Table.Briefing: Bildung

Druck auf Microsoft wächst + Leck bei Learnu + ZDF macht Schule

  • Digitalstaatssekretär Stefan Muhle: Microsoft macht unsouverän
  • Lern-App Learnu wie Schweizer Käse
  • Philologen kritisieren Schule der Zukunft
  • ZDF gibt Filme zum Nutzen und Remixen frei
  • Distanzunterricht wieder auf dem Vormarsch
  • Schulleiterin Kopf: Impulse aus dem Twitterlehrerzimmer
  • Didaktik&Tools: Feedback-Box macht’s Lehrern leichter
  • Presseschau
  • Termine
Liebe Leserin, lieber Leser,

und der Datenschutz bewegt sich doch. Jahrelang gab es Ringelpiez darum, ob Datenschützer nur Aufsichtsbehörden sind – oder auch so etwas wie Service-Agenturen. Die also mit White- und Blacklists Schulen Orientierung geben, was datenschutzkonform ist und was eher nicht.

Nun kommt Bewegung in die Sache: zuerst die öffentlich gemachte Liste des Thüringer DSGVO-Wächters. Dann der Crash einer weiteren Schul-App, der die Landesdatenschutzbeauftragte von NRW zwingt, obligatorische Prüfungen zu fordern. Jetzt kommt noch Niedersachsens Digital-Staatssekretär dazu, ein CDU-Mann, der bekennt: “Wenn wir die digitale Souveränität ernst nehmen, dann können wir nicht dauerhaft auf Produkte wie Microsoft setzen.” Und dazu gehört eben auch, solche Produkt auf eine schwarze Liste zu setzen. 

Lesen Sie in dieser Ausgabe, wie sich Staatssekretär Stefan Muhle aus Niedersachsen die Ministerpräsidenten und Microsoft vor die Brust nimmt. Lassen Sie sich von dem Daten-Journalisten Matthias Eberl ins Innenleben der App Learnu führen, die Daten von Hunderttausenden Mitschülern riskierte. Und erfreuen Sie sich daran, dass ein neues Feedback-Tool Lehrer in ein neues Zeitalter beamt: Es erlaubt ihnen, Facharbeiten in Echtzeit zu betreuen. 

Mit herzlichen Grüßen

Ihr
Christian Füller
Bild von Christian  Füller

Analyse

“Wir können nicht auf Microsoft setzen”

Digitalstaatssekretär Muhle sagt: Wir könne nicht auf Microsoft setzen
Stefan Muhle (CDU), Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung

Herr Muhle, will das Land Niedersachsen den Anbieter des Lernmanagementsystems IServ enteignen? 

Natürlich nicht. Der Wirtschaftsminister hat die Firma im Sommer mit fast zwei Millionen Euro unterstützt. IServ ist ein niedersächsisches Startup und gehört bei der Frage, wie wir im digitalen Zeitalter Lerninhalte zur Verfügung stellen, zu den Marktführern in Deutschland. 

Sind die 1,9 Millionen Euro für IServ nicht eher ein Trostpflaster? Das Kultusministerium Ihres Landes bevorzugt die Niedersächsische Bildungscloud (NBC) – die Ihrem Vorzeigeunternehmen IServ den Garaus machen könnte. 

Nein, die Förderung für IServ ist dazu da, dauerhafte Arbeitsplätze zu schaffen. Das Wirtschafts- und damit das Digitalministerium glaubt an diese Firma. Sie wird auch in Zukunft ein wichtiger Faktor an den Schulen in Niedersachsen sein. IServ hat sich genial entwickelt. Außerdem geht es nicht um ein Gegeneinander. Die Niedersächsische Bildungscloud und IServ kooperieren. Über IServ können Schüler und Lehrer unkompliziert auf die NBC zugreifen. 

Warum haben Sie IServ dann nicht zur Landeslösung gemacht, wenn es so genial ist? 

Wenn man auf den Ursprung guckt, dann war die Schulcloud

… das ist der Vorgänger der Niedersächsischen Bildungscloud… 

… ja, diese Schulcloud war zunächst ein Forschungsvorhaben des Bundes. Niedersachsen hat sich zu einem frühen Zeitpunkt intensiv an der inhaltlichen Ausrichtung beteiligt, damit sich das in Richtung der Bedarfe des Landes entwickelt. Gleichzeitig ist es wichtig, im Sinne eines innovativen Entwicklungsgedankens für Bildung zunächst wohlwollend auf Vorhaben zu schauen, um Potenziale zu erkennen. Wir haben übrigens bislang nicht viel für die Schulcloud investiert. Auch in Zukunft werden wir das nicht tun. 

Weil der Bund das für Sie macht – und damit eine gefährliche Konkurrenz erzeugt.

Uns geht es nicht um Konkurrenz, sondern um Kooperation. Wie können die verschiedensten Dienstleister für Schulen bestmöglich zusammenarbeiten? Das ist unsere Aufgabe. Jedenfalls mache ich diese Beobachtung in Schulen. Die Schulleitungen zeigen mir, wie sie die Systeme miteinander in Verbindung bringen. Nirgendwo gibt es ein einheitliches System. Deswegen sind IServ und die Niedersächsischen Bildungscloud auch in engem Austausch.

Verzeihen Sie, dass ich da so hartnäckig bin, Herr Muhle. Aber das ist eine ziemlich riskante Kooperation. IServ hat mit seinen Schnittstellen die staatliche Bildungscloud überhaupt erst  an die Schulen des Landes angestöpselt. Im Gegenzug macht nun der neue Schulcloud-Betreiber Dataport Druck. Auch Kultusminister Tonne tut das. Das bedeutet, IServ hilft erst der Schulcloud auf die Beine – und wird dann hinausgekegelt. 

Das mag aus Ihrer Perspektive so aussehen. Für uns gilt nicht nur Markt vor Staat. Wir müssen auch die unterschiedlichen Ausgangssituationen der Schulen in der Pandemie betrachten. Darauf waren weder IServ noch die NBC vorbereitet, alle Schulen gleich gut und auf Anhieb zu versorgen. 

Die Bildungscloud war nicht nur nicht vorbereitet, es gab sie praktisch nicht.

Das stimmt, dennoch muss man am Ende die Verantwortung des Landes für seine Schulen betonen. Für mich spielt die Frage der digitalen Souveränität genauso wie das Thema der Datenschutzkonformität eine große Rolle. Wir haben in Deutschland 17 Datenschutzbehörden, die gänzlich unterschiedlich mit bestimmten Anwendungen umgehen. Da ist es in meinen Augen schon eine Aufgabe des Staates, allen Einrichtungen Tools zur Verfügung zu stellen, die funktionieren – und datenschutzkonform sind. Es geht also um lösungsorientierte Ansätze und Whitelists, die Schulen in ihrer Arbeit unterstützen und nicht behindern.

Wäre es dann aber nicht besser, den Datenschützern Beine zu machen? 

Wir haben als Wirtschaftsministerium vor über einem Jahr einen Antrag auf den Weg gebracht, beim Datenschutz die Aufsicht in eine Hand zu geben…

… also aus 17 Datenschutz-Behörden eine zu machen?

Ja, genau. Denn es darf nicht mehr eine bayerische und eine saarländische und vielleicht noch eine andere Linie geben, sondern nur eine, die dann aber verlässlich ist. Dafür findet sich aktuell keine Mehrheit. Komplexität ist ein grundsätzliches Problem der Digitalisierung. Wir in Niedersachsen stehen deswegen dafür, den Datenschutz zu vereinheitlichen. Wir wollen, dass die Wettbewerber erfahren, was geht und was nicht geht.

Meinen Sie damit auch das, was Saarlands Regierungschef vorschwebt? Er wollte einen Gipfel der Ministerpräsidenten veranstalten, um per Beschluss Microsoft zu erlauben – obwohl der Datenschutz sich klar dagegen positioniert. 

Ich glaube, das sagt viel über Digitalisierungskompetenz. Wir haben in der deutschen Politik noch nicht verstanden, uns über digitale Souveränität zu unterhalten. 

Wie halten Sie es als Digitalisierungschef des Landes mit großen US-Anbietern wie Microsoft, die gegen die DSGVO verstoßen?

Wenn wir die digitale Souveränität ernst nehmen, dann können wir nicht dauerhaft auf Produkte wie Microsoft setzen. Wir sollten aber zur Kenntnis nehmen, dass sie im Moment in den meisten Unternehmen und in manchen Schulen eine wichtige Rolle spielen. 

Bereiten Sie, wie Schleswig-Holstein, den Ausstieg aus Microsoft vor?

Schrittweise muss das geschehen, ja. Wenn mir mein IT-Dienstleister sagt, wir bleiben bei Microsoft, dann würde ich sagen: “Das ist jetzt aber der letzte Durchgang. Lass uns dafür sorgen, dass wir mit alternativen Anbietern open source bereitstellen und die niedersächsische Verwaltung so datensicher und -souverän machen.”

Noch einmal zur Schulcloud. Als die Cloud 2016 auf einem IT-Gipfel erfunden wurde, da hat man einfach behauptet, es gebe überhaupt noch keine anderen Schulclouds. Man hat sie schlicht übersehen – obwohl Moodle, Mebis, IServ und so weiter längst da waren. 

Ich glaube, das ist insgesamt die größte Herausforderung, dass wir es nicht schaffen, alles auf einer Plattform sichtbar zu machen. Das, was Amazon mit allen möglichen Produkten gelingt, das können wir im Bildungsbereich nicht. In der Verwaltungsdigitalisierung ist das ganz genauso. Besser wäre sicherlich, wenn man ein Portal des Bundes hätte. Ich denke an eine zentrale Maske, hinter der die Schnittstellen alle so gut funktionieren, dass die Systeme ineinander arbeiten. 

Erfüllt die niedersächsische Bildungscloud eine solche Funktion? 

Ich glaube, es muss ein darüber liegendes System sein. Die Leute wollen eine übergreifende Entität haben, wo sie zum Beispiel alles aus einer Hand bekommen. Damit klar ist, alle Lehrer, Eltern und Schüler können sich über ein Portal vernetzen und in alle einzelnen Systeme einloggen. Oder um alle Lehrerfortbildungen, die es im Land gibt, zentral einsehen zu können.

Ich habe kürzlich einen Beamten aus Ihrem Bundesland gefragt, “warum kaufen Sie sich denn jetzt eigentlich Brockhaus-Online, wenn sie gleichzeitig die zentrale Inhalte-Plattform der Länder namens Mundo bezahlen?”

Was hat der Mann Ihnen gesagt?

Er kannte Mundo nicht: “Das höre ich ja zum ersten Mal, wie heißt dieses Portal nochmal?”

Es wäre natürlich ein Manko, wenn jemand in der Landesverwaltung für Bildung Mundo noch nicht kennt. Und ich hielte es für elementar falsch, in der aktuellen Situation eine Entscheidung für eine kommerzielle Lizenz zu treffen. Aber ich verantworte das nicht. 

Sie hatten in Niedersachsen die starke Marke “Molol”, eine Fortbildung für Lehrer, die Strahlkraft in der ganzen Bundesrepublik entwickelt hat. Und plötzlich dreht die Landesverwaltung der “Mobilen Schule Oldenburg” das Licht aus. Was ist da los? 

Dass die Molol letztes Jahr nicht in Präsenz stattfand, das hat letztlich die Pandemie verhindert. 

Keine gute Ausrede für die Landesmedienzentren, die den Erfinder der Molol, Andreas Hofmann, offenbar loswerden wollten… 

… das ist Spekulation, das weiß ich nicht. Für mich steht fest: Andreas Hofmann hat die mobile Schule wunderbar ins Netz transferiert. Und, so viel darf ich sagen, wir als Digitalministerium wollen die Molol so weiter entwickeln, dass sie ein Digital-Hub für die ganze Bundesrepublik wird. Ich glaube nämlich, das ist das beste System von Fortbildung, was wir im Moment sehen. Lehrer für Lehrer, das ist in meinen Augen unschlagbar. 

Organisiert Hofmann auch die Techtide, Ihre Digitalkonferenz Anfang Dezember?

Nein. Founder der Techtide bin ich und veranstaltet wird sie vom niedersächsischen Digitalministerium und der Deutschen Messe AG. Das großartige und vielfältige Programm wird von ehrenamtlichen Digitalenthusiasten aus allen gesellschaftlichen Bereichen in Niedersachsen kuratiert. Mit der Techtide am 1. und 2. Dezember wollen wir nach und nach alle 8 Millionen Niedersachsen erreichen. Wir streamen das ganze Programm von allen Bühnen, für alle ist etwas dabei. Denn: digitale Sensibilität und Kompetenz brauchen wir alle. Und das so schnell wie möglich.

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    Learnu: nächste undichte Schüler-App

    Learnu App Schüler Datenleck

    Als die beiden Schüler an ihrer Hausaufgaben-App arbeiteten, waren sie voller Hoffnung. “Wer kann besser ein Produkt gestalten für Schüler als ein Schüler?” fragte Eldrick Lindner rhetorisch in einem Business-Talk. “Wir haben erkannt, dass wir ein Problem haben in der Schule und wollen das lösen für alle zukünftigen Schüler.” Das war 2019, dann kam im Coronajahr der steile Aufstieg unter die Top-Ten der Schul-Apps – und nun der jähe Absturz. Lindner und sein Mitgründer Oskar Schnee haben die App, auf der Schüler:innen Hausaufgaben tauschen können, vom Server genommen. Sie mussten es, sonst wären Hunderttausende Schülerdaten in Gefahr geraten.

    Gerade erst war die Schüler-App Scoolio geknackt worden. Nun entpuppt sich also auch die Hausaufgaben-App “Learnu” als unsicher programmiert. Wieder war es eine schlampig geschützte Schnittstelle, die Sicherheitsforscher jetzt offen legten. Dahinter lagen die Daten von etwa 400.000 Accounts. Learnu ist ein kleines Startup aus dem Großraum Düsseldorf, das 2020 eine App für die Schule herausbrachte. Ob man Learnu deshalb unter der Kategorie “Lernsoftware” führen sollte, darf man anzweifeln. Die App war dafür da, dass Schülerinnen und Schüler Hausaufgaben untereinander austauschen konnten und dabei sogar (ein wenig) Geld  verdienen konnten. Aber auch die Wirtschaft hatten die Gründer um Auge: “Wir bieten Unternehmen individuelle Platzierungsmöglichkeiten um ihre Produkte der neuen Generation zu präsentieren.”

    Das ist sicher ein interessantes Geschäftsmodell. Auch wenn die App so wohl nicht direkt von Lehrpersonal empfohlen wurde, war sie relativ verbreitet: 400.000, nach anderen Angaben auch 300.000 oder 500.000 Accounts sollen es gewesen sein, die mit vollem Namen, E-Mail-Adresse, Stadt, Schule sowie den Hausaufgabendaten auf dem Server von Learnu lagen.

    Programmierer lassen Hintertür zur App offen stehen

    Diesmal kam das Hackingkollektiv “Zerforschung” um die IT-Sicherheitsepxertin Lilith Wittmann durch eine offengelassene Hintertür an die Daten: Mit einem Dekompilierer übersetzten sie die binären Bestandteile der App in lesbaren Code. Darin fanden sie einen Administrierungszugang zu der Schnittstelle, bei der die App im Normalfall die Daten des eigenen Accounts abfragt. Eine Registrierung als Admin akzeptierte der Server immerhin nicht (dafür Daumen hoch!) – aber er sendete ungewöhnlich umfangreiche Fehlermeldungen zurück. Schnell war klar: Die Programmierleute hatten vergessen, die App aus dem Debug-Modus zu nehmen. Der sollte eigentlich nur während des Entwickelns der Software nutzbar sein. Wenn Programmierer vergessen, das wieder zurückzuschalten, dann ist bei der Software “Tag der offenen Tür“.

    So war es auch bei Learnu: In der Fehlermeldung fand sich der geheime Generalschlüssel für die Kontoauthentifizierung. Jetzt konnte das Sicherheitsteam beliebige, bereits existierende Konten beim Server anmelden und die dazugehörigen Daten aus der Software abrufen. Die Dokumentation der Schnittstelle lag auch auf dem Server und nach einigen weiteren kleinen Hürden war das Sicherheitskollektiv wieder soweit. Sie hätten den Download aller Profile in fünf Stunden umsetzen können.

    Gründer geben App Learnu nach Datenleck sofort auf

    Die Betreiber des Startups haben den Server inzwischen vom Netz genommen. Sie haben damit die ganze App funktionslos gemacht, obwohl diese noch installierbar ist. Ein Interesse, die in den Sand gesetzte Software zu reparieren, gibt es offenbar nicht. Auch wenn die Betreiber der App den Betrieb aus persönlichen Gründen schon länger einstellen wollten: Das Verhalten passt in die Startup-Philosophie, wo man einfach mal was rausballert und schaut, ob es ein großes Ding wird.

    Im vorliegenden Fall hat es wohl nicht geklappt, aber egal, “move fast and break things“, wie es Mark Zuckerberg einst ausdrückte. Ob es auch um diese Startup-Philosophie gehen sollte, als die Learnu-Macher sich vornahmen, auch “anderen Schülern den Weg ins Unternehmertum näherzubringen” ist unklar. Aber vielleicht kann man froh sein, dass Selbsteinsicht das Learnu-Gründungs-Projekt nun überholte – und stoppte.

    NRW-Datenschutzbeauftragte: Pflicht zur Software-Zertifizierung

    Ein Sprecher des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik kennt solche Fälle. Immer wieder werde Software schnell aber unsicher programmiert, sagte er Bildung.Table. So entstünden Software-Schwachstellen, die man eigentlich als Qualitätsmangel betrachten sollte. Mit den Basisgrundsätze einer sicheren Programmierung und einer durchdachten Konzeption (Security by Design) könne man abhelfen. Und weil auch das beste Programmierpersonal mal Fehler macht, sollte auch eine externe Prüfung (“Pentest”) dazugehören.

    Die zuständige Landesdatenschützerin Bettina Gayk sieht mittlerweile auch politischen Handlungsbedarf: Sie forderte eine verpflichtende Zertifizierung von Apps für Kinder und Jugendliche. Zu einer Whitelist, die alle digitalen Produkte für Schulen begutachtet und einordnet, äußerte sich Gayk aber unentschlossen. Die Landesdatenschützerin werde “dem zustimmen oder auch nicht,” sagte ein Sprecher Bildung.Table. Ihre Behörde ist eigentlich jetzt schon dafür zuständig, stichprobenartig Prüfungen vorzunehmen. Sie sollte auch mit Bußgeldern dafür zu sorgen, dass Sicherheit sich am Ende für gewissenhafte Unternehmen auszahlt. Aber wenn ein Startup bei einer Datenpanne nur den Server abschaltet, ein bisschen über seine Fehler kichert und dann das nächste disruptive Venture startet – dann wird sichere Software auch nie ein lohnendes Ziel für ein Startup.

    Für Lehrpersonal oder Eltern hat der Sprecher des BSI den Rat, sich Software genau anzuschauen. Sicherheit sollte ein Verkaufsargument sein, und Eltern wie Schüler sollten Hersteller mit unabhängigen Prüfsiegeln oder Audits sollten bevorzugen. Noch dieses Jahr bringt das BSI ein eigenes Prüfzeichen. Dann ist egal, wie bombastisch die Gründer ihre Ziele beschreiben. “Learnu soll der Ort werden, an dem Schülerinnen und Schüler schnell das relevante Wissen finden,” sagte Oskar Schnee noch im Februar diesen Jahres. “Dafür verbessern wir die Algorithmen stetig.” Das war leider ein falsches Versprechen. Matthias Eberl

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      Mainz: digitale Schule in der Kritik

      Stefanie Hubig verhandelte gerade noch als rheinland-pfälzischer Bildungsministerin für die SPD in den Koalitionsgesprächen in Berlin über die Zukunft der digitalen Bildung. Zu Hause in Mainz gerät ihr eigener Reformprozess über die digitale “Schule der Zukunft” derweil schwer in die Kritik. Der Philologenverband äußerte sich skeptisch über das Vorhaben. “Wir wissen noch nicht, ob es dabei überhaupt um digitale Bildung geht – oder um die Individualisierung des Lernens und die Auflösung der Klassenstrukturen,” sagte die Vorsitzende des Verbandes der Gymnasiallehrer, Cornelia Schwartz, Bildung.Table. Insgesamt 17 Millionen Euro sollen laut Landesregierung in den nächsten Jahren in die pädagogische Transformation der Schulen in Rheinland-Pfalz fließen. Am Ende dieses Prozesses werde es nicht nur eine einzige Leuchtturmschule geben, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Jede Schule könne eigene Schwerpunkte setzen, im Jahr 2022/23 sollen die ersten damit starten. Der Prozess startete am Freitag mit 150 Teilnehmern in Mainz. 

      Im Zuge der Schulreform sollen digitale Schulen auch neue Unterrichtsformate und Lehrinhalte erproben. Die Landesregierung beabsichtigt, diesen Reformprozess partizipativ anzulegen. Nach dem Zukunftskongress würden geeignete Formate der Beteiligung entwickelt. “Das kann ein Runder Tisch sein, das können Arbeitsgruppen zu einzelnen Themen sein,” sagte Bildungsministerin Hubig. “Sobald die ersten Maßnahmen aufgestellt sind, können sich alle Schulen bewerben, sich in einem Pilotprojekt auf diesen Weg zu begeben.”

      Philologen fürchten: Manche Kinder fallen hinten runter

      Schon an der breiten Beteiligung aller Akteure zweifelt der Philologenverband. Die Regierung habe Landeselternbeirat und Landesschülervertretung früh ins Boot geholt, sagte Schwartz. “Dann geht man mit den Ergebnissen an die Presse und erwartet, dass die Lehrkräfte hinterher alles abnicken“. Das ist ein harter Vorwurf – der aber Hubig nicht zum ersten Mal trifft. Auch bei der Gestaltung der Luftfilterpolitik in der Kultusministerkonferenz beschwerte sich eine Reihe von Wissenschaftlern. Die Ministerin habe sie nur pro forma eingebunden und sie hinterher falsch wiedergegeben

      Die Vorsitzende des Philologenverbandes Rheinland-Pfalz, die sich morgen zur Wiederwahl stellt, stört sich an der Verknüpfung von digitalen Lernreformen und Umbauten von Schulen. Schulen und Klassenzimmer sollen zu Lernlandschaften umgebaut werden, befürchtet Schwartz. Tatsächlich hat die Landesregierung die preisgekrönte und viel besuchte Allemannenschule in Wutöschingen zum Vorbild der Reform gemacht, wo es keine Klassenzimmer mehr gibt. “Wenn die Wände erst mal aus einer Schule herausgerissen sind, dann kann man sie nicht wieder einbauen”, sagte die Mathematik- und Englischlehrerin aus Bad Dürkheim.

      Schwartz befürchtet, dass nicht jedes Kind für diese offene Art des Lernens geeignet sei. “Ich habe Angst davor, dass Kinder hinten runterfallen“, so Schwartz. Sie bezeichnete die Allemannenschule als “eine Gesamtschule, die nicht offen für alle ist“. Allerdings kennt Schwartz die Schule nicht von innen. Auch die FAZ blickte kritisch auf die Veranstaltung in Mainz: “Die Schule wurde vor allem als ‘Resilienzzentrum‘, ‘Schonraum’, als ‘Beziehungsraum‘ gepriesen, ‘Reallabore’ und ein ‘Freiday‘ seien nötig, um auf die Herausforderungen der Zukunft und die anstehenden Multigrafien vorzubereiten”, hieß es dort. cif

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        ZDF und Wikimedia machen mit CC-Lizenz Schule

        Screenshot Mediathek des ZDF: Zwei Millionen Klicks im Monat: ZDF-Angebote mit CC-Lizenz und Wikimedia
        Zwei Millionen Klicks im Monat: ZDF-Angebote mit offener Lizenz (Screenshot: ZDF-Mediathek).

        Das ZDF erzielt mit TV-Angeboten unter offener “Jedermannslizenzgroße Reichweiten. Nutzer:innen rufen die Inhalte monatlich zwei Millionen Mal ab – nicht allein im deutschsprachigen Raum. In Kooperation mit Wikimedia soll bald auch die ARD ausgewählte Inhalte unter CC-Lizenz der Öffentlichkeit und Schulen zur Verfügung stellen. Sie erlaubt es Lehrer:innen, die Beiträge kostenlos zu nutzen, gegebenenfalls auch weiterzuverbreiten und zu ändern.

        Bereits 2018 begann das ZDF damit, Beiträge aus der Mediathek unter einer CC-Lizenz (creative commons) in der Wikimedia Commons zu veröffentlichen. Das Besondere an dieser Lizenz ist, dass für Nutzende Rechtssicherheit hinsichtlich der Urheberrechte besteht. Lehrer:innen laufen also nicht Gefahr, sich strafbar zu machen. In der Vergangenheit fragten Museen oder Schulen oft beim ZDF nach, ob sie die Freigabe für Beiträge erhalten können – in der Regel allerdings ohne Erfolg.

        Wikimedia: “Das ZDF legalisiert guten Unterricht”

        Kirsten Bode, Projektleiterin Terra X Web, sagte kürzlich beim Deutschen Internet Governance Forum: “Immer blutete uns als Redaktion das Herz, weil wir sagen müssen: nein, das geht nicht.” Gerade in langen Dokumentationen seien zu viele Urhebende, als dass das ZDF selbst ohne weiteres eine Freigabe erteilen könnte. Das ZDF textet unter CC-Lizenz laufenden Inhalt vorher neu. Die Redaktion kürzt auch die Beiträge, um Urheberrechtsverletzungen vorzubeugen und trotzdem informativ zu sein. Die bisher veröffentlichten Clips decken ein breites Spektrum ab: sie erklären, wie Klimamodelle funktionieren, warum Vulkane ausbrechen und wie ein Virus funktioniert. 

        Bisher können Lehrende Beiträge des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks verwenden, sogenannte Bildungsschranken im Urheberrecht erlauben das. Doch es ist für Lehrende mitunter schwer, die Rechtslage korrekt einzuschätzen. Sie dürfen die Werke weder vollständig verwenden noch sie verändern – um beispielsweise einen Beitrag besser in den Unterricht einzubetten. Bernd Fiedler, Projektmanager bei Wikimedia Deutschland, sagte Bildung.Table: “Was das ZDF jetzt tut, ist im Prinzip guten Unterricht zu legalisieren“.

        Die ARD, die ebenfalls unter CC-Lizenz veröffentlicht, geht einen anderen Weg. CC-Lizenzen sind nicht alle gleich. Während das ZDF Inhalte mit einer CC-BY-Lizenz bei sich und auf Wikimedia bereitstellt, laufen die Beiträge der ARD unter CC-BY-NC-ND-Lizenz. Das bedeutet, Nutzer dürfen Beiträge dürfen nicht zu kommerziellen Zwecken verwenden und nicht verändern. Fiedler lobt dennoch, “dass die ARD sich dafür entschieden hat, ihre Schatzkisten aufzumachen.” Das Erste sei in zahlreichen Archivprojekten aktiv, wofür man dankbar sei. Die unter CC-Lizenz veröffentlichten Inhalte des ZDF gehen unterdessen weite Wege. Es tauchten Terra X-Clips mit walisischen und lateinischen Untertiteln auf Wikimedia auf. Kein Wunder also, dass nun monatlich zwei Millionen Abrufe stattfinden. Robert Saar

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          Vierte Welle: Distanzunterricht im Wandel

          Die vierte Welle der Coronavirus-Pandemie ist da. Unter Kindern gibt es immer höhere Inzidenzwerte, die zum Teil weit über 1.000 liegen. Schüler werden in Einzel-Quarantäne geschickt und auch ganze Klassen gehen in allen Bundesländern wieder in Distanzunterricht. Der NDR etwa berichtet am Dienstag über drei Schulen aus Salzgitter, die all ihre Schülerinnen und Schüler ins Homeschooling schicken mussten. In Bayern steigen die Inzidenzen unter Schülerinnen und Schülern. Der BR schrieb von ganzen Klassen, die nach Hause geschickt werden.

          Das so genannte Hybridlernen, also der Wechsel zwischen Präsenz und digital gestütztem Distanzunterricht, findet nun in neuer Art statt. Jetzt bleiben Teile der Klasse in der Schule, einzelne Schüler sitzen zuhause und gucken den Stream aus dem Klassenzimmer. Das wirft Fragen auf. “Beim Homeschooling oder Hybrid-Unterricht weiß man ja nicht, wer alles zuschaut,” sagte Schulleiterin Karin Ackerman einer Münchener Grundschule dem BR. Das verletze den geschützten Raum des Klassenzimmers. “Geschützter Raum heißt, dass jedes Kind so sein kann, wie es ist, ohne dass es nach außen getragen wird,” sagt Ackerman.

          Distanzunterricht: “Liveübertragungen von 90 Minuten sind nicht optimal”

          Im Vergleich zur ersten Welle von Schulschließungen sind nun offenbar die Ansprüche höher. Die 1:1-Übertragung ganzer Schulstunden in den Stream gilt als nicht geeignete Form von Distanzunterricht. “Eine Liveübertragung von 90 Minuten ist nicht optimal,” sagt der stellvertretende Leiter der Maria-Probst-Realschule, Markus Schuster, dem Sender. “Viel besser ist es, wenn das Ganze eingeteilt ist, in Phasen, wo die Gruppe fokussiert ist auf ein bestimmtes Thema und sie die Aufgaben bewältigen können.”

          Bundesweit sorgen sich Eltern und Lehrer vor einer Rückkehr in den Distanzunterricht. Andere verlangen, dass die Kultusminister den Schutz vor dem Coronavirus in den Schulen etwa durch Luftfilter erhöhen sollen. Eine Petition und offener Brief an Olaf Scholz von fand binnen weniger Stunden 35.000 Unterschriften. Die Kultusministerkonferenz zählt Anfang November bundesweit mehr als 23.000 infizierte Schülerinnen und Schüler und 1.770 infizierte Lehrkräfte. Über 54.000 Schülerinnen und Schüler sowie 1.000 Lehrkräfte sind in Quarantäne. Laut Tagesschau sind gegenwärtig weniger als 50 Prozent der Zwölf- bis Siebzehnjährigen geimpft. Über die Impfstoffzulassung für Kinder unter 12 will die Ständige Impfkommission gegen Weihnachten entscheiden. Deutschlandweit eint vor allem ein Konzept die Coronavirus-Situation in den Schulen: Unklarheit. ee

          Wie läuft der Unterricht an Ihrer Schule – hybrid, distanziert oder ganz gewöhnlich? Schreiben Sie der Bildung.Table-Redaktion unter bildung@table.media.

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            Schulleiterin auf Twitter

            Schulleiterin auf Twitter: Frau Köpfchen
            Schulleiterin Kopf und ihr Twitteraccount

            Schüler ruft mich etwas unwirsch zu Hilfe: Frau Kooooopppf!!! Ich: Sag das mal bitte etwas höflicher! Schüler (leise): Frau Köpfchen!

            Die Twitter-Bio erzählt den Beginn ihrer Twitter-Karriere. Yvonne Kopf oder “Frau Köpfchen”, wie sie sich auf Social Media nennt, ist vielleicht eine der erfolgreichsten twitternden Schulleiterinnen in Deutschland. Wenn man für den Erfolg die Reichweite ihrer Tweets zählt, die bis zu 900-mal geteilt und über 13.000-mal gelikt werden. Seit Mai letzten Jahres führt sie ihren Account, und hat in eineinhalb Jahren über 5.500 User hinter sich versammelt. Für eine Influencerin mag das wenig sein, für die Leiterin einer Schule jedoch beachtlich. Die meisten Schul-Homepages wirken wie aus den 90er-Jahren des letzten Jahrtausends. Und kaum eine Schule pflegt Social-Media-Accounts.

            Aber, das betont Yvonne Kopf mehrfach, ihren Account betreibe sie privat. Während der Schule bleibe das Handy aus, getwittert werde erst zu Hause. Auf der Plattform habe sie sich angemeldet, weil sie neugierig war. In den Medien sei so oft von diesem Social-Media-Anbieter die Sprache, da wollte sie wissen, was genau dahinter stecke.

            Seitdem erzählt sie in 280 Zeichen von ihrem Schulalltag aus der Südend-Grundschule in Karlsruhe, der größten Grundschule der Stadt. Über 21.000 Tweets hat sie bisher abgesetzt, manchmal fünf am Tag, manchmal 23. Ein Beispiel: “Mit Kindern, die im Unterricht stören, gehe ich auf den Gang, weil privat. Sie erwarten dann, dass ich schimpfe. Stattdessen frage ich ganz lieb: ‘Was ist denn mit dir los?’ Wie oft kommen dann erst Tränen und dann eine traurige Geschichte! Da kann man dann ansetzen.” Oder sie notiert ihre Gedanken: “Wenn man sich schlecht fühlt, kann man m.E. nur schlecht lernen.” Ihre Follower kommentieren darunter: “Wünschte, ich hätte so eine Lehrerin gehabt”, “Eine Traumpädagogin” oder: “Menschen wie Sie bereichern beruflich und privat.” Einfühlungsvermögen und Respekt für die Schülerinnen und Schüler – davon zeugen Yvonne Kopfs Tweets. Sie teilt lustige Anekdoten und solche, die zum Nachdenken anregen. 

            “Mir ist es wichtig zu transportieren, wie viel Spaß Schule macht”

            Sie liebt ihren Job, das merkt man ihren Mini-Stories an. Und sie will, dass andere davon erfahren, wie wichtig ihre Arbeit ist – für sie selbst und für ihre Schüler. “Ich möchte vermitteln, wie viel Spaß Schule macht, gerade in diesen schwierigen Zeiten”, sagt Yvonne Kopf. Zu oft werde darüber gesprochen, was in den Schulen alles nicht gut laufe, sagt sie. Dabei vergessen viele, dass sich viele Kolleginnen und Kollegen jeden Tag um jedes Kind bemühen. “Unsere Arbeit geht mit einer großen Verantwortung einher und das wissen wir ganz genau”, sagt sie.

            Yvonne Kopf ist seit 2005 Schulleiterin der Südend-Grundschule. Sie hat schon viele Schulen von innen gesehen, denn trotz Staatsexamen hatte sie anfangs keine feste Stelle. Als sie ihr Studium abschloss, gab es etwas in Deutschland, was heute kaum vorstellbar scheint: Lehrerüberfluss. Also hangelte sie sich von befristeter Stelle zu befristeter Stelle, von Schule zu Schule. Sie nahm sogar Jobs im Gefängnis an und unterrichtete verurteilte Jugendliche in der JVA. Im Rückblick, sagt sie, habe ihr das unheimlich viel Spaß gemacht. Aber als sie dort anfing, war sie nicht sicher, ob ihr das Unterrichten hinter Gittern gefalle. Doch sie habe gemerkt, dass sie viel erreichen könne, wenn sie ihren Schülern mit Empathie und ohne Vorurteile gegenübertrete. Und sie hat es geschafft, dass die Jugendlichen sich nicht wie Verbrecher, sondern wie Schüler mit einer Zukunft fühlten. Am Ende des Kurses schenkten ihr die Jugendlichen aus Dank Bilder mit gemalten Rosen.

            Das Twitter-Lehrerzimmer als digitale Fortbildung

            Zuhören und die Sorgen ihrer Schülerinnen und Schüler ernst nehmen – das lebt Yvonne Kopf nun als Leiterin der Grundschule in Karlsruhe vor. Dass sie darüber öffentlich spricht, inspiriert auch andere Lehrerinnen und Lehrer und solche, die es werden möchten. “Wenn mich Lehramtsanwärter anschreiben und mir sagen, dass sie sich von mir Tipps abschauen, freue ich mich wahnsinnig drüber,” sagt sie.

            Aber das Twittern nützt auch ihr selbst in ihrer Arbeit. Auf Twitter findet sich über die Hashtags #twlz oder #twitterlehrerzimmer eine Community, der die Digitalkompetenz der Lehrerinnen und Lehrer während der Pandemie mutmaßlich besser geschult hat, als jede Fortbildung. Yvonne Kopf trat Twitter bei und ließ sie sich davon inspirieren, wie andere Schulleitungen und Lehrer Alltagsprobleme in den Bildungseinrichtungen bewältigen. Etwa, was tun, wenn es die ganze Pause durchregnet? Eine Kollegin antwortete prompt, dass sie an ihrer Schule bei Regen einzelne Klassen in die Turnhalle schicken, damit nicht alle Kinder in ihren Klassensälen herumtollen müssen.

            Schulleiterin hat das Profil “Schule zum Wohlfühlen” entwickelt

            Es gibt Leseschulen, Schulen mit naturwissenschaftlichem oder künstlerischem Schwerpunkt. “Wir sind eine Wohlfühlschule”, sagt Yvonne Kopf. Das Leitziel ihrer Schule lautet: Wir setzen uns dafür ein, dass unsere Schule ein Ort ist, an dem wir uns wohlfühlen. Deshalb steht ihre Bürotür immer offen, alle Eltern kennen ihre Handynummer, sie antwortet immer, selbst am Wochenende. “Wenn man sich um etwas nicht kümmert, ploppt das später wieder auf,” sagt Yvonne Kopf. Das möchte sie nicht. Probleme werden größer, je länger sie ungelöst bleiben. Wenn sich jemand unwohl fühlt oder eine Frage hat, kann er sie jederzeit erreichen. “Manchmal rufen Eltern auch einfach nur an, um zu sagen, wie toll wir das machen,” sagt sie.

            Die Schulleiterin ist mit etwas erfolgreich, was auf Twitter eigentlich nur schwer Reichweite erlangt: Empathie und Witz. Twitter ist zu einer Plattform geworden, von der sich immer mehr abwenden, weil zu viel Hass und Spott zirkuliert. Twitter-Konsum kann schlechte Laune verbreiten. Frau Kopfs Account fällt deshalb auf: Ihre Tweets verbreiten Freundlichkeit und Wärme. Mittlerweile ist ihre Bekanntheit aus der virtuellen schon in die materielle Welt geschwappt. Als ein Vater sie vor Kurzem auf dem Gang in der Schule antraf, sagte er: “Ich muss ab jetzt wohl Frau Köpfchen zu Ihnen sagen, ich folge Ihnen auf Twitter!” Für ihre Schüler bleibt sie weiterhin Frau Kopf. Oder: “Mich hat letztens ein Kind Frau Kopfi genannt. Das fand ich auch nett.”

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              Feedback-Box: Lehrer helfen schneller

              Was ist der pädagogische Vorteil der Feedback-Box?

              Der große Vorteil der “Feedback Box” ist, dass asynchrones Arbeiten möglich wird. Das bedeutet, wenn Schüler an einer Aufgabe sitzen und mir etwas zuschicken, dann kann ich als Lehrer darauf in meinem Tempo antworten. Ich kann meine Rückmeldung sofort geben oder Schülern spontan antworten, wenn ich im Café mal fünf Minuten Zeit habe, oder irgendwann ein ausführliches Feedback mit Notizen schreiben. Wie es mir gefällt.

              Aber nicht nur in der Zeit, auch in der Form stehen ganz verschiedene Möglichkeiten nun unkompliziert zur Verfügung: Die Lehrkraft kann ganz knapp mündlich über den Messenger etwas anmerken, oder aber in das zugesandte Dokumente mit dem Stift hineinschreiben. Lehrer:innen können aber auch eine Audiobotschaft aufnehmen oder ein kleines Video. Das bedeutet, ich nutze genau die Form von Feedback, mit der ich die Lernenden in einem bestimmten Stadium der Arbeit am sinnvollsten erreiche. Mir steht die ganze Bandbreite zur Verfügung – von der Notiz bis zum kompletten Feedback mit Mimik, Gestik und Emotion, um meine Schüler:innen zum Beispiel aufzubauen.

              Welche technischen Voraussetzungen braucht man als Lehrer für die Nutzung?

              Das Rückmelde-Tool läuft auf allen Geräten. Es ist völlig egal, ob es ein Smartphone, ein Tablet oder die Web-Applikation ist. Völlig unabhängig davon können die Schülerinnen und Schüler jederzeit an jedem Gerät auf ihre Messages zugreifen. Sie können sich, genauso zeitversetzt wie ich geantwortet habe, das Feedback anhören – wann und wie oft sie wollen. Ich finde übrigens, das ist ein völlig unterschätzter Aspekt: in einer Geh-Besprechung zwischen zwei Schulstunden auf dem Flur verschwinden die Worte. In einem zugesandten Feedback über die Rückmeldebox ist alles gespeichert. 

              Hilft das Instrument, wenn die Schüler vom Distanz- wieder in den Präsenzunterricht zurückkehren?

              Da muss man definieren, was man mit Präsenzunterricht meint. Im Klassenzimmer selbst braucht man die Feedback-Box nicht. Aber für den Nicht-Fernunterricht hilft die Applikation trotzdem. Sie erweitert dadurch, dass sie auf dem Tablet oder dem Smartphone bereitsteht, das Klassenzimmer in Raum und Zeit. Nicht zu vergessen: es geht vor allem darum, dass die Schülerinnen und Schüler verlässlich Feedback zu ihren Aufgaben bekommen.

              Pro-Tipp

              Der besondere Tipp ist in meinen Augen die Betreuung einer Facharbeit oder einer Jahresarbeit in der zehnten Klasse. Hier entwickelt das Tool seine ganze Stärke, weil die Schüler:innen mir jederzeit ihren aktuellen Arbeitsstand schicken können. Der Lehrende ist damit so nah an der Arbeit seiner Schüler:innen wie nie zuvor. Ich kann mein Feedback dazu als Video geben, also mit Sprache und Kommentaren reagieren; oder direkt in einem PDF, das mir geschickt wurde, arbeiten und wieder zurückschicken. Meine Schülerinnen und Schüler können sich das so angucken und ohne komplizierte Terminabsprachen eine Woche später eben ihren neuen Arbeitsstand losschicken. So entsteht ein Kreisprozess dauernder Rückmeldungen, der face-to-face gar nicht möglich wäre. 

              Kritik

              Die Feedback-Box steht jetzt erst am Beginn ihres Entwicklungsprozesses in Deutschland. Das Tool ist schon einige Zeit in Dänemark auf dem Markt, aber man merkt trotzdem, dass da noch an einigen Ecken Features fehlen, die für ein besseres Arbeiten einfach notwendig sind – zum Beispiel nur Sprachnachrichten zu schicken.

              Oliver Heidenreich ist Lehrer für Physik, Chemie und Astronomie an der Don-Bosco-Schule in Rostock. Im Podcast “Donnerstalk” spricht er mit Schüler:innen, Lehrkräften und Reformern über den Wandel des Lernens.

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                  Liebe Leserin, lieber Leser,

                  und der Datenschutz bewegt sich doch. Jahrelang gab es Ringelpiez darum, ob Datenschützer nur Aufsichtsbehörden sind – oder auch so etwas wie Service-Agenturen. Die also mit White- und Blacklists Schulen Orientierung geben, was datenschutzkonform ist und was eher nicht.

                  Nun kommt Bewegung in die Sache: zuerst die öffentlich gemachte Liste des Thüringer DSGVO-Wächters. Dann der Crash einer weiteren Schul-App, der die Landesdatenschutzbeauftragte von NRW zwingt, obligatorische Prüfungen zu fordern. Jetzt kommt noch Niedersachsens Digital-Staatssekretär dazu, ein CDU-Mann, der bekennt: “Wenn wir die digitale Souveränität ernst nehmen, dann können wir nicht dauerhaft auf Produkte wie Microsoft setzen.” Und dazu gehört eben auch, solche Produkt auf eine schwarze Liste zu setzen. 

                  Lesen Sie in dieser Ausgabe, wie sich Staatssekretär Stefan Muhle aus Niedersachsen die Ministerpräsidenten und Microsoft vor die Brust nimmt. Lassen Sie sich von dem Daten-Journalisten Matthias Eberl ins Innenleben der App Learnu führen, die Daten von Hunderttausenden Mitschülern riskierte. Und erfreuen Sie sich daran, dass ein neues Feedback-Tool Lehrer in ein neues Zeitalter beamt: Es erlaubt ihnen, Facharbeiten in Echtzeit zu betreuen. 

                  Mit herzlichen Grüßen

                  Ihr
                  Christian Füller
                  Bild von Christian  Füller

                  Analyse

                  “Wir können nicht auf Microsoft setzen”

                  Digitalstaatssekretär Muhle sagt: Wir könne nicht auf Microsoft setzen
                  Stefan Muhle (CDU), Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung

                  Herr Muhle, will das Land Niedersachsen den Anbieter des Lernmanagementsystems IServ enteignen? 

                  Natürlich nicht. Der Wirtschaftsminister hat die Firma im Sommer mit fast zwei Millionen Euro unterstützt. IServ ist ein niedersächsisches Startup und gehört bei der Frage, wie wir im digitalen Zeitalter Lerninhalte zur Verfügung stellen, zu den Marktführern in Deutschland. 

                  Sind die 1,9 Millionen Euro für IServ nicht eher ein Trostpflaster? Das Kultusministerium Ihres Landes bevorzugt die Niedersächsische Bildungscloud (NBC) – die Ihrem Vorzeigeunternehmen IServ den Garaus machen könnte. 

                  Nein, die Förderung für IServ ist dazu da, dauerhafte Arbeitsplätze zu schaffen. Das Wirtschafts- und damit das Digitalministerium glaubt an diese Firma. Sie wird auch in Zukunft ein wichtiger Faktor an den Schulen in Niedersachsen sein. IServ hat sich genial entwickelt. Außerdem geht es nicht um ein Gegeneinander. Die Niedersächsische Bildungscloud und IServ kooperieren. Über IServ können Schüler und Lehrer unkompliziert auf die NBC zugreifen. 

                  Warum haben Sie IServ dann nicht zur Landeslösung gemacht, wenn es so genial ist? 

                  Wenn man auf den Ursprung guckt, dann war die Schulcloud

                  … das ist der Vorgänger der Niedersächsischen Bildungscloud… 

                  … ja, diese Schulcloud war zunächst ein Forschungsvorhaben des Bundes. Niedersachsen hat sich zu einem frühen Zeitpunkt intensiv an der inhaltlichen Ausrichtung beteiligt, damit sich das in Richtung der Bedarfe des Landes entwickelt. Gleichzeitig ist es wichtig, im Sinne eines innovativen Entwicklungsgedankens für Bildung zunächst wohlwollend auf Vorhaben zu schauen, um Potenziale zu erkennen. Wir haben übrigens bislang nicht viel für die Schulcloud investiert. Auch in Zukunft werden wir das nicht tun. 

                  Weil der Bund das für Sie macht – und damit eine gefährliche Konkurrenz erzeugt.

                  Uns geht es nicht um Konkurrenz, sondern um Kooperation. Wie können die verschiedensten Dienstleister für Schulen bestmöglich zusammenarbeiten? Das ist unsere Aufgabe. Jedenfalls mache ich diese Beobachtung in Schulen. Die Schulleitungen zeigen mir, wie sie die Systeme miteinander in Verbindung bringen. Nirgendwo gibt es ein einheitliches System. Deswegen sind IServ und die Niedersächsischen Bildungscloud auch in engem Austausch.

                  Verzeihen Sie, dass ich da so hartnäckig bin, Herr Muhle. Aber das ist eine ziemlich riskante Kooperation. IServ hat mit seinen Schnittstellen die staatliche Bildungscloud überhaupt erst  an die Schulen des Landes angestöpselt. Im Gegenzug macht nun der neue Schulcloud-Betreiber Dataport Druck. Auch Kultusminister Tonne tut das. Das bedeutet, IServ hilft erst der Schulcloud auf die Beine – und wird dann hinausgekegelt. 

                  Das mag aus Ihrer Perspektive so aussehen. Für uns gilt nicht nur Markt vor Staat. Wir müssen auch die unterschiedlichen Ausgangssituationen der Schulen in der Pandemie betrachten. Darauf waren weder IServ noch die NBC vorbereitet, alle Schulen gleich gut und auf Anhieb zu versorgen. 

                  Die Bildungscloud war nicht nur nicht vorbereitet, es gab sie praktisch nicht.

                  Das stimmt, dennoch muss man am Ende die Verantwortung des Landes für seine Schulen betonen. Für mich spielt die Frage der digitalen Souveränität genauso wie das Thema der Datenschutzkonformität eine große Rolle. Wir haben in Deutschland 17 Datenschutzbehörden, die gänzlich unterschiedlich mit bestimmten Anwendungen umgehen. Da ist es in meinen Augen schon eine Aufgabe des Staates, allen Einrichtungen Tools zur Verfügung zu stellen, die funktionieren – und datenschutzkonform sind. Es geht also um lösungsorientierte Ansätze und Whitelists, die Schulen in ihrer Arbeit unterstützen und nicht behindern.

                  Wäre es dann aber nicht besser, den Datenschützern Beine zu machen? 

                  Wir haben als Wirtschaftsministerium vor über einem Jahr einen Antrag auf den Weg gebracht, beim Datenschutz die Aufsicht in eine Hand zu geben…

                  … also aus 17 Datenschutz-Behörden eine zu machen?

                  Ja, genau. Denn es darf nicht mehr eine bayerische und eine saarländische und vielleicht noch eine andere Linie geben, sondern nur eine, die dann aber verlässlich ist. Dafür findet sich aktuell keine Mehrheit. Komplexität ist ein grundsätzliches Problem der Digitalisierung. Wir in Niedersachsen stehen deswegen dafür, den Datenschutz zu vereinheitlichen. Wir wollen, dass die Wettbewerber erfahren, was geht und was nicht geht.

                  Meinen Sie damit auch das, was Saarlands Regierungschef vorschwebt? Er wollte einen Gipfel der Ministerpräsidenten veranstalten, um per Beschluss Microsoft zu erlauben – obwohl der Datenschutz sich klar dagegen positioniert. 

                  Ich glaube, das sagt viel über Digitalisierungskompetenz. Wir haben in der deutschen Politik noch nicht verstanden, uns über digitale Souveränität zu unterhalten. 

                  Wie halten Sie es als Digitalisierungschef des Landes mit großen US-Anbietern wie Microsoft, die gegen die DSGVO verstoßen?

                  Wenn wir die digitale Souveränität ernst nehmen, dann können wir nicht dauerhaft auf Produkte wie Microsoft setzen. Wir sollten aber zur Kenntnis nehmen, dass sie im Moment in den meisten Unternehmen und in manchen Schulen eine wichtige Rolle spielen. 

                  Bereiten Sie, wie Schleswig-Holstein, den Ausstieg aus Microsoft vor?

                  Schrittweise muss das geschehen, ja. Wenn mir mein IT-Dienstleister sagt, wir bleiben bei Microsoft, dann würde ich sagen: “Das ist jetzt aber der letzte Durchgang. Lass uns dafür sorgen, dass wir mit alternativen Anbietern open source bereitstellen und die niedersächsische Verwaltung so datensicher und -souverän machen.”

                  Noch einmal zur Schulcloud. Als die Cloud 2016 auf einem IT-Gipfel erfunden wurde, da hat man einfach behauptet, es gebe überhaupt noch keine anderen Schulclouds. Man hat sie schlicht übersehen – obwohl Moodle, Mebis, IServ und so weiter längst da waren. 

                  Ich glaube, das ist insgesamt die größte Herausforderung, dass wir es nicht schaffen, alles auf einer Plattform sichtbar zu machen. Das, was Amazon mit allen möglichen Produkten gelingt, das können wir im Bildungsbereich nicht. In der Verwaltungsdigitalisierung ist das ganz genauso. Besser wäre sicherlich, wenn man ein Portal des Bundes hätte. Ich denke an eine zentrale Maske, hinter der die Schnittstellen alle so gut funktionieren, dass die Systeme ineinander arbeiten. 

                  Erfüllt die niedersächsische Bildungscloud eine solche Funktion? 

                  Ich glaube, es muss ein darüber liegendes System sein. Die Leute wollen eine übergreifende Entität haben, wo sie zum Beispiel alles aus einer Hand bekommen. Damit klar ist, alle Lehrer, Eltern und Schüler können sich über ein Portal vernetzen und in alle einzelnen Systeme einloggen. Oder um alle Lehrerfortbildungen, die es im Land gibt, zentral einsehen zu können.

                  Ich habe kürzlich einen Beamten aus Ihrem Bundesland gefragt, “warum kaufen Sie sich denn jetzt eigentlich Brockhaus-Online, wenn sie gleichzeitig die zentrale Inhalte-Plattform der Länder namens Mundo bezahlen?”

                  Was hat der Mann Ihnen gesagt?

                  Er kannte Mundo nicht: “Das höre ich ja zum ersten Mal, wie heißt dieses Portal nochmal?”

                  Es wäre natürlich ein Manko, wenn jemand in der Landesverwaltung für Bildung Mundo noch nicht kennt. Und ich hielte es für elementar falsch, in der aktuellen Situation eine Entscheidung für eine kommerzielle Lizenz zu treffen. Aber ich verantworte das nicht. 

                  Sie hatten in Niedersachsen die starke Marke “Molol”, eine Fortbildung für Lehrer, die Strahlkraft in der ganzen Bundesrepublik entwickelt hat. Und plötzlich dreht die Landesverwaltung der “Mobilen Schule Oldenburg” das Licht aus. Was ist da los? 

                  Dass die Molol letztes Jahr nicht in Präsenz stattfand, das hat letztlich die Pandemie verhindert. 

                  Keine gute Ausrede für die Landesmedienzentren, die den Erfinder der Molol, Andreas Hofmann, offenbar loswerden wollten… 

                  … das ist Spekulation, das weiß ich nicht. Für mich steht fest: Andreas Hofmann hat die mobile Schule wunderbar ins Netz transferiert. Und, so viel darf ich sagen, wir als Digitalministerium wollen die Molol so weiter entwickeln, dass sie ein Digital-Hub für die ganze Bundesrepublik wird. Ich glaube nämlich, das ist das beste System von Fortbildung, was wir im Moment sehen. Lehrer für Lehrer, das ist in meinen Augen unschlagbar. 

                  Organisiert Hofmann auch die Techtide, Ihre Digitalkonferenz Anfang Dezember?

                  Nein. Founder der Techtide bin ich und veranstaltet wird sie vom niedersächsischen Digitalministerium und der Deutschen Messe AG. Das großartige und vielfältige Programm wird von ehrenamtlichen Digitalenthusiasten aus allen gesellschaftlichen Bereichen in Niedersachsen kuratiert. Mit der Techtide am 1. und 2. Dezember wollen wir nach und nach alle 8 Millionen Niedersachsen erreichen. Wir streamen das ganze Programm von allen Bühnen, für alle ist etwas dabei. Denn: digitale Sensibilität und Kompetenz brauchen wir alle. Und das so schnell wie möglich.

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                    Learnu: nächste undichte Schüler-App

                    Learnu App Schüler Datenleck

                    Als die beiden Schüler an ihrer Hausaufgaben-App arbeiteten, waren sie voller Hoffnung. “Wer kann besser ein Produkt gestalten für Schüler als ein Schüler?” fragte Eldrick Lindner rhetorisch in einem Business-Talk. “Wir haben erkannt, dass wir ein Problem haben in der Schule und wollen das lösen für alle zukünftigen Schüler.” Das war 2019, dann kam im Coronajahr der steile Aufstieg unter die Top-Ten der Schul-Apps – und nun der jähe Absturz. Lindner und sein Mitgründer Oskar Schnee haben die App, auf der Schüler:innen Hausaufgaben tauschen können, vom Server genommen. Sie mussten es, sonst wären Hunderttausende Schülerdaten in Gefahr geraten.

                    Gerade erst war die Schüler-App Scoolio geknackt worden. Nun entpuppt sich also auch die Hausaufgaben-App “Learnu” als unsicher programmiert. Wieder war es eine schlampig geschützte Schnittstelle, die Sicherheitsforscher jetzt offen legten. Dahinter lagen die Daten von etwa 400.000 Accounts. Learnu ist ein kleines Startup aus dem Großraum Düsseldorf, das 2020 eine App für die Schule herausbrachte. Ob man Learnu deshalb unter der Kategorie “Lernsoftware” führen sollte, darf man anzweifeln. Die App war dafür da, dass Schülerinnen und Schüler Hausaufgaben untereinander austauschen konnten und dabei sogar (ein wenig) Geld  verdienen konnten. Aber auch die Wirtschaft hatten die Gründer um Auge: “Wir bieten Unternehmen individuelle Platzierungsmöglichkeiten um ihre Produkte der neuen Generation zu präsentieren.”

                    Das ist sicher ein interessantes Geschäftsmodell. Auch wenn die App so wohl nicht direkt von Lehrpersonal empfohlen wurde, war sie relativ verbreitet: 400.000, nach anderen Angaben auch 300.000 oder 500.000 Accounts sollen es gewesen sein, die mit vollem Namen, E-Mail-Adresse, Stadt, Schule sowie den Hausaufgabendaten auf dem Server von Learnu lagen.

                    Programmierer lassen Hintertür zur App offen stehen

                    Diesmal kam das Hackingkollektiv “Zerforschung” um die IT-Sicherheitsepxertin Lilith Wittmann durch eine offengelassene Hintertür an die Daten: Mit einem Dekompilierer übersetzten sie die binären Bestandteile der App in lesbaren Code. Darin fanden sie einen Administrierungszugang zu der Schnittstelle, bei der die App im Normalfall die Daten des eigenen Accounts abfragt. Eine Registrierung als Admin akzeptierte der Server immerhin nicht (dafür Daumen hoch!) – aber er sendete ungewöhnlich umfangreiche Fehlermeldungen zurück. Schnell war klar: Die Programmierleute hatten vergessen, die App aus dem Debug-Modus zu nehmen. Der sollte eigentlich nur während des Entwickelns der Software nutzbar sein. Wenn Programmierer vergessen, das wieder zurückzuschalten, dann ist bei der Software “Tag der offenen Tür“.

                    So war es auch bei Learnu: In der Fehlermeldung fand sich der geheime Generalschlüssel für die Kontoauthentifizierung. Jetzt konnte das Sicherheitsteam beliebige, bereits existierende Konten beim Server anmelden und die dazugehörigen Daten aus der Software abrufen. Die Dokumentation der Schnittstelle lag auch auf dem Server und nach einigen weiteren kleinen Hürden war das Sicherheitskollektiv wieder soweit. Sie hätten den Download aller Profile in fünf Stunden umsetzen können.

                    Gründer geben App Learnu nach Datenleck sofort auf

                    Die Betreiber des Startups haben den Server inzwischen vom Netz genommen. Sie haben damit die ganze App funktionslos gemacht, obwohl diese noch installierbar ist. Ein Interesse, die in den Sand gesetzte Software zu reparieren, gibt es offenbar nicht. Auch wenn die Betreiber der App den Betrieb aus persönlichen Gründen schon länger einstellen wollten: Das Verhalten passt in die Startup-Philosophie, wo man einfach mal was rausballert und schaut, ob es ein großes Ding wird.

                    Im vorliegenden Fall hat es wohl nicht geklappt, aber egal, “move fast and break things“, wie es Mark Zuckerberg einst ausdrückte. Ob es auch um diese Startup-Philosophie gehen sollte, als die Learnu-Macher sich vornahmen, auch “anderen Schülern den Weg ins Unternehmertum näherzubringen” ist unklar. Aber vielleicht kann man froh sein, dass Selbsteinsicht das Learnu-Gründungs-Projekt nun überholte – und stoppte.

                    NRW-Datenschutzbeauftragte: Pflicht zur Software-Zertifizierung

                    Ein Sprecher des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik kennt solche Fälle. Immer wieder werde Software schnell aber unsicher programmiert, sagte er Bildung.Table. So entstünden Software-Schwachstellen, die man eigentlich als Qualitätsmangel betrachten sollte. Mit den Basisgrundsätze einer sicheren Programmierung und einer durchdachten Konzeption (Security by Design) könne man abhelfen. Und weil auch das beste Programmierpersonal mal Fehler macht, sollte auch eine externe Prüfung (“Pentest”) dazugehören.

                    Die zuständige Landesdatenschützerin Bettina Gayk sieht mittlerweile auch politischen Handlungsbedarf: Sie forderte eine verpflichtende Zertifizierung von Apps für Kinder und Jugendliche. Zu einer Whitelist, die alle digitalen Produkte für Schulen begutachtet und einordnet, äußerte sich Gayk aber unentschlossen. Die Landesdatenschützerin werde “dem zustimmen oder auch nicht,” sagte ein Sprecher Bildung.Table. Ihre Behörde ist eigentlich jetzt schon dafür zuständig, stichprobenartig Prüfungen vorzunehmen. Sie sollte auch mit Bußgeldern dafür zu sorgen, dass Sicherheit sich am Ende für gewissenhafte Unternehmen auszahlt. Aber wenn ein Startup bei einer Datenpanne nur den Server abschaltet, ein bisschen über seine Fehler kichert und dann das nächste disruptive Venture startet – dann wird sichere Software auch nie ein lohnendes Ziel für ein Startup.

                    Für Lehrpersonal oder Eltern hat der Sprecher des BSI den Rat, sich Software genau anzuschauen. Sicherheit sollte ein Verkaufsargument sein, und Eltern wie Schüler sollten Hersteller mit unabhängigen Prüfsiegeln oder Audits sollten bevorzugen. Noch dieses Jahr bringt das BSI ein eigenes Prüfzeichen. Dann ist egal, wie bombastisch die Gründer ihre Ziele beschreiben. “Learnu soll der Ort werden, an dem Schülerinnen und Schüler schnell das relevante Wissen finden,” sagte Oskar Schnee noch im Februar diesen Jahres. “Dafür verbessern wir die Algorithmen stetig.” Das war leider ein falsches Versprechen. Matthias Eberl

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                      Mainz: digitale Schule in der Kritik

                      Stefanie Hubig verhandelte gerade noch als rheinland-pfälzischer Bildungsministerin für die SPD in den Koalitionsgesprächen in Berlin über die Zukunft der digitalen Bildung. Zu Hause in Mainz gerät ihr eigener Reformprozess über die digitale “Schule der Zukunft” derweil schwer in die Kritik. Der Philologenverband äußerte sich skeptisch über das Vorhaben. “Wir wissen noch nicht, ob es dabei überhaupt um digitale Bildung geht – oder um die Individualisierung des Lernens und die Auflösung der Klassenstrukturen,” sagte die Vorsitzende des Verbandes der Gymnasiallehrer, Cornelia Schwartz, Bildung.Table. Insgesamt 17 Millionen Euro sollen laut Landesregierung in den nächsten Jahren in die pädagogische Transformation der Schulen in Rheinland-Pfalz fließen. Am Ende dieses Prozesses werde es nicht nur eine einzige Leuchtturmschule geben, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Jede Schule könne eigene Schwerpunkte setzen, im Jahr 2022/23 sollen die ersten damit starten. Der Prozess startete am Freitag mit 150 Teilnehmern in Mainz. 

                      Im Zuge der Schulreform sollen digitale Schulen auch neue Unterrichtsformate und Lehrinhalte erproben. Die Landesregierung beabsichtigt, diesen Reformprozess partizipativ anzulegen. Nach dem Zukunftskongress würden geeignete Formate der Beteiligung entwickelt. “Das kann ein Runder Tisch sein, das können Arbeitsgruppen zu einzelnen Themen sein,” sagte Bildungsministerin Hubig. “Sobald die ersten Maßnahmen aufgestellt sind, können sich alle Schulen bewerben, sich in einem Pilotprojekt auf diesen Weg zu begeben.”

                      Philologen fürchten: Manche Kinder fallen hinten runter

                      Schon an der breiten Beteiligung aller Akteure zweifelt der Philologenverband. Die Regierung habe Landeselternbeirat und Landesschülervertretung früh ins Boot geholt, sagte Schwartz. “Dann geht man mit den Ergebnissen an die Presse und erwartet, dass die Lehrkräfte hinterher alles abnicken“. Das ist ein harter Vorwurf – der aber Hubig nicht zum ersten Mal trifft. Auch bei der Gestaltung der Luftfilterpolitik in der Kultusministerkonferenz beschwerte sich eine Reihe von Wissenschaftlern. Die Ministerin habe sie nur pro forma eingebunden und sie hinterher falsch wiedergegeben

                      Die Vorsitzende des Philologenverbandes Rheinland-Pfalz, die sich morgen zur Wiederwahl stellt, stört sich an der Verknüpfung von digitalen Lernreformen und Umbauten von Schulen. Schulen und Klassenzimmer sollen zu Lernlandschaften umgebaut werden, befürchtet Schwartz. Tatsächlich hat die Landesregierung die preisgekrönte und viel besuchte Allemannenschule in Wutöschingen zum Vorbild der Reform gemacht, wo es keine Klassenzimmer mehr gibt. “Wenn die Wände erst mal aus einer Schule herausgerissen sind, dann kann man sie nicht wieder einbauen”, sagte die Mathematik- und Englischlehrerin aus Bad Dürkheim.

                      Schwartz befürchtet, dass nicht jedes Kind für diese offene Art des Lernens geeignet sei. “Ich habe Angst davor, dass Kinder hinten runterfallen“, so Schwartz. Sie bezeichnete die Allemannenschule als “eine Gesamtschule, die nicht offen für alle ist“. Allerdings kennt Schwartz die Schule nicht von innen. Auch die FAZ blickte kritisch auf die Veranstaltung in Mainz: “Die Schule wurde vor allem als ‘Resilienzzentrum‘, ‘Schonraum’, als ‘Beziehungsraum‘ gepriesen, ‘Reallabore’ und ein ‘Freiday‘ seien nötig, um auf die Herausforderungen der Zukunft und die anstehenden Multigrafien vorzubereiten”, hieß es dort. cif

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                        ZDF und Wikimedia machen mit CC-Lizenz Schule

                        Screenshot Mediathek des ZDF: Zwei Millionen Klicks im Monat: ZDF-Angebote mit CC-Lizenz und Wikimedia
                        Zwei Millionen Klicks im Monat: ZDF-Angebote mit offener Lizenz (Screenshot: ZDF-Mediathek).

                        Das ZDF erzielt mit TV-Angeboten unter offener “Jedermannslizenzgroße Reichweiten. Nutzer:innen rufen die Inhalte monatlich zwei Millionen Mal ab – nicht allein im deutschsprachigen Raum. In Kooperation mit Wikimedia soll bald auch die ARD ausgewählte Inhalte unter CC-Lizenz der Öffentlichkeit und Schulen zur Verfügung stellen. Sie erlaubt es Lehrer:innen, die Beiträge kostenlos zu nutzen, gegebenenfalls auch weiterzuverbreiten und zu ändern.

                        Bereits 2018 begann das ZDF damit, Beiträge aus der Mediathek unter einer CC-Lizenz (creative commons) in der Wikimedia Commons zu veröffentlichen. Das Besondere an dieser Lizenz ist, dass für Nutzende Rechtssicherheit hinsichtlich der Urheberrechte besteht. Lehrer:innen laufen also nicht Gefahr, sich strafbar zu machen. In der Vergangenheit fragten Museen oder Schulen oft beim ZDF nach, ob sie die Freigabe für Beiträge erhalten können – in der Regel allerdings ohne Erfolg.

                        Wikimedia: “Das ZDF legalisiert guten Unterricht”

                        Kirsten Bode, Projektleiterin Terra X Web, sagte kürzlich beim Deutschen Internet Governance Forum: “Immer blutete uns als Redaktion das Herz, weil wir sagen müssen: nein, das geht nicht.” Gerade in langen Dokumentationen seien zu viele Urhebende, als dass das ZDF selbst ohne weiteres eine Freigabe erteilen könnte. Das ZDF textet unter CC-Lizenz laufenden Inhalt vorher neu. Die Redaktion kürzt auch die Beiträge, um Urheberrechtsverletzungen vorzubeugen und trotzdem informativ zu sein. Die bisher veröffentlichten Clips decken ein breites Spektrum ab: sie erklären, wie Klimamodelle funktionieren, warum Vulkane ausbrechen und wie ein Virus funktioniert. 

                        Bisher können Lehrende Beiträge des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks verwenden, sogenannte Bildungsschranken im Urheberrecht erlauben das. Doch es ist für Lehrende mitunter schwer, die Rechtslage korrekt einzuschätzen. Sie dürfen die Werke weder vollständig verwenden noch sie verändern – um beispielsweise einen Beitrag besser in den Unterricht einzubetten. Bernd Fiedler, Projektmanager bei Wikimedia Deutschland, sagte Bildung.Table: “Was das ZDF jetzt tut, ist im Prinzip guten Unterricht zu legalisieren“.

                        Die ARD, die ebenfalls unter CC-Lizenz veröffentlicht, geht einen anderen Weg. CC-Lizenzen sind nicht alle gleich. Während das ZDF Inhalte mit einer CC-BY-Lizenz bei sich und auf Wikimedia bereitstellt, laufen die Beiträge der ARD unter CC-BY-NC-ND-Lizenz. Das bedeutet, Nutzer dürfen Beiträge dürfen nicht zu kommerziellen Zwecken verwenden und nicht verändern. Fiedler lobt dennoch, “dass die ARD sich dafür entschieden hat, ihre Schatzkisten aufzumachen.” Das Erste sei in zahlreichen Archivprojekten aktiv, wofür man dankbar sei. Die unter CC-Lizenz veröffentlichten Inhalte des ZDF gehen unterdessen weite Wege. Es tauchten Terra X-Clips mit walisischen und lateinischen Untertiteln auf Wikimedia auf. Kein Wunder also, dass nun monatlich zwei Millionen Abrufe stattfinden. Robert Saar

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                          Vierte Welle: Distanzunterricht im Wandel

                          Die vierte Welle der Coronavirus-Pandemie ist da. Unter Kindern gibt es immer höhere Inzidenzwerte, die zum Teil weit über 1.000 liegen. Schüler werden in Einzel-Quarantäne geschickt und auch ganze Klassen gehen in allen Bundesländern wieder in Distanzunterricht. Der NDR etwa berichtet am Dienstag über drei Schulen aus Salzgitter, die all ihre Schülerinnen und Schüler ins Homeschooling schicken mussten. In Bayern steigen die Inzidenzen unter Schülerinnen und Schülern. Der BR schrieb von ganzen Klassen, die nach Hause geschickt werden.

                          Das so genannte Hybridlernen, also der Wechsel zwischen Präsenz und digital gestütztem Distanzunterricht, findet nun in neuer Art statt. Jetzt bleiben Teile der Klasse in der Schule, einzelne Schüler sitzen zuhause und gucken den Stream aus dem Klassenzimmer. Das wirft Fragen auf. “Beim Homeschooling oder Hybrid-Unterricht weiß man ja nicht, wer alles zuschaut,” sagte Schulleiterin Karin Ackerman einer Münchener Grundschule dem BR. Das verletze den geschützten Raum des Klassenzimmers. “Geschützter Raum heißt, dass jedes Kind so sein kann, wie es ist, ohne dass es nach außen getragen wird,” sagt Ackerman.

                          Distanzunterricht: “Liveübertragungen von 90 Minuten sind nicht optimal”

                          Im Vergleich zur ersten Welle von Schulschließungen sind nun offenbar die Ansprüche höher. Die 1:1-Übertragung ganzer Schulstunden in den Stream gilt als nicht geeignete Form von Distanzunterricht. “Eine Liveübertragung von 90 Minuten ist nicht optimal,” sagt der stellvertretende Leiter der Maria-Probst-Realschule, Markus Schuster, dem Sender. “Viel besser ist es, wenn das Ganze eingeteilt ist, in Phasen, wo die Gruppe fokussiert ist auf ein bestimmtes Thema und sie die Aufgaben bewältigen können.”

                          Bundesweit sorgen sich Eltern und Lehrer vor einer Rückkehr in den Distanzunterricht. Andere verlangen, dass die Kultusminister den Schutz vor dem Coronavirus in den Schulen etwa durch Luftfilter erhöhen sollen. Eine Petition und offener Brief an Olaf Scholz von fand binnen weniger Stunden 35.000 Unterschriften. Die Kultusministerkonferenz zählt Anfang November bundesweit mehr als 23.000 infizierte Schülerinnen und Schüler und 1.770 infizierte Lehrkräfte. Über 54.000 Schülerinnen und Schüler sowie 1.000 Lehrkräfte sind in Quarantäne. Laut Tagesschau sind gegenwärtig weniger als 50 Prozent der Zwölf- bis Siebzehnjährigen geimpft. Über die Impfstoffzulassung für Kinder unter 12 will die Ständige Impfkommission gegen Weihnachten entscheiden. Deutschlandweit eint vor allem ein Konzept die Coronavirus-Situation in den Schulen: Unklarheit. ee

                          Wie läuft der Unterricht an Ihrer Schule – hybrid, distanziert oder ganz gewöhnlich? Schreiben Sie der Bildung.Table-Redaktion unter bildung@table.media.

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                            Schulleiterin auf Twitter

                            Schulleiterin auf Twitter: Frau Köpfchen
                            Schulleiterin Kopf und ihr Twitteraccount

                            Schüler ruft mich etwas unwirsch zu Hilfe: Frau Kooooopppf!!! Ich: Sag das mal bitte etwas höflicher! Schüler (leise): Frau Köpfchen!

                            Die Twitter-Bio erzählt den Beginn ihrer Twitter-Karriere. Yvonne Kopf oder “Frau Köpfchen”, wie sie sich auf Social Media nennt, ist vielleicht eine der erfolgreichsten twitternden Schulleiterinnen in Deutschland. Wenn man für den Erfolg die Reichweite ihrer Tweets zählt, die bis zu 900-mal geteilt und über 13.000-mal gelikt werden. Seit Mai letzten Jahres führt sie ihren Account, und hat in eineinhalb Jahren über 5.500 User hinter sich versammelt. Für eine Influencerin mag das wenig sein, für die Leiterin einer Schule jedoch beachtlich. Die meisten Schul-Homepages wirken wie aus den 90er-Jahren des letzten Jahrtausends. Und kaum eine Schule pflegt Social-Media-Accounts.

                            Aber, das betont Yvonne Kopf mehrfach, ihren Account betreibe sie privat. Während der Schule bleibe das Handy aus, getwittert werde erst zu Hause. Auf der Plattform habe sie sich angemeldet, weil sie neugierig war. In den Medien sei so oft von diesem Social-Media-Anbieter die Sprache, da wollte sie wissen, was genau dahinter stecke.

                            Seitdem erzählt sie in 280 Zeichen von ihrem Schulalltag aus der Südend-Grundschule in Karlsruhe, der größten Grundschule der Stadt. Über 21.000 Tweets hat sie bisher abgesetzt, manchmal fünf am Tag, manchmal 23. Ein Beispiel: “Mit Kindern, die im Unterricht stören, gehe ich auf den Gang, weil privat. Sie erwarten dann, dass ich schimpfe. Stattdessen frage ich ganz lieb: ‘Was ist denn mit dir los?’ Wie oft kommen dann erst Tränen und dann eine traurige Geschichte! Da kann man dann ansetzen.” Oder sie notiert ihre Gedanken: “Wenn man sich schlecht fühlt, kann man m.E. nur schlecht lernen.” Ihre Follower kommentieren darunter: “Wünschte, ich hätte so eine Lehrerin gehabt”, “Eine Traumpädagogin” oder: “Menschen wie Sie bereichern beruflich und privat.” Einfühlungsvermögen und Respekt für die Schülerinnen und Schüler – davon zeugen Yvonne Kopfs Tweets. Sie teilt lustige Anekdoten und solche, die zum Nachdenken anregen. 

                            “Mir ist es wichtig zu transportieren, wie viel Spaß Schule macht”

                            Sie liebt ihren Job, das merkt man ihren Mini-Stories an. Und sie will, dass andere davon erfahren, wie wichtig ihre Arbeit ist – für sie selbst und für ihre Schüler. “Ich möchte vermitteln, wie viel Spaß Schule macht, gerade in diesen schwierigen Zeiten”, sagt Yvonne Kopf. Zu oft werde darüber gesprochen, was in den Schulen alles nicht gut laufe, sagt sie. Dabei vergessen viele, dass sich viele Kolleginnen und Kollegen jeden Tag um jedes Kind bemühen. “Unsere Arbeit geht mit einer großen Verantwortung einher und das wissen wir ganz genau”, sagt sie.

                            Yvonne Kopf ist seit 2005 Schulleiterin der Südend-Grundschule. Sie hat schon viele Schulen von innen gesehen, denn trotz Staatsexamen hatte sie anfangs keine feste Stelle. Als sie ihr Studium abschloss, gab es etwas in Deutschland, was heute kaum vorstellbar scheint: Lehrerüberfluss. Also hangelte sie sich von befristeter Stelle zu befristeter Stelle, von Schule zu Schule. Sie nahm sogar Jobs im Gefängnis an und unterrichtete verurteilte Jugendliche in der JVA. Im Rückblick, sagt sie, habe ihr das unheimlich viel Spaß gemacht. Aber als sie dort anfing, war sie nicht sicher, ob ihr das Unterrichten hinter Gittern gefalle. Doch sie habe gemerkt, dass sie viel erreichen könne, wenn sie ihren Schülern mit Empathie und ohne Vorurteile gegenübertrete. Und sie hat es geschafft, dass die Jugendlichen sich nicht wie Verbrecher, sondern wie Schüler mit einer Zukunft fühlten. Am Ende des Kurses schenkten ihr die Jugendlichen aus Dank Bilder mit gemalten Rosen.

                            Das Twitter-Lehrerzimmer als digitale Fortbildung

                            Zuhören und die Sorgen ihrer Schülerinnen und Schüler ernst nehmen – das lebt Yvonne Kopf nun als Leiterin der Grundschule in Karlsruhe vor. Dass sie darüber öffentlich spricht, inspiriert auch andere Lehrerinnen und Lehrer und solche, die es werden möchten. “Wenn mich Lehramtsanwärter anschreiben und mir sagen, dass sie sich von mir Tipps abschauen, freue ich mich wahnsinnig drüber,” sagt sie.

                            Aber das Twittern nützt auch ihr selbst in ihrer Arbeit. Auf Twitter findet sich über die Hashtags #twlz oder #twitterlehrerzimmer eine Community, der die Digitalkompetenz der Lehrerinnen und Lehrer während der Pandemie mutmaßlich besser geschult hat, als jede Fortbildung. Yvonne Kopf trat Twitter bei und ließ sie sich davon inspirieren, wie andere Schulleitungen und Lehrer Alltagsprobleme in den Bildungseinrichtungen bewältigen. Etwa, was tun, wenn es die ganze Pause durchregnet? Eine Kollegin antwortete prompt, dass sie an ihrer Schule bei Regen einzelne Klassen in die Turnhalle schicken, damit nicht alle Kinder in ihren Klassensälen herumtollen müssen.

                            Schulleiterin hat das Profil “Schule zum Wohlfühlen” entwickelt

                            Es gibt Leseschulen, Schulen mit naturwissenschaftlichem oder künstlerischem Schwerpunkt. “Wir sind eine Wohlfühlschule”, sagt Yvonne Kopf. Das Leitziel ihrer Schule lautet: Wir setzen uns dafür ein, dass unsere Schule ein Ort ist, an dem wir uns wohlfühlen. Deshalb steht ihre Bürotür immer offen, alle Eltern kennen ihre Handynummer, sie antwortet immer, selbst am Wochenende. “Wenn man sich um etwas nicht kümmert, ploppt das später wieder auf,” sagt Yvonne Kopf. Das möchte sie nicht. Probleme werden größer, je länger sie ungelöst bleiben. Wenn sich jemand unwohl fühlt oder eine Frage hat, kann er sie jederzeit erreichen. “Manchmal rufen Eltern auch einfach nur an, um zu sagen, wie toll wir das machen,” sagt sie.

                            Die Schulleiterin ist mit etwas erfolgreich, was auf Twitter eigentlich nur schwer Reichweite erlangt: Empathie und Witz. Twitter ist zu einer Plattform geworden, von der sich immer mehr abwenden, weil zu viel Hass und Spott zirkuliert. Twitter-Konsum kann schlechte Laune verbreiten. Frau Kopfs Account fällt deshalb auf: Ihre Tweets verbreiten Freundlichkeit und Wärme. Mittlerweile ist ihre Bekanntheit aus der virtuellen schon in die materielle Welt geschwappt. Als ein Vater sie vor Kurzem auf dem Gang in der Schule antraf, sagte er: “Ich muss ab jetzt wohl Frau Köpfchen zu Ihnen sagen, ich folge Ihnen auf Twitter!” Für ihre Schüler bleibt sie weiterhin Frau Kopf. Oder: “Mich hat letztens ein Kind Frau Kopfi genannt. Das fand ich auch nett.”

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                              Feedback-Box: Lehrer helfen schneller

                              Was ist der pädagogische Vorteil der Feedback-Box?

                              Der große Vorteil der “Feedback Box” ist, dass asynchrones Arbeiten möglich wird. Das bedeutet, wenn Schüler an einer Aufgabe sitzen und mir etwas zuschicken, dann kann ich als Lehrer darauf in meinem Tempo antworten. Ich kann meine Rückmeldung sofort geben oder Schülern spontan antworten, wenn ich im Café mal fünf Minuten Zeit habe, oder irgendwann ein ausführliches Feedback mit Notizen schreiben. Wie es mir gefällt.

                              Aber nicht nur in der Zeit, auch in der Form stehen ganz verschiedene Möglichkeiten nun unkompliziert zur Verfügung: Die Lehrkraft kann ganz knapp mündlich über den Messenger etwas anmerken, oder aber in das zugesandte Dokumente mit dem Stift hineinschreiben. Lehrer:innen können aber auch eine Audiobotschaft aufnehmen oder ein kleines Video. Das bedeutet, ich nutze genau die Form von Feedback, mit der ich die Lernenden in einem bestimmten Stadium der Arbeit am sinnvollsten erreiche. Mir steht die ganze Bandbreite zur Verfügung – von der Notiz bis zum kompletten Feedback mit Mimik, Gestik und Emotion, um meine Schüler:innen zum Beispiel aufzubauen.

                              Welche technischen Voraussetzungen braucht man als Lehrer für die Nutzung?

                              Das Rückmelde-Tool läuft auf allen Geräten. Es ist völlig egal, ob es ein Smartphone, ein Tablet oder die Web-Applikation ist. Völlig unabhängig davon können die Schülerinnen und Schüler jederzeit an jedem Gerät auf ihre Messages zugreifen. Sie können sich, genauso zeitversetzt wie ich geantwortet habe, das Feedback anhören – wann und wie oft sie wollen. Ich finde übrigens, das ist ein völlig unterschätzter Aspekt: in einer Geh-Besprechung zwischen zwei Schulstunden auf dem Flur verschwinden die Worte. In einem zugesandten Feedback über die Rückmeldebox ist alles gespeichert. 

                              Hilft das Instrument, wenn die Schüler vom Distanz- wieder in den Präsenzunterricht zurückkehren?

                              Da muss man definieren, was man mit Präsenzunterricht meint. Im Klassenzimmer selbst braucht man die Feedback-Box nicht. Aber für den Nicht-Fernunterricht hilft die Applikation trotzdem. Sie erweitert dadurch, dass sie auf dem Tablet oder dem Smartphone bereitsteht, das Klassenzimmer in Raum und Zeit. Nicht zu vergessen: es geht vor allem darum, dass die Schülerinnen und Schüler verlässlich Feedback zu ihren Aufgaben bekommen.

                              Pro-Tipp

                              Der besondere Tipp ist in meinen Augen die Betreuung einer Facharbeit oder einer Jahresarbeit in der zehnten Klasse. Hier entwickelt das Tool seine ganze Stärke, weil die Schüler:innen mir jederzeit ihren aktuellen Arbeitsstand schicken können. Der Lehrende ist damit so nah an der Arbeit seiner Schüler:innen wie nie zuvor. Ich kann mein Feedback dazu als Video geben, also mit Sprache und Kommentaren reagieren; oder direkt in einem PDF, das mir geschickt wurde, arbeiten und wieder zurückschicken. Meine Schülerinnen und Schüler können sich das so angucken und ohne komplizierte Terminabsprachen eine Woche später eben ihren neuen Arbeitsstand losschicken. So entsteht ein Kreisprozess dauernder Rückmeldungen, der face-to-face gar nicht möglich wäre. 

                              Kritik

                              Die Feedback-Box steht jetzt erst am Beginn ihres Entwicklungsprozesses in Deutschland. Das Tool ist schon einige Zeit in Dänemark auf dem Markt, aber man merkt trotzdem, dass da noch an einigen Ecken Features fehlen, die für ein besseres Arbeiten einfach notwendig sind – zum Beispiel nur Sprachnachrichten zu schicken.

                              Oliver Heidenreich ist Lehrer für Physik, Chemie und Astronomie an der Don-Bosco-Schule in Rostock. Im Podcast “Donnerstalk” spricht er mit Schüler:innen, Lehrkräften und Reformern über den Wandel des Lernens.

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                                24. bis 26. November 2021
                                Inspiration-Days
                                Bei ihrem zweite digitalen live Event gibt die App Teech an drei Tagen Schüler*innen die Möglichkeit, in verschiedenen digitalen Räumen an Vorträgen und Workshops teilzunehmen und sich interaktiv mit einzubringen. Mit dabei sind Stars wie Michael Ballack. Infos & Anmeldung

                                25. bis 27. November 2021
                                Deutscher Schulleitungskongress
                                Die “größte Fachveranstaltungen für Schulleitungen” findet 2021 in Präsenz statt. Ende November treffen sich Schulleitende aus ganz Deutschland im CCD Congress Center in Düsseldorf. Es wird 120 Speaker mit 100 Vorträgen geben. Die Veranstalter versprechen “sofort anwendbare Lösungen” und viel Networking. Das Komplettpaket mit Vollverpflegung kostet 650 Euro, der “Intensiv-Preworkshop” kostet 260 Euro. Infos & Anmeldung

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