Table.Briefing: Europe

Digital Markets Act + Carole Dieschbourg + Atomkraft

  • Verhandlungen zum DMA auf der Zielgeraden
  • Luxemburgs Umweltministerin Dieschbourg: “Die EU muss als Verteidiger von Paris auftreten”
  • Von der Leyen: Aufnahme von Atomkraft in Taxonomie
  • Grüne fordern Energie-Ausgleich für Ärmere
  • FDP-Finanzexperte pocht auf Stabilitätspakt
  • Saudi-Arabien will bis 2060 klimaneutral sein
  • Michael Bloss: Klimapolitik als Spagat
Liebe Leserin, lieber Leser,

diese Ankündigung dürfte für anhaltende Diskussionen sorgen: Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich nach dem EU-Gipfel dafür ausgesprochen, die Atomkraft in die Taxonomie aufzunehmen. Von der Leyen sprach vom “Energiemix der Zukunft” und nannte in diesem Zusammenhang auch die Kernenergie. Emmanuel Macron wird’s freuen, die künftige deutsche Bundesregierung dürfte weniger begeistert sein.

Die Verhandlungen zum Digital Markets Act schreiten voran – im Rat etwas schneller als im Europaparlament. In einigen Bereichen gehen die Meinungen noch deutlich auseinander, etwa bei der personalisierten Werbung. Till Hoppe fasst die strittigen Punkte zusammen, nennt mögliche Kompromisse und fragt nach, wie realistisch die geplanten Abstimmungstermine sind. 

Auf der Pariser Klimakonferenz war sie maßgeblich an der Aushandlung des Klimaabkommens beteiligt, was ihr unter anderem den Beinamen “Europas Stimme” einbrachte: Im Interview mit Charlotte Wirth spricht Luxemburgs Umweltministerin Carole Dieschbourg über die Rolle der EU bei der anstehenden COP26. Sie sagt: “Ich mache mir große Hoffnungen.”

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Sarah Schaefer
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Analyse

DMA: Verhandlungen in Rat und Parlament auf der Zielgeraden

Im Rat soll es jetzt schnell gehen: Am 10. November bereits sollen die EU-Botschafter die Position des Rates zum Digital Marktes Act (DMA) verabschieden. Der jüngste Kompromissvorschlag der slowenischen Ratspräsidentschaft sei von den Mitgliedsstaaten “sehr wohlwollend” aufgenommen worden, heißt es in Verhandlungskreisen. Daher könne man nun die allgemeine Ausrichtung anstreben.

Der DMA soll, in Verbindung mit dem verwandten Digital Services Act, neue Spielregeln für die großen Digitalunternehmen festlegen. Im Rat waren zuletzt noch zwei wesentliche Punkte offen gewesen: die Aufgabenteilung zwischen EU-Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden bei der Umsetzung des DMA (Europe.Table berichtete); und das Verhältnis von pauschalen Verhaltensvorschriften für die Konzerne zu Einzelfallprüfungen.

Der Kompromiss sieht jetzt vor, dass nationale Behörden wie das Bundeskartellamt eigene Untersuchungen anstrengen können, die Kommission aber ab einem bestimmten Zeitpunkt übernimmt. Das soll eine einheitliche Auslegung der Regeln innerhalb der EU gewährleisten. Die französische Forderung, mehr Raum für individuelle Fallprüfungen im DMA vorzusehen, fand wenig Zustimmung im Rat.

Heiße Phase der Verhandlungen zum DMA im Europaparlament

Die Verhandlungen im Europaparlament sind noch nicht so weit gediehen – dort beginnt jetzt die heiße Phase. Am Dienstag kommen die Berichterstatter im federführenden Binnenmarktausschuss zu einer weiteren Sitzung zusammen, am selben Tag soll der mitberatende Wirtschaftsausschuss seine Stellungnahme beschließen.

In die zuvor festgefahrenen Verhandlungen war zuletzt wieder Bewegung gekommen. In einigen Fragen liegen die Positionen noch weit auseinander, allerdings zeichnen sich teils Konturen möglicher Kompromisse ab. Ob der bisherige Zeitplan gehalten werden kann, ist noch offen.

“Wir kommen langsam voran, aber ich bin weiter skeptisch, dass wir den Abstimmungstermin 8. November halten können”, sagte die Schattenberichterstatterin der Sozialdemokraten, Evelyne Gebhardt, zu Europe.Table. Für das Datum ist bislang das Votum im IMCO angesetzt, das Plenum soll laut Zeitplan in der Sitzungswoche Mitte Dezember abstimmen.

Der Berichterstatter Andreas Schwab (CDU) geht davon aus, zumindest den Dezembertermin halten zu können. “Ich bin zuversichtlich, dass es gelingt, schon vor der Abstimmung im Plenum in fast allen großen Fragen eine politische Einigung zu erzielen”, sagte er. Man komme der Lösung “jeden Tag einen Schritt näher”.

Erneute Zustimmung zum Verkauf von Daten

Die strittigen Themen im Parlament sind andere als im Rat. Die Positionen liegen vor allem noch in diesen Punkten auseinander:

  • Anwendungsbereich: Schwab will den Kreis der Unternehmen, die als Gatekeeper den Verhaltensregeln des DMA unterworfen werden sollen, möglichst eng fassen (Europe.Table berichtete). Diese sollen einen Marktwert von mindestens 80 Milliarden Euro haben und müssen überdies in mindestens zwei Märkten aktiv sein. Dadurch aber würden im Grunde nur die ganz großen US-Digitalkonzerne unter den DMA fallen. Gebhardt hingegen pocht darauf, auch Anbieter wie Booking.com, Airbnb oder Netflix den Regeln zu unterwerfen: “Wir werden nicht zustimmen können, wenn große Plattformen außen vor bleiben, die auf nur einem Markt aktiv sind.” Setzt sie sich durch, könnte auch SAP unter den DMA fallen.
  • Personalisierte Werbung: Sozialdemokraten und Grüne fordern ein Verbot von Werbung, die auf dem Sammeln von persönlichen Daten und detaillierten Nutzerprofilen basiert. Schwab lehnt das ebenso ab wie der Schattenberichterstatter der Liberalen, Andrus Ansip. Beide schlagen einen anderen Ansatz vor: Gatekeeper-Plattformen sollen noch einmal die Zustimmung ihrer Nutzer für die Verwendung bereits gesammelter Daten einholen müssen. Damit Facebook und Co diese Einwilligung nicht wie gehabt wolkig in ellenlangen Datenschutzerklärungen verbergen, wollen sie die genaue Formulierung mit ins Gesetz schreiben. Demnach müssten die Unternehmen explizit um Einverständnis bitten, dass die im Netz gesammelten persönlichen Daten an Dritte zu Werbezwecken verkauft werden. Der Weg zu der von den Sozialdemokraten geforderten Opt-in-Lösung scheint daher nicht mehr allzu weit.

Ob der Ausschuss das Zieldatum 8. November halten kann, hängt auch von einem prominenten Gast ab: Die Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen wird an dem Tag im IMCO auftreten.

Die Befragung könnte zeitraubend werden und eine Verschiebung der Abstimmung auf die folgende Sitzung zwei Wochen später erfordern. Das wäre immer noch rechtzeitig für das avisierte Plenumsvotum im Dezember, nachdem dann der Trilog mit dem Rat beginnen kann. DMA und DSA sollen möglichst während der französischen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2022 verabschiedet werden. Die Staats- und Regierungschefs forderten Parlament und Rat bei ihrem Gipfel am Freitag auf, “so bald wie möglich eine ehrgeizige Einigung zu erzielen”.

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    Carole Dieschbourg: “Die EU muss als Verteidiger von Paris auftreten”

    Bei der Pariser Weltklimakonferenz verteidigte Luxemburgs Umweltministerin Carole Dieschbourg die EU-Position. Die grüne Ministerin war maßgeblich an der Aushandlung des Klimaabkommens beteiligt, was ihr die Beinamen “Klimaqueen” und “Europas Stimme” einbrachte. Bei der COP26 wird sie die Verhandlungen aus der zweiten Reihe beobachten. Europa müsse als Brückenbauer agieren, sagt sie im Interview mit Charlotte Wirth.

    "Die EU muss als Verteidiger von Paris auftreten", so Luxemburgs Umweltministerin Carole Dieschbourg.
    Luxemburgs Umweltministerin Carole Dieschbourg

    Um gut zu verhandeln, muss man selbst hohe Ambitionen haben, sagten Sie nach dem Weltklimagipfel in Paris. Slowenien ist nicht dafür bekannt, sehr ehrgeizige Klimaziele zu verfolgen. Blicken Sie Glasgow mit Sorge entgegen?

    Ich mache mir große Hoffnungen. Jedoch müssen wir unsere Ambitionen hochhalten. Slowenien spricht für die EU. Wir haben eine gemeinsame Position ausgearbeitet, die uns als Verhandlungsbasis dient. Die EU gehört zu den Vorreitern. Sie hat ihre Ziele gerade erst noch einmal nach oben geschraubt. Wichtig ist, dass wir in Glasgow jene Kapitel, die seit Paris offen sind, endlich schließen. Gleichzeitig müssen wir unbedingt verhindern, dass andere Punkte aufgeweicht werden.

    Es war aber nicht einfach, zu einer gemeinsamen EU-Position zu finden …

    Ja, das war ein harter Kampf. Aber wir gehen mit einem stabilen Mandat nach Glasgow. Ich habe mich dafür eingesetzt, dass die EU als Verteidiger der Pariser Klimaziele antritt. Deshalb war es so wichtig, an den Fünf-Jahres-Zyklen zur Überprüfung der nationalen Beiträge zur Begrenzung des Klimawandels festzuhalten. Wir sehen die Auswirkungen des Klimawandels ja jetzt schon. Ob Fluten, Hitzewellen oder Waldbrände … In ganz Europa hat sich die Lage im Vergleich zu 2015 verschlimmert.

    Gehen wir da hoch auf zehn Jahre, tragen wir der Dringlichkeit der Klimakrise nicht Rechnung. Wir sind momentan nicht auf dem richtigen Weg. Wir steuern auf eine Erderwärmung von drei Grad hin. Das Einzige, was dabei hilft, ist, dass wir in kurzen Abständen unsere Ambitionen hochschrauben. Dennoch gibt es Länder, die die Fünf-Jahres-Zyklen ablehnen.

    Sie sagen, die EU muss als Verteidiger von Paris auftreten. Sind die Pariser Klimaziele in Gefahr?

    Wir müssen uns weiter an den Weg halten, den wir damals in Paris festgelegt haben. Damals haben wir gesagt, “zwei Grad genügen nicht, wir müssen das 1,5-Grad-Ziel im Auge behalten”. Daran hängt das Überleben etwa der kleinen Inselstaaten und Küstenregionen. Es gibt aber immer wieder Stimmen, die sich mit zwei Grad begnügen wollen. Deshalb müssen wir immer wieder darauf pochen, dass die Ideen und Ziele, die in Paris festgehalten wurden, nicht verwässert werden.

    “Die Stimmung ist gut”

    Es gibt seit der COP21 keine Einigung zum Artikel 6 des Pariser Regelwerks, bei dem es um den globalen Emissionshandel geht. Wird es in Glasgow einen Durchbruch geben?

    Wir sind jetzt zwei Mal bei den Verhandlungen um den Artikel gescheitert. Die EU hatte hier immer eine starke Position: Wir müssen Märkte schaffen, die an die Klima-Herausforderungen angepasst sind, die keine Umweltzerstörung zulassen und die nicht zu Menschenrechtsverletzungen führen. Vor allem wollen wir Märkte, die keine Schlupflöcher, etwa in Form einer Doppelzählung der Emissionsminderung, mehr zulassen. Das Feedback der Vorverhandlungen war bisher eher positiv. Es werden endlich Lösungen diskutiert.

    Die wären?

    [lacht] Vor einer COP nennt man die konkreten Lösungsansätze nicht. Das gehört zur Verhandlungstaktik. Aber es gab viele Gespräche in den letzten Monaten. Die Stimmung ist gut.

    Ein weiterer Punkt, der in Glasgow zur Diskussion steht, ist die internationale Klimafinanzierung. Die Staaten konnten ihr 100-Milliarden-Versprechen nicht erfüllen …

    Nein, konnten sie nicht. Aber wir sind nicht weit davon entfernt. Die EU hat aber sehr viel dafür getan: Sie ist der größte internationale Geldgeber, wenn es um Klimafinanzierung geht. Luxemburg und Schweden stehen ganz vorne. Es geht hier nicht darum, ob wir Lust haben, mehr oder weniger auszugeben. Es geht darum, unsere Versprechen einzuhalten. Wir müssen den schwächsten Bevölkerungsgruppen helfen, die schon heute am meisten unter der Klimakrise leiden. Die USA haben gerade angekündigt, sich mehr zu engagieren. Vor Glasgow sind sicherlich noch weitere Ankündigungen zu erwarten.

    Wie laufen die Verhandlungen für die EU ab? Verhandlungsführer sind ja die Slowenen. Wie viel können sich die nationalen Minister:innen da noch einbringen?

    Die Stärke der EU ist ja, dass wir zu mehreren auftreten können. In Paris gab es jeden Morgen eine Sitzung, an der alle Minister teilnahmen und die gemeinsame Position diskutierten. Es ist wichtig, dass die EU, wenn sie in den Verhandlungen Position beziehen muss, für höhere Ambitionen eintritt. Sie ist ja auch nicht allein. Sie ist Teil einer “High Ambition Coalition” mit anderen ambitionierten Staaten. So können wir zeigen: Hier stehen viele Länder vereint für ehrgeizige Ziele.

    EU als Trendsetterin

    Die EU ist sich immer seltener einig. Besteht nicht das Risiko, dass sie ihre gemeinsame Stimme entweder gar nicht erst findet oder sich kein Gehör verschaffen kann?

    Wir sind vielleicht nicht die, die am lautesten auftreten. Aber die EU hat in den letzten Jahren eine Trendsetterrolle gespielt. 2019 waren wir die Ersten, die die Klimaneutralität entschieden haben. Das geschah übrigens auch während einer COP-Woche und hat uns in den Verhandlungen geholfen. Wir sind ein großer Wirtschaftsraum, eine große Gemeinschaft. Wir haben ein gemeinsames Mandat und gehören zu denen, die ehrgeizige Regeln fordern.

    Natürlich tut sich die EU schwer, Entscheidungen zu treffen. Aber es ist es auch ein Vorteil, dass wir so viele sind. Wir haben ein viel größeres diplomatisches Netzwerk als einzelne Staaten. Wir haben erfahrene Minister, die jeweils viele unterschiedliche Partnerländer überzeugen können. Die EU ist am stärksten, wenn sie die Kompetenzen und Beziehungen ihrer Minister:innen bündelt.

    Der britische Premierminister Boris Johnson betont, diese COP wäre die COP des Ausstiegs aus der Kohle und den Verbrennungsmotoren. Wo bleiben etwa die Entwicklungsländer in diesem Szenario?

    Mit solchen Ankündigungen wird gezeigt, wie viel hinter den Kulissen passiert; dass die Staaten sich engagieren. China hat zum Beispiel auch den Kohleausstieg angekündigt. Wir müssen allerdings dafür sorgen, dass alle Akteure mit eingebunden werden und sich nicht nur auf die großen Ankündigungen – oder die Ankündigungen der Großen – konzentriert wird. Auch die kleineren Länder müssen Gehör finden, besonders in Coronazeiten, wo so vieles im Vorfeld über Videokonferenzen diskutiert wurde. Die Briten dürfen nicht den Fehler machen, sich hauptsächlich an den Großmächten zu orientieren. Alle Länder müssen mit ins Boot genommen werden, sonst entstehen Frustrationen.

    Sie haben China erwähnt. Die diplomatischen Beziehungen mit China, Russland und Co sind nicht die Besten. Alleine kann die EU aber wenig erreichen, egal wie ehrgeizig sie ist. Wie kann man künftig besser zusammenarbeiten?

    Reden wir über Klimaschutz und Resilienz, ist es keine Option mehr, auf andere zu warten. Besser ist es, Vorreiter zu sein. Dennoch gilt es in der Vorbereitung auf die Klimakonferenz, mit so vielen Partnern wie möglich zu sprechen, um sie zu ehrgeizigen Zielen zu motivieren. Und zwar auch mit jenen, die nicht unserer Meinung sind. Die Klimakrise ist eine globale Herausforderung. Deshalb wird ja auch auf einer globalen, UN-geführten Weltklimakonferenz nach gemeinsamen Lösungen gesucht. Die COP dient letztlich dazu, Differenzen zu überbrücken.

    Die EU kann dabei die Rolle des Brückenbauers übernehmen. Das haben wir in Paris geschafft, und das müssen wir auch in Glasgow versuchen. Auch in Paris hatten wir Differenzen. Und wir hatten Länder, deren Meinung wir nicht teilten. Diplomatie besteht darin, dass man die Diskussion am Laufen hält und Kompromisse findet. Wenn alle Politiker am Tisch sitzen, geht das leichter.

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      News

      Von der Leyen für Aufnahme von Atomkraft in Taxonomie

      Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich dafür ausgesprochen, die Atomkraft in die Taxonomie aufzunehmen. In einer Pressekonferenz nach Abschluss des EU-Gipfels am Freitag bekräftigte von der Leyen mit Blick auf die Rekord-Energiepreise ihre Forderung nach mehr erneuerbaren Energien. Zugleich sagte sie, man brauche “eine stabile Quelle, nuklear, und für den Übergang, Gas”. Die Kommission werde einen entsprechenden Vorschlag für die Taxonomie machen. 

      Von der Leyens Vorstoß kommt überraschend. Erst vor wenigen Tagen hatte die zuständige Kommissarin Mairead McGuinness angekündigt, dass die Entscheidung zur Taxonomie auf das kommende Jahr verschoben wird (Europe.Table berichtete). Der delegierte Rechtsakt sollte ursprünglich diesen Monat verabschiedet werden. 

      Taxonomie-Diskussion: Macron will in Kernkraft investieren

      Auf dem EU-Gipfel in Brüssel hatten sich einige Regierungschefs dafür ausgesprochen, Atomkraft als klimafreundliche Alternative zu Gas und Öl anzuerkennen (Europe.Table berichtete). Insbesondere Frankreich drängt darauf. Präsident Emmanuel Macron will bis 2030 eine Milliarde Euro in die Kernkraft investieren (Europe.Table berichtete). Deutschland, Österreich und Luxemburg lehnen dies jedoch strikt ab.

      “Ich glaube, dass der Kommissionspräsidentin die unterschiedlichen Sichtweisen sowieso bekannt waren, aber gestern noch einmal vor Augen geführt wurden”, sagte Angela Merkel nach dem Gipfel zur Taxonomie-Diskussion. Es sei kein Geheimnis, dass sie, Merkel, die Haltung Macrons nicht teile, so die Kanzlerin weiter. 

      Der neuen Bundesregierung dürfte die Zustimmung zur Atomkraft einen eher schwierigen Start auf EU-Ebene bereiten. Grünen-Co-Chef Robert Habeck hatte am Wochenende in einem Interview betont, dass er den Pro-Atomkraft-Kurs von Frankreich und anderen EU-Ländern ablehne. sas

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        Grüne wollen Energie-Ausgleich für Ärmere

        Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat kurzfristige finanzielle Hilfen für hohe Energiepreise mit niedrigen Einkommen gefordert. “Der Staat muss auch Geringverdiener und Leistungsempfänger in der Lage versetzen, solche kurzfristigen Preisspitzen auffangen zu können”, sagte sie der “Bild am Sonntag”. Wer heute mit dem Auto zur Arbeit fahre, habe meistens keine Alternative, denn der öffentliche Nahverkehr sei oft zu schlecht ausgebaut.

        Hintergrund ist auch, dass Frankreichs Regierung gerade Haushalten mit einem Einkommen unter 2000 Euro eine 100-Euro-Prämie als Ausgleich für die stark gestiegenen Energiekosten zahlen will. In der Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP ist dieser Punkt allerdings bisher nicht geeint. Die bisherige Bundesregierung verweist darauf, dass die kommende Regierung über eine finanzielle Entlastung entscheiden müsse.

        Die drei Parteien wollen am kommenden Mittwoch in 22 Arbeitsgruppen inhaltlich mit den Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer ersten Ampel-Koalition auf Bundesebene beginnen (Europe.Table berichtete). Zuvor hatten sie sich auf ein zwölfseitiges Sondierungspapier geeinigt. Göring-Eckardt verwies darauf, dass dort etwa eine Kindergrundsicherung vereinbart worden sei. rtr

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          FDP-Politiker Schäffler pocht auf Stabilitätspakt

          Der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler pocht darauf, dass wie im Ampel-Sondierungspapier vorgesehen an europäischen Schuldenregeln festgehalten wird. “Es gilt das, was im Sondierungspapier vereinbart ist”, sagt Schäffler. “Darin ist ein gemeinsames Bekenntnis zum Stabilitäts- und Wachstumspakt festgeschrieben. Daran sollten wir festhalten.”

          Zuvor hatte Grünen-Co-Chef Robert Habeck kritisiert, dass die jetzigen europäischen Schuldenregeln fälschlicherweise “sehr rigide Sparprogramme” erforderten. Er wolle europäische Fiskalregeln, die Wachstum, Schuldtragfähigkeit und Investitionen sicherstellten.

          Im Ampel-Sondierungspapier heißt es, der Stabilitäts- und Wachstumspakt habe “seine Flexibilität bewiesen”. Man wolle auf seiner Grundlage aufbauen. Die FDP hatte sich im Wahlkampf gegen eine Lockerung der europäischen Schuldenregeln ausgesprochen. rtr

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            Saudi-Arabien will bis 2060 klimaneutral sein

            Der weltgrößte Ölexporteur Saudi-Arabien will bis zum Jahr 2060 bei seinen Emissionen klimaneutral sein. Dazu wolle das Land seine jährlichen Einsparziele für CO2 mehr als verdoppeln, sagte Kronprinz Mohammed bin Salman in Riad im Vorfeld der Klimakonferenz COP26.

            Das Königreich werde den Klimawandel bekämpfen und gleichzeitig die Stabilität des Ölmarktes gewährleisten. Es werde sich auch der Initiative der EU und der USA zur Reduzierung der Methanemissionen um 30 Prozent bis 2030 gegenüber dem Niveau von 2020 anschließen (Europe.Table berichtete). Auch das benachbarte Königreich Bahrain gab laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur BNA bekannt, dass es Netto-Null-Emissionen bis 2060 anstrebe. rtr/sas

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              Michael Bloss: Klimapolitik als Spagat

              Klimapolitik als Spagat: Der Grünen-Politiker Michael Bloss sitzt seit 2019 im EU-Parlament
              Der Grünen-Politiker Michael Bloss sitzt seit 2019 im EU-Parlament

              Irgendwo zwischen Pragmatismus und Idealismus kämpft Michael Bloss für ein klimaneutrales Europa und eine gerechte Welt. Zwei Herausforderungen, die sich für Bloss nur gemeinsam denken lassen. “Wir haben in unserem Klimaprogramm versucht, gerade das abzubilden, was so ambitioniert ist, dass es noch politisch machbar ist”, sagt der Grünen-Politiker und Europaabgeordnete mit Blick auf das Programm seiner Partei.

              Ein Spagat zwischen Michael Bloss’ eigenem Anspruch, nämlich eine tatsächlich nachhaltige und Paris-konforme Klimapolitik zu betreiben, und dem, was politisch vermittelbar ist. Wenn die Arbeitsgruppen zu den Sondierungen für eine Ampel-Koalition zusammenkommen, wird er mit dabei sein: als Verhandler in der AG zu Klima, Energie, Transformation.

              Seitdem Bloss 2019 ins EU-Parlament gewählt wurde, befasst er sich in erster Linie mit EU- anstatt mit Bundespolitik. Er hat im Ausschuss für Umweltfragen den Entwurf für das neue Klimaschutzgesetz mitentwickelt. Vorgeschlagen hatte der Ausschuss, bis 2030 den CO2-Ausstoß um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Im Parlament wurde sich immerhin noch auf ein Reduktionsziel von 60 Prozent geeinigt. Doch nach Verhandlungen mit dem Rat der Europäischen Union wurde dann schließlich eine Reduktion von 55 Prozent beschlossen, namensgebend für das “Fit for 55”-Paket der EU.

              Verantwortung der EU

              Durch diese und weitere Aufweichungen wurde aus einem Gesetzesentwurf auf Linie mit dem Pariser 1,5-Grad-Ziel, ein Gesetz, das selbst für eine Deckelung der Erderwärmung auf 2 Grad nicht ausreicht. Dennoch, es sei damit einiges im Vergleich zu vorher erreicht worden, sagt Bloss. Zufrieden ist er damit allerdings nicht. Die Europäische Union sei nicht nur Vorbild, sondern habe auch eine historische Verantwortung (Europe.Table berichtete). “Schließlich hat Europa seinen Reichtum durch CO2-Emissionen erwirtschaftet”. Dass damit die EU eine mindestens Paris-konforme Klimapolitik machen müsse, liegt für Bloss auf der Hand. 

              Bloss hat als parlamentarischer Beobachter Aktionen des Anti-Kohle-Bündnisses Ende Gelände begleitet und auch privat einige Male teilgenommen. Fridays For Future habe dem Thema Klimawandel erst das politische Gewicht gegeben, das es jetzt hat, sagt Bloss. Er hat sich dennoch für die Parteipolitik entschieden. Denn hier werden die Entscheidungen gefällt und hier wird die Transformation zu einer nachhaltigen und gerechteren Gesellschaft angeschoben.

              Malcom-X-Biografie als Einfluss

              Er selbst ist in Stuttgart aufgewachsen, einem “der privilegiertesten Orte der Welt”. Aus diesem Privileg leitet er die Verantwortung für sich ab, politisch aktiv zu sein. Zu Schulzeiten engagierte er sich bei Greenpeace und trat als junger Erwachsener der Grünen Jugend bei.

              Nach dem Studium der internationalen Beziehungen sowie Globalisation and Development arbeitete Bloss bei den Vereinten Nationen in New York. Seine Entscheidung, wieder zurück nach Deutschland zu gehen und sich Vollzeit der Politik zu widmen, sei nicht zuletzt durch die Lektüre der Biografie von Malcolm X gekommen. “Mir ist klar geworden, dass ich meinen Beitrag nicht als Beamter, sondern in der Politik leisten möchte. Ich wollte näher ran an die Hebel der Macht.”

              Seine Herangehensweise in der Politik hat Michael Bloss bereits gefunden: ambitioniert, aber wählbar. Oder wie er selbst sagen würde: “transformativ und nicht disruptiv”. David Zauner

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                Apéropa

                Rechtsstreit mit Polen, Energiepreise, Migration und – nicht zu vergessen – der Abschied des schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven und der Bundeskanzlerin Angela Merkel: Schon im Vorfeld des EU-Gipfels vergangene Woche stand fest: Die Diskussion über die Digitalagenda, über die die Staats- und Regierungschefs eigentlich auch reden wollten, wird dünn. Letztlich wurden es nur etwa zehn Minuten am Freitagnachmittag, kurz vor Ende des EU-Gipfels, wie sich aus den Tweets des Pressesprechers von Ratspräsident Charles Michel erkennen ließ.

                Sein Chef bemühte sich bei der abschließenden Pressekonferenz mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, dem Eindruck entgegenzuwirken, der Europäische Rat habe das wichtige Thema aus den Augen verloren. “Das Thema Digitales ist zentral für die Zukunft der Europäischen Union”, betonte der Belgier. “Die begrenzte Zeit, die dem Thema Digitales beim EU-Gipfel gewidmet wurde, reflektiert nicht seine Größe und Wichtigkeit.” Die Kürze der Debatte sei an sich aber ein positives Zeichen, denn sie spiegele wider, dass sich der Europäische Rat in diesem Bereich “sehr einig” gewesen sei.

                Von dieser Einigkeit kann das Europäische Parlament nur träumen. Noch immer überschattet ein Kompetenzstreit zwischen verschiedenen Ausschüssen die Verhandlung der KI-Verordnung und führt dazu, dass die inhaltliche Arbeit noch nicht einmal gestartet ist. Und auch beim Digital Services Act (DSA) gibt es noch einige Unstimmigkeiten.

                Am Mittwochnachmittag steht der DSA im IMCO erneut zur Debatte. Vielleicht sollte sich die Ausschussvorsitzende Anna Cavazzini (Grüne/EFA) ja von Michels Hinweis inspirieren lassen und die Diskussion auf zehn Minuten ansetzen? Kompromissfindung durch Zeitdruck, es wäre einen Versuch wert. Jasmin Kohl

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                  Auf der Pariser Klimakonferenz war sie maßgeblich an der Aushandlung des Klimaabkommens beteiligt, was ihr unter anderem den Beinamen “Europas Stimme” einbrachte: Im Interview mit Charlotte Wirth spricht Luxemburgs Umweltministerin Carole Dieschbourg über die Rolle der EU bei der anstehenden COP26. Sie sagt: “Ich mache mir große Hoffnungen.”

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                  Im Rat soll es jetzt schnell gehen: Am 10. November bereits sollen die EU-Botschafter die Position des Rates zum Digital Marktes Act (DMA) verabschieden. Der jüngste Kompromissvorschlag der slowenischen Ratspräsidentschaft sei von den Mitgliedsstaaten “sehr wohlwollend” aufgenommen worden, heißt es in Verhandlungskreisen. Daher könne man nun die allgemeine Ausrichtung anstreben.

                  Der DMA soll, in Verbindung mit dem verwandten Digital Services Act, neue Spielregeln für die großen Digitalunternehmen festlegen. Im Rat waren zuletzt noch zwei wesentliche Punkte offen gewesen: die Aufgabenteilung zwischen EU-Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden bei der Umsetzung des DMA (Europe.Table berichtete); und das Verhältnis von pauschalen Verhaltensvorschriften für die Konzerne zu Einzelfallprüfungen.

                  Der Kompromiss sieht jetzt vor, dass nationale Behörden wie das Bundeskartellamt eigene Untersuchungen anstrengen können, die Kommission aber ab einem bestimmten Zeitpunkt übernimmt. Das soll eine einheitliche Auslegung der Regeln innerhalb der EU gewährleisten. Die französische Forderung, mehr Raum für individuelle Fallprüfungen im DMA vorzusehen, fand wenig Zustimmung im Rat.

                  Heiße Phase der Verhandlungen zum DMA im Europaparlament

                  Die Verhandlungen im Europaparlament sind noch nicht so weit gediehen – dort beginnt jetzt die heiße Phase. Am Dienstag kommen die Berichterstatter im federführenden Binnenmarktausschuss zu einer weiteren Sitzung zusammen, am selben Tag soll der mitberatende Wirtschaftsausschuss seine Stellungnahme beschließen.

                  In die zuvor festgefahrenen Verhandlungen war zuletzt wieder Bewegung gekommen. In einigen Fragen liegen die Positionen noch weit auseinander, allerdings zeichnen sich teils Konturen möglicher Kompromisse ab. Ob der bisherige Zeitplan gehalten werden kann, ist noch offen.

                  “Wir kommen langsam voran, aber ich bin weiter skeptisch, dass wir den Abstimmungstermin 8. November halten können”, sagte die Schattenberichterstatterin der Sozialdemokraten, Evelyne Gebhardt, zu Europe.Table. Für das Datum ist bislang das Votum im IMCO angesetzt, das Plenum soll laut Zeitplan in der Sitzungswoche Mitte Dezember abstimmen.

                  Der Berichterstatter Andreas Schwab (CDU) geht davon aus, zumindest den Dezembertermin halten zu können. “Ich bin zuversichtlich, dass es gelingt, schon vor der Abstimmung im Plenum in fast allen großen Fragen eine politische Einigung zu erzielen”, sagte er. Man komme der Lösung “jeden Tag einen Schritt näher”.

                  Erneute Zustimmung zum Verkauf von Daten

                  Die strittigen Themen im Parlament sind andere als im Rat. Die Positionen liegen vor allem noch in diesen Punkten auseinander:

                  • Anwendungsbereich: Schwab will den Kreis der Unternehmen, die als Gatekeeper den Verhaltensregeln des DMA unterworfen werden sollen, möglichst eng fassen (Europe.Table berichtete). Diese sollen einen Marktwert von mindestens 80 Milliarden Euro haben und müssen überdies in mindestens zwei Märkten aktiv sein. Dadurch aber würden im Grunde nur die ganz großen US-Digitalkonzerne unter den DMA fallen. Gebhardt hingegen pocht darauf, auch Anbieter wie Booking.com, Airbnb oder Netflix den Regeln zu unterwerfen: “Wir werden nicht zustimmen können, wenn große Plattformen außen vor bleiben, die auf nur einem Markt aktiv sind.” Setzt sie sich durch, könnte auch SAP unter den DMA fallen.
                  • Personalisierte Werbung: Sozialdemokraten und Grüne fordern ein Verbot von Werbung, die auf dem Sammeln von persönlichen Daten und detaillierten Nutzerprofilen basiert. Schwab lehnt das ebenso ab wie der Schattenberichterstatter der Liberalen, Andrus Ansip. Beide schlagen einen anderen Ansatz vor: Gatekeeper-Plattformen sollen noch einmal die Zustimmung ihrer Nutzer für die Verwendung bereits gesammelter Daten einholen müssen. Damit Facebook und Co diese Einwilligung nicht wie gehabt wolkig in ellenlangen Datenschutzerklärungen verbergen, wollen sie die genaue Formulierung mit ins Gesetz schreiben. Demnach müssten die Unternehmen explizit um Einverständnis bitten, dass die im Netz gesammelten persönlichen Daten an Dritte zu Werbezwecken verkauft werden. Der Weg zu der von den Sozialdemokraten geforderten Opt-in-Lösung scheint daher nicht mehr allzu weit.

                  Ob der Ausschuss das Zieldatum 8. November halten kann, hängt auch von einem prominenten Gast ab: Die Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen wird an dem Tag im IMCO auftreten.

                  Die Befragung könnte zeitraubend werden und eine Verschiebung der Abstimmung auf die folgende Sitzung zwei Wochen später erfordern. Das wäre immer noch rechtzeitig für das avisierte Plenumsvotum im Dezember, nachdem dann der Trilog mit dem Rat beginnen kann. DMA und DSA sollen möglichst während der französischen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2022 verabschiedet werden. Die Staats- und Regierungschefs forderten Parlament und Rat bei ihrem Gipfel am Freitag auf, “so bald wie möglich eine ehrgeizige Einigung zu erzielen”.

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                    Carole Dieschbourg: “Die EU muss als Verteidiger von Paris auftreten”

                    Bei der Pariser Weltklimakonferenz verteidigte Luxemburgs Umweltministerin Carole Dieschbourg die EU-Position. Die grüne Ministerin war maßgeblich an der Aushandlung des Klimaabkommens beteiligt, was ihr die Beinamen “Klimaqueen” und “Europas Stimme” einbrachte. Bei der COP26 wird sie die Verhandlungen aus der zweiten Reihe beobachten. Europa müsse als Brückenbauer agieren, sagt sie im Interview mit Charlotte Wirth.

                    "Die EU muss als Verteidiger von Paris auftreten", so Luxemburgs Umweltministerin Carole Dieschbourg.
                    Luxemburgs Umweltministerin Carole Dieschbourg

                    Um gut zu verhandeln, muss man selbst hohe Ambitionen haben, sagten Sie nach dem Weltklimagipfel in Paris. Slowenien ist nicht dafür bekannt, sehr ehrgeizige Klimaziele zu verfolgen. Blicken Sie Glasgow mit Sorge entgegen?

                    Ich mache mir große Hoffnungen. Jedoch müssen wir unsere Ambitionen hochhalten. Slowenien spricht für die EU. Wir haben eine gemeinsame Position ausgearbeitet, die uns als Verhandlungsbasis dient. Die EU gehört zu den Vorreitern. Sie hat ihre Ziele gerade erst noch einmal nach oben geschraubt. Wichtig ist, dass wir in Glasgow jene Kapitel, die seit Paris offen sind, endlich schließen. Gleichzeitig müssen wir unbedingt verhindern, dass andere Punkte aufgeweicht werden.

                    Es war aber nicht einfach, zu einer gemeinsamen EU-Position zu finden …

                    Ja, das war ein harter Kampf. Aber wir gehen mit einem stabilen Mandat nach Glasgow. Ich habe mich dafür eingesetzt, dass die EU als Verteidiger der Pariser Klimaziele antritt. Deshalb war es so wichtig, an den Fünf-Jahres-Zyklen zur Überprüfung der nationalen Beiträge zur Begrenzung des Klimawandels festzuhalten. Wir sehen die Auswirkungen des Klimawandels ja jetzt schon. Ob Fluten, Hitzewellen oder Waldbrände … In ganz Europa hat sich die Lage im Vergleich zu 2015 verschlimmert.

                    Gehen wir da hoch auf zehn Jahre, tragen wir der Dringlichkeit der Klimakrise nicht Rechnung. Wir sind momentan nicht auf dem richtigen Weg. Wir steuern auf eine Erderwärmung von drei Grad hin. Das Einzige, was dabei hilft, ist, dass wir in kurzen Abständen unsere Ambitionen hochschrauben. Dennoch gibt es Länder, die die Fünf-Jahres-Zyklen ablehnen.

                    Sie sagen, die EU muss als Verteidiger von Paris auftreten. Sind die Pariser Klimaziele in Gefahr?

                    Wir müssen uns weiter an den Weg halten, den wir damals in Paris festgelegt haben. Damals haben wir gesagt, “zwei Grad genügen nicht, wir müssen das 1,5-Grad-Ziel im Auge behalten”. Daran hängt das Überleben etwa der kleinen Inselstaaten und Küstenregionen. Es gibt aber immer wieder Stimmen, die sich mit zwei Grad begnügen wollen. Deshalb müssen wir immer wieder darauf pochen, dass die Ideen und Ziele, die in Paris festgehalten wurden, nicht verwässert werden.

                    “Die Stimmung ist gut”

                    Es gibt seit der COP21 keine Einigung zum Artikel 6 des Pariser Regelwerks, bei dem es um den globalen Emissionshandel geht. Wird es in Glasgow einen Durchbruch geben?

                    Wir sind jetzt zwei Mal bei den Verhandlungen um den Artikel gescheitert. Die EU hatte hier immer eine starke Position: Wir müssen Märkte schaffen, die an die Klima-Herausforderungen angepasst sind, die keine Umweltzerstörung zulassen und die nicht zu Menschenrechtsverletzungen führen. Vor allem wollen wir Märkte, die keine Schlupflöcher, etwa in Form einer Doppelzählung der Emissionsminderung, mehr zulassen. Das Feedback der Vorverhandlungen war bisher eher positiv. Es werden endlich Lösungen diskutiert.

                    Die wären?

                    [lacht] Vor einer COP nennt man die konkreten Lösungsansätze nicht. Das gehört zur Verhandlungstaktik. Aber es gab viele Gespräche in den letzten Monaten. Die Stimmung ist gut.

                    Ein weiterer Punkt, der in Glasgow zur Diskussion steht, ist die internationale Klimafinanzierung. Die Staaten konnten ihr 100-Milliarden-Versprechen nicht erfüllen …

                    Nein, konnten sie nicht. Aber wir sind nicht weit davon entfernt. Die EU hat aber sehr viel dafür getan: Sie ist der größte internationale Geldgeber, wenn es um Klimafinanzierung geht. Luxemburg und Schweden stehen ganz vorne. Es geht hier nicht darum, ob wir Lust haben, mehr oder weniger auszugeben. Es geht darum, unsere Versprechen einzuhalten. Wir müssen den schwächsten Bevölkerungsgruppen helfen, die schon heute am meisten unter der Klimakrise leiden. Die USA haben gerade angekündigt, sich mehr zu engagieren. Vor Glasgow sind sicherlich noch weitere Ankündigungen zu erwarten.

                    Wie laufen die Verhandlungen für die EU ab? Verhandlungsführer sind ja die Slowenen. Wie viel können sich die nationalen Minister:innen da noch einbringen?

                    Die Stärke der EU ist ja, dass wir zu mehreren auftreten können. In Paris gab es jeden Morgen eine Sitzung, an der alle Minister teilnahmen und die gemeinsame Position diskutierten. Es ist wichtig, dass die EU, wenn sie in den Verhandlungen Position beziehen muss, für höhere Ambitionen eintritt. Sie ist ja auch nicht allein. Sie ist Teil einer “High Ambition Coalition” mit anderen ambitionierten Staaten. So können wir zeigen: Hier stehen viele Länder vereint für ehrgeizige Ziele.

                    EU als Trendsetterin

                    Die EU ist sich immer seltener einig. Besteht nicht das Risiko, dass sie ihre gemeinsame Stimme entweder gar nicht erst findet oder sich kein Gehör verschaffen kann?

                    Wir sind vielleicht nicht die, die am lautesten auftreten. Aber die EU hat in den letzten Jahren eine Trendsetterrolle gespielt. 2019 waren wir die Ersten, die die Klimaneutralität entschieden haben. Das geschah übrigens auch während einer COP-Woche und hat uns in den Verhandlungen geholfen. Wir sind ein großer Wirtschaftsraum, eine große Gemeinschaft. Wir haben ein gemeinsames Mandat und gehören zu denen, die ehrgeizige Regeln fordern.

                    Natürlich tut sich die EU schwer, Entscheidungen zu treffen. Aber es ist es auch ein Vorteil, dass wir so viele sind. Wir haben ein viel größeres diplomatisches Netzwerk als einzelne Staaten. Wir haben erfahrene Minister, die jeweils viele unterschiedliche Partnerländer überzeugen können. Die EU ist am stärksten, wenn sie die Kompetenzen und Beziehungen ihrer Minister:innen bündelt.

                    Der britische Premierminister Boris Johnson betont, diese COP wäre die COP des Ausstiegs aus der Kohle und den Verbrennungsmotoren. Wo bleiben etwa die Entwicklungsländer in diesem Szenario?

                    Mit solchen Ankündigungen wird gezeigt, wie viel hinter den Kulissen passiert; dass die Staaten sich engagieren. China hat zum Beispiel auch den Kohleausstieg angekündigt. Wir müssen allerdings dafür sorgen, dass alle Akteure mit eingebunden werden und sich nicht nur auf die großen Ankündigungen – oder die Ankündigungen der Großen – konzentriert wird. Auch die kleineren Länder müssen Gehör finden, besonders in Coronazeiten, wo so vieles im Vorfeld über Videokonferenzen diskutiert wurde. Die Briten dürfen nicht den Fehler machen, sich hauptsächlich an den Großmächten zu orientieren. Alle Länder müssen mit ins Boot genommen werden, sonst entstehen Frustrationen.

                    Sie haben China erwähnt. Die diplomatischen Beziehungen mit China, Russland und Co sind nicht die Besten. Alleine kann die EU aber wenig erreichen, egal wie ehrgeizig sie ist. Wie kann man künftig besser zusammenarbeiten?

                    Reden wir über Klimaschutz und Resilienz, ist es keine Option mehr, auf andere zu warten. Besser ist es, Vorreiter zu sein. Dennoch gilt es in der Vorbereitung auf die Klimakonferenz, mit so vielen Partnern wie möglich zu sprechen, um sie zu ehrgeizigen Zielen zu motivieren. Und zwar auch mit jenen, die nicht unserer Meinung sind. Die Klimakrise ist eine globale Herausforderung. Deshalb wird ja auch auf einer globalen, UN-geführten Weltklimakonferenz nach gemeinsamen Lösungen gesucht. Die COP dient letztlich dazu, Differenzen zu überbrücken.

                    Die EU kann dabei die Rolle des Brückenbauers übernehmen. Das haben wir in Paris geschafft, und das müssen wir auch in Glasgow versuchen. Auch in Paris hatten wir Differenzen. Und wir hatten Länder, deren Meinung wir nicht teilten. Diplomatie besteht darin, dass man die Diskussion am Laufen hält und Kompromisse findet. Wenn alle Politiker am Tisch sitzen, geht das leichter.

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                      Von der Leyen für Aufnahme von Atomkraft in Taxonomie

                      Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich dafür ausgesprochen, die Atomkraft in die Taxonomie aufzunehmen. In einer Pressekonferenz nach Abschluss des EU-Gipfels am Freitag bekräftigte von der Leyen mit Blick auf die Rekord-Energiepreise ihre Forderung nach mehr erneuerbaren Energien. Zugleich sagte sie, man brauche “eine stabile Quelle, nuklear, und für den Übergang, Gas”. Die Kommission werde einen entsprechenden Vorschlag für die Taxonomie machen. 

                      Von der Leyens Vorstoß kommt überraschend. Erst vor wenigen Tagen hatte die zuständige Kommissarin Mairead McGuinness angekündigt, dass die Entscheidung zur Taxonomie auf das kommende Jahr verschoben wird (Europe.Table berichtete). Der delegierte Rechtsakt sollte ursprünglich diesen Monat verabschiedet werden. 

                      Taxonomie-Diskussion: Macron will in Kernkraft investieren

                      Auf dem EU-Gipfel in Brüssel hatten sich einige Regierungschefs dafür ausgesprochen, Atomkraft als klimafreundliche Alternative zu Gas und Öl anzuerkennen (Europe.Table berichtete). Insbesondere Frankreich drängt darauf. Präsident Emmanuel Macron will bis 2030 eine Milliarde Euro in die Kernkraft investieren (Europe.Table berichtete). Deutschland, Österreich und Luxemburg lehnen dies jedoch strikt ab.

                      “Ich glaube, dass der Kommissionspräsidentin die unterschiedlichen Sichtweisen sowieso bekannt waren, aber gestern noch einmal vor Augen geführt wurden”, sagte Angela Merkel nach dem Gipfel zur Taxonomie-Diskussion. Es sei kein Geheimnis, dass sie, Merkel, die Haltung Macrons nicht teile, so die Kanzlerin weiter. 

                      Der neuen Bundesregierung dürfte die Zustimmung zur Atomkraft einen eher schwierigen Start auf EU-Ebene bereiten. Grünen-Co-Chef Robert Habeck hatte am Wochenende in einem Interview betont, dass er den Pro-Atomkraft-Kurs von Frankreich und anderen EU-Ländern ablehne. sas

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                        Grüne wollen Energie-Ausgleich für Ärmere

                        Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat kurzfristige finanzielle Hilfen für hohe Energiepreise mit niedrigen Einkommen gefordert. “Der Staat muss auch Geringverdiener und Leistungsempfänger in der Lage versetzen, solche kurzfristigen Preisspitzen auffangen zu können”, sagte sie der “Bild am Sonntag”. Wer heute mit dem Auto zur Arbeit fahre, habe meistens keine Alternative, denn der öffentliche Nahverkehr sei oft zu schlecht ausgebaut.

                        Hintergrund ist auch, dass Frankreichs Regierung gerade Haushalten mit einem Einkommen unter 2000 Euro eine 100-Euro-Prämie als Ausgleich für die stark gestiegenen Energiekosten zahlen will. In der Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP ist dieser Punkt allerdings bisher nicht geeint. Die bisherige Bundesregierung verweist darauf, dass die kommende Regierung über eine finanzielle Entlastung entscheiden müsse.

                        Die drei Parteien wollen am kommenden Mittwoch in 22 Arbeitsgruppen inhaltlich mit den Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer ersten Ampel-Koalition auf Bundesebene beginnen (Europe.Table berichtete). Zuvor hatten sie sich auf ein zwölfseitiges Sondierungspapier geeinigt. Göring-Eckardt verwies darauf, dass dort etwa eine Kindergrundsicherung vereinbart worden sei. rtr

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                          FDP-Politiker Schäffler pocht auf Stabilitätspakt

                          Der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler pocht darauf, dass wie im Ampel-Sondierungspapier vorgesehen an europäischen Schuldenregeln festgehalten wird. “Es gilt das, was im Sondierungspapier vereinbart ist”, sagt Schäffler. “Darin ist ein gemeinsames Bekenntnis zum Stabilitäts- und Wachstumspakt festgeschrieben. Daran sollten wir festhalten.”

                          Zuvor hatte Grünen-Co-Chef Robert Habeck kritisiert, dass die jetzigen europäischen Schuldenregeln fälschlicherweise “sehr rigide Sparprogramme” erforderten. Er wolle europäische Fiskalregeln, die Wachstum, Schuldtragfähigkeit und Investitionen sicherstellten.

                          Im Ampel-Sondierungspapier heißt es, der Stabilitäts- und Wachstumspakt habe “seine Flexibilität bewiesen”. Man wolle auf seiner Grundlage aufbauen. Die FDP hatte sich im Wahlkampf gegen eine Lockerung der europäischen Schuldenregeln ausgesprochen. rtr

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                            Saudi-Arabien will bis 2060 klimaneutral sein

                            Der weltgrößte Ölexporteur Saudi-Arabien will bis zum Jahr 2060 bei seinen Emissionen klimaneutral sein. Dazu wolle das Land seine jährlichen Einsparziele für CO2 mehr als verdoppeln, sagte Kronprinz Mohammed bin Salman in Riad im Vorfeld der Klimakonferenz COP26.

                            Das Königreich werde den Klimawandel bekämpfen und gleichzeitig die Stabilität des Ölmarktes gewährleisten. Es werde sich auch der Initiative der EU und der USA zur Reduzierung der Methanemissionen um 30 Prozent bis 2030 gegenüber dem Niveau von 2020 anschließen (Europe.Table berichtete). Auch das benachbarte Königreich Bahrain gab laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur BNA bekannt, dass es Netto-Null-Emissionen bis 2060 anstrebe. rtr/sas

                              • COP26
                              • Emissionen
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                              Klimapolitik als Spagat: Der Grünen-Politiker Michael Bloss sitzt seit 2019 im EU-Parlament
                              Der Grünen-Politiker Michael Bloss sitzt seit 2019 im EU-Parlament

                              Irgendwo zwischen Pragmatismus und Idealismus kämpft Michael Bloss für ein klimaneutrales Europa und eine gerechte Welt. Zwei Herausforderungen, die sich für Bloss nur gemeinsam denken lassen. “Wir haben in unserem Klimaprogramm versucht, gerade das abzubilden, was so ambitioniert ist, dass es noch politisch machbar ist”, sagt der Grünen-Politiker und Europaabgeordnete mit Blick auf das Programm seiner Partei.

                              Ein Spagat zwischen Michael Bloss’ eigenem Anspruch, nämlich eine tatsächlich nachhaltige und Paris-konforme Klimapolitik zu betreiben, und dem, was politisch vermittelbar ist. Wenn die Arbeitsgruppen zu den Sondierungen für eine Ampel-Koalition zusammenkommen, wird er mit dabei sein: als Verhandler in der AG zu Klima, Energie, Transformation.

                              Seitdem Bloss 2019 ins EU-Parlament gewählt wurde, befasst er sich in erster Linie mit EU- anstatt mit Bundespolitik. Er hat im Ausschuss für Umweltfragen den Entwurf für das neue Klimaschutzgesetz mitentwickelt. Vorgeschlagen hatte der Ausschuss, bis 2030 den CO2-Ausstoß um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Im Parlament wurde sich immerhin noch auf ein Reduktionsziel von 60 Prozent geeinigt. Doch nach Verhandlungen mit dem Rat der Europäischen Union wurde dann schließlich eine Reduktion von 55 Prozent beschlossen, namensgebend für das “Fit for 55”-Paket der EU.

                              Verantwortung der EU

                              Durch diese und weitere Aufweichungen wurde aus einem Gesetzesentwurf auf Linie mit dem Pariser 1,5-Grad-Ziel, ein Gesetz, das selbst für eine Deckelung der Erderwärmung auf 2 Grad nicht ausreicht. Dennoch, es sei damit einiges im Vergleich zu vorher erreicht worden, sagt Bloss. Zufrieden ist er damit allerdings nicht. Die Europäische Union sei nicht nur Vorbild, sondern habe auch eine historische Verantwortung (Europe.Table berichtete). “Schließlich hat Europa seinen Reichtum durch CO2-Emissionen erwirtschaftet”. Dass damit die EU eine mindestens Paris-konforme Klimapolitik machen müsse, liegt für Bloss auf der Hand. 

                              Bloss hat als parlamentarischer Beobachter Aktionen des Anti-Kohle-Bündnisses Ende Gelände begleitet und auch privat einige Male teilgenommen. Fridays For Future habe dem Thema Klimawandel erst das politische Gewicht gegeben, das es jetzt hat, sagt Bloss. Er hat sich dennoch für die Parteipolitik entschieden. Denn hier werden die Entscheidungen gefällt und hier wird die Transformation zu einer nachhaltigen und gerechteren Gesellschaft angeschoben.

                              Malcom-X-Biografie als Einfluss

                              Er selbst ist in Stuttgart aufgewachsen, einem “der privilegiertesten Orte der Welt”. Aus diesem Privileg leitet er die Verantwortung für sich ab, politisch aktiv zu sein. Zu Schulzeiten engagierte er sich bei Greenpeace und trat als junger Erwachsener der Grünen Jugend bei.

                              Nach dem Studium der internationalen Beziehungen sowie Globalisation and Development arbeitete Bloss bei den Vereinten Nationen in New York. Seine Entscheidung, wieder zurück nach Deutschland zu gehen und sich Vollzeit der Politik zu widmen, sei nicht zuletzt durch die Lektüre der Biografie von Malcolm X gekommen. “Mir ist klar geworden, dass ich meinen Beitrag nicht als Beamter, sondern in der Politik leisten möchte. Ich wollte näher ran an die Hebel der Macht.”

                              Seine Herangehensweise in der Politik hat Michael Bloss bereits gefunden: ambitioniert, aber wählbar. Oder wie er selbst sagen würde: “transformativ und nicht disruptiv”. David Zauner

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                                Rechtsstreit mit Polen, Energiepreise, Migration und – nicht zu vergessen – der Abschied des schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven und der Bundeskanzlerin Angela Merkel: Schon im Vorfeld des EU-Gipfels vergangene Woche stand fest: Die Diskussion über die Digitalagenda, über die die Staats- und Regierungschefs eigentlich auch reden wollten, wird dünn. Letztlich wurden es nur etwa zehn Minuten am Freitagnachmittag, kurz vor Ende des EU-Gipfels, wie sich aus den Tweets des Pressesprechers von Ratspräsident Charles Michel erkennen ließ.

                                Sein Chef bemühte sich bei der abschließenden Pressekonferenz mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, dem Eindruck entgegenzuwirken, der Europäische Rat habe das wichtige Thema aus den Augen verloren. “Das Thema Digitales ist zentral für die Zukunft der Europäischen Union”, betonte der Belgier. “Die begrenzte Zeit, die dem Thema Digitales beim EU-Gipfel gewidmet wurde, reflektiert nicht seine Größe und Wichtigkeit.” Die Kürze der Debatte sei an sich aber ein positives Zeichen, denn sie spiegele wider, dass sich der Europäische Rat in diesem Bereich “sehr einig” gewesen sei.

                                Von dieser Einigkeit kann das Europäische Parlament nur träumen. Noch immer überschattet ein Kompetenzstreit zwischen verschiedenen Ausschüssen die Verhandlung der KI-Verordnung und führt dazu, dass die inhaltliche Arbeit noch nicht einmal gestartet ist. Und auch beim Digital Services Act (DSA) gibt es noch einige Unstimmigkeiten.

                                Am Mittwochnachmittag steht der DSA im IMCO erneut zur Debatte. Vielleicht sollte sich die Ausschussvorsitzende Anna Cavazzini (Grüne/EFA) ja von Michels Hinweis inspirieren lassen und die Diskussion auf zehn Minuten ansetzen? Kompromissfindung durch Zeitdruck, es wäre einen Versuch wert. Jasmin Kohl

                                • Data Act
                                • Data Governance Act
                                • Digital Markets Act
                                • Digital Services Act
                                • Digitalpolitik
                                • IMCO
                                • ITRE
                                • TTC
                                • Valdis Dombrovskis

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