Es waren zwei perfekte Termine, mit denen Robert Habeck am Montag nach drei Wochen Urlaub gut gebräunt wieder ins politische Geschäft eingestiegen ist: Im niedersächsischen Lingen – bisher vor allem für seine beiden Atomkraftwerke bekannt – nahm er beim Stromnetzbetreiber Amprion zunächst einen sogenannten Phasenschiebertransformator in Betrieb. Das ist ein Gerät, das eine bessere Auslastung der Stromnetze ermöglicht. Es sorgt dafür, dass Windräder seltener abgeregelt werden müssen und die Netzentgelte sinken. Anschließend besichtigte er beim Stromkonzern RWE einen Elektrolyseur, mit dem grüner Wasserstoff erzeugt werden kann – jener Stoff, der vor allem der Stahl- und Chemieindustrie den Abschied von Kohle, Öl und Gas ermöglichen soll. Beides sind Projekte, die Fortschritte bei der Energiewende belegen.
Doch der Wirtschaftsminister beließ es nicht dabei, diese zu loben. Sondern er nutzte seine beiden Reden dazu, die positive Entwicklung im Stromsektor aufs ganze Land zu übertragen – und gab damit erste Hinweise, mit welcher Erzählung er seine Kanzlerkandidatur verbinden könnte. Die ist zwar noch nicht offiziell verkündet, aber nach der Absage von Annalena Baerbock praktisch entschieden. Die Urlaubszeit, die er im heimischen Flensburg und im nahen Dänemark verbracht hat, hat offenbar Zeit für ein paar grundsätzlichere strategische Überlegungen gelassen.
Entscheidend für politische Erfolge sei, so Habecks Botschaft, auf Zusammenarbeit, statt auf Konfrontation zu setzen. Ziel müsse sein, „dass wir in einer kooperativen Gemeinschaft, dort wo Probleme auftauchen, uns hinsetzen, sie bereden, versuchen, Lösungen zu finden, und diese Lösungen dann auch umsetzen“, sagte Habeck. „Die letzten zwei, drei Jahre haben gezeigt, dass Politik einen Unterschied machen kann und dass wir den Hebel umgelegt bekommen können.“
Rhetorisch bediente sich der Vizekanzler auch bei der Ex-Kanzlerin. „Wir haben bewiesen in der Vergangenheit, dass wir können, wenn wir müssen“, sagte er. Nun sei die Frage: „Geht es auch, wenn wir uns unterhaken, weil wir es wollen?“ Das sei eine Frage, „die größer ist als der Stromnetzausbau“, so Habeck. „Das ist eine Frage, die Deutschland beantworten muss.“ Seine Antwort war dabei klar. „Wir können das alles schaffen.“ Eine Aussage, die nicht zufällig an Angela Merkels berühmtes „Wir schaffen das“ erinnern dürfte. Die Botschaft: Während Friedrich Merz auf maximale Abgrenzung zur Altkanzlerin setzt, sieht Habeck sich ihr durchaus verbunden – auch wenn er gleichzeitig stets darauf hinweist, wie viele Aufgaben während ihrer Amtszeit liegengeblieben sind.