Executive Summary
Erscheinungsdatum: 28. März 2025

Pharmaindustrie fürchtet Trumps Zölle

Ein Handelskrieg zwischen den USA und der EU wird nach den von Donald Trump verhängten Zöllen auf importierte Autos, leichte Nutzfahrzeuge und Kfz-Zulieferteile immer wahrscheinlicher. Zwar reagiert die Europäische Union noch verhalten und zeigt sich laut EU-Präsidentin Ursula von der Leyen nach wie vor gesprächsbereit. Doch werden harte Gegenmaßnahmen von Brüssel für Waren aus Übersee erwartet, da der US-Präsident bereits in der Nacht zum 3. April den „Liberation Day“ mit der Inkraftsetzung und weiteren hohen Zöllen angekündigt hat. Schwere Folgen könnte dies in Deutschland für die Pharmabranche haben, die neben der bereits betroffenen Autoindustrie, dem Maschinen- und Anlagenbau sowie der Elektro-, Stahl- und Aluminiumindustrie zu den Schlüsselindustrien des Landes zählt.

Laut dem Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) sind hohe Zölle für die Branche ein schwerer Schlag. „Zölle auf Arzneimittel wären ein massiver Rückschritt für die transatlantische Zusammenarbeit – und ein Risiko für die Gesundheitsversorgung auf beiden Seiten. Sie verteuern lebenswichtige Therapien, gefährden Lieferketten und treffen eine Branche, die global vernetzt und auf stabile Rahmenbedingungen angewiesen ist“, sagte vfa-Präsident Han Steutel dem CEO.Table. Das Volumen deutscher Pharma-Exporte in die USA summiert sich auf 17 Milliarden US-Dollar im Jahr.

Die USA sind der wichtigste Exportmarkt für die deutsche Pharmaindustrie. Rund 23 Prozent aller pharmazeutischen Ausfuhren aus Deutschland gehen in die Vereinigten Staaten. An mehr als 160 Standorten wird bundesweit für den Export in die USA produziert. Diese enge wirtschaftliche Verflechtung macht den US-Markt nach Angaben des vfa nicht nur für den Absatz, sondern auch für Investitionen, Forschung und die Beschäftigung in Deutschland hochrelevant. Handelshemmnisse wie Zölle würden diese Strukturen direkt unter Druck setzen und langfristig die Wettbewerbsfähigkeit des Pharma-Standorts Deutschland gefährden. „Mit solchen Maßnahmen werden nicht nur wirtschaftliche Schäden, sondern – viel schlimmer – eine verlässliche Arzneimittelversorgung riskiert“, sagte Steutel.

In Brüssel und in Deutschland wird nun darüber nachgedacht, wie am wirkungsvollsten auf die Welle der Wirtschaftsattacken Trumps reagiert werden kann, um die volkswirtschaftlichen Schäden möglichst zu begrenzen. Der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura, verweist darauf, dass der US-Präsident den Handelskonflikt einseitig auf Grundlage falscher Behauptungen ausgelöst habe und die EU dieses regelwidrige Verhalten nicht unbeantwortet lassen könne. „Lasst uns cool bleiben. Weil die Weltwirtschaft so gewaltig miteinander verflochten ist, kann Donald Trump seine Zollpolitik auf Dauer nicht durchhalten. Die EU muss hart mit Gegenzöllen reagieren und dann zum Verhandlungstisch bitten. Nur diese Sprache versteht Trump“, sagte Andreas Herrmann, Direktor am Institut für Mobilität der Universität St. Gallen. Und die Präsidentin der deutschen Seehäfenbetriebe und CEO des Hamburger Netzwerk-Logistik-Konzerns HHL, Angela Titzrath, verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Zölle „süßes Gift“ für den Welthandel seien. Sie würden einen Schutz für die heimische Wirtschaft versprechen, seien aber ein hochgiftiger Cocktail für alle Beteiligten.

„In einem Zollkonflikt oder gar Handelskrieg gibt es keine Gewinner“, sagte Commerzbank-Vorstandsvorsitzende Bettina Orlopp dem CEO.Table. Am Ende würden alle verlieren, ob durch höhere Preise, niedrigere Nachfrage, Auswirkungen auf die gesamte Lieferkette oder Wohlstandsverluste. „Insofern hoffe ich, dass es zeitnah gelingen wird, den sich abzeichnenden Konflikt zu deeskalieren und eine Lösung am Verhandlungstisch zu finden“, sagte Orlopp weiter. Den Beteiligten müsse bewusst sein, dass nicht nur die Einführung, sondern schon die Androhung von Zöllen negative Auswirkungen für die Wirtschaft mit sich bringt, da sie die ohnehin hohe Unsicherheit bei den Unternehmen zusätzlich erhöhe. „Vor diesem Hintergrund müssen wir auf langfristig tragfähige Kompromisse hinarbeiten, die der hohen Bedeutung der transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen gerecht werden“, sagte Orlopp.

Noch sind die Folgen des US-Protektionismus verkraftbar. Nach Einschätzungen führender Wirtschaftsforschungsinstitute halten sich die Auswirkungen der Zölle auf die Autoindustrie für Deutschland noch in Grenzen, obwohl knapp 22 Prozent der gesamten deutschen US-Exporte auf die Branche entfallen. Das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) rechnet hierzulande mit einem Wachstumsrückgang von höchstens 0,2 Prozent. Für die USA haben die Schleswig-Holsteiner und Gabriel Felbermayr, Direktor des Österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung (WIFO), ausgerechnet, dass in Übersee die bisher verhängten Zölle einen Inflationsschub von circa einem Prozentpunkt zur Folge hätten (siehe CEO.Economics).

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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