Table.Briefing: Europe

DMA und DSA + Taxonomie-Gespräche mit Paris + Ampel-Pläne für den Verkehrssektor + Politische Online-Werbung

  • Rat verabschiedet Allgemeine Ausrichtungen zu DMA und DSA
  • Taxonomie: Suche nach einem Kompromiss
  • Klimaziele im Verkehrssektor: Koalitionsvertrag laut Experten nicht ausreichend
  • EU-Monitoring
  • Parlament fordert Nachbesserungen bei Entwurf zu politischer Online-Werbung
  • Grüne Ministerposten: Özdemir setzt sich durch
  • Ampel will laut Insidern über 50 Milliarden in Klimafonds pumpen
  • Reisefreiheit: Kommission schlägt neue Regeln für Impfausweis vor
  • Standpunkt: Deutschland könnte beim Kohleausstieg zum Vorbild werden
Liebe Leserin, lieber Leser,

nur elf Monate nach Vorstellung durch die Kommission hat der Rat seine Verhandlungsposition zum Digital Markets Act (DMA) und Digital Services Act (DSA) verabschiedet. Die slowenische Ratspräsidentschaft konnte sich vor Lob von Binnenkommissar Thierry Breton, Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager und den Vertreter:innen der 27 Mitgliedstaaten kaum mehr retten. Gekrönt wurde die Sitzung des Wettbewerbsfähigkeitsrats durch die zahlreichen Glückwünsche an den slowenischen Minister für wirtschaftliche Entwicklung und Technologie, Zdravko Počivalšek, der seinen 64. Geburtstag feierte. Mit welchen Forderungen die europäischen Hauptstädte in die Trilog-Verhandlungen gehen, analysiert Jasmin Kohl.

Die Entscheidung zur EU-Taxonomie ist höchst umstritten – vor allem hinsichtlich der Frage, ob Atomkraft als nachhaltig eingestuft werden soll, gehen die Positionen innerhalb der Mitgliedsstaaten weit auseinander. Nun wollen die Ampel-Koalitionäre das Gespräch mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron suchen, der nachdrücklich für die Aufnahme der Atomkraft wirbt. Ein Kompromiss sei nicht einfach, sagt Grünen-Europapolitiker Sven Giegold – und äußert gleichzeitig Verständnis für Frankreichs Position. In der Finanzindustrie hingegen mehren sich Stimmen, die um die Glaubwürdigkeit der EU-Taxonomie bangen. Die Details lesen Sie in der Analyse von Till Hoppe

Das Verkehrsministerium in der Hand der FDP – das ist für viele Grüne eine herbe Enttäuschung. Was die Ampel-Koalition abseits von Personalfragen für den Verkehrssektor plant, hat sich Christian Domke-Seidel genauer angeschaut – und Expert:innen um eine Einschätzung zum Koalitionsvertrag gebeten. Ihr Urteil: Mit diesem Vertrag dürfte Deutschland die europäischen Klimaziele im Verkehrssektor verfehlen. “Wenn ich das nehme, was dort schwarz auf weiß steht, dann ist das keine Blaupause zur Erreichung der Klimaschutzziele 2030”, sagt etwa Christian Hochfeld, Direktor der Agora Verkehrswende.

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Sarah Schaefer
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Analyse

DMA-DSA: Rat verabschiedet Allgemeine Ausrichtungen

Es ist ein Erfolg für die portugiesische und die slowenische Ratspräsidentschaft: Knapp elf Monate nach Vorschlag der Kommission hat der Rat gestern seine Verhandlungsposition zum Digital Markets Act (DMA) und Digital Services Act (DSA) festgezurrt. Die Gesetzesvorhaben, die die Marktmacht der Big-Tech-Unternehmen regulieren, faire Wettbewerbsbedingungen online schaffen sowie die Grundrechte im Internet wahren sollen, haben Signalwirkung über die Europäische Union hinaus. Obwohl die Mitgliedstaaten im Wettbewerbsfähigkeitsrat gestern die Allgemeinen Ausrichtungen (DMA, DSA) annahmen, meldeten viele Nachbesserungswünsche an.

Beim Digital Markets Act, der die Marktmacht von großen Gatekeeper-Plattformen begrenzen soll, sorgt Artikel 6.1 k für Uneinigkeit. Er sieht faire, zumutbare und diskriminierungsfreie Zugangsbedingungen zu App-Stores für gewerbliche Nutzer vor. Dänemark, Italien, Portugal und Spanien forderten in einer Protokollerklärung, den Anwendungsbereich über App-Stores hinaus ausweiten und auch Suchmaschinen und soziale Netzwerke in ihn aufnehmen. So soll ein Ungleichgewicht zwischen den sogenannten Gatekeepern und gewerblichen Nutzern verhindert werden. Deutschland findet diesen Vorschlag sinnvoll. Das Thema soll nun weiter in den Trilog-Verhandlungen mit dem Europaparlament und der Kommission aufgegriffen werden.

Debatten um Artikel 6.1 k im DMA-Trilog programmiert

Die Parlamentsposition spricht dafür, dass sich die Ausweitung im Trilog durchsetzt, denn sie geht noch weiter: Die Europaabgeordneten wollen alle zentralen Plattformdienste in den Anwendungsbereich nehmen. Gegner der Ausweitung, darunter Irland und die slowenische Ratspräsidentschaft, beklagten, dass man den Anwendungsbereich nicht einfach ausweiten könne, weil dazu keine Folgenabschätzung vorliege.

Auch Deutschland gab eine Protokollerklärung mit Nachbesserungsvorschlägen ab, die Claudia Dörr-Voß, Staatssekretärin für Wirtschaft und Energie, vorstellte. Unter anderem sollen demnach die nationalen Wettbewerbsbehörden effektiv bei der Durchsetzung des Digital Markets Act eingebunden werden und auch weiterhin nationales Wettbewerbsrecht anwenden können. Ein Veto-Recht, das die Parlamentsposition (Europe.Table berichtete) in diesem Zusammenhang für die Kommission vorsieht und die Zuständigkeit der nationalen Wettbewerbsbehörden schwächen könnte, bezeichnete Dörr-Voß als eine rote Linie. Der Anwendungsbereich des Digital Markets Acts solle sich außerdem auf die größten Gatekeeper beschränken, und es müsse besser definiert werden, was ein “aktiver Nutzer” sei.

“Der Digital Markets Act setzt wichtige neue Impulse für einen fairen Wettbewerb in der EU”, lobt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder die Ratsposition. Nur ungenügend berücksichtigt seien in ihr allerdings die Auswirkungen, die die neuen Regeln auf europäische Plattformen, Start-ups und Cybersicherheitsthemen hätten. “Innovationsanreize für neu entstehende Plattformen und Digitalunternehmen müssen im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit Europas dringend ausgebaut werden“, mahnt Rohleder.

Hoher Nachbesserungsbedarf im Digital Services Act

Beim Digital Services Act, der die Grundregeln für Dienstanbieter und Plattformen im Internet überarbeiten soll, betonten die Mitgliedstaaten, wie wichtig die Beibehaltung des Herkunftslandprinzips sei. Auch der bürokratische Aufwand für KMUs solle nicht erhöht werden. Staatssekretärin Dörr-Voß bezeichnete den DSA als einen “Meilenstein” und bestätigte, dass es das Ziel aller Beteiligten sei, beide Rechtsakte schnellstmöglich, idealerweise bereits im Frühjahr 2022 unter französischer Ratspräsidentschaft, abzuschließen.

Doch auch beim Digital Services Act sieht Deutschland in vielen Punkten Nachbesserungsbedarf und hat daher wie andere Mitgliedstaaten eine Protokollerklärung abgegeben. Unter anderem fordert die geschäftsführende Bundesregierung darin, dass verhindert werden müsse, dass der Digital Services Act die hohen Schutzstandards im deutschen Kinder- und Jugendmedienschutz aushöhlt.

Löschverpflichtungen und Löschfristen für illegale Inhalte auf sehr großen Online-Plattformen (Europe.Table berichtete) sollen ambitionierter und rechtlich verbindlich werden. Meldepflichten der Hosting-Diensteanbieter an Strafverfolgungs- und Justizbehörden (Artikel 15a) sollen durch eine Öffnungsklausel ergänzt werden. Die Rolle der nationalen Aufsichtsbehörden beim Vollzug des Digital Services Act soll gestärkt werden und proaktive Sorgfaltspflichten für die Anbieter von Online-Marktplätzen eingeführt werden.

“Der Rat nimmt kosmetische Verbesserungen am Vorschlag der Kommission vor”, sagt Alexandra Geese, Schattenberichterstatterin für den Digital Services Act für die Fraktion der Grünen/EFA im Binnenmarktausschuss des Europaparlaments. Die Ratsposition geht der Europaabgeordneten in vielen Punkten nicht weit genug, wie bei den Vorschriften für Empfehlungssysteme und Algorithmen. Nutzer:innen würden so nicht vor “unverhältnismäßigem Profiling” geschützt.

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    Taxonomie: Suche nach einem Kompromiss

    Die EU-Kommission lässt sich wohl mehr Zeit für ihre Entscheidung, wie sie Investitionen in Erdgas und Atomkraft einstuft. Die Behörde werde den Delegierten Rechtsakt aller Voraussicht nach nicht kommende Woche vorlegen, heißt es in Brüssel. Zuvor hatte es geheißen, die Kommission könnte den hochgradig umstrittenen Text bereits am 1. Dezember präsentieren.

    Das aber wäre von den angehenden Ampel-Koalitionären in Berlin als unfreundlicher Akt gewertet worden. Olaf Scholz soll am 7. Dezember zum Bundeskanzler gewählt werden, und insbesondere die Grünen lehnen es strikt ab, Atomkraft über die EU-Taxonomie das Nachhaltigkeitssiegel zu verleihen. Beim Erdgas ist die neue Koalition hingegen offener.

    Frankreich für eine Aufnahme von Atomkraft in EU-Taxonomie

    Auf der anderen Seite des Meinungsspektrums steht Frankreich, das heftig für die Aufnahme von Atomkraft lobbyiert (Europe.Table berichtete). Die Ampel-Koalitionäre wollen nun das Gespräch mit Präsident Emmanuel Macron suchen, um einen Kompromiss zu finden. “Wir werden versuchen, gemeinsam mit Paris eine Lösung zu finden”, sagt der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold zu Europe.Table.

    Giegold, der Teil des Verhandlungsteams seiner Partei war, zeigt Verständnis für die französische Position: “Frankreich braucht die Gewissheit, dass es den Bau neuer Atomkraftwerke weiter finanzieren kann, wenn es sich gegen unsere Überzeugung dafür entscheidet.” Daher müsse geklärt werden, dass staatliche Finanzierungshilfen für neue Meiler von der Kommission nicht als unvereinbar mit dem europäischen Beihilferecht gewertet werde. Berlin wiederum sei wichtig, dass die Integrität der nachhaltigen Finanzmärkte nicht beschädigt werde. “Das miteinander in Einklang zu bringen, ist nicht einfach, aber mit dem entsprechenden politischen Willen möglich.”

    “Würde Glaubwürdigkeit der EU-Taxonomie stark beeinträchtigen”

    Auch in der Finanzindustrie mehren sich Stimmen, die eine Aufnahme von Atomkraft und Gas in die EU-Klassifizierung ablehnen. Diese könne “die Glaubwürdigkeit der EU-Taxonomie stark beeinträchtigen”, sagt Victor van Hoorn, geschäftsführender Direktor des European Sustainable Investment Forum (Eurosif). Der Verband vertritt nach eigenen Angaben über seine nationalen Mitgliedsorganisationen mehr als 400 institutionelle Investoren, die Vermögen im Wert von gut acht Billionen Euro verwalten.

    Wie sich die Kommission entscheidet, ist immer noch unklar. Vieles deutet darauf hin, dass sie Erdgas als “Übergangsaktivität” nach der Taxonomie einstuft. Der Umgang mit Atomkraft ist auch innerhalb der EU-Behörde hochumstritten, auch wenn sich die Waage in den vergangenen Wochen zugunsten der Befürworter neigte. Zuletzt hatte sich abgezeichnet, dass sie den Bau und Betrieb von Kernkraftwerken als grünes Investment deklariert, Uranabbau als “ermöglichende” Technologie.

    Van Hoorn mahnt, die Klassifizierung müsse auf wissenschaftlichen Kriterien basieren, und fordert, die Diskussion zu versachlichen. “Ich glaube nicht daran, dass die Taxonomie die Entscheidungen entscheidend beeinflussen wird, wie die Mitgliedsstaaten ihre Energieversorgung organisieren wollen.”

    Die Klassifizierung sage auch nichts darüber aus, ob eine Investitionsentscheidung gut sei oder nicht. “Investoren werden ihre Anlageentscheidungen immer anhand mehrerer Kriterien fällen.” Daher werde die Finanzierung nicht gleich versiegen, wenn ein Sektor nicht als nachhaltig eingestuft werde. Die Atom- und die Gasindustrie aber befürchten – ebenso wie andere Branchen (Europe.Table berichtete) – steigende Finanzierungskosten, wenn sie nicht berücksichtigt werden.

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      Verkehrswende könnte an falschen Subventionen scheitern

      Mit dem aktuellen Koalitionsvertrag dürfte Deutschland die europäischen Klimaziele im Verkehrssektor nach Ansicht von Experten verfehlen. “Der Koalitionsvertrag ist ein Fortschritt im Vergleich zur letzten Legislaturperiode. Aber wenn ich das nehme, was dort schwarz auf weiß steht, dann ist das keine Blaupause zur Erreichung der Klimaschutzziele 2030”, bewertet Christian Hochfeld, Direktor der Agora Verkehrswende, das Papier im Gespräch mit Europe.Table.

      Die EU-Kommission möchte bis 2030 den CO2-Ausstoß aller neu zugelassenen Pkw um 55 Prozent senken. Es ist ein Zwischenziel auf dem Weg zu den 100 Prozent im Jahr 2035, die als Verbrenner-Aus gelten. SPD, Grüne und FDP scheitern laut Hochfeld im Koalitionsvertrag daran, zu erläutern, wie die deutsche Verkehrspolitik seinen Beitrag zu diesem Ziel erreichen will. “In den nächsten Wochen brauchen wir das, was wir in den letzten Jahren nicht bekommen haben – ein durchgerechnetes Konzept, was zur Erreichung der Klimaschutzziele zu tun ist”, so Hochfeld weiter.

      Geht es nach der Ampel-Koalition sollen im Jahr 2030 insgesamt 15 Millionen Elektroautos (BEV) auf der Straße sein (Europe.Table berichtete). Klingt ambitioniert, reiche aber nicht, betont Friederike Piper, Policy Officer für E-Mobility bei der NGO-Dachorganisation Transport and Environment (T&E). Sie verweist auf eine Studie des Beratungsunternehmens Prognos. Laut der müssten im Jahr 2030 etwa 21 Millionen BEV angemeldet sein, um die Ziele zu erreichen. Hochfeld von Agora Verkehrswende glaubt zwar, dass 15 Millionen BEV schon genügen würden, sieht aber nicht, wie das Ziel umgesetzt werden soll: “Das ist eine echte Herkulesaufgabe, und die bewältige ich nicht mit den Maßnahmen, die im Koalitionsvertrag abgebildet sind.”

      Verbrenner bei Dienstwagen-Subventionen nicht thematisiert

      Das größte Potenzial eine Verkehrswende zu erreich und die Zulassungen elektrischer Fahrzeuge zu steigern, habe das Dienstwagenprivileg (Europe.Table berichtete), sagt Piper. In Deutschland würden zwei Drittel aller verkauften Neuwagen gewerblich angemeldet. “Es ist gut, dass Plug-in-Fahrzeuge (PHEV) adressiert wurden und in Zukunft eine elektrische Mindestfahrleistung von 50 Prozent nachgewiesen werden muss. Nicht gut ist, dass Dienstwagen mit Verbrennungsmotor gar nicht thematisiert werden.”

      PHEV werden zukünftig nur noch dann steuerlich bessergestellt als Verbrenner, wenn sie mindestens 50 Prozent der Zeit rein elektrisch fahren. Dann werden lediglich 0,5 Prozent des Bruttolistenpreises als geldwerter Vorteil auf den Nettoverdienst draufgeschlagen. Bei Verbrennern ist es ein Prozent, bei BEV sind es 0,25 Prozent. Doch bereits im Jahr 2025 soll dieser Satz auf 0,5 Prozent angehoben werden.

      An dem System des Dienstwagenprivilegs stört sich auch Hochfeld. Klassische Verbrenner müssten zu einem deutlich höheren Aufschlag führen – er schlägt 1,5 bis zwei Prozent vor, um eine klare Differenz zum Elektroauto zu schaffen. Im Strukturwandel ginge es darum, sozial ausgewogen zu fördern, um niedrige Einkommensklassen nicht zu überlasten. Die Lösung könne ein Bonus-Malus-System sein. Emissionsstarke Autos müssten eine hohe CO2-Abgabe zahlen, die dann als Bonus an Elektroautonutzer ausgezahlt würden. So müsste nicht in den Steuertopf gegriffen werden.

      Verkehrswende: Jedes zweite Auto müsste ein E-Auto sein

      Mit Blick auf die Verbreitung der Elektromobilität weist auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) auf die Herausforderungen für eine Verkehrswende hin und rechnet vor, was für 15 Millionen Elektroautos im Jahr 2030 passieren muss: “Dies bedeutet, dass bereits ab 2022 rechnerisch jedes zweite neu zugelassene Auto rein elektrisch fahren muss.” Angesichts der aktuellen Zahlen scheint das unerreichbar. Im Jahr 2020 wurden in Deutschland rund 2,9 Millionen Neuwagen zugelassen. Lediglich 194.000 davon waren BEV.

      Geld einsparen möchte die neue Regierung unter anderem bei der viel diskutierten Dieselbesteuerung. Rund acht Milliarden Euro entgehen dem deutschen Fiskus jährlich durch den geringeren Steuersatz auf Diesel im Vergleich zu Benzin. SPD, Grüne und FDP geben sich allerdings sehr vorsichtig. Die steuerliche Behandlung von Dieselfahrzeugen solle lediglich “überprüft” werden. “Es ist richtig, die Energiesteuer anzugleichen. Aber es ist nicht so, dass dadurch mehr E-Autos verkauft werden”, ordnet Piper diese Maßnahme ein.

      Hochfeld spricht noch eine Mahnung an die Koalitionsparteien aus: “Die nächsten vier Jahre sind die letzte Ausfahrt für das Erreichen der europäischen Klimaschutzziele 2030. Was diese Regierung nicht erreicht, wird auch die nächste nicht mehr schaffen.” Diese Erkenntnis und diese Dringlichkeit einer Verkehrswende, so sagt er, könne er in diesem Koalitionsvertrag noch nicht erkennen. Christian Domke-Seidel

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        EU-Monitoring

        26.11.2021_Monitoring

        Rat der EU: Auswärtige Angelegenheiten (Handel)
        29.11.-03.12.2021
        Akteure: Handelsminister:innen
        Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht die Vorbereitung, Begleitung und Nachbereitung der vom 30.11.-03.12.2021 in Genf tagenden WTO-Ministerkonferenz.
        Vorläufige Tagesordnung

        Sitzung des Haushaltskontrollausschusses
        29.11.-01.12.2021
        Akteure: CONT
        Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen mehrere Aussprachen zur Entlastung des EU-Haushalts 2020 sowie ein Berichtsentwurf zur Bekämpfung von oligarchischen Strukturen und dem Schutz der EU-Mittel vor Betrug und Interessenkonflikten.
        Vorläufige Tagesordnung (29.-30.11.) Vorläufige Tagesordnung (01.12.)

        Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
        29.11.-30.11.2021
        Akteure: ENVI
        Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem ein Meinungsaustausch mit Frans Timmermans über die COP26-Konferenz und ihre Folgen für die EU-Klimapolitik, ein Meinungsaustausch über die neuen globalen WHO-Richtlinien zur Luftqualität sowie mehrere Entwurfsberichte zur Entlastung des EU-Haushalts 2020.
        Vorläufige Tagesordnung

        Sitzung des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
        29.11.-30.11.2021
        Akteure: AGRI
        Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen Meinungsaustausche zum EU-Verhaltenskodex für verantwortungsvolle Unternehmens- und Marketingpraktiken in der Lebensmittelversorgung, zum Bericht über die neue EU-Waldstrategie 2030 sowie zur Verbesserung der Ernährungssicherheit in Entwicklungsländern.
        Vorläufige Tagesordnung

        Sitzung des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung
        29.11.-30.11.2021
        Akteure: SEDE
        Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem ein Meinungsaustausch mit Thierry Breton und ein Berichtsentwurf zum Fahrplan des EAD für Klimawandel und Verteidigung.
        Vorläufige Tagesordnung

        Sitzung des Ausschusses für Fischerei
        29.11.-30.11.2021
        Akteure: PECH
        Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem die Rolle der Fischerei und der Aquakultur beim Übergang zu einer nachhaltigen blauen Wirtschaft in der EU, die Festlegung von Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen für den Bereich des Übereinkommens über die Fischerei im westlichen und mittleren Pazifik sowie die Lage der handwerklichen Fischerei in der EU und Zukunftsaussichten.
        Vorläufige Tagesordnung

        Rat der EU: Bildung, Jugend, Kultur und Sport
        29.11.-30.11.2021
        Akteure: Zuständige Minister:innen
        Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem eine Aussprache zu digitaler Bildung und Kompetenzen, Informationen zu den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die allgemeine und berufliche Bildung sowie eine Aussprache zum kulturellen Erbe und zu Erbrechten im Kontext der nachhaltigen
        Entwicklung und der Zukunft Europas.
        Vorläufige Tagesordnung

        Sitzung des Sonderausschusses zu künstlicher Intelligenz im digitalen Zeitalter
        30.11.2021 16:45-18:45 Uhr
        Akteure: AIDA
        Agenda: Auf der vorläufigen Agenda steht eine öffentliche Anhörung zum Thema “KI und Voreingenommenheit”.
        Vorläufige Tagesordnung

        Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Tourismus
        01.12.-02.12.2021
        Akteure: TRAN
        Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht unter anderem ein Meinungsaustausch mit Frans Timmermans über das “Fit for 55”-Paket, eine Debatte über erneuerbare und kohlenstoffarme Kraftstoffe im Seetransport und ein Bericht über die Umsetzung des einheitlichen europäischen Luftraums.
        Vorläufige Tagesordnung

        Wöchentliche Kommissionssitzung
        01.12.2021
        Akteure: EU-Kommission
        Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht die Global Gateway Initiative zur Konnektivität, ein Paket zu Sicherheit und Recht in der digitalen Welt sowie ein Maßnahmenpaket für den Schengenraum. Im Anschluss findet gegen 12 Uhr eine Pressekonferenz statt.
        Vorläufige Tagesordnung Pressekonferenz Live

        Rat der EU: Telekommunikation und Energie
        02.12.-03.12.2021
        Akteure: Zuständige Minister:innen
        Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen Beratungen zu Gesetzesinitiativen im Zusammenhang mit dem “Fit for 55”-Paket, ein Meinungsaustausch zu möglichen Maßnahmen gegen steigende Energiepreise sowie ein Arbeitsbericht zum Rahmenkonzept einer europäischen digitalen Identität.
        Vorläufige Tagesordnung

        EuGH-Urteil zu Antidumpingzöllen auf Solarglas aus China
        02.12.2021
        Akteure: Xinyi PV Products, Glasmanufaktur Brandenburg, EU-Kommission
        Agenda: Der chinesische Solarglashersteller Xinyi PV Products hat vor dem Gericht der EU mit Erfolg die Weigerung der Kommission angefochten, ihm den Status als unter marktwirtschaftlichen Bedingungen tätiges Unternehmen zuzuerkennen, sowie die Verhängung eines endgültigen Antidumpingzolls von 36,1 Prozent auf die Einfuhren bestimmter von Xinyi hergestellter Solarglasprodukte. Die Kommission und die Glasmanufaktur Brandenburg haben gegen Anfechtung Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt.
        Rechtssache

        EuGH-Schlussanträge zum Schutz des EU-Haushalts bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit
        02.12.2021
        Akteure: Ungarn, EU-Parlament, Rat der EU
        Agenda: Am 16. Dezember 2020 erließen das Europäische Parlament und der Rat die Verordnung 2020/2092 über eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union. Ungarn und Polen haben beim Gerichtshof Klagen auf Nichtigerklärung dieser Verordnung erhoben. Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona legt seine Schlussanträge vor.
        Klageschrift

        Politische Online-Werbung: Parlament fordert Nachbesserungen

        Die Brüsseler Behörde schlägt vor, dass künftig jede Anzeige politischer Werbung eindeutig als solche gekennzeichnet sein muss. Zudem soll sie Angaben darüber enthalten, wer wie viel dafür bezahlt

        Techniken für das Targeting und die Amplifikation von politischer Werbung sollen öffentlich gemacht werden. Zudem will die Kommission die Verwendung sensibler personenbezogener Daten ohne ausdrückliche Zustimmung der Betroffenen verbieten.

        “Wahlen dürfen kein Wettbewerb von undurchsichtigen und schmutzigen Methoden sein”, sagte die Vizepräsidentin der Kommission, Vera Jourova, bei der Vorstellung ihrer Pläne am Donnerstag im Brüssel. Als Negativ-Beispiele nannte sie die Anti-EU-Kampagne beim Brexit, aber auch die Cambridge-Analytica-Affäre.

        Auch der Sturm auf den Capitol Hill in Washington im Januar und die Enthüllungen der Whistleblowerin Frances Haugen zu Facebook hätten sie zu ihrem Vorschlag bewogen (Europe.Table berichtete), so Jourova. Es gehe um den Schutz der Europawahl und nationaler Wahlen in der EU, so die Kommissarin.

        Transparenz bei politischer Werbung im Netz

        Das Europaparlament hat die Vorschläge im Grundsatz begrüßt, will im Detail aber noch weiter gehen. “In sozialen Medien florieren Desinformation und Hetze. Mit politischer Online-Werbung wird versucht, unseren demokratischen Diskurs zu manipulieren”, sagte der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund.  

        Die Initiative der Kommission schaffe die dringend nötige verbindliche Transparenz (Europe.Table berichtete), wer Anzeigen politischer Werbung für wie viel Geld finanziert. Das sei ein wichtiger erster Schritt. Allerdings sollte auch klar werden, welcher Partei eine Anzeige jeweils nützt

        Billige Hassbotschaften

        “Aggressives Microtargeting macht aktuell Hassbotschaften viel billiger als positive Botschaften“, so Freund. “Transparenz über den Preis pro View könnte den Preisvorteil von gezielt gesätem Hass zeigen und es möglich machen, gleiche Preise vorzuschreiben, um dem Hass den Vorteil zu nehmen.” 

        Nachbesserungen fordert auch der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken. Es sei unverständlich, dass die Kommission die Personalisierung politischer Werbung nicht komplett verboten habe. “Ein solches Verbot ist der einzige Weg, dem Missbrauch unserer persönlichen Daten Einhalt zu gebieten und den demokratischen Diskurs online effektiv zu schützen.” 

        Die Kommission bleibe mit ihrem Vorschlag weit hinter dem Notwendigen zurück, so Wölken. Er will sich bei den parlamentarischen Beratungen dafür einsetzen, den Entwurf an dieser Stelle nachzuschärfen.

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          Grünen-Ministerliste steht – Özdemir setzt sich durch

          In einem Machtkampf um die Grünen-Ministerposten in der neuen Bundesregierung hat sich der frühere Parteichef Cem Özdemir gegen Fraktionschef Anton Hofreiter durchgesetztGrünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner teilte der Mitgliedschaft am Donnerstagabend das Personaltableau mit.

          Demnach wird Özdemir Landwirtschafts- und Ernährungsminister. Die Parteilinke Steffi Lemke soll Umweltschutzministerin werden und Anne Spiegel aus Rheinland-Pfalz Familienministerin. Das Auswärtige Amt geht wie erwartet an Co-Parteichefin Annalena Baerbock, Minister für Wirtschaft und Klimaschutz wird Co-Parteichef Robert Habeck. Die bisherige Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth wird Staatsministerin für Kultur und Medien im Kanzleramt. rtr

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            • Bundestagswahl
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            Ampel will laut Insidern über 50 Milliarden in Klimafonds pumpen

            Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP plant offenbar mit einem spürbaren Nachtragshaushalt noch vor Weihnachten. Im Rahmen des Nachtragshaushalts sollen mehr als 50 Milliarden Euro in den Klimafonds gesteckt werden, wie mehrere mit den Überlegungen vertraute Personen am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Die Gelder können dann in den nächsten Jahren für Investitionen in den Klimaschutz genutzt werden.

            Das wäre ganz im Sinne der Grünen und vereinbar mit der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse. Denn diese ist dieses und nächstes Jahr wegen der Corona-Pandemie noch ausgesetzt. Für die Schuldenbremse ist relevant, wann der Fonds aufgeladen wird, nicht wann die Gelder dann abgerufen werden.

            Der Verschuldungsrahmen in Rekordhöhe von 240 Milliarden Euro für dieses Jahr werde damit dann doch noch nahezu ausgeschöpft, ergänzten die Insider. Zuletzt war hier eigentlich mit deutlich weniger gerechnet worden. Unklar ist noch, ob auch für 2022 der Verschuldungsrahmen von bislang geplanten rund 100 Milliarden Euro voll ausgeschöpft oder sogar noch ausgeweitet wird. Dies wäre eine Möglichkeit, sich einen Puffer zu schaffen, bevor die Schuldenbremse dann ab 2023 wieder greifen soll. Der designierte Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat bereits gesagt, dass die Größenordnung von 100 Milliarden Euro ausreichen sollte. Das war jedoch vor der jüngsten Verschärfung der Corona-Lage. rtr

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              Reisefreiheit: Kommission schlägt neue Regeln für Impfausweis vor

              Die EU-Kommission schlägt eine begrenzte Gültigkeit digitaler EU-Impfpässe vor, um noch schärfere Reiseregeln innerhalb der Europäischen Union im nächsten Jahr zu verhindern. Die Brüsseler Behörde plädierte am Donnerstag im Kampf gegen die Corona-Pandemie für eine Geltungsdauer des digitalen EU Impfzertifikats von neun Monaten. Ohne den Nachweis einer Corona-Booster-Impfung nach Ablauf dieser Frist würde das Impfzertifikat seine Gültigkeit verlieren.

              Mit der Empfehlung will die Kommission die Reisefreiheit in der EU gewährleisten und ein einheitliches Vorgehen der Mitgliedstaaten fördern. Wegen der zuletzt deutlich gestiegenen Corona-Infektionen in etlichen EU-Staaten wuchs zuletzt die Furcht vor neuen Reisebeschränkungen.

              Europa ist nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erneut zum Epizentrum der Corona-Pandemie geworden. WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus wies darauf hin, dass in der vergangenen Woche mehr als 60 Prozent aller neuen Corona-Infektionen und -Todesfälle in Europa verzeichnet worden seien. rtr

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                EU-Kommission will Auffrischungsimpfung für die weitere Gültigkeit des digitalen Impfzertifikats TAGESSCHAU
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                Kanzlerin Angela Merkel sichert Polen volle Solidarität bei angespannter Lage an polnisch-belarussischen Grenze zu ZEIT
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                Magdalena Andersson will sich wieder zur schwedischen Regierungschefin wählen lassen SÜDDEUTSCHE
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                Standpunkt

                Deutschlands Kohleausstieg kann Schule machen

                Von Samuel Gregory-Manning
                Deutschlands Kohleausstieg kann Schule machen: Samuel Gregory-Manning ist Kommunikationsbeauftragter beim European Environmental Bureau, Europas größtem Netzwerk von Umwelt-Bürgerinitiativen
                Samuel Gregory-Manning ist Kommunikationsbeauftragter beim European Environmental Bureau, Europas größtem Netzwerk von Umwelt-Bürgerinitiativen.

                Acht Jahre früher als ursprünglich geplant – die Koalitionsverhandlungen in Deutschland haben das Ziel eines beschleunigten und mit dem Pariser Abkommen kompatiblen Kohleausstieg “idealerweise” bis 2030 vorangebracht. Auch wenn die Aufnahme des Begriffs “idealerweise” weniger konkret ist als ursprünglich von den Grünen angedacht, sind der neuen Regierung in Deutschland die Realitäten des Kohleausstiegs in Europa offensichtlich klar.

                Mit dem neuen Termin schließt sich Deutschland 16 anderen europäischen Ländern an, die bis 2030 aus der Kohle aussteigen oder sich dazu verpflichten. Mehr als die Hälfte der europäischen Kohlekraftwerke sind bereits stillgelegt, die übrigen werden bis zum Ende des Jahrzehnts abgeschaltet. Das Vorantreiben des Kohleausstiegs durch den größten Mitgliedstaat der EU ist ein bedeutender Schritt in der Umstellung des gesamten Blocks weg von der Kohle. Deutschland ist in der EU einer der größten Verbraucher des fossilen Brennstoffs und wies im Jahr 2020 den zweithöchsten Verbrauch an Steinkohle und den höchsten Verbrauch an Braunkohle auf.

                Deutschland könnte jenen EU-Mitgliedstaaten den Weg weisen, die sich noch gegen den Kohleausstieg sträuben und bislang stets auf die Deutschen als entschuldigendes Beispiel verwiesen haben. Es könnte eine Erfolgsgeschichte über den Ausstieg erzählen, vor den Gefahren des Hinterherhinkens warnen und zeigen, dass der steigende wirtschaftliche, ökologische und politische Druck ein solches Schicksal unausweichlich macht. Steigende Kohlenstoffpreise machen das Festhalten an der Kohle zu einer kostspieligen Angelegenheit, während der politische Durst der Bürger:innen auf Maßnahmen gegen den Klimawandel immer größer wird.

                In den Kohleregionen ändert sich der Ton

                Ein beschleunigter Kohleausstieg Deutschlands bis 2030 entspricht den Vorgaben des Pariser Abkommens, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, und zerstreut gleichzeitig die Ängste der Deutschen, die an vorderster Front für das Ende der Kohle in ihrem Land kämpfen. 

                Die Bürger:innen Nordrhein-Westfalens haben in den vergangenen Jahrzehnten miterlebt, wie der Kohlebergbau in Garzweiler Dörfer verschluckt und landwirtschaftliche Flächen vernichtet hat. Der frisch gebackene CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst hat sich dafür ausgesprochen, dass das bevölkerungsreichste Bundesland Deutschlands ebenfalls 2030 aus der Kohle aussteigt.

                In deutlicher Abkehr von der Kohleaffinität seines Vorgängers Armin Laschet sind Wüsts Äußerungen ein Meilenstein für die beharrlichen Bemühungen der Zivilgesellschaft, ihre Heimat und Lebensgrundlage vor dem zerstörerischen Ausbau des Kohlebergbaus zu schützen. Wüsts Forderung nach Klarheit von der neuen Bundesregierung über den Ausbau der Erneuerbaren und die Sicherheit von Kohlealternativen normalisiert den Ausstiegstermin 2030 für den Rest des Landes weiter.

                Riccardo Nigro, EEB-Experte für Kohleverstromung und Bergbau, sagte: “Der Kohleausstieg ist unvermeidlich und beschleunigt sich in ganz Europa aus wirtschaftlichen, ökologischen und politischen Gründen. Die neue Bundesregierung hat die Möglichkeit, europaweit ein Zeichen zu setzen, Deutschland auf einen Paris-kompatiblen Kohleausstiegsplan auszurichten und die schändliche Zerstörung von Dörfern zu stoppen, die RWE vorantreibt, um in Garzweiler unnötige Kohle abzubauen.”

                Nach Deutschlands Kohleausstieg-Plänen wird der Druck größer

                Auf der COP26 stand die Kohle wie nie zuvor im Rampenlicht. Der Klimapakt von Glasgow war vor allem wegen der Kohle umstritten. In letzter Minute wurde auf Drängen Chinas und Indiens die Formulierung “phaseout” in “phase-down” abgeschwächt (Europe.Table berichtete). Trotz dieser sprachlichen Verwässerung ist es das erste Mal, dass eine solche Resolution in einen UN-Klimatext aufgenommen wurde. Es ist ein Zeichen dafür, dass sich die Welt langsam, aber sicher von der Kohle abwendet.

                Die EU, die dem Kohleausstieg hinterherhinkt, läuft Gefahr, noch weiter hinter die Kohleausstiegskurve zurückzufallen. Auf dem Klimagipfel wurde eine globale Erklärung zum Übergang von Kohle zu sauberer Energie verabschiedet (Europe.Table berichtete), die von einer Koalition aus 190 Ländern und Organisationen unterzeichnet wurde, die sich zum Kohleausstieg verpflichtet haben – bis 2030 für die großen Volkswirtschaften und 2040 für den Rest der Welt. Polen, dessen Zuneigung zu Kohle berüchtigt ist, unterschrieb überraschend – begleitet von großem Tamtam. Das Land hat seine Position jedoch schnell korrigiert und bekräftigt, dass seine Ausstiegsfrist 2049 bleibt, da es sich nicht als große Volkswirtschaft betrachtet.

                Zu den anderen Mitgliedstaaten, die die Frist 2030 nicht einhalten, gehört Kroatien (Ausstieg bis 2033). Der Kohleausstieg Sloweniens und Tschechiens wird noch diskutiert. Tschechien hat vage angedeutet, vor 2038 auszusteigen.

                Mit dem Antritt der Ampel-Koalition in Deutschland wird der Druck für einen früheren Kohleausstieg sowohl in der EU als auch weltweit immer größer. Es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis die Nachzügler in der EU die Fabel vom Ausstieg beherzigen müssen.

                Dieser Standpunkt wurde von einem ursprünglich auf dem EEB META news channel veröffentlichten Artikel übernommen.

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                  Apéropa

                  Wer verhandelt was? Es ist wohl eine der wichtigsten Fragen im Europaparlament. Erste Ebene: die Ausschüsse. Zweite Ebene: die Berichterstatter. Je bedeutender und publikumswirksamer ein Gesetzesvorhaben ist, desto umkämpfter. Wer die nötige Fach-Kompetenz hat, steht dabei oft leider nicht an erster Stelle – vor allem bei der Frage der Berichterstatter. Denn ein Bericht bedeutet Profilierung, Macht und die Chance, eine Regulierung entscheidend mitzugestalten – Kompetenz hin oder her.

                  Bestes aktuelles Beispiel: die Verordnung für Künstliche Intelligenz (KI). Dabei fing alles so gut an: Im Juni, knapp zwei Monate nach dem Kommissionsvorschlag, stand der federführende Ausschuss im Europaparlament – Binnenmarkt (IMCO) – samt Berichterstatter – Brando Benifei (IT, S&D) – bereits fest. Doch dann fochten mehrere Ausschüsse die alleinige Federführung des IMCO an und ein bis heute schwelender Kompetenzstreit brach aus.

                  Mitte Oktober gab es dann einen kurzen Lichtblick: Der Vorsitzende der Konferenz der Ausschussvorsitzenden Antonio Tajani (IT, EVP) hatte einen Lösungsvorschlag ausgearbeitet. Doch schnell zeigte sich: Dieser flammte den Streit erst richtig an, denn Tajani setzte sich für eine geteilte Federführung zwischen dem IMCO und dem Rechtsausschuss (JURI) ein.

                  Den Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) sah der ehemalige Parlamentspräsident lediglich in einer mitberatenden Funktion, obwohl die KI-Verordnung auch zentrale Grundrechtsfragen betrifft. Der Vorwurf, der Italiener habe durch seinen Vorschlag vor allem das Interesse seiner eigenen Fraktion im Auge gehabt, lag schnell auf dem Tisch. Denn als Berichterstatter im JURI gilt Axel Voss (CDU) inoffiziell als gesetzt.

                  Nachdem der KI-Kompetenzstreit unzählige Male von der Tagesordnung genommen wurde, wollte die Konferenz der Fraktionsvorsitzenden (CoP) gestern endlich eine Entscheidung fällen. Aber auch diesmal hieß es in letzter Minute: to be continued. Keiner der Beteiligten wollte sich dazu äußern, “zu heikel”, hieß es aus Parlamentskreisen.

                  “Die Entscheidung wurde vertagt, um einen Kompromiss zu finalisieren”, teilte der Parlaments-Sprecherdienst trocken auf Anfrage von Europe.Table mit. Anfang Dezember rechne man mit einer “klareren Sicht”. Wer weiß, vielleicht sortiert sich das Parlament tatsächlich noch, bevor die slowenische Ratspräsidentschaft ihren ersten Kompromissvorschlag präsentiert? Jasmin Kohl

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                    • Rat verabschiedet Allgemeine Ausrichtungen zu DMA und DSA
                    • Taxonomie: Suche nach einem Kompromiss
                    • Klimaziele im Verkehrssektor: Koalitionsvertrag laut Experten nicht ausreichend
                    • EU-Monitoring
                    • Parlament fordert Nachbesserungen bei Entwurf zu politischer Online-Werbung
                    • Grüne Ministerposten: Özdemir setzt sich durch
                    • Ampel will laut Insidern über 50 Milliarden in Klimafonds pumpen
                    • Reisefreiheit: Kommission schlägt neue Regeln für Impfausweis vor
                    • Standpunkt: Deutschland könnte beim Kohleausstieg zum Vorbild werden
                    Liebe Leserin, lieber Leser,

                    nur elf Monate nach Vorstellung durch die Kommission hat der Rat seine Verhandlungsposition zum Digital Markets Act (DMA) und Digital Services Act (DSA) verabschiedet. Die slowenische Ratspräsidentschaft konnte sich vor Lob von Binnenkommissar Thierry Breton, Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager und den Vertreter:innen der 27 Mitgliedstaaten kaum mehr retten. Gekrönt wurde die Sitzung des Wettbewerbsfähigkeitsrats durch die zahlreichen Glückwünsche an den slowenischen Minister für wirtschaftliche Entwicklung und Technologie, Zdravko Počivalšek, der seinen 64. Geburtstag feierte. Mit welchen Forderungen die europäischen Hauptstädte in die Trilog-Verhandlungen gehen, analysiert Jasmin Kohl.

                    Die Entscheidung zur EU-Taxonomie ist höchst umstritten – vor allem hinsichtlich der Frage, ob Atomkraft als nachhaltig eingestuft werden soll, gehen die Positionen innerhalb der Mitgliedsstaaten weit auseinander. Nun wollen die Ampel-Koalitionäre das Gespräch mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron suchen, der nachdrücklich für die Aufnahme der Atomkraft wirbt. Ein Kompromiss sei nicht einfach, sagt Grünen-Europapolitiker Sven Giegold – und äußert gleichzeitig Verständnis für Frankreichs Position. In der Finanzindustrie hingegen mehren sich Stimmen, die um die Glaubwürdigkeit der EU-Taxonomie bangen. Die Details lesen Sie in der Analyse von Till Hoppe

                    Das Verkehrsministerium in der Hand der FDP – das ist für viele Grüne eine herbe Enttäuschung. Was die Ampel-Koalition abseits von Personalfragen für den Verkehrssektor plant, hat sich Christian Domke-Seidel genauer angeschaut – und Expert:innen um eine Einschätzung zum Koalitionsvertrag gebeten. Ihr Urteil: Mit diesem Vertrag dürfte Deutschland die europäischen Klimaziele im Verkehrssektor verfehlen. “Wenn ich das nehme, was dort schwarz auf weiß steht, dann ist das keine Blaupause zur Erreichung der Klimaschutzziele 2030”, sagt etwa Christian Hochfeld, Direktor der Agora Verkehrswende.

                    Ihre
                    Sarah Schaefer
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                    Analyse

                    DMA-DSA: Rat verabschiedet Allgemeine Ausrichtungen

                    Es ist ein Erfolg für die portugiesische und die slowenische Ratspräsidentschaft: Knapp elf Monate nach Vorschlag der Kommission hat der Rat gestern seine Verhandlungsposition zum Digital Markets Act (DMA) und Digital Services Act (DSA) festgezurrt. Die Gesetzesvorhaben, die die Marktmacht der Big-Tech-Unternehmen regulieren, faire Wettbewerbsbedingungen online schaffen sowie die Grundrechte im Internet wahren sollen, haben Signalwirkung über die Europäische Union hinaus. Obwohl die Mitgliedstaaten im Wettbewerbsfähigkeitsrat gestern die Allgemeinen Ausrichtungen (DMA, DSA) annahmen, meldeten viele Nachbesserungswünsche an.

                    Beim Digital Markets Act, der die Marktmacht von großen Gatekeeper-Plattformen begrenzen soll, sorgt Artikel 6.1 k für Uneinigkeit. Er sieht faire, zumutbare und diskriminierungsfreie Zugangsbedingungen zu App-Stores für gewerbliche Nutzer vor. Dänemark, Italien, Portugal und Spanien forderten in einer Protokollerklärung, den Anwendungsbereich über App-Stores hinaus ausweiten und auch Suchmaschinen und soziale Netzwerke in ihn aufnehmen. So soll ein Ungleichgewicht zwischen den sogenannten Gatekeepern und gewerblichen Nutzern verhindert werden. Deutschland findet diesen Vorschlag sinnvoll. Das Thema soll nun weiter in den Trilog-Verhandlungen mit dem Europaparlament und der Kommission aufgegriffen werden.

                    Debatten um Artikel 6.1 k im DMA-Trilog programmiert

                    Die Parlamentsposition spricht dafür, dass sich die Ausweitung im Trilog durchsetzt, denn sie geht noch weiter: Die Europaabgeordneten wollen alle zentralen Plattformdienste in den Anwendungsbereich nehmen. Gegner der Ausweitung, darunter Irland und die slowenische Ratspräsidentschaft, beklagten, dass man den Anwendungsbereich nicht einfach ausweiten könne, weil dazu keine Folgenabschätzung vorliege.

                    Auch Deutschland gab eine Protokollerklärung mit Nachbesserungsvorschlägen ab, die Claudia Dörr-Voß, Staatssekretärin für Wirtschaft und Energie, vorstellte. Unter anderem sollen demnach die nationalen Wettbewerbsbehörden effektiv bei der Durchsetzung des Digital Markets Act eingebunden werden und auch weiterhin nationales Wettbewerbsrecht anwenden können. Ein Veto-Recht, das die Parlamentsposition (Europe.Table berichtete) in diesem Zusammenhang für die Kommission vorsieht und die Zuständigkeit der nationalen Wettbewerbsbehörden schwächen könnte, bezeichnete Dörr-Voß als eine rote Linie. Der Anwendungsbereich des Digital Markets Acts solle sich außerdem auf die größten Gatekeeper beschränken, und es müsse besser definiert werden, was ein “aktiver Nutzer” sei.

                    “Der Digital Markets Act setzt wichtige neue Impulse für einen fairen Wettbewerb in der EU”, lobt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder die Ratsposition. Nur ungenügend berücksichtigt seien in ihr allerdings die Auswirkungen, die die neuen Regeln auf europäische Plattformen, Start-ups und Cybersicherheitsthemen hätten. “Innovationsanreize für neu entstehende Plattformen und Digitalunternehmen müssen im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit Europas dringend ausgebaut werden“, mahnt Rohleder.

                    Hoher Nachbesserungsbedarf im Digital Services Act

                    Beim Digital Services Act, der die Grundregeln für Dienstanbieter und Plattformen im Internet überarbeiten soll, betonten die Mitgliedstaaten, wie wichtig die Beibehaltung des Herkunftslandprinzips sei. Auch der bürokratische Aufwand für KMUs solle nicht erhöht werden. Staatssekretärin Dörr-Voß bezeichnete den DSA als einen “Meilenstein” und bestätigte, dass es das Ziel aller Beteiligten sei, beide Rechtsakte schnellstmöglich, idealerweise bereits im Frühjahr 2022 unter französischer Ratspräsidentschaft, abzuschließen.

                    Doch auch beim Digital Services Act sieht Deutschland in vielen Punkten Nachbesserungsbedarf und hat daher wie andere Mitgliedstaaten eine Protokollerklärung abgegeben. Unter anderem fordert die geschäftsführende Bundesregierung darin, dass verhindert werden müsse, dass der Digital Services Act die hohen Schutzstandards im deutschen Kinder- und Jugendmedienschutz aushöhlt.

                    Löschverpflichtungen und Löschfristen für illegale Inhalte auf sehr großen Online-Plattformen (Europe.Table berichtete) sollen ambitionierter und rechtlich verbindlich werden. Meldepflichten der Hosting-Diensteanbieter an Strafverfolgungs- und Justizbehörden (Artikel 15a) sollen durch eine Öffnungsklausel ergänzt werden. Die Rolle der nationalen Aufsichtsbehörden beim Vollzug des Digital Services Act soll gestärkt werden und proaktive Sorgfaltspflichten für die Anbieter von Online-Marktplätzen eingeführt werden.

                    “Der Rat nimmt kosmetische Verbesserungen am Vorschlag der Kommission vor”, sagt Alexandra Geese, Schattenberichterstatterin für den Digital Services Act für die Fraktion der Grünen/EFA im Binnenmarktausschuss des Europaparlaments. Die Ratsposition geht der Europaabgeordneten in vielen Punkten nicht weit genug, wie bei den Vorschriften für Empfehlungssysteme und Algorithmen. Nutzer:innen würden so nicht vor “unverhältnismäßigem Profiling” geschützt.

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                      Taxonomie: Suche nach einem Kompromiss

                      Die EU-Kommission lässt sich wohl mehr Zeit für ihre Entscheidung, wie sie Investitionen in Erdgas und Atomkraft einstuft. Die Behörde werde den Delegierten Rechtsakt aller Voraussicht nach nicht kommende Woche vorlegen, heißt es in Brüssel. Zuvor hatte es geheißen, die Kommission könnte den hochgradig umstrittenen Text bereits am 1. Dezember präsentieren.

                      Das aber wäre von den angehenden Ampel-Koalitionären in Berlin als unfreundlicher Akt gewertet worden. Olaf Scholz soll am 7. Dezember zum Bundeskanzler gewählt werden, und insbesondere die Grünen lehnen es strikt ab, Atomkraft über die EU-Taxonomie das Nachhaltigkeitssiegel zu verleihen. Beim Erdgas ist die neue Koalition hingegen offener.

                      Frankreich für eine Aufnahme von Atomkraft in EU-Taxonomie

                      Auf der anderen Seite des Meinungsspektrums steht Frankreich, das heftig für die Aufnahme von Atomkraft lobbyiert (Europe.Table berichtete). Die Ampel-Koalitionäre wollen nun das Gespräch mit Präsident Emmanuel Macron suchen, um einen Kompromiss zu finden. “Wir werden versuchen, gemeinsam mit Paris eine Lösung zu finden”, sagt der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold zu Europe.Table.

                      Giegold, der Teil des Verhandlungsteams seiner Partei war, zeigt Verständnis für die französische Position: “Frankreich braucht die Gewissheit, dass es den Bau neuer Atomkraftwerke weiter finanzieren kann, wenn es sich gegen unsere Überzeugung dafür entscheidet.” Daher müsse geklärt werden, dass staatliche Finanzierungshilfen für neue Meiler von der Kommission nicht als unvereinbar mit dem europäischen Beihilferecht gewertet werde. Berlin wiederum sei wichtig, dass die Integrität der nachhaltigen Finanzmärkte nicht beschädigt werde. “Das miteinander in Einklang zu bringen, ist nicht einfach, aber mit dem entsprechenden politischen Willen möglich.”

                      “Würde Glaubwürdigkeit der EU-Taxonomie stark beeinträchtigen”

                      Auch in der Finanzindustrie mehren sich Stimmen, die eine Aufnahme von Atomkraft und Gas in die EU-Klassifizierung ablehnen. Diese könne “die Glaubwürdigkeit der EU-Taxonomie stark beeinträchtigen”, sagt Victor van Hoorn, geschäftsführender Direktor des European Sustainable Investment Forum (Eurosif). Der Verband vertritt nach eigenen Angaben über seine nationalen Mitgliedsorganisationen mehr als 400 institutionelle Investoren, die Vermögen im Wert von gut acht Billionen Euro verwalten.

                      Wie sich die Kommission entscheidet, ist immer noch unklar. Vieles deutet darauf hin, dass sie Erdgas als “Übergangsaktivität” nach der Taxonomie einstuft. Der Umgang mit Atomkraft ist auch innerhalb der EU-Behörde hochumstritten, auch wenn sich die Waage in den vergangenen Wochen zugunsten der Befürworter neigte. Zuletzt hatte sich abgezeichnet, dass sie den Bau und Betrieb von Kernkraftwerken als grünes Investment deklariert, Uranabbau als “ermöglichende” Technologie.

                      Van Hoorn mahnt, die Klassifizierung müsse auf wissenschaftlichen Kriterien basieren, und fordert, die Diskussion zu versachlichen. “Ich glaube nicht daran, dass die Taxonomie die Entscheidungen entscheidend beeinflussen wird, wie die Mitgliedsstaaten ihre Energieversorgung organisieren wollen.”

                      Die Klassifizierung sage auch nichts darüber aus, ob eine Investitionsentscheidung gut sei oder nicht. “Investoren werden ihre Anlageentscheidungen immer anhand mehrerer Kriterien fällen.” Daher werde die Finanzierung nicht gleich versiegen, wenn ein Sektor nicht als nachhaltig eingestuft werde. Die Atom- und die Gasindustrie aber befürchten – ebenso wie andere Branchen (Europe.Table berichtete) – steigende Finanzierungskosten, wenn sie nicht berücksichtigt werden.

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                        Verkehrswende könnte an falschen Subventionen scheitern

                        Mit dem aktuellen Koalitionsvertrag dürfte Deutschland die europäischen Klimaziele im Verkehrssektor nach Ansicht von Experten verfehlen. “Der Koalitionsvertrag ist ein Fortschritt im Vergleich zur letzten Legislaturperiode. Aber wenn ich das nehme, was dort schwarz auf weiß steht, dann ist das keine Blaupause zur Erreichung der Klimaschutzziele 2030”, bewertet Christian Hochfeld, Direktor der Agora Verkehrswende, das Papier im Gespräch mit Europe.Table.

                        Die EU-Kommission möchte bis 2030 den CO2-Ausstoß aller neu zugelassenen Pkw um 55 Prozent senken. Es ist ein Zwischenziel auf dem Weg zu den 100 Prozent im Jahr 2035, die als Verbrenner-Aus gelten. SPD, Grüne und FDP scheitern laut Hochfeld im Koalitionsvertrag daran, zu erläutern, wie die deutsche Verkehrspolitik seinen Beitrag zu diesem Ziel erreichen will. “In den nächsten Wochen brauchen wir das, was wir in den letzten Jahren nicht bekommen haben – ein durchgerechnetes Konzept, was zur Erreichung der Klimaschutzziele zu tun ist”, so Hochfeld weiter.

                        Geht es nach der Ampel-Koalition sollen im Jahr 2030 insgesamt 15 Millionen Elektroautos (BEV) auf der Straße sein (Europe.Table berichtete). Klingt ambitioniert, reiche aber nicht, betont Friederike Piper, Policy Officer für E-Mobility bei der NGO-Dachorganisation Transport and Environment (T&E). Sie verweist auf eine Studie des Beratungsunternehmens Prognos. Laut der müssten im Jahr 2030 etwa 21 Millionen BEV angemeldet sein, um die Ziele zu erreichen. Hochfeld von Agora Verkehrswende glaubt zwar, dass 15 Millionen BEV schon genügen würden, sieht aber nicht, wie das Ziel umgesetzt werden soll: “Das ist eine echte Herkulesaufgabe, und die bewältige ich nicht mit den Maßnahmen, die im Koalitionsvertrag abgebildet sind.”

                        Verbrenner bei Dienstwagen-Subventionen nicht thematisiert

                        Das größte Potenzial eine Verkehrswende zu erreich und die Zulassungen elektrischer Fahrzeuge zu steigern, habe das Dienstwagenprivileg (Europe.Table berichtete), sagt Piper. In Deutschland würden zwei Drittel aller verkauften Neuwagen gewerblich angemeldet. “Es ist gut, dass Plug-in-Fahrzeuge (PHEV) adressiert wurden und in Zukunft eine elektrische Mindestfahrleistung von 50 Prozent nachgewiesen werden muss. Nicht gut ist, dass Dienstwagen mit Verbrennungsmotor gar nicht thematisiert werden.”

                        PHEV werden zukünftig nur noch dann steuerlich bessergestellt als Verbrenner, wenn sie mindestens 50 Prozent der Zeit rein elektrisch fahren. Dann werden lediglich 0,5 Prozent des Bruttolistenpreises als geldwerter Vorteil auf den Nettoverdienst draufgeschlagen. Bei Verbrennern ist es ein Prozent, bei BEV sind es 0,25 Prozent. Doch bereits im Jahr 2025 soll dieser Satz auf 0,5 Prozent angehoben werden.

                        An dem System des Dienstwagenprivilegs stört sich auch Hochfeld. Klassische Verbrenner müssten zu einem deutlich höheren Aufschlag führen – er schlägt 1,5 bis zwei Prozent vor, um eine klare Differenz zum Elektroauto zu schaffen. Im Strukturwandel ginge es darum, sozial ausgewogen zu fördern, um niedrige Einkommensklassen nicht zu überlasten. Die Lösung könne ein Bonus-Malus-System sein. Emissionsstarke Autos müssten eine hohe CO2-Abgabe zahlen, die dann als Bonus an Elektroautonutzer ausgezahlt würden. So müsste nicht in den Steuertopf gegriffen werden.

                        Verkehrswende: Jedes zweite Auto müsste ein E-Auto sein

                        Mit Blick auf die Verbreitung der Elektromobilität weist auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) auf die Herausforderungen für eine Verkehrswende hin und rechnet vor, was für 15 Millionen Elektroautos im Jahr 2030 passieren muss: “Dies bedeutet, dass bereits ab 2022 rechnerisch jedes zweite neu zugelassene Auto rein elektrisch fahren muss.” Angesichts der aktuellen Zahlen scheint das unerreichbar. Im Jahr 2020 wurden in Deutschland rund 2,9 Millionen Neuwagen zugelassen. Lediglich 194.000 davon waren BEV.

                        Geld einsparen möchte die neue Regierung unter anderem bei der viel diskutierten Dieselbesteuerung. Rund acht Milliarden Euro entgehen dem deutschen Fiskus jährlich durch den geringeren Steuersatz auf Diesel im Vergleich zu Benzin. SPD, Grüne und FDP geben sich allerdings sehr vorsichtig. Die steuerliche Behandlung von Dieselfahrzeugen solle lediglich “überprüft” werden. “Es ist richtig, die Energiesteuer anzugleichen. Aber es ist nicht so, dass dadurch mehr E-Autos verkauft werden”, ordnet Piper diese Maßnahme ein.

                        Hochfeld spricht noch eine Mahnung an die Koalitionsparteien aus: “Die nächsten vier Jahre sind die letzte Ausfahrt für das Erreichen der europäischen Klimaschutzziele 2030. Was diese Regierung nicht erreicht, wird auch die nächste nicht mehr schaffen.” Diese Erkenntnis und diese Dringlichkeit einer Verkehrswende, so sagt er, könne er in diesem Koalitionsvertrag noch nicht erkennen. Christian Domke-Seidel

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                          Rat der EU: Auswärtige Angelegenheiten (Handel)
                          29.11.-03.12.2021
                          Akteure: Handelsminister:innen
                          Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht die Vorbereitung, Begleitung und Nachbereitung der vom 30.11.-03.12.2021 in Genf tagenden WTO-Ministerkonferenz.
                          Vorläufige Tagesordnung

                          Sitzung des Haushaltskontrollausschusses
                          29.11.-01.12.2021
                          Akteure: CONT
                          Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen mehrere Aussprachen zur Entlastung des EU-Haushalts 2020 sowie ein Berichtsentwurf zur Bekämpfung von oligarchischen Strukturen und dem Schutz der EU-Mittel vor Betrug und Interessenkonflikten.
                          Vorläufige Tagesordnung (29.-30.11.) Vorläufige Tagesordnung (01.12.)

                          Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
                          29.11.-30.11.2021
                          Akteure: ENVI
                          Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem ein Meinungsaustausch mit Frans Timmermans über die COP26-Konferenz und ihre Folgen für die EU-Klimapolitik, ein Meinungsaustausch über die neuen globalen WHO-Richtlinien zur Luftqualität sowie mehrere Entwurfsberichte zur Entlastung des EU-Haushalts 2020.
                          Vorläufige Tagesordnung

                          Sitzung des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
                          29.11.-30.11.2021
                          Akteure: AGRI
                          Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen Meinungsaustausche zum EU-Verhaltenskodex für verantwortungsvolle Unternehmens- und Marketingpraktiken in der Lebensmittelversorgung, zum Bericht über die neue EU-Waldstrategie 2030 sowie zur Verbesserung der Ernährungssicherheit in Entwicklungsländern.
                          Vorläufige Tagesordnung

                          Sitzung des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung
                          29.11.-30.11.2021
                          Akteure: SEDE
                          Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem ein Meinungsaustausch mit Thierry Breton und ein Berichtsentwurf zum Fahrplan des EAD für Klimawandel und Verteidigung.
                          Vorläufige Tagesordnung

                          Sitzung des Ausschusses für Fischerei
                          29.11.-30.11.2021
                          Akteure: PECH
                          Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem die Rolle der Fischerei und der Aquakultur beim Übergang zu einer nachhaltigen blauen Wirtschaft in der EU, die Festlegung von Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen für den Bereich des Übereinkommens über die Fischerei im westlichen und mittleren Pazifik sowie die Lage der handwerklichen Fischerei in der EU und Zukunftsaussichten.
                          Vorläufige Tagesordnung

                          Rat der EU: Bildung, Jugend, Kultur und Sport
                          29.11.-30.11.2021
                          Akteure: Zuständige Minister:innen
                          Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem eine Aussprache zu digitaler Bildung und Kompetenzen, Informationen zu den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die allgemeine und berufliche Bildung sowie eine Aussprache zum kulturellen Erbe und zu Erbrechten im Kontext der nachhaltigen
                          Entwicklung und der Zukunft Europas.
                          Vorläufige Tagesordnung

                          Sitzung des Sonderausschusses zu künstlicher Intelligenz im digitalen Zeitalter
                          30.11.2021 16:45-18:45 Uhr
                          Akteure: AIDA
                          Agenda: Auf der vorläufigen Agenda steht eine öffentliche Anhörung zum Thema “KI und Voreingenommenheit”.
                          Vorläufige Tagesordnung

                          Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Tourismus
                          01.12.-02.12.2021
                          Akteure: TRAN
                          Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht unter anderem ein Meinungsaustausch mit Frans Timmermans über das “Fit for 55”-Paket, eine Debatte über erneuerbare und kohlenstoffarme Kraftstoffe im Seetransport und ein Bericht über die Umsetzung des einheitlichen europäischen Luftraums.
                          Vorläufige Tagesordnung

                          Wöchentliche Kommissionssitzung
                          01.12.2021
                          Akteure: EU-Kommission
                          Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht die Global Gateway Initiative zur Konnektivität, ein Paket zu Sicherheit und Recht in der digitalen Welt sowie ein Maßnahmenpaket für den Schengenraum. Im Anschluss findet gegen 12 Uhr eine Pressekonferenz statt.
                          Vorläufige Tagesordnung Pressekonferenz Live

                          Rat der EU: Telekommunikation und Energie
                          02.12.-03.12.2021
                          Akteure: Zuständige Minister:innen
                          Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen Beratungen zu Gesetzesinitiativen im Zusammenhang mit dem “Fit for 55”-Paket, ein Meinungsaustausch zu möglichen Maßnahmen gegen steigende Energiepreise sowie ein Arbeitsbericht zum Rahmenkonzept einer europäischen digitalen Identität.
                          Vorläufige Tagesordnung

                          EuGH-Urteil zu Antidumpingzöllen auf Solarglas aus China
                          02.12.2021
                          Akteure: Xinyi PV Products, Glasmanufaktur Brandenburg, EU-Kommission
                          Agenda: Der chinesische Solarglashersteller Xinyi PV Products hat vor dem Gericht der EU mit Erfolg die Weigerung der Kommission angefochten, ihm den Status als unter marktwirtschaftlichen Bedingungen tätiges Unternehmen zuzuerkennen, sowie die Verhängung eines endgültigen Antidumpingzolls von 36,1 Prozent auf die Einfuhren bestimmter von Xinyi hergestellter Solarglasprodukte. Die Kommission und die Glasmanufaktur Brandenburg haben gegen Anfechtung Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt.
                          Rechtssache

                          EuGH-Schlussanträge zum Schutz des EU-Haushalts bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit
                          02.12.2021
                          Akteure: Ungarn, EU-Parlament, Rat der EU
                          Agenda: Am 16. Dezember 2020 erließen das Europäische Parlament und der Rat die Verordnung 2020/2092 über eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union. Ungarn und Polen haben beim Gerichtshof Klagen auf Nichtigerklärung dieser Verordnung erhoben. Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona legt seine Schlussanträge vor.
                          Klageschrift

                          Politische Online-Werbung: Parlament fordert Nachbesserungen

                          Die Brüsseler Behörde schlägt vor, dass künftig jede Anzeige politischer Werbung eindeutig als solche gekennzeichnet sein muss. Zudem soll sie Angaben darüber enthalten, wer wie viel dafür bezahlt

                          Techniken für das Targeting und die Amplifikation von politischer Werbung sollen öffentlich gemacht werden. Zudem will die Kommission die Verwendung sensibler personenbezogener Daten ohne ausdrückliche Zustimmung der Betroffenen verbieten.

                          “Wahlen dürfen kein Wettbewerb von undurchsichtigen und schmutzigen Methoden sein”, sagte die Vizepräsidentin der Kommission, Vera Jourova, bei der Vorstellung ihrer Pläne am Donnerstag im Brüssel. Als Negativ-Beispiele nannte sie die Anti-EU-Kampagne beim Brexit, aber auch die Cambridge-Analytica-Affäre.

                          Auch der Sturm auf den Capitol Hill in Washington im Januar und die Enthüllungen der Whistleblowerin Frances Haugen zu Facebook hätten sie zu ihrem Vorschlag bewogen (Europe.Table berichtete), so Jourova. Es gehe um den Schutz der Europawahl und nationaler Wahlen in der EU, so die Kommissarin.

                          Transparenz bei politischer Werbung im Netz

                          Das Europaparlament hat die Vorschläge im Grundsatz begrüßt, will im Detail aber noch weiter gehen. “In sozialen Medien florieren Desinformation und Hetze. Mit politischer Online-Werbung wird versucht, unseren demokratischen Diskurs zu manipulieren”, sagte der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund.  

                          Die Initiative der Kommission schaffe die dringend nötige verbindliche Transparenz (Europe.Table berichtete), wer Anzeigen politischer Werbung für wie viel Geld finanziert. Das sei ein wichtiger erster Schritt. Allerdings sollte auch klar werden, welcher Partei eine Anzeige jeweils nützt

                          Billige Hassbotschaften

                          “Aggressives Microtargeting macht aktuell Hassbotschaften viel billiger als positive Botschaften“, so Freund. “Transparenz über den Preis pro View könnte den Preisvorteil von gezielt gesätem Hass zeigen und es möglich machen, gleiche Preise vorzuschreiben, um dem Hass den Vorteil zu nehmen.” 

                          Nachbesserungen fordert auch der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken. Es sei unverständlich, dass die Kommission die Personalisierung politischer Werbung nicht komplett verboten habe. “Ein solches Verbot ist der einzige Weg, dem Missbrauch unserer persönlichen Daten Einhalt zu gebieten und den demokratischen Diskurs online effektiv zu schützen.” 

                          Die Kommission bleibe mit ihrem Vorschlag weit hinter dem Notwendigen zurück, so Wölken. Er will sich bei den parlamentarischen Beratungen dafür einsetzen, den Entwurf an dieser Stelle nachzuschärfen.

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                            Grünen-Ministerliste steht – Özdemir setzt sich durch

                            In einem Machtkampf um die Grünen-Ministerposten in der neuen Bundesregierung hat sich der frühere Parteichef Cem Özdemir gegen Fraktionschef Anton Hofreiter durchgesetztGrünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner teilte der Mitgliedschaft am Donnerstagabend das Personaltableau mit.

                            Demnach wird Özdemir Landwirtschafts- und Ernährungsminister. Die Parteilinke Steffi Lemke soll Umweltschutzministerin werden und Anne Spiegel aus Rheinland-Pfalz Familienministerin. Das Auswärtige Amt geht wie erwartet an Co-Parteichefin Annalena Baerbock, Minister für Wirtschaft und Klimaschutz wird Co-Parteichef Robert Habeck. Die bisherige Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth wird Staatsministerin für Kultur und Medien im Kanzleramt. rtr

                              • Ampel-Koalition
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                              Ampel will laut Insidern über 50 Milliarden in Klimafonds pumpen

                              Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP plant offenbar mit einem spürbaren Nachtragshaushalt noch vor Weihnachten. Im Rahmen des Nachtragshaushalts sollen mehr als 50 Milliarden Euro in den Klimafonds gesteckt werden, wie mehrere mit den Überlegungen vertraute Personen am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Die Gelder können dann in den nächsten Jahren für Investitionen in den Klimaschutz genutzt werden.

                              Das wäre ganz im Sinne der Grünen und vereinbar mit der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse. Denn diese ist dieses und nächstes Jahr wegen der Corona-Pandemie noch ausgesetzt. Für die Schuldenbremse ist relevant, wann der Fonds aufgeladen wird, nicht wann die Gelder dann abgerufen werden.

                              Der Verschuldungsrahmen in Rekordhöhe von 240 Milliarden Euro für dieses Jahr werde damit dann doch noch nahezu ausgeschöpft, ergänzten die Insider. Zuletzt war hier eigentlich mit deutlich weniger gerechnet worden. Unklar ist noch, ob auch für 2022 der Verschuldungsrahmen von bislang geplanten rund 100 Milliarden Euro voll ausgeschöpft oder sogar noch ausgeweitet wird. Dies wäre eine Möglichkeit, sich einen Puffer zu schaffen, bevor die Schuldenbremse dann ab 2023 wieder greifen soll. Der designierte Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat bereits gesagt, dass die Größenordnung von 100 Milliarden Euro ausreichen sollte. Das war jedoch vor der jüngsten Verschärfung der Corona-Lage. rtr

                                • Coronavirus
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                                • Schulden

                                Reisefreiheit: Kommission schlägt neue Regeln für Impfausweis vor

                                Die EU-Kommission schlägt eine begrenzte Gültigkeit digitaler EU-Impfpässe vor, um noch schärfere Reiseregeln innerhalb der Europäischen Union im nächsten Jahr zu verhindern. Die Brüsseler Behörde plädierte am Donnerstag im Kampf gegen die Corona-Pandemie für eine Geltungsdauer des digitalen EU Impfzertifikats von neun Monaten. Ohne den Nachweis einer Corona-Booster-Impfung nach Ablauf dieser Frist würde das Impfzertifikat seine Gültigkeit verlieren.

                                Mit der Empfehlung will die Kommission die Reisefreiheit in der EU gewährleisten und ein einheitliches Vorgehen der Mitgliedstaaten fördern. Wegen der zuletzt deutlich gestiegenen Corona-Infektionen in etlichen EU-Staaten wuchs zuletzt die Furcht vor neuen Reisebeschränkungen.

                                Europa ist nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erneut zum Epizentrum der Corona-Pandemie geworden. WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus wies darauf hin, dass in der vergangenen Woche mehr als 60 Prozent aller neuen Corona-Infektionen und -Todesfälle in Europa verzeichnet worden seien. rtr

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                                  Standpunkt

                                  Deutschlands Kohleausstieg kann Schule machen

                                  Von Samuel Gregory-Manning
                                  Deutschlands Kohleausstieg kann Schule machen: Samuel Gregory-Manning ist Kommunikationsbeauftragter beim European Environmental Bureau, Europas größtem Netzwerk von Umwelt-Bürgerinitiativen
                                  Samuel Gregory-Manning ist Kommunikationsbeauftragter beim European Environmental Bureau, Europas größtem Netzwerk von Umwelt-Bürgerinitiativen.

                                  Acht Jahre früher als ursprünglich geplant – die Koalitionsverhandlungen in Deutschland haben das Ziel eines beschleunigten und mit dem Pariser Abkommen kompatiblen Kohleausstieg “idealerweise” bis 2030 vorangebracht. Auch wenn die Aufnahme des Begriffs “idealerweise” weniger konkret ist als ursprünglich von den Grünen angedacht, sind der neuen Regierung in Deutschland die Realitäten des Kohleausstiegs in Europa offensichtlich klar.

                                  Mit dem neuen Termin schließt sich Deutschland 16 anderen europäischen Ländern an, die bis 2030 aus der Kohle aussteigen oder sich dazu verpflichten. Mehr als die Hälfte der europäischen Kohlekraftwerke sind bereits stillgelegt, die übrigen werden bis zum Ende des Jahrzehnts abgeschaltet. Das Vorantreiben des Kohleausstiegs durch den größten Mitgliedstaat der EU ist ein bedeutender Schritt in der Umstellung des gesamten Blocks weg von der Kohle. Deutschland ist in der EU einer der größten Verbraucher des fossilen Brennstoffs und wies im Jahr 2020 den zweithöchsten Verbrauch an Steinkohle und den höchsten Verbrauch an Braunkohle auf.

                                  Deutschland könnte jenen EU-Mitgliedstaaten den Weg weisen, die sich noch gegen den Kohleausstieg sträuben und bislang stets auf die Deutschen als entschuldigendes Beispiel verwiesen haben. Es könnte eine Erfolgsgeschichte über den Ausstieg erzählen, vor den Gefahren des Hinterherhinkens warnen und zeigen, dass der steigende wirtschaftliche, ökologische und politische Druck ein solches Schicksal unausweichlich macht. Steigende Kohlenstoffpreise machen das Festhalten an der Kohle zu einer kostspieligen Angelegenheit, während der politische Durst der Bürger:innen auf Maßnahmen gegen den Klimawandel immer größer wird.

                                  In den Kohleregionen ändert sich der Ton

                                  Ein beschleunigter Kohleausstieg Deutschlands bis 2030 entspricht den Vorgaben des Pariser Abkommens, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, und zerstreut gleichzeitig die Ängste der Deutschen, die an vorderster Front für das Ende der Kohle in ihrem Land kämpfen. 

                                  Die Bürger:innen Nordrhein-Westfalens haben in den vergangenen Jahrzehnten miterlebt, wie der Kohlebergbau in Garzweiler Dörfer verschluckt und landwirtschaftliche Flächen vernichtet hat. Der frisch gebackene CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst hat sich dafür ausgesprochen, dass das bevölkerungsreichste Bundesland Deutschlands ebenfalls 2030 aus der Kohle aussteigt.

                                  In deutlicher Abkehr von der Kohleaffinität seines Vorgängers Armin Laschet sind Wüsts Äußerungen ein Meilenstein für die beharrlichen Bemühungen der Zivilgesellschaft, ihre Heimat und Lebensgrundlage vor dem zerstörerischen Ausbau des Kohlebergbaus zu schützen. Wüsts Forderung nach Klarheit von der neuen Bundesregierung über den Ausbau der Erneuerbaren und die Sicherheit von Kohlealternativen normalisiert den Ausstiegstermin 2030 für den Rest des Landes weiter.

                                  Riccardo Nigro, EEB-Experte für Kohleverstromung und Bergbau, sagte: “Der Kohleausstieg ist unvermeidlich und beschleunigt sich in ganz Europa aus wirtschaftlichen, ökologischen und politischen Gründen. Die neue Bundesregierung hat die Möglichkeit, europaweit ein Zeichen zu setzen, Deutschland auf einen Paris-kompatiblen Kohleausstiegsplan auszurichten und die schändliche Zerstörung von Dörfern zu stoppen, die RWE vorantreibt, um in Garzweiler unnötige Kohle abzubauen.”

                                  Nach Deutschlands Kohleausstieg-Plänen wird der Druck größer

                                  Auf der COP26 stand die Kohle wie nie zuvor im Rampenlicht. Der Klimapakt von Glasgow war vor allem wegen der Kohle umstritten. In letzter Minute wurde auf Drängen Chinas und Indiens die Formulierung “phaseout” in “phase-down” abgeschwächt (Europe.Table berichtete). Trotz dieser sprachlichen Verwässerung ist es das erste Mal, dass eine solche Resolution in einen UN-Klimatext aufgenommen wurde. Es ist ein Zeichen dafür, dass sich die Welt langsam, aber sicher von der Kohle abwendet.

                                  Die EU, die dem Kohleausstieg hinterherhinkt, läuft Gefahr, noch weiter hinter die Kohleausstiegskurve zurückzufallen. Auf dem Klimagipfel wurde eine globale Erklärung zum Übergang von Kohle zu sauberer Energie verabschiedet (Europe.Table berichtete), die von einer Koalition aus 190 Ländern und Organisationen unterzeichnet wurde, die sich zum Kohleausstieg verpflichtet haben – bis 2030 für die großen Volkswirtschaften und 2040 für den Rest der Welt. Polen, dessen Zuneigung zu Kohle berüchtigt ist, unterschrieb überraschend – begleitet von großem Tamtam. Das Land hat seine Position jedoch schnell korrigiert und bekräftigt, dass seine Ausstiegsfrist 2049 bleibt, da es sich nicht als große Volkswirtschaft betrachtet.

                                  Zu den anderen Mitgliedstaaten, die die Frist 2030 nicht einhalten, gehört Kroatien (Ausstieg bis 2033). Der Kohleausstieg Sloweniens und Tschechiens wird noch diskutiert. Tschechien hat vage angedeutet, vor 2038 auszusteigen.

                                  Mit dem Antritt der Ampel-Koalition in Deutschland wird der Druck für einen früheren Kohleausstieg sowohl in der EU als auch weltweit immer größer. Es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis die Nachzügler in der EU die Fabel vom Ausstieg beherzigen müssen.

                                  Dieser Standpunkt wurde von einem ursprünglich auf dem EEB META news channel veröffentlichten Artikel übernommen.

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                                    Apéropa

                                    Wer verhandelt was? Es ist wohl eine der wichtigsten Fragen im Europaparlament. Erste Ebene: die Ausschüsse. Zweite Ebene: die Berichterstatter. Je bedeutender und publikumswirksamer ein Gesetzesvorhaben ist, desto umkämpfter. Wer die nötige Fach-Kompetenz hat, steht dabei oft leider nicht an erster Stelle – vor allem bei der Frage der Berichterstatter. Denn ein Bericht bedeutet Profilierung, Macht und die Chance, eine Regulierung entscheidend mitzugestalten – Kompetenz hin oder her.

                                    Bestes aktuelles Beispiel: die Verordnung für Künstliche Intelligenz (KI). Dabei fing alles so gut an: Im Juni, knapp zwei Monate nach dem Kommissionsvorschlag, stand der federführende Ausschuss im Europaparlament – Binnenmarkt (IMCO) – samt Berichterstatter – Brando Benifei (IT, S&D) – bereits fest. Doch dann fochten mehrere Ausschüsse die alleinige Federführung des IMCO an und ein bis heute schwelender Kompetenzstreit brach aus.

                                    Mitte Oktober gab es dann einen kurzen Lichtblick: Der Vorsitzende der Konferenz der Ausschussvorsitzenden Antonio Tajani (IT, EVP) hatte einen Lösungsvorschlag ausgearbeitet. Doch schnell zeigte sich: Dieser flammte den Streit erst richtig an, denn Tajani setzte sich für eine geteilte Federführung zwischen dem IMCO und dem Rechtsausschuss (JURI) ein.

                                    Den Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) sah der ehemalige Parlamentspräsident lediglich in einer mitberatenden Funktion, obwohl die KI-Verordnung auch zentrale Grundrechtsfragen betrifft. Der Vorwurf, der Italiener habe durch seinen Vorschlag vor allem das Interesse seiner eigenen Fraktion im Auge gehabt, lag schnell auf dem Tisch. Denn als Berichterstatter im JURI gilt Axel Voss (CDU) inoffiziell als gesetzt.

                                    Nachdem der KI-Kompetenzstreit unzählige Male von der Tagesordnung genommen wurde, wollte die Konferenz der Fraktionsvorsitzenden (CoP) gestern endlich eine Entscheidung fällen. Aber auch diesmal hieß es in letzter Minute: to be continued. Keiner der Beteiligten wollte sich dazu äußern, “zu heikel”, hieß es aus Parlamentskreisen.

                                    “Die Entscheidung wurde vertagt, um einen Kompromiss zu finalisieren”, teilte der Parlaments-Sprecherdienst trocken auf Anfrage von Europe.Table mit. Anfang Dezember rechne man mit einer “klareren Sicht”. Wer weiß, vielleicht sortiert sich das Parlament tatsächlich noch, bevor die slowenische Ratspräsidentschaft ihren ersten Kompromissvorschlag präsentiert? Jasmin Kohl

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