Wenn wir über die Zukunft der Altersvorsorge in Deutschland sprechen, dann schließt das aktuell immer auch die Frage nach dem demografischen Wandel ein. In dem Zusammenhang wird in der öffentlichen Diskussion häufig suggeriert, dass die gesetzliche Rente nicht zukunftsfähig sei. Dem ist aber nicht so. Die gesetzliche Rente ist viel stabiler, als viele glauben. Denn die demografische Entwicklung in Deutschland ist nicht neu. Die Herausforderung ist schon lange bekannt und heute sogar kleiner als früher prognostiziert. Insgesamt erwarten wir, dass der Anstieg des Altenquotienten in den nächsten Jahren nicht stärker sein wird als in den Jahren 1990 bis 2010 und damals waren auch noch die zusätzlichen Finanzbedarfe im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung zu schultern.
Schon seit den 1980er-Jahren wurden zahlreiche Rentenreformen durchgeführt, die das Ziel hatten, die demografischen Belastungen gleichmäßig auf alle Beteiligten, Rentnerinnen und Rentner, Beitragszahlende und den Staat, zu verteilen. Die starke wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre mit steigender Erwerbsbeteiligung und sinkender Arbeitslosigkeit sowie die höhere Zuwanderung in den Arbeitsmarkt haben dazu geführt, dass wir heute mehr Beschäftigte haben, die in die Rentenversicherung einzahlen. Im Ergebnis ist heute der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung niedriger als noch in den 90er Jahren.
Aber natürlich bedeutet der demografische Wandel auch, dass bei der gesetzlichen Rentenversicherung einer steigenden Zahl an Rentnerinnen und Rentnern voraussichtlich eine sinkende Zahl an Beitragszahlenden gegenüberstehen wird. Das stellt die Alterssicherung in Deutschland insgesamt ganz klar vor Herausforderungen. Doch die im Umlagesystem organisierte, gesetzliche Rente ist anpassungsfähig und kann zukunftssicher gestaltet werden.
Entscheidend ist der Arbeitsmarkt: Ein Anstieg der Beschäftigung, beispielsweise bei den Frauen oder eine qualifizierte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt, können Schlüssel dafür sein. Da die wesentliche Finanzierung der Rente heute und auch zukünftig aus erwerbsbezogenen Beiträgen kommt, gilt: Je stabiler der Arbeitsmarkt ist, umso besser ist das für die Rentenversicherung.
Wichtige Stellschrauben für das System sind auch die Höhe des Rentenniveaus und des Beitragssatzes. Die bisherigen Haltelinien gelten nur noch bis 2030. Da dies wichtige Orientierungsgrößen sind, sollten wir uns darüber verständigen, welcher Rahmen gesellschaftlich akzeptabel ist. Bisher hatte ein Korridor, der zwischen 22 Prozent für den Beitragssatz und 43 Prozent für das Rentenniveau lag, die gesellschaftliche Akzeptanz.
Ich sage aber nicht, dass es nicht trotz allem weiterer Reformen bedarf, um die finanzielle Nachhaltigkeit der Altersvorsorge auch in Zukunft zu sichern. Dabei gilt es, das gesamte System der Altersvorsorge im Blick zu behalten. Die gesetzliche Rentenversicherung bietet viel mehr als nur die Auszahlung der Altersrenten. Sie zahlt Renten an Hinterbliebene, erbringt Leistungen in den Bereichen Prävention, Rehabilitation und berufliche Teilhabe und sichert das Risiko der Erwerbsminderung ab – ohne vorherige Gesundheitsprüfung und ohne zusätzliche Beiträge.
Für bestimmte Berufsgruppen und Menschen mit Vorerkrankungen ist dies auf dem privaten Markt kaum möglich. Als Folge der Riester-Reformen ist das Absicherungsniveau im Fall der Erwerbsminderung jedoch gesunken und konnte im Bereich der Zusatzvorsorge bisher nicht adäquat ausgeglichen werden. Sofern die Alterssicherung weiterhin an einem Mehrsäulensystem ausgerichtet sein soll, sollten daher unter anderem folgende Punkte bei der Diskussion berücksichtigt werden:
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich die gesetzliche Rentenversicherung durch ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit und Stabilität auszeichnet. Insgesamt sollte das gesamte System der Altersvorsorge im Blick behalten werden. So bedarf es gezielter Maßnahmen, um den Anteil an betrieblicher und staatlich geförderter privater Altersvorsorge mit lebenslanger Auszahlung zu erhöhen. Hier wäre die Einführung eines Obligatoriums denkbar. Darüber hinaus könnte man die Einbeziehung nicht obligatorisch abgesicherter Selbständiger in die gesetzliche Rentenversicherung in Betracht ziehen.