Analyse
Erscheinungsdatum: 04. März 2025

Die Grünen und der Merz’sche Dreifach-Wumms: Warum nicht alles in trockenen Tüchern ist.  

Als CDU und SPD die Einigung auf ihr Milliarden-Paket verkünden, werden die Grünen bis zum Ende ausgespart. Dabei müssten sie einer Verfassungsänderung zur Schuldenbremse zustimmen. Wie sehr die Partei damit hadert, scheint Friedrich Merz zu unterschätzen.

Die abendliche Überraschung, von Union und SPD als Dreifach-Wumms für Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur präsentiert, soll die Entschlossenheit der angehenden neuen Regierung demonstrieren, auf die Veränderungen der Welt adäquat zu reagieren. Doch so resolut das auf den ersten Blick auch aussehen mag – noch kann Friedrich Merz nicht sicher sein, bei der geplanten Abstimmung in der kommenden Woche tatsächlich die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit zu bekommen. Der Grund ist er selbst. Denn obwohl er seit dem Wahlabend weiß, dass er auch für diesen Schritt die Grünen brauchen wird, hat er es bis zu diesem Abend versäumt, sie auch nur grob in seine Pläne einzuweihen.

Die Folge: Nun sieht es nach einem Friss-oder-stirb aus. Erst unmittelbar vor dem Auftritt am Dienstagabend erhielten die Grünen erste Informationen. Für eine Partei und Fraktion, die für eine Mehrheit zwingend gebraucht wird, ist das ein denkbar provozierender Gestus. Entsprechend verhärtet ist die Stimmung in der alten und bis auf Weiteres auch neuen weiteren Führung der Partei. Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann sagte Table.Briefings: „Merz und Söder haben mit ihrem Auftritt keinen Funken Demut gezeigt.“ Und das, obwohl sie den Wählern wochenlang das Gegenteil erzählt hätten. „Was Union und SPD der Öffentlichkeit vorenthalten haben: für alles, was sie vorschlagen, brauchen sie Dritte im Parlament.“ „Guter Stil ist anders, da bleiben sich die Herren treu”, klagt auch der Parteivorsitzende Felix Banaszak. Offenkundig fehlte dem CDU-Chef bisher der Wille, mit ihnen gemeinsam das Für und Wider der Lage abzuwägen.

Merz unterschätzt, was das bei den Grünen ausgelöst hat.Die Partei, die von niemandem so aggressiv bekämpft wurde, wie von Markus Söder, muss seit der Wahl zusehen, wie Merz nahezu alles auf den Kopf stellt, was er im Wahlkampf als Argument gegen die Grünen eingesetzt hatte. Spricht man mit führenden Grünen, spürt man eine immer tiefergehende Abneigung, für Merz und seine Pläne die Hand zu heben. „Wer unsere Stimmen will, wird mit uns verhandeln müssen“, heißt es bei den Grünen. Fraktionschefin Katharina Dröge sagte Table.Briefings: „Friedrich Merz war auf diese Situation nicht vorbereitet. Das ist einigermaßen erschütternd.“

Mit ihrem Zorn wirken die Grünen engstirniger als sie es lange waren. Viele Christdemokraten gehen davon aus, dass die Partei am Ende gar nicht anders könne als das ganze Paket mitzutragen. Tatsächlich haben die Grünen in der Vergangenheit nicht nur ihre staatspolitische Verantwortung betont, das Paket entspricht auch weitgehend ihren Forderungen. Hätten diese Christdemokraten aber genauer hingehört (hätten sie also tatsächlich früher mit den Grünen gesprochen), dann wüssten sie längst, dass gerade jene, die im Wahlkampf für ein Bündnis mit der Union offenblieben, immer härter Nein sagen. Co-Parteichefin Franziska Brantner sagte am Abend: „Merz und Söder haben monatelang verhindert und verunglimpft, was sie jetzt machen.” Das koste Vertrauen in die Demokratie. „Dafür tragen die beiden Herren die Verantwortung.” Auch wenn die Grünen am Abend ankündigten, dass sie nun alles genau prüfen werden – die Nachwehen der Söder’schen Angriffe und der Ärger über Merz’ ausbleibende Gesprächseinladung sind größer, als es dem CDU-Chef vor der Abstimmung im Bundestag lieb sein kann.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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