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Herr Barth, sind deutsche Verbraucher kritischer gegenüber Schulden?

Buy-Now-Pay-Later boomt in Deutschland. Riverty-CEO Andreas Barth erklärt, warum die digitale Variante des Rechnungskaufs auch in der Kaufkraftkrise wächst – und welche Rolle Transparenz spielt.

12. Dezember 2025
Andreas Barth, Riverty-CEO.

Die Weihnachtstage stehen vor der Tür. Steigt nun insbesondere der Bedarf an Buy-Now-Pay-Later-Zahlungsmethoden?

In der Zeit vor Weihnachten – dem sogenannten „golden quarter“ im E-Commerce – sehen wir tatsächlich eine verstärkte Nutzung flexibler Zahlarten. Die Zahlart BNPL beziehungsweise Kauf auf Rechnung ist eine konsumentenfreundliche und flexible Art zu bezahlen und bedeutet, dass Kundinnen und Kunden keine Zahlung vor der finalen Kaufentscheidung leisten müssen.

Gerade online spielt das eine große Rolle: Menschen wollen Produkte ansehen, ausprobieren und am Ende nur das bezahlen, was sie behalten möchten. Dieses Prinzip ist nicht neu – Kauf auf Rechnung ist seit den 1950er-Jahren in Deutschland etabliert und eine vom Verbraucher geschätzte Zahlart. BNPL ist im Kern eine digitale Weiterentwicklung dieser bekannten und bewährten Praxis. Entscheidend ist, dass sie verantwortungsvoll gestaltet ist – mit klaren Informationen und transparenter Übersicht.

Schuldnerberatungen und Verbände warnen jedoch davor, vorschnell auf die Buy-Now-Pay-Later-Option zu klicken. Kann dies beim Black-Friday-Shopping zu einer Schuldenspirale für Verbraucher führen?

Wichtig ist, dass BNPL verantwortungsbewusst eingesetzt und von Anbietern entsprechend gestaltet wird. Kauf auf Rechnung ist seit Jahrzehnten eine etablierte, konsumentenfreundliche Zahlart, gerade weil sie keine Zahlung vor der finalen Entscheidung erfordert. Damit schafft sie Flexibilität – insbesondere in Situationen, in denen Kundinnen und Kunden Produkte zunächst prüfen oder mehrere Varianten bestellen.

Damit diese Flexibilität sinnvoll genutzt wird, setzen wir auf transparente Konditionen, klare Hinweise und sorgfältige Prozesse, die sicherstellen, dass Zahlungen tragfähig bleiben. Unser Anspruch ist es, Menschen eine verständliche und planbare Zahlart anzubieten – nicht, sie zu zusätzlichen Ausgaben zu motivieren. Deshalb unterstützen wir Regulierungen wie CCD2, die hohe Standards bei Information, Klarheit und Sorgfalt festlegen.

Deutschland erlebt gedämpftes Wirtschaftswachstum, Inflation und sinkende Konsumausgaben. Warum nimmt Buy-Now-Pay-Later gerade in einer Kaufkraftkrise zu? Ist das eher ein Krisen-Boom als ein Innovations-Boom?

Die Entwicklung zeigt, dass BNPL vor allem deshalb wächst, weil es zu modernen Konsumgewohnheiten passt. Viele Menschen möchten ihre Liquidität flexibel organisieren und gleichzeitig die Möglichkeit haben, Produkte erst zu prüfen, bevor sie bezahlen. Im digitalen Umfeld gewinnt es an zusätzlicher Relevanz.

Gleichzeitig hat die Branche in den vergangenen Jahren stark innoviert: digitale Prozesse, einfache Abläufe und transparente Informationen machen BNPL zu einer zeitgemäßen Ergänzung klassischer Zahlungsarten. Daher sehen wir keinen kurzfristigen Kriseneffekt, sondern die Weiterentwicklung eines seit Langem bewährten Bezahlkonzepts, das im Alltag vieler Menschen gut funktioniert.

Der BNPL-Zahlungsmarkt in Deutschland wird 2025 ein Volumen von 69,55 Milliarden US-Dollar erreichen und wächst jährlich um circa zwölf Prozent. Wie bewerten Sie Deutschlands BNPL-Position im Vergleich zu den USA, China und anderen europäischen Ländern?

Ich glaube, dass Deutschland im Vergleich zu den USA, einem traditionell starken Kreditkartenmarkt, deutlich anders positioniert ist. In den USA haben viele Menschen mehrere Kreditkarten in ihrem Portfolio und profitieren von Bonusprogrammen und ähnlichen Anreizen. China hingegen ist geprägt durch Super-Apps, die Zahlungsarten nach dem One-App-Fits-All-Ansatz integrieren.

Deutschland ist traditionell ein Markt, der auf Rechnungskauf fokussiert ist. Dieser Trend wird zusätzlich dadurch unterstützt, dass Deutsche generell kritischer sind, wenn es um Datenschutz und die Herausgabe persönlicher Informationen geht.

Sind deutsche Verbraucher auch kritischer gegenüber Schulden und Zinsen?

Ich würde sagen, dass deutsche Verbraucher sehr sensibel gegenüber Zinsen und den Kosten des Zahlungsverkehrs sind. Deswegen bieten wir verschiedene Zahlungsmöglichkeiten an, um diese Bedenken zu adressieren. Ich denke, Transparenz ist hier der Schlüssel. Im Rahmen des Kaufs muss der Verbraucher genau sehen, welche Zahlart er wählt und welche Verpflichtungen und Kosten daraus entstehen. Das ist auch etwas, auf das die neue CCD2-Richtlinie abzielt, was ich persönlich sehr begrüße.

Deutschland hat eine lange Geschichte des Rechnungskaufs. Ist Ratenkauf daher in Deutschland noch eher eine Nische?

Ich glaube, man sieht zunehmend, dass Menschen die Vorteile von Ratenkäufen nutzen. Sie ermöglichen es, den Konsumwunsch jetzt zu erfüllen und die Rückzahlung flexibel nach persönlicher Finanzplanung zu gestalten. Das wird bereits vermehrt genutzt. Das ist ein wichtiger Unterschied zu klassischen Konsumentenkrediten, die ich offline beantrage und bei denen ich relativ viel administrativen Aufwand habe. Hier sehen wir einen wachsenden Markt.

Welche Branchen zeigen in Deutschland die stärkste Nachfrage nach BNPL?

Das ist in Deutschland bedingt durch die Struktur der Zahlart, insbesondere im Fashion- und Logistik-Sektor. Bei diesen Branchen probieren Kunden in der Regel mehrere Produkte an und haben relativ hohe Return-Raten. Das Interesse besteht darin, den Ausprobierprozess und den Rücksendeprozess aus Kundensicht möglichst einfach zu gestalten. Wir sehen aber auch wachsende Nachfrage bei hochwertigeren Einkäufen wie Elektronik, Reisen oder größeren Anschaffungen.

Traditionell ist das BNPL-Modell auf feste Laufzeiten beschränkt, etwa 30 oder 14 Tage. Es gibt mittlerweile aber zahlreiche Varianten, bei denen Konsumenten selbst entscheiden können, in welchem Zeitraum sie das Produkt tatsächlich bezahlen möchten.

Andreas Barth ist seit Juni 2024 Chief Executive Officer (CEO) der Riverty, der Fintech-Tochter des Bertelsmann-Konzerns.

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Letzte Aktualisierung: 12. Dezember 2025