Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nutzte seinen Auftritt beim Berlin Global Dialogue diese Woche in der Hauptstadt, um noch einmal für die von der EU geplanten Strafzölle gegen chinesische Auto-Importe zu werben. Die Bundesregierung aber kann sich für seinen Kurs nicht erwärmen. Obwohl das von den Grünen geführte Wirtschaftsministerium mitgegangen wäre, hat Kanzler Olaf Scholz in finalen Gesprächen der Koalitionsspitzen von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht und durchgesetzt, dass Deutschland bei der Abstimmung am Freitag mit Nein stimmen wird. Finanzminister Christian Lindne r unterstützte das; Vizekanzler Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock hatten zunächst für eine Enthaltung plädiert, tragen das Nein aber nach Informationen von Table.Briefings nun mit. Aller Voraussicht nach wird jedoch ein Nein aus Deutschland die Zölle nicht aufhalten können, weil genügend EU-Staaten am Freitag für die Strafzölle stimmen dürften.
In der FDP hatte es zuvor geheißen, eine Enthaltung helfe niemandem. Man dürfe der Autoindustrie, einer Schlüsselindustrie im Land mit Millionen von Arbeitsplätzen, durch einen Handelskonflikt mit China nicht in den Rücken fallen. Die Zölle sollten daher klar abgelehnt werden. Ähnlich argumentiert der Kanzler.
Macron dagegen hatte in der Hochschule ESMT am Mittwoch für ein „level playing field” geworben und auf die 100-prozentigen Strafzölle der USA gegen China hingewiesen. Auch China habe ja mit Zöllen gegen Branntwein gedroht, sagte der Präsident und erinnerte an die Cognac-Nation Frankreich. Grünen-Wirtschaftsminister Habeck betonte diese Woche, dass er Strafzölle ablehne und man eine politische Lösung mit China finden müsse. Er bevorzuge eine Verhandlungslösung, etwa in Form von Mindestpreisen für chinesische E-Autos.
„Ich bin komplett gegen die Zölle“, hatte der Wirtschaftsminister beim Berlin Global Dialogue erklärt. „Die Frage ist, auf welchem Weg können wir in dieser konkreten Situation eine politische Lösung finden?“ Zugleich mahnte er, dass die EU geschlossen gegenüber Peking auftreten müsse. Wohl auch deshalb lehnte Habeck ein Nein – wie von Lindner gefordert – zunächst ab.
Die Auto-Industrie ist für ein Nein. Mercedes-Chef Ola Källenius sagte am Mittwoch: „Wenn ich Deutschland wäre, würde ich mit Nein stimmen. Nicht, um unsere Verhandlungsposition zu schwächen, sondern um zu signalisieren, dass wir über eine faire Win-Win-Situation mit fairen Wettbewerbsbedingungen verhandeln wollen.“ Die Zölle gefährdeten auch das Geschäft von Mercedes, Fahrzeuge in China zu produzieren und nach Europa zu exportieren. Der Verband der Autoindustrie warnt davor, dass die Zusatzzölle die Wettbewerbsfähigkeit der ohnehin kriselnden europäischen Autoindustrie gefährden könnten.
Die Zusatzzölle sind in einer Höhe von 7,8 Prozent für Tesla bis zu 35,8 Prozent für SAIC veranschlagt. Andere Hersteller wie BYD und Geely liegen dazwischen. Dazu kommen zehn Prozent Zoll, die ohnehin schon gelten. Rückwirkend werden die seit Juli geltenden Zusatzzölle in Form von Bankgarantien nicht eingeholt. Das hatte die EU-Kommission bereits mitgeteilt. Wie sich die EU-Staaten zu den Zöllen positionieren, lesen Sie im Europe.Table.