Monatelang gab es beim Klimaschutzgesetz keinerlei Bewegung, doch nun soll es plötzlich sehr schnell gehen: Nachdem in der vergangenen Woche eine politische Einigung verkündet worden war und seit wenigen Tagen ein entsprechender Änderungsantrag vorliegt, soll die umstrittene Novelle schon an diesem Freitag final vom Bundestag beschlossen werden. Allerdings droht der Koalition nach dem Desaster rund um das Heizungsgesetz erneut eine Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht.
Der CDU-MdB Thomas Heilmann sieht beim Verfahren Verfassungsverstöße. Der jetzige Entwurf des Klimaschutzgesetzes enthalte einen neuen Verfahrensgegenstand, der zwingend einer weiteren Anhörung und einer intensiveren parlamentarischen Beratung bedürfe, sagte Heilmann zu Table.Briefings. Mit dieser Argumentation hatte Heilmann im vergangenen Sommer erfolgreich die kurze Beratung beim Heizungsgesetz vor dem Verfassungsgericht beklagt. Auf die Frage, ob er erneut das Verfassungsgericht anruft, zeigte er sich überzeugt, dass die Ampel am Mittwoch im Ausschuss das Verfahren noch einmal verändern würde.
Auch aus inhaltlichen Gründen hält Heilmann das Gesetz für möglicherweise verfassungswidrig. „Die Ampel entkernt wesentliche Nachbesserungsinstrumente des bisherigen Klimaschutzgesetzes“, argumentiert er. Der neue Entwurf behandele zwar auch das kommende Jahrzehnt. Heilmann: „Gleichzeitig reduziert der Entwurf aber die notwendigen vorbereitenden Maßnahmen für das entscheidende nächste Jahrzehnt.“
Umweltorganisationen sehen ebenfalls eine Verschlechterung des Klimaschutzes. Der werde weiter abgeschwächt, weshalb sie eine Verfassungsbeschwerde ankündigen. Die Deutsche Umwelthilfe argumentiert, die Emissionsprognosen für das kommende Jahrzehnt müssten laut neuem Gesetzestext erst ab 2029 veröffentlicht werden. Auf diese Weise werde aus den vermeintlich zusätzlichen Pflichten für das nächste Jahrzehnt tatsächlich für die nächsten fünf Jahre erst einmal ein Minus im Vergleich zum geltenden Klimaschutzgesetz.
Rechtsanwalt Remo Klinger rechnet damit, dass auch das neue Klimaschutzgesetz vor Gericht landen wird. „Ich halte weitere Klagen für wahrscheinlich“, sagte der Jurist, der bereits an der erfolgreichen Klimaschutz-Klage in Karlsruhe beteiligt war. Schon der Regierungsentwurf war Klingers Einschätzung zufolge verfassungswidrig: „Daran hat sich durch den Antrag der Fraktionen nichts Substanzielles geändert.“ Parallel dazu droht auch ein Urteil vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Dieser urteilte Anfang April, dass es ein Menschenrecht auf Klimaschutz gibt. Eine Analyse zu den möglichen Konsequenzen des Urteils für Deutschland finden Sie hier.