Risikomanagement” eingerichtet, wie Reuters berichtet. Dem Ausschuss gehören staatliche Beamte an. Er soll eine wichtige Rolle bei der “Abschwächung und Beseitigung künftiger Risiken” spielen. Analysten sagten gegenüber Reuters, die konzertierten Bemühungen der Behörden deuteten darauf hin, dass Evergrande wahrscheinlich bereits in einen geordneten Umschuldungsprozess eingetreten sei. Chinas Zentralbank versicherte, das Ansteckungsrisiko sei kontrollierbar. nib
Die Europäische Union hat ihre Sanktionen gegen vier chinesische Beamte und eine Organisation wegen Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang verlängert. Die Strafmaßnahmen gelten nun bis Ende Dezember 2022, wie der EU-Rat am Montag mitteilte. Die EU hatte sich im März auf die Sanktionen verständigt, Peking reagierte seinerseits mit Strafmaßnahmen. Seither liegt das Investitionsabkommen CAI auf Eis.
Die EU-Sanktionen treffen Zhu Hailun, den ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden der KPCh in Xinjiang, sowie Wang Junzheng, Parteisekretär des Xinjiang Produktions- und Aufbaukorps (Xinjiang Production and Construction Corps. XPCC), einer wirtschaftlichen und paramilitärischen Organisationseinheit in Xinjiang, die der Zentralregierung in Peking unterstellt ist. Laut EU ist sie auch für die Verwaltung von Haftzentren zuständig.
Die Strafmaßnahmen richten sich außerdem gegen Wang Mingshan, Mitglied des Ständigen Ausschusses der KPCh Xinjiang und Chen Mingguo, Direktor des Xinjiang Public Security Bureau (PSB), der regionalen Sicherheitsbehörde in der Provinz. Das zu XPCC gehörige PSB ist zudem separat als Organisation mit auf der Sanktionsliste.
Für die Betroffenen gilt ein Einreiseverbot für die EU, außerdem werden ihre Vermögen eingefroren. Zudem dürfen sie keine finanziellen Mittel oder wirtschaftliche Unterstützung aus der Europäischen Union von Organisationen oder Einzelpersonen bekommen. ari
China treibt den Ausbau der Erneuerbaren Energien in den Wüsten des Landes voran. Nur wenige Monate nachdem Xi Jinping ein massives Wüstenprojekt mit einer Kapazität von bis zu 200 Gigawatt vorgestellt hat (China.Table berichtete), wird nun die zweite Phase des Ausbaus eingeleitet. Die Nationale Energiebehörde Chinas hat die Provinzen aufgerufen, bis Mitte Dezember Einzelvorhaben einzureichen, wie Bloomberg berichtet. Demnach muss jedes Einzelprojekt eine Kapazität von mindestens einem Gigawatt haben. Der Bau der Wind- und Solarkraftwerke soll 2022 beginnen und 2023 abgeschlossen sein. Der Netzanschluss könne jedoch auch erst 2024 vollendet werden.
Die Kraftwerke sollen in der Nähe von bestehenden Stromleitungen errichtet werden, sodass nur ein geringer Teil des Stroms verloren geht. Auch sollen die Kraftwerke in der Nähe von Kohle- und Gaskraftwerken entstehen, die bei sogenannten Dunkelflauten, wenn keine Sonne scheint und es windstill ist, als Ersatz fungieren sollen, wie Bloomberg berichtet. Wie auch andere Staaten steht China aufgrund des Klimaschutzes vor einem weitreichenden Umbau seines Energiesystems. Die hohe Abhängigkeit vom Kohlestrom und Sorgen um die Energiesicherheit stellen das Land vor große Herausforderungen (China.Table berichtete). nib
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat zwei chinesische Hersteller von Corona-Impfstoffen um die Freigabe ihrer Impfpatente gebeten, wie South China Morning Post berichtete. “Wir befinden uns in Kontakt mit den beiden großen Herstellern, deren Impfstoffe eine WHO-Freigabe erhalten haben”, sagte Erika Dueñas Loayza, Leiterin des Referats für geistiges Eigentum in der WHO-Abteilung für den Zugang zu Arzneimitteln und Gesundheitsprodukten. Ziel sei es, den Zugang von Ländern des globalen Südens zu Impfstoffen zu verbessern. Bisher seien in den afrikanischen Staaten lediglich 7,3 Prozent der Bevölkerung vollständig gegen Corona geimpft.
Die Impfstoffe von Sinovac und Sinopharm sind von der WHO für den Notfalleinsatz zugelassen. Neben den beiden Unternehmen habe die WHO auch die chinesische Vertretung in Genf kontaktiert. Allerdings betonte Dueñas Loayza, dass es sich nicht um eine kostenlose Freigabe handeln würde. “Es wäre eine Freigabe im Austausch für Lizenzgebühren”, sagte Dueñas Loayza.
Die WHO würde als Plattform agieren und potenzielle Impfstoffhersteller ausmachen, die in der Lage sind, den Impfstoff der chinesischen Unternehmen zu produzieren. Die Weltgesundheitsorganisation könne dabei helfen, die Produktion zu beschleunigen und die Impfstoffe schnell in die Länder des globalen Südens zu bringen.
Laut Dueñas Loayza sind Sinopharm und Sinovac jedoch eher an bilateralen Vereinbarungen mit einzelnen Ländern interessiert. Das indische Unternehmen Bharat Biotech hätte seine Technologien für Covid-Impfstoffe der WHO-Plattform zur Verfügung gestellt. Man hoffe, dass die chinesischen Anbieter nachziehen würden. Auch westliche Pharma-Unternehmen wie Pfizer, Moderna, Johnson & Johnson und AstraZeneca haben der WHO bei der Freigabe der Patente bisher die kalte Schulter gezeigt, so die SCMP. nib
China will mit der Fusion von fünf Unternehmen zu einem staatlichen Logistikkonzern Lieferketten-Probleme besser in den Griff bekommen. Der neue Konzern namens China Logistics Group solle internationale Handelsverbindungen und Frachtdienstleistungen entwickeln und so die globalen Lieferketten organisieren, berichtete der Staatssender CCTV am Montag.
Zusammengeführt worden seien China Railway Materials, China National Materials Storage and Transportation Group, die Shenzhen-Tochter der Huamao International Freight Ltd, China Logistics und die China National Packaging Corporation. Zudem werden sich China Eastern Airlines, COSCO Shipping und China Merchants Group als strategische Partner beteiligen.
Die Corona-Pandemie sorgt seit Monaten für Unterbrechungen und Engpässen bei den globalen Lieferketten (China.Table berichtete). Der neue staatliche Logistikriese ist dem Sender CCTV zufolge in 30 chinesischen Provinzen und allen fünf Kontinenten aktiv. rtr
Eine Umfrage der American Society for Quality zeigte, dass die größte Hürde, mit der Einkäufer bei der Verbesserung der Lieferkettenqualität konfrontiert sind, darin besteht, “mit Lieferanten zusammenzuarbeiten, um die Leistung zu verbessern”. Das war 2016, und wir glauben, dass sich sehr wenig geändert hat.
Viele Unternehmen haben verschiedene Ansätze ausprobiert, um ihre wichtigsten Lieferanten zu verbessern. Das ist besonders schwierig, wenn diese Unternehmen umsteigen müssen, um ein sogenanntes “Zero Defect”-, also “Null-Fehler”-Ziel, zu verfolgen, und ihre Lieferanten sich weigern, auch nur den ersten Schritt zu tun.
Zero Defect ist ein Qualitätsziel, das sich auf die Verbesserung der Fertigungssysteme bis zu dem Punkt bezieht, an dem null oder fast keine Fehler an die Käufer geliefert werden. Es ist eine Möglichkeit, nicht nur die Käufer zufriedenzustellen, sondern auch alle verschwendeten Aktivitäten und Materialien zu beseitigen, die mit einer fehlerhaften Herstellung verbunden sind. Zero Defect kann letztendlich zu einer Denkweise werden, bei der die gesamte Organisation keine Form von schlechter Qualität duldet.
Basierend auf unserer Erfahrung, unsere Kunden durch Transformationsprojekte zu führen, finden Sie hier unsere praktischen Ratschläge. Es beginnt damit, dass der Käufer entschlossen handelt. Wenn Berater beteiligt sind, teilen wir auch einige gute Praktiken.
Wenn der Käufer keinen Einfluss auf den Lieferanten hat und wenn der Käufer nicht bereit ist, konsequente Entscheidungen zu treffen, ist der Wechsel zu Null-Fehler-Bedingungen nicht wahrscheinlich. Lassen Sie uns dies näher erläutern.
Wir sollten erwähnen, dass es eine wichtige Voraussetzung gibt. Als Käufer möchten Sie, dass Ihr Lieferant Ihren Qualitätsstandard klar versteht, und Sie mit Ihrer Bewertung seiner Produktqualität einverstanden sind. Ohne diese Voraussetzung konzentrieren sich die Teams des Lieferanten auf Unterschiede in der Einschätzung dessen, was ein Defekt ist, anstatt an Verbesserungen zu arbeiten.
Wir haben beobachtet, dass Einkäufer mehrere Ansätze verfolgen, die erfolgreich waren, um wichtige Lieferanten davon zu überzeugen, ein Qualitätsverbesserungs-Programm zu starten und letztendlich zu einer Null-Fehler-Denkweise überzugehen.
Hier sind Beispiele für Ansätze, die funktioniert haben.
Machen Sie dem Lieferanten bewusst, dass er Ihr Geschäft zu verlieren droht:
Machen Sie die Situation für den Lieferanten ungemütlich:
Es gibt Möglichkeiten, den Erfolg dieser Ansätze wahrscheinlicher zu machen:
Wenn Sie sich entscheiden, Berater einzubeziehen, kann die Beherzigung einiger “Best Practices” ein großes Stück weiterhelfen.
Der leitende Berater sollte ein Management-Meeting in der Fabrik arrangieren, um sein Team vorzustellen und zu erklären, wie er der Fabrik helfen kann, ihre Ziele zu erreichen.
Gute Vorbereitung und gute Kommunikation sind sehr wichtig:
Vielen Unternehmen fehlt das Selbstbewusstsein, um einige ihrer wichtigsten Lieferanten wirklich nachdrücklich zu pushen. Das ist verständlich und nachvollziehbar.
Ein guter Anfang ist es, direkt mit Ihren wichtigsten Lieferanten zu kommunizieren und einen Ansprechpartner zu finden, der motiviert ist – zum Beispiel ist sich das Top-Management bewusst, dass Änderungen erforderlich sind, und sie haben viel zusätzliches Geschäft zu gewinnen, wenn sich ihre Leistung verbessert.
Sobald ein Projekt mit einem Lieferanten positive Ergebnisse gezeigt hat, haben Sie mehr Vertrauen, Ihre anderen Lieferanten stärker zu pushen. Und wenn Sie Erfahrung bei der Umsetzung betrieblicher Veränderungen in einem Teil Ihrer Lieferantenbasis sammeln, werden Sie besser darin sein, die richtigen Kandidaten auszuwählen und sie davon zu überzeugen, den gewünschten Weg zu gehen.
Toby Xu wird ab dem 1. April Chief Financial Officer von Alibaba. Er folgt auf Maggie Wu, wie das Unternehmen mitteilt. Wu wird Alibaba treu bleiben und als Executive Director im Vorstand des Internetriesen tätig sein.
Jiang Fan wird Leiter eines neu geschaffenen Digital-Commerce-Teams von Alibaba. Er wird in dem Bereich für die internationalen Märkte zu ständig sein. Trudy Dai wird den gleichen Posten für den heimischen Markt übernehmen.
Zur Einweihung der mehr als 1.000 Kilometer langen Zugstrecke von Kunming, der Hauptstadt in der südwestchinesischen Provinz Yunnan, nach Laos gab es statt Champagner Blumenkränze. Nun wurde der letzte Abschnitt zwischen dem chinesisch-laotischen Grenzort Boten und Vientiane, der Hauptstadt von Laos, in Betrieb genommen. Das Projekt, das im Rahmen der “Belt and Road”-Initiative entstanden ist, hat 5,9 Milliarden US-Dollar gekostet (China.Table berichtete).