Analyse
Erscheinungsdatum: 04. November 2024

Zukunft der Sozialverwaltung: Wie sich die Bundesagentur für Arbeit neu aufstellen will

Die BA gilt als die größte Behörde Europas. Um sich besser für ihre vielfältigen Aufgaben zu rüsten, plant sie eine Strukturreform – und steht gleichzeitig unter Druck.

Die Bundesagentur für Arbeit hat große Herausforderungen vor sich: Sie soll nicht nur Arbeitslose qualifizieren, sondern auch Fachkräften bei der Einwanderung helfen, Arbeitgeber bei der Transformation unterstützen und Jugendliche auf den Beruf vorbereiten. Die Behörde ist permanent im Wandel: Öffentlich hat sie deshalb eine „Strategie 2025“ sowie nach innen ein „Zukunftsprojekt intern“ und ein „Zukunftsprojekt operativ“ ausgerufen. Im Kern geht es darum, die Dienstleistungen und Prozesse zu verbessern.

Ein wichtiger Teil davon sind Digitalisierung und Automatisierung, zumal die BA selbst unter Fachkräftemangel leidet. Schon 2023 erfüllte sie als erste Großbehörde die Vorgaben des Onlinezugangsgesetzes und will zu Beginn des kommenden Jahres auch eine Bürgergeld-App veröffentlichen. Vor einigen Monaten war sie schon an der Erstellung der Digitalisierungsstrategie des BMAS beteiligt. Unter dem Schlagwort BA-FLÄX plant sie jetzt zudem eine Strukturreform.

Für 2026 ist etwa die Fusion von je zwei Arbeitsagenturen in NRW, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg geplant. Ursprünglich waren noch mehr Fusionen angedacht, aber die Gruppe der Arbeitnehmer im Gremium fürchtete um die Präsenz der Einrichtungen in der Fläche.

Ab November soll daher jeder der 150 Agenturbezirke mit insgesamt rund 600 Niederlassungen erst mal einen Vorschlag erarbeiten mit Größenvarianten von XXS bis XXL. Die kleinste würde heißen: Angebot nur online, per Video oder Telefon; in der größten kämen etwa ein Vor-Ort-Angebot sowohl mit als auch ohne Termin hinzu. In jedem Agenturbezirk ist mindestens eine Dienststelle der Variante XXL oder XL vorgesehen, die mindestens 20 Stunden pro Woche ohne Termin für Kunden offen ist.

Grundsätzlich soll dieser terminlose Zugang aber stark eingeschränkt werden, das heißt nicht mehr zwingend in jedem Landkreis möglich sein. Der primäre Kundenkanal für den Zugang zur BA wäre dann auf Dauer das Online-Angebot. Wer es nicht nutzen kann oder will, soll telefonisch oder innerhalb von drei Tagen persönlich vor Ort Unterstützung bekommen.

Bis März tragen die zehn Regionaldirektionen die Vorschläge der Agenturen beim BA-Vorstand zusammen. Die Zentrale in Nürnberg bewertet diese anschließend bis Mai und legt mögliche Personalmehrbedarfe für den Haushalt 2026 fest – wobei die Maßgabe gilt, dass die Zahl von 170 Vollzeitäquivalenten nicht überschritten werden soll. Die Einrichtungen, die mit ihrer bisherigen Beschäftigtenzahl auskommen, können ihre Änderungen in Sachen Kundenzugang möglichst früh umsetzen, lautet die Ansage – möglichst noch vor der nächsten Verwaltungsratssitzung im Juli.

Weil die BA immer wieder neue Aufgaben übertragen bekommt, warnte die Behörde im September vor einer drohenden Überlastung. Mit Blick auf aktuelle Vorhaben wie die Übertragung der Zuständigkeit für Reha und Fortbildung, das SGB-III-Modernisierungsgesetz und die sogenannte Wachstumsinitiative sagte die Vorstandsvorsitzende Andrea Nahles, das „Ende der Fahnenstange“ sei erreicht. Der Verwaltungsrat äußerte sich ähnlich: Anja Piel von der Arbeitnehmerseite sagte, man könne die BA nicht „je nach Tageslage auspressen wie eine Zitrone“.

Die derzeitige Verwaltungsratsvorsitzende Christina Ramb, die die Arbeitgeberseite vertritt, sagte, die Politik müsse aufhören, „sich an der Beitragskasse zu vergreifen“. Im Interview mit Table.Briefings fügte sie hinzu, die BA sei „nicht der verlängerte Arm des BMAS“. Bei der Vorstellung der neuesten Arbeitslosenzahlen Ende Oktober bekräftigte Nahles ihre Kritik und verkündete, man habe „Grenzen der finanziellen Möglichkeiten“ erreicht. Das müsse, so ihre Vermutung, das Parlament aber erst einmal verstehen.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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