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Wissenschaftsfreiheit

Table.Standpunkt

Warum institutionelle Neutralität für Universitäten essenziell ist

Universitäten dürfen nicht zu politischen Spielfeldern werden, fordert Daniel Diermeier von der Vanderbilt University in seinem Standpunkt. Ein konsequentes, institutionelles Neutralitätsgebot helfe, das zu verhindern und eine Umgebung für freie, offene Debatte, Lehre und Forschung zu schaffen.

Von Experts Table.Briefings

Professor Joybrato Mukherjee, neuer Rektor der Universität zu Köln, am Tag der Erstsemesterbegrüßung zum Wintersemester 2023/24 an der Uni Köln. Köln, 09.10.2023 NRW Deutschland *** Professor Joybrato Mukherjee, new rector of the University of Cologne, on the day of the first semester welcome for the winter semester 2023 24 at the University of Cologne Cologne, 09 10 2023 NRW Germany Copyright: xChristophxHardtx
Interview

Kölner Uni-Rektor Mukherjee über die Ausladung der Philosophin Nancy Fraser: „Der entscheidende Punkt war der Boykottaufruf“

Die Entscheidung der Universität zu Köln, die Albertus-Magnus-Professur doch nicht an die US-Philosophin Nancy Fraser zu vergeben, löst heftige Debatten aus. Fraser selbst, ihre Universität und zahlreiche Wissenschaftler und Kommentatoren kritisieren den Kölner Rektor Joybrato Mukherjee scharf. Im Gespräch mit Table.Briefings erläutert er seine Beweggründe.

Von Markus Weisskopf

News

BBAW geht auf Distanz zum Netzwerk Wissenschaftsfreiheit

Ein Termin wird zum Politikum: Das Netzwerk für Wissenschaftsfreiheit verleiht in den Räumen der BBAW einen Preis. Das Netzwerk ist schon länger umstritten. Nun wurde bekannt, dass eines seiner Mitglieder, Ulrich Vosgerau, an dem Potsdamer Geheimtreffen teilgenommen hat.

Von Anne Brüning

Die Wissenschaftsfreiheit ist ein zentraler Bestandteil jeder demokratischen Gesellschaft. Sie garantiert, dass Forschung und Lehre unabhängig von politischer, religiöser oder wirtschaftlicher Einflussnahme betrieben werden können. Ohne diese Freiheit wären wissenschaftliche Fortschritte und Innovationen gefährdet, und gesellschaftlicher Fortschritt könnte zum Stillstand kommen. Die Freiheit der Wissenschaft stellt sicher, dass Forscher ungehindert neue Ideen entwickeln, bestehende Konzepte hinterfragen und gesellschaftlich relevante Fragen untersuchen können, ohne Repressalien oder Zensur zu befürchten. Lesen Sie hier alles über die Bedeutung der Wissenschaftsfreiheit, ihre Geschichte und aktuelle Herausforderungen von der Table.Briefings-Redaktion.

Was bedeutet Wissenschaftsfreiheit? 

Wissenschaftsfreiheit

bedeutet, dass Forscher und akademische Institutionen das Recht haben, ihre Arbeit ohne äußeren Druck oder Einfluss zu verrichten. Sie ist im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (Art. 5 Abs. 3 GG) verankert. Die Wissenschaftsfreiheit umfasst die Freiheit der Forschung, also das Recht, Forschungsfragen und -methoden selbst zu wählen, sowie die

Freiheit der Lehre

, also das Recht, Inhalte und Formen des Unterrichts frei zu bestimmen. Diese Freiheit ist essenziell, um sicherzustellen, dass Wissenschaftler unabhängige Forschung betreiben können, die zur Verbesserung des Wissensstandes und zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beiträgt. Sie schützt die Wissenschaft vor ideologischen, politischen oder wirtschaftlichen Interessen, die versuchen könnten, Forschungsergebnisse zu beeinflussen oder zu zensieren. 

Die Geschichte der Wissenschaftsfreiheit

Die Geschichte der

Wissenschaftsfreiheit

ist eng mit der Entwicklung der modernen Universitäten und der Aufklärung verbunden. Im 17. und 18. Jahrhundert, als die Wissenschaft begann, sich von religiösen und staatlichen Zwängen zu befreien, wurde die Idee der freien Forschung und Lehre immer bedeutender. In Deutschland war es vor allem Wilhelm von Humboldt, der Anfang des 19. Jahrhunderts das Prinzip der Wissenschaftsfreiheit in der universitären Bildung verankerte. Die von ihm gegründete Humboldt-Universität in Berlin gilt als Vorbild für moderne Universitäten weltweit, in denen Forschung und Lehre eng miteinander verknüpft sind und die Freiheit der Wissenschaft eine zentrale Rolle spielt. 

Bedeutung der Wissenschaftsfreiheit für die Gesellschaft

Die

Wissenschaftsfreiheit

trägt maßgeblich zum Wohlstand und zur Weiterentwicklung einer Gesellschaft bei. Freie Wissenschaft ermöglicht es, unvoreingenommen Fragen zu stellen, Forschungsergebnisse kritisch zu hinterfragen und neue Erkenntnisse zu gewinnen. Dies gilt sowohl für die

Grundlagenforschung

, die oft zunächst ohne direkten Anwendungsbezug betrieben wird, als auch für die

angewandte Forschung

, die sich gezielt auf die Lösung konkreter gesellschaftlicher oder technischer Probleme konzentriert. Eine Gesellschaft, die die

Wissenschaftsfreiheit

achtet, schafft die Voraussetzungen für Innovation und Fortschritt. Die Freiheit der Wissenschaft ist eine wesentliche Voraussetzung für die Generierung neuen Wissens und damit für die Entwicklung innovativer Ansätze in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen, darunter auch in der Medizin und den Umweltwissenschaften. Auch in Zukunft ist die Wissenschaftsfreiheit von entscheidender Bedeutung, um komplexe globale Herausforderungen wie den Klimawandel, Pandemien oder den Umgang mit Künstlicher Intelligenz zu bewältigen. 

Aktuelle Herausforderungen der Wissenschaftsfreiheit 

Trotz ihrer fundamentalen Bedeutung steht die

Wissenschaftsfreiheit

weltweit unter Druck. Hier sind einige der größten Herausforderungen, mit denen Wissenschaftler heute konfrontiert sind:

Politische Einflussnahme

In vielen Ländern werden Wissenschaftler eingeschüchtert oder zensiert, wenn ihre Forschungsergebnisse den politischen Interessen der Regierung widersprechen. Dies betrifft insbesondere Themen wie den Klimawandel, die öffentliche Gesundheit oder die Menschenrechte. Solche Eingriffe gefährden nicht nur die Freiheit der Forschung, sondern auch die Glaubwürdigkeit und Objektivität der Wissenschaft.

Wirtschaftlicher Druck

Die zunehmende Kommerzialisierung der Wissenschaft, insbesondere durch die enge Zusammenarbeit von Universitäten mit Unternehmen, birgt das Risiko, dass Forschungsergebnisse durch wirtschaftliche Interessen beeinflusst werden. Unternehmen, die in Forschung investieren, können Druck auf Wissenschaftler ausüben, um Ergebnisse zu ihren Gunsten zu beeinflussen oder unliebsame Erkenntnisse zurückzuhalten.

Forschungsfreiheit und Sicherheit

In einigen Ländern werden Wissenschaftler und Forscher wegen ihrer Arbeit verfolgt, bedroht oder inhaftiert. Solche Repressionen gefährden nicht nur das Leben und die Karriere einzelner Wissenschaftler, sondern schränken auch die Freiheit der Forschung ein und verhindern den Fortschritt in wichtigen Bereichen.

Fake News und Wissenschaftsskepsis

Ein weiteres Problem ist die zunehmende Wissenschaftsskepsis in Teilen der Bevölkerung. Fake News und Verschwörungstheorien, die durch soziale Medien verbreitet werden, untergraben das Vertrauen in wissenschaftliche Erkenntnisse.

Unterfinanzierung der Forschung

In vielen Ländern, auch in Deutschland, klagen Wissenschaftler über eine mangelnde finanzielle Unterstützung ihrer Forschungsarbeit. Wenn es an ausreichenden Mitteln fehlt, wird die freie und unabhängige Forschung eingeschränkt, da Wissenschaftler gezwungen sind, sich auf Projekte zu konzentrieren, die kurzfristige Ergebnisse versprechen, anstatt langfristige Forschung zu betreiben.

Wissenschaftsfreiheit in Deutschland

In Deutschland ist die

Wissenschaftsfreiheit

durch das Grundgesetz geschützt. Dieser Schutz ermöglicht es Forschern, ohne äußere Beeinflussung zu arbeiten. Dennoch gibt es auch hier Herausforderungen.

Schutz der Wissenschaftsfreiheit

Um die

Wissenschaftsfreiheit

auch in Zukunft zu sichern, sind verschiedene Maßnahmen erforderlich: 

Stärkung des rechtlichen Rahmens

Es ist wichtig, dass nationale und internationale Gesetze die Freiheit der Forschung und Lehre garantieren und Wissenschaftler vor politischer Verfolgung und wirtschaftlichem Druck schützen. 

Transparenz in der Zusammenarbeit mit der Industrie

Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sollten transparent gestaltet sein, um sicherzustellen, dass wissenschaftliche Unabhängigkeit gewahrt bleibt und Forschungsergebnisse nicht durch wirtschaftliche Interessen verfälscht werden. 

Förderung einer offenen Wissenschaftskultur

Die Wissenschaft muss offen und zugänglich sein. Dies impliziert, dass Forschungsergebnisse frei verfügbar gemacht werden sollten (

Open Access

) und Wissenschaftler dazu ermutigt werden sollten, ihre Forschungsergebnisse in der Öffentlichkeit zu diskutieren und zu erklären. 

Schutz von Wissenschaftlern

Wissenschaftler, die wegen ihrer Forschung bedroht oder verfolgt werden, verdienen internationalen Schutz und Unterstützung. Organisationen wie das „Scholars at Risk“-Netzwerk bieten gefährdeten Forschern Zuflucht und Unterstützung.Die

Wissenschaftsfreiheit

ist ein unverzichtbares Gut, das es zu schützen gilt. Sie ermöglicht es Forschern, unabhängig und frei zu arbeiten und trägt damit wesentlich zum Fortschritt und zur Lösung globaler Probleme bei. In einer Zeit, in der politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Einflüsse die Wissenschaftsfreiheit zunehmend gefährden, ist es wichtiger denn je, diese Freiheit zu verteidigen und sicherzustellen, dass Forscher ohne Angst vor Repressalien oder Zensur ihre Arbeit verrichten können. Durch den Schutz der

Wissenschaftsfreiheit

können Innovationen gedeihen und wichtige Erkenntnisse gewonnen werden, die unsere Gesellschaft voranbringen.