Lässt sich der festgefahrene Streit um den Haushalt 2025 doch noch auflösen? In der Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion am Dienstag verbreitete der Kanzler Optimismus, präsentierte sich aufgeschlossen und zugewandt, ganz anders als noch vor zwei Wochen. Die Fraktion jedenfalls fand zum Glauben zurück, dass im Haushalt für das kommende Jahr doch noch eine sozialdemokratische Handschrift erkennbar werden könnte.
Zu Beginn gab sich der Olaf Scholz für seine Verhältnisse geradezu empathisch. Mützenich, der an diesem Dienstag seinen 65. Geburtstag hatte, sei „ein besonderer Mensch”. Der Kanzler bekräftigte, dass sich die Fraktion darauf verlassen könne, „dass ich alles daransetzen werde“, Kürzungen im sozialen Gefüge zu verhindern. Der Entwurf stehe in weiten Teilen, mit Verpflichtungen, auch Kürzungen. Die Chefverhandler – der Kanzler, Robert Habeck, Christian Lindner – seien sich aber einig, dass es einen erheblichen Investitionsbedarf gebe, „und wenn dann noch eine Lücke ist, werden wir schauen, wie wir sie schließen“. Woraus nicht wenige Abgeordnete schlossen, dass neue Schulden in Anbetracht des hohen Bedarfs nicht gänzlich ausgeschlossen sind.
Vor der Sitzung hatte Fraktionschef Rolf Mützenich den Druck noch einmal erhöht. Die Fraktion habe die Erwartung, „dass dieses Land weiter reformiert und modernisiert wird“. Die Bundesregierung müsse investieren. Im Übrigen sei die Ampel „gut beraten, klare politische Festlegungen mit uns zu teilen“. Und schließlich: „Ich erwarte vom Bundeskanzler, dass er nächste Woche klare politische Erklärungen abgibt, wie der Haushalt aussieht.” Die kommende Woche ist die letzte Sitzungswoche vor der Sommerpause. Es gehe um „Klarheit, wo der Haushalt hinsteuert und wo die Fraktion gegebenenfalls noch nachsteuern muss“. So deutlich in Richtung Regierung und Kanzler war der Fraktionschef bisher nicht geworden.
Zu Wochenbeginn hatten die drei Strömungen der Fraktion zum ersten Mal überhaupt zu einem gemeinsamen Papier zusammengefunden. Darin kritisierten sie hart „das Dogma der Schwarzen Null“, es bedeute „Stillstand und wirtschaftliche Unvernunft“. Es gehe jetzt um einen tragfähigen Haushalt: „Angesichts der außergewöhnlichen Notsituationen in der Ukraine und den deutschen Flutgebieten sollten wir auch in diesem Jahr die Ausnahmeregelung der Schuldenbremse nutzen.“ Die schwache Konjunktur erfordere zudem „eine Reform der Konjunkturkomponente, damit unserer Wirtschaft nicht die Luft zum Atmen genommen wird“. Die Botschaft an den Finanzminister war deutlich; ob das Papier eher Kritik am oder Rückendeckung für den Kanzler war, war nicht eindeutig erkennbar.
Zumindest der Fahrplan steht jetzt. Am 17. Juli will das Kabinett den Budgetentwurf verabschieden, noch am gleichen Tag will die SPD in einer Sondersitzung über die Vorlage beraten. Danach werden sich die Haushaltsexperten über die Zahlen beugen. Von einem „Dynamisierungspaket“ in Höhe von rund 25 Milliarden Euro ist die Rede, mit dem Ausgaben für die Bahn und Autobahnen, Digitalisierungsprojekte und Forschungseinrichtungen finanziert werden sollen. Fällt die Modernisierungskomponente deutlich höher aus, so ist zu hören, müssten die Einzelressorts Einbußen hinnehmen. Die FDP-Fraktion hält eine Sondersitzung zum Haushalt in der Sommerpause vorläufig nicht für nötig: Die Liberalen vertrauen ihrem Finanzminister.