Polen und Bulgarien hat Russland bereits den Gas-Hahn zugedreht. Auch Deutschland müsse auf einen russischen Gas-Lieferstopp vorbereitet sein, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gestern bei seinem Besuch in Tokio. “Ob und welche Entscheidung die russische Regierung in dieser Hinsicht treffen wird, kann man nur spekulieren, macht aber wenig Sinn”, so der Kanzler. “Man muss sich darauf vorbereiten.” Die Europäische Kommission hat sich derweil zu den von Russland geforderten Zahlungen in Rubel positioniert und klargestellt, wie Unternehmen ihre Rechnungen begleichen können, ohne gegen die Sanktionen zu verstoßen. Mehr dazu lesen Sie in den News.
Der harte Corona-Lockdown in der chinesischen Metropole Shanghai, dem größten Containerhafen der Welt, erhöht die Bedeutung der Schienenverbindung zwischen China und Europa. Doch der russische Angriffskrieg in der Ukraine verunsichert Lieferanten, denn die Standardstrecke der Neuen Seidenstraße auf Schienen verläuft mitten durch Russland. Auch wenn die deutsche Logistikbranche versichert, dass die Auswirkungen des Krieges und der Sanktionen überschaubar seien, wird mit Hochdruck an Alternativen gearbeitet. Lukas Scheid analysiert die Schwierigkeiten des sogenannten Mittelkorridors.
Dürfen Verbraucherverbände nach aktueller Rechtslage Unterlassungsklagen im Datenschutzrecht einreichen? Der BGH hatte Zweifel, dass das mit der DSGVO vereinbar sei. Der EuGH folgte seinen deutschen Richterkollegen hier nicht – ja, Verbraucherschützer dürfen auch Datenschutzrecht einklagen. Insbesondere eine Branche dürfte nun Probleme bekommen, wie Torsten Kleinz und Falk Steiner berichten.
Von 30 bis 40 Prozent weniger Ladungsaufkommen sprechen Betreiber und Häfen entlang der Nordroute der neuen Seidenstraße. Die Züge fahren zwar, sagt Maria Leenen vom Beratungsunternehmen SCI Verkehr. “Doch sorgen sich die Kunden hochwertiger Containerfracht um die Sicherheit ihrer Ladung.”
Das betrifft vor allem Fahrten aus China Richtung Europa, denn noch immer gehen Warenlieferungen auf der Seidenstraße mit dem Zug größtenteils nur in diese eine Richtung. Um die Warenströme Richtung Westen aufrechtzuerhalten oder gar auszuweiten, bieten chinesische Betreiber finanzielle Sicherheiten an. Im März 2022 habe eine Betreibergesellschaft aus Xian mit der Übernahme von Kriegsversicherungszahlungen für Verlader begonnen, berichtet Leene. Sie gelten für alle russischen und europäischen Bestimmungsorte.
“Kriegsversicherungen werden für Güter abgeschlossen, die über Russland, Weißrussland und Polen als Nachbarländer der Ukraine transportiert werden.” Die Policen sollen laut der Unternehmensberaterin vor dem erhöhten Risiko einer Beschädigung oder Festsetzung durch militärische Operationen schützen. Die Versicherung sei zwar nicht obligatorisch, soll aber als Anreiz zum Güterverkehr zwischen China und der EU dienen.
Auf europäischer Seite halten sich die Auswirkungen durch den Krieg und die Sanktionen gegen Russland in Grenzen. In besonderem Maße wirtschaftlich betroffen, sieht sich die Logistikbranche hierzulande nicht. “Auch wenn sich die Kostensituation aufgrund exorbitant gestiegener Energiepreise verschärft hat, gelingt es, diese am Markt überwiegend vollständig zu überwälzen”, sagt Niels Beuck, Geschäftsführer und Leiter Schienengüterverkehr beim Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV).
Sprich: Die Kosten werden an die Kunden durchgereicht. Denn um ihre Beschaffungswege und Lieferketten zu sichern, würden Industrie und Handel derzeit Preissprünge bei den Frachtraten sämtlicher Verkehrsträger akzeptieren. Ohnehin seien Logistikunternehmen aufgrund der hohen Güterverkehrsnachfrage derzeit vollständig ausgelastet, so Beuck.
Auch DB Cargo, immerhin eines der wichtigsten Transportunternehmen Europas, wiegelt die Auswirkungen des Kriegs für die Branche ab. Das Unternehmen sei “nur ein Player von vielen” entlang der Strecke, sagt ein Unternehmenssprecher im Gespräch mit Europe.Table. Man habe keine eigenen Züge in Russland, die nun nicht mehr fahren könnten. Zudem sind Buchungen europäischer Unternehmen für Fahrten über Russland – obwohl diese durch die russische Staatsbahn RZD durchgeführt werden – nicht von den Sanktionen betroffen. Lediglich Finanzgeschäfte, wie der Kauf von Anteilen der RZD, sind unterbunden. Somit fallen nur europäische Exporte mit russischen Zielen weg. Beispielsweise werden Bauteile der Automobilindustrie nicht mehr an russische Werke geliefert, da hier Sanktionen greifen.
Ins Gewicht fällt dies jedoch nicht, da Überfahrten auf der Seidenstraße nach wie vor stattfinden. Dennoch scheint man sich auf eine Umgehung der Nordroute über Russland vorzubereiten. Es werde mit Hochdruck der sogenannte Mittelkorridor über Kasachstan, Aserbaidschan, Georgien und die Türkei ausgebaut, heißt es vom DSLV. Die Fähren auf dem Kaspischen Meer seien jedoch ein limitierender Faktor des Mittelkorridors. “Ab September soll die Fährkapazität verdoppelt werden, von jetzt drei auf sechs Abfahrten”, so Geschäftsführer Beuck.
Die Transportzeit auf der Route beträgt laut dem niederländischen Logistikdienstleister Nunner Logistics, der den Mittelkorridor gemeinsam mit dem chinesischen Logistikunternehmen Tiedada und dem Duisburger Hafenbetreiber Duisport eingerichtet hat, 28 Tage. Auf der Nordroute sind die Container etwa 14 Tage unterwegs. Die Kapazitätssteigerung des Mittelkorridors könnten einen möglichen Ausfall der Nordroute daher nicht komplett kompensieren. Laut Beuck sei es aber eines von mehreren Puzzlestücken, um Transporte durch Russland zu umgehen. “Außerdem wird man nicht ad hoc die gleichen Mengen wie derzeit über die neue Route abwickeln können”, sagt Unternehmensberaterin Maria Leenen.
Die Schienenstrecke über Russland wird also auch weiterhin eine elementare Verbindungsader für den Warenverkehr zwischen China und der EU bleiben. Luftbeförderung ist aufgrund des weitgehend gesperrten russischen Luftraums, deutlich höherer Kosten und der schlechten CO2-Bilanz in den meisten Fällen keine Alternative.
Der harte Corona-Lockdown in der chinesischen Metropole Shanghai, dem größten Containerhafen der Welt, gibt einer Ausweichmöglichkeit weitere erhebliche Bedeutung. Die Schiene bietet dabei einen weiteren Vorteil: Schiffsladungen via Shanghai müssen in beide Richtungen zusätzlich via Zug verladen werden, um vom Ursprungsort zum Hafen oder vom Hafen zum Ziel zu gelangen. Dieser Zwischenschritt fällt weg und Waren können auch in Mittelchina, wo viele Waren produziert werden, aufgeladen oder entladen werden.
Außerordentliche Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
02.05./05.05.2022
Themen: Jahresbericht über die Umsetzung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und der Republik Moldau.
Vorläufige Tagesordnung
Plenartagung des EU-Parlaments: Wahlrecht, Schadstoffe, biologische Landwirtschaft
02.05.2022 17:00-22:00 Uhr
Themen: Debatte und Abstimmung (03.05.) zur Änderung des europäischen Wahlrechts, Aussprache zur Verordnung über persistente organische Schadstoffe, Aussprache zum EU-Aktionsplan für biologische Landwirtschaft.
Vorläufige Tagesordnung
Gemeinsame Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG) und des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
02.05.2022 19:00-22:00 Uhr
Themen: Aufbau- und Resilienzdialog mit Valdis Dombrovskis (Vizepräsident der EU-Kommission) und Paolo Gentiloni (EU-Kommissar für Wirtschaft).
Vorläufige Tagesordnung
Wöchentliche Kommissionssitzung
03.05.2022
Themen: Vorschläge zu einem europäischen Raum für Gesundheitsdaten und eine erneuerte strategische Partnerschaft mit den Regionen in äußerster Randlage. Im Anschluss an die Sitzung der Kommission findet voraussichtlich gegen 15 Uhr eine Pressekonferenz statt.
Vorläufige Tagesordnung Livestream
Treffen der Euro-Gruppe
03.05.2022
Themen: Die Finanzminister:innen des Euro-Raums kommen zusammen, um sich über aktuelle Fragen auszutauschen.
Infos
Plenartagung des EU-Parlaments: Künstliche Intelligenz, Ukraine-Krieg, Auswärtige Angelegenheiten, Medienfreiheit
03.05.2022 09:00-22:00 Uhr
Themen: Aussprache und Abstimmung zu künstlicher Intelligenz im digitalen Zeitalter, Aussprache mit dem italienischen Premierminister Mario Draghi zum Ukraine-Krieg, Aussprache zu auswärtigen Angelegenheiten, Aussprache zu Bedrohungen für die Sicherheit von Journalisten und die Medienfreiheit.
Vorläufige Tagesordnung
Sitzung des Ausschusses für Internationalen Handel (INTA)
03.05.2022 11:30-11:45
Themen: Berichtsentwurf zum Schema allgemeiner Zollpräferenzen.
Vorläufige Tagesordnung
Plenartagung des EU-Parlaments: Ukraine-Krieg, Wettbewerbspolitik
04.05.2022 09:00-22:00 Uhr
Themen: Aussprache zu den sozialen und wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine auf die EU, Jahresbericht Wettbewerbspolitik 2021.
Vorläufige Tagesordnung
EuGH-Urteil zur Informationspflicht von Internethändlern in Bezug auf Herstellergarantien
05.05.2022
Themen: Der EuGH urteilt darüber, inwiefern Internethändler dazu verpflichtet sind, Verbraucher über Herstellergarantien zu informieren.
Vorabentscheidungsersuchen
Der eigentliche Fall des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen Facebook liegt Jahre zurück und betraf Onlinespiele auf der Plattform. Doch mit der Beantwortung der Vorlagefragen des Bundesgerichtshofs durch den Europäischen Gerichtshof ist nun eine datenschutzrechtliche Grundsatzfrage geklärt.
Denn eigentlich ist das Datenschutzrecht als höchstpersönliches Recht konstruiert: Der Betroffene selbst soll seine Rechte geltend machen, etwa mit einer Beschwerde bei einer Datenschutzaufsichtsbehörde. Schon bei der Entstehung der DSGVO wurde intensiv diskutiert, ob das zu einer tatsächlich wirksamen Durchsetzung führen könne – weshalb mit Artikel 80 eine Art Prozessstandschaft eingeführt wurde: Einzelne können sich unter Umständen von anderen bei der Ausübung ihrer Rechte vertreten lassen, wenn das mitgliedstaatliche Recht dies vorsieht.
Die EuGH-Richter entschieden nun: Die deutsche Regelung, die älter als die DSGVO ist, hält einer Überprüfung stand – da die DSGVO, wie die Richter ausführen, “nicht nur eine ‘identifizierte natürliche Person’, sondern auch eine ‘identifizierbare natürliche Person’ umfasst”.
Auch eine konkrete Verletzung sei als Grundlage für den Fall nicht nötig, so die Richter in ihrem Urteil. “Dass Verbände zur Wahrung von Verbraucherinteressen wie der Bundesverband befugt sind, unabhängig von der Verletzung der Rechte einer von diesem Verstoß individuell und konkret betroffenen Person eine Verbandsklage auf Unterlassung von gegen diese Verordnung verstoßenden Verarbeitungen zu erheben, trägt unbestreitbar dazu bei, die Rechte der betroffenen Personen zu stärken und ihnen ein hohes Schutzniveau zu gewährleisten.” Verkürzt gesagt: Die Aktivität der Verbraucherschützer zahlt auf den Datenschutz aller ein, also ist es auch im Sinne der Datenschutzgrundverordnung. Den Absatz neu aufgelegter juristischer Kommentarliteratur jedenfalls dürfte diese Argumentation weiter befördern.
Eine Konzernsprecherin von Facebooks Mutterkonzern Meta teilte mit, dass man die Entscheidung prüfen und auswerten wolle. “Das Verfahren hat gezeigt, dass es einige offene Fragen gab, die der EuGH nun adressiert hat.” Beim VZBV sieht man sich durch das Urteil bestätigt, schaut aber auch in die Zukunft: “Durch die noch in diesem Jahr von den Mitgliedstaaten umzusetzende und ab Juni 2023 anzuwendende Verbandsklagerichtlinie kommt es zu einer weiteren Stärkung des kollektiven Rechtsschutzes durch Verbraucherverbände“, sagt der Leiter der Rechtsdurchsetzung beim Verbraucherzentrale Bundesverband Heiko Dünkel.
Der EuGH hatte auch diese Neuregelung für seine Urteilsbegründung herangezogen. Diese für alle in die Zukunft gerichteten Verfahren unstrittig festlegt, dass mit Unterlassungsklagen auch Datenschutzrecht eingeklagt werden kann. Doch für alle bis dahin angestrengten Verfahren ist nun ebenfalls Klarheit hergestellt.
Die Entscheidung ist insbesondere eine schlechte Nachricht für deutsche Verlage. Denn der vzbv hat neben seiner Klage gegen Facebook, die dem EUGH-Urteil zugrunde lag, inzwischen mehrere Verfahren gegen die Cookie-Banner auf redaktionellen Angeboten angestrengt (Europe.Table berichtete). Da die eingeschalteten Gerichte auf die Entscheidung aus Luxemburg warteten, können diese Verfahren nun weitergehen. Im Sommer ist mit ersten Entscheidungen zu rechnen.
Die könnten im Fall des Erfolgs der Verbraucherschützer schmerzhafte Einschnitte für die verklagten Verlage bedeuten, wenn in der Folge die Zustimmungsraten zur Werbe-Datenverarbeitung sinken oder die Angebote von bestimmten datenbasierten Werbeformen komplett abgeschnitten werden.
Die zuständigen Aufsichtsbehörden auf Länderebene haben zwar zahlreiche Empfehlungen geschrieben, wie Cookie-Banner aussehen müssen, damit diese tatsächlich eine DSGVO-konforme Zustimmung zur Datenverarbeitung darstellen. Doch die Behörden hatten bisher nicht die Kapazitäten, um ihre Rechtsauffassung durchzusetzen. Und so findet man heute immer noch auf vielen deutschen Cookie-Bannern eine versteckte Zustimmung zu angeblich “berechtigten Interessen”. Und das, obwohl diese im aktuellen Gesetz über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien (TTDSG) gar nicht mehr vorgesehen ist.
Für Unternehmen war es bisher oft einfacher, auf eine Beschwerde der zuständigen Aufsichtsbehörde zu warten, die dann meist geräuschlos und ohne allzu große Eile aus der Welt geschafft werden konnte. Das Verbandsklagerecht stellt die Anbieter nun vor schwer kalkulierbare Risiken. Und das könnte den Zeitplan der Industrie durcheinanderbringen.
Wie sich in dieser Woche auf der Adtech-Fachmesse d3con in Hamburg zeigte, setzen Werber, Publisher und Adtech-Dienstleister darauf, dass sie ihr bisheriges Geschäft mindestens bis Ende 2023 ohne große Abstriche weiterführen können. Dann soll nach heutigem Stand die Übergangsphase zur Abschaffung von Werbecookies im Browser Chrome enden, was eine Umstellung der technischen Seite des Werbegeschäfts notwendig macht. Wie sich in Hamburg allerdings auch zeigte, gibt es keinen Plan B. Stattdessen hofft die Branche darauf, dass das jetzige Geschäft mit personalisierter Werbung zwar trotz der notwendigen technischen Umstellung ohne wesentliche Abstriche weitergehen kann. Dies wollen Verbraucherschützer jedoch verhindern.
Seitens der Verbraucherschützer wird zudem erwogen, auch per Musterfeststellungsklage dem Datenschutzrecht zu mehr Geltung zu verhelfen. Der VZBV prüfe ständig, welche Vorfälle für die Erhebung von Musterfeststellungsklagen in Betracht kommen. “Dabei nehmen wir auch Datenschutzverstöße in den Blick. Aktuell läuft allerdings noch keine solche Klage”, sagt Ronny Jahn, der das Musterfeststellungsklagen-Team beim Verbraucherzentrale Bundesverband leitet.
Zusammen mit einer Vielzahl am Markt befindlicher Legal-Tech-Inkassodienstleister, die sich Schadenersatzansprüche aus der DSGVO abtreten lassen, könnte das den Druck auf Betreiber und Geschäftsmodelle nun deutlich erhöhen. Die Datenschutzaufsichtsbehörden haben ihre Anstrengungen ebenfalls ausgeweitet. Deren Vorgehen stehe aber weitgehend unabhängig neben den Verbraucherschützern, betont Heiko Dünkel vom VZBV, aufgrund unterschiedlicher Rechtsgrundlagen und prozessualer Logik.
Dennoch sei man in der Regel nah beieinander: “Materiellrechtlich kann man von einer großen inhaltlichen Übereinstimmung sprechen, wenn es um die Auslegung von einzelnen DSGVO- oder ePrivacy-Vorschriften geht.”
Kompliziert könnte es nun mit Änderungen – etwa zu den sogenannten Dark Patterns – werden, die Digital Markets Act und Digital Services Act mit sich bringen. Diese sahen bislang keine größere Rolle für die Verbraucherschutzverbände vor, die Durchsetzung soll in erster Linie bei EU-Kommission und Mitgliedstaatsbehörden liegen. Bei der KI-Verordnung ist das Durchsetzungskonstrukt ebenfalls noch ungeklärt. “Man wird schauen müssen, wie weit wir mit unseren Instrumenten jeweils kommen”, sagt Heiko Dünkel. Falk Steiner, Torsten Kleinz
Die Europäische Kommission hat Regelungen zu der von Russland geforderten Rubel-Zahlung für Gas-Lieferungen klargestellt. Unternehmen, die wie von Moskau gefordert in Russland ein Bankkonto eröffneten und Lieferungen weiterhin in Euro zahlten, verletzten nicht die EU-Sanktionen gegen Russland, teilten Beamte der EU-Kommission am Donnerstag mit. “Was die Russen danach mit dem Geld machen, ist ihnen überlassen”, sagte ein Beamter.
Allerdings erachtet die EU-Kommission es nicht als akzeptabel, dass der Kauf von Seiten Russlands erst als vollständig angesehen werde, wenn das Geld in Rubel umgerechnet wurde. “Eine Verletzung der Sanktionen wäre es, wenn ein Unternehmen es akzeptiert, ein zweites Konto zu eröffnen, um den Forderungen nachzukommen”, sagte ein EU-Beamter. Während des Geldumtauschs in Rubel auf das zweite Konto sei das Geld in der Hand der russischen Zentralbank, die von der EU sanktioniert wird.
Die Regelung sieht also vor, dass die EU-Unternehmen formell nicht für den Rubel-Tausch in die Pflicht genommen werden können – hindert Russland allerdings im Nachgang nicht daran, das Geld trotzdem umzutauschen.
Aus der EU-Kommission hieß es weiter, man habe keine Informationen, dass europäische Unternehmen bereits ein zweites russisches Konto in Rubel eröffnet hätten und somit die Sanktionen verletzten. Man sei mit den Unternehmen und EU-Ländern im Austausch. Grundsätzlich sei es Sache der Mitgliedstaaten, darauf zu achten, dass die Sanktionen eingehalten werden, sagte ein Kommissionssprecher. dpa
Die Abgeordneten des Verkehrsausschusses (TRAN) des EU-Parlaments haben sich am Donnerstag mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, im Plenum eine Resolution zu verabschieden. Die Parlamentarier fordern die EU darin auf, die Sanktionen gegen den russischen Seeverkehrssektor weiter zu verschärfen. Schiffe, die auf ihrem Weg in Russland angedockt haben, soll die Einfahrt in EU-Häfen verweigert werden. Außerdem sollte es allen Schiffen, die in EU-Häfen anlegen wollen, verboten werden, in russischen Häfen aufzutanken, heißt es in der Resolution.
Die TRAN-Mitglieder zeigten sich auch besorgt über die Auswirkungen des Krieges auf den Luftfahrtsektor. Es geht vor allem um Flugzeuge, die russische Airlines von ausländischen Besitzern geleast haben und nun nicht wieder zurückgeben wollen. Ein solcher Diebstahl könne nicht toleriert werden, heißt es. Die Abgeordneten fordern die sofortige Rückgabe dieser Flugzeuge an ihre rechtmäßigen Eigentümer.
Die Initiative für eine Resolution wurde mit 43 Stimmen dafür, einer dagegen und fünf Enthaltungen angenommen. Sie muss nun vom Plenum verabschiedet werden, das in der ersten Maiwoche 2022 in Straßburg tagen wird. luk
In der Nähe des Frankfurter Flughafens soll ab Mitte des Jahres eine Pilotanlage für ein Vorprodukt von klimafreundlichem Flugzeug-Kraftstoff entstehen. “Wir übernehmen in Hessen eine Vorreiterrolle”, sagte der Wirtschafts- und Verkehrsminister des Landes, Tarek Al-Wazir, am Donnerstag. Die im Industriepark Höchst entstehende Anlage werde mit einer Jahreskapazität von bis zu 3500 Tonnen die größte weltweit.
Das aus erneuerbarem Strom, Wasserstoff und Kohlendioxid entstehende Vorprodukt wird in einer Raffinerie zu synthetischem “grünen Kerosin” weiterverarbeitet (Europe.Table berichtete). Das Power-to-Liquid-Verfahren ist dafür eine von mehreren Optionen. Es wird vom Staat gefördert mit dem Ziel, bis 2030 in Deutschland zwei Prozent des klimaschädlichen Kerosins zu ersetzen. Diese Quote ist ebenso wie das Volumen der Pilotanlage im Vergleich zum jährlichen Kerosinbedarf am größten deutschen Flughafen in Frankfurt von 4,7 Millionen Tonnen nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Gebaut wird die Anlage von der Karlsruher Technologiefirma Ineratec, die zur Entwicklung und Produktion alternativen Flugbenzins vom französischen Flugzeugzulieferer Safran unterstützt wird. Ineratec investiert rund 30 Millionen Euro in den Bau der Pilotanlage. Das Land Hessen steuert 1,9 Millionen Euro bei, auch Bundesmittel sollen fließen.
Das nachhaltige Kerosin sei derzeit noch zwei bis drei Mal so teuer wie klimaschädliches aus Rohöl, sagte Ineratec-Geschäftsführer Philipp Engelmann. “Wir wollen einen Euro pro Liter erreichen.” Das sei aber an deutschen Standorten nicht möglich, weil dort zu wenig Öko-Strom verfügbar sei. Angepeilt werde die Herstellung in Ländern mit viel Sonne und Wind wie Chile oder Australien, aus denen der Kraftstoff dann exportiert werde. dpa
100 EU-Städte und 12 Partnerstädte wollen mithilfe der Europäischen Union bis 2030 klimaneutral werden. Auch deutsche Städte wie Frankfurt am Main, Dortmund und München sind Teil der Kampagne der Europäischen Kommission, wie aus einer Mitteilung am Donnerstag hervorgeht.
75 Prozent der EU-Bürger wohnen den Angaben zufolge in Städten. “Daher ist es wichtig, dass Städte als Ökosysteme für Experimente und Innovation dienen, um allen anderen zu helfen, bis 2050 klimaneutral zu werden.” Das Projekt soll durch 360 Millionen Euro bis 2023 finanziert werden.
Konkret sollen die Städte etwa in saubere Transportmöglichkeiten, Energieeffizienz und Grünflächen investieren und können dafür Forschungsgelder und Beratung erhalten. Sie sollen einen Plan vorlegen mit klaren Zielen, damit alle Sektoren – Energie, Gebäude, Abfall und mehr – klimaneutral werden, also keine klimaschädlichen Gase mehr ausstoßen, die nicht gebunden werden können. Neben den neun deutschen Städten sind auch Metropolen wie Paris, Brüssel, Madrid, Rom und Istanbul dabei.
Innerhalb ihrer Klimaziele hat sich die EU vorgenommen, den Ausstoß von Treibhausgasen wie CO2 bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken und bis 2050 klimaneutral zu werden. dpa
Ungarn sieht keine Hindernisse für die Europäische Union, Milliarden an Konjunkturhilfen für Budapest freizugeben, sagte der oberste Berater von Ministerpräsident Viktor Orbán am Donnerstag. Die EU-Kommission widerspricht und begründet dies mit Korruption und Anti-LGBT-Politik in Ungarn. Die EU-Kommission verweigert ihre Zustimmung zur Auszahlung der Gelder an Ungarn und auch Polen. Beiden Ländern wirft sie vor, die Rechtsstaatlichkeit zu untergraben.
Am Mittwoch hat die Kommission ein förmliches Schreiben nach Ungarn geschickt und damit das Rechtsstaatsverfahren offiziell gestartet (Europe.Table berichtete). Im Rahmen des Verfahrens könnten Gelder für Ungarn wegen Korruptionsrisiken eingefroren werden.
Orbán Stabschef Gergely Gulyás sagte bei einem Briefing, dass die Regierung den Brief gelesen habe und er optimistisch sei, dass eine Einigung über die Freigabe von Geldern aus dem Wiederaufbaufonds erzielt werden könne.
“Die in dem Brief angesprochenen Punkte sind alle Themen, über die wir seit Monaten mit der Kommission verhandeln”, sagte Gulyás. “Es gibt keinen Punkt, in dem wir nicht eine gemeinsame Position haben oder in dem wir keine akzeptable Lösung gefunden hätten.”
Die Kommission war da anderer Meinung. “In unseren Gesprächen mit Ungarn haben wir in den letzten Monaten in einer Reihe von Fragen Fortschritte erzielt. Es gibt jedoch eine Reihe von Punkten, die noch offen sind, unter anderem bei der Korruptionsbekämpfung und den Bildungsmaßnahmen“, sagte Kommissionssprecherin Veerle Nuyts.
Sie sagte, die Freigabe der 7,2 Milliarden Euro, die Ungarn im Rahmen des Covid-Wiederaufbauprogramms erhalten soll, sei unabhängig von dem am Vortag eingeleiteten Verfahren. Zur Höhe der Summe, die Ungarn verlieren könnte, will sich Brüssel nicht äußern.
Im Mittelpunkt beider Streitigkeiten steht das ungarische System des öffentlichen Auftragswesens, das nach Ansicht der EU nicht genügend Wettbewerb gewährleistet und nicht vor Interessenkonflikten und Korruption schützt. rtr/sas
Nach dem Sieg von Emmanuel Macron am vergangenen Sonntag könnte man erwarten, dass der französische Hahn in Brüssel laut kräht. Doch so sicher ist das nicht.
Großes Gelächter erschütterte Brüssel, als die “Bubble” sich von Marine Le Pen während des Wahlkampfs anhören musste, dass Frankreich auf der europäischen Bühne nicht ausreichend verteidigt werde. Gewiss, Deutschland tut dies historisch gesehen zweifellos noch besser als Frankreich. Man denke zum Beispiel an die rund 37 Mitarbeiter der Bayerischen Vertretung in Brüssel, eine Zahl, die allein schon die Zahl der Mitarbeiter aller französischen Regionalvertretungen zusammengenommen in der belgischen Hauptstadt übersteigen dürfte.
Nichtsdestotrotz schneidet Paris überhaupt nicht schlecht ab. Man muss sich nur den französischen Aktivismus bei Themen wie Landwirtschaft oder Atomkraft ansehen, um sich davon zu überzeugen. Da die Europaabgeordneten gerade dabei sind, ihre Sachen für die nächste Parlamentssitzung zu packen, die kommende Woche in Straßburg stattfindet, nehmen wir zur Veranschaulichung ein Beispiel aus dem Europäischen Parlament: Der Europaabgeordnete Christophe Grudler von der Renew-Fraktion, der 2019 zum ersten Mal ins Europäische Parlament gewählt wurde, sitzt im ITRE-Ausschuss, wo er für die Fraktion Berichterstatter für die Revision der Richtlinie über erneuerbare Energien ist.
Vor allem aber ist er der Initiator eines “parlamentarischen Netzwerks zur Zukunft der Kernenergie in Europa”, das der ehemalige Journalist im November letzten Jahres ins Leben gerufen hat. Abseits des Medienradars geht es hauptsächlich darum, sich zu mobilisieren, um sicherzustellen, dass alle Finanzinstrumente zur Finanzierung der Kernenergie zur Verfügung stehen. Es ist also eine Untertreibung zu sagen, dass sich die Taxonomie in der Schusslinie befindet.
Mais voilà, der Krieg in der Ukraine ist wie ein meisterhafter Tritt in den europäischen Heuhaufen – ein Tritt der baltischen und mitteleuropäischen Länder, deren Ängste vor Moskau plötzlich in einem völlig neuen Licht erscheinen. Ihr politischer Einfluss in der EU-27 wuchs rasant.
“Auf der einen Seite sehen wir die baltischen, mittel- und osteuropäischen Länder, die sagen, wie sehr sie Russland ausgesetzt sind, wie sehr sie von dem Krieg betroffen sind und wie sehr sie eine entschlossene und feste Lösung wollen”, sagt Piotr Buras, Leiter des European Council on Foreign Relations (ECFR) in Warschau. “Auf der anderen Seite sehen wir ein Deutschland, das sich mit der Frage seiner Führungsrolle auf der europäischen Bühne herumschlägt. Diese Länder und Emmanuel Macron nutzen diese Situation, um ihren Einfluss auszuweiten”, so Buras zu Europe.Table.
Der Krieg in der Ukraine stärke den Einfluss der mitteleuropäischen und baltischen Länder auf der europäischen Bühne. Das gelte ganz besonders für Polen. Das Land habe eine zentrale Rolle im Ukraine-Krieg, wie die jüngste Entscheidung Moskaus, die Gaslieferungen an Polen zu stoppen, zeige. Dieser Umstand und das massive Engagement für ukrainische Flüchtlinge machten es schwer, Polen zu kritisieren, sagt Buras.
Der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki wisse, dass er nicht viel zu verlieren habe, wenn er Paris oder Berlin kritisiere, so der Experte weiter. Dazu passt eine Situation von Anfang des Monats, in der Morawiecki den französischen Präsidenten scharf fragte: “Wie oft haben Sie mit Putin verhandelt? Was haben Sie erreicht? Haben Sie es geschafft, eine der Aktionen, die stattgefunden haben, zu stoppen?” Zu sagen, dass Paris gereizt war, ist ein Understatement.
Für Warschau beweist der Krieg in der Ukraine, dass die Europäische Union nicht ohne die NATO und die USA auskommen kann. “Aus dieser polnischen Perspektive macht Macrons Konzept der strategischen Souveränität, das er so sehr vorantreibt, absolut keinen Sinn”, sagt Buras. “Sowohl Warschau als auch Paris fordern eine Stärkung der Verteidigung und Sicherheit der Europäischen Union, aber der Ansatz ist völlig unterschiedlich.”
Die Frage ist, ob der zunehmende Einfluss Polens und der anderen mittel- und osteuropäischen Länder über den Krieg in der Ukraine hinausgehen und sich dauerhaft auf der europäischen Bühne etablieren kann.
Da die Ukraine, Moldawien und Georgien an die Tür der EU-27 klopfen, kann das geopolitische Pendel durchaus auf die östliche Seite der EU ausschlagen. Außerdem dürfte sich die Frage der Erweiterung erneut akut stellen. Denn in diesem Zusammenhang können die Länder des westlichen Balkans, die zu den Prioritäten der französischen EU-Ratspräsidentschaft gehören, nicht länger ignoriert werden. Und niemand kann sich vorstellen, dass die Europäische Union neun Länder aufnehmen wird, ohne sich in irgendeiner Weise zu reformieren.
Polen und Bulgarien hat Russland bereits den Gas-Hahn zugedreht. Auch Deutschland müsse auf einen russischen Gas-Lieferstopp vorbereitet sein, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gestern bei seinem Besuch in Tokio. “Ob und welche Entscheidung die russische Regierung in dieser Hinsicht treffen wird, kann man nur spekulieren, macht aber wenig Sinn”, so der Kanzler. “Man muss sich darauf vorbereiten.” Die Europäische Kommission hat sich derweil zu den von Russland geforderten Zahlungen in Rubel positioniert und klargestellt, wie Unternehmen ihre Rechnungen begleichen können, ohne gegen die Sanktionen zu verstoßen. Mehr dazu lesen Sie in den News.
Der harte Corona-Lockdown in der chinesischen Metropole Shanghai, dem größten Containerhafen der Welt, erhöht die Bedeutung der Schienenverbindung zwischen China und Europa. Doch der russische Angriffskrieg in der Ukraine verunsichert Lieferanten, denn die Standardstrecke der Neuen Seidenstraße auf Schienen verläuft mitten durch Russland. Auch wenn die deutsche Logistikbranche versichert, dass die Auswirkungen des Krieges und der Sanktionen überschaubar seien, wird mit Hochdruck an Alternativen gearbeitet. Lukas Scheid analysiert die Schwierigkeiten des sogenannten Mittelkorridors.
Dürfen Verbraucherverbände nach aktueller Rechtslage Unterlassungsklagen im Datenschutzrecht einreichen? Der BGH hatte Zweifel, dass das mit der DSGVO vereinbar sei. Der EuGH folgte seinen deutschen Richterkollegen hier nicht – ja, Verbraucherschützer dürfen auch Datenschutzrecht einklagen. Insbesondere eine Branche dürfte nun Probleme bekommen, wie Torsten Kleinz und Falk Steiner berichten.
Von 30 bis 40 Prozent weniger Ladungsaufkommen sprechen Betreiber und Häfen entlang der Nordroute der neuen Seidenstraße. Die Züge fahren zwar, sagt Maria Leenen vom Beratungsunternehmen SCI Verkehr. “Doch sorgen sich die Kunden hochwertiger Containerfracht um die Sicherheit ihrer Ladung.”
Das betrifft vor allem Fahrten aus China Richtung Europa, denn noch immer gehen Warenlieferungen auf der Seidenstraße mit dem Zug größtenteils nur in diese eine Richtung. Um die Warenströme Richtung Westen aufrechtzuerhalten oder gar auszuweiten, bieten chinesische Betreiber finanzielle Sicherheiten an. Im März 2022 habe eine Betreibergesellschaft aus Xian mit der Übernahme von Kriegsversicherungszahlungen für Verlader begonnen, berichtet Leene. Sie gelten für alle russischen und europäischen Bestimmungsorte.
“Kriegsversicherungen werden für Güter abgeschlossen, die über Russland, Weißrussland und Polen als Nachbarländer der Ukraine transportiert werden.” Die Policen sollen laut der Unternehmensberaterin vor dem erhöhten Risiko einer Beschädigung oder Festsetzung durch militärische Operationen schützen. Die Versicherung sei zwar nicht obligatorisch, soll aber als Anreiz zum Güterverkehr zwischen China und der EU dienen.
Auf europäischer Seite halten sich die Auswirkungen durch den Krieg und die Sanktionen gegen Russland in Grenzen. In besonderem Maße wirtschaftlich betroffen, sieht sich die Logistikbranche hierzulande nicht. “Auch wenn sich die Kostensituation aufgrund exorbitant gestiegener Energiepreise verschärft hat, gelingt es, diese am Markt überwiegend vollständig zu überwälzen”, sagt Niels Beuck, Geschäftsführer und Leiter Schienengüterverkehr beim Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV).
Sprich: Die Kosten werden an die Kunden durchgereicht. Denn um ihre Beschaffungswege und Lieferketten zu sichern, würden Industrie und Handel derzeit Preissprünge bei den Frachtraten sämtlicher Verkehrsträger akzeptieren. Ohnehin seien Logistikunternehmen aufgrund der hohen Güterverkehrsnachfrage derzeit vollständig ausgelastet, so Beuck.
Auch DB Cargo, immerhin eines der wichtigsten Transportunternehmen Europas, wiegelt die Auswirkungen des Kriegs für die Branche ab. Das Unternehmen sei “nur ein Player von vielen” entlang der Strecke, sagt ein Unternehmenssprecher im Gespräch mit Europe.Table. Man habe keine eigenen Züge in Russland, die nun nicht mehr fahren könnten. Zudem sind Buchungen europäischer Unternehmen für Fahrten über Russland – obwohl diese durch die russische Staatsbahn RZD durchgeführt werden – nicht von den Sanktionen betroffen. Lediglich Finanzgeschäfte, wie der Kauf von Anteilen der RZD, sind unterbunden. Somit fallen nur europäische Exporte mit russischen Zielen weg. Beispielsweise werden Bauteile der Automobilindustrie nicht mehr an russische Werke geliefert, da hier Sanktionen greifen.
Ins Gewicht fällt dies jedoch nicht, da Überfahrten auf der Seidenstraße nach wie vor stattfinden. Dennoch scheint man sich auf eine Umgehung der Nordroute über Russland vorzubereiten. Es werde mit Hochdruck der sogenannte Mittelkorridor über Kasachstan, Aserbaidschan, Georgien und die Türkei ausgebaut, heißt es vom DSLV. Die Fähren auf dem Kaspischen Meer seien jedoch ein limitierender Faktor des Mittelkorridors. “Ab September soll die Fährkapazität verdoppelt werden, von jetzt drei auf sechs Abfahrten”, so Geschäftsführer Beuck.
Die Transportzeit auf der Route beträgt laut dem niederländischen Logistikdienstleister Nunner Logistics, der den Mittelkorridor gemeinsam mit dem chinesischen Logistikunternehmen Tiedada und dem Duisburger Hafenbetreiber Duisport eingerichtet hat, 28 Tage. Auf der Nordroute sind die Container etwa 14 Tage unterwegs. Die Kapazitätssteigerung des Mittelkorridors könnten einen möglichen Ausfall der Nordroute daher nicht komplett kompensieren. Laut Beuck sei es aber eines von mehreren Puzzlestücken, um Transporte durch Russland zu umgehen. “Außerdem wird man nicht ad hoc die gleichen Mengen wie derzeit über die neue Route abwickeln können”, sagt Unternehmensberaterin Maria Leenen.
Die Schienenstrecke über Russland wird also auch weiterhin eine elementare Verbindungsader für den Warenverkehr zwischen China und der EU bleiben. Luftbeförderung ist aufgrund des weitgehend gesperrten russischen Luftraums, deutlich höherer Kosten und der schlechten CO2-Bilanz in den meisten Fällen keine Alternative.
Der harte Corona-Lockdown in der chinesischen Metropole Shanghai, dem größten Containerhafen der Welt, gibt einer Ausweichmöglichkeit weitere erhebliche Bedeutung. Die Schiene bietet dabei einen weiteren Vorteil: Schiffsladungen via Shanghai müssen in beide Richtungen zusätzlich via Zug verladen werden, um vom Ursprungsort zum Hafen oder vom Hafen zum Ziel zu gelangen. Dieser Zwischenschritt fällt weg und Waren können auch in Mittelchina, wo viele Waren produziert werden, aufgeladen oder entladen werden.
Außerordentliche Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
02.05./05.05.2022
Themen: Jahresbericht über die Umsetzung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und der Republik Moldau.
Vorläufige Tagesordnung
Plenartagung des EU-Parlaments: Wahlrecht, Schadstoffe, biologische Landwirtschaft
02.05.2022 17:00-22:00 Uhr
Themen: Debatte und Abstimmung (03.05.) zur Änderung des europäischen Wahlrechts, Aussprache zur Verordnung über persistente organische Schadstoffe, Aussprache zum EU-Aktionsplan für biologische Landwirtschaft.
Vorläufige Tagesordnung
Gemeinsame Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG) und des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
02.05.2022 19:00-22:00 Uhr
Themen: Aufbau- und Resilienzdialog mit Valdis Dombrovskis (Vizepräsident der EU-Kommission) und Paolo Gentiloni (EU-Kommissar für Wirtschaft).
Vorläufige Tagesordnung
Wöchentliche Kommissionssitzung
03.05.2022
Themen: Vorschläge zu einem europäischen Raum für Gesundheitsdaten und eine erneuerte strategische Partnerschaft mit den Regionen in äußerster Randlage. Im Anschluss an die Sitzung der Kommission findet voraussichtlich gegen 15 Uhr eine Pressekonferenz statt.
Vorläufige Tagesordnung Livestream
Treffen der Euro-Gruppe
03.05.2022
Themen: Die Finanzminister:innen des Euro-Raums kommen zusammen, um sich über aktuelle Fragen auszutauschen.
Infos
Plenartagung des EU-Parlaments: Künstliche Intelligenz, Ukraine-Krieg, Auswärtige Angelegenheiten, Medienfreiheit
03.05.2022 09:00-22:00 Uhr
Themen: Aussprache und Abstimmung zu künstlicher Intelligenz im digitalen Zeitalter, Aussprache mit dem italienischen Premierminister Mario Draghi zum Ukraine-Krieg, Aussprache zu auswärtigen Angelegenheiten, Aussprache zu Bedrohungen für die Sicherheit von Journalisten und die Medienfreiheit.
Vorläufige Tagesordnung
Sitzung des Ausschusses für Internationalen Handel (INTA)
03.05.2022 11:30-11:45
Themen: Berichtsentwurf zum Schema allgemeiner Zollpräferenzen.
Vorläufige Tagesordnung
Plenartagung des EU-Parlaments: Ukraine-Krieg, Wettbewerbspolitik
04.05.2022 09:00-22:00 Uhr
Themen: Aussprache zu den sozialen und wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine auf die EU, Jahresbericht Wettbewerbspolitik 2021.
Vorläufige Tagesordnung
EuGH-Urteil zur Informationspflicht von Internethändlern in Bezug auf Herstellergarantien
05.05.2022
Themen: Der EuGH urteilt darüber, inwiefern Internethändler dazu verpflichtet sind, Verbraucher über Herstellergarantien zu informieren.
Vorabentscheidungsersuchen
Der eigentliche Fall des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen Facebook liegt Jahre zurück und betraf Onlinespiele auf der Plattform. Doch mit der Beantwortung der Vorlagefragen des Bundesgerichtshofs durch den Europäischen Gerichtshof ist nun eine datenschutzrechtliche Grundsatzfrage geklärt.
Denn eigentlich ist das Datenschutzrecht als höchstpersönliches Recht konstruiert: Der Betroffene selbst soll seine Rechte geltend machen, etwa mit einer Beschwerde bei einer Datenschutzaufsichtsbehörde. Schon bei der Entstehung der DSGVO wurde intensiv diskutiert, ob das zu einer tatsächlich wirksamen Durchsetzung führen könne – weshalb mit Artikel 80 eine Art Prozessstandschaft eingeführt wurde: Einzelne können sich unter Umständen von anderen bei der Ausübung ihrer Rechte vertreten lassen, wenn das mitgliedstaatliche Recht dies vorsieht.
Die EuGH-Richter entschieden nun: Die deutsche Regelung, die älter als die DSGVO ist, hält einer Überprüfung stand – da die DSGVO, wie die Richter ausführen, “nicht nur eine ‘identifizierte natürliche Person’, sondern auch eine ‘identifizierbare natürliche Person’ umfasst”.
Auch eine konkrete Verletzung sei als Grundlage für den Fall nicht nötig, so die Richter in ihrem Urteil. “Dass Verbände zur Wahrung von Verbraucherinteressen wie der Bundesverband befugt sind, unabhängig von der Verletzung der Rechte einer von diesem Verstoß individuell und konkret betroffenen Person eine Verbandsklage auf Unterlassung von gegen diese Verordnung verstoßenden Verarbeitungen zu erheben, trägt unbestreitbar dazu bei, die Rechte der betroffenen Personen zu stärken und ihnen ein hohes Schutzniveau zu gewährleisten.” Verkürzt gesagt: Die Aktivität der Verbraucherschützer zahlt auf den Datenschutz aller ein, also ist es auch im Sinne der Datenschutzgrundverordnung. Den Absatz neu aufgelegter juristischer Kommentarliteratur jedenfalls dürfte diese Argumentation weiter befördern.
Eine Konzernsprecherin von Facebooks Mutterkonzern Meta teilte mit, dass man die Entscheidung prüfen und auswerten wolle. “Das Verfahren hat gezeigt, dass es einige offene Fragen gab, die der EuGH nun adressiert hat.” Beim VZBV sieht man sich durch das Urteil bestätigt, schaut aber auch in die Zukunft: “Durch die noch in diesem Jahr von den Mitgliedstaaten umzusetzende und ab Juni 2023 anzuwendende Verbandsklagerichtlinie kommt es zu einer weiteren Stärkung des kollektiven Rechtsschutzes durch Verbraucherverbände“, sagt der Leiter der Rechtsdurchsetzung beim Verbraucherzentrale Bundesverband Heiko Dünkel.
Der EuGH hatte auch diese Neuregelung für seine Urteilsbegründung herangezogen. Diese für alle in die Zukunft gerichteten Verfahren unstrittig festlegt, dass mit Unterlassungsklagen auch Datenschutzrecht eingeklagt werden kann. Doch für alle bis dahin angestrengten Verfahren ist nun ebenfalls Klarheit hergestellt.
Die Entscheidung ist insbesondere eine schlechte Nachricht für deutsche Verlage. Denn der vzbv hat neben seiner Klage gegen Facebook, die dem EUGH-Urteil zugrunde lag, inzwischen mehrere Verfahren gegen die Cookie-Banner auf redaktionellen Angeboten angestrengt (Europe.Table berichtete). Da die eingeschalteten Gerichte auf die Entscheidung aus Luxemburg warteten, können diese Verfahren nun weitergehen. Im Sommer ist mit ersten Entscheidungen zu rechnen.
Die könnten im Fall des Erfolgs der Verbraucherschützer schmerzhafte Einschnitte für die verklagten Verlage bedeuten, wenn in der Folge die Zustimmungsraten zur Werbe-Datenverarbeitung sinken oder die Angebote von bestimmten datenbasierten Werbeformen komplett abgeschnitten werden.
Die zuständigen Aufsichtsbehörden auf Länderebene haben zwar zahlreiche Empfehlungen geschrieben, wie Cookie-Banner aussehen müssen, damit diese tatsächlich eine DSGVO-konforme Zustimmung zur Datenverarbeitung darstellen. Doch die Behörden hatten bisher nicht die Kapazitäten, um ihre Rechtsauffassung durchzusetzen. Und so findet man heute immer noch auf vielen deutschen Cookie-Bannern eine versteckte Zustimmung zu angeblich “berechtigten Interessen”. Und das, obwohl diese im aktuellen Gesetz über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien (TTDSG) gar nicht mehr vorgesehen ist.
Für Unternehmen war es bisher oft einfacher, auf eine Beschwerde der zuständigen Aufsichtsbehörde zu warten, die dann meist geräuschlos und ohne allzu große Eile aus der Welt geschafft werden konnte. Das Verbandsklagerecht stellt die Anbieter nun vor schwer kalkulierbare Risiken. Und das könnte den Zeitplan der Industrie durcheinanderbringen.
Wie sich in dieser Woche auf der Adtech-Fachmesse d3con in Hamburg zeigte, setzen Werber, Publisher und Adtech-Dienstleister darauf, dass sie ihr bisheriges Geschäft mindestens bis Ende 2023 ohne große Abstriche weiterführen können. Dann soll nach heutigem Stand die Übergangsphase zur Abschaffung von Werbecookies im Browser Chrome enden, was eine Umstellung der technischen Seite des Werbegeschäfts notwendig macht. Wie sich in Hamburg allerdings auch zeigte, gibt es keinen Plan B. Stattdessen hofft die Branche darauf, dass das jetzige Geschäft mit personalisierter Werbung zwar trotz der notwendigen technischen Umstellung ohne wesentliche Abstriche weitergehen kann. Dies wollen Verbraucherschützer jedoch verhindern.
Seitens der Verbraucherschützer wird zudem erwogen, auch per Musterfeststellungsklage dem Datenschutzrecht zu mehr Geltung zu verhelfen. Der VZBV prüfe ständig, welche Vorfälle für die Erhebung von Musterfeststellungsklagen in Betracht kommen. “Dabei nehmen wir auch Datenschutzverstöße in den Blick. Aktuell läuft allerdings noch keine solche Klage”, sagt Ronny Jahn, der das Musterfeststellungsklagen-Team beim Verbraucherzentrale Bundesverband leitet.
Zusammen mit einer Vielzahl am Markt befindlicher Legal-Tech-Inkassodienstleister, die sich Schadenersatzansprüche aus der DSGVO abtreten lassen, könnte das den Druck auf Betreiber und Geschäftsmodelle nun deutlich erhöhen. Die Datenschutzaufsichtsbehörden haben ihre Anstrengungen ebenfalls ausgeweitet. Deren Vorgehen stehe aber weitgehend unabhängig neben den Verbraucherschützern, betont Heiko Dünkel vom VZBV, aufgrund unterschiedlicher Rechtsgrundlagen und prozessualer Logik.
Dennoch sei man in der Regel nah beieinander: “Materiellrechtlich kann man von einer großen inhaltlichen Übereinstimmung sprechen, wenn es um die Auslegung von einzelnen DSGVO- oder ePrivacy-Vorschriften geht.”
Kompliziert könnte es nun mit Änderungen – etwa zu den sogenannten Dark Patterns – werden, die Digital Markets Act und Digital Services Act mit sich bringen. Diese sahen bislang keine größere Rolle für die Verbraucherschutzverbände vor, die Durchsetzung soll in erster Linie bei EU-Kommission und Mitgliedstaatsbehörden liegen. Bei der KI-Verordnung ist das Durchsetzungskonstrukt ebenfalls noch ungeklärt. “Man wird schauen müssen, wie weit wir mit unseren Instrumenten jeweils kommen”, sagt Heiko Dünkel. Falk Steiner, Torsten Kleinz
Die Europäische Kommission hat Regelungen zu der von Russland geforderten Rubel-Zahlung für Gas-Lieferungen klargestellt. Unternehmen, die wie von Moskau gefordert in Russland ein Bankkonto eröffneten und Lieferungen weiterhin in Euro zahlten, verletzten nicht die EU-Sanktionen gegen Russland, teilten Beamte der EU-Kommission am Donnerstag mit. “Was die Russen danach mit dem Geld machen, ist ihnen überlassen”, sagte ein Beamter.
Allerdings erachtet die EU-Kommission es nicht als akzeptabel, dass der Kauf von Seiten Russlands erst als vollständig angesehen werde, wenn das Geld in Rubel umgerechnet wurde. “Eine Verletzung der Sanktionen wäre es, wenn ein Unternehmen es akzeptiert, ein zweites Konto zu eröffnen, um den Forderungen nachzukommen”, sagte ein EU-Beamter. Während des Geldumtauschs in Rubel auf das zweite Konto sei das Geld in der Hand der russischen Zentralbank, die von der EU sanktioniert wird.
Die Regelung sieht also vor, dass die EU-Unternehmen formell nicht für den Rubel-Tausch in die Pflicht genommen werden können – hindert Russland allerdings im Nachgang nicht daran, das Geld trotzdem umzutauschen.
Aus der EU-Kommission hieß es weiter, man habe keine Informationen, dass europäische Unternehmen bereits ein zweites russisches Konto in Rubel eröffnet hätten und somit die Sanktionen verletzten. Man sei mit den Unternehmen und EU-Ländern im Austausch. Grundsätzlich sei es Sache der Mitgliedstaaten, darauf zu achten, dass die Sanktionen eingehalten werden, sagte ein Kommissionssprecher. dpa
Die Abgeordneten des Verkehrsausschusses (TRAN) des EU-Parlaments haben sich am Donnerstag mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, im Plenum eine Resolution zu verabschieden. Die Parlamentarier fordern die EU darin auf, die Sanktionen gegen den russischen Seeverkehrssektor weiter zu verschärfen. Schiffe, die auf ihrem Weg in Russland angedockt haben, soll die Einfahrt in EU-Häfen verweigert werden. Außerdem sollte es allen Schiffen, die in EU-Häfen anlegen wollen, verboten werden, in russischen Häfen aufzutanken, heißt es in der Resolution.
Die TRAN-Mitglieder zeigten sich auch besorgt über die Auswirkungen des Krieges auf den Luftfahrtsektor. Es geht vor allem um Flugzeuge, die russische Airlines von ausländischen Besitzern geleast haben und nun nicht wieder zurückgeben wollen. Ein solcher Diebstahl könne nicht toleriert werden, heißt es. Die Abgeordneten fordern die sofortige Rückgabe dieser Flugzeuge an ihre rechtmäßigen Eigentümer.
Die Initiative für eine Resolution wurde mit 43 Stimmen dafür, einer dagegen und fünf Enthaltungen angenommen. Sie muss nun vom Plenum verabschiedet werden, das in der ersten Maiwoche 2022 in Straßburg tagen wird. luk
In der Nähe des Frankfurter Flughafens soll ab Mitte des Jahres eine Pilotanlage für ein Vorprodukt von klimafreundlichem Flugzeug-Kraftstoff entstehen. “Wir übernehmen in Hessen eine Vorreiterrolle”, sagte der Wirtschafts- und Verkehrsminister des Landes, Tarek Al-Wazir, am Donnerstag. Die im Industriepark Höchst entstehende Anlage werde mit einer Jahreskapazität von bis zu 3500 Tonnen die größte weltweit.
Das aus erneuerbarem Strom, Wasserstoff und Kohlendioxid entstehende Vorprodukt wird in einer Raffinerie zu synthetischem “grünen Kerosin” weiterverarbeitet (Europe.Table berichtete). Das Power-to-Liquid-Verfahren ist dafür eine von mehreren Optionen. Es wird vom Staat gefördert mit dem Ziel, bis 2030 in Deutschland zwei Prozent des klimaschädlichen Kerosins zu ersetzen. Diese Quote ist ebenso wie das Volumen der Pilotanlage im Vergleich zum jährlichen Kerosinbedarf am größten deutschen Flughafen in Frankfurt von 4,7 Millionen Tonnen nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Gebaut wird die Anlage von der Karlsruher Technologiefirma Ineratec, die zur Entwicklung und Produktion alternativen Flugbenzins vom französischen Flugzeugzulieferer Safran unterstützt wird. Ineratec investiert rund 30 Millionen Euro in den Bau der Pilotanlage. Das Land Hessen steuert 1,9 Millionen Euro bei, auch Bundesmittel sollen fließen.
Das nachhaltige Kerosin sei derzeit noch zwei bis drei Mal so teuer wie klimaschädliches aus Rohöl, sagte Ineratec-Geschäftsführer Philipp Engelmann. “Wir wollen einen Euro pro Liter erreichen.” Das sei aber an deutschen Standorten nicht möglich, weil dort zu wenig Öko-Strom verfügbar sei. Angepeilt werde die Herstellung in Ländern mit viel Sonne und Wind wie Chile oder Australien, aus denen der Kraftstoff dann exportiert werde. dpa
100 EU-Städte und 12 Partnerstädte wollen mithilfe der Europäischen Union bis 2030 klimaneutral werden. Auch deutsche Städte wie Frankfurt am Main, Dortmund und München sind Teil der Kampagne der Europäischen Kommission, wie aus einer Mitteilung am Donnerstag hervorgeht.
75 Prozent der EU-Bürger wohnen den Angaben zufolge in Städten. “Daher ist es wichtig, dass Städte als Ökosysteme für Experimente und Innovation dienen, um allen anderen zu helfen, bis 2050 klimaneutral zu werden.” Das Projekt soll durch 360 Millionen Euro bis 2023 finanziert werden.
Konkret sollen die Städte etwa in saubere Transportmöglichkeiten, Energieeffizienz und Grünflächen investieren und können dafür Forschungsgelder und Beratung erhalten. Sie sollen einen Plan vorlegen mit klaren Zielen, damit alle Sektoren – Energie, Gebäude, Abfall und mehr – klimaneutral werden, also keine klimaschädlichen Gase mehr ausstoßen, die nicht gebunden werden können. Neben den neun deutschen Städten sind auch Metropolen wie Paris, Brüssel, Madrid, Rom und Istanbul dabei.
Innerhalb ihrer Klimaziele hat sich die EU vorgenommen, den Ausstoß von Treibhausgasen wie CO2 bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken und bis 2050 klimaneutral zu werden. dpa
Ungarn sieht keine Hindernisse für die Europäische Union, Milliarden an Konjunkturhilfen für Budapest freizugeben, sagte der oberste Berater von Ministerpräsident Viktor Orbán am Donnerstag. Die EU-Kommission widerspricht und begründet dies mit Korruption und Anti-LGBT-Politik in Ungarn. Die EU-Kommission verweigert ihre Zustimmung zur Auszahlung der Gelder an Ungarn und auch Polen. Beiden Ländern wirft sie vor, die Rechtsstaatlichkeit zu untergraben.
Am Mittwoch hat die Kommission ein förmliches Schreiben nach Ungarn geschickt und damit das Rechtsstaatsverfahren offiziell gestartet (Europe.Table berichtete). Im Rahmen des Verfahrens könnten Gelder für Ungarn wegen Korruptionsrisiken eingefroren werden.
Orbán Stabschef Gergely Gulyás sagte bei einem Briefing, dass die Regierung den Brief gelesen habe und er optimistisch sei, dass eine Einigung über die Freigabe von Geldern aus dem Wiederaufbaufonds erzielt werden könne.
“Die in dem Brief angesprochenen Punkte sind alle Themen, über die wir seit Monaten mit der Kommission verhandeln”, sagte Gulyás. “Es gibt keinen Punkt, in dem wir nicht eine gemeinsame Position haben oder in dem wir keine akzeptable Lösung gefunden hätten.”
Die Kommission war da anderer Meinung. “In unseren Gesprächen mit Ungarn haben wir in den letzten Monaten in einer Reihe von Fragen Fortschritte erzielt. Es gibt jedoch eine Reihe von Punkten, die noch offen sind, unter anderem bei der Korruptionsbekämpfung und den Bildungsmaßnahmen“, sagte Kommissionssprecherin Veerle Nuyts.
Sie sagte, die Freigabe der 7,2 Milliarden Euro, die Ungarn im Rahmen des Covid-Wiederaufbauprogramms erhalten soll, sei unabhängig von dem am Vortag eingeleiteten Verfahren. Zur Höhe der Summe, die Ungarn verlieren könnte, will sich Brüssel nicht äußern.
Im Mittelpunkt beider Streitigkeiten steht das ungarische System des öffentlichen Auftragswesens, das nach Ansicht der EU nicht genügend Wettbewerb gewährleistet und nicht vor Interessenkonflikten und Korruption schützt. rtr/sas
Nach dem Sieg von Emmanuel Macron am vergangenen Sonntag könnte man erwarten, dass der französische Hahn in Brüssel laut kräht. Doch so sicher ist das nicht.
Großes Gelächter erschütterte Brüssel, als die “Bubble” sich von Marine Le Pen während des Wahlkampfs anhören musste, dass Frankreich auf der europäischen Bühne nicht ausreichend verteidigt werde. Gewiss, Deutschland tut dies historisch gesehen zweifellos noch besser als Frankreich. Man denke zum Beispiel an die rund 37 Mitarbeiter der Bayerischen Vertretung in Brüssel, eine Zahl, die allein schon die Zahl der Mitarbeiter aller französischen Regionalvertretungen zusammengenommen in der belgischen Hauptstadt übersteigen dürfte.
Nichtsdestotrotz schneidet Paris überhaupt nicht schlecht ab. Man muss sich nur den französischen Aktivismus bei Themen wie Landwirtschaft oder Atomkraft ansehen, um sich davon zu überzeugen. Da die Europaabgeordneten gerade dabei sind, ihre Sachen für die nächste Parlamentssitzung zu packen, die kommende Woche in Straßburg stattfindet, nehmen wir zur Veranschaulichung ein Beispiel aus dem Europäischen Parlament: Der Europaabgeordnete Christophe Grudler von der Renew-Fraktion, der 2019 zum ersten Mal ins Europäische Parlament gewählt wurde, sitzt im ITRE-Ausschuss, wo er für die Fraktion Berichterstatter für die Revision der Richtlinie über erneuerbare Energien ist.
Vor allem aber ist er der Initiator eines “parlamentarischen Netzwerks zur Zukunft der Kernenergie in Europa”, das der ehemalige Journalist im November letzten Jahres ins Leben gerufen hat. Abseits des Medienradars geht es hauptsächlich darum, sich zu mobilisieren, um sicherzustellen, dass alle Finanzinstrumente zur Finanzierung der Kernenergie zur Verfügung stehen. Es ist also eine Untertreibung zu sagen, dass sich die Taxonomie in der Schusslinie befindet.
Mais voilà, der Krieg in der Ukraine ist wie ein meisterhafter Tritt in den europäischen Heuhaufen – ein Tritt der baltischen und mitteleuropäischen Länder, deren Ängste vor Moskau plötzlich in einem völlig neuen Licht erscheinen. Ihr politischer Einfluss in der EU-27 wuchs rasant.
“Auf der einen Seite sehen wir die baltischen, mittel- und osteuropäischen Länder, die sagen, wie sehr sie Russland ausgesetzt sind, wie sehr sie von dem Krieg betroffen sind und wie sehr sie eine entschlossene und feste Lösung wollen”, sagt Piotr Buras, Leiter des European Council on Foreign Relations (ECFR) in Warschau. “Auf der anderen Seite sehen wir ein Deutschland, das sich mit der Frage seiner Führungsrolle auf der europäischen Bühne herumschlägt. Diese Länder und Emmanuel Macron nutzen diese Situation, um ihren Einfluss auszuweiten”, so Buras zu Europe.Table.
Der Krieg in der Ukraine stärke den Einfluss der mitteleuropäischen und baltischen Länder auf der europäischen Bühne. Das gelte ganz besonders für Polen. Das Land habe eine zentrale Rolle im Ukraine-Krieg, wie die jüngste Entscheidung Moskaus, die Gaslieferungen an Polen zu stoppen, zeige. Dieser Umstand und das massive Engagement für ukrainische Flüchtlinge machten es schwer, Polen zu kritisieren, sagt Buras.
Der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki wisse, dass er nicht viel zu verlieren habe, wenn er Paris oder Berlin kritisiere, so der Experte weiter. Dazu passt eine Situation von Anfang des Monats, in der Morawiecki den französischen Präsidenten scharf fragte: “Wie oft haben Sie mit Putin verhandelt? Was haben Sie erreicht? Haben Sie es geschafft, eine der Aktionen, die stattgefunden haben, zu stoppen?” Zu sagen, dass Paris gereizt war, ist ein Understatement.
Für Warschau beweist der Krieg in der Ukraine, dass die Europäische Union nicht ohne die NATO und die USA auskommen kann. “Aus dieser polnischen Perspektive macht Macrons Konzept der strategischen Souveränität, das er so sehr vorantreibt, absolut keinen Sinn”, sagt Buras. “Sowohl Warschau als auch Paris fordern eine Stärkung der Verteidigung und Sicherheit der Europäischen Union, aber der Ansatz ist völlig unterschiedlich.”
Die Frage ist, ob der zunehmende Einfluss Polens und der anderen mittel- und osteuropäischen Länder über den Krieg in der Ukraine hinausgehen und sich dauerhaft auf der europäischen Bühne etablieren kann.
Da die Ukraine, Moldawien und Georgien an die Tür der EU-27 klopfen, kann das geopolitische Pendel durchaus auf die östliche Seite der EU ausschlagen. Außerdem dürfte sich die Frage der Erweiterung erneut akut stellen. Denn in diesem Zusammenhang können die Länder des westlichen Balkans, die zu den Prioritäten der französischen EU-Ratspräsidentschaft gehören, nicht länger ignoriert werden. Und niemand kann sich vorstellen, dass die Europäische Union neun Länder aufnehmen wird, ohne sich in irgendeiner Weise zu reformieren.