Justizkommissar Didier Reynders hatte schon laut über einen solchen Schritt nachgedacht, nun hat die Kommission angekündigt, einen Vorschlag für eine bessere Kooperation zwischen den Datenschutzaufsichtsbehörden vorzulegen. Damit will sie auf die Probleme bei der grenzüberschreitenden DSGVO-Durchsetzung reagieren – und auf einen Wunschzettel der zuständigen Behörden vom vergangenen Jahr. Falk Steiner berichtet.
Um Kooperation geht es auch bei einem anderen Vorhaben der Kommission, dem Critical Raw Materials Act. Die Kommission will das Monitoring und Risikomanagement für die Versorgung mit kritischen Rohstoffen verbessern und dafür eine zentrale Koordinierungsstelle schaffen. Wie genau die aussehen soll, ist noch nicht klar. Leonie Düngefeld hat schon mal nachgefragt, was die deutsche Industrie empfiehlt.
Wie gefährlich Europas Abhängigkeit im Bereich der kritischen Rohstoffe werden kann, damit beschäftigen sich die Wirtschaftsweise Veronika Grimm und Christina von Rüden (ZVEI) im Standpunkt. Es sei höchste Zeit, dass die EU aus den Fehlern der Vergangenheit lerne.
Nachdem Chinas Top-Diplomat Wang Yi von einem begeisterten Viktor Orbán in Ungarn empfangen wurde, stand Moskau als nächste Station auf dem Reiseplan. An beiden Orten spreche man über eine Friedenslösung für die Ukraine, hieß es – während Peking Russlands grausamen Krieg noch immer als “Krise” verharmlost. Was von Chinas Friedensoffensive zu halten ist, analysiert Michael Radunksi.
Wenn Ihnen Europe.Table gefällt, leiten Sie uns bitte weiter. Falls Ihnen diese Mail zugeschickt wurde: Hier können Sie das Briefing kostenlos testen.
Der Weg für die Ankündigung des Gesetzesvorhabens ist ungewöhnlich: Eine Benachrichtigung vor dem Start einer Vorab-Konsultation ging jetzt online, zuletzt hatte Justizkommissar Didier Reynders über solche Schritte laut nachgedacht.
Der Kommissionsvorschlag soll im zweiten Quartal 2023 vorgelegt werden. Mit der geplanten Verordnung will die Kommission auf die Probleme bei der grenzüberschreitenden DSGVO-Durchsetzung reagieren, wie Reynders’ Sprecher Christian Wigand auf Anfrage bestätigt. Er betont, die Kommission hege keinerlei Absicht, eine umfassende Überarbeitung, ein Review der DSGVO vorzunehmen.
Die europäischen Datenschutzaufsichtsbehörden hatten im vergangenen Jahr einen Wunschzettel zusammengestellt. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber habe diese Liste ausdrücklich unterstützt und an ihr mitgewirkt, sagt eine Sprecherin auf Anfrage.
Darin fordern die Aufsichtsbehörden unter anderem Lösungen im Rechtstext für strittige Fragen. Was vordergründig nach Detail wirkt, macht einen großen Unterschied – etwa die Rechtsstellung des Beschwerdeführers im Verfahren und die Rechte seiner Vertreter. Auch die Frage, welche Akten bei grenzüberschreitender Zusammenarbeit die federführende Stelle anderen Datenschutzaufsichtsbehörden zur Verfügung stellen muss, ist bislang nach Ansicht der Aufsichtsbehörden unzureichend geregelt.
Überraschend, aber ebenfalls auf dem Wunschzettel: Dass klargestellt wird, dass eine Aufsichtsbehörde auch die Einhaltung von Anordnungen überwachen darf. All das sind Punkte, die mit der Vollharmonisierung des Datenschutzrechts, das seit fast fünf Jahren europaweit gilt, eigentlich Geschichte hätten sein sollen.
Doch in der Praxis zeigt sich, wie sehr die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung ins nationale Verwaltungsrecht unterschiedliche Auffassungen vertreten. Immer wieder stehen einzelne Aufsichtsbehörden in der Kritik, allen voran die irische. Die DPC Ireland wurde mehrfach im Europäischen Datenschutzausschuss (EDPB) von den anderen Aufsichtsbehörden zu einem schärferen Vorgehen verpflichtet.
Die irische Datenschutzaufsicht ist für viele der in der EU tätigen großen Digitalunternehmen zuständig, etwa Google, Meta oder TikTok. Im Fall der Entscheidung zu Metas Facebook und Instagram hatte die irische DPC angekündigt, gegen einzelne Aspekte des EDPB-Beschlusses vor Gericht gehen zu wollen: Diese seien von der DSGVO nicht gedeckt.
Daher dürfte bei dem nun beabsichtigten Rechtsakt vor allem Kapitel 7 der Datenschutzgrundverordnung in den Fokus geraten: Dort ist die Zusammenarbeit der Datenschutzaufsichtsbehörden in grenzüberschreitenden Fällen geregelt. Laut der Konsultationsankündigung der Kommission ist das Ziel der geplanten Änderung, “einige Aspekte des Verwaltungsverfahrens [zu] harmonisieren, das die nationalen Datenschutzbehörden in grenzüberschreitenden Fällen anwenden”.
Ob damit die darüber hinausgehenden Wünsche der Datenschutzaufsichtsbehörden vom Tisch sind, wird sich erst mit dem eigentlichen Verordnungsvorschlag des zuständigen EU-Justizkommissars Didier Reynders später im Jahr zeigen. Noch im April des vergangenen Jahres konnte Reynders keinen Handlungsbedarf erkennen.
Im Critical Raw Materials Act, den die Kommission voraussichtlich am 14. März vorstellen wird, soll auch ein stärkeres Monitoring kritischer Rohstoffe auf EU-Ebene geregelt werden. “Die Koordinierung von Überwachung und Risikomanagement auf EU-Ebene ist nach wie vor unzureichend, um Versorgungsunterbrechungen bei kritischen Rohstoffen zu antizipieren und zu verhindern”, heißt es im Aufruf zur öffentlichen Konsultation.
Maßnahmen auf EU-Ebene seien effizienter als nationale Maßnahmen, schreibt die Kommission, denn so würden Überschneidungen verhindert und die Wertschöpfungsketten der gesamten EU berücksichtigt. Auch Kosten würden dadurch gespart. Daher plant sie, die Überwachung, das Risikomanagement und die Governance im Bereich der kritischen Rohstoffe zu verbessern.
Unter Einbeziehung der entsprechenden Agenturen der Mitgliedstaaten will die Kommission ein “spezielles operatives Netz” für den rechtzeitigen Informationsaustausch einrichten, welches Überwachungsmaßnahmen und Frühwarnmechanismen entwickeln, Stresstests für kritische Lieferketten durchführen und strategische Bodenschätze kartieren würde.
Für Deutschland deckt diese Aufgaben die Deutsche Rohstoffagentur (DERA) ab, die bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) angesiedelt ist. Als Informations- und Beratungszentrum für Politik und Industrie beobachtet die Agentur Preisentwicklungen sowie Trends für Angebot und Nachfrage für Primärrohstoffe und Zwischenprodukte. Sie macht deutsche Unternehmen frühzeitig auf Risiken oder kritische Entwicklungen aufmerksam und unterstützt sie, Ausweichstrategien zu entwickeln.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bezeichnete die Kompetenzen der DERA als “wahren Schatz”. Die Agentur könne ein Vorbild für andere EU-Mitgliedstaaten sein, sagte er vergangenen Herbst auf dem Rohstoffkongress des BDI. Nach ihrer Gründung 2010 war die DERA lange Zeit eine Ausnahmeerscheinung in der EU. Erst in der jüngsten Zeit richten auch geologische Dienste in anderen Ländern ein gezieltes Monitoring für Rohstoffe ein, etwa in Frankreich und Großbritannien.
Zwar können die Rohstoffbedarfe einzelner Länder sehr unterschiedlich sein, sagt Siyamend Al Barazi, Arbeitsbereichsleiter Rohstoffwirtschaft in der DERA. Ein koordiniertes Rohstoffmonitoring ermögliche jedoch vor allem in Zeiten zunehmender protektionistischer Maßnahmen, die Versorgungssicherheit zu erhöhen und Preis- und Lieferrisiken zu reduzieren. “Der Austausch und die Zusammenarbeit einzelner Mitgliedsstaaten spielt hierbei eine wichtige Rolle”.
Der Informationsaustausch unter den Mitgliedstaaten funktioniere in der Regel jedoch bereits sehr gut. Wenn man über eine europäische Rohstoffagentur nachdenke, dann sollte es laut Al Barazi um zusätzliche Funktionen wie die Beschaffung und Absicherung von Rohstoffen gehen, und zwar entlang der gesamten Wertschöpfungskette, vom Bergbau über die Weiterverarbeitung bis hin zum Recycling. Ähnlich wie die japanische Rohstoffagentur JOGMEC, die sich als aktiver Player auf den Rohstoffmärkten an Projekten beteiligt, sie mitentwickelt und so japanischen Unternehmen den Zugriff auf diese Rohstoffmengen sichert.
Die deutsche und europäische Strategie bestand bislang darin, dass der Staat die Aktivitäten flankierte, Rohstoffbeschaffung und -sicherung aber Aufgabe der Unternehmen blieb. Dies soll sich nun ändern. Welche Form dies letztendlich haben soll, ob es tatsächlich eine aktive Rohstoffagentur auf EU-Ebene geben wird, ist noch nicht klar. Auch ein Rohstofffonds ist im Gespräch, mit dem Projekte finanziert und gesichert werden könnten. Diese Idee wurde vor allem von Deutschland und Frankreich vorangebracht.
“Aufgrund der unterschiedlichen Wirtschaftsstruktur in der EU ist das japanische Modell nicht 1 zu 1 übertragbar und ein Investmentfonds deutlich effizienter“, sagt Anne Lauenroth vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). “Ein Fonds, der in ausgewählte strategische Projekte in der EU und außerhalb investiert, könnte dann auch privates Investment anreizen.”
Anstatt eine neue Behörde zu schaffen, sollte die EU-Kommission das Rohstoffmonitoring weiterhin koordinieren, sagt Oliver Blank vom deutschen Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI). “Ähnlich wie die Kommission beim Thema Handelspolitik eine koordinierende Rolle hat und mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeitet, könnte man auch beim Thema Rohstoffe verfahren”, sagt er. “Ohne neue Bürokratie zu schaffen, könnte eine Koordinierungsstelle innerhalb der Kommission dann für den Abgleich von Datenbanken mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten.”
Geht es nach der Industrie, müsste zudem das zentrale Ergebnis des EU-Rohstoffmonitorings, die Liste kritischer Rohstoffe, strategischer aufgestellt, öfter überarbeitet und angepasst werden. Bisher wird die Liste alle drei Jahre von der Kommission neu herausgebracht. Blank schlägt vor, sie alle sechs Monate mit Daten aus den Mitgliedstaaten zu aktualisieren und in die Bewertung Faktoren wie aktuelle Engpässe und bevorstehende Handelsabkommen einzubeziehen.
Wichtig sei es, agil zu bleiben und auf Markt- und Technologieentwicklungen reagieren zu können, sagt Anne Lauenroth vom BDI. “Die Methodik sollte angepasst werden und strategisch Bereiche im Blick behalten, die kritisch werden könnten. Aluminium, Kupfer und Nickel müssten dann zum Beispiel auch dazugehören.”
Wang Yi befindet sich derzeit auf großer diplomatischer Mission. Nach der Sicherheitskonferenz in München war am Montag der Stopp von Chinas oberstem Diplomaten Budapest. Dort habe er zusammen mit Ungarn an einer Friedenslösung für den Ukrainekrieg gearbeitet, hieß es. Während man in Washington, Berlin oder Paris noch gespannt auf Chinas Vorstoß wartet, ist Ungarns Regierungschef Viktor Orbán denn auch voll des Lobes: Der Gast aus Peking wisse eben “Ungarns China-freundliche Politik hoch zu schätzen”, zitierte ihn die Nachrichtenagentur MTI.
Anschließend wird Wang in Moskau erwartet. Dort soll es eventuell gar ein Treffen mit Präsident Putin geben. “Die Agenda ist sehr umfangreich, es gibt viel zu besprechen”, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Auch dort wird es um Chinas Friedensinitiative gehen. Die Voraussetzungen für eine chinesische Vermittlung sind gut. Dennoch sollte man keine allzu großen Erwartungen mit Chinas Vorstoß verbinden.
Im Grunde stellen sich aktuell vor allem zwei Fragen: Wie realistisch ist Wangs Ankündigung? Und was ist konkret aus Peking erwarten? Zunächst ist es begrüßen, dass China sich nach drei Jahren Corona-Pandemie wieder zurückmeldet in der Weltpolitik. Viele Probleme lassen sich heutzutage nur noch zusammen mit der zweitgrößten Macht der Welt lösen.
Zudem ist China längst zu einem Land geworden, dessen politische, wirtschaftliche und auch militärische Macht einhergeht mit einem gewissen Grad an Verantwortung. Diesen Anspruch formuliert Peking immer wieder – vor allem, wenn es darum geht, eine neue multipolare Weltordnung zu errichten. Dieser Verantwortung sollte es dann auch in Krisenfällen gerecht werden.
Und im konkreten Fall des Ukrainekrieges wäre China tatsächlich in der Position, zwischen den Kriegsparteien zu vermitteln. Als strategischer Partner Russland verfügt China über einen so guten Draht in den Kreml wie derzeit wohl kein anderes Land. Xi Jinping scheint einer der wenigen Politiker zu sein, die Wladimir Putin tatsächlich von dessen Kriegsmission abbringen könnten.
Gleichzeitig scheint China auch für die Ukraine akzeptabel. Die beiden Länder pflegten in der Vergangenheit gute Beziehungen zueinander. Und selbst die neue, große Nähe zwischen Peking und Moskau scheint für Kiew kein Grund, um Peking als Vermittler abzulehnen. So sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag im Interview mit der “Welt“: “Ich sehe eine Chance für China, eine pragmatische Einschätzung dessen vorzunehmen, was hier passiert.” Am liebsten hätte Selenskyj China gar auf seiner Seite.
Dennoch sollte man nicht allzu große Erwartungen mit dem chinesischen Vorstoß verbinden – und zwar aus mehreren Gründen.
Wenn nun in vielen Medien von einem chinesischen Friedensplan für die Ukraine die Rede ist, scheint hier eher der Wunsch der Vater des Gedankens zu sein. Ein umfassender Friedensplan würde Folgendes beinhalten: konkrete Schritte, möglichst auch zeitliche Vorstellungen, Orte, Treffen, Pendeldiplomatie – all das ist von China nicht zu erwarten.
Schon in der Vergangenheit hat China mit ähnlichen Ankündigungen einer großen Vermittlerrolle für Schlagzeilen gesorgt. Die bisherigen Erfolge chinesischer Vermittlungsbemühungen sind allerdings eher mau, sei es in Syrien, Myanmar oder Sudan. Der Grund: Pekings Ansatz zielt vor allem auf mediale Aufmerksamkeit und direkten Zugang zu den lokalen Regierungen.
So vage Wang Yi in München auch blieb, so unvereinbar sind schon die wenigen Punkte, die er nannte.
Das klingt alles schön, bei genauerem Hinsehen widersprechen sich die Vorhaben allerdings: Punkt 1 schützt die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine. Punkt 3 ist allerdings wörtlich die Begründung Russlands, weshalb seine Truppen seit fast einem Jahr Punkt 1 zerschießen.
In diesem Sinne äußerte sich auch der chinesische Sicherheitsexperte Zhou Bo auf der Münchner Sicherheitskonferenz: Der Krieg in der Ukraine stelle zwar eindeutig die Verletzung der Souveränität eines Landes durch ein anderes Land dar. “Aber Chinas Gedanken gehen bei diesem Thema viel weiter, nämlich zu den Gründen”, sagte der chinesische Ex-Militär und heutige Forscher am Center for International Security and Strategy CISS der Qinghua Universität. “Hier sympathisieren wir mit Russland, denn wir wissen, dass Russlands Beweggründe für seine Aktionen die Expansion der Nato ist.”
Das ist keine gute Ausgangslage dafür, in der Ukraine glaubwürdig zu erscheinen. China kritisiert zwar den Übergriff auf das ukrainische Territorium. Es folgt ansonsten jedoch genau der russischen Erzählung vom Vorrücken der Nato, das eine vorbeugende Aktion geradezu notwendig gemacht habe.
Zhou Bo erklärt, warum diese Punkte für China wichtig sind. “Man muss berücksichtigen, dass Russland der größte Nachbar Chinas ist. Und deshalb müssen wir schauen, dass unsere Beziehungen mit Russland gut und nachhaltig sind.”
Ebenfalls gegen eine erfolgreiche Vermittlung spricht Chinas eigene Auffassung der Vorgänge. Selbst ein Jahr nach Kriegsausbruch verharmlost Peking die grausamen Kriegshandlungen noch immer als “Krise”. Zudem macht China ausschließlich die USA und die Nato als Provokateure und Auslöser des Kriegs verantwortlich.
Dass es jedoch Russland war, das die Ukraine überfallen hat, ist aus Peking bislang jedenfalls nicht zu hören. Chinas eigene Wahrnehmung als “neutraler Staat” wird deshalb gemeinhin als “pro-russische Neutralität” bezeichnet.
Die Bezeichnung “pro-russische Neutralität” zieht seine Berechtigung nicht nur aus rhetorischen Feinheiten (siehe Punkt 3), sondern auch aus handfesten Taten. Während die USA und Europa ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland fast vollkommen abgebrochen haben, hat der bilaterale Handel zwischen Peking und Moskau seit Kriegsbeginn enorm zugenommen.
Entsprechend skeptisch reagiert man im Westen auf den chinesischen Vorschlag. “Wir wissen, dass China sehr klar die Position Russlands unterstützt”, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen in München. Auch Omid Nouripour ist wenig überzeugt. “Wie soll China mit seiner Nähe zu Russland ernsthaft vermitteln?”, sagte der Co-Vorsitzende der Grünen zu Table.Media. “Aber warten wir ab, was die Chinesen vorlegen werden.”
Wang Yi wird seinen Besuch in Moskau denn wohl auch als ersten Schritt einer chinesischen Vermittlungsmission verkaufen wollen. Wäre es China wirklich ernst damit, müsste die nächste Station Kiew sein.
Hinzukommen neue Vorwürfe seitens der USA. China erwäge die Lieferung von “tödlichen Hilfen” an Russland, sagte US-Außenminister Antony Blinken während der Münchner Sicherheitskonferenz. Er kündigte zugleich an, demnächst entsprechende Beweise vorzulegen. Offen ist bislang, ob Blinken mit “tödlichen Hilfen” direkt Waffenlieferungen meint oder zumindest die Bereitstellung von dual-use-Systemen, also Produkten, die sowohl für zivile als auch militärische Zwecke eingesetzt werden können.
Experten zufolge könnte China Satellitenaufnahmen bereitstellen, die es der russischen Söldnertruppe Wagner ermöglichen, gezielter zuzuschlagen. Oder es liefert hochwertige Elektronikteile, die das russische Militär dringend benötigt.
China jedenfalls wies am Montag derartige Vorwürfe entschieden zurück: “Die Vereinigten Staaten sind nicht in der Position, Forderungen an China zu stellen“, sagte der Sprecher des Außenministeriums in Peking. “Wir werden niemals akzeptieren, dass die USA mit dem Finger auf die chinesisch-russischen Beziehungen zeigen oder uns sogar unter Druck setzen.” Michael Radunski
22.02.-23.02.2023, London (UK)
City & Financial Global European LNG Summit
City and Financial Global’s European LNG Summit will address how Europe’s LNG demand can be met. The role of new infrastructure in meeting this demand will also be discussed. INFOS & REGISTRATION
22.02.2023 – 10:00-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Rechtsupdate E-Mobilität
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) gibt einen aktuellen Überblick über die rechtliche Lage im Bereich E-Mobilität. INFOS & ANMELDUNG
22.02.2023 – 14:00-15:30 Uhr, online
FSR, Discussion A deep dive on renewable hydrogen and industrial policy going into 2023: The US, EU, and beyond
The Florence School of Regulation (FSR) addresses the landscape of industrial policy 2023 in the US and Europe. INFOS & REGISTRATION
22.02.2023 – 17:30-19:00 Uhr, online
KAS, Vortrag Krieg ohne Ende? Wie geht es weiter mit der Ukraine?
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) geht der Frage nach, wie sich der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine bislang entwickelt hat und welche Szenarien für die Zukunft denkbar sind. INFOS & ANMELDUNG
22.02.2023 – 19:00-20:30 Uhr, Hamburg
BLS, Podiumsdiskussion Social Media – Was bleibt vom Versprechen der Digitalisierung?
Die Bucerius Law School (BLS) beschäftigt sich damit, wie Journalismus und Recht den Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung begegnen können. INFOS & ANMELDUNG
23.02.2023 – 09:00-16:30 Uhr, Dortmund
Data Tree, Konferenz Update-BDSG: Datenschutz in der Medizin
Data Tree stellt den Status Quo des Datenschutzes und der Informationssicherheit in der Gesundheitsforschung vor. INFOS & ANMELDUNG
23.02.2023 – 10:00-12:00 Uhr, Berlin/online
ZIA, Seminar Digital Operational Resilience Act (DORA)
Welche Änderungen sind mit dem Digital Operational Resilience Act verbunden und was bedeuten sie für die interne Organisation und die Steuerung von Dienstleistern? Darüber gibt der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) Auskunft. INFOS & ANMELDUNG
23.02.2023 – 10:00-11:00 Uhr, online
Mittelstand-Digital Zentrum, Vortrag Was sind meine Daten wert – Betriebsdaten richtig nutzen
Das Mittelstand-Digital Zentrum informiert darüber, wie Unternehmen Betriebsdaten besser nutzen können und wie sich für mögliche Schwierigkeiten wappnen. INFOS & ANMELDUNG
23.02.2023 – 14:00-16:30 Uhr, Berlin/online
BDI, Konferenz Planungs- und Genehmigungsverfahren: Digital handeln
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bietet Vorträge, Diskussionen und die Möglichkeit zum Networking rund um das Thema digitale Planungs- und Genehmigungsverfahren. INFOS & ANMELDUNG
23.02.2023 – 15:30-19:30 Uhr, Berlin
FAZ, Konferenz Die klimaneutrale Stadt – nachhaltig leben und wirtschaften
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) geht der Frage nach, wie wir in einer klimaneutralen Stadt der Zukunft leben und wirtschaften. INFOS & ANMELDUNG
23.02.2023 – 18:30-19:30 Uhr, Berlin/online
DGAP, Panel Discussion Transatlantic Solidarity and the Russian War Against Ukraine
The German Council on Foreign Relations (DGAP) hosts a panel discussion on the Russian war against Ukraine. INFOS & REGISTRATION
Die EU wird das zehnte Sanktionspaket gegen Russland in dieser Woche verabschieden, rechtzeitig vor dem Jahrestag des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Das kündigte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag vor Journalisten an.
Die Maßnahmen, die noch der Zustimmung aller Mitgliedstaaten bedürfen, sollen sich unter anderem gegen vier weitere russische Banken richten sowie gegen Importe aus und Exporte nach Russland, darunter Kautschuk und schwere Fahrzeuge.
Wegen der gewaltsamen Niederschlagung von Protesten hat die EU außerdem weitere Sanktionen gegen den Iran verhängt. Betroffen sind nach einem Beschluss der EU-Außenminister am Montag in Brüssel 32 Personen und zwei Einrichtungen, darunter die Minister für Islamische Orientierungshilfe und Erziehung. Insgesamt sind von der EU damit jetzt 196 Personen und 33 Einrichtungen sanktioniert.
Sie halte es nach wie vor auch für politisch sinnvoll, die iranischen Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste zu setzen, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. Die Außenminister hätten bei der Sitzung nun aber ein Gutachten des Europäischen Juristischen Dienstes erhalten, wonach derzeit die Grundlagen für eine Terrorlistung der Revolutionsgarden nicht gegeben seien. “Nichtsdestotrotz handeln wir”, sagte die Ministerin mit Blick auf die neuen Sanktionen gegen den Iran. rtr/sas
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) will die anstehende EU-Reform des Strommarktdesigns auf kurzfristige Kriseneingriffe begrenzen. Die Europäische Kommission werde zeitnah Vorschläge unterbreiten, wie der Energiemarkt kurzfristig gegen Krisen abgesichert werden könne, sagte Minister Robert Habeck (Grüne) am Montag zum Auftakt der nationalen Plattform Klimaneutrales Stromsystem. “Ich rechne aber nicht damit und ich hielte es auch für falsch, wenn sehr weitgehende Markteingriffe quasi aus der Hüfte geschossen kommen. Diese Diskussion wird auf der europäischen Ebene, so denke ich, erst nach der Europawahl mit voller Fahrt aufgenommen werden”, sagte Habeck.
Spätestens 2024 rechnet der Minister außerdem mit einer ernsthaften Diskussion über lokale Strompreissignale. Die Kommission habe angekündigt, Vorschläge für eine Neuaufteilung der Preiszonen vorzulegen. Für Habeck kommt der Vorschlag nicht ganz ungelegen. Die Drohung mit höheren Strompreisen in Süddeutschland könnte ein Druckmittel speziell gegenüber der CSU-geführten Staatsregierung in Bayern sein, den Ausbau von Windkraft ernsthaft anzugehen.
Bereits im ersten Quartal will Habeck außerdem die Kraftwerksstrategie für den Bau gesicherter Leistung aus wasserstofffähigen Gaskraftwerken vorlegen. Schon in diesem Jahr wolle man mit Ausschreibungen starten, kündigte der Minister an.
Die schnellsten Ergebnisse erwartet das BMWK zur Frage von Flexibilitäten im Stromsystem, wie André Poschmann erklärte, Leiter der Unterabteilung Grundsatz und Strategie Strom. Unter Flexibilitäten werden im Allgemeinen Speicher und Lastmanagement verstanden, die schnell regelbare Gaskraftwerke teilweise ersetzen können. Einen ersten Bericht soll die Plattform im Sommer vorlegen, der Schlussbericht wird für den Winter erwartet. ber
Städte und Regionen in Belgien, Großbritannien, Italien und Deutschland sind besonders stark durch die Auswirkungen des Klimawandels gefährdet. Ein weltweites Ranking der im Jahr 2050 am stärksten durch Extremwetterereignisse bedrohten Regionen zeigt, dass Europa zwar im globalen Vergleich weniger Auswirkungen zu spüren bekommt. Doch in Deutschland, Belgien und Italien zählen Gebiete zu den vulnerabelsten 100 Regionen des Planeten.
Der Datensatz der Klimarisikoanalysten der Cross Dependency Initiative (XDI) vergleicht über 2.600 Staaten und Provinzen auf der ganzen Welt anhand von Modellprognosen für Schäden an Gebäuden und Grundstücken, die auf den Klimawandel zurückzuführen sind. Darunter: extreme Wetter- und Klimaereignisse wie Überschwemmungen, Hitze, Waldbrände, Bodenbewegungen (durch Trockenheit), Meeresspiegelanstieg, extremer Wind und Frosttauwetter. Die Analyse bezieht sich auf die wahrscheinlichen Schäden bei einem Temperaturanstieg von über drei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau – vom Weltklimarat IPCC als Worst-Case-Szenario beschrieben.
Niedersachsen (Platz 56), Flandern (64) sowie Venetien (74) sind die am höchsten eingestuften Regionen in Europa und gehören zu den 100 am stärksten gefährdeten Gebieten weltweit im Jahr 2050. Auch die Lombardei (117), Bayern (164) und die Metropolregion London (263) landen unter den gefährdetsten Regionen Europas. Somit liegen in den betroffenen Gebieten auch europäische Großstädte wie London, München, Mailand und Antwerpen.
Global befinden sich im Jahr 2050 laut den Analysten die meisten gefährdeten Regionen in China, den USA und Indien. Die chinesischen Regionen entlang der Überschwemmungsgebiete und Deltas des Jangtse und des Perlflusses sind dabei besonders betroffen. In den USA sind die wirtschaftlich wichtigen und einwohnerstarken Bundesstaaten Kalifornien, Texas und Florida am stärksten betroffen. Weitere Länder mit mehreren Provinzen und Bundesstaaten unter den Top 50 sind Brasilien, Pakistan und Indonesien. luk
Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit einhergehenden geopolitischen Veränderungen haben Deutschland und Europa gezwungen, die Abhängigkeit von russischem Gas in kürzester Zeit zu reduzieren. Eine Vielzahl fragwürdiger politischer Entscheidungen hat in der Vergangenheit jedoch nicht nur bei Gaslieferungen, sondern auch bei kritischen Rohstoffen zu Abhängigkeiten geführt, die die strategische Autonomie Europas einschränken.
Kritische Rohstoffe sind unerlässlich, um die grüne Transformation nicht nur zu bewältigen. Bestehende Abhängigkeiten gefährden daher nicht nur die europäische Wettbewerbsfähigkeit, sondern sie machen uns auch erpressbar und können sicherheitspolitisch notwendige Reaktion auf aktuelle Ereignisse verhindern. Es ist daher zentral, rasch Lehren aus den Fehlern der Vergangenheit zu ziehen und diese Abhängigkeiten konsequent zu adressieren.
Zunächst müssen die Anstrengungen, die Beschaffung kritischer Rohstoffe zu diversifizieren, unmittelbar und mit verschiedenen Instrumenten intensiviert werden. Während die Diversifizierung globaler Lieferketten grundsätzlich eine unternehmerische Entscheidung ist, können Regierungen die Bemühungen von Unternehmen unterstützen, indem sie die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Zum Beispiel könnte ein globales Bündnis gleichgesinnten Partnern etabliert werden, ein sogenannter Critical Raw Materials Club, in dem Informationen, Netzwerke und Kapazitäten gemeinsam genutzt werden.
Die Zusammenarbeit der Vereinigten Staaten mit der Europäischen Kommission im Rahmen der Mineral Security Partnership bietet hierfür einen geeigneten Rahmen. Denn auch gleichgesinnte Länder werden sich in naher Zukunft wahrscheinlich einen Wettlauf um kritische Rohstoffe liefern. Ein spezieller Kooperationsrahmen könnte in diesem Zusammenhang ermöglichen, dass sich Länder den Zugang zu kritischen Rohstoffen sichern, sich bei lokalen Engpässen jedoch gegenseitig aushelfen und so das Risiko durch wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen seitens Drittstaaten verringern können.
Der Zugang zu noch nicht erschlossenen Lagerstätten wird auch durch Freihandelsabkommen begünstigt, die einen bevorzugten Zugang zu relevanten Quellen kritischer Rohstoffe ermöglichen. Dies gilt insbesondere für die Handelsabkommen mit Afrika und Lateinamerika, deren kritische Rohstoffvorkommen als hoch eingeschätzt werden. Der Abschluss dieser Handelsabkommen ist oft hinausgezögert worden oder ihre Ratifizierung steht noch aus.
Künftige Handelsbeziehungen zwischen Europa und weniger entwickelten Ländern im Zusammenhang mit der Beschaffung von kritischen Rohstoffen bieten auch die Möglichkeit, mögliche Geber-Empfänger-Beziehungen der Vergangenheit in Richtung einer für beide Seiten vorteilhaften Partnerschaft auf Augenhöhe zu entwickeln. Auf seiner jüngsten Reise nach Chile, die der Erneuerung der deutsch-chilenischen Rohstoffpartnerschaft diente, betonte Bundeskanzler Scholz daher zu Recht die Bedeutung der Einhaltung lokaler Umwelt- und Sozialstandards bei gleichzeitiger Sicherung der lokalen Wertschöpfung.
Der Abbau und die Verarbeitung kritischer Rohstoffe ist jedoch nicht nur Aufgabe von Drittstaaten. Auch Europa sollte sich am weiteren Abbau beteiligen, um die künftige Versorgung zu sichern und ein gewisses Maß an Autonomie für den Fall unvorhergesehener Engpässe zu bewahren. Dies erfordert vor allem, die Vorteile des Zugangs zu nationalen Vorkommen kritischer Rohstoffe zu vermitteln und die lokale Bevölkerung in die Vorhaben einzubeziehen.
In Portugal wurde beispielsweise das Bergbaugesetz eigens zu diesem Zweck geändert: Die Gewinne aus dem Bergbau, die bisher allein dem Staat zufielen, werden nun bis zur Hälfte mit der lokalen Bevölkerung geteilt. Ein Modell nach portugiesischem Vorbild könnte sich daher neben der Schaffung neuer Arbeitsplätze auch positiv auf die Stärkung der heimischen Produktion auswirken. Das kürzlich entdeckte schwedische Seltene-Erden-Vorkommen könnte somit eine Chance für Europa sein, die Bereitschaft zu Investitionen zu demonstrieren, die seine Auslandsabhängigkeit zu verringern.
In Anbetracht der Notwendigkeit kritischer Rohstoffe für die Herstellung klimafreundlicher Technologien wie Solarpaneele und Windturbinen sollten die Kosten der lokalen Umweltbelastung sorgfältig gegen die Vorteile einer globalen Emissionsreduzierung abgewogen werden. Die Umweltstandards für den Bergbau in Europa sollten daher bei Bedarf neu bewertet werden.
Das Gleiche gilt für die Umweltanforderungen im Zusammenhang mit den Garantien für ungebundene Finanzkredite. Neben den höheren Lieferrisiken für europäische Produzenten dürften die globalen Umweltkosten höher sein, wenn nicht europäische Unternehmen, sondern Länder mit deutlich niedrigeren Umweltstandards den Bergbau in Drittländern übernehmen. Im Hinblick auf eine Ausweitung der europäischen Produktion könnte die Harmonisierung der für den Bergbau relevanten Umwelt- und Sozialstandards die Wiederbelebung der europäischen Bergbauindustrie beschleunigen.
Um die Bedenken potenzieller Investoren von Bergbauprojekten in Europa auszuräumen, wäre ein dreistufiger Ansatz ratsam. Zunächst sollten die europäischen Vorkommen kritischer Rohstoffe eindeutig identifiziert werden, während relevante Gebiete vor der Genehmigung neuer kommerzieller oder privater Bauprojekte sorgfältig unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit bewertet werden sollten. Das im Rahmen des EU-Rohstoffgesetzes (CRMA) angedachte Netzwerk der europäischen Rohstoffagenturen könnte hier einen wertvollen Beitrag leisten.
Zweitens sollten die Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden, damit die durchschnittlichen Vorlaufzeiten nicht mehr, wie bisher, 16 Jahre betragen. Drittens sollten langfristige Abnahmeverträge privater Unternehmen durch ungebundene Finanzkredite oder ähnliche Instrumente unterstützt werden, um finanzielle Planungssicherheit zu schaffen.
Langfristig sollte auch die europäische Recycling-Infrastruktur für kritische Rohstoffe als mögliches Instrument zur Verringerung der Importabhängigkeit stärker anerkannt werden. Dieses Ziel wurde im EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft als Bestandteil des europäischen Green Deal formuliert. Insbesondere ressourcenintensive Wirtschaftszweige wie die Textil-, Bau-, Elektronik- und Kunststoffindustrie würden von weiteren Recyclinganstrengungen profitieren, um die Beschaffungskosten zu senken.
Wie die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen in ihrer letzten Rede zur Lage der Nation 2022 betonte, würde ein Verlust des verlässlichen Zugangs zu kritischen Rohstoffen sowohl unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als auch unseren Weg zu Netto-Null-Emissionen gefährden. In diesem Zusammenhang haben politische Entscheidungsträger und Unternehmen gleichermaßen erkannt, dass die Abhängigkeit Europas von der Gewinnung und Verarbeitung kritischer Rohstoffe durch nur wenige Anbieter unseren Wohlstand bedroht – insbesondere vor dem Hintergrund zunehmender geopolitischer Rivalitäten, die das Risiko wirtschaftlicher Zwangsmaßnahmen durch Drittstaaten erhöhen.
Wenn die Fehler, die bei der Beschaffung von Erdgas gemacht wurden, vermieden werden sollen, ist es jetzt an der Zeit zu handeln. Alle Augen richten sich daher auf Brüssel, wo das europäische Gesetz über kritische Rohstoffe voraussichtlich am 14. März 2023 vorgestellt werden soll.
Wenn Sie Fleischwaren zu Hause haben, die nicht mehr ganz frisch sind, dann dürfen Sie sie abschätzig alte Wurst nennen – aber nur in ganz speziellen Fällen Ahle Wurscht. Denn der Name ist jetzt eine von der EU geschützte geografische Angabe für eine nordhessische Spezialität – so wie Beelitzer Spargel, Nürnberger Lebkuchen, Schwäbische Spätzle oder Antep Baklavası. Wobei die Nordhessen in ihrer Mundart eher Ahle Worscht sagen, was nun aber ebenfalls geschützt ist.
Dabei handelt es sich um eine in traditioneller Herstellungsweise luftgetrocknete oder luftgetrocknete geräucherte Dauerwurst aus Schweinefleisch, die ausschließlich in den Landkreisen Werra-Meißner, Schwalm-Eder, Waldeck-Frankenberg, Hersfeld-Rothenburg, Marburg-Biedenkopf, Kassel und in der Stadt Kassel hergestellt wird. Also wenigstens Kassel können Sie sich vielleicht merken.
Nicht nur die Ahle Worscht, auch die verarbeiteten Schweine müssen aus der Gegend kommen. Und sie eignen sich nur dann als Wurstlieferanten, wenn sie länger gemästet sind als gewöhnlich. Im Schnitt mindestens 125 Kilogramm Lebendgewicht müssen die nordhessischen Schweine auf die Waage bringen, um sich für die Ahle Worscht zu qualifizieren.
Und wie schmeckt etwas, das so einen uncharmanten Namen trägt? Köstlich und aromatisch, finden die Liebhaber. “Die Konsistenz und das Mundgefühl sind etwas krümelig und mürber als bei Standarddauerwürsten”, schreiben die Fachleute. Und die Feinschmecker streiten sich, ob die Ahle Worscht als Feldkieker (in Keulenform), Dürre Runde (zusammengebunden in U-Form) oder Stracke (gerade Wurst) besser schmeckt.
In jedem Falle haben die Nordhessen (mit notorischem Minderwertigkeitskomplex gegenüber den Südhessen) nun Grund stolz zu sein, denn sie ziehen jetzt mit der Frankfurter Grie Soß (Grüne Soße) gleich. Die Frischkräuterkomposition ist bereits seit 2015 geografisch geschützt. Man kann beides auch zusammen verzehren, wird aber nicht empfohlen. Probieren Sie die hessischen Spezialitäten lieber separat. Guten Appetit. Corinna Visser
Justizkommissar Didier Reynders hatte schon laut über einen solchen Schritt nachgedacht, nun hat die Kommission angekündigt, einen Vorschlag für eine bessere Kooperation zwischen den Datenschutzaufsichtsbehörden vorzulegen. Damit will sie auf die Probleme bei der grenzüberschreitenden DSGVO-Durchsetzung reagieren – und auf einen Wunschzettel der zuständigen Behörden vom vergangenen Jahr. Falk Steiner berichtet.
Um Kooperation geht es auch bei einem anderen Vorhaben der Kommission, dem Critical Raw Materials Act. Die Kommission will das Monitoring und Risikomanagement für die Versorgung mit kritischen Rohstoffen verbessern und dafür eine zentrale Koordinierungsstelle schaffen. Wie genau die aussehen soll, ist noch nicht klar. Leonie Düngefeld hat schon mal nachgefragt, was die deutsche Industrie empfiehlt.
Wie gefährlich Europas Abhängigkeit im Bereich der kritischen Rohstoffe werden kann, damit beschäftigen sich die Wirtschaftsweise Veronika Grimm und Christina von Rüden (ZVEI) im Standpunkt. Es sei höchste Zeit, dass die EU aus den Fehlern der Vergangenheit lerne.
Nachdem Chinas Top-Diplomat Wang Yi von einem begeisterten Viktor Orbán in Ungarn empfangen wurde, stand Moskau als nächste Station auf dem Reiseplan. An beiden Orten spreche man über eine Friedenslösung für die Ukraine, hieß es – während Peking Russlands grausamen Krieg noch immer als “Krise” verharmlost. Was von Chinas Friedensoffensive zu halten ist, analysiert Michael Radunksi.
Wenn Ihnen Europe.Table gefällt, leiten Sie uns bitte weiter. Falls Ihnen diese Mail zugeschickt wurde: Hier können Sie das Briefing kostenlos testen.
Der Weg für die Ankündigung des Gesetzesvorhabens ist ungewöhnlich: Eine Benachrichtigung vor dem Start einer Vorab-Konsultation ging jetzt online, zuletzt hatte Justizkommissar Didier Reynders über solche Schritte laut nachgedacht.
Der Kommissionsvorschlag soll im zweiten Quartal 2023 vorgelegt werden. Mit der geplanten Verordnung will die Kommission auf die Probleme bei der grenzüberschreitenden DSGVO-Durchsetzung reagieren, wie Reynders’ Sprecher Christian Wigand auf Anfrage bestätigt. Er betont, die Kommission hege keinerlei Absicht, eine umfassende Überarbeitung, ein Review der DSGVO vorzunehmen.
Die europäischen Datenschutzaufsichtsbehörden hatten im vergangenen Jahr einen Wunschzettel zusammengestellt. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber habe diese Liste ausdrücklich unterstützt und an ihr mitgewirkt, sagt eine Sprecherin auf Anfrage.
Darin fordern die Aufsichtsbehörden unter anderem Lösungen im Rechtstext für strittige Fragen. Was vordergründig nach Detail wirkt, macht einen großen Unterschied – etwa die Rechtsstellung des Beschwerdeführers im Verfahren und die Rechte seiner Vertreter. Auch die Frage, welche Akten bei grenzüberschreitender Zusammenarbeit die federführende Stelle anderen Datenschutzaufsichtsbehörden zur Verfügung stellen muss, ist bislang nach Ansicht der Aufsichtsbehörden unzureichend geregelt.
Überraschend, aber ebenfalls auf dem Wunschzettel: Dass klargestellt wird, dass eine Aufsichtsbehörde auch die Einhaltung von Anordnungen überwachen darf. All das sind Punkte, die mit der Vollharmonisierung des Datenschutzrechts, das seit fast fünf Jahren europaweit gilt, eigentlich Geschichte hätten sein sollen.
Doch in der Praxis zeigt sich, wie sehr die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung ins nationale Verwaltungsrecht unterschiedliche Auffassungen vertreten. Immer wieder stehen einzelne Aufsichtsbehörden in der Kritik, allen voran die irische. Die DPC Ireland wurde mehrfach im Europäischen Datenschutzausschuss (EDPB) von den anderen Aufsichtsbehörden zu einem schärferen Vorgehen verpflichtet.
Die irische Datenschutzaufsicht ist für viele der in der EU tätigen großen Digitalunternehmen zuständig, etwa Google, Meta oder TikTok. Im Fall der Entscheidung zu Metas Facebook und Instagram hatte die irische DPC angekündigt, gegen einzelne Aspekte des EDPB-Beschlusses vor Gericht gehen zu wollen: Diese seien von der DSGVO nicht gedeckt.
Daher dürfte bei dem nun beabsichtigten Rechtsakt vor allem Kapitel 7 der Datenschutzgrundverordnung in den Fokus geraten: Dort ist die Zusammenarbeit der Datenschutzaufsichtsbehörden in grenzüberschreitenden Fällen geregelt. Laut der Konsultationsankündigung der Kommission ist das Ziel der geplanten Änderung, “einige Aspekte des Verwaltungsverfahrens [zu] harmonisieren, das die nationalen Datenschutzbehörden in grenzüberschreitenden Fällen anwenden”.
Ob damit die darüber hinausgehenden Wünsche der Datenschutzaufsichtsbehörden vom Tisch sind, wird sich erst mit dem eigentlichen Verordnungsvorschlag des zuständigen EU-Justizkommissars Didier Reynders später im Jahr zeigen. Noch im April des vergangenen Jahres konnte Reynders keinen Handlungsbedarf erkennen.
Im Critical Raw Materials Act, den die Kommission voraussichtlich am 14. März vorstellen wird, soll auch ein stärkeres Monitoring kritischer Rohstoffe auf EU-Ebene geregelt werden. “Die Koordinierung von Überwachung und Risikomanagement auf EU-Ebene ist nach wie vor unzureichend, um Versorgungsunterbrechungen bei kritischen Rohstoffen zu antizipieren und zu verhindern”, heißt es im Aufruf zur öffentlichen Konsultation.
Maßnahmen auf EU-Ebene seien effizienter als nationale Maßnahmen, schreibt die Kommission, denn so würden Überschneidungen verhindert und die Wertschöpfungsketten der gesamten EU berücksichtigt. Auch Kosten würden dadurch gespart. Daher plant sie, die Überwachung, das Risikomanagement und die Governance im Bereich der kritischen Rohstoffe zu verbessern.
Unter Einbeziehung der entsprechenden Agenturen der Mitgliedstaaten will die Kommission ein “spezielles operatives Netz” für den rechtzeitigen Informationsaustausch einrichten, welches Überwachungsmaßnahmen und Frühwarnmechanismen entwickeln, Stresstests für kritische Lieferketten durchführen und strategische Bodenschätze kartieren würde.
Für Deutschland deckt diese Aufgaben die Deutsche Rohstoffagentur (DERA) ab, die bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) angesiedelt ist. Als Informations- und Beratungszentrum für Politik und Industrie beobachtet die Agentur Preisentwicklungen sowie Trends für Angebot und Nachfrage für Primärrohstoffe und Zwischenprodukte. Sie macht deutsche Unternehmen frühzeitig auf Risiken oder kritische Entwicklungen aufmerksam und unterstützt sie, Ausweichstrategien zu entwickeln.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bezeichnete die Kompetenzen der DERA als “wahren Schatz”. Die Agentur könne ein Vorbild für andere EU-Mitgliedstaaten sein, sagte er vergangenen Herbst auf dem Rohstoffkongress des BDI. Nach ihrer Gründung 2010 war die DERA lange Zeit eine Ausnahmeerscheinung in der EU. Erst in der jüngsten Zeit richten auch geologische Dienste in anderen Ländern ein gezieltes Monitoring für Rohstoffe ein, etwa in Frankreich und Großbritannien.
Zwar können die Rohstoffbedarfe einzelner Länder sehr unterschiedlich sein, sagt Siyamend Al Barazi, Arbeitsbereichsleiter Rohstoffwirtschaft in der DERA. Ein koordiniertes Rohstoffmonitoring ermögliche jedoch vor allem in Zeiten zunehmender protektionistischer Maßnahmen, die Versorgungssicherheit zu erhöhen und Preis- und Lieferrisiken zu reduzieren. “Der Austausch und die Zusammenarbeit einzelner Mitgliedsstaaten spielt hierbei eine wichtige Rolle”.
Der Informationsaustausch unter den Mitgliedstaaten funktioniere in der Regel jedoch bereits sehr gut. Wenn man über eine europäische Rohstoffagentur nachdenke, dann sollte es laut Al Barazi um zusätzliche Funktionen wie die Beschaffung und Absicherung von Rohstoffen gehen, und zwar entlang der gesamten Wertschöpfungskette, vom Bergbau über die Weiterverarbeitung bis hin zum Recycling. Ähnlich wie die japanische Rohstoffagentur JOGMEC, die sich als aktiver Player auf den Rohstoffmärkten an Projekten beteiligt, sie mitentwickelt und so japanischen Unternehmen den Zugriff auf diese Rohstoffmengen sichert.
Die deutsche und europäische Strategie bestand bislang darin, dass der Staat die Aktivitäten flankierte, Rohstoffbeschaffung und -sicherung aber Aufgabe der Unternehmen blieb. Dies soll sich nun ändern. Welche Form dies letztendlich haben soll, ob es tatsächlich eine aktive Rohstoffagentur auf EU-Ebene geben wird, ist noch nicht klar. Auch ein Rohstofffonds ist im Gespräch, mit dem Projekte finanziert und gesichert werden könnten. Diese Idee wurde vor allem von Deutschland und Frankreich vorangebracht.
“Aufgrund der unterschiedlichen Wirtschaftsstruktur in der EU ist das japanische Modell nicht 1 zu 1 übertragbar und ein Investmentfonds deutlich effizienter“, sagt Anne Lauenroth vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). “Ein Fonds, der in ausgewählte strategische Projekte in der EU und außerhalb investiert, könnte dann auch privates Investment anreizen.”
Anstatt eine neue Behörde zu schaffen, sollte die EU-Kommission das Rohstoffmonitoring weiterhin koordinieren, sagt Oliver Blank vom deutschen Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI). “Ähnlich wie die Kommission beim Thema Handelspolitik eine koordinierende Rolle hat und mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeitet, könnte man auch beim Thema Rohstoffe verfahren”, sagt er. “Ohne neue Bürokratie zu schaffen, könnte eine Koordinierungsstelle innerhalb der Kommission dann für den Abgleich von Datenbanken mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten.”
Geht es nach der Industrie, müsste zudem das zentrale Ergebnis des EU-Rohstoffmonitorings, die Liste kritischer Rohstoffe, strategischer aufgestellt, öfter überarbeitet und angepasst werden. Bisher wird die Liste alle drei Jahre von der Kommission neu herausgebracht. Blank schlägt vor, sie alle sechs Monate mit Daten aus den Mitgliedstaaten zu aktualisieren und in die Bewertung Faktoren wie aktuelle Engpässe und bevorstehende Handelsabkommen einzubeziehen.
Wichtig sei es, agil zu bleiben und auf Markt- und Technologieentwicklungen reagieren zu können, sagt Anne Lauenroth vom BDI. “Die Methodik sollte angepasst werden und strategisch Bereiche im Blick behalten, die kritisch werden könnten. Aluminium, Kupfer und Nickel müssten dann zum Beispiel auch dazugehören.”
Wang Yi befindet sich derzeit auf großer diplomatischer Mission. Nach der Sicherheitskonferenz in München war am Montag der Stopp von Chinas oberstem Diplomaten Budapest. Dort habe er zusammen mit Ungarn an einer Friedenslösung für den Ukrainekrieg gearbeitet, hieß es. Während man in Washington, Berlin oder Paris noch gespannt auf Chinas Vorstoß wartet, ist Ungarns Regierungschef Viktor Orbán denn auch voll des Lobes: Der Gast aus Peking wisse eben “Ungarns China-freundliche Politik hoch zu schätzen”, zitierte ihn die Nachrichtenagentur MTI.
Anschließend wird Wang in Moskau erwartet. Dort soll es eventuell gar ein Treffen mit Präsident Putin geben. “Die Agenda ist sehr umfangreich, es gibt viel zu besprechen”, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Auch dort wird es um Chinas Friedensinitiative gehen. Die Voraussetzungen für eine chinesische Vermittlung sind gut. Dennoch sollte man keine allzu großen Erwartungen mit Chinas Vorstoß verbinden.
Im Grunde stellen sich aktuell vor allem zwei Fragen: Wie realistisch ist Wangs Ankündigung? Und was ist konkret aus Peking erwarten? Zunächst ist es begrüßen, dass China sich nach drei Jahren Corona-Pandemie wieder zurückmeldet in der Weltpolitik. Viele Probleme lassen sich heutzutage nur noch zusammen mit der zweitgrößten Macht der Welt lösen.
Zudem ist China längst zu einem Land geworden, dessen politische, wirtschaftliche und auch militärische Macht einhergeht mit einem gewissen Grad an Verantwortung. Diesen Anspruch formuliert Peking immer wieder – vor allem, wenn es darum geht, eine neue multipolare Weltordnung zu errichten. Dieser Verantwortung sollte es dann auch in Krisenfällen gerecht werden.
Und im konkreten Fall des Ukrainekrieges wäre China tatsächlich in der Position, zwischen den Kriegsparteien zu vermitteln. Als strategischer Partner Russland verfügt China über einen so guten Draht in den Kreml wie derzeit wohl kein anderes Land. Xi Jinping scheint einer der wenigen Politiker zu sein, die Wladimir Putin tatsächlich von dessen Kriegsmission abbringen könnten.
Gleichzeitig scheint China auch für die Ukraine akzeptabel. Die beiden Länder pflegten in der Vergangenheit gute Beziehungen zueinander. Und selbst die neue, große Nähe zwischen Peking und Moskau scheint für Kiew kein Grund, um Peking als Vermittler abzulehnen. So sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag im Interview mit der “Welt“: “Ich sehe eine Chance für China, eine pragmatische Einschätzung dessen vorzunehmen, was hier passiert.” Am liebsten hätte Selenskyj China gar auf seiner Seite.
Dennoch sollte man nicht allzu große Erwartungen mit dem chinesischen Vorstoß verbinden – und zwar aus mehreren Gründen.
Wenn nun in vielen Medien von einem chinesischen Friedensplan für die Ukraine die Rede ist, scheint hier eher der Wunsch der Vater des Gedankens zu sein. Ein umfassender Friedensplan würde Folgendes beinhalten: konkrete Schritte, möglichst auch zeitliche Vorstellungen, Orte, Treffen, Pendeldiplomatie – all das ist von China nicht zu erwarten.
Schon in der Vergangenheit hat China mit ähnlichen Ankündigungen einer großen Vermittlerrolle für Schlagzeilen gesorgt. Die bisherigen Erfolge chinesischer Vermittlungsbemühungen sind allerdings eher mau, sei es in Syrien, Myanmar oder Sudan. Der Grund: Pekings Ansatz zielt vor allem auf mediale Aufmerksamkeit und direkten Zugang zu den lokalen Regierungen.
So vage Wang Yi in München auch blieb, so unvereinbar sind schon die wenigen Punkte, die er nannte.
Das klingt alles schön, bei genauerem Hinsehen widersprechen sich die Vorhaben allerdings: Punkt 1 schützt die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine. Punkt 3 ist allerdings wörtlich die Begründung Russlands, weshalb seine Truppen seit fast einem Jahr Punkt 1 zerschießen.
In diesem Sinne äußerte sich auch der chinesische Sicherheitsexperte Zhou Bo auf der Münchner Sicherheitskonferenz: Der Krieg in der Ukraine stelle zwar eindeutig die Verletzung der Souveränität eines Landes durch ein anderes Land dar. “Aber Chinas Gedanken gehen bei diesem Thema viel weiter, nämlich zu den Gründen”, sagte der chinesische Ex-Militär und heutige Forscher am Center for International Security and Strategy CISS der Qinghua Universität. “Hier sympathisieren wir mit Russland, denn wir wissen, dass Russlands Beweggründe für seine Aktionen die Expansion der Nato ist.”
Das ist keine gute Ausgangslage dafür, in der Ukraine glaubwürdig zu erscheinen. China kritisiert zwar den Übergriff auf das ukrainische Territorium. Es folgt ansonsten jedoch genau der russischen Erzählung vom Vorrücken der Nato, das eine vorbeugende Aktion geradezu notwendig gemacht habe.
Zhou Bo erklärt, warum diese Punkte für China wichtig sind. “Man muss berücksichtigen, dass Russland der größte Nachbar Chinas ist. Und deshalb müssen wir schauen, dass unsere Beziehungen mit Russland gut und nachhaltig sind.”
Ebenfalls gegen eine erfolgreiche Vermittlung spricht Chinas eigene Auffassung der Vorgänge. Selbst ein Jahr nach Kriegsausbruch verharmlost Peking die grausamen Kriegshandlungen noch immer als “Krise”. Zudem macht China ausschließlich die USA und die Nato als Provokateure und Auslöser des Kriegs verantwortlich.
Dass es jedoch Russland war, das die Ukraine überfallen hat, ist aus Peking bislang jedenfalls nicht zu hören. Chinas eigene Wahrnehmung als “neutraler Staat” wird deshalb gemeinhin als “pro-russische Neutralität” bezeichnet.
Die Bezeichnung “pro-russische Neutralität” zieht seine Berechtigung nicht nur aus rhetorischen Feinheiten (siehe Punkt 3), sondern auch aus handfesten Taten. Während die USA und Europa ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland fast vollkommen abgebrochen haben, hat der bilaterale Handel zwischen Peking und Moskau seit Kriegsbeginn enorm zugenommen.
Entsprechend skeptisch reagiert man im Westen auf den chinesischen Vorschlag. “Wir wissen, dass China sehr klar die Position Russlands unterstützt”, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen in München. Auch Omid Nouripour ist wenig überzeugt. “Wie soll China mit seiner Nähe zu Russland ernsthaft vermitteln?”, sagte der Co-Vorsitzende der Grünen zu Table.Media. “Aber warten wir ab, was die Chinesen vorlegen werden.”
Wang Yi wird seinen Besuch in Moskau denn wohl auch als ersten Schritt einer chinesischen Vermittlungsmission verkaufen wollen. Wäre es China wirklich ernst damit, müsste die nächste Station Kiew sein.
Hinzukommen neue Vorwürfe seitens der USA. China erwäge die Lieferung von “tödlichen Hilfen” an Russland, sagte US-Außenminister Antony Blinken während der Münchner Sicherheitskonferenz. Er kündigte zugleich an, demnächst entsprechende Beweise vorzulegen. Offen ist bislang, ob Blinken mit “tödlichen Hilfen” direkt Waffenlieferungen meint oder zumindest die Bereitstellung von dual-use-Systemen, also Produkten, die sowohl für zivile als auch militärische Zwecke eingesetzt werden können.
Experten zufolge könnte China Satellitenaufnahmen bereitstellen, die es der russischen Söldnertruppe Wagner ermöglichen, gezielter zuzuschlagen. Oder es liefert hochwertige Elektronikteile, die das russische Militär dringend benötigt.
China jedenfalls wies am Montag derartige Vorwürfe entschieden zurück: “Die Vereinigten Staaten sind nicht in der Position, Forderungen an China zu stellen“, sagte der Sprecher des Außenministeriums in Peking. “Wir werden niemals akzeptieren, dass die USA mit dem Finger auf die chinesisch-russischen Beziehungen zeigen oder uns sogar unter Druck setzen.” Michael Radunski
22.02.-23.02.2023, London (UK)
City & Financial Global European LNG Summit
City and Financial Global’s European LNG Summit will address how Europe’s LNG demand can be met. The role of new infrastructure in meeting this demand will also be discussed. INFOS & REGISTRATION
22.02.2023 – 10:00-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Rechtsupdate E-Mobilität
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) gibt einen aktuellen Überblick über die rechtliche Lage im Bereich E-Mobilität. INFOS & ANMELDUNG
22.02.2023 – 14:00-15:30 Uhr, online
FSR, Discussion A deep dive on renewable hydrogen and industrial policy going into 2023: The US, EU, and beyond
The Florence School of Regulation (FSR) addresses the landscape of industrial policy 2023 in the US and Europe. INFOS & REGISTRATION
22.02.2023 – 17:30-19:00 Uhr, online
KAS, Vortrag Krieg ohne Ende? Wie geht es weiter mit der Ukraine?
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) geht der Frage nach, wie sich der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine bislang entwickelt hat und welche Szenarien für die Zukunft denkbar sind. INFOS & ANMELDUNG
22.02.2023 – 19:00-20:30 Uhr, Hamburg
BLS, Podiumsdiskussion Social Media – Was bleibt vom Versprechen der Digitalisierung?
Die Bucerius Law School (BLS) beschäftigt sich damit, wie Journalismus und Recht den Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung begegnen können. INFOS & ANMELDUNG
23.02.2023 – 09:00-16:30 Uhr, Dortmund
Data Tree, Konferenz Update-BDSG: Datenschutz in der Medizin
Data Tree stellt den Status Quo des Datenschutzes und der Informationssicherheit in der Gesundheitsforschung vor. INFOS & ANMELDUNG
23.02.2023 – 10:00-12:00 Uhr, Berlin/online
ZIA, Seminar Digital Operational Resilience Act (DORA)
Welche Änderungen sind mit dem Digital Operational Resilience Act verbunden und was bedeuten sie für die interne Organisation und die Steuerung von Dienstleistern? Darüber gibt der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) Auskunft. INFOS & ANMELDUNG
23.02.2023 – 10:00-11:00 Uhr, online
Mittelstand-Digital Zentrum, Vortrag Was sind meine Daten wert – Betriebsdaten richtig nutzen
Das Mittelstand-Digital Zentrum informiert darüber, wie Unternehmen Betriebsdaten besser nutzen können und wie sich für mögliche Schwierigkeiten wappnen. INFOS & ANMELDUNG
23.02.2023 – 14:00-16:30 Uhr, Berlin/online
BDI, Konferenz Planungs- und Genehmigungsverfahren: Digital handeln
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bietet Vorträge, Diskussionen und die Möglichkeit zum Networking rund um das Thema digitale Planungs- und Genehmigungsverfahren. INFOS & ANMELDUNG
23.02.2023 – 15:30-19:30 Uhr, Berlin
FAZ, Konferenz Die klimaneutrale Stadt – nachhaltig leben und wirtschaften
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) geht der Frage nach, wie wir in einer klimaneutralen Stadt der Zukunft leben und wirtschaften. INFOS & ANMELDUNG
23.02.2023 – 18:30-19:30 Uhr, Berlin/online
DGAP, Panel Discussion Transatlantic Solidarity and the Russian War Against Ukraine
The German Council on Foreign Relations (DGAP) hosts a panel discussion on the Russian war against Ukraine. INFOS & REGISTRATION
Die EU wird das zehnte Sanktionspaket gegen Russland in dieser Woche verabschieden, rechtzeitig vor dem Jahrestag des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Das kündigte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag vor Journalisten an.
Die Maßnahmen, die noch der Zustimmung aller Mitgliedstaaten bedürfen, sollen sich unter anderem gegen vier weitere russische Banken richten sowie gegen Importe aus und Exporte nach Russland, darunter Kautschuk und schwere Fahrzeuge.
Wegen der gewaltsamen Niederschlagung von Protesten hat die EU außerdem weitere Sanktionen gegen den Iran verhängt. Betroffen sind nach einem Beschluss der EU-Außenminister am Montag in Brüssel 32 Personen und zwei Einrichtungen, darunter die Minister für Islamische Orientierungshilfe und Erziehung. Insgesamt sind von der EU damit jetzt 196 Personen und 33 Einrichtungen sanktioniert.
Sie halte es nach wie vor auch für politisch sinnvoll, die iranischen Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste zu setzen, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. Die Außenminister hätten bei der Sitzung nun aber ein Gutachten des Europäischen Juristischen Dienstes erhalten, wonach derzeit die Grundlagen für eine Terrorlistung der Revolutionsgarden nicht gegeben seien. “Nichtsdestotrotz handeln wir”, sagte die Ministerin mit Blick auf die neuen Sanktionen gegen den Iran. rtr/sas
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) will die anstehende EU-Reform des Strommarktdesigns auf kurzfristige Kriseneingriffe begrenzen. Die Europäische Kommission werde zeitnah Vorschläge unterbreiten, wie der Energiemarkt kurzfristig gegen Krisen abgesichert werden könne, sagte Minister Robert Habeck (Grüne) am Montag zum Auftakt der nationalen Plattform Klimaneutrales Stromsystem. “Ich rechne aber nicht damit und ich hielte es auch für falsch, wenn sehr weitgehende Markteingriffe quasi aus der Hüfte geschossen kommen. Diese Diskussion wird auf der europäischen Ebene, so denke ich, erst nach der Europawahl mit voller Fahrt aufgenommen werden”, sagte Habeck.
Spätestens 2024 rechnet der Minister außerdem mit einer ernsthaften Diskussion über lokale Strompreissignale. Die Kommission habe angekündigt, Vorschläge für eine Neuaufteilung der Preiszonen vorzulegen. Für Habeck kommt der Vorschlag nicht ganz ungelegen. Die Drohung mit höheren Strompreisen in Süddeutschland könnte ein Druckmittel speziell gegenüber der CSU-geführten Staatsregierung in Bayern sein, den Ausbau von Windkraft ernsthaft anzugehen.
Bereits im ersten Quartal will Habeck außerdem die Kraftwerksstrategie für den Bau gesicherter Leistung aus wasserstofffähigen Gaskraftwerken vorlegen. Schon in diesem Jahr wolle man mit Ausschreibungen starten, kündigte der Minister an.
Die schnellsten Ergebnisse erwartet das BMWK zur Frage von Flexibilitäten im Stromsystem, wie André Poschmann erklärte, Leiter der Unterabteilung Grundsatz und Strategie Strom. Unter Flexibilitäten werden im Allgemeinen Speicher und Lastmanagement verstanden, die schnell regelbare Gaskraftwerke teilweise ersetzen können. Einen ersten Bericht soll die Plattform im Sommer vorlegen, der Schlussbericht wird für den Winter erwartet. ber
Städte und Regionen in Belgien, Großbritannien, Italien und Deutschland sind besonders stark durch die Auswirkungen des Klimawandels gefährdet. Ein weltweites Ranking der im Jahr 2050 am stärksten durch Extremwetterereignisse bedrohten Regionen zeigt, dass Europa zwar im globalen Vergleich weniger Auswirkungen zu spüren bekommt. Doch in Deutschland, Belgien und Italien zählen Gebiete zu den vulnerabelsten 100 Regionen des Planeten.
Der Datensatz der Klimarisikoanalysten der Cross Dependency Initiative (XDI) vergleicht über 2.600 Staaten und Provinzen auf der ganzen Welt anhand von Modellprognosen für Schäden an Gebäuden und Grundstücken, die auf den Klimawandel zurückzuführen sind. Darunter: extreme Wetter- und Klimaereignisse wie Überschwemmungen, Hitze, Waldbrände, Bodenbewegungen (durch Trockenheit), Meeresspiegelanstieg, extremer Wind und Frosttauwetter. Die Analyse bezieht sich auf die wahrscheinlichen Schäden bei einem Temperaturanstieg von über drei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau – vom Weltklimarat IPCC als Worst-Case-Szenario beschrieben.
Niedersachsen (Platz 56), Flandern (64) sowie Venetien (74) sind die am höchsten eingestuften Regionen in Europa und gehören zu den 100 am stärksten gefährdeten Gebieten weltweit im Jahr 2050. Auch die Lombardei (117), Bayern (164) und die Metropolregion London (263) landen unter den gefährdetsten Regionen Europas. Somit liegen in den betroffenen Gebieten auch europäische Großstädte wie London, München, Mailand und Antwerpen.
Global befinden sich im Jahr 2050 laut den Analysten die meisten gefährdeten Regionen in China, den USA und Indien. Die chinesischen Regionen entlang der Überschwemmungsgebiete und Deltas des Jangtse und des Perlflusses sind dabei besonders betroffen. In den USA sind die wirtschaftlich wichtigen und einwohnerstarken Bundesstaaten Kalifornien, Texas und Florida am stärksten betroffen. Weitere Länder mit mehreren Provinzen und Bundesstaaten unter den Top 50 sind Brasilien, Pakistan und Indonesien. luk
Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit einhergehenden geopolitischen Veränderungen haben Deutschland und Europa gezwungen, die Abhängigkeit von russischem Gas in kürzester Zeit zu reduzieren. Eine Vielzahl fragwürdiger politischer Entscheidungen hat in der Vergangenheit jedoch nicht nur bei Gaslieferungen, sondern auch bei kritischen Rohstoffen zu Abhängigkeiten geführt, die die strategische Autonomie Europas einschränken.
Kritische Rohstoffe sind unerlässlich, um die grüne Transformation nicht nur zu bewältigen. Bestehende Abhängigkeiten gefährden daher nicht nur die europäische Wettbewerbsfähigkeit, sondern sie machen uns auch erpressbar und können sicherheitspolitisch notwendige Reaktion auf aktuelle Ereignisse verhindern. Es ist daher zentral, rasch Lehren aus den Fehlern der Vergangenheit zu ziehen und diese Abhängigkeiten konsequent zu adressieren.
Zunächst müssen die Anstrengungen, die Beschaffung kritischer Rohstoffe zu diversifizieren, unmittelbar und mit verschiedenen Instrumenten intensiviert werden. Während die Diversifizierung globaler Lieferketten grundsätzlich eine unternehmerische Entscheidung ist, können Regierungen die Bemühungen von Unternehmen unterstützen, indem sie die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Zum Beispiel könnte ein globales Bündnis gleichgesinnten Partnern etabliert werden, ein sogenannter Critical Raw Materials Club, in dem Informationen, Netzwerke und Kapazitäten gemeinsam genutzt werden.
Die Zusammenarbeit der Vereinigten Staaten mit der Europäischen Kommission im Rahmen der Mineral Security Partnership bietet hierfür einen geeigneten Rahmen. Denn auch gleichgesinnte Länder werden sich in naher Zukunft wahrscheinlich einen Wettlauf um kritische Rohstoffe liefern. Ein spezieller Kooperationsrahmen könnte in diesem Zusammenhang ermöglichen, dass sich Länder den Zugang zu kritischen Rohstoffen sichern, sich bei lokalen Engpässen jedoch gegenseitig aushelfen und so das Risiko durch wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen seitens Drittstaaten verringern können.
Der Zugang zu noch nicht erschlossenen Lagerstätten wird auch durch Freihandelsabkommen begünstigt, die einen bevorzugten Zugang zu relevanten Quellen kritischer Rohstoffe ermöglichen. Dies gilt insbesondere für die Handelsabkommen mit Afrika und Lateinamerika, deren kritische Rohstoffvorkommen als hoch eingeschätzt werden. Der Abschluss dieser Handelsabkommen ist oft hinausgezögert worden oder ihre Ratifizierung steht noch aus.
Künftige Handelsbeziehungen zwischen Europa und weniger entwickelten Ländern im Zusammenhang mit der Beschaffung von kritischen Rohstoffen bieten auch die Möglichkeit, mögliche Geber-Empfänger-Beziehungen der Vergangenheit in Richtung einer für beide Seiten vorteilhaften Partnerschaft auf Augenhöhe zu entwickeln. Auf seiner jüngsten Reise nach Chile, die der Erneuerung der deutsch-chilenischen Rohstoffpartnerschaft diente, betonte Bundeskanzler Scholz daher zu Recht die Bedeutung der Einhaltung lokaler Umwelt- und Sozialstandards bei gleichzeitiger Sicherung der lokalen Wertschöpfung.
Der Abbau und die Verarbeitung kritischer Rohstoffe ist jedoch nicht nur Aufgabe von Drittstaaten. Auch Europa sollte sich am weiteren Abbau beteiligen, um die künftige Versorgung zu sichern und ein gewisses Maß an Autonomie für den Fall unvorhergesehener Engpässe zu bewahren. Dies erfordert vor allem, die Vorteile des Zugangs zu nationalen Vorkommen kritischer Rohstoffe zu vermitteln und die lokale Bevölkerung in die Vorhaben einzubeziehen.
In Portugal wurde beispielsweise das Bergbaugesetz eigens zu diesem Zweck geändert: Die Gewinne aus dem Bergbau, die bisher allein dem Staat zufielen, werden nun bis zur Hälfte mit der lokalen Bevölkerung geteilt. Ein Modell nach portugiesischem Vorbild könnte sich daher neben der Schaffung neuer Arbeitsplätze auch positiv auf die Stärkung der heimischen Produktion auswirken. Das kürzlich entdeckte schwedische Seltene-Erden-Vorkommen könnte somit eine Chance für Europa sein, die Bereitschaft zu Investitionen zu demonstrieren, die seine Auslandsabhängigkeit zu verringern.
In Anbetracht der Notwendigkeit kritischer Rohstoffe für die Herstellung klimafreundlicher Technologien wie Solarpaneele und Windturbinen sollten die Kosten der lokalen Umweltbelastung sorgfältig gegen die Vorteile einer globalen Emissionsreduzierung abgewogen werden. Die Umweltstandards für den Bergbau in Europa sollten daher bei Bedarf neu bewertet werden.
Das Gleiche gilt für die Umweltanforderungen im Zusammenhang mit den Garantien für ungebundene Finanzkredite. Neben den höheren Lieferrisiken für europäische Produzenten dürften die globalen Umweltkosten höher sein, wenn nicht europäische Unternehmen, sondern Länder mit deutlich niedrigeren Umweltstandards den Bergbau in Drittländern übernehmen. Im Hinblick auf eine Ausweitung der europäischen Produktion könnte die Harmonisierung der für den Bergbau relevanten Umwelt- und Sozialstandards die Wiederbelebung der europäischen Bergbauindustrie beschleunigen.
Um die Bedenken potenzieller Investoren von Bergbauprojekten in Europa auszuräumen, wäre ein dreistufiger Ansatz ratsam. Zunächst sollten die europäischen Vorkommen kritischer Rohstoffe eindeutig identifiziert werden, während relevante Gebiete vor der Genehmigung neuer kommerzieller oder privater Bauprojekte sorgfältig unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit bewertet werden sollten. Das im Rahmen des EU-Rohstoffgesetzes (CRMA) angedachte Netzwerk der europäischen Rohstoffagenturen könnte hier einen wertvollen Beitrag leisten.
Zweitens sollten die Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden, damit die durchschnittlichen Vorlaufzeiten nicht mehr, wie bisher, 16 Jahre betragen. Drittens sollten langfristige Abnahmeverträge privater Unternehmen durch ungebundene Finanzkredite oder ähnliche Instrumente unterstützt werden, um finanzielle Planungssicherheit zu schaffen.
Langfristig sollte auch die europäische Recycling-Infrastruktur für kritische Rohstoffe als mögliches Instrument zur Verringerung der Importabhängigkeit stärker anerkannt werden. Dieses Ziel wurde im EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft als Bestandteil des europäischen Green Deal formuliert. Insbesondere ressourcenintensive Wirtschaftszweige wie die Textil-, Bau-, Elektronik- und Kunststoffindustrie würden von weiteren Recyclinganstrengungen profitieren, um die Beschaffungskosten zu senken.
Wie die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen in ihrer letzten Rede zur Lage der Nation 2022 betonte, würde ein Verlust des verlässlichen Zugangs zu kritischen Rohstoffen sowohl unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als auch unseren Weg zu Netto-Null-Emissionen gefährden. In diesem Zusammenhang haben politische Entscheidungsträger und Unternehmen gleichermaßen erkannt, dass die Abhängigkeit Europas von der Gewinnung und Verarbeitung kritischer Rohstoffe durch nur wenige Anbieter unseren Wohlstand bedroht – insbesondere vor dem Hintergrund zunehmender geopolitischer Rivalitäten, die das Risiko wirtschaftlicher Zwangsmaßnahmen durch Drittstaaten erhöhen.
Wenn die Fehler, die bei der Beschaffung von Erdgas gemacht wurden, vermieden werden sollen, ist es jetzt an der Zeit zu handeln. Alle Augen richten sich daher auf Brüssel, wo das europäische Gesetz über kritische Rohstoffe voraussichtlich am 14. März 2023 vorgestellt werden soll.
Wenn Sie Fleischwaren zu Hause haben, die nicht mehr ganz frisch sind, dann dürfen Sie sie abschätzig alte Wurst nennen – aber nur in ganz speziellen Fällen Ahle Wurscht. Denn der Name ist jetzt eine von der EU geschützte geografische Angabe für eine nordhessische Spezialität – so wie Beelitzer Spargel, Nürnberger Lebkuchen, Schwäbische Spätzle oder Antep Baklavası. Wobei die Nordhessen in ihrer Mundart eher Ahle Worscht sagen, was nun aber ebenfalls geschützt ist.
Dabei handelt es sich um eine in traditioneller Herstellungsweise luftgetrocknete oder luftgetrocknete geräucherte Dauerwurst aus Schweinefleisch, die ausschließlich in den Landkreisen Werra-Meißner, Schwalm-Eder, Waldeck-Frankenberg, Hersfeld-Rothenburg, Marburg-Biedenkopf, Kassel und in der Stadt Kassel hergestellt wird. Also wenigstens Kassel können Sie sich vielleicht merken.
Nicht nur die Ahle Worscht, auch die verarbeiteten Schweine müssen aus der Gegend kommen. Und sie eignen sich nur dann als Wurstlieferanten, wenn sie länger gemästet sind als gewöhnlich. Im Schnitt mindestens 125 Kilogramm Lebendgewicht müssen die nordhessischen Schweine auf die Waage bringen, um sich für die Ahle Worscht zu qualifizieren.
Und wie schmeckt etwas, das so einen uncharmanten Namen trägt? Köstlich und aromatisch, finden die Liebhaber. “Die Konsistenz und das Mundgefühl sind etwas krümelig und mürber als bei Standarddauerwürsten”, schreiben die Fachleute. Und die Feinschmecker streiten sich, ob die Ahle Worscht als Feldkieker (in Keulenform), Dürre Runde (zusammengebunden in U-Form) oder Stracke (gerade Wurst) besser schmeckt.
In jedem Falle haben die Nordhessen (mit notorischem Minderwertigkeitskomplex gegenüber den Südhessen) nun Grund stolz zu sein, denn sie ziehen jetzt mit der Frankfurter Grie Soß (Grüne Soße) gleich. Die Frischkräuterkomposition ist bereits seit 2015 geografisch geschützt. Man kann beides auch zusammen verzehren, wird aber nicht empfohlen. Probieren Sie die hessischen Spezialitäten lieber separat. Guten Appetit. Corinna Visser