
In seiner Rede zum hundertsten Gründungstag der Kommunistischen Partei betont Xi Jinping zwar, China sei für konstruktive Kritik aus anderen Ländern offen und strebe nach einer gemeinsamen, friedlichen Weltordnung. Doch dann ändert sich der Ton: Die Zeit sei vorbei, China von oben herab "zu belehren" oder gar zu "zu schikanieren". Um sich zu verteidigen brauche China daher eine starke Armee. Und Taiwan gehöre zum Festland.
Von Frank Sieren
An ihrem 100. Geburtstag, den die Kommunistische Führung heute feierlich begeht, steht sie vor einem großen Dilemma. Sie will ihre Macht und die Ordnung des Landes festigen. Gleichzeitig muss sie immer mehr Marktwirtschaft zulassen, weil die wirtschaftliche Prosperität ihre Macht legitimiert. Das bedeutet jedoch Öffnung. Dass sich das Dilemma nicht durch ideologische Konzepte, sondern am Ende nur durch Trial and Error lösen lässt, hat der Reformer Deng Xiaoping vorgemacht. Doch es wird für die Partei nicht einfacher, beides unter einen Hut zu bekommen.
Von Frank Sieren
Einer der bekanntesten Journalisten Deutschlands und ein langjähriger China-Korrespondent haben sich zusammengetan, um die erste umfassende Biografie von Xi Jinping, Generalsekretär der Kommunistischen Partei und Staatspräsident Chinas, zu schreiben. Der Titel ist These zugleich: „Xi Jinping – der mächtigste Mann der Welt". China.Table veröffentlicht exklusiv ein Kapitel aus dem neuen Buch von Stefan Aust und Adrian Geiges.
Von Redaktion Table
Chinas Aufstieg beunruhigt immer mehr Menschen im Westen. Besonders irritierend dabei, dass dieser Aufstieg einem Land gelang, in dem seit über sieben Jahrzehnten eine Kommunistische Partei regiert – ohne freie Wahlen, Meinungs- und Pressefreiheit, unabhängige Justiz und Schutz der Menschenrechte, wie wir sie kennen. Diese Partei feiert nun ihren 100. Geburtstag – und erfreut sich einer Beliebtheit wie nie zuvor. Was steckt hinter dem Phänomen?
Von
In China werden wieder mehr Propagandafilme gezeigt. Doch obwohl das "Genre" mit Bildgewalt auftritt, locken sie nur wenig Zuschauer:innen an und schaden somit Vertrieb und Kinobetreibern. Auch für Produktionsfirmen ist es kein risikofreies Geschäft, denn bei historischen Inhalten wird besonders genau hingeschaut.
Von Redaktion Table
Xi Jinping schenkt der Kommunistischen Partei zu ihrem hundertsten Geburtstag am 1. Juli ein prächtiges Museum voller Symbole – und verewigt sich selbst gleich mit.
Von Table.Briefings
Das persönliche Beziehungsgeflecht bildet in der Kommunistischen Partei die Basis für den Aufstieg in ein Spitzenamt. Wer es nach ganz oben schafft, war in vergangenen Jahrzehnten entweder Mitglied der Jugendliga oder ein Repräsentant von Geschäftsinteressen der Küstenregionen. Staatschef Xi ist es gelungen, beide Fraktionen zu schwächen und sein eigenes Imperium aufzubauen. Der Pfad zur Präsidentschaft auf Lebenszeit ist jedoch mit Gefahren gespickt.
Von Marcel Grzanna
In wenigen Tagen feiert die Kommunistische Partei Chinas ihr hundertjähriges Bestehen. Im Interview erklärt der Sinologe Klaus Mühlhahn die Erfolgsgeschichte, die lange Zeit keine war – und ihre Auswirkungen bis in die Gegenwart: Historische Brüche bestimmen weiterhin das Handeln der Führung um Xi Jinping. Mit Mühlhahn sprach Michael Radunski.
Von Michael Radunski
Die Kommunistische Partei Chinas ist die herrschende Einheitspartei der Volksrepublik. Die Arbeitsweise gilt als totalitär, Oppositionsparteien gibt es nicht. Alle News zur KP China gibt es von Table.Briefings.
Die Kommunistische Partei Chinas hat in der Volksrepublik einen alleinigen Führungsanspruch. Oppositionsparteien sind verboten. Sämtliche Medien, politische Organisationen, Interessenvertretungen und religiöse Gruppen haben ihre Ziele der Kommunistischen Partei unterzuordnen. Dafür nutzt die die Partei einen massiven Überwachungs- und Zensurapparat. China gilt deswegen als autokratischer Einparteienstaat. Im globalen Demokratieindex landete China im Jahr 2020 auf Platz 172 von 176 und wird als harte Autokratie geführt.Der Führungsanspruch der Kommunistische Partei ist sogar in der Verfassung des Landes verankert. Das Zentralkomitee (ZK) steht an der Spitze der Partei. Das ZK wählt das Politbüro und den Ständigen Ausschuss. Das Politbüro hat 23 Mitglieder, Der Ständige Ausschuss gibt die Leitlinien der Politik vor, gilt als höchstes Parteiorgan und hat nur sieben Mitglieder. Xi Jinping ist Generalsekretär der Kommunistischen Partei, Vorsitzender der Militärkommission und Staatspräsident Chinas.
In seiner Verfassung hat die Volksrepublik festgelegt, dass China ein Land „unter der demokratischen Diktatur des Volkes“ sei. Seit seiner Gründung am 1. Oktober 1949 wird das Land jedoch ausschließlich von der Kommunistischen Partei regiert. Politische Ziele werden ausschließlich von ihr festgelegt. Eine Gewaltenteilung gibt es in China nicht.China lehnt eine Demokratie nach westlichem Vorbild ab. In der Volksrepublik finden deswegen auch keine freien Wahlen statt. Lediglich die Parteimitglieder dürfen über ihr Führungspersonal entscheiden. Immerhin ist die Kommunistische Partei Chinas mit rund 95 Millionen Mitgliedern die zweitgrößte Partei der Welt nach der rechtskonservativen Bharatiya Janata Party (BJP) in Indien.
In China herrscht kein Kommunismus, sondern eine Sozialistische Marktwirtschaft mit chinesischen Merkmalen. Der Name der chinesischen Einheitspartei ist daher irreführend. Die Volksrepublik versucht, private Unternehmen, staatliche Firmen und Planwirtschaft in einem gemeinsamen Markt zusammen zu fassen. Der Privatsektor macht in China rund 70 Prozent der Wirtschaftsleistung aus. Allerdings leiten viele Privatunternehmer Firmen, die in staatlicher Hand sind. Dazu kommt, dass die Kommunistische Partei die Kontrolle über wichtige Industrien und Wirtschaftszweige hat. Auch werden Ziele und Strategien vorgegeben.Im Staatssektor sind vor allem Großindustrien vertreten. Rüstungsindustrie, Energieerzeugung, Öl- und Petrochemie, Telekommunikation, Kohleabbau, Luft- und Schifffahrt sind unter staatlicher Kontrolle. Allerdings müssen die meisten Staatsunternehmen nach kapitalistischem Vorbild arbeiten und Gewinne erwirtschaften. Sie besitzen deswegen eine hohe Eigenständigkeit und dürfen ihre Vorstandsvorsitzenden selbst wählen. Anders als Privatunternehmen werden diese Firmen allerdings vom Staat gerettet, sollte es zu einer Wirtschaftskrise kommen.
An der Sozialistischen Marktwirtschaft mit chinesischen Merkmalen ist nichts mehr kommunistisch. Weder sind die Preise fixiert, noch werden Produktionsmittel verstaatlicht und auch das Prinzip der Planerfüllung wurde gekippt. Zwar gibt es den Fünfjahresplan, der Strategien und Wachstumspläne formuliert, der große Privatsektor macht es aber unmöglich klare Ziele vorzugeben. Duan Zhongqiao, ein Philosoph aus Peking, glaubt, dass die Sozialistische Marktwirtschaft eine Vorstufe zur Planwirtschaft sei. Denn die könne nur etabliert werden, wenn es bereits eine moderne und funktionierende Marktwirtschaft gäbe.Lediglich der Staatsaufbau Chinas folgt dem Modell der ehemaligen Sowjetunion. So hat die Kommunistische Partei umfassende Durchgriffsbefugnisse gegenüber Lokalregierungen. Individuelle Rechte – auch Menschenrechte – werden außerdem mit dem Verweis auf das Wohlbefinden des Kollektivs ignoriert. Bei diesen Punkten handelt es sich allerdings nicht um Merkmale des Kommunismus.
Im Jahr 1919 hatte die Kommunistische Partei in Russland die Kommunistische Internationale (Komintern) gegründet. Ein Zusammenschluss kommunistischer Parteien. Grigori Woitinski, ein russischer Politiker, nahm dann mit den Professoren Li Dazhao und Chen Duxiu in China Kontakt auf. Gemeinsam mit Woitinski formten sie eine Parteizelle in Shanghai und Peking. Bis ins Jahr 1921 entstanden weitere Ableger in ganz China.Die Gründung der Kommunistischen Partei Chinas im Jahr 1921 geht jedoch auf den Ableger in Shanghai zurück. Mit Geld der Komintern. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten neben Mao Zedong noch Zhang Guotao, Li Hanjun, Li Da und Chen Gongbo. Das Fernziel der KP war es, eine kommunistische und klassenlose Gesellschaft in China zu etablieren.
Im Jahr 1927 begann in China ein Bürgerkrieg, der bis zum Jahr 1949 dauern sollte. Unterbrochen nur von einem Stillhalteabkommen durch die japanische Invasion. Im chinesischen Bürgerkrieg kämpften die regierenden Kuomintang unter Chiang Kai-shek gegen die Kommunistische Partei Chinas unter Mao Zedong um die politische Führung im Land. Die Kuomintang flüchteten sich auf die Insel Formosa und gründeten dort die Republik China auf Taiwan.Die Kommunistische Partei gründete am 1. Oktober 1949 die Volksrepublik China. Bereits im Jahr 1957 kam es allerdings zum Bruch zwischen der Kommunistischen Partei Chinas und der KPdSU in Russland. Nikita Chruschtschow trieb als Staatsoberhaupt Russlands die Entstalinisierung voran. Die KP lehnte deswegen die Führungsrolle der KPdSU ab. Der Maoismus interpretierte den Marxismus-Leninismus fortan anders.
Im Jahr 1966 initiierte Mao Zedong die Kulturrevolution. Eine politische Kampagne, deren Ziel es hätte sein sollen, Missstände im Land zu bekämpfen. Viele Politiker der Kommunistischen Partei wurden ausgetauscht. Nur etwa ein Drittel der Personen hielt sich im ersten Jahr der Kulturrevolution im Amt. Kapitalisten und Revisionisten sollten enttarnt werden. Kinder und Jugendliche wurden zum Klassenkampf erzogen und ein Personenkult um Mao Zedong errichtet.Aus dieser Propaganda heraus entstanden die Roten Garden. Sie hatten es sich zur Aufgabe gemacht, die vier Relikte zu zerstören – alte Gedanken, alte Kultur, alte Gebräuche und Gewohnheiten. Dies führte zum Roten Terror. Religiöse Stätten wurden zerstört, Bücher verbrannt, Menschen terrorisiert. Die Kulturrevolution ist als „Zehn Jahre Chaos“ in die Geschichte Chinas eingegangen. Erst mit dem Tod von Mao Zedong im Jahr 1976 war die Kulturrevolution beendet.
Hua Guofeng trat 1976 die Nachfolge von Mao Zedong an und wollte dessen Politik mit harter Hand weiterführen. Sein politischer Widersacher war Deng Xiaoping. Er wollte die Fehler der Kulturrevolution korrigieren und eine Politik der Öffnung umsetzen. Im Jahr 1978 kam es deswegen zu einem kleinen Putsch. Dank Unterstützer und Verbündeter innerhalb der Kommunistischen Partei konnte Deng Xiaoping zum Parteiführer aufsteigen seine Politik der „Reform und Öffnung“ umsetzen.Zentraler Baustein dieser Politik waren die Vier Modernisierungen. Erster Punkt war der Umbau der Landwirtschaft. Die Bauern wurden von Quoten und festgelegten Preisen befreit und erhielten ihre eigenen Parzellen. Zwischen 1981 und 1984 steigerten die Landwirte die Ernte so um neun Prozent. Außerdem konnten sich die Bauern spezialisieren und die Pflanzen anbauen, die sie für richtig hielten.
Dieses Prinzip der Selbstverantwortung wandte die Kommunistische Partei auch bei Städten an. Staatsbetriebe wurden entsprechend umstrukturiert und mussten Gewinne erwirtschaften. Auch städtische Privatunternehmen wurden erlaubt. Der dritte Baustein war die Öffnung nach außen. China nahm diplomatische Beziehungen zu den USA auf. Außerdem waren ab sofort ausländische Investitionen erlaubt. Mit seinen Reformen läutete Deng Xiaoping die Sozialistische Marktwirtschaft mit chinesischen Merkmalen ein. Die Öffnung und Liberalisierung wurde bis ins Jahr 2005 fortgeführt. Dann gab es einen Stopp der Reformen.Die Volksrepublik erlebte unter der Führung von Deng Xiaoping einen nie dagewesenen Aufschwung. Doch die Grundsätze der Kommunistischen Partei blieben erhalten. Allen voran der absolute Führungsanspruch. Die Parteiführung zu kritisieren ist ein Verbrechen. Als eine Demokratiebewegung, die hauptsächlich aus Studenten bestand, in den 1980er Jahren Reformen einforderte, wurde eine Großdemonstration auf dem Tian’anmen-Platz im Jahr 1989 brutal niedergeschlagen.
Im Jahr 2012 wurde Xi Jinping Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas. Im Jahr 2013 außerdem Staatspräsident. Unter ihm scheinen Reformen oder Lockerungen undenkbar. Wegen seines brutalen Umgangs mit Oppositionellen wird sein Führungsstil oft mit dem von Mao Zedong verglichen. Seine Aufgabe ist es nun, die letzte Phase des Modernisierungsgrades einzuleiten. Die größten Herausforderungen sind eine enorm ungleiche Vermögensverteilung, ein eklatanter Mangel an Ressourcen und massive Umweltprobleme.Wenn die Volksrepublik China im Jahr 2049 ihren hundertsten Geburtstag feiert, soll das Land, wenn es nach der Kommunistischen Partei geht, die weltgrößte Wirtschaftsmacht sein. Dazu will das Land auch eine politische Großmacht sein. Auch dieser Sprung dürfte angesichts der erwähnten Herausforderung wieder nur durch umfangreiche Reformen gelingen. Ob dies mit Xi Jinping an der Spitze möglich ist, bezweifeln viele Beobachter.
Egal ob es um gesellschaftliche Änderungen geht, um Herausforderungen in der Umwelt- und Wirtschaftspolitik oder um Menschenrechte. Die Kommunistische Partei in China wird international genau beobachtet. Wegen ihres enormen globalen Einflusses, aber auch wegen ihres autoritären Führungsstils.