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Erscheinungsdatum: 13. Mai 2025

Bildung und KI: So gelingt der digitale Umbruch

KI ist gelebte Realität in deutschen Klassenzimmern. Zu viel aber wird dem Zufall überlassen, finden unsere beiden Gastautoren Benno Schulz und Gerhard Seiler. Was für eine erfolgreiche Integration nötig ist.

Von Benno Schulz und Gerhard Seiler

Künstliche Intelligenz im Klassenzimmer ist heute keine Zukunftsvision mehr, sondern gelebte Realität. Jede zweite Lehrkraft nutzt bereits KI-Tools wie ChatGPT und DeepL, um Unterricht zu planen, Aufgaben zu erstellen oder Lerninhalte individuell anzupassen.

Mit der Wirkmacht von KI allein sinkt aber weder die Relevanz von Lehrkräften, noch lösen sich traditionelle Curricula in Nullen und Einsen auf. Allenfalls eröffnen sich mit KI Chancen, administrative Routinen zu automatisieren und den Blick auf das zu richten, was im Bildungsalltag am wichtigsten ist: die pädagogische Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden.

Zehn Thesen sollten die Bildungsakteure leiten, um KI erfolgreich in die Schulen zu integrieren:

1. Wir sollten mutig sein, ohne uns blenden zu lassen.

2. KI-Kompetenzen sind nicht optional, Fortbildungen ein Muss.

3. Kritisches Denken und digitale Demokratiebildung müssen zu zentralen Fähigkeiten werden.

4. KI soll Lehrkräfte nicht ersetzen.

5. Ohne Infrastruktur ist alles nichts.

6. Der Digitalpakt II muss zügig kommen.

7. Die Politik muss einen transparenten rechtlichen Rahmen schaffen – für Nutzer und Anbieter.

8. Autonomie ist wichtig, aber unter fairen Bedingungen.

9. Der europäische Bildungsraum muss mit Leben gefüllt werden.

10. Wir brauchen eine KI-Taskforce und gezielte Innovationsförderung.

Während die Debatte über Integration von KI in den Schulalltag in vollem Gange ist, sind vielerorts noch immer nicht die Grundbedingungen der Digitalisierung vorhanden. So klagen laut einer aktuellen Umfrage der Vodafone-Stiftung rund 42 Prozent der Schülerinnen und Schüler über eine mangelhafte Internetverbindung an ihren Schulen, 48 Prozent besitzen nach eigenen Angaben nicht die nötigen digitalen Geräte, um KI-Anwendungen überhaupt nutzen zu können.

Auch die Unterschiede der Geschwindigkeiten in den rechtlichen Regelungen der Länder sind beachtlich : Während fünf Länder ihren Lehrkräften eine landeseigene, datenschutzkonforme Landeslizenz für ein KI-Tool zur Verfügung stellen, müssen sich Schulen in anderen Ländern ihre Lizenzen einzeln beschaffen. Der rechtliche Rahmen ist zum Teil nicht klar definiert. So entstehen Unsicherheiten und Grauzonen.

Die Haltung, KI-Anwendungen werden sich schon irgendwie zu digitalen Selbstläufern entwickeln, darf nicht um sich greifen. Die Anwendungen müssen in die pädagogische Expertise integriert werden. Lehrkräfte brauchen systematische Fortbildungen und verpflichtende Module in der Lehramtsausbildung, um KI nicht nur zu bedienen, sondern auch kritisch zu hinterfragen und didaktisch einzusetzen.

Wer versteht, wie große Sprachmodelle funktionieren, kann deren Ergebnisse beurteilen, Verzerrungen erkennen und – auf der anderen Seite – die Vorteile von KI-Anwendungen gezielt für binnendifferenzierte Lernangebote nutzen. Nur so wird aus dem Hype ein nachhaltiger Gewinn: adaptive Lernpfade, automatisierte Rückkopplungen und inklusive Sprachanpassung etwa für Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf.

Die Qualität von Prüfungsformaten steht mit der dynamischen Entwicklungen der KI-Anwendungen ebenfalls auf dem Prüfstand. Wenn Schülerinnen und Schüler ihre Arbeiten mit KI-Unterstützung verfassen, muss überlegt werden, welche Leistungsnachweise noch zeitgemäß sind. Die Kultusministerkonferenz (heute BMK) forderte daher im vergangenen Jahr richtigerweise neue Prüfungsformate, die Zukunftskompetenzen wie kritisches Denken, Kreativität und Koaktivität von Mensch und Maschine abbilden. Leistungsmessung darf nicht an Algorithmen delegiert, sondern muss in einen ethisch reflektierten und transparenten Rahmen gestellt werden.

Bildung muss dabei immer auch politisch verstanden werden. KI im Schulalltag wird nicht von allein Erfolg haben, sondern erfordert vorausschauende Weichenstellungen seitens der Entscheidungsträger. Dies erfordert mindestens eine mutige, länderübergreifende Kooperation. Bestenfalls wird die Chance zur Vertiefung eines europäischen Bildungsbinnenmarktes ergriffen.

Überdies braucht es rechtliche Vorgaben und die Einbindung aller Akteure – von Ministerien über Schulträger bis zu den Lehrkräften (und den Lernenden) vor Ort. Jetzt besteht die Chance, aus KI einen Motor für mehr Chancengerechtigkeit, Effizienz und pädagogische Qualität zu machen. So kann Schule im digitalen Zeitalter nicht nur moderner, sondern auch fairer und wirksamer werden.

Der Text basiert auf einem neuen Policy-Paper der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und des Thinktanks iRights.Lab zu „Bildung und KI“, das Sie hier vorab lesen können.

Benno Schulz ist im Liberalen Institut der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit als Referent für den Bereich Bildung und Wissenschaft zuständig. Zu seinen Kernthemen gehören Wissenschafts- und Hochschulpolitik, Bildungsföderalismus sowie frühkindliche Bildung.

Gerhard Seiler ist Erzieher und Medienpädagoge und im iRights.Lab verantwortlich für den Bereich Strategie und Akquise.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025

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