Table.Briefing: Europe

Neues Zeitalter für Lkw + Frankreichs Konservative in der Klemme + Erster Koalitionskrach

  • Batterie oder Wasserstoff: Wohin führt die Lkw-Zukunft?
  • Frankreichs Konservative: Eingezwängt zwischen Macron und Le Pen
  • Italiens Wirtschaft dürfte noch schneller wachsen
  • Tschechien: Neuer Regierungschef Fiala im Amt
  • WTO verschiebt Ministertagung
  • Standpunkt: Matthias Hartmann, Bitkom, über smarte Gebäude für die Energiewende
Liebe Leserin, lieber Leser,

es wirkt wie ein kollektives Déjà-vu: Das Coronavirus dominiert wieder die Nachrichten, eine neue Variante, Omikron bereits, zuerst entdeckt im Süden Afrikas. Viele Länder reagieren mit Reisebeschränkungen, aber es ist wieder zu spät: Das neue Virus ist schon da, in der EU bereits nachgewiesen in: Belgien, Dänemark, Deutschland, Italien, Frankreich und den Niederlanden. Dabei wütet schon Delta in Europa, dem globalen Hotspot der Pandemie derzeit, die Intensivstationen laufen vielerorts voll. Eine noch ansteckendere, noch gefährlichere Variante kann in dieser Lage niemand gebrauchen. Noch aber weiß man nicht genug über Omikron, ein paar Tage, vielleicht Wochen werde man für die Analyse brauchen, so die WHO.

Das grenzüberschreitende Reisen wird wieder schwierig, die Welthandelsorganisation musste ihr Ministertreffen in Genf deshalb bereits absagen. Die Exportwirtschaft warnt, neue Reisebeschränkungen wären für die mit Lieferproblemen kämpfenden Unternehmen eine “Katastrophe”. Ursula von der Leyen spricht von einem “Wettlauf gegen die Zeit” und empfiehlt den Mitgliedsstaaten, ihre Impfkampagnen zu beschleunigen. Nur wie? Die Debatte um eine Impfpflicht wird nun auch in Deutschland viel Wucht entfalten. Ob die Ampel-Koalitionäre es wollen oder nicht.

In dem jungen Zweckbündnis krachte es am Wochenende erstmals richtig, es ging um den Diesel. Die Verkehrspolitik birgt Sprengstoff, denn viele Grüne können mit dem von der eigenen Parteiführung erzielten Verhandlungsergebnis und einem FDP-Verkehrsminister schlecht leben. Robert Habeck und Co werden viel Überzeugungskraft aufbieten müssen, die Urabstimmung über Koalitionsvertrag und Personaltableau läuft bereits. Mehr dazu lesen Sie im Apéropa.

Im Koalitionsvertrag findet sich wenig zum Güterverkehr. Dabei vollzieht auch dieser gerade einen Umbruch, nicht zuletzt erzwungen durch EU-Grenzwerte für Lkw, die noch erhöht werden sollen. Um sie zu erreichen, setzen die Hersteller zunehmend auf batteriebetriebene Trucks, wie Christian Domke-Seidel berichtet. Der Wasserstoff-Antrieb könnte darüber ins Hintertreffen geraten.

Bleiben Sie gesund.

Ihr
Till Hoppe
Bild von Till  Hoppe

Analyse

Batterie oder Wasserstoff: Zoff um die Lkw-Zukunft

Der Koalitionsvertrag der künftigen Bundesregierung ist an dieser Stelle wortkarg – zweieinhalb Zeilen genügen, um dem Strukturwandel im Güterverkehr Rechnung zu tragen. SPD, Grüne und FDP würden die “Weiterentwicklung der CO2-Flottengrenzwerte für Nutzfahrzeuge” und die “Vorschläge der Europäischen Kommission für den Aufbau von Tank- und Ladeinfrastruktur für Lkw” unterstützen, heißt es dort. Gemeint ist der Verordnungsvorschlag zum Ausbau einer Ladeinfrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR).

Lkw und Busse sind für 26 Prozent der CO2-Emissionen im europäischen Straßenverkehr verantwortlich. Leichte Nutzfahrzeuge für weitere 13 Prozent. Wie bei Pkw will die Kommission auch bei den Lkw mit Flottengrenzwerten arbeiten, um die Klimaziele zu erreichen. Im Vergleich zum Jahr 2021 sollen die Emissionen bis zum Jahr 2030 um 30 Prozent sinken. Kommendes Jahr möchte die EU-Kommission die Hürde jedoch höher legen. Geht es nach dem Koalitionsvertrag, wird die Bundesregierung das Vorhaben unterstützen.

“Ich erwarte eine Verschärfung. Wenn man sieht, was Hersteller angekündigt haben, dürfte die bei etwa 45 Prozent liegen“, sagt Patrick Plötz, Leiter des Geschäftsfeldes Energiewirtschaft am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung. Mit den herkömmlichen Antrieben sei das nicht erreichbar: “Eine Reduzierung um 30 Prozent ist vielleicht mit Optimierungen am Verbrenner machbar, wenn auch teuer. Wollen die Hersteller mehr erreichen, brauchen sie Null-Emissionsfahrzeuge.”

Elektro-Lkw überholt Wasserstoffantrieb

Lange Zeit galt der Wasserstoffantrieb als die wahrscheinlichste Zukunft im Straßengüterverkehr. Das hat sich geändert. “Es gibt eine gewisse Unsicherheit, welche Technologie bei den Lkw welche Rolle einnehmen wird. Das ändert sich im Moment sehr schnell”, sagt Plötz: “Seit zwei oder drei Jahren wird Elektro-Lkw sehr viel mehr zugetraut, weil es enorme Fortschritte in der Batterietechnologie gab. Entsprechend bringen die Hersteller auch mehr Elektro-Lkw auf den Markt.”

Laut ACEA, dem Dachverband der europäischen Automobilhersteller, sind auf Europas Straßen 6,2 Millionen mittlere und große Lkw unterwegs. Plötz hält es für realistisch, dass etwa fünf Prozent davon im Jahr 2030 rein elektrisch fahren könnten. Im ersten Schritt solle das Kernnetz der EU mit Ladestationen ausgestattet werden, die höchstens hundert Kilometer voneinander entfernt sind. Dazu bräuchte es 800 Stück – 150 davon in Deutschland – mit durchschnittlich 2,5 Ladepunkten.

Geht es nach dem Verband der Automobilindustrie (VDA), dürfte der Abstand lediglich fünfzig Kilometer betragen. Das wären 1.600 Ladestationen. Wegen der besseren Verteilung allerdings mit weniger Ladepunkten pro Station: “Nicht nur für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge, sondern auch für schwere Nutzfahrzeuge und Reisebusse spielt ein flächendeckender Ausbau von E-Ladestationen zur Sicherstellung des europäischen Warenhandels und Personenverkehrs eine besondere Rolle”, so eine VDA-Sprecherin.

Nur jeder fünfte Lkw im Langstreckeneinsatz

Die vergleichsweise geringe Zahl an öffentlich zugänglichen Ladepunkten im Vergleich zum Auto lässt sich vor allem auf die Disposition der Lkw zurückführen, wie die Umweltorganisationen Transport & Environment (T&E) vorrechnet. Die Hälfte aller Lkw-Fahrten finde auf der Kurzstrecke statt (unter fünfzig Kilometer). Ein Elektro-Lkw würde in diesem Fall an seiner Heimatstation oder beim Kunden geladen werden. Vielleicht sogar mehrmals am Tag. Nur jeder fünfte Lkw (rund 1,3 Millionen) sei im Langstreckenbereich unterwegs – also Fahrten, die länger sind als 400 Kilometer und auch mehrere Tage dauern können.

Beim Thema Wasserstoff-Lkw gehen die Meinungen derweil auseinander. Plötz räumt ihnen aufgrund der enormen Fortschritte in der Batterietechnologie und dem Erfahrungsvorsprung bei E-Lkw kaum eine Chance ein. Dazu kommt, dass technische Standards (auch im Bereich der Sicherheit) bei Wasserstoff-Fahrzeugen kaum vorhanden sind.

Der VDA fordert die EU allerdings auf, auch diese Technologie mitzudenken: “Bei der Bereitstellung einer Wasserstoffinfrastruktur sollte die AFIR ebenfalls nachgebessert werden. Dabei sind die jeweiligen Tankstationen schon heute so auszulegen, dass sie von allen Fahrzeugkategorien gleichermaßen genutzt werden können.” Christian Domke-Seidel

Mehr zum Thema

    • AFIR
    • Elektromobilität
    • Flottengrenzwerte
    • Green Deal
    • Klima & Umwelt
    • Klimaschutz
    • Mobilität
    • Verkehrspolitik
    • Wasserstoff

    Frankreichs Konservative: Eingezwängt zwischen Macron und Le Pen

    Frankreichs bürgerlich-konservatives Lager regierte lange Zeit das Land – Präsident Jacques Chirac und sein Nachfolger Nicolas Sarkozy gehörten ihm an. In den vergangenen Jahren aber hat die einst große Volkspartei enorm an Bedeutung verloren. Bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich im April 2022 geht es für die Republikaner, wie die Partei nach mehrfacher Umbenennung inzwischen heißt, um viel.

    Vier Kandidaten und eine Kandidatin bewerben sich als Herausforderer von Emmanuel Macron, aber niemand ragt bisher heraus. Am 4. Dezember sollen die rund 150.000 Parteimitglieder nun ihren Präsidentschaftskandidaten wählen.

    Die Republikaner finden sich eingezwängt zwischen Macron, der in der politischen Mitte steht und viele Konservative abgeworben hat, und dem ganz rechten politischen Rand von Marine Le Pen. Bei Frankreichs Präsidentschaftswahl 2017 galt der konservative Ex-Premierminister François Fillon noch als Favorit – bis er über eine Affäre um die Scheinbeschäftigung seiner Frau stolperte. Diesen Skandal nutzte Macron für seinen Sieg.

    Um die Konservativen steht es allerdings noch etwas besser als um die andere einst große Volkspartei – die Sozialisten. Die erreichen mit ihrer Kandidatin, der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo (Europe.Table berichtete), in den Umfragen zum ersten Wahlgang nur Werte von vier bis fünf Prozent.

    In Umfragen hinter den Rechtsextremen

    Bei den Konservativen schneidet am besten Xavier Bertrand ab (13-14 Prozent), gefolgt von Valérie Pécresse (9-11 Prozent) und Michel Barnier (9-10 Prozent). Hinten liegen Éric Ciotti (5 Prozent) und Philippe Juvin (3-4 Prozent). Mit diesen Werten hätten sie aber allesamt derzeit keine Chance auf den zweiten Wahlgang, die Stichwahl.

    Frankreichs Amtsinhaber Macron kommt in den Umfragen zur Präsidentschaftswahl für den ersten Wahlgang seit Wochen stabil auf 25 bis 27 Prozent. Der Präsident steht gut da, weil sein Krisenmanagement in der Pandemie von der Bevölkerung in großen Teilen positiv aufgenommen wurde und seine Impfkampagne erfolgreich war. Auch die Rechtsextremen Marine Le Pen (um 20 Prozent) und Éric Zemmour (um 15 Prozent) rangieren vor den konservativen Bewerbern (Europe.Table berichtete).

    Die Wahl des konservativen Kandidaten werde von Macron dennoch genau beobachtet, heißt es in Frankreichs Medien. Schließlich ist die Partei vor allem auf dem Land stark verwurzelt. Allerdings hat Macron bisher noch keinen Grund für große Beunruhigung: Keiner der Kandidaten hat die Aura eines gefährlichen Gegners – oder genug Punkte in den Umfragen. Macron hat sich zwar noch nicht offiziell gemeldet, es gilt aber als sicher, dass er erneut antreten will. Zahlreiche Bürgermeister Frankreichs haben schon für ein zweites Mandat für den Präsidenten plädiert.

    In ihrer Not haben sich die Konservativen für einen Rechtsruck entschieden. Seit Wochen debattieren die Kandidaten öffentlich, große Unterschiede zeigten sich nicht. Immerhin brachte sie das wieder ins Rampenlicht – die Zahl der Parteianhänger legte innerhalb von zehn Wochen von 80.000 auf 150.000 zu.

    In den Debatten ging vor allem um Themen, die auch die extreme Rechte besetzt: Immigration und Sicherheit. Dabei interessiert laut Umfragen in Frankreich angesichts steigender Preise vor allem das Thema Kaufkraft die Wähler.

    Barnier holt langsam auf

    Nach den Debatten war nicht klar, welcher Kandidat am meisten überzeugt hat. Bertrand wurde öfter als Sieger gehandelt, aber auch Barnier. Der frühere Brexit-Chefunterhändler der EU war in der breiten Öffentlichkeit zuvor eher unbekannt, das ändert sich inzwischen. In den Umfragen holte er zuletzt langsam auf. “Ich bin bereit”, erklärte Barnier kürzlich.

    Der 70-Jährige ist der älteste der Kandidaten der Präsidentschaftswahl in Frankreich, er setzt auf seine Erfahrung und sein Netzwerk als ehemaliger Senator, Abgeordneter und EU-Kommissar für den Binnenmarkt. Zudem war er mehrmals Minister, für Ausland, Europa und Umwelt. Auf dem Posten des “Monsieur Brexit” habe Barnier die “Anerkennung eines Staatschefs erfahren”, urteilte Europastaatssekretär Clément Beaune über ihn. Er tritt überdies sehr diskret auf. Seine ruhige Art kommt aber nicht überall gut an: Er habe die Überzeugungskraft “einer Schlaftablette”, schrieb “Le Journal du Dimanche”.

    Barnier inszeniert sich als weiser Versöhner und versucht, sich so von Macron abzugrenzen, der vielen als arrogant gilt. Barnier ist Pro-Europäer, aber viele seiner Botschaften kollidieren mit dem, wofür er als Brexit-Unterhändler eintrat. Er verlangt ein Moratorium in der Einwanderungs- und Asylpolitik, will für Frankreich “Kontrolle zurückgewinnen” und äußert sich kritisch über das Schengen-Abkommen. Überdies kündigte er an:  “Ich will die EU verändern”. Das  EU-kritische Programm bringt ihm Sympathien in seiner Partei.

    Xavier Bertrand: Le Pen geschlagen

    Vorne liegt derzeit aber ein anderer: Xavier Bertrand, der 56-jährige Präsident der Region Hauts-de-France und ehemalige Gesundheits- und Arbeitsminister. Er fordert eine Stärkung der Nationalstaaten in der EU – ein Thema, das auch Marine Le Pen im Angebot führt. Die Zuwanderung nach Frankreich will er über ein Quotensystem steuern. Für Bertrand spricht, dass er sich bei den Regionalwahlen im Sommer in Nordfrankreich gegen die Partei Rassemblement National (RN) von Le Pen durchsetzen konnte, die dort stark ist. Seitdem ist er im Aufwind und gibt sich ganz volksnah.

    Auch die ehemalige Handelsministerin und Regierungssprecherin Valérie Pécresse, die im Spektrum der fünf Anwärter als noch gemäßigt galt, hat ihren Ton verschärft. Die 54-Jährige, die derzeit Präsidentin der Region Ile-de-France um Paris ist, will stärker gegen illegale Immigration vorgehen. Sie verspricht, den “französischen Stolz” wiederherzustellen und positioniert sich als “Frau der Ordnung und Reformerin”. Pécresse und Bertrand profitieren davon, dass sie aktuell Ämter bekleiden, in denen sie in der Öffentlichkeit stehen.

    Nur Außenseiterchancen hat Éric Ciotti. Der 56-jährige Abgeordnete des Départements Alpes-Maritimes in Südfrankreich, will Frankreich vor einem weiteren “Abstieg” bewahren. Er vertritt den rechten Flügel der Republikaner. “Meine Richtung ist rechts und mein Ziel ist ganz einfach: Frankreich bleibt Frankreich.” Einigen in seiner Partei geht das zu weit – es könnte zu Austritten kommen, würde er nominiert. Ciotti hatte sogar erklärt, dass er im Falle einer Stichwahl zwischen Macron und Zemmour den umstrittenen Moderator wählen würde, und nicht Macron.

    Ein interessanter Bewerber ist Philippe Juvin: Der 57-jährige Bürgermeister von La Garenne-Colombes bei Paris hat nie seine Aktivität als Arzt aufgegeben. Er ist Chef der Notaufnahme im Krankenhaus Georges-Pompidou in Paris. Die Pandemie hat ihn bekannt gemacht. Er kommentierte die Gesundheitslage im Land und die politischen Entscheidungen der Regierung. Sein Motto: “Ich bin eine Alternative für diejenigen, die wissen, dass die traditionellen Rezepte nicht mehr funktionieren”. Tanja Kuchenbecker

    Mehr zum Thema

      • Emmanuel Macron
      • Europapolitik

      News

      Arbeitgeberverband: Italiens BIP dürfte schneller wachsen

      Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Italien könnte nach Einschätzung des Arbeitgeberverbands Confindustria in diesem Jahr stärker zulegen als erwartet. Die Wirtschaft werde 2021 voraussichtlich trotz gegenwärtiger Lieferengpässe um 6,4 Prozent wachsen, teilte der Verband am Samstag mit. Im September hatte die Regierung in Rom sechs Prozent in Aussicht gestellt.

      Bereits im ersten Quartal 2022 könnte die italienische Wirtschaft nach Einschätzung von Confindustria das Vorkrisenniveau erreichen. Das Land wurde 2020 besonders hart von der Coronavirus-Pandemie getroffen und musste die schwerste Rezession in der Nachkriegszeit verkraften. Jetzt erholt sich die Wirtschaft aber zügig. Zwischen Juli und September war Italiens BIP um 2,6 Prozent zum Vorquartal gestiegen.

      Zum Vergleich: Für die gesamte EU erwartet die Europäische Kommission in diesem Jahr ein Wachstum von fünf Prozent, für Deutschland von 2,7 Prozent. rtr/tho

        • Coronavirus
        • Finanzen
        • Gesundheit
        • Italien

        Tschechien: Neuer Regierungschef Fiala im Amt

        In Tschechien ist der neue Ministerpräsident Petr Fiala unter besonderen Corona-Schutzvorkehrungen ins Amt eingeführt worden. Präsident Milos Zeman ernannte den Mitte-Rechts-Politiker am Sonntag zum Regierungschef. Das 77-jährige Staatsoberhaupt saß bei der Zeremonie in seinem Rollstuhl abgeschirmt in einem Plexiglas-Kasten, nachdem er positiv auf das Coronavirus getestet worden war.

        Der 57 Jahre alte Fiala war bislang Oppositionsführer. Er ist Parteivorsitzender der euroskeptischen und konservativen Demokratischen Bürgerpartei (DOS) und hat mit anderen Parteien eine Mitte-Rechts-Koalition gebildet. Er löst als Ministerpräsident Andrej Babiš ab, der bei der Parlamentswahl im Oktober seine Regierungsmehrheit verloren hatte. rtr

          • Coronavirus
          • Europapolitik
          • Tschechien

          WTO verschiebt Ministertagung

          Die Welthandelsorganisation (WTO) hat ihre erste Ministertagung seit vier Jahren wegen der neuen Coronavirus-Variante auf unbestimmte Zeit verschoben. Die WTO teilte mit, ihre Mitglieder hätten sich am späten Freitag darauf geeinigt, die Ministerkonferenz zu verschieben, nachdem der Ausbruch der neuen Omikron-Variante zu Reisebeschränkungen geführt hatte, die viele Minister daran gehindert hätten, Genf zu erreichen. Ein neuer Termin wurde noch nicht festgelegt.

          WTO-Generaldirektorin Ngozi Okonjo-Iweala sagte, die Verschiebung bedeute nicht, dass die Verhandlungen eingestellt werden sollten. “Im Gegenteil, die Delegationen in Genf sollten voll und ganz in der Lage sein, so viele Lücken wie möglich zu schließen. Diese neue Variante erinnert uns einmal mehr an die Dringlichkeit der Arbeit, die uns aufgetragen ist”, sagte Ngozi Okonjo-Iweala in einer Erklärung der WTO.

          Die Schweiz, Sitz der Welthandelsorganisation, verbot am Freitag Direktflüge aus Südafrika sowie den umliegenden Regionen und verhängte Test- und Quarantäneauflagen für Reisen aus weiteren Ländern, darunter Belgien, Hongkong und Israel.

          Wegen der Absage wurde auch das Treffen der EU-Handelsminister gestrichen, das im Vorfeld der WTO-Tagung in Genf hätte stattfinden sollen. Dort wollten die EU-Staaten ihre gemeinsame Position abstimmen. Bei der Konferenz sollte über die Reform der Organisation gesprochen werden, die derzeit unter anderem wegen der US-Blockade ihres Streitschlichtungssystems in der Krise steckt. Zudem standen Gespräche über den Zugang zu Covid-Impfstoffen und ein Abkommen zum Schutz der Fischbestände auf der Agenda. rtr/tho

            • Coronavirus
            • Gesundheit
            • Handel
            • Handelspolitik
            • WTO

            Presseschau

            Fälle mit Omikron-Variante häufen sich, EU-Staaten schränken Flugverkehr in südafrikanishe Länder ein N-TV
            Großbritannien beruft Dringlichkeitssitzung der G7-Gesundheitsminister wegen Omikron-Variante ein RND
            Zehntausende protestieren in Österreich gegen Corona-Maßnahmen. T-ONLINE
            Schweizer wollen in Volksabstimmung bestehende Corona-Regeln mit 3G-Corona-Zertifikat beibehalten. SPIEGEL
            EU und Nato sichern Baltikum Solidarität zu TAGESSCHAU
            Küste des Ärmelkanals wird ab Mittwoch von Frontex-Flugzeug überwacht WELT
            Griechenland öffnet weitere befestigte Flüchtlingslager ZEIT
            Fiala neuer Regierungschef Tschechiens N-TV
            Verfahren in der Türkei: Kavala bleibt in Haft TAGESSCHAU

            Brazil hits out at EU ‘protectionism’ behind planned anti-deforestation law | Financial Times (ft.com)

            Standpunkt

            Smarte Gebäude für eine smarte Energiewende

            Matthias Hartmann
            Matthias Hartmann ist Präsidiumsmitglied beim IT-Verband Bitkom und Vorsitzender der Geschäftsführung der Techem GmbH. Im Standpunkt schreibt er über Digitale Technologien.
            Matthias Hartmann ist Präsidiumsmitglied beim IT-Verband Bitkom und Vorsitzender der Geschäftsführung der Techem GmbH.

            2022 wird ein entscheidendes Jahr für die Energiewende in Deutschland. Der Ausbau erneuerbarer Energien stockt – und zugleich erhöht sich durch Elektromobilität, strombetriebene Wärmepumpen und künftig auch die Wasserstoff-Elektrolyse unser Stromverbrauch. Vor wenigen Tagen erst hat das Bundeswirtschaftsministerium seine Prognose für den Strombedarf im Jahr 2030 nochmals angehoben. Deshalb brauchen wir bei der Energiewende unbedingt mehr Tempo. Und wir brauchen eine klare Strategie, um die anstehenden Herausforderungen zu meistern.

            Zu dieser Strategie müssen zwingend auch digitale Technologien gehören. Die Digitalisierung ist Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende. Denn nur mit digitalen Mitteln können die volatile Stromerzeugung aus Sonne und Wind mit der Verbrauchsseite zu einem sicheren, stabilen und flexiblen Gesamtsystem verknüpft werden. Der Regierungswechsel ist die beste Gelegenheit, einen echten digitalen Aufbruch im Energiesektor anzustoßen. Um Smart Meter, Smart Grids und Smart Buildings voranzutreiben, um Städte zu Smart Citys zu machen, die Ressourcen zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung zu haben und um die Energiewende als Ganzes auf ein digitales Fundament zu stellen.

            Der Steigerung der Energieeffizienz kommt eine besondere Rolle zu. Auch wenn künftig mehr Energie aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung steht: Wir müssen den Energieverbrauch senken. Riesige Potenziale dafür liegen im Immobilienbestand. Mit 2.956 Petajoule entfällt ein Drittel des Energiebedarfs sowie bis zu ein Viertel der in Deutschland emittierten Klimagase auf diesen Bereich.

            Digitale Technologien für eine Renovierungswelle

            Als einziger Sektor hat der Gebäudebereich 2020 seine CO2-Einsparziele verfehlt – trotz eines warmen Winters. Bis 2030 muss der gesamte Sektor laut Klimaschutzgesetz jährlich 51 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Mithilfe traditioneller energetischer Sanierung oder dicker Dämmung allein wird das nicht zu erreichen sein, sondern nur mithilfe smarter Technologien und einer digitalen Renovierungswelle.

            Wie eine Bitkom-Studie ergeben hat, können digitale Technologien fast ein Drittel dazu beitragen, dass der Gebäudesektor in Deutschland seine Klimaziele für das Jahr 2030 erfüllt. Bis zu 14,7 Millionen Tonnen CO2-Emissionen könnten eingespart werden. Dies entspricht fast 30 Prozent des im Klimaschutzgesetz formulierten Ziels für diesen Sektor.  Ein weiterer Vorteil: Digitale Technologien sind schnell und ohne große Investitionen einsatzbereit und entfalten ihr Potenzial unmittelbar. Und: Sie können oft auch von Mietern mit wenigen Handgriffen installiert werden und amortisieren sich nach kürzester Zeit.

            Schauen wir auf Heizung und Warmwasserversorgung, wo die größten Potenziale schlummern. In welchen Büros und Stockwerken eines Gebäudes halten sich gerade Menschen auf? Scheint die Sonne durch die Fenster? Eine smarte Steuerung kann Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen automatisch regeln. Das führt zu deutlichen Energie- und CO2-Einsparungen gegenüber einer manuellen Steuerung, bei der in jedem Raum individuell an Thermostaten und Reglern herumgedreht wird.

            Derzeit fallen mehr als 90 Prozent des Energieverbrauchs im Gebäudesektor für Heizung und die Warmwassererzeugung an. Bei einem ambitionierten und gesteuerten Einsatz der hier geschilderten Gebäudeautomation könnten wir jährlich bis zu 10,8 Millionen Tonnen CO2 bis 2030 einsparen.

            Politisch gesetzte Anreize für Eigentümer und Mieter

            Das heißt: Wir brauchen politisch gesetzte Anreize für Eigentümer und Mieter privater und gewerblicher Immobilien, um die Technologien schnell in die Fläche zu bringen. Das gleiche Prinzip gilt auch bei einer automatisierten Kühlung und Beleuchtung von Gebäuden. Wird diese automatisiert gesteuert, könnten wir in Deutschland bei einem ambitionierten Ausbau bis 2025 bis zu 0,7 Millionen Tonnen CO2 jährlich einsparen. Die Technologien sind längst auf dem Markt – sie müssen nur noch auf breiter Fläche eingesetzt werden.

            Mit dem wachsenden Anteil erneuerbarer Energien wird auch die Bedeutung eines zeitlich flexiblen Stromverbrauchs wichtiger. Das heißt, dass etwa Wärmepumpen genau dann Wärme in ein Gebäude einspeichern, wenn die Sonne scheint oder der Wind weht – und dass das Elektroauto in genau diesen Zeiten der starken Erzeugung von Solar- oder Windkraftenergie seine Batterie auflädt.

            Eine intelligente Sektorenkopplung, die das Energieangebot von Gebäuden mit verschiedenen Speichermöglichkeiten wie Warmwasser oder den Batterien von E-Autos automatisch abgleicht und steuert, hat große Potenziale. Schreitet der Ausbau beschleunigt fort, können jedes Jahr über 3 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.

            Kurzum: Digitale Technologien prägen das Energiesystem der Zukunft – im Gebäudebereich und anderswo. Es kommt jetzt darauf an, Digitalisierung und Klimaschutz gemeinsam zu denken. Die Potenziale für unser Land sind enorm.

              • Digitalisierung
              • Digitalpolitik
              • Energie
              • Energiewende
              • Klima & Umwelt
              • Klimaschutz
              • Technologie

              Apéropa

              Andreas Scheuer und Markus Söder teilen nicht nur Parteimitgliedschaft, beide CSU-Politiker haben auch ein Faible für versteckte Garstigkeit. Im Falle Söders war häufig CDU-Rivale Armin Laschet das Ziel verbaler Spitzen, bei Scheuer sind es nun die Grünen: “Schön, dass die Ampel meine Arbeit der letzten Jahre fortsetzt”, sagte der Noch-Verkehrsminister der dpa.

              Scheuer streute damit genüsslich Salz in die Wunde der Ökopartei, für die der CSU-Mann der vermutlich schlechteste Verkehrsminister aller Zeiten war. Denn viele Grünen-Politiker und -Mitglieder beschleicht bei der Lektüre des Ampel-Koalitionsvertrages und beim Blick auf die Ressortverteilung der Eindruck, dass Scheuer so unrecht nicht hat.

              Nur so lassen sich die wütenden Reaktionen erklären, die der angehende FDP-Verkehrsminister Volker Wissing am Wochenende erntete. Dieser hatte in der “Bild” erklärt, Dieselfahrer vor zusätzlichen Belastungen schützen zu wollen und “dafür Sorge zu tragen, dass höhere Energiesteuern auf Dieselkraftstoffe durch geringere Kfz-Steuern ausgeglichen werden”.

              Das steht so ähnlich, als Prüfauftrag etwas weicher formuliert, auch im Koalitionsvertrag. Die Logik: Wenn die steuerliche Vorzugsbehandlung von Dieselkraftstoffen infolge der Umsetzung der überarbeiteten EU-Energiesteuerrichtlinie endet, sollen im Gegenzug die höheren Kfz-Steuern für Dieselfahrzeuge abgesenkt werden. Dadurch würden Diesel und Benziner gleichbehandelt.

              Die empörten Reaktionen vieler Grünen-Politiker richten sich daher ebenso gegen Wissing wie gegen die eigene Parteiführung. Die Unterhändler Robert Habeck, Annalena Baerbock und Michael Kellner, so der Eindruck, haben sich bei einem grünen Herzensprojekt über den Tisch ziehen lassen: der Verkehrswende. Für die Noch-nicht-Koalition könnte das in der Grünen-Urabstimmung gefährlich werden.

              Lastenfahrrad statt SUV – mit der FDP ist das nicht zu machen. Christian Lindner frönt seiner Leidenschaft für schnelle Autos, er nennt unter anderem einen Porsche 911 SC, Baujahr 1982, sein eigen. Das verbindet ihn übrigens mit Andreas Scheuer: Dieser fährt seit drei Jahren den BMW von Franz-Josef Strauß. Till Hoppe

              • Ampel-Koalition
              • Klimaschutz

              Europe.Table Redaktion

              EUROPE.TABLE REDAKTION

              Licenses:
                • Batterie oder Wasserstoff: Wohin führt die Lkw-Zukunft?
                • Frankreichs Konservative: Eingezwängt zwischen Macron und Le Pen
                • Italiens Wirtschaft dürfte noch schneller wachsen
                • Tschechien: Neuer Regierungschef Fiala im Amt
                • WTO verschiebt Ministertagung
                • Standpunkt: Matthias Hartmann, Bitkom, über smarte Gebäude für die Energiewende
                Liebe Leserin, lieber Leser,

                es wirkt wie ein kollektives Déjà-vu: Das Coronavirus dominiert wieder die Nachrichten, eine neue Variante, Omikron bereits, zuerst entdeckt im Süden Afrikas. Viele Länder reagieren mit Reisebeschränkungen, aber es ist wieder zu spät: Das neue Virus ist schon da, in der EU bereits nachgewiesen in: Belgien, Dänemark, Deutschland, Italien, Frankreich und den Niederlanden. Dabei wütet schon Delta in Europa, dem globalen Hotspot der Pandemie derzeit, die Intensivstationen laufen vielerorts voll. Eine noch ansteckendere, noch gefährlichere Variante kann in dieser Lage niemand gebrauchen. Noch aber weiß man nicht genug über Omikron, ein paar Tage, vielleicht Wochen werde man für die Analyse brauchen, so die WHO.

                Das grenzüberschreitende Reisen wird wieder schwierig, die Welthandelsorganisation musste ihr Ministertreffen in Genf deshalb bereits absagen. Die Exportwirtschaft warnt, neue Reisebeschränkungen wären für die mit Lieferproblemen kämpfenden Unternehmen eine “Katastrophe”. Ursula von der Leyen spricht von einem “Wettlauf gegen die Zeit” und empfiehlt den Mitgliedsstaaten, ihre Impfkampagnen zu beschleunigen. Nur wie? Die Debatte um eine Impfpflicht wird nun auch in Deutschland viel Wucht entfalten. Ob die Ampel-Koalitionäre es wollen oder nicht.

                In dem jungen Zweckbündnis krachte es am Wochenende erstmals richtig, es ging um den Diesel. Die Verkehrspolitik birgt Sprengstoff, denn viele Grüne können mit dem von der eigenen Parteiführung erzielten Verhandlungsergebnis und einem FDP-Verkehrsminister schlecht leben. Robert Habeck und Co werden viel Überzeugungskraft aufbieten müssen, die Urabstimmung über Koalitionsvertrag und Personaltableau läuft bereits. Mehr dazu lesen Sie im Apéropa.

                Im Koalitionsvertrag findet sich wenig zum Güterverkehr. Dabei vollzieht auch dieser gerade einen Umbruch, nicht zuletzt erzwungen durch EU-Grenzwerte für Lkw, die noch erhöht werden sollen. Um sie zu erreichen, setzen die Hersteller zunehmend auf batteriebetriebene Trucks, wie Christian Domke-Seidel berichtet. Der Wasserstoff-Antrieb könnte darüber ins Hintertreffen geraten.

                Bleiben Sie gesund.

                Ihr
                Till Hoppe
                Bild von Till  Hoppe

                Analyse

                Batterie oder Wasserstoff: Zoff um die Lkw-Zukunft

                Der Koalitionsvertrag der künftigen Bundesregierung ist an dieser Stelle wortkarg – zweieinhalb Zeilen genügen, um dem Strukturwandel im Güterverkehr Rechnung zu tragen. SPD, Grüne und FDP würden die “Weiterentwicklung der CO2-Flottengrenzwerte für Nutzfahrzeuge” und die “Vorschläge der Europäischen Kommission für den Aufbau von Tank- und Ladeinfrastruktur für Lkw” unterstützen, heißt es dort. Gemeint ist der Verordnungsvorschlag zum Ausbau einer Ladeinfrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR).

                Lkw und Busse sind für 26 Prozent der CO2-Emissionen im europäischen Straßenverkehr verantwortlich. Leichte Nutzfahrzeuge für weitere 13 Prozent. Wie bei Pkw will die Kommission auch bei den Lkw mit Flottengrenzwerten arbeiten, um die Klimaziele zu erreichen. Im Vergleich zum Jahr 2021 sollen die Emissionen bis zum Jahr 2030 um 30 Prozent sinken. Kommendes Jahr möchte die EU-Kommission die Hürde jedoch höher legen. Geht es nach dem Koalitionsvertrag, wird die Bundesregierung das Vorhaben unterstützen.

                “Ich erwarte eine Verschärfung. Wenn man sieht, was Hersteller angekündigt haben, dürfte die bei etwa 45 Prozent liegen“, sagt Patrick Plötz, Leiter des Geschäftsfeldes Energiewirtschaft am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung. Mit den herkömmlichen Antrieben sei das nicht erreichbar: “Eine Reduzierung um 30 Prozent ist vielleicht mit Optimierungen am Verbrenner machbar, wenn auch teuer. Wollen die Hersteller mehr erreichen, brauchen sie Null-Emissionsfahrzeuge.”

                Elektro-Lkw überholt Wasserstoffantrieb

                Lange Zeit galt der Wasserstoffantrieb als die wahrscheinlichste Zukunft im Straßengüterverkehr. Das hat sich geändert. “Es gibt eine gewisse Unsicherheit, welche Technologie bei den Lkw welche Rolle einnehmen wird. Das ändert sich im Moment sehr schnell”, sagt Plötz: “Seit zwei oder drei Jahren wird Elektro-Lkw sehr viel mehr zugetraut, weil es enorme Fortschritte in der Batterietechnologie gab. Entsprechend bringen die Hersteller auch mehr Elektro-Lkw auf den Markt.”

                Laut ACEA, dem Dachverband der europäischen Automobilhersteller, sind auf Europas Straßen 6,2 Millionen mittlere und große Lkw unterwegs. Plötz hält es für realistisch, dass etwa fünf Prozent davon im Jahr 2030 rein elektrisch fahren könnten. Im ersten Schritt solle das Kernnetz der EU mit Ladestationen ausgestattet werden, die höchstens hundert Kilometer voneinander entfernt sind. Dazu bräuchte es 800 Stück – 150 davon in Deutschland – mit durchschnittlich 2,5 Ladepunkten.

                Geht es nach dem Verband der Automobilindustrie (VDA), dürfte der Abstand lediglich fünfzig Kilometer betragen. Das wären 1.600 Ladestationen. Wegen der besseren Verteilung allerdings mit weniger Ladepunkten pro Station: “Nicht nur für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge, sondern auch für schwere Nutzfahrzeuge und Reisebusse spielt ein flächendeckender Ausbau von E-Ladestationen zur Sicherstellung des europäischen Warenhandels und Personenverkehrs eine besondere Rolle”, so eine VDA-Sprecherin.

                Nur jeder fünfte Lkw im Langstreckeneinsatz

                Die vergleichsweise geringe Zahl an öffentlich zugänglichen Ladepunkten im Vergleich zum Auto lässt sich vor allem auf die Disposition der Lkw zurückführen, wie die Umweltorganisationen Transport & Environment (T&E) vorrechnet. Die Hälfte aller Lkw-Fahrten finde auf der Kurzstrecke statt (unter fünfzig Kilometer). Ein Elektro-Lkw würde in diesem Fall an seiner Heimatstation oder beim Kunden geladen werden. Vielleicht sogar mehrmals am Tag. Nur jeder fünfte Lkw (rund 1,3 Millionen) sei im Langstreckenbereich unterwegs – also Fahrten, die länger sind als 400 Kilometer und auch mehrere Tage dauern können.

                Beim Thema Wasserstoff-Lkw gehen die Meinungen derweil auseinander. Plötz räumt ihnen aufgrund der enormen Fortschritte in der Batterietechnologie und dem Erfahrungsvorsprung bei E-Lkw kaum eine Chance ein. Dazu kommt, dass technische Standards (auch im Bereich der Sicherheit) bei Wasserstoff-Fahrzeugen kaum vorhanden sind.

                Der VDA fordert die EU allerdings auf, auch diese Technologie mitzudenken: “Bei der Bereitstellung einer Wasserstoffinfrastruktur sollte die AFIR ebenfalls nachgebessert werden. Dabei sind die jeweiligen Tankstationen schon heute so auszulegen, dass sie von allen Fahrzeugkategorien gleichermaßen genutzt werden können.” Christian Domke-Seidel

                Mehr zum Thema

                  • AFIR
                  • Elektromobilität
                  • Flottengrenzwerte
                  • Green Deal
                  • Klima & Umwelt
                  • Klimaschutz
                  • Mobilität
                  • Verkehrspolitik
                  • Wasserstoff

                  Frankreichs Konservative: Eingezwängt zwischen Macron und Le Pen

                  Frankreichs bürgerlich-konservatives Lager regierte lange Zeit das Land – Präsident Jacques Chirac und sein Nachfolger Nicolas Sarkozy gehörten ihm an. In den vergangenen Jahren aber hat die einst große Volkspartei enorm an Bedeutung verloren. Bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich im April 2022 geht es für die Republikaner, wie die Partei nach mehrfacher Umbenennung inzwischen heißt, um viel.

                  Vier Kandidaten und eine Kandidatin bewerben sich als Herausforderer von Emmanuel Macron, aber niemand ragt bisher heraus. Am 4. Dezember sollen die rund 150.000 Parteimitglieder nun ihren Präsidentschaftskandidaten wählen.

                  Die Republikaner finden sich eingezwängt zwischen Macron, der in der politischen Mitte steht und viele Konservative abgeworben hat, und dem ganz rechten politischen Rand von Marine Le Pen. Bei Frankreichs Präsidentschaftswahl 2017 galt der konservative Ex-Premierminister François Fillon noch als Favorit – bis er über eine Affäre um die Scheinbeschäftigung seiner Frau stolperte. Diesen Skandal nutzte Macron für seinen Sieg.

                  Um die Konservativen steht es allerdings noch etwas besser als um die andere einst große Volkspartei – die Sozialisten. Die erreichen mit ihrer Kandidatin, der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo (Europe.Table berichtete), in den Umfragen zum ersten Wahlgang nur Werte von vier bis fünf Prozent.

                  In Umfragen hinter den Rechtsextremen

                  Bei den Konservativen schneidet am besten Xavier Bertrand ab (13-14 Prozent), gefolgt von Valérie Pécresse (9-11 Prozent) und Michel Barnier (9-10 Prozent). Hinten liegen Éric Ciotti (5 Prozent) und Philippe Juvin (3-4 Prozent). Mit diesen Werten hätten sie aber allesamt derzeit keine Chance auf den zweiten Wahlgang, die Stichwahl.

                  Frankreichs Amtsinhaber Macron kommt in den Umfragen zur Präsidentschaftswahl für den ersten Wahlgang seit Wochen stabil auf 25 bis 27 Prozent. Der Präsident steht gut da, weil sein Krisenmanagement in der Pandemie von der Bevölkerung in großen Teilen positiv aufgenommen wurde und seine Impfkampagne erfolgreich war. Auch die Rechtsextremen Marine Le Pen (um 20 Prozent) und Éric Zemmour (um 15 Prozent) rangieren vor den konservativen Bewerbern (Europe.Table berichtete).

                  Die Wahl des konservativen Kandidaten werde von Macron dennoch genau beobachtet, heißt es in Frankreichs Medien. Schließlich ist die Partei vor allem auf dem Land stark verwurzelt. Allerdings hat Macron bisher noch keinen Grund für große Beunruhigung: Keiner der Kandidaten hat die Aura eines gefährlichen Gegners – oder genug Punkte in den Umfragen. Macron hat sich zwar noch nicht offiziell gemeldet, es gilt aber als sicher, dass er erneut antreten will. Zahlreiche Bürgermeister Frankreichs haben schon für ein zweites Mandat für den Präsidenten plädiert.

                  In ihrer Not haben sich die Konservativen für einen Rechtsruck entschieden. Seit Wochen debattieren die Kandidaten öffentlich, große Unterschiede zeigten sich nicht. Immerhin brachte sie das wieder ins Rampenlicht – die Zahl der Parteianhänger legte innerhalb von zehn Wochen von 80.000 auf 150.000 zu.

                  In den Debatten ging vor allem um Themen, die auch die extreme Rechte besetzt: Immigration und Sicherheit. Dabei interessiert laut Umfragen in Frankreich angesichts steigender Preise vor allem das Thema Kaufkraft die Wähler.

                  Barnier holt langsam auf

                  Nach den Debatten war nicht klar, welcher Kandidat am meisten überzeugt hat. Bertrand wurde öfter als Sieger gehandelt, aber auch Barnier. Der frühere Brexit-Chefunterhändler der EU war in der breiten Öffentlichkeit zuvor eher unbekannt, das ändert sich inzwischen. In den Umfragen holte er zuletzt langsam auf. “Ich bin bereit”, erklärte Barnier kürzlich.

                  Der 70-Jährige ist der älteste der Kandidaten der Präsidentschaftswahl in Frankreich, er setzt auf seine Erfahrung und sein Netzwerk als ehemaliger Senator, Abgeordneter und EU-Kommissar für den Binnenmarkt. Zudem war er mehrmals Minister, für Ausland, Europa und Umwelt. Auf dem Posten des “Monsieur Brexit” habe Barnier die “Anerkennung eines Staatschefs erfahren”, urteilte Europastaatssekretär Clément Beaune über ihn. Er tritt überdies sehr diskret auf. Seine ruhige Art kommt aber nicht überall gut an: Er habe die Überzeugungskraft “einer Schlaftablette”, schrieb “Le Journal du Dimanche”.

                  Barnier inszeniert sich als weiser Versöhner und versucht, sich so von Macron abzugrenzen, der vielen als arrogant gilt. Barnier ist Pro-Europäer, aber viele seiner Botschaften kollidieren mit dem, wofür er als Brexit-Unterhändler eintrat. Er verlangt ein Moratorium in der Einwanderungs- und Asylpolitik, will für Frankreich “Kontrolle zurückgewinnen” und äußert sich kritisch über das Schengen-Abkommen. Überdies kündigte er an:  “Ich will die EU verändern”. Das  EU-kritische Programm bringt ihm Sympathien in seiner Partei.

                  Xavier Bertrand: Le Pen geschlagen

                  Vorne liegt derzeit aber ein anderer: Xavier Bertrand, der 56-jährige Präsident der Region Hauts-de-France und ehemalige Gesundheits- und Arbeitsminister. Er fordert eine Stärkung der Nationalstaaten in der EU – ein Thema, das auch Marine Le Pen im Angebot führt. Die Zuwanderung nach Frankreich will er über ein Quotensystem steuern. Für Bertrand spricht, dass er sich bei den Regionalwahlen im Sommer in Nordfrankreich gegen die Partei Rassemblement National (RN) von Le Pen durchsetzen konnte, die dort stark ist. Seitdem ist er im Aufwind und gibt sich ganz volksnah.

                  Auch die ehemalige Handelsministerin und Regierungssprecherin Valérie Pécresse, die im Spektrum der fünf Anwärter als noch gemäßigt galt, hat ihren Ton verschärft. Die 54-Jährige, die derzeit Präsidentin der Region Ile-de-France um Paris ist, will stärker gegen illegale Immigration vorgehen. Sie verspricht, den “französischen Stolz” wiederherzustellen und positioniert sich als “Frau der Ordnung und Reformerin”. Pécresse und Bertrand profitieren davon, dass sie aktuell Ämter bekleiden, in denen sie in der Öffentlichkeit stehen.

                  Nur Außenseiterchancen hat Éric Ciotti. Der 56-jährige Abgeordnete des Départements Alpes-Maritimes in Südfrankreich, will Frankreich vor einem weiteren “Abstieg” bewahren. Er vertritt den rechten Flügel der Republikaner. “Meine Richtung ist rechts und mein Ziel ist ganz einfach: Frankreich bleibt Frankreich.” Einigen in seiner Partei geht das zu weit – es könnte zu Austritten kommen, würde er nominiert. Ciotti hatte sogar erklärt, dass er im Falle einer Stichwahl zwischen Macron und Zemmour den umstrittenen Moderator wählen würde, und nicht Macron.

                  Ein interessanter Bewerber ist Philippe Juvin: Der 57-jährige Bürgermeister von La Garenne-Colombes bei Paris hat nie seine Aktivität als Arzt aufgegeben. Er ist Chef der Notaufnahme im Krankenhaus Georges-Pompidou in Paris. Die Pandemie hat ihn bekannt gemacht. Er kommentierte die Gesundheitslage im Land und die politischen Entscheidungen der Regierung. Sein Motto: “Ich bin eine Alternative für diejenigen, die wissen, dass die traditionellen Rezepte nicht mehr funktionieren”. Tanja Kuchenbecker

                  Mehr zum Thema

                    • Emmanuel Macron
                    • Europapolitik

                    News

                    Arbeitgeberverband: Italiens BIP dürfte schneller wachsen

                    Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Italien könnte nach Einschätzung des Arbeitgeberverbands Confindustria in diesem Jahr stärker zulegen als erwartet. Die Wirtschaft werde 2021 voraussichtlich trotz gegenwärtiger Lieferengpässe um 6,4 Prozent wachsen, teilte der Verband am Samstag mit. Im September hatte die Regierung in Rom sechs Prozent in Aussicht gestellt.

                    Bereits im ersten Quartal 2022 könnte die italienische Wirtschaft nach Einschätzung von Confindustria das Vorkrisenniveau erreichen. Das Land wurde 2020 besonders hart von der Coronavirus-Pandemie getroffen und musste die schwerste Rezession in der Nachkriegszeit verkraften. Jetzt erholt sich die Wirtschaft aber zügig. Zwischen Juli und September war Italiens BIP um 2,6 Prozent zum Vorquartal gestiegen.

                    Zum Vergleich: Für die gesamte EU erwartet die Europäische Kommission in diesem Jahr ein Wachstum von fünf Prozent, für Deutschland von 2,7 Prozent. rtr/tho

                      • Coronavirus
                      • Finanzen
                      • Gesundheit
                      • Italien

                      Tschechien: Neuer Regierungschef Fiala im Amt

                      In Tschechien ist der neue Ministerpräsident Petr Fiala unter besonderen Corona-Schutzvorkehrungen ins Amt eingeführt worden. Präsident Milos Zeman ernannte den Mitte-Rechts-Politiker am Sonntag zum Regierungschef. Das 77-jährige Staatsoberhaupt saß bei der Zeremonie in seinem Rollstuhl abgeschirmt in einem Plexiglas-Kasten, nachdem er positiv auf das Coronavirus getestet worden war.

                      Der 57 Jahre alte Fiala war bislang Oppositionsführer. Er ist Parteivorsitzender der euroskeptischen und konservativen Demokratischen Bürgerpartei (DOS) und hat mit anderen Parteien eine Mitte-Rechts-Koalition gebildet. Er löst als Ministerpräsident Andrej Babiš ab, der bei der Parlamentswahl im Oktober seine Regierungsmehrheit verloren hatte. rtr

                        • Coronavirus
                        • Europapolitik
                        • Tschechien

                        WTO verschiebt Ministertagung

                        Die Welthandelsorganisation (WTO) hat ihre erste Ministertagung seit vier Jahren wegen der neuen Coronavirus-Variante auf unbestimmte Zeit verschoben. Die WTO teilte mit, ihre Mitglieder hätten sich am späten Freitag darauf geeinigt, die Ministerkonferenz zu verschieben, nachdem der Ausbruch der neuen Omikron-Variante zu Reisebeschränkungen geführt hatte, die viele Minister daran gehindert hätten, Genf zu erreichen. Ein neuer Termin wurde noch nicht festgelegt.

                        WTO-Generaldirektorin Ngozi Okonjo-Iweala sagte, die Verschiebung bedeute nicht, dass die Verhandlungen eingestellt werden sollten. “Im Gegenteil, die Delegationen in Genf sollten voll und ganz in der Lage sein, so viele Lücken wie möglich zu schließen. Diese neue Variante erinnert uns einmal mehr an die Dringlichkeit der Arbeit, die uns aufgetragen ist”, sagte Ngozi Okonjo-Iweala in einer Erklärung der WTO.

                        Die Schweiz, Sitz der Welthandelsorganisation, verbot am Freitag Direktflüge aus Südafrika sowie den umliegenden Regionen und verhängte Test- und Quarantäneauflagen für Reisen aus weiteren Ländern, darunter Belgien, Hongkong und Israel.

                        Wegen der Absage wurde auch das Treffen der EU-Handelsminister gestrichen, das im Vorfeld der WTO-Tagung in Genf hätte stattfinden sollen. Dort wollten die EU-Staaten ihre gemeinsame Position abstimmen. Bei der Konferenz sollte über die Reform der Organisation gesprochen werden, die derzeit unter anderem wegen der US-Blockade ihres Streitschlichtungssystems in der Krise steckt. Zudem standen Gespräche über den Zugang zu Covid-Impfstoffen und ein Abkommen zum Schutz der Fischbestände auf der Agenda. rtr/tho

                          • Coronavirus
                          • Gesundheit
                          • Handel
                          • Handelspolitik
                          • WTO

                          Presseschau

                          Fälle mit Omikron-Variante häufen sich, EU-Staaten schränken Flugverkehr in südafrikanishe Länder ein N-TV
                          Großbritannien beruft Dringlichkeitssitzung der G7-Gesundheitsminister wegen Omikron-Variante ein RND
                          Zehntausende protestieren in Österreich gegen Corona-Maßnahmen. T-ONLINE
                          Schweizer wollen in Volksabstimmung bestehende Corona-Regeln mit 3G-Corona-Zertifikat beibehalten. SPIEGEL
                          EU und Nato sichern Baltikum Solidarität zu TAGESSCHAU
                          Küste des Ärmelkanals wird ab Mittwoch von Frontex-Flugzeug überwacht WELT
                          Griechenland öffnet weitere befestigte Flüchtlingslager ZEIT
                          Fiala neuer Regierungschef Tschechiens N-TV
                          Verfahren in der Türkei: Kavala bleibt in Haft TAGESSCHAU

                          Brazil hits out at EU ‘protectionism’ behind planned anti-deforestation law | Financial Times (ft.com)

                          Standpunkt

                          Smarte Gebäude für eine smarte Energiewende

                          Matthias Hartmann
                          Matthias Hartmann ist Präsidiumsmitglied beim IT-Verband Bitkom und Vorsitzender der Geschäftsführung der Techem GmbH. Im Standpunkt schreibt er über Digitale Technologien.
                          Matthias Hartmann ist Präsidiumsmitglied beim IT-Verband Bitkom und Vorsitzender der Geschäftsführung der Techem GmbH.

                          2022 wird ein entscheidendes Jahr für die Energiewende in Deutschland. Der Ausbau erneuerbarer Energien stockt – und zugleich erhöht sich durch Elektromobilität, strombetriebene Wärmepumpen und künftig auch die Wasserstoff-Elektrolyse unser Stromverbrauch. Vor wenigen Tagen erst hat das Bundeswirtschaftsministerium seine Prognose für den Strombedarf im Jahr 2030 nochmals angehoben. Deshalb brauchen wir bei der Energiewende unbedingt mehr Tempo. Und wir brauchen eine klare Strategie, um die anstehenden Herausforderungen zu meistern.

                          Zu dieser Strategie müssen zwingend auch digitale Technologien gehören. Die Digitalisierung ist Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende. Denn nur mit digitalen Mitteln können die volatile Stromerzeugung aus Sonne und Wind mit der Verbrauchsseite zu einem sicheren, stabilen und flexiblen Gesamtsystem verknüpft werden. Der Regierungswechsel ist die beste Gelegenheit, einen echten digitalen Aufbruch im Energiesektor anzustoßen. Um Smart Meter, Smart Grids und Smart Buildings voranzutreiben, um Städte zu Smart Citys zu machen, die Ressourcen zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung zu haben und um die Energiewende als Ganzes auf ein digitales Fundament zu stellen.

                          Der Steigerung der Energieeffizienz kommt eine besondere Rolle zu. Auch wenn künftig mehr Energie aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung steht: Wir müssen den Energieverbrauch senken. Riesige Potenziale dafür liegen im Immobilienbestand. Mit 2.956 Petajoule entfällt ein Drittel des Energiebedarfs sowie bis zu ein Viertel der in Deutschland emittierten Klimagase auf diesen Bereich.

                          Digitale Technologien für eine Renovierungswelle

                          Als einziger Sektor hat der Gebäudebereich 2020 seine CO2-Einsparziele verfehlt – trotz eines warmen Winters. Bis 2030 muss der gesamte Sektor laut Klimaschutzgesetz jährlich 51 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Mithilfe traditioneller energetischer Sanierung oder dicker Dämmung allein wird das nicht zu erreichen sein, sondern nur mithilfe smarter Technologien und einer digitalen Renovierungswelle.

                          Wie eine Bitkom-Studie ergeben hat, können digitale Technologien fast ein Drittel dazu beitragen, dass der Gebäudesektor in Deutschland seine Klimaziele für das Jahr 2030 erfüllt. Bis zu 14,7 Millionen Tonnen CO2-Emissionen könnten eingespart werden. Dies entspricht fast 30 Prozent des im Klimaschutzgesetz formulierten Ziels für diesen Sektor.  Ein weiterer Vorteil: Digitale Technologien sind schnell und ohne große Investitionen einsatzbereit und entfalten ihr Potenzial unmittelbar. Und: Sie können oft auch von Mietern mit wenigen Handgriffen installiert werden und amortisieren sich nach kürzester Zeit.

                          Schauen wir auf Heizung und Warmwasserversorgung, wo die größten Potenziale schlummern. In welchen Büros und Stockwerken eines Gebäudes halten sich gerade Menschen auf? Scheint die Sonne durch die Fenster? Eine smarte Steuerung kann Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen automatisch regeln. Das führt zu deutlichen Energie- und CO2-Einsparungen gegenüber einer manuellen Steuerung, bei der in jedem Raum individuell an Thermostaten und Reglern herumgedreht wird.

                          Derzeit fallen mehr als 90 Prozent des Energieverbrauchs im Gebäudesektor für Heizung und die Warmwassererzeugung an. Bei einem ambitionierten und gesteuerten Einsatz der hier geschilderten Gebäudeautomation könnten wir jährlich bis zu 10,8 Millionen Tonnen CO2 bis 2030 einsparen.

                          Politisch gesetzte Anreize für Eigentümer und Mieter

                          Das heißt: Wir brauchen politisch gesetzte Anreize für Eigentümer und Mieter privater und gewerblicher Immobilien, um die Technologien schnell in die Fläche zu bringen. Das gleiche Prinzip gilt auch bei einer automatisierten Kühlung und Beleuchtung von Gebäuden. Wird diese automatisiert gesteuert, könnten wir in Deutschland bei einem ambitionierten Ausbau bis 2025 bis zu 0,7 Millionen Tonnen CO2 jährlich einsparen. Die Technologien sind längst auf dem Markt – sie müssen nur noch auf breiter Fläche eingesetzt werden.

                          Mit dem wachsenden Anteil erneuerbarer Energien wird auch die Bedeutung eines zeitlich flexiblen Stromverbrauchs wichtiger. Das heißt, dass etwa Wärmepumpen genau dann Wärme in ein Gebäude einspeichern, wenn die Sonne scheint oder der Wind weht – und dass das Elektroauto in genau diesen Zeiten der starken Erzeugung von Solar- oder Windkraftenergie seine Batterie auflädt.

                          Eine intelligente Sektorenkopplung, die das Energieangebot von Gebäuden mit verschiedenen Speichermöglichkeiten wie Warmwasser oder den Batterien von E-Autos automatisch abgleicht und steuert, hat große Potenziale. Schreitet der Ausbau beschleunigt fort, können jedes Jahr über 3 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.

                          Kurzum: Digitale Technologien prägen das Energiesystem der Zukunft – im Gebäudebereich und anderswo. Es kommt jetzt darauf an, Digitalisierung und Klimaschutz gemeinsam zu denken. Die Potenziale für unser Land sind enorm.

                            • Digitalisierung
                            • Digitalpolitik
                            • Energie
                            • Energiewende
                            • Klima & Umwelt
                            • Klimaschutz
                            • Technologie

                            Apéropa

                            Andreas Scheuer und Markus Söder teilen nicht nur Parteimitgliedschaft, beide CSU-Politiker haben auch ein Faible für versteckte Garstigkeit. Im Falle Söders war häufig CDU-Rivale Armin Laschet das Ziel verbaler Spitzen, bei Scheuer sind es nun die Grünen: “Schön, dass die Ampel meine Arbeit der letzten Jahre fortsetzt”, sagte der Noch-Verkehrsminister der dpa.

                            Scheuer streute damit genüsslich Salz in die Wunde der Ökopartei, für die der CSU-Mann der vermutlich schlechteste Verkehrsminister aller Zeiten war. Denn viele Grünen-Politiker und -Mitglieder beschleicht bei der Lektüre des Ampel-Koalitionsvertrages und beim Blick auf die Ressortverteilung der Eindruck, dass Scheuer so unrecht nicht hat.

                            Nur so lassen sich die wütenden Reaktionen erklären, die der angehende FDP-Verkehrsminister Volker Wissing am Wochenende erntete. Dieser hatte in der “Bild” erklärt, Dieselfahrer vor zusätzlichen Belastungen schützen zu wollen und “dafür Sorge zu tragen, dass höhere Energiesteuern auf Dieselkraftstoffe durch geringere Kfz-Steuern ausgeglichen werden”.

                            Das steht so ähnlich, als Prüfauftrag etwas weicher formuliert, auch im Koalitionsvertrag. Die Logik: Wenn die steuerliche Vorzugsbehandlung von Dieselkraftstoffen infolge der Umsetzung der überarbeiteten EU-Energiesteuerrichtlinie endet, sollen im Gegenzug die höheren Kfz-Steuern für Dieselfahrzeuge abgesenkt werden. Dadurch würden Diesel und Benziner gleichbehandelt.

                            Die empörten Reaktionen vieler Grünen-Politiker richten sich daher ebenso gegen Wissing wie gegen die eigene Parteiführung. Die Unterhändler Robert Habeck, Annalena Baerbock und Michael Kellner, so der Eindruck, haben sich bei einem grünen Herzensprojekt über den Tisch ziehen lassen: der Verkehrswende. Für die Noch-nicht-Koalition könnte das in der Grünen-Urabstimmung gefährlich werden.

                            Lastenfahrrad statt SUV – mit der FDP ist das nicht zu machen. Christian Lindner frönt seiner Leidenschaft für schnelle Autos, er nennt unter anderem einen Porsche 911 SC, Baujahr 1982, sein eigen. Das verbindet ihn übrigens mit Andreas Scheuer: Dieser fährt seit drei Jahren den BMW von Franz-Josef Strauß. Till Hoppe

                            • Ampel-Koalition
                            • Klimaschutz

                            Europe.Table Redaktion

                            EUROPE.TABLE REDAKTION

                            Licenses:

                              Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

                              Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

                              Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

                              Anmelden und weiterlesen