Union-Investment-Analyst und Mediziner Markus Manns sieht den Leverkusener Chemie- und Saatgutkonzern Bayer durch das jüngste Glyphosat-Urteil in den USA belastet. „Solche Urteile sind leider eine Folge der Prozessstrategie von Bayer. Das Unternehmen versucht möglichst viele Prozesse zu gewinnen und sich im Vorfeld mit riskanteren Klagen zu vergleichen. Dabei muss man damit rechnen, dass dies nicht immer funktioniert“, sagt Manns dem CEO.Table. Bayer ist Ende der vergangenen Woche von einem Gericht im US-Bundestaat Georgia dazu verurteilt worden, einem Kläger 2,1 Milliarden Dollar Schadensersatz zu zahlen. Der hatte geklagt, weil er durch den glyphosathaltigen Unkrautvernichter Roundup an Krebs erkrankt sein soll.
Trotz der Urteile und Vergleiche gegen den Konzern sieht Manns in der Aufarbeitung durch Bayer-CEO Bill Anderson Erfolge für die Leverkusener: „Anderson hat relativ schnell die Probleme beim Namen genannt, auf die schwierige Lage von Bayer hingewiesen und nicht um die Probleme herumgeredet.“ Allerdings, so der Analyst weiter, seien weitergehende Maßnahmen nötig, um das Vertrauen der Aktionäre vollständig zurückzugewinnen. „Da erwarten wir natürlich noch deutliche Verbesserungen, gerade im Hinblick auf das operative Ergebnis und den Schuldenabbau“, betont Manns. Eine Einigung mit allen Klägern mache nur dann Sinn, wenn zukünftige Klagen vermieden werden können. Dies hält Manns für problematisch, solange Bayer Glyphosat weiterhin verkauft oder der Supreme Court nicht in Bayers Sinne entscheidet.
In den USA sind über 170.000 Klagen gegen Bayer eingereicht worden. In vielen Fällen hat der Konzern einen Vergleich gesucht. Für die Prozesskosten stellte Bayer 5,4 Milliarden Euro Rückstellungen ein. Nach Angaben des Unternehmens, wurde in vergangenen Urteilen die endgültig festgesetzten Zahlungen um 90 Prozent verringert. Die Prozesswelle ist durch die 63 Milliarden US-Dollar schwere Übernahme des US-Saatgutherstellers Monsanto – der das glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel vertrieben hat – 2018 ins Rollen gekommen. Deniz Karaaslan