Analyse
Erscheinungsdatum: 18. August 2024

Wie ein wichtiges Gutachten zu klimaschädlichen Subventionen monatelang zurückgehalten wurde 

Von der Abschaffung klimaschädlicher Subventionen würden Umwelt und Haushalt gleichermaßen profitieren. Doch ein wichtiges Gutachten, das die Voraussetzungen dafür schaffen sollte, wurde vom BMWK ein Dreivierteljahr lang nicht veröffentlicht. Jetzt liegt es vor – und zeigt den größten Handlungsbedarf im Verkehrssektor.

Es war ein zentrales Vorhaben der Ampel-Koalition, von dem die Staatsfinanzen und das Klima gleichzeitig profitieren sollten: der Abbau sogenannter klimaschädlicher Subventionen. Schon im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP festgelegt, dass sie „zusätzliche Haushaltsspielräume“ gewinnen wollten, indem „umwelt- und klimaschädliche Subventionen“ abgebaut werden. Doch passiert ist in den ersten drei Jahren der Regierung fast nichts dergleichen.

Das liegt unter anderem daran, dass es bisher kaum Daten dazu gab, welche Subventionen welchen genauen Effekt aufs Klima haben. Um das zu ändern, hat das für Klimaschutz zuständige Wirtschaftsministerium ein umfangreiches Gutachten in Auftrag gegeben. Sechs renommierte Forschungsinstitute – darunter das Öko-Institut, Prognos und Fraunhofer – arbeiteten gemeinsam daran. Doch obwohl es bereits im November vergangenen Jahres fertiggestellt und dem Ministerium übergeben wurde, ist es bisher nicht veröffentlicht worden.

An diesem Montag soll es nun endlich publiziert werden – nachdem die Arbeit an den meisten relevanten Klimagesetzen abgeschlossen und der letzte Haushaltsentwurf dieser Regierung fertiggestellt ist. Als Grund für die monatelange Verzögerung erklärt das Ministerium auf Anfrage, das Gutachten sei zuvor noch nicht fertig gewesen. Die gleiche Antwort hatte auch die Deutsche Umwelthilfe bekommen, die nach dem Informationsfreiheitsgesetz die Übermittlung des Berichts beantragt hatte: Die Arbeiten daran seien „noch nicht abgeschlossen“, schrieb das BMWK Mitte Juli zur Begründung für die Ablehnung.

Doch diese Aussage ist zweifelhaft. Der finale Entwurf der Studie, der Table.Briefings vorliegt, trägt auf der Titelseite das Datum 10.11.2023. Einer der Mitautoren bestätigte auf Anfrage, dass das Datum in Bezug auf die wesentlichen inhaltlichen Arbeiten korrekt sei. Daraufhin räumte auch das BMWK ein, dass seit November 2023 inhaltlich nichts mehr geändert, sondern lediglich noch „Begrifflichkeiten geklärt“ worden seien. Umwelthilfe-Geschäftsführer Jürgen Resch reagierte empört. „Seit Fertigstellung des Berichts wurde die Bundesregierung in Klageverfahren der Deutschen Umwelthilfe mehrfach von Gerichten wegen ihrer unzureichenden und rechtswidrigen Klimapolitik verurteilt“, sagte er Table.Briefings. „Doch anstatt Geld und Treibhausgasemissionen einzusparen, täuscht die Bundesregierung lieber die Öffentlichkeit.“

Über den Grund für die monatelange Nicht-Veröffentlichung kann nur spekuliert werden. Es scheint naheliegend, dass das BMWK die Studie im vergangenen Herbst zurückgehalten hat, um angesichts des ohnehin schon heftigen Streits um die Reform des Klimaschutzgesetzes und den Haushalt keine neuen Konflikte zu starten. Auch dass die Studie nun nicht durch das Ministerium selbst veröffentlicht wird, sondern nur auf die Webseite des Öko-Instituts gestellt werden soll, spricht dafür, dass das BMWK ihr nicht allzu viel Aufmerksamkeit wünscht.

Denn ihre Inhalte bergen erhebliches Konfliktpotenzial, vor allem mit der FDP: Im Verkehrssektor, für den sie zuständig ist, sind sowohl die Subventionen und Vergünstigungen als auch die dadurch verursachten CO₂-Emissionen mit Abstand am höchsten. Pro Jahr fallen durch Dieselsteuerermäßigung, Entfernungspauschale, Dienstwagenprivileg und Steuerbefreiungen für den Flugverkehr Mindereinnahmen von rund 25 Milliarden Euro an; gleichzeitig erhöhen diese Privilegien der Studie zufolge die Emissionen bis zum Jahr 2030 insgesamt um mehr als 50 Millionen Tonnen CO₂. Welche spannenden Zahlen sich sonst noch im Bericht finden – auch zu Staatsausgaben, die dem Klima nützen –, lesen Sie in einem Alert des Climate.Table.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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