es ist ruhig geworden in Brüssel. Spätestens mit dem Beginn des August ist die Ferienzeit da. Dennoch gibt es einige Themen, die uns über den Sommer (und sicher auch lange darüber hinaus) keine Pause gönnen. Die Klimakrise gehört dazu. Die EU möchte die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) reformieren, damit die Landwirtschaft ihren Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise leisten kann. Doch der deutsche Strategieplan ist nicht gut angekommen – und muss überarbeitet werden. Mein Kollege Timo Landenberger hat mit dem Agrarexperten Aaron Scheid über die Reformpläne gesprochen.
Zur Klimakrise ist noch die Gaskrise hinzugekommen, die allerdings die verschiedenen Länder in der EU recht unterschiedlich betrifft. Wissenschaftler haben jetzt in einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor Alleingängen einzelner Länder gewarnt. Wie realistisch die Gefahr ist, dass Russland den Gashahn zudreht, musste Lettland jetzt erfahren. Gazprom hat die Gaslieferung an den baltischen Staat eingestellt. Unterdessen wird in Deutschland weiter über die Zukunft der Atomkraft diskutiert.
Dass bei all den Krisen und dem wirtschaftlichen Druck der Naturschutz nicht vergessen wird, dafür setzt sich Raphael Weyland in Brüssel ein. Er leitet das dortige Büro des NABU. Dabei wirbt Weyland nicht nur für den Schutz der Natur, sondern auch für Europa: “Ich versuche, Begeisterung für die EU zu wecken”, sagte der 42-Jährige meiner Kollegin Jana Hemmersemeier, die ein Portrait über ihn geschrieben hat.
Man sei im Zeitplan, betonte Cem Özdemir (Grüne) bei einer Agrar-Ministerkonferenz der Länder am Donnerstag (Europe.Table berichtete). Der Bundeslandwirtschaftsminister sprach von einem “großen Schritt, um Planungssicherheit zu bekommen und einem wichtigen Signal in Richtung Brüssel und für die Landwirte”.
Die Länder unterstützten den Kurs der Bundesregierung bei der Umsetzung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP), erklärte Özdemir. Die nötigen Anpassungen am deutschen Strategieplan könnten nun angegangen werden, die Genehmigung durch die EU-Kommission sei dann nur mehr Formsache. In dem besonders strittigen Punkt zu Ausnahmen bei den geplanten Flächenstilllegungen gab es am Donnerstag allerdings keine Einigung. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen (Europe.Table berichtete), in der GAP vorgesehene Umweltauflagen für ein Jahr auszusetzen, um die Produktion zu sichern und so auf die globale Lebensmittelkrise zu reagieren.
Im September will Özdemir den Strategieplan in Brüssel einreichen. Höchste Zeit für die Landwirte, denn ohne Genehmigung gibt es keine Rechtsgrundlage für die Agrarförderung, die seit jeher den größten Posten im EU-Haushalt einnimmt. Bereits in den kommenden Tagen und Wochen müssen die Bauern mit der Planung, Bodenbearbeitung und Aussaat für die Ernte des kommenden Jahres beginnen.
Das Landwirtschaftsministerium hatte den Strategieplan, der in der Periode von 2023 bis 2027 EU-Fördermittel von rund 30 Milliarden Euro umfasst, nach zweimonatiger Verspätung im Februar erstmals der Kommission vorgelegt. Man habe an dem “Erbstück” der Vorgänger-Regierung nur leichte Anpassungen vorgenommen, um den Prozess nicht in die Länge zu ziehen, sagte Özdemir am Donnerstag. Doch es kam anders.
Im Mai reagierte die Kommission mit deutlicher Kritik und forderte Nachbesserungen, insbesondere beim Umwelt- und Klimaschutz sowie beim Ökolandbau. Ein Umstand, der dem Grünen-Politiker Özdemir durchaus gelegen kam. “Tatsächlich hat aber kein Mitgliedstaat einen Strategieplan vorgelegt, der besonders ambitioniert gewesen wäre”, sagt Aaron Scheid, Agrarexperte beim Ecologic Institut. Meist würden lediglich die Mindestanforderungen erfüllt, wenn überhaupt.
Um den teils großen regionalen Unterschieden bei der Landwirtschaft gerecht zu werden, lässt die GAP-Reform den EU-Ländern viel Spielraum bei der Umsetzung. Aus diesem Grund wurde erstmals das Modell der Strategiepläne eingeführt, verbunden mit der Hoffnung, dass einige Länder vorangehen und andere nachziehen. Doch der Plan ging nach hinten los.
“Gerade die Strategiepläne der großen Länder wie Frankreich, Spanien oder Italien sind eher enttäuschend”, sagt Scheid. Der deutsche Plan gehöre noch zu den ambitioniertesten und enthalte einige innovative Ansätze, darunter eine Ergebnisorientierung bei einer der Öko-Regelungen.
Den Erfolg einer Maßnahme und nicht bereits die Implementierung zu honorieren sei eine vielversprechende Idee, die viel gelobt werde, erläutert Scheid. Konkret müssen Landwirte beispielsweise künftig nicht nur Grünlandflächen vorhalten und pflegen. Auch muss der “Nachweis von mindestens vier regionalen Kennarten des artenreichen Grünlands” erbracht werden, um die Zahlungen zu erhalten.
Dennoch sei auch der deutsche Strategieplan nicht ausgereift und enthalte viele Unklarheiten. So strebt die Bunderegierung gemäß Koalitionsvertrag in der Landwirtschaft einen Ökolandbau-Anteil von 30 Prozent bis 2030 an. Der GAP-Strategieplan ziele aber lediglich auf 14 Prozent ab, sagt Scheid. Eine Differenz, die auch von der EU-Kommission kritisiert wurde.
Ähnliches gilt für die Reduktion des Einsatzes chemischer Pestizide. Die EU erarbeitet derzeit eine neue Richtlinie (Europe.Table berichtete), um den Pestizideinsatz EU-weit zu halbieren. Die im deutschen Plan vorgesehenen Maßnahmen würden hingegen nur auf neun Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche zu einem nachhaltigen Pestizideinsatz führen.
Daneben ist weiter unklar, wie mit Öko-Betrieben umgegangen werden soll, die etliche der vorgesehenen Maßnahmen bereits umsetzen, dafür an anderer Stelle aber auch schon Fördergelder erhalten. “Eine Doppelhonorierung muss natürlich vermieden werden. Andererseits sollten Bio-Betriebe auch nicht benachteiligt werden”, meint Scheid.
In ihrer Reaktion auf den Strategieplan hatte die EU-Kommission außerdem das Ambitionsniveau bei den vorgesehenen Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen der ersten Säule als zu niedrig kritisiert. Die neun Maßnahmen zum Erhalt eines “guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustands” (GLÖZ) müssen von allen Landwirten umgesetzt werden, die die Direktzahlungen der GAP erhalten möchten. Darunter fällt beispielsweise die nun diskutierte Flächenstilllegung sowie der Fruchtwechsel. Aber auch Vorgaben zum Erhalt von Grünland oder zum Schutz von Mooren.
Darüber hinaus müssen 25 Prozent der GAP-Fördermittel von den EU-Staaten für sogenannte Eco-Schemes verwendet werden. Diese Öko-Regelungen sollen für die Landwirte freiwillig sein, die Umsetzung soll entsprechend honoriert werden, um Anreize zu schaffen. Deutschland hat sieben solcher Eco-Schemes definiert, darunter der Verzicht auf Pestizide oder der Anbau vielfältiger Kulturen. Die Prämien wurden jedoch von Kommission und Umweltverbänden als zu niedrig kritisiert und sollen nun zumindest teilweise erhöht werden, zumal der deutsche Strategieplan bislang nur 23 Prozent der Gelder für die Öko-Regelungen vorsieht.
Mit der GAP-Reform soll der Beitrag der Landwirtschaft zum Umwelt- und Klimaschutz erhöht werden. Denn nach wie vor gehört der Sektor zu den größten Treibhausgas-Emittenten und obwohl die Fördergelder in den vergangenen Jahren eigentlich immer stärker an Umweltschutzauflagen geknüpft wurden, verbesserte sich die Bilanz kaum.
So wurden seit 2014 30 Prozent der Direktzahlungen und damit viele Milliarden an das sogenannte “Greening” gekoppelt, das die Bodenqualität verbessern, Artenvielfalt erhöhen sowie Klima und Umwelt schützen sollte. Gebracht hat es fast gar nichts, wie eine Anfang Juli vorgestellte Studie des Thünen-Instituts erneut zeigt.
Das soll sich nun ändern. Umweltschützer bezweifeln jedoch, dass die Reform, die in Brüssel unter zähem Ringen erst im zweiten Anlauf zustande kam, wirklich zu Veränderungen führt. “Es steckt eindeutig mehr Klima- und Umweltschutz drin als zuvor”, sagt Agrarexperte Scheid. “Aber ob sie wirklich die Probleme löst, da bin ich skeptisch.”
Der wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums warnt in einem Brief an Minister Robert Habeck (Grüne) vor nationalen Alleingängen bei der Gasbeschaffung. “Wenn die Gaszuteilung auf der Grundlage von Marktpreisen geschehen soll, wird Deutschland den Preis nach oben treiben und andere Länder könnten versucht sein, Lieferungen nach Deutschland zu unterbinden, um den Preis im Inland nicht zu stark ansteigen zu lassen”, schrieben die Wirtschaftswissenschaftler um den Vorsitzenden Klaus M. Schmidt von der LMU München vergangene Woche. “Wenn die europäische Kooperation hier funktionieren soll, wird Deutschland auf die anderen europäischen Staaten zugehen und Kompensationszahlungen anbieten müssen.”
Die hohen Gaspreise führten dazu, dass einige Staaten wie Bulgarien ihre Speicher bis zum Winter nicht ausreichend füllen könnten. Deutschland sollte mit seinen Nachbarstaaten Verträge abschließen, die verhindern, dass bei einer weiteren Verschärfung der Gaskrise die Märkte national abgeschottet werden, teilten die Ökonomen mit. “Wenn Russland die Gaslieferungen völlig einstellt, steht Europa vor einer enormen Belastungsprobe”, sagt Achim Wambach, Präsident des ZEW.
Beim Gassparen verweisen die Ökonomen auf ein Trittbrettfahrer-Problem. “Wenn ein Land in Europa Gas einspart und damit Druck aus dem Gasmarkt nimmt, profitieren die anderen Länder ebenso davon. Deswegen ist es für den Erfolg solcher Maßnahmen entscheidend, dass sie europäisch koordiniert werden.” ber
Der Energiekonzern aus Russland Gazprom liefert dem baltischen EU-Land Lettland kein Gas mehr. Das Unternehmen habe die Lieferungen eingestellt, weil gegen die Bedingungen der Entnahme von Gas verstoßen worden sei, teilte der Gazprom am Samstag mit. Details zu den Verstößen nannte der Staatskonzern nicht. Die lettische Wirtschaftsministerin Ilze Indriksone sagte der Nachrichtenagentur Leta in der Hauptstadt Riga, dass das Land ausreichend Gas haben werde für die Heizsaison.
Lettland habe ohnehin nicht mehr mit den Lieferungen aus Russland gerechnet, sagte Indriksone. Die Vorräte, die angezapft werden sollen, lagern ihren Angaben nach im unterirdischen Gasspeicher in Inčukalns rund 40 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Riga. Die Betreiberfirma Conexus Baltic Grid hatte in der vergangenen Woche erklärt, dass die Reserven im Januar enden könnten. Lettland kauft auch Gas bei anderen Staaten.
Russland hatte zuletzt die Gaslieferungen in mehrere EU-Länder eingestellt, darunter Polen und Bulgarien, weil diese sich geweigert hatten, in Rubel zu bezahlen. Kremlchef Wladimir Putin hatte diese neue Regelung als Reaktion auf die Sanktionen der EU gegen Russland eingeführt. Üblich waren Zahlungen in Euro oder Dollar. dpa
Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Stefan Wolf, hat sich für einen Weiterbetrieb der drei in Deutschland noch laufenden Atomkraftwerke und eine Debatte über den Bau neuer Reaktoren ausgesprochen. “Ich halte eine längere Laufzeit der Atomkraftwerke für absolut notwendig”, sagte Wolf den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Eine verlängerte Laufzeit der drei noch im Betrieb befindlichen Atomkraftwerke könne die Verstromung von Gas deutlich reduzieren und dazu beitragen, die Stromversorgung zu sichern, wenn wirklich kein Gas mehr zu Verfügung stehe.
“Wir müssen aber auch eine Debatte über den Bau von neuen Atomkraftwerken führen”, sagte Wolf weiter. “Weltweit werden derzeit 50 neue Atomkraftwerke gebaut, die Technik hat sich weiterentwickelt. Die EU hat die Atomenergie gerade erst als grüne Energie gekennzeichnet.”
Wolf bezieht sich dabei auf die Taxonomie. Die EU hat damit Anfang Juli einen Katalog für klimafreundliche Investitionen auf den Weg gebracht. In diesem Rahmen gilt von Januar 2023 an auch als klimafreundlich, Geld in bestimmte Gas- und Atomkraftwerke zu stecken. Das finden unter anderem Umweltschützer falsch (Europe.Table berichtete).
Aktuell sind noch drei Atomkraftwerke in Deutschland am Netz: Emsland in Niedersachsen, Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg. Sie sollen laut Gesetzeslage aber Ende 2022 abgeschaltet werden. Diskutiert wird unter anderem, sie in einem sogenannten Streckbetrieb einige Monate länger laufen zu lassen. Dies fordern etwa FDP-Politiker, auch Grünen-Politiker schließen es nicht aus. Letztere verweisen aber auf einen neuen Stresstest zur Stromversorgung (Europe.Table berichtete), den Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) angeordnet hat. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hielt am Wochenende verlängerte Laufzeiten um mehrere Jahre für möglich. Längst wird aber auch über die Wiederinbetriebnahme von bereits stillgelegten AKW debattiert.
Grünen-Chefin Ricarda Lang erteilte jedoch dem Wiedereinstieg in die Atomkraft eine Absage. Lang sagte im ZDF-Sommerinterview mit Blick auf Aussagen von Finanzminister Christian Lindner (FDP), wonach Atomkraftwerke bis 2024 notfalls am Netz bleiben müssten: “Das, was Christian Lindner da will, ist nichts anderes als der Wiedereinstieg in die Atomkraft. Und das wird es mit uns auf jeden Fall nicht geben.” Lang machte deutlich, sie wolle einen zweiten Stresstest zur Sicherheit der Stromversorgung in Deutschland abwarten und ergänzte: “Wir haben ein Wärmeproblem, kein Stromproblem.” dpa
Die EU will Missbrauchsdarstellungen von Kindern im Netz (Child Sexual Abuse Material – CSAM) besser bekämpfen. Dazu will sie auch private Chats mitlesen dürfen. Bedenken kommen nun vom Europäischen Datenschutzbeauftragten (EDPS) und dem Europäischen Datenschutzausschuss (EDPB), die eine gemeinsame Stellungnahme vorgelegt haben. Zuvor hatte es auch in Deutschland Kritik an dem Vorhaben gegeben (Europe.Table berichtete).
Die EU-Kommission hatte im Mai einen Gesetzentwurf vorgelegt (Europe.Table berichtete), mit dem sie die Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen im Internet eindämmen will. Bürgerrechtsorganisationen und andere Kritiker sahen darin den Versuch, die gesamte Kommunikation im Netz inklusive verschlüsselter Nachrichten zu scannen und fürchten eine massenhafte Überwachung.
Der Datenschutzbeauftrage und der Datenschutzausschuss erklärten nun, dass auch sie den sexuellen Missbrauch von Kindern als ein besonders schweres und abscheuliches Verbrechen erachteten. Einschränkungen des Rechts auf Privatleben und Datenschutz müssten jedoch den Kern dieser Grundrechte respektieren und auf das unbedingt notwendige und verhältnismäßige Maß beschränkt bleiben.
Der EDPS und der EDPB kommen zu der Ansicht, “dass der Vorschlag in seiner derzeitigen Form möglicherweise mehr Risiken für Einzelpersonen und damit für die Gesellschaft im Allgemeinen birgt als für die Straftäter, die im Rahmen der CSAM verfolgt werden”. Sie unterstützten zwar die Ziele und Absichten, die dem Vorschlag zugrunde liegen, äußern jedoch ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen der geplanten Maßnahmen auf die Privatsphäre und die personenbezogenen Daten des Einzelnen.
“Der Mangel an Details, Klarheit und Präzision der Bedingungen für den Erlass einer Aufdeckungsanordnung für CSAM und die Anwerbung von Kindern stellt nicht sicher, dass nur ein gezielter Ansatz für die Aufdeckung von CSAM tatsächlich erfolgt”, schreiben die Datenschützer. “Es besteht die Gefahr, dass der Vorschlag die Grundlage für ein allgemeines und wahlloses Durchsuchen des Inhalts praktisch aller Arten von elektronischer Kommunikation bilden könnte.” Der EDSB und der EDSB empfehlen, dass die Bedingungen für den Erlass einer Aufdeckungsanordnung weiter geklärt werden sollten.
Nach Meinung des stellvertretenden Vorsitzenden des EDSB, Ventsislav Karadjov, weist der Vorschlag in seiner jetzigen Form schwerwiegende Mängel auf. “Ihm fehlt es in vielen Punkten an Rechtssicherheit, und er enthält vage Begriffe, die zu unterschiedlichen Umsetzungen in der EU führen können, insbesondere in Bezug auf Ermittlungsanordnungen.” In der derzeit vorgeschlagenen Form könnten diese Anordnungen denjenigen, die sie schützen sollen, sogar schaden. “Sie könnten zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Vertraulichkeit der Kommunikation führen, wodurch Kinder, die diese Dienste nutzen, der Überwachung oder dem Abhören ausgesetzt wären.”
In ihrer gemeinsamen Stellungnahme betonen der EDPS und der EDSB, dass die Verschlüsselung in grundlegender Weise zur Achtung des Privatlebens und zur Vertraulichkeit der Kommunikation, zur Meinungsfreiheit, zur Innovation und zum Wachstum der digitalen Wirtschaft beiträgt. vis
“Wenn man sich für Umweltschutz einsetzen will, dann ist Brüssel natürlich eine gute Adresse”, sagt Raphael Weyland. Genau das macht der 42-jährige Jurist nun seit sieben Jahren. Auf Twitter bezeichnet er sich unter anderem als “Weltretter”. Als Leiter des NABU-Büros in Brüssel will er dafür sorgen, dass EU-Gesetze Natur und Arten schützen.
Schon in seiner Promotion beschäftigte sich Weyland mit dem Umweltgesetzbuch, in Hamburg arbeitete er als Anwalt für Umweltrecht. An seiner Arbeit auf EU-Ebene gefällt ihm, dass jedes Vorhaben eine große Wirkung haben kann. EU-Recht sei beständiger als die Gesetze einzelner Regierungen, sagt er. Und: “Was beschlossen wird, gilt sofort für einen riesigen Rechtsraum”, sagt Weyland.
Deshalb setzt er große Hoffnungen in ein neues EU-Renaturierungsgesetz (Europe.Table berichtete). Die Kommission hat Ende Juni einen Vorschlag gemacht, den nun Rat und Parlament diskutieren müssen. Für Raphael Weyland ein großer Schritt, es sei das erste EU-Vorhaben für Natur- und Artenschutz seit Jahrzehnten. “Und das trotz massiven Lobbydrucks”, betont Weyland.
Denn wenn Umweltverbände wie NABU, WWF und andere in Brüssel für mehr Naturschutz werben, müssen sie sich unter anderem gegen die Agrar- und Forstwirtschaftslobby durchsetzen. Etwa 70 Prozent der Brüsseler Lobbyisten arbeiten nach Angaben der Organisation Lobby Control für Unternehmen und ihre Verbände. “Wir sind der Gegenpol zur Wirtschaftslobby“, sagt Weyland, “deshalb ist es wichtig, dass wir gut kooperieren”.
Der NABU ist Mitglied im Europäischen Umweltbüro, einem Zusammenschluss aus 180 Organisationen. Neben Treffen mit Parlamentariern und Ratsmitgliedern arbeitet Weyland deshalb viel an Fachthemen, mit Juristinnen, Biologen und anderen Experten. Der Austausch mit so vielen verschiedenen Menschen ist ihm wichtig.
Daneben begleitet Weyland Besuchsgruppen aus Deutschland, diskutiert auf Panels und berichtet in einem Blog von Hintergründen aus der Brüssel-Blase. Er will die EU nicht nur grüner, sondern auch beliebter machen: “Ich versuche, Begeisterung für die EU zu wecken.” Zusammen mit anderen Interessenvertretern fordert er zudem, dass die Mitgliedsstaaten strenger überwacht werden, damit sie EU-Recht auch wirklich umsetzen. “Sonst verlieren die Bürger irgendwann den Glauben daran”, sagt der 42-Jährige.
Auch die nächsten Europawahlen 2024 hat Weyland schon im Blick. Er will dafür kämpfen, dass der European Green Deal auch mit neuer Kommission und neuem Parlament eine Priorität bleibt. Außerdem fordert er regelmäßig strukturelle Verbesserungen. Die EU müsse effektiver, transparenter, demokratischer werden. “Daran”, sagt Weyland, “müssen wir tagtäglich arbeiten”. Jana Hemmersemeier
es ist ruhig geworden in Brüssel. Spätestens mit dem Beginn des August ist die Ferienzeit da. Dennoch gibt es einige Themen, die uns über den Sommer (und sicher auch lange darüber hinaus) keine Pause gönnen. Die Klimakrise gehört dazu. Die EU möchte die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) reformieren, damit die Landwirtschaft ihren Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise leisten kann. Doch der deutsche Strategieplan ist nicht gut angekommen – und muss überarbeitet werden. Mein Kollege Timo Landenberger hat mit dem Agrarexperten Aaron Scheid über die Reformpläne gesprochen.
Zur Klimakrise ist noch die Gaskrise hinzugekommen, die allerdings die verschiedenen Länder in der EU recht unterschiedlich betrifft. Wissenschaftler haben jetzt in einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor Alleingängen einzelner Länder gewarnt. Wie realistisch die Gefahr ist, dass Russland den Gashahn zudreht, musste Lettland jetzt erfahren. Gazprom hat die Gaslieferung an den baltischen Staat eingestellt. Unterdessen wird in Deutschland weiter über die Zukunft der Atomkraft diskutiert.
Dass bei all den Krisen und dem wirtschaftlichen Druck der Naturschutz nicht vergessen wird, dafür setzt sich Raphael Weyland in Brüssel ein. Er leitet das dortige Büro des NABU. Dabei wirbt Weyland nicht nur für den Schutz der Natur, sondern auch für Europa: “Ich versuche, Begeisterung für die EU zu wecken”, sagte der 42-Jährige meiner Kollegin Jana Hemmersemeier, die ein Portrait über ihn geschrieben hat.
Man sei im Zeitplan, betonte Cem Özdemir (Grüne) bei einer Agrar-Ministerkonferenz der Länder am Donnerstag (Europe.Table berichtete). Der Bundeslandwirtschaftsminister sprach von einem “großen Schritt, um Planungssicherheit zu bekommen und einem wichtigen Signal in Richtung Brüssel und für die Landwirte”.
Die Länder unterstützten den Kurs der Bundesregierung bei der Umsetzung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP), erklärte Özdemir. Die nötigen Anpassungen am deutschen Strategieplan könnten nun angegangen werden, die Genehmigung durch die EU-Kommission sei dann nur mehr Formsache. In dem besonders strittigen Punkt zu Ausnahmen bei den geplanten Flächenstilllegungen gab es am Donnerstag allerdings keine Einigung. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen (Europe.Table berichtete), in der GAP vorgesehene Umweltauflagen für ein Jahr auszusetzen, um die Produktion zu sichern und so auf die globale Lebensmittelkrise zu reagieren.
Im September will Özdemir den Strategieplan in Brüssel einreichen. Höchste Zeit für die Landwirte, denn ohne Genehmigung gibt es keine Rechtsgrundlage für die Agrarförderung, die seit jeher den größten Posten im EU-Haushalt einnimmt. Bereits in den kommenden Tagen und Wochen müssen die Bauern mit der Planung, Bodenbearbeitung und Aussaat für die Ernte des kommenden Jahres beginnen.
Das Landwirtschaftsministerium hatte den Strategieplan, der in der Periode von 2023 bis 2027 EU-Fördermittel von rund 30 Milliarden Euro umfasst, nach zweimonatiger Verspätung im Februar erstmals der Kommission vorgelegt. Man habe an dem “Erbstück” der Vorgänger-Regierung nur leichte Anpassungen vorgenommen, um den Prozess nicht in die Länge zu ziehen, sagte Özdemir am Donnerstag. Doch es kam anders.
Im Mai reagierte die Kommission mit deutlicher Kritik und forderte Nachbesserungen, insbesondere beim Umwelt- und Klimaschutz sowie beim Ökolandbau. Ein Umstand, der dem Grünen-Politiker Özdemir durchaus gelegen kam. “Tatsächlich hat aber kein Mitgliedstaat einen Strategieplan vorgelegt, der besonders ambitioniert gewesen wäre”, sagt Aaron Scheid, Agrarexperte beim Ecologic Institut. Meist würden lediglich die Mindestanforderungen erfüllt, wenn überhaupt.
Um den teils großen regionalen Unterschieden bei der Landwirtschaft gerecht zu werden, lässt die GAP-Reform den EU-Ländern viel Spielraum bei der Umsetzung. Aus diesem Grund wurde erstmals das Modell der Strategiepläne eingeführt, verbunden mit der Hoffnung, dass einige Länder vorangehen und andere nachziehen. Doch der Plan ging nach hinten los.
“Gerade die Strategiepläne der großen Länder wie Frankreich, Spanien oder Italien sind eher enttäuschend”, sagt Scheid. Der deutsche Plan gehöre noch zu den ambitioniertesten und enthalte einige innovative Ansätze, darunter eine Ergebnisorientierung bei einer der Öko-Regelungen.
Den Erfolg einer Maßnahme und nicht bereits die Implementierung zu honorieren sei eine vielversprechende Idee, die viel gelobt werde, erläutert Scheid. Konkret müssen Landwirte beispielsweise künftig nicht nur Grünlandflächen vorhalten und pflegen. Auch muss der “Nachweis von mindestens vier regionalen Kennarten des artenreichen Grünlands” erbracht werden, um die Zahlungen zu erhalten.
Dennoch sei auch der deutsche Strategieplan nicht ausgereift und enthalte viele Unklarheiten. So strebt die Bunderegierung gemäß Koalitionsvertrag in der Landwirtschaft einen Ökolandbau-Anteil von 30 Prozent bis 2030 an. Der GAP-Strategieplan ziele aber lediglich auf 14 Prozent ab, sagt Scheid. Eine Differenz, die auch von der EU-Kommission kritisiert wurde.
Ähnliches gilt für die Reduktion des Einsatzes chemischer Pestizide. Die EU erarbeitet derzeit eine neue Richtlinie (Europe.Table berichtete), um den Pestizideinsatz EU-weit zu halbieren. Die im deutschen Plan vorgesehenen Maßnahmen würden hingegen nur auf neun Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche zu einem nachhaltigen Pestizideinsatz führen.
Daneben ist weiter unklar, wie mit Öko-Betrieben umgegangen werden soll, die etliche der vorgesehenen Maßnahmen bereits umsetzen, dafür an anderer Stelle aber auch schon Fördergelder erhalten. “Eine Doppelhonorierung muss natürlich vermieden werden. Andererseits sollten Bio-Betriebe auch nicht benachteiligt werden”, meint Scheid.
In ihrer Reaktion auf den Strategieplan hatte die EU-Kommission außerdem das Ambitionsniveau bei den vorgesehenen Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen der ersten Säule als zu niedrig kritisiert. Die neun Maßnahmen zum Erhalt eines “guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustands” (GLÖZ) müssen von allen Landwirten umgesetzt werden, die die Direktzahlungen der GAP erhalten möchten. Darunter fällt beispielsweise die nun diskutierte Flächenstilllegung sowie der Fruchtwechsel. Aber auch Vorgaben zum Erhalt von Grünland oder zum Schutz von Mooren.
Darüber hinaus müssen 25 Prozent der GAP-Fördermittel von den EU-Staaten für sogenannte Eco-Schemes verwendet werden. Diese Öko-Regelungen sollen für die Landwirte freiwillig sein, die Umsetzung soll entsprechend honoriert werden, um Anreize zu schaffen. Deutschland hat sieben solcher Eco-Schemes definiert, darunter der Verzicht auf Pestizide oder der Anbau vielfältiger Kulturen. Die Prämien wurden jedoch von Kommission und Umweltverbänden als zu niedrig kritisiert und sollen nun zumindest teilweise erhöht werden, zumal der deutsche Strategieplan bislang nur 23 Prozent der Gelder für die Öko-Regelungen vorsieht.
Mit der GAP-Reform soll der Beitrag der Landwirtschaft zum Umwelt- und Klimaschutz erhöht werden. Denn nach wie vor gehört der Sektor zu den größten Treibhausgas-Emittenten und obwohl die Fördergelder in den vergangenen Jahren eigentlich immer stärker an Umweltschutzauflagen geknüpft wurden, verbesserte sich die Bilanz kaum.
So wurden seit 2014 30 Prozent der Direktzahlungen und damit viele Milliarden an das sogenannte “Greening” gekoppelt, das die Bodenqualität verbessern, Artenvielfalt erhöhen sowie Klima und Umwelt schützen sollte. Gebracht hat es fast gar nichts, wie eine Anfang Juli vorgestellte Studie des Thünen-Instituts erneut zeigt.
Das soll sich nun ändern. Umweltschützer bezweifeln jedoch, dass die Reform, die in Brüssel unter zähem Ringen erst im zweiten Anlauf zustande kam, wirklich zu Veränderungen führt. “Es steckt eindeutig mehr Klima- und Umweltschutz drin als zuvor”, sagt Agrarexperte Scheid. “Aber ob sie wirklich die Probleme löst, da bin ich skeptisch.”
Der wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums warnt in einem Brief an Minister Robert Habeck (Grüne) vor nationalen Alleingängen bei der Gasbeschaffung. “Wenn die Gaszuteilung auf der Grundlage von Marktpreisen geschehen soll, wird Deutschland den Preis nach oben treiben und andere Länder könnten versucht sein, Lieferungen nach Deutschland zu unterbinden, um den Preis im Inland nicht zu stark ansteigen zu lassen”, schrieben die Wirtschaftswissenschaftler um den Vorsitzenden Klaus M. Schmidt von der LMU München vergangene Woche. “Wenn die europäische Kooperation hier funktionieren soll, wird Deutschland auf die anderen europäischen Staaten zugehen und Kompensationszahlungen anbieten müssen.”
Die hohen Gaspreise führten dazu, dass einige Staaten wie Bulgarien ihre Speicher bis zum Winter nicht ausreichend füllen könnten. Deutschland sollte mit seinen Nachbarstaaten Verträge abschließen, die verhindern, dass bei einer weiteren Verschärfung der Gaskrise die Märkte national abgeschottet werden, teilten die Ökonomen mit. “Wenn Russland die Gaslieferungen völlig einstellt, steht Europa vor einer enormen Belastungsprobe”, sagt Achim Wambach, Präsident des ZEW.
Beim Gassparen verweisen die Ökonomen auf ein Trittbrettfahrer-Problem. “Wenn ein Land in Europa Gas einspart und damit Druck aus dem Gasmarkt nimmt, profitieren die anderen Länder ebenso davon. Deswegen ist es für den Erfolg solcher Maßnahmen entscheidend, dass sie europäisch koordiniert werden.” ber
Der Energiekonzern aus Russland Gazprom liefert dem baltischen EU-Land Lettland kein Gas mehr. Das Unternehmen habe die Lieferungen eingestellt, weil gegen die Bedingungen der Entnahme von Gas verstoßen worden sei, teilte der Gazprom am Samstag mit. Details zu den Verstößen nannte der Staatskonzern nicht. Die lettische Wirtschaftsministerin Ilze Indriksone sagte der Nachrichtenagentur Leta in der Hauptstadt Riga, dass das Land ausreichend Gas haben werde für die Heizsaison.
Lettland habe ohnehin nicht mehr mit den Lieferungen aus Russland gerechnet, sagte Indriksone. Die Vorräte, die angezapft werden sollen, lagern ihren Angaben nach im unterirdischen Gasspeicher in Inčukalns rund 40 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Riga. Die Betreiberfirma Conexus Baltic Grid hatte in der vergangenen Woche erklärt, dass die Reserven im Januar enden könnten. Lettland kauft auch Gas bei anderen Staaten.
Russland hatte zuletzt die Gaslieferungen in mehrere EU-Länder eingestellt, darunter Polen und Bulgarien, weil diese sich geweigert hatten, in Rubel zu bezahlen. Kremlchef Wladimir Putin hatte diese neue Regelung als Reaktion auf die Sanktionen der EU gegen Russland eingeführt. Üblich waren Zahlungen in Euro oder Dollar. dpa
Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Stefan Wolf, hat sich für einen Weiterbetrieb der drei in Deutschland noch laufenden Atomkraftwerke und eine Debatte über den Bau neuer Reaktoren ausgesprochen. “Ich halte eine längere Laufzeit der Atomkraftwerke für absolut notwendig”, sagte Wolf den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Eine verlängerte Laufzeit der drei noch im Betrieb befindlichen Atomkraftwerke könne die Verstromung von Gas deutlich reduzieren und dazu beitragen, die Stromversorgung zu sichern, wenn wirklich kein Gas mehr zu Verfügung stehe.
“Wir müssen aber auch eine Debatte über den Bau von neuen Atomkraftwerken führen”, sagte Wolf weiter. “Weltweit werden derzeit 50 neue Atomkraftwerke gebaut, die Technik hat sich weiterentwickelt. Die EU hat die Atomenergie gerade erst als grüne Energie gekennzeichnet.”
Wolf bezieht sich dabei auf die Taxonomie. Die EU hat damit Anfang Juli einen Katalog für klimafreundliche Investitionen auf den Weg gebracht. In diesem Rahmen gilt von Januar 2023 an auch als klimafreundlich, Geld in bestimmte Gas- und Atomkraftwerke zu stecken. Das finden unter anderem Umweltschützer falsch (Europe.Table berichtete).
Aktuell sind noch drei Atomkraftwerke in Deutschland am Netz: Emsland in Niedersachsen, Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg. Sie sollen laut Gesetzeslage aber Ende 2022 abgeschaltet werden. Diskutiert wird unter anderem, sie in einem sogenannten Streckbetrieb einige Monate länger laufen zu lassen. Dies fordern etwa FDP-Politiker, auch Grünen-Politiker schließen es nicht aus. Letztere verweisen aber auf einen neuen Stresstest zur Stromversorgung (Europe.Table berichtete), den Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) angeordnet hat. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hielt am Wochenende verlängerte Laufzeiten um mehrere Jahre für möglich. Längst wird aber auch über die Wiederinbetriebnahme von bereits stillgelegten AKW debattiert.
Grünen-Chefin Ricarda Lang erteilte jedoch dem Wiedereinstieg in die Atomkraft eine Absage. Lang sagte im ZDF-Sommerinterview mit Blick auf Aussagen von Finanzminister Christian Lindner (FDP), wonach Atomkraftwerke bis 2024 notfalls am Netz bleiben müssten: “Das, was Christian Lindner da will, ist nichts anderes als der Wiedereinstieg in die Atomkraft. Und das wird es mit uns auf jeden Fall nicht geben.” Lang machte deutlich, sie wolle einen zweiten Stresstest zur Sicherheit der Stromversorgung in Deutschland abwarten und ergänzte: “Wir haben ein Wärmeproblem, kein Stromproblem.” dpa
Die EU will Missbrauchsdarstellungen von Kindern im Netz (Child Sexual Abuse Material – CSAM) besser bekämpfen. Dazu will sie auch private Chats mitlesen dürfen. Bedenken kommen nun vom Europäischen Datenschutzbeauftragten (EDPS) und dem Europäischen Datenschutzausschuss (EDPB), die eine gemeinsame Stellungnahme vorgelegt haben. Zuvor hatte es auch in Deutschland Kritik an dem Vorhaben gegeben (Europe.Table berichtete).
Die EU-Kommission hatte im Mai einen Gesetzentwurf vorgelegt (Europe.Table berichtete), mit dem sie die Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen im Internet eindämmen will. Bürgerrechtsorganisationen und andere Kritiker sahen darin den Versuch, die gesamte Kommunikation im Netz inklusive verschlüsselter Nachrichten zu scannen und fürchten eine massenhafte Überwachung.
Der Datenschutzbeauftrage und der Datenschutzausschuss erklärten nun, dass auch sie den sexuellen Missbrauch von Kindern als ein besonders schweres und abscheuliches Verbrechen erachteten. Einschränkungen des Rechts auf Privatleben und Datenschutz müssten jedoch den Kern dieser Grundrechte respektieren und auf das unbedingt notwendige und verhältnismäßige Maß beschränkt bleiben.
Der EDPS und der EDPB kommen zu der Ansicht, “dass der Vorschlag in seiner derzeitigen Form möglicherweise mehr Risiken für Einzelpersonen und damit für die Gesellschaft im Allgemeinen birgt als für die Straftäter, die im Rahmen der CSAM verfolgt werden”. Sie unterstützten zwar die Ziele und Absichten, die dem Vorschlag zugrunde liegen, äußern jedoch ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen der geplanten Maßnahmen auf die Privatsphäre und die personenbezogenen Daten des Einzelnen.
“Der Mangel an Details, Klarheit und Präzision der Bedingungen für den Erlass einer Aufdeckungsanordnung für CSAM und die Anwerbung von Kindern stellt nicht sicher, dass nur ein gezielter Ansatz für die Aufdeckung von CSAM tatsächlich erfolgt”, schreiben die Datenschützer. “Es besteht die Gefahr, dass der Vorschlag die Grundlage für ein allgemeines und wahlloses Durchsuchen des Inhalts praktisch aller Arten von elektronischer Kommunikation bilden könnte.” Der EDSB und der EDSB empfehlen, dass die Bedingungen für den Erlass einer Aufdeckungsanordnung weiter geklärt werden sollten.
Nach Meinung des stellvertretenden Vorsitzenden des EDSB, Ventsislav Karadjov, weist der Vorschlag in seiner jetzigen Form schwerwiegende Mängel auf. “Ihm fehlt es in vielen Punkten an Rechtssicherheit, und er enthält vage Begriffe, die zu unterschiedlichen Umsetzungen in der EU führen können, insbesondere in Bezug auf Ermittlungsanordnungen.” In der derzeit vorgeschlagenen Form könnten diese Anordnungen denjenigen, die sie schützen sollen, sogar schaden. “Sie könnten zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Vertraulichkeit der Kommunikation führen, wodurch Kinder, die diese Dienste nutzen, der Überwachung oder dem Abhören ausgesetzt wären.”
In ihrer gemeinsamen Stellungnahme betonen der EDPS und der EDSB, dass die Verschlüsselung in grundlegender Weise zur Achtung des Privatlebens und zur Vertraulichkeit der Kommunikation, zur Meinungsfreiheit, zur Innovation und zum Wachstum der digitalen Wirtschaft beiträgt. vis
“Wenn man sich für Umweltschutz einsetzen will, dann ist Brüssel natürlich eine gute Adresse”, sagt Raphael Weyland. Genau das macht der 42-jährige Jurist nun seit sieben Jahren. Auf Twitter bezeichnet er sich unter anderem als “Weltretter”. Als Leiter des NABU-Büros in Brüssel will er dafür sorgen, dass EU-Gesetze Natur und Arten schützen.
Schon in seiner Promotion beschäftigte sich Weyland mit dem Umweltgesetzbuch, in Hamburg arbeitete er als Anwalt für Umweltrecht. An seiner Arbeit auf EU-Ebene gefällt ihm, dass jedes Vorhaben eine große Wirkung haben kann. EU-Recht sei beständiger als die Gesetze einzelner Regierungen, sagt er. Und: “Was beschlossen wird, gilt sofort für einen riesigen Rechtsraum”, sagt Weyland.
Deshalb setzt er große Hoffnungen in ein neues EU-Renaturierungsgesetz (Europe.Table berichtete). Die Kommission hat Ende Juni einen Vorschlag gemacht, den nun Rat und Parlament diskutieren müssen. Für Raphael Weyland ein großer Schritt, es sei das erste EU-Vorhaben für Natur- und Artenschutz seit Jahrzehnten. “Und das trotz massiven Lobbydrucks”, betont Weyland.
Denn wenn Umweltverbände wie NABU, WWF und andere in Brüssel für mehr Naturschutz werben, müssen sie sich unter anderem gegen die Agrar- und Forstwirtschaftslobby durchsetzen. Etwa 70 Prozent der Brüsseler Lobbyisten arbeiten nach Angaben der Organisation Lobby Control für Unternehmen und ihre Verbände. “Wir sind der Gegenpol zur Wirtschaftslobby“, sagt Weyland, “deshalb ist es wichtig, dass wir gut kooperieren”.
Der NABU ist Mitglied im Europäischen Umweltbüro, einem Zusammenschluss aus 180 Organisationen. Neben Treffen mit Parlamentariern und Ratsmitgliedern arbeitet Weyland deshalb viel an Fachthemen, mit Juristinnen, Biologen und anderen Experten. Der Austausch mit so vielen verschiedenen Menschen ist ihm wichtig.
Daneben begleitet Weyland Besuchsgruppen aus Deutschland, diskutiert auf Panels und berichtet in einem Blog von Hintergründen aus der Brüssel-Blase. Er will die EU nicht nur grüner, sondern auch beliebter machen: “Ich versuche, Begeisterung für die EU zu wecken.” Zusammen mit anderen Interessenvertretern fordert er zudem, dass die Mitgliedsstaaten strenger überwacht werden, damit sie EU-Recht auch wirklich umsetzen. “Sonst verlieren die Bürger irgendwann den Glauben daran”, sagt der 42-Jährige.
Auch die nächsten Europawahlen 2024 hat Weyland schon im Blick. Er will dafür kämpfen, dass der European Green Deal auch mit neuer Kommission und neuem Parlament eine Priorität bleibt. Außerdem fordert er regelmäßig strukturelle Verbesserungen. Die EU müsse effektiver, transparenter, demokratischer werden. “Daran”, sagt Weyland, “müssen wir tagtäglich arbeiten”. Jana Hemmersemeier