Table.Briefing: Europe

Soziale Taxonomie + Lithiumabbau in Sachsen + SPD und Russland

  • Soziale Taxonomie: Droht neuer Streit?
  • Lithiumabbau in Sachsen: Schweigen im Zinnwald
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  • Europäischer Rechnungshof fordert Nachbesserung der Energiebesteuerung
  • DSA: Zuversicht bestimmt den Trilogauftakt
  • EU-Kommission prüft Beschwerde gegen DB Cargo
  • Untersuchungsbericht kritisiert Lockdown-Parties in Downing Street
  • Übernahme von Chip-Zulieferer Siltronic vor dem Aus
  • Martin Häusling (Grüne) zur GAP: Jetzt kommt es auf die Mitgliedstaaten an
  • SPD findet Position zu Russland
Liebe Leserin, lieber Leser,

die Diskussion um die grüne EU-Taxonomie ist in vollem Gange, nun könnte das nächste Taxonomie-Projekt für Konflikte sorgen. Die Expertengruppe “Plattform für nachhaltige Finanzen” wird diesen Monat ihren Abschlussbericht zur sozialen Kategorisierung von Wirtschaftsaktivitäten vorstellen. Die EU-Kommission muss im Anschluss entscheiden, wie sie mit den Anregungen zur sozialen Taxonomie umgeht. Die Expert:innen werden voraussichtlich eine doppelte Kategorisierung vorschlagen. “Klingt kompliziert? Ist es auch”, schreibt meine Kollegin Silke Wettach in ihrer Analyse.

125.000 Tonnen Lithium sollen auf der deutschen Seite des Zinnwalds im Erzgebirge liegen – ein Rohstoff, der dringend gebraucht wird, um die Klimaziele des Green Deal zu erreichen. Die Förderung soll im Jahr 2025 beginnen. Anders als etwa in Spanien gibt es in Sachsen kaum Proteste der Bevölkerung gegen die Abbau-Pläne. Dennoch ist es ein Projekt mit Hürden, wie Christian Domke-Seidel berichtet. Und eines, über das sich die Verantwortlichen zurzeit beharrlich ausschweigen

Die deutsche Politik im Konflikt mit Russland wird seit Wochen scharf kritisiert, vor allem in den USA, aber auch in anderen europäischen Ländern. Die Bundesregierung gilt als unsicherer Kantonist im westlichen Lager, allen voran deren sozialdemokratischer Teil. Das Bild scheint sich so weit verfestigt zu haben, dass bislang unerkannt blieb: Es stimmt so nicht mehr. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hat seine Partei auf Linie gebracht – und die Front des Westens gegenüber Wladimir Putin damit fürs Erste begradigt, analysiert Till Hoppe.

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Sarah Schaefer
Bild von Sarah  Schaefer

Analyse

Soziale Taxonomie: Droht neuer Streit?

Auf die grüne Taxonomie der EU (Europe.Table berichtete) folgt die soziale Taxonomie: Obwohl es sich bei dem Papier der Expertengruppe “Plattform für nachhaltige Finanzen” um ein unverbindliches Dokument handelt, befürchten manche Branchen, dass dadurch Vorentscheidungen fallen können. Die EU-Kommission muss im Anschluss entscheiden, wie sie mit den Anregungen umgeht.

Der Abschlussbericht dürfte dem Zwischenbericht vom vergangenen Sommer ziemlich ähnlich sehen. Darin hatte die Gruppe mit ihren insgesamt 57 Mitgliedern aus Unternehmen, Verbänden, Zivilgesellschaft und Aufsichtsbehörden eine doppelte Kategorisierung vorgeschlagen. Zum einen gibt es eine vertikale Unterteilung, die Produkte nach ihrem sozialen Schaden oder Nutzen differenzieren soll. Infrastruktur wie Wasserversorgung oder Bildung wären demnach nützlich, Tabak nicht. Auf einer horizontalen Skala würde das Verhalten des Unternehmens beurteilt, unabhängig von seinem Produkt, etwa die Arbeitsbedingungen und die Einstellung gegenüber Verbrauchern.

Klingt kompliziert? Ist es auch, zumal es für all diese Kriterien keinerlei wissenschaftliche Kriterien gibt
– anders als bei der grünen Taxonomie. Herangezogen werden könnten internationale Normen wie etwa die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die Nachhaltigen Entwicklungsziele der UN und die Soziale Säule der EU.

Manche Branchen fürchten Nachteile durch soziale EU-Taxonomie

Die Deutsche Antje Schneeweiß vom Arbeitskreis kirchlicher Investoren hat die Untergruppe 4 geleitet, die den Bericht im Wesentlichen verfasst hat. Schneeweiß, die sich seit 30 Jahren mit nachhaltiger Geldanlage beschäftigt, wurde schon früh von Lobbyisten kontaktiert – mit dem Ziel, für bestimmte Branchen das Label “nachhaltig sozial” zu erhalten. “Der erste Brief der Rüstungsbranche kam bereits im Januar vergangenen Jahres”, sagt Schneeweiß. Die Branche argumentiert, dass sich der Zugang zu Kapital erschweren würde, wenn sie nicht als sozial gelistet werde. Auch Branchen wie Textil und Leder befürchten Nachteile durch die soziale Taxonomie der EU.

Andere Unternehmen hoffen, von der neuen Kategorisierung zu profitieren, etwa das Medizintechnik- und Sicherheitsunternehmen Dräger. “Wir versprechen uns eine positive Wirkung von der sozialen Taxonomie”, sagte eine Sprecherin zu Europe.Table. Das börsennotierte Unternehmen stellt Atemgeräte her, und Schutzanzüge für die Feuerwehr und die Polizei. Die grüne Taxonomie hat bisher keine Kategorien geboten, mit denen sich das Unternehmen hätte profilieren können.

Versicherer: Erst grüne Taxonomie vervollständigen

Die EU-Kommission hatte bis zum vergangenen September um Reaktionen zur sozialen Taxonomie gebeten. Da es sich bei dem Expertenbericht um kein offizielles Kommissionsdokument handelt, war dies kein formales Konsultationsverfahren. Die Kommission hat das Feedback bisher nicht veröffentlicht, einzelne Gruppen teilen ihre Analyse jedoch.

Der Verband der europäischen Versicherer, Insurance Europe, warnt etwa, dass es schwierig werden dürfte, sich in der EU auf gemeinsame soziale Ziele zu einigen, da diese stark vom nationalen Kontext geprägt seien. Der Verband plädiert auch dafür, zunächst die grüne Taxonomie zu vervollständigen – dies sei angesichts der Klimakrise dringender.

Die International Capitals Market Association (ICMA), ein Verband europäischer Banken und Dienstleister, betont in seiner Stellungnahme, dass eine gut gemachte soziale Taxonomie Orientierung bei nachhaltigen Anleihen geben könnte, aber weniger bei Aktien und anderen Anlageprodukten. ICMA weist auch darauf hin, wie schwierig die vertikale Abstufung werden könnte, weil die genauen Umstände berücksichtigt werden müssten. Beim Straßenbau etwa käme es auf die genaue Lage an. Möglicherweise förderten sie wirtschaftliche Inklusion. Ihr Schaden für das Klima hänge von der Nutzung ab. Silke Wettach

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    Lithiumabbau in Sachsen: Schweigen im Zinnwald

    Sachsen könnte zu einer tragenden Säule des europäischen Green Deal werden. Denn im Erzgebirge liegen enorme Lithium-Vorräte. Doch die Vorbereitung des Abbaus ist extrem kostenintensiv und die Ader muss wohl mit Konkurrenz aus Tschechien geteilt werden. Von Protesten wird das Projekt nicht überschattet.

    Eines der größten Probleme des Lithium-Abbaus im Zinnwald in Sachsen lässt sich in einem Besucherstollen bewundern. In der Gegend hat der Bergbau Tradition. Er geht auf das 13. Jahrhundert zurück und ist Teil des UNESCO-Welterbes. Doch wer den Stollen nicht ganz drei Kilometer einfährt, der steht unter Tage plötzlich an der Grenze zu Tschechien. Weil sich Rohstoffe eben nicht um Landkarten kümmern, gibt es auch auf der tschechischen Seite ein reges Interesse an dem Lithium-Vorkommen.

    Im Nachbarland hat die Regierung deswegen Nägel mit Köpfen gemacht. Zwar hatte das australische Bergbauunternehmen European Metals dort mit der Erkundung begonnen, musste jedoch gemeinsam mit dem halbstaatlichen tschechischen Energieversorger CEZ das Tochterunternehmen Geomet s.r.o. zur Förderung gründen. Den Australiern gehören sogar nur 49 Prozent der Firma. Premier Andrej Babiš wollte den lukrativen Lithium-Abbau nicht an ein ausländisches Unternehmen verlieren

    Turbulente Jahre eines Unternehmens

    Auf der Seite Sachsens hat die Deutsche Lithium den Zuschlag für den Abbau erhalten. Das Unternehmen hat turbulente Jahre hinter sich. Bereits vor zehn Jahren hat der Solarworld-Konzern mit der Lithium-Erkundung vor Ort begonnen und daraufhin die Solicium GmbH gegründet. Weil die Firma in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, ging sie eine Partnerschaft mit Bacanora Minerals aus Kanada ein. Später ging Solarworld pleite, blieb aber Teilhaber von Solicium. Erst die neu gegründete Zinnwald Lithium PLC aus London kaufte Solarworld raus und übernahm die Anteile der Kanadier. 

    Die Probleme überraschen nicht. Bis endlich das erste Kilogramm Lithium aus dem Boden geholt werden kann, sind Investitionen von rund 150 Millionen Euro nötig, wie die Deutsche Lithium noch im Frühjahr 2021 gegenüber der “Sächsischen Zeitung” kalkulierte. Ein Jahr zuvor rechnete Geschäftsführer Armin Müller dem “Deutschlandfunk” vor, dass es im Zinnwald genug Lithium gebe, um Batterien für rund 20 Millionen Elektroautos zu bauen – auf der deutschen Seite des Zinnwalds sollen nach Angaben des Unternehmens 125.000 Tonnen Lithium liegen, noch einmal 250.000 Tonnen auf der tschechischen Seite

    Doch seit diesen Interviews ist es schwer, belastbare Aussagen zu bekommen. Das Unternehmen will derzeit keine Fragen beantworten und begründet das mit dem Gesellschafterwechsel. Auch der zuständige Oberbürgermeister in Freiberg will sich nicht äußern, genauso wenig wie die sächsische Landesregierung. 

    Lithium-Abbau ist zu einem Politikum geworden

    Lediglich Bernhard Cramer, Obergmann beim Sächsischen Obergamt, äußert sich gegenüber Europe.Table, wenn auch allgemein: “Die Zulassung des von der Deutschen Lithium GmbH vorgelegten bergrechtlichen Rahmenbetriebsplans für die Gewinnung von Lithium ist in Bearbeitung.” Weitere Informationen gibt es nicht. Das Oberbergamt nehme “ausschließlich seine Aufgaben als Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde wahr”.

    Das Schweigen im Zinnwald ist kein Wunder. Lithium ist in Europa längst zu einem Politikum geworden. Das Element gilt in Europa als kritischer Rohstoff zur Erreichung der Klimaziele im Rahmen des Green Deal (Europe.Table berichtete). Lithium ist das wichtigste Material zum Bau großer Akkus. Mit der Weiterverarbeitung des Materials, Batterie- und Elektroautofabriken soll eine ganze Wertschöpfungskette entstehen, die unabhängig von CO2-intensiven Importen aus China und Südamerika ist.

    Was passieren kann, wenn Bundes- und Lokalregierung dabei nach vorne preschen, ohne die Bürger:innen ausreichend zu beteiligen, zeigt der Lithium-Abbau in Spanien (Europe.Table berichtete). Mit Blick auf den Eingriff in die Natur protestieren dort Anwohner:innen lautstark gegen geplante Minen. In Sachsen gab es das kaum. Wegen der Bergbautradition in der Region stehen die Menschen dem Projekt eher positiv gegenüber. Lediglich zu Beginn tauchten Sorgen wegen der Lärm- und Verkehrsbelastung auf, die jedoch schnell ausgeräumt wurden.

    Aufbau einer integrierten und nachhaltigen Wertschöpfungskette

    Allerdings sind die Genehmigungsverfahren komplex. Die Grüne Anna Cavazzini, Vorsitzende des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, kommt aus Sachsen. Sie betont, dass Lithium eine entscheidende Rolle für die Klimaziele spielt, sagt aber auch: “Zugleich dürfen Energie- und Verkehrswende nicht dazu führen, dass neue Abbauprojekte in Deutschland oder andernorts auf der Welt einfach schnell durchgewunken werden.” Es müssen “immer höchstmögliche Umwelt- und Sozialstandards gelten“.

    Dazu kommt, dass es eine integrierte und nachhaltige Wertschöpfungskette – wie sie von Cavazzini und den Grünen gefordert wird – in Deutschland noch gar nicht gibt. Deren Aufbau werde gerade durch das EU-Forschungsrahmenprogramm Horizont 2020 gefördert. Hier müssen schnellstmöglich Ergebnisse geliefert werden, sonst dürfte ein rentabler Lithium-Abbau in Sachsen schwer werden. 

    Denn der Markt ist umkämpft. Nicht nur durch die Konkurrenz aus Spanien und Tschechien. Auch am Oberrhein soll bald Lithium gefördert werden (Europe.Table berichtete). Bislang bezieht die EU 98 Prozent ihrer kritischen Rohstoffe aus China. Die Vorkommen dort sind groß, die Arbeitskraft günstig und Umweltauflagen längst nicht ein so großer Kostenfaktor wie in Europa. Christian Domke-Seidel

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      02.02.-03.02.2022, Brüssel (Belgien)
      EUA, Conference Petcore Europe Annual Conference 2022
      This EU Agenda (EUA) conference addresses strategies and trends for the Circular PET Economy. INFOS & REGISTRATION

      02.02.2022 – 10:00-11:30 Uhr, online
      HE, Discussion Can RED II deliver the EU’s Hydrogen ambitions?
      Hydrogene Europe (HE) discusses the impact of the Renewable Energy Directive II on adequate investments in renewable hydrogen projects. INFOS & REGISTRATION

      03.02.2022 – 08:45-18:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
      DE, Conference Masters of Digital 2022
      Digital Europe (DE) debates current digital policy issues such as AI and Internet of Things. INFOS & REGISTRATION

      03.02.2022 – 10:00-12:00 Uhr, online
      BVMed, Seminar Videosprechstunde: Schnelle und rechtssichere Einbindung in Geschäftsmodelle von MedTech-Unternehmen und Hilfsmittelerbringern
      Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) beschäftigt sich mit der zunehmend wichtigen Rolle der ärztlichen Videosprechstunde. INFOS & ANMELDUNG

      03.02.2022 – 12:30-13:30 Uhr, online
      Bayerische Landesvertretung bei der EU, Podiumsdiskussion Der Europäische Green Deal: Nachhaltige Mobilität – wie herausfordernd ist der Aufbau der Tank- und Ladeinfrastruktur in Europa?
      Die Bayerische Landesvertretung bei der EU lädt zur Diskussion über Herausforderungen und Vorzeigebeispiele von Tank- und Ladeinfrastrukturen in Europa ein. PROGRAMM

      03.02.2022 – 18:30-20:00 Uhr, online
      FNF, Diskussion Weltraum: Strategische Herausforderung für die Europäische Union
      Die Diskussion der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNF) beschäftigt sich mit den Herausforderungen für die Weltraumstrategien von Frankreich und Deutschland. INFOS & ANMELDUNG

      News

      Europäischer Rechnungshof fordert Nachbesserung der Energiebesteuerung

      Die derzeitigen Steuersätze für die verschiedenen Energieträger spiegeln nicht das Ausmaß der verursachten Verschmutzung durch deren Nutzung wider. Das ist das Ergebnis einer am Montag veröffentlichte Analyse des Europäischen Rechnungshofs. Zwar könnten Energiesteuern zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen, indem sie Anreize für Versorger bieten, auf erneuerbare Energien umzusteigen. Doch seien die Subventionen für fossile Brennstoffe im vergangenen Jahrzehnt kaum zurückgegangen, heißt es. Die relativen Kosten der Erneuerbaren seien dadurch gestiegen und die Energiewende werde verzögert.

      Starke Subventionen für fossile Brennstoffe

      Mit mehr als 55 Milliarden Euro bezuschussen die EU-Länder jährlich fossile Brennstoffe, obwohl die Kommission und einige Mitgliedstaaten erklärt haben, dies zu beenden. Insgesamt 15 Mitgliedstaaten geben sogar mehr Geld für fossile als für erneuerbare Energieträger in Form von Subventionen aus, darunter Frankreich, Belgien und Finnland. Dies geschehe durch Steuerbefreiungen oder -ermäßigungen, direkte Zuschüsse sowie staatliche Beihilfen. Dadurch würde die Wirksamkeit der CO2-Preise untergraben, argumentieren die Autoren.

      Die wichtigste Herausforderung liege nun darin, die regulatorischen und finanziellen Maßnahmen stärker miteinander zu verknüpfen und die richtige Mischung der beiden Elemente zu finden, sagt Viorel Ştefan, einer der Prüfer des Europäischen Rechnungshofs. Die geltende Energiebesteuerungsrichtlinie der EU lasse es zu, Energiequellen, die die Umwelt stärker belasten, steuerlich günstiger zu behandeln als CO2-effiziente Energiequellen, heißt es in der Analyse. Kohle werde demnach mit 2,90 Euro pro Megawattstunde besteuert, Erdgas mit 7 Euro/MWh und Strom mit 32,10 Euro/MWh.

      Unterschiedliche CO2-Preise führen zu Marktverzerrung

      Dazu kommt die unterschiedliche nationale Besteuerung von Emissionen. Zwar erheben 14 EU-Staaten CO2-Steuern für bestimmte Sektoren außerhalb des europäischen Emissionshandels – vergleichbar mit dem deutschen Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG). Allerdings fällt die Höhe der Steuer pro Tonne emittiertes CO2 in jedem Land unterschiedlich aus, was laut den Analysten des Europäischen Rechnungshofes zu Verzerrungen des Binnenmarkts führen kann.

      Zum Beispiel hat Schweden einen CO2-Preis von 108,80 Euro pro Tonne für die Sektoren Wärme und Verkehr, während in Polen die Tonne CO2 für die Industrie außerhalb des ETS mit nur zehn Cent besteuert wird. In Deutschland ist der CO2-Preis des BEHG Anfang 2022 von 25 auf 30 Euro pro Tonne gestiegen.

      Die Autoren fordern daher eine einheitliche Behandlung von Sektoren und Energieträgern in der Energiebesteuerungsrichtlinie und die Verringerung von Subventionen für fossile Energieträger, um die Ziele des Green Deal zu erreichen. Dafür ist jedoch die Einstimmigkeit aller Mitgliedstaaten notwendig, was laut den Analysten die entscheidende institutionelle Herausforderung für die EU darstellen dürfte. luk

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        DSA: Zuversicht bestimmt den Trilogauftakt

        Nur knapp eine Stunde dauerte der erste politische Trilog zum Digital Services Act (DSA) gestern Nachmittag. Vertreter:innen von Kommission, französischer Ratspräsidentschaft und Europaparlament wiederholten dabei ihre Prioritäten und läuteten die interinstitutionellen Verhandlungen offiziell ein. Die Atmosphäre sei sehr freundlich und, angesichts der unterschiedlichen Positionen (Europe.Table berichtete), fast ein bisschen zu zuversichtlich gewesen, berichtete ein Mitglied des Parlamentsverhandlungsteams. In einem Punkt seien sich alle drei Institutionen einig gewesen: Die Verhandlungen seien von Zeitdruck geprägt, das soll jedoch nicht zulasten der Qualität gehen. Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager lobte im Anschluss an den Trilog in einem Tweet die “starken Gemeinsamkeiten”, die zwischen Kommission, Rat und Parlament bei den Zielsetzungen für den Digital Services Act herrschten.

        Am Mittwoch gehen die Verhandlungen auf der technischen Ebene weiter. Dabei sollen zunächst die politisch besonders heiklen Punkte definiert werden. Weitere Verhandlungsrunden sind am Montag und Donnerstag kommender Woche geplant, bevor am 15. Februar ein weiterer politischer Trilog stattfinden soll.

        Die gemeinnützige Organisation Hate Aid nutzte mit 20 Partnerorganisationen den Trilog-Auftakt dazu, um für ambitioniertere Beschwerdemechanismen im Falle von digitaler Gewalt gegen Frauen zu sensibilisieren: Sie überreichte der Berichterstatterin Christel Schaldemose (S&D) eine Petition, die über 30.000 Menschen unterzeichnet haben. Zentrale Forderung: Plattformen sollen bei der Bekämpfung digitaler Gewalt stärker in die Pflicht genommen werden. Das sei ein klares und starkes Signal, dass mehr getan werden müsse, um ein sicheres und faires Internet zu gewährleisten, sagte Schaldemose. koj

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          EU-Kommission prüft Beschwerde gegen DB Cargo

          Die EU-Kommission untersucht möglicherweise ungerechtfertigte Vorteile der Deutsche-Bahn-Tochter DB Cargo gegenüber Konkurrenten. Die Kommission habe eine Beschwerde eines Wettbewerbers erhalten und eine vertiefte Prüfung eingeleitet, teilte die Behörde mit. Dabei gehe es unter anderem darum, ob der Mutterkonzern die Verluste der Güterbahn DB Cargo trage und die Frachttochter von günstigen Dienstleistungen der Muttergesellschaft profitiere.

          Untersucht werde auch, ob Kredite besonders billig aufgenommen werden konnten. Hintergrund ist, dass die Deutsche Bahn als Staatskonzern eine besonders hohe Bonität habe und daher sich günstiger verschulden kann als viele andere. DB Cargo hat in Deutschland einen Marktanteil von etwas unter 50 Prozent.

          NEE lobt DB Cargo-Untersuchung durch die EU-Kommission

          Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE), der Zusammenschluss der Konkurrenten, lobte die Untersuchung durch die EU-Kommission: “Wir haben aus dem Kreise unserer Mitglieder immer wieder von preislich nicht nachvollziehbaren Angeboten der DB Cargo gehört und blicken dem Ergebnis der Untersuchung mit gespannter Erwartung entgegen”, sagte NEE-Chef Ludolf Kerkeling. Es sei wichtig, dass auch bei einem Unternehmen in Staatsbesitz Marktmechanismen nicht außer Kraft gesetzt würden. Die Deutsche Bahn entgegnete: “Fakt ist: Die DB Cargo AG hat keine wettbewerbsverzerrenden Beihilfen erhalten.”

          Die Bundesregierung steht immer wieder in der Kritik, da sie zum einen den Wettbewerb auf der Schiene fördern will, zum anderen als Eigentümerin der Deutschen Bahn deren Interessen zu vertreten hat. Auch der Bundesrechnungshof verweist auf dieses Spannungsfeld. rtr

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            Untersuchungsbericht kritisiert Lockdown-Partys in Downing Street

            Der Druck auf den britischen Premierminister Boris Johnson wegen zahlreicher Partys während der Corona-Lockdowns steigt. Einige der Veranstaltungen an seinem Amtssitz Downing Street hätten nicht stattfinden dürfen, andere seien aus dem Ruder gelaufen, schrieb die Spitzenbeamtin Sue Gray in ihrem am Montag veröffentlichten Zwischenbericht. Sie attestierte der britischen Regierung schweres Führungsversagen und ein mangelndes Urteilsvermögen. “Es tut mir leid”, sagte Johnson im britischen Parlament. “Ich verstehe die Wut, die die Menschen empfinden.” Nun müsse man aber zurück an die Arbeit gehen.

            In den vergangenen Wochen waren immer mehr Partys des Premierministers Boris Johnson während der Corona-Lockdowns bekannt geworden. Angesichts scharfer Kritik auch aus den eigenen Reihen hatte Johnson auf Zeit gespielt und erklärt, zunächst den Gray-Bericht abzuwarten. Doch wegen parallel laufender Polizeiermittlungen wurde dieser nun nicht vollständig veröffentlicht.

            Koffer voller Alkohol

            Gleichwohl enthalten die veröffentlichten Passagen einigen politischen Sprengstoff. So forderte Gray klare Regeln, die Trinkgelage am Arbeitsplatz verhindern. “Der übermäßige Konsum von Alkohol ist an einem professionellen Arbeitsplatz zu keiner Zeit angebracht.” In Medienberichten war in den vergangenen Wochen von Trinkgelagen berichtet worden, bei denen Regierungsmitarbeiter Koffer voller Alkohol angeschleppt hätten und bis in die frühen Morgenstunden tanzten. Währenddessen galten in Großbritannien strenge Corona-Kontaktbeschränkungen, sodass Angehörige beispielsweise nicht an Beerdigungen teilnehmen konnten.

            Gray stellte zudem fest, dass sich Mitarbeiter unter Druck gesetzt fühlten. Einige hätten zwar Bedenken äußern wollten, seien aber davor zurückgeschreckt. Regierungsmitarbeiter müssten in der Lage sein, sich über ungebührliches Verhalten zu beschweren, schrieb Gray. rtr

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              Übernahme von Chip-Zulieferer Siltronic vor dem Aus

              Der milliardenschwere Verkauf des Münchener Chip-Zulieferers Siltronic nach Taiwan steht offenbar aus politischen Gründen vor dem Aus. Gespräche zwischen Wirtschafts-Staatssekretär Udo Philipp und der Vorstandschefin des taiwanischen Wafer-Herstellers Global Wafers, Doris Hsu, blieben ohne Ergebnis, wie drei Insider der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Zuvor hatte wochenlang Funkstille geherrscht.

              Das Ministerium von Robert Habeck (Grüne) könnte die 4,35 Milliarden Euro schwere Übernahme durch Global Wafers torpedieren, indem es die in der Nacht zum heutigen Dienstag ablaufende Frist für die Freigabe nach dem Außenwirtschaftsgesetz einfach verstreichen lässt. Es wäre die mit Abstand größte Übernahme durch ein ausländisches Unternehmen, die eine Bundesregierung an dem Gesetz scheitern lassen könnte.

              Prüfung des Verkaufs von Siltronic nach Taiwan läuft noch

              Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte gestern, die Prüfung dauere noch an. Nach den Übernahmeregularien muss die Freigabe bis 31. Januar vorliegen, die Frist nach dem Außenwirtschaftsgesetz reicht bis Ende Februar. Nach dem Gesetz kann die Bundesregierung den Verkauf deutscher Unternehmen nach außerhalb der EU verbieten, wenn sie “Schlüsseltechnologien” gefährdet sieht. Dazu zählt sie auch die Chip-Industrie, an die Wafer-Hersteller die Siliziumscheiben liefern, auf denen die Halbleiter produziert werden.

              Der Chip-Notstand in der Corona-Pandemie hatte gezeigt, wie abhängig Europa von asiatischen Anbietern ist. Siltronic ist unter den fünf größten Siliziumscheiben-Herstellern der einzige aus Europa. Die EU-Kommission will diesen Monat ihren “Chips Act” vorlegen (Europe.Table berichtete) und die Branche mit zweistelligen Milliardensummen fördern. rtr

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                Standpunkt

                GAP: Jetzt kommt es auf die Mitgliedstaaten an

                Von Martin Häusling
                Martin Häusling ist Europaabgeordneter der Grünen und Schattenberichterstatter seiner Fraktion für die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik.
                Martin Häusling ist Europaabgeordneter der Grünen und Schattenberichterstatter seiner Fraktion für die GAP-Reform.

                Die EU-Agrarreform hätte eine Veränderung darstellen und damit zum Erreichen der Green-Deal-Ziele beitragen sollen. Aber die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), die im vergangenen Jahr von der EU beschlossen wurde, hat diesen Namen nicht verdient. Was wir hier sehen, ähnelt eher einer Verschlimmbesserung im Vergleich zu vorher. Der versprochene Systemwechsel ist nicht zu erkennen, auch wenn Konservative und EU-Kommission dies gerne so darstellen. Stattdessen wurde die Chance für einen sinnvollen Wandel für Klima, biologische Vielfalt und die Kleinbauern vertan.

                Der Weg dieser “Reform” war ein langer. Am Ende sehen wir eine Einigung mit minimalen Ambitionen – zum Teil mit Rückschritten. Die Ziele für Umwelt- und Klimaschutz wurden auf ein Minimum reduziert und können durch das Anrechnen von Maßnahmen, die kaum etwas für Klima- oder Umweltschutz bringen, wie beispielsweise Präzisionslandwirtschaft, zusätzlich verwässert werden.

                Während die alte GAP fordert, dass jeder Betrieb bis zu 30 Prozent der Zahlungen verliert, wenn er sich nicht an Umweltauflagen hält, können sich Betriebe künftig überlegen, ob sie lieber intensiv arbeiten und legal weiter das Klima, Wasser und Böden belasten und zum Artensterben beitragen wollen oder ob sich die Anwendung von Eco-Schemes ökonomisch für sie rentiert. Damit ist absehbar, dass gerade die intensiv bewirtschafteten Problemregionen weiterhin Problemregionen bleiben werden.

                Vergleichbarkeit zwischen Mitgliedstaaten wird schwieriger

                Die erhöhte Flexibilität für die Mitgliedstaaten hat aus der GAP zudem einen Flickenteppich gemacht. Eine allgemeingültige, verbindliche GAP mit Basisanforderungen wird es in Europa zwischen 2023 und 2027 also nicht geben. Somit kommt es jetzt auf die Mitgliedstaaten an, inwieweit sie national über ihre Strategiepläne eine fairere und grünere Agrarpolitik durchsetzen werden. Eine besondere Gefahr besteht dabei im “race to the bottom”. Auch eine Vergleichbarkeit zwischen den Mitgliedstaaten wird so sehr viel schwieriger als bislang – eine weitere Verzögerungstaktik unambitionierter Mitgliedstaaten ist so zu erwarten.

                Wie sieht die neue GAP ab 2023 aber nun konkret aus? Die sogenannten Eco-Schemes, also Maßnahmen mit einem Nutzen für die Umwelt, das Klima oder den Tierschutz in der 1. Säule, müssen von den Mitgliedstaaten verpflichtend angeboten werden, die Landwirte können sie aber freiwillig wählen. Eine einheitliche Maßnahmenliste, die Umweltwirkungen sicherstellt, wird es aber nicht geben. Alles hängt davon ab, wie die Kommission die Vorschläge zu den Eco-Schemes bewertet.

                Bei der Konditionalität wurden teilweise sogar Rückschritte im Vergleich zur vorherigen Regelung (Cross Compliance) erzielt. Der dringend überfällige Schutz von Feucht- und Torfgebieten gilt erst ab 2025, bei einer Laufzeit der neuen GAP bis 2027 – das ist völlig unzeitgemäß, mitten im Klimawandel. Bei den wichtigen Regelungen zur Fruchtfolge ist von der Forderung nach einer viergliedrigen Fruchtfolge mit Leguminosen wieder einmal nichts übrig geblieben. Genaugenommen sind sogar Maismonokulturen weiter legal. Die Mitgliedsstaaten haben zudem Möglichkeiten für weitere Verwässerungen, beispielsweise indem sie Betriebe mit einem Grünlandanteil von 75 Prozent von jeglicher Fruchtfolgeauflage befreien.

                Geringeres Budget bremst Klima- und Umweltambitionen aus

                Bei der Erhaltung nicht produktiver Landschaftselemente zur Erhöhung der Biodiversität sollen nur 4 Prozent der Ackerflächen für Landschaftselemente reserviert werden oder ungenutzt bleiben. Von dieser ohnehin schon schwachen Regel kann abgewichen werden, wenn der Anbau von Leguminosen und anderen Zwischenfrüchten erfolgt. Zur Perspektive: In Deutschland sind schon jetzt 3,2 Prozent der Fläche Landschaftselemente. Studien zeigen, dass es mindestens 10 Prozent gut vernetzte ungenutzte Fläche bräuchte, um den Verlust der Biodiversität aufzuhalten.

                In der 2. Säule werden Klima- und Umweltambitionen vor allem durch das geringere Budget ausgebremst. Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik sieht zwar 35 Prozent für Umweltleistungen über die Mittel der 2. Säule vor, dabei kann die Förderung benachteiligter Gebiete aber mit bis zu 50 Prozent angerechnet werden. So ist weniger Geld für die Förderung von Maßnahmen mit starker Umweltwirkung vorhanden.

                Bei dieser Reform ist also ein Wettlauf um die schwächsten Umweltauflagen zu erwarten. Dieser Tage werden die nationalen Strategiepläne bei der EU-Kommission eingereicht. Diese hat anschließend drei Monate Zeit, die Pläne zu bewerten. Wir werden sehr genau darauf schauen, ob die EU-Kommission die nationalen Strategiepläne auf die Vereinbarkeit mit dem Green Deal überprüft, sonst ist dieser im Bereich Landwirtschaft nurmehr heiße Luft.

                In Deutschland hat die Vorgängerregierung den nationalen Strategieplan erarbeitet. Der neuen Regierung mit grünem Landwirtschaftsministerium blieben somit kaum noch Spielräume (Europe.Table berichtete). Für die deutsche Bundesregierung zählt nun vor allem, dass sie die ihr offenstehenden Möglichkeiten nutzt, um die nationalen Maßnahmen in der laufenden Förderperiode zu korrigieren und weiterzuentwickeln. Der nächste wichtige Schritt für die amtierende Regierung in Deutschland ist schließlich, die nächste Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik vorzubereiten. So wurde bereits im Koalitionsvertrag festgeschrieben, endlich die Direktzahlungen nach 2027 konsequent durch die Honorierung von Klima- und Umweltleistungen zu ersetzen.

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                  Apéropa

                  Es kommt nicht oft vor, dass sich US-Senatoren oder internationale Medien für innerparteiliche Diskussionen in Deutschland interessieren. Wie sich Vertreter der SPD im Konflikt mit Russland positionieren, aber ist zu einem echten Politikum geworden. “Deutschland schwankt in der ersten Krise der Post-Merkel-Ära”, urteilt etwa die “Financial Times”.

                  Führende SPD-Politiker wie Kevin Kühnert und Christine Lambrecht haben mit ihren Äußerungen zu Nord Stream 2 dazu beigetragen, dass der Eindruck entstand: Deutschland ist unter der neuen Regierung ein unsicherer Kantonist im westlichen Lager. Die weiche Stelle in der Abschreckungspolitik gegenüber Wladimir Putin. Das Bild scheint sich so weit verfestigt zu haben, dass zumindest im Ausland bislang unerkannt blieb: Es stimmt so nicht mehr.

                  Die Front begradigt hat weniger Olaf Scholz, auch wenn der SPD-Bundeskanzler nach (zu) langem Schweigen klarstellte: Deutschland trägt im Falle eines russischen Angriffs auf die Ukraine alle Sanktionen mit, auf die sich USA und EU verständigen. Die SPD auf Linie gebracht hat vielmehr Lars Klingbeil, so berichten es jedenfalls führende Sozialdemokraten. Und das schon vor der gestrigen Klausurtagung der SPD-Führung.

                  Der neue Co-Parteivorsitzende stellte vergangene Woche im Bundestag klar: “Wenn die territoriale Integrität der Ukraine angegriffen wird, dann gibt es eine klare, eine konsequente und eine entschiedene Antwort, die diese Bundesregierung mit den internationalen Partnern abgestimmt hat.” Waffenlieferungen an die Ukraine lehne man ab, alle Sanktionsoptionen aber lägen auf dem Tisch. Sprich: auch ein Aus für Nord Stream 2.

                  Es hat ein wenig gedauert, bis die Sozialdemokraten sich so weit sortiert hatten. Zu lange, angesichts der akuten Krise. Es rächte sich, dass die Partei die Widersprüche in ihrer Haltung gegenüber Moskau und Nord Stream 2 nicht früher auflöste. Nun aber scheint das geschehen zu sein, jedenfalls bis auf Weiteres. Das sollte auch im Ausland zur Kenntnis genommen werden. Till Hoppe

                  Europe.Table Redaktion

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                    • Lithiumabbau in Sachsen: Schweigen im Zinnwald
                    • Termine
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                    • SPD findet Position zu Russland
                    Liebe Leserin, lieber Leser,

                    die Diskussion um die grüne EU-Taxonomie ist in vollem Gange, nun könnte das nächste Taxonomie-Projekt für Konflikte sorgen. Die Expertengruppe “Plattform für nachhaltige Finanzen” wird diesen Monat ihren Abschlussbericht zur sozialen Kategorisierung von Wirtschaftsaktivitäten vorstellen. Die EU-Kommission muss im Anschluss entscheiden, wie sie mit den Anregungen zur sozialen Taxonomie umgeht. Die Expert:innen werden voraussichtlich eine doppelte Kategorisierung vorschlagen. “Klingt kompliziert? Ist es auch”, schreibt meine Kollegin Silke Wettach in ihrer Analyse.

                    125.000 Tonnen Lithium sollen auf der deutschen Seite des Zinnwalds im Erzgebirge liegen – ein Rohstoff, der dringend gebraucht wird, um die Klimaziele des Green Deal zu erreichen. Die Förderung soll im Jahr 2025 beginnen. Anders als etwa in Spanien gibt es in Sachsen kaum Proteste der Bevölkerung gegen die Abbau-Pläne. Dennoch ist es ein Projekt mit Hürden, wie Christian Domke-Seidel berichtet. Und eines, über das sich die Verantwortlichen zurzeit beharrlich ausschweigen

                    Die deutsche Politik im Konflikt mit Russland wird seit Wochen scharf kritisiert, vor allem in den USA, aber auch in anderen europäischen Ländern. Die Bundesregierung gilt als unsicherer Kantonist im westlichen Lager, allen voran deren sozialdemokratischer Teil. Das Bild scheint sich so weit verfestigt zu haben, dass bislang unerkannt blieb: Es stimmt so nicht mehr. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hat seine Partei auf Linie gebracht – und die Front des Westens gegenüber Wladimir Putin damit fürs Erste begradigt, analysiert Till Hoppe.

                    Ihre
                    Sarah Schaefer
                    Bild von Sarah  Schaefer

                    Analyse

                    Soziale Taxonomie: Droht neuer Streit?

                    Auf die grüne Taxonomie der EU (Europe.Table berichtete) folgt die soziale Taxonomie: Obwohl es sich bei dem Papier der Expertengruppe “Plattform für nachhaltige Finanzen” um ein unverbindliches Dokument handelt, befürchten manche Branchen, dass dadurch Vorentscheidungen fallen können. Die EU-Kommission muss im Anschluss entscheiden, wie sie mit den Anregungen umgeht.

                    Der Abschlussbericht dürfte dem Zwischenbericht vom vergangenen Sommer ziemlich ähnlich sehen. Darin hatte die Gruppe mit ihren insgesamt 57 Mitgliedern aus Unternehmen, Verbänden, Zivilgesellschaft und Aufsichtsbehörden eine doppelte Kategorisierung vorgeschlagen. Zum einen gibt es eine vertikale Unterteilung, die Produkte nach ihrem sozialen Schaden oder Nutzen differenzieren soll. Infrastruktur wie Wasserversorgung oder Bildung wären demnach nützlich, Tabak nicht. Auf einer horizontalen Skala würde das Verhalten des Unternehmens beurteilt, unabhängig von seinem Produkt, etwa die Arbeitsbedingungen und die Einstellung gegenüber Verbrauchern.

                    Klingt kompliziert? Ist es auch, zumal es für all diese Kriterien keinerlei wissenschaftliche Kriterien gibt
                    – anders als bei der grünen Taxonomie. Herangezogen werden könnten internationale Normen wie etwa die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die Nachhaltigen Entwicklungsziele der UN und die Soziale Säule der EU.

                    Manche Branchen fürchten Nachteile durch soziale EU-Taxonomie

                    Die Deutsche Antje Schneeweiß vom Arbeitskreis kirchlicher Investoren hat die Untergruppe 4 geleitet, die den Bericht im Wesentlichen verfasst hat. Schneeweiß, die sich seit 30 Jahren mit nachhaltiger Geldanlage beschäftigt, wurde schon früh von Lobbyisten kontaktiert – mit dem Ziel, für bestimmte Branchen das Label “nachhaltig sozial” zu erhalten. “Der erste Brief der Rüstungsbranche kam bereits im Januar vergangenen Jahres”, sagt Schneeweiß. Die Branche argumentiert, dass sich der Zugang zu Kapital erschweren würde, wenn sie nicht als sozial gelistet werde. Auch Branchen wie Textil und Leder befürchten Nachteile durch die soziale Taxonomie der EU.

                    Andere Unternehmen hoffen, von der neuen Kategorisierung zu profitieren, etwa das Medizintechnik- und Sicherheitsunternehmen Dräger. “Wir versprechen uns eine positive Wirkung von der sozialen Taxonomie”, sagte eine Sprecherin zu Europe.Table. Das börsennotierte Unternehmen stellt Atemgeräte her, und Schutzanzüge für die Feuerwehr und die Polizei. Die grüne Taxonomie hat bisher keine Kategorien geboten, mit denen sich das Unternehmen hätte profilieren können.

                    Versicherer: Erst grüne Taxonomie vervollständigen

                    Die EU-Kommission hatte bis zum vergangenen September um Reaktionen zur sozialen Taxonomie gebeten. Da es sich bei dem Expertenbericht um kein offizielles Kommissionsdokument handelt, war dies kein formales Konsultationsverfahren. Die Kommission hat das Feedback bisher nicht veröffentlicht, einzelne Gruppen teilen ihre Analyse jedoch.

                    Der Verband der europäischen Versicherer, Insurance Europe, warnt etwa, dass es schwierig werden dürfte, sich in der EU auf gemeinsame soziale Ziele zu einigen, da diese stark vom nationalen Kontext geprägt seien. Der Verband plädiert auch dafür, zunächst die grüne Taxonomie zu vervollständigen – dies sei angesichts der Klimakrise dringender.

                    Die International Capitals Market Association (ICMA), ein Verband europäischer Banken und Dienstleister, betont in seiner Stellungnahme, dass eine gut gemachte soziale Taxonomie Orientierung bei nachhaltigen Anleihen geben könnte, aber weniger bei Aktien und anderen Anlageprodukten. ICMA weist auch darauf hin, wie schwierig die vertikale Abstufung werden könnte, weil die genauen Umstände berücksichtigt werden müssten. Beim Straßenbau etwa käme es auf die genaue Lage an. Möglicherweise förderten sie wirtschaftliche Inklusion. Ihr Schaden für das Klima hänge von der Nutzung ab. Silke Wettach

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                      Lithiumabbau in Sachsen: Schweigen im Zinnwald

                      Sachsen könnte zu einer tragenden Säule des europäischen Green Deal werden. Denn im Erzgebirge liegen enorme Lithium-Vorräte. Doch die Vorbereitung des Abbaus ist extrem kostenintensiv und die Ader muss wohl mit Konkurrenz aus Tschechien geteilt werden. Von Protesten wird das Projekt nicht überschattet.

                      Eines der größten Probleme des Lithium-Abbaus im Zinnwald in Sachsen lässt sich in einem Besucherstollen bewundern. In der Gegend hat der Bergbau Tradition. Er geht auf das 13. Jahrhundert zurück und ist Teil des UNESCO-Welterbes. Doch wer den Stollen nicht ganz drei Kilometer einfährt, der steht unter Tage plötzlich an der Grenze zu Tschechien. Weil sich Rohstoffe eben nicht um Landkarten kümmern, gibt es auch auf der tschechischen Seite ein reges Interesse an dem Lithium-Vorkommen.

                      Im Nachbarland hat die Regierung deswegen Nägel mit Köpfen gemacht. Zwar hatte das australische Bergbauunternehmen European Metals dort mit der Erkundung begonnen, musste jedoch gemeinsam mit dem halbstaatlichen tschechischen Energieversorger CEZ das Tochterunternehmen Geomet s.r.o. zur Förderung gründen. Den Australiern gehören sogar nur 49 Prozent der Firma. Premier Andrej Babiš wollte den lukrativen Lithium-Abbau nicht an ein ausländisches Unternehmen verlieren

                      Turbulente Jahre eines Unternehmens

                      Auf der Seite Sachsens hat die Deutsche Lithium den Zuschlag für den Abbau erhalten. Das Unternehmen hat turbulente Jahre hinter sich. Bereits vor zehn Jahren hat der Solarworld-Konzern mit der Lithium-Erkundung vor Ort begonnen und daraufhin die Solicium GmbH gegründet. Weil die Firma in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, ging sie eine Partnerschaft mit Bacanora Minerals aus Kanada ein. Später ging Solarworld pleite, blieb aber Teilhaber von Solicium. Erst die neu gegründete Zinnwald Lithium PLC aus London kaufte Solarworld raus und übernahm die Anteile der Kanadier. 

                      Die Probleme überraschen nicht. Bis endlich das erste Kilogramm Lithium aus dem Boden geholt werden kann, sind Investitionen von rund 150 Millionen Euro nötig, wie die Deutsche Lithium noch im Frühjahr 2021 gegenüber der “Sächsischen Zeitung” kalkulierte. Ein Jahr zuvor rechnete Geschäftsführer Armin Müller dem “Deutschlandfunk” vor, dass es im Zinnwald genug Lithium gebe, um Batterien für rund 20 Millionen Elektroautos zu bauen – auf der deutschen Seite des Zinnwalds sollen nach Angaben des Unternehmens 125.000 Tonnen Lithium liegen, noch einmal 250.000 Tonnen auf der tschechischen Seite

                      Doch seit diesen Interviews ist es schwer, belastbare Aussagen zu bekommen. Das Unternehmen will derzeit keine Fragen beantworten und begründet das mit dem Gesellschafterwechsel. Auch der zuständige Oberbürgermeister in Freiberg will sich nicht äußern, genauso wenig wie die sächsische Landesregierung. 

                      Lithium-Abbau ist zu einem Politikum geworden

                      Lediglich Bernhard Cramer, Obergmann beim Sächsischen Obergamt, äußert sich gegenüber Europe.Table, wenn auch allgemein: “Die Zulassung des von der Deutschen Lithium GmbH vorgelegten bergrechtlichen Rahmenbetriebsplans für die Gewinnung von Lithium ist in Bearbeitung.” Weitere Informationen gibt es nicht. Das Oberbergamt nehme “ausschließlich seine Aufgaben als Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde wahr”.

                      Das Schweigen im Zinnwald ist kein Wunder. Lithium ist in Europa längst zu einem Politikum geworden. Das Element gilt in Europa als kritischer Rohstoff zur Erreichung der Klimaziele im Rahmen des Green Deal (Europe.Table berichtete). Lithium ist das wichtigste Material zum Bau großer Akkus. Mit der Weiterverarbeitung des Materials, Batterie- und Elektroautofabriken soll eine ganze Wertschöpfungskette entstehen, die unabhängig von CO2-intensiven Importen aus China und Südamerika ist.

                      Was passieren kann, wenn Bundes- und Lokalregierung dabei nach vorne preschen, ohne die Bürger:innen ausreichend zu beteiligen, zeigt der Lithium-Abbau in Spanien (Europe.Table berichtete). Mit Blick auf den Eingriff in die Natur protestieren dort Anwohner:innen lautstark gegen geplante Minen. In Sachsen gab es das kaum. Wegen der Bergbautradition in der Region stehen die Menschen dem Projekt eher positiv gegenüber. Lediglich zu Beginn tauchten Sorgen wegen der Lärm- und Verkehrsbelastung auf, die jedoch schnell ausgeräumt wurden.

                      Aufbau einer integrierten und nachhaltigen Wertschöpfungskette

                      Allerdings sind die Genehmigungsverfahren komplex. Die Grüne Anna Cavazzini, Vorsitzende des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, kommt aus Sachsen. Sie betont, dass Lithium eine entscheidende Rolle für die Klimaziele spielt, sagt aber auch: “Zugleich dürfen Energie- und Verkehrswende nicht dazu führen, dass neue Abbauprojekte in Deutschland oder andernorts auf der Welt einfach schnell durchgewunken werden.” Es müssen “immer höchstmögliche Umwelt- und Sozialstandards gelten“.

                      Dazu kommt, dass es eine integrierte und nachhaltige Wertschöpfungskette – wie sie von Cavazzini und den Grünen gefordert wird – in Deutschland noch gar nicht gibt. Deren Aufbau werde gerade durch das EU-Forschungsrahmenprogramm Horizont 2020 gefördert. Hier müssen schnellstmöglich Ergebnisse geliefert werden, sonst dürfte ein rentabler Lithium-Abbau in Sachsen schwer werden. 

                      Denn der Markt ist umkämpft. Nicht nur durch die Konkurrenz aus Spanien und Tschechien. Auch am Oberrhein soll bald Lithium gefördert werden (Europe.Table berichtete). Bislang bezieht die EU 98 Prozent ihrer kritischen Rohstoffe aus China. Die Vorkommen dort sind groß, die Arbeitskraft günstig und Umweltauflagen längst nicht ein so großer Kostenfaktor wie in Europa. Christian Domke-Seidel

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                        02.02.-03.02.2022, Brüssel (Belgien)
                        EUA, Conference Petcore Europe Annual Conference 2022
                        This EU Agenda (EUA) conference addresses strategies and trends for the Circular PET Economy. INFOS & REGISTRATION

                        02.02.2022 – 10:00-11:30 Uhr, online
                        HE, Discussion Can RED II deliver the EU’s Hydrogen ambitions?
                        Hydrogene Europe (HE) discusses the impact of the Renewable Energy Directive II on adequate investments in renewable hydrogen projects. INFOS & REGISTRATION

                        03.02.2022 – 08:45-18:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
                        DE, Conference Masters of Digital 2022
                        Digital Europe (DE) debates current digital policy issues such as AI and Internet of Things. INFOS & REGISTRATION

                        03.02.2022 – 10:00-12:00 Uhr, online
                        BVMed, Seminar Videosprechstunde: Schnelle und rechtssichere Einbindung in Geschäftsmodelle von MedTech-Unternehmen und Hilfsmittelerbringern
                        Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) beschäftigt sich mit der zunehmend wichtigen Rolle der ärztlichen Videosprechstunde. INFOS & ANMELDUNG

                        03.02.2022 – 12:30-13:30 Uhr, online
                        Bayerische Landesvertretung bei der EU, Podiumsdiskussion Der Europäische Green Deal: Nachhaltige Mobilität – wie herausfordernd ist der Aufbau der Tank- und Ladeinfrastruktur in Europa?
                        Die Bayerische Landesvertretung bei der EU lädt zur Diskussion über Herausforderungen und Vorzeigebeispiele von Tank- und Ladeinfrastrukturen in Europa ein. PROGRAMM

                        03.02.2022 – 18:30-20:00 Uhr, online
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                        Die Diskussion der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNF) beschäftigt sich mit den Herausforderungen für die Weltraumstrategien von Frankreich und Deutschland. INFOS & ANMELDUNG

                        News

                        Europäischer Rechnungshof fordert Nachbesserung der Energiebesteuerung

                        Die derzeitigen Steuersätze für die verschiedenen Energieträger spiegeln nicht das Ausmaß der verursachten Verschmutzung durch deren Nutzung wider. Das ist das Ergebnis einer am Montag veröffentlichte Analyse des Europäischen Rechnungshofs. Zwar könnten Energiesteuern zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen, indem sie Anreize für Versorger bieten, auf erneuerbare Energien umzusteigen. Doch seien die Subventionen für fossile Brennstoffe im vergangenen Jahrzehnt kaum zurückgegangen, heißt es. Die relativen Kosten der Erneuerbaren seien dadurch gestiegen und die Energiewende werde verzögert.

                        Starke Subventionen für fossile Brennstoffe

                        Mit mehr als 55 Milliarden Euro bezuschussen die EU-Länder jährlich fossile Brennstoffe, obwohl die Kommission und einige Mitgliedstaaten erklärt haben, dies zu beenden. Insgesamt 15 Mitgliedstaaten geben sogar mehr Geld für fossile als für erneuerbare Energieträger in Form von Subventionen aus, darunter Frankreich, Belgien und Finnland. Dies geschehe durch Steuerbefreiungen oder -ermäßigungen, direkte Zuschüsse sowie staatliche Beihilfen. Dadurch würde die Wirksamkeit der CO2-Preise untergraben, argumentieren die Autoren.

                        Die wichtigste Herausforderung liege nun darin, die regulatorischen und finanziellen Maßnahmen stärker miteinander zu verknüpfen und die richtige Mischung der beiden Elemente zu finden, sagt Viorel Ştefan, einer der Prüfer des Europäischen Rechnungshofs. Die geltende Energiebesteuerungsrichtlinie der EU lasse es zu, Energiequellen, die die Umwelt stärker belasten, steuerlich günstiger zu behandeln als CO2-effiziente Energiequellen, heißt es in der Analyse. Kohle werde demnach mit 2,90 Euro pro Megawattstunde besteuert, Erdgas mit 7 Euro/MWh und Strom mit 32,10 Euro/MWh.

                        Unterschiedliche CO2-Preise führen zu Marktverzerrung

                        Dazu kommt die unterschiedliche nationale Besteuerung von Emissionen. Zwar erheben 14 EU-Staaten CO2-Steuern für bestimmte Sektoren außerhalb des europäischen Emissionshandels – vergleichbar mit dem deutschen Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG). Allerdings fällt die Höhe der Steuer pro Tonne emittiertes CO2 in jedem Land unterschiedlich aus, was laut den Analysten des Europäischen Rechnungshofes zu Verzerrungen des Binnenmarkts führen kann.

                        Zum Beispiel hat Schweden einen CO2-Preis von 108,80 Euro pro Tonne für die Sektoren Wärme und Verkehr, während in Polen die Tonne CO2 für die Industrie außerhalb des ETS mit nur zehn Cent besteuert wird. In Deutschland ist der CO2-Preis des BEHG Anfang 2022 von 25 auf 30 Euro pro Tonne gestiegen.

                        Die Autoren fordern daher eine einheitliche Behandlung von Sektoren und Energieträgern in der Energiebesteuerungsrichtlinie und die Verringerung von Subventionen für fossile Energieträger, um die Ziele des Green Deal zu erreichen. Dafür ist jedoch die Einstimmigkeit aller Mitgliedstaaten notwendig, was laut den Analysten die entscheidende institutionelle Herausforderung für die EU darstellen dürfte. luk

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                          DSA: Zuversicht bestimmt den Trilogauftakt

                          Nur knapp eine Stunde dauerte der erste politische Trilog zum Digital Services Act (DSA) gestern Nachmittag. Vertreter:innen von Kommission, französischer Ratspräsidentschaft und Europaparlament wiederholten dabei ihre Prioritäten und läuteten die interinstitutionellen Verhandlungen offiziell ein. Die Atmosphäre sei sehr freundlich und, angesichts der unterschiedlichen Positionen (Europe.Table berichtete), fast ein bisschen zu zuversichtlich gewesen, berichtete ein Mitglied des Parlamentsverhandlungsteams. In einem Punkt seien sich alle drei Institutionen einig gewesen: Die Verhandlungen seien von Zeitdruck geprägt, das soll jedoch nicht zulasten der Qualität gehen. Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager lobte im Anschluss an den Trilog in einem Tweet die “starken Gemeinsamkeiten”, die zwischen Kommission, Rat und Parlament bei den Zielsetzungen für den Digital Services Act herrschten.

                          Am Mittwoch gehen die Verhandlungen auf der technischen Ebene weiter. Dabei sollen zunächst die politisch besonders heiklen Punkte definiert werden. Weitere Verhandlungsrunden sind am Montag und Donnerstag kommender Woche geplant, bevor am 15. Februar ein weiterer politischer Trilog stattfinden soll.

                          Die gemeinnützige Organisation Hate Aid nutzte mit 20 Partnerorganisationen den Trilog-Auftakt dazu, um für ambitioniertere Beschwerdemechanismen im Falle von digitaler Gewalt gegen Frauen zu sensibilisieren: Sie überreichte der Berichterstatterin Christel Schaldemose (S&D) eine Petition, die über 30.000 Menschen unterzeichnet haben. Zentrale Forderung: Plattformen sollen bei der Bekämpfung digitaler Gewalt stärker in die Pflicht genommen werden. Das sei ein klares und starkes Signal, dass mehr getan werden müsse, um ein sicheres und faires Internet zu gewährleisten, sagte Schaldemose. koj

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                            EU-Kommission prüft Beschwerde gegen DB Cargo

                            Die EU-Kommission untersucht möglicherweise ungerechtfertigte Vorteile der Deutsche-Bahn-Tochter DB Cargo gegenüber Konkurrenten. Die Kommission habe eine Beschwerde eines Wettbewerbers erhalten und eine vertiefte Prüfung eingeleitet, teilte die Behörde mit. Dabei gehe es unter anderem darum, ob der Mutterkonzern die Verluste der Güterbahn DB Cargo trage und die Frachttochter von günstigen Dienstleistungen der Muttergesellschaft profitiere.

                            Untersucht werde auch, ob Kredite besonders billig aufgenommen werden konnten. Hintergrund ist, dass die Deutsche Bahn als Staatskonzern eine besonders hohe Bonität habe und daher sich günstiger verschulden kann als viele andere. DB Cargo hat in Deutschland einen Marktanteil von etwas unter 50 Prozent.

                            NEE lobt DB Cargo-Untersuchung durch die EU-Kommission

                            Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE), der Zusammenschluss der Konkurrenten, lobte die Untersuchung durch die EU-Kommission: “Wir haben aus dem Kreise unserer Mitglieder immer wieder von preislich nicht nachvollziehbaren Angeboten der DB Cargo gehört und blicken dem Ergebnis der Untersuchung mit gespannter Erwartung entgegen”, sagte NEE-Chef Ludolf Kerkeling. Es sei wichtig, dass auch bei einem Unternehmen in Staatsbesitz Marktmechanismen nicht außer Kraft gesetzt würden. Die Deutsche Bahn entgegnete: “Fakt ist: Die DB Cargo AG hat keine wettbewerbsverzerrenden Beihilfen erhalten.”

                            Die Bundesregierung steht immer wieder in der Kritik, da sie zum einen den Wettbewerb auf der Schiene fördern will, zum anderen als Eigentümerin der Deutschen Bahn deren Interessen zu vertreten hat. Auch der Bundesrechnungshof verweist auf dieses Spannungsfeld. rtr

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                              Untersuchungsbericht kritisiert Lockdown-Partys in Downing Street

                              Der Druck auf den britischen Premierminister Boris Johnson wegen zahlreicher Partys während der Corona-Lockdowns steigt. Einige der Veranstaltungen an seinem Amtssitz Downing Street hätten nicht stattfinden dürfen, andere seien aus dem Ruder gelaufen, schrieb die Spitzenbeamtin Sue Gray in ihrem am Montag veröffentlichten Zwischenbericht. Sie attestierte der britischen Regierung schweres Führungsversagen und ein mangelndes Urteilsvermögen. “Es tut mir leid”, sagte Johnson im britischen Parlament. “Ich verstehe die Wut, die die Menschen empfinden.” Nun müsse man aber zurück an die Arbeit gehen.

                              In den vergangenen Wochen waren immer mehr Partys des Premierministers Boris Johnson während der Corona-Lockdowns bekannt geworden. Angesichts scharfer Kritik auch aus den eigenen Reihen hatte Johnson auf Zeit gespielt und erklärt, zunächst den Gray-Bericht abzuwarten. Doch wegen parallel laufender Polizeiermittlungen wurde dieser nun nicht vollständig veröffentlicht.

                              Koffer voller Alkohol

                              Gleichwohl enthalten die veröffentlichten Passagen einigen politischen Sprengstoff. So forderte Gray klare Regeln, die Trinkgelage am Arbeitsplatz verhindern. “Der übermäßige Konsum von Alkohol ist an einem professionellen Arbeitsplatz zu keiner Zeit angebracht.” In Medienberichten war in den vergangenen Wochen von Trinkgelagen berichtet worden, bei denen Regierungsmitarbeiter Koffer voller Alkohol angeschleppt hätten und bis in die frühen Morgenstunden tanzten. Währenddessen galten in Großbritannien strenge Corona-Kontaktbeschränkungen, sodass Angehörige beispielsweise nicht an Beerdigungen teilnehmen konnten.

                              Gray stellte zudem fest, dass sich Mitarbeiter unter Druck gesetzt fühlten. Einige hätten zwar Bedenken äußern wollten, seien aber davor zurückgeschreckt. Regierungsmitarbeiter müssten in der Lage sein, sich über ungebührliches Verhalten zu beschweren, schrieb Gray. rtr

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                                Übernahme von Chip-Zulieferer Siltronic vor dem Aus

                                Der milliardenschwere Verkauf des Münchener Chip-Zulieferers Siltronic nach Taiwan steht offenbar aus politischen Gründen vor dem Aus. Gespräche zwischen Wirtschafts-Staatssekretär Udo Philipp und der Vorstandschefin des taiwanischen Wafer-Herstellers Global Wafers, Doris Hsu, blieben ohne Ergebnis, wie drei Insider der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Zuvor hatte wochenlang Funkstille geherrscht.

                                Das Ministerium von Robert Habeck (Grüne) könnte die 4,35 Milliarden Euro schwere Übernahme durch Global Wafers torpedieren, indem es die in der Nacht zum heutigen Dienstag ablaufende Frist für die Freigabe nach dem Außenwirtschaftsgesetz einfach verstreichen lässt. Es wäre die mit Abstand größte Übernahme durch ein ausländisches Unternehmen, die eine Bundesregierung an dem Gesetz scheitern lassen könnte.

                                Prüfung des Verkaufs von Siltronic nach Taiwan läuft noch

                                Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte gestern, die Prüfung dauere noch an. Nach den Übernahmeregularien muss die Freigabe bis 31. Januar vorliegen, die Frist nach dem Außenwirtschaftsgesetz reicht bis Ende Februar. Nach dem Gesetz kann die Bundesregierung den Verkauf deutscher Unternehmen nach außerhalb der EU verbieten, wenn sie “Schlüsseltechnologien” gefährdet sieht. Dazu zählt sie auch die Chip-Industrie, an die Wafer-Hersteller die Siliziumscheiben liefern, auf denen die Halbleiter produziert werden.

                                Der Chip-Notstand in der Corona-Pandemie hatte gezeigt, wie abhängig Europa von asiatischen Anbietern ist. Siltronic ist unter den fünf größten Siliziumscheiben-Herstellern der einzige aus Europa. Die EU-Kommission will diesen Monat ihren “Chips Act” vorlegen (Europe.Table berichtete) und die Branche mit zweistelligen Milliardensummen fördern. rtr

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                                  GAP: Jetzt kommt es auf die Mitgliedstaaten an

                                  Von Martin Häusling
                                  Martin Häusling ist Europaabgeordneter der Grünen und Schattenberichterstatter seiner Fraktion für die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik.
                                  Martin Häusling ist Europaabgeordneter der Grünen und Schattenberichterstatter seiner Fraktion für die GAP-Reform.

                                  Die EU-Agrarreform hätte eine Veränderung darstellen und damit zum Erreichen der Green-Deal-Ziele beitragen sollen. Aber die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), die im vergangenen Jahr von der EU beschlossen wurde, hat diesen Namen nicht verdient. Was wir hier sehen, ähnelt eher einer Verschlimmbesserung im Vergleich zu vorher. Der versprochene Systemwechsel ist nicht zu erkennen, auch wenn Konservative und EU-Kommission dies gerne so darstellen. Stattdessen wurde die Chance für einen sinnvollen Wandel für Klima, biologische Vielfalt und die Kleinbauern vertan.

                                  Der Weg dieser “Reform” war ein langer. Am Ende sehen wir eine Einigung mit minimalen Ambitionen – zum Teil mit Rückschritten. Die Ziele für Umwelt- und Klimaschutz wurden auf ein Minimum reduziert und können durch das Anrechnen von Maßnahmen, die kaum etwas für Klima- oder Umweltschutz bringen, wie beispielsweise Präzisionslandwirtschaft, zusätzlich verwässert werden.

                                  Während die alte GAP fordert, dass jeder Betrieb bis zu 30 Prozent der Zahlungen verliert, wenn er sich nicht an Umweltauflagen hält, können sich Betriebe künftig überlegen, ob sie lieber intensiv arbeiten und legal weiter das Klima, Wasser und Böden belasten und zum Artensterben beitragen wollen oder ob sich die Anwendung von Eco-Schemes ökonomisch für sie rentiert. Damit ist absehbar, dass gerade die intensiv bewirtschafteten Problemregionen weiterhin Problemregionen bleiben werden.

                                  Vergleichbarkeit zwischen Mitgliedstaaten wird schwieriger

                                  Die erhöhte Flexibilität für die Mitgliedstaaten hat aus der GAP zudem einen Flickenteppich gemacht. Eine allgemeingültige, verbindliche GAP mit Basisanforderungen wird es in Europa zwischen 2023 und 2027 also nicht geben. Somit kommt es jetzt auf die Mitgliedstaaten an, inwieweit sie national über ihre Strategiepläne eine fairere und grünere Agrarpolitik durchsetzen werden. Eine besondere Gefahr besteht dabei im “race to the bottom”. Auch eine Vergleichbarkeit zwischen den Mitgliedstaaten wird so sehr viel schwieriger als bislang – eine weitere Verzögerungstaktik unambitionierter Mitgliedstaaten ist so zu erwarten.

                                  Wie sieht die neue GAP ab 2023 aber nun konkret aus? Die sogenannten Eco-Schemes, also Maßnahmen mit einem Nutzen für die Umwelt, das Klima oder den Tierschutz in der 1. Säule, müssen von den Mitgliedstaaten verpflichtend angeboten werden, die Landwirte können sie aber freiwillig wählen. Eine einheitliche Maßnahmenliste, die Umweltwirkungen sicherstellt, wird es aber nicht geben. Alles hängt davon ab, wie die Kommission die Vorschläge zu den Eco-Schemes bewertet.

                                  Bei der Konditionalität wurden teilweise sogar Rückschritte im Vergleich zur vorherigen Regelung (Cross Compliance) erzielt. Der dringend überfällige Schutz von Feucht- und Torfgebieten gilt erst ab 2025, bei einer Laufzeit der neuen GAP bis 2027 – das ist völlig unzeitgemäß, mitten im Klimawandel. Bei den wichtigen Regelungen zur Fruchtfolge ist von der Forderung nach einer viergliedrigen Fruchtfolge mit Leguminosen wieder einmal nichts übrig geblieben. Genaugenommen sind sogar Maismonokulturen weiter legal. Die Mitgliedsstaaten haben zudem Möglichkeiten für weitere Verwässerungen, beispielsweise indem sie Betriebe mit einem Grünlandanteil von 75 Prozent von jeglicher Fruchtfolgeauflage befreien.

                                  Geringeres Budget bremst Klima- und Umweltambitionen aus

                                  Bei der Erhaltung nicht produktiver Landschaftselemente zur Erhöhung der Biodiversität sollen nur 4 Prozent der Ackerflächen für Landschaftselemente reserviert werden oder ungenutzt bleiben. Von dieser ohnehin schon schwachen Regel kann abgewichen werden, wenn der Anbau von Leguminosen und anderen Zwischenfrüchten erfolgt. Zur Perspektive: In Deutschland sind schon jetzt 3,2 Prozent der Fläche Landschaftselemente. Studien zeigen, dass es mindestens 10 Prozent gut vernetzte ungenutzte Fläche bräuchte, um den Verlust der Biodiversität aufzuhalten.

                                  In der 2. Säule werden Klima- und Umweltambitionen vor allem durch das geringere Budget ausgebremst. Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik sieht zwar 35 Prozent für Umweltleistungen über die Mittel der 2. Säule vor, dabei kann die Förderung benachteiligter Gebiete aber mit bis zu 50 Prozent angerechnet werden. So ist weniger Geld für die Förderung von Maßnahmen mit starker Umweltwirkung vorhanden.

                                  Bei dieser Reform ist also ein Wettlauf um die schwächsten Umweltauflagen zu erwarten. Dieser Tage werden die nationalen Strategiepläne bei der EU-Kommission eingereicht. Diese hat anschließend drei Monate Zeit, die Pläne zu bewerten. Wir werden sehr genau darauf schauen, ob die EU-Kommission die nationalen Strategiepläne auf die Vereinbarkeit mit dem Green Deal überprüft, sonst ist dieser im Bereich Landwirtschaft nurmehr heiße Luft.

                                  In Deutschland hat die Vorgängerregierung den nationalen Strategieplan erarbeitet. Der neuen Regierung mit grünem Landwirtschaftsministerium blieben somit kaum noch Spielräume (Europe.Table berichtete). Für die deutsche Bundesregierung zählt nun vor allem, dass sie die ihr offenstehenden Möglichkeiten nutzt, um die nationalen Maßnahmen in der laufenden Förderperiode zu korrigieren und weiterzuentwickeln. Der nächste wichtige Schritt für die amtierende Regierung in Deutschland ist schließlich, die nächste Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik vorzubereiten. So wurde bereits im Koalitionsvertrag festgeschrieben, endlich die Direktzahlungen nach 2027 konsequent durch die Honorierung von Klima- und Umweltleistungen zu ersetzen.

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                                    Es kommt nicht oft vor, dass sich US-Senatoren oder internationale Medien für innerparteiliche Diskussionen in Deutschland interessieren. Wie sich Vertreter der SPD im Konflikt mit Russland positionieren, aber ist zu einem echten Politikum geworden. “Deutschland schwankt in der ersten Krise der Post-Merkel-Ära”, urteilt etwa die “Financial Times”.

                                    Führende SPD-Politiker wie Kevin Kühnert und Christine Lambrecht haben mit ihren Äußerungen zu Nord Stream 2 dazu beigetragen, dass der Eindruck entstand: Deutschland ist unter der neuen Regierung ein unsicherer Kantonist im westlichen Lager. Die weiche Stelle in der Abschreckungspolitik gegenüber Wladimir Putin. Das Bild scheint sich so weit verfestigt zu haben, dass zumindest im Ausland bislang unerkannt blieb: Es stimmt so nicht mehr.

                                    Die Front begradigt hat weniger Olaf Scholz, auch wenn der SPD-Bundeskanzler nach (zu) langem Schweigen klarstellte: Deutschland trägt im Falle eines russischen Angriffs auf die Ukraine alle Sanktionen mit, auf die sich USA und EU verständigen. Die SPD auf Linie gebracht hat vielmehr Lars Klingbeil, so berichten es jedenfalls führende Sozialdemokraten. Und das schon vor der gestrigen Klausurtagung der SPD-Führung.

                                    Der neue Co-Parteivorsitzende stellte vergangene Woche im Bundestag klar: “Wenn die territoriale Integrität der Ukraine angegriffen wird, dann gibt es eine klare, eine konsequente und eine entschiedene Antwort, die diese Bundesregierung mit den internationalen Partnern abgestimmt hat.” Waffenlieferungen an die Ukraine lehne man ab, alle Sanktionsoptionen aber lägen auf dem Tisch. Sprich: auch ein Aus für Nord Stream 2.

                                    Es hat ein wenig gedauert, bis die Sozialdemokraten sich so weit sortiert hatten. Zu lange, angesichts der akuten Krise. Es rächte sich, dass die Partei die Widersprüche in ihrer Haltung gegenüber Moskau und Nord Stream 2 nicht früher auflöste. Nun aber scheint das geschehen zu sein, jedenfalls bis auf Weiteres. Das sollte auch im Ausland zur Kenntnis genommen werden. Till Hoppe

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