Table.Briefing: Europe

Außenstrategie mit Schwerpunkt Cyberdimension + Macrons Herausforderer + DMA schließt EU-Firmen ein + DSA: Parlament vertagt sich

  • Außenpolitische Strategie: “Strategischer Kompass” mit starker Cyberkomponente
  • Frankreich: Wer fordert Emmanuel Macron heraus?
  • DMA: Auch europäische Firmen im Anwendungsbereich
  • Studie: Schlupflöcher bei CO₂-Grenzwerten
  • EEA: 307.000 Todesfälle durch Feinstaubbelastung
  • Inflation: Lagarde lehnt straffere Geldpolitik ab
  • NGOs appellieren an Scholz: Atomenergie nicht als nachhaltig einstufen
  • Portrait: Susanne Dehmel – Innovationen mit Bedacht regulieren
Liebe Leserin, lieber Leser,

Mit der französischen EU-Ratspräsidentschaft im Januar 2022 rückt auch die französische Präsidentschaftswahl näher. Auffallend zurückhaltend verhält sich bisher der amtierende Präsident Emmanuel Macron: Offiziell ist er noch kein Kandidat. Tanja Kuchenbecker analysiert, welche Strategie dahintersteht, wirft einen Blick auf die Themen von Macrons Herausforderern sowie die Chancen des ehemaligen Brexit-Chefunterhändlers Michel Barnier.

Sicher ist: Eine Priorität der französischen EU-Ratspräsidentschaft wird die Plattformregulierung. Den “Digital Markets Act” (DMA) und den “Digital Services Act” (DSA) wollen die Franzosen so schnell wie möglich verabschieden. Doch während sich die Positionen im Rat annähern, geraten die Verhandlungen im EU-Parlament weiter ins Stocken. Einen Hauptstreitpunkt konnten die Europaabgeordneten gestern trotzdem ausräumen.

Obwohl der “Strategische Kompass” erst im nächsten Jahr verabschiedet wird, diskutierten die EU-Außenminister bei ihrem Treffen in Brüssel gestern bereits einen Entwurf der neuen außenpolitischen Strategie. Wie sich die EU so gegen Cyberattacken, Desinformations-Kampagnen und andere “hybride Gefahren” wappnen will, berichtet Eric Bonse.

Ihre
Jasmin Kohl
Bild von Jasmin  Kohl

Analyse

Außenpolitische Strategie: “Strategischer Kompass” mit starker Cyberkomponente

Der sogenannte “Strategische Kompass” wurde vom Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) erarbeitet; er soll im März 2022 verabschiedet werden. Bis dahin sei noch mit zahlreichen Änderungen an dem 32-seitigen Entwurf zu rechnen, heißt es in Brüsseler Ratskreisen.

Fest steht aber schon jetzt, dass die EU ihre Kapazitäten im Bereich der Informationstechnik und des Internets ausbauen will. Denn gerade hier – in einem außenpolitischen “Neuland” – haben die EU-Diplomaten besonders viele neue Gefahren ausgemacht.

“Europa ist in Gefahr”, fasst der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell seine Analyse zusammen. Die Grenzen zwischen Krieg und Frieden hätten sich verwischt. Als Beispiele nennt der EU-Außenbeauftragte neben Desinformation und Cyberattacken auch die Kontrolle sensibler Technologien wie der Künstlichen Intelligenz oder der Quanten-Computer.

In all diesen Bereichen müsse die EU selbst tätig werden, um nicht einen “strategischen Bedeutungsverlust” zu riskieren. Der “Kompass” zählt einige Beispiele auf. Im Bereich der KI ist neben neuen “intelligenten”  Kampfflugzeugen und -systemen auch die Entwicklung unbemannter schwimmender Plattformen geplant, die Meere großflächig überwachen sollen.

Im Bereich des “Cyberraums”, der genau wie die Ozeane und der Weltraum als neues Konfliktfeld ausgemacht wird, plant die EU einen Ausbau der defensiven und offensiven Kapazitäten. Sowohl der militärische als auch der Zivilbereich sollen hierzu beitragen. Als Ziel wird ein neues “cyberindustrielles Ökosystem” genannt:

“In the area of cybersecurity, we will swiftly operationalise the European Cybersecurity Competence Centre to develop a strong European cyber industrial ecosystem, support companies specialising in cybersecurity and further increase cybersecurity and cyberdefence skills at EU level.” – Draft Strategic Compass, Seite 23

Die EU muss Cyberattacken abwehren und zurückschlagen können

Man müsse sich nicht nur besser auf Cyberattacken vorbereiten, sondern diese auch abwehren und sogar zurückschlagen können, heißt es im Außwärtigen Dienst der EU (EAD). Im Strategieentwurf ist die Rede von “protect, detect, defend and deter” – schützen, erkennen, verteidigen und abschrecken. Das Ziel sei, “entschieden” auf Cyberattacken zu reagierenund das nicht nur (wie bisher) mit Sanktionen (Europe.Table berichtete).

Gemeint ist vor allem Russland, das auch beim Thema Desinformation wiederholt angesprochen wird. “Hybride Taktiken, Cyberattacken und Desinformation sind Teil der Realität im Umgang mit Russland”, heißt es in der EU-Strategie. Allerdings solle dies nicht als historische Zwangsläufigkeit betrachtet werden, meinen die EU-Experten.

Die EU sei durch “gemeinsame Interessen und geteilte Werte” an Russland gebunden und werde sich daher auch um eine Annäherung etwa beim Klimaschutz bemühen. Auf “aggressive Akte” müsse man aber entschieden reagieren. Zur Abwehr von Desinformation wurde bereits eine eigene Abteilung im EAD aufgebaut; bei der Verteidigung gegen Cyberattacken bleibt in der EU jedoch noch viel zu tun. Und zuständig bleiben im Grundsatz weiterhin die Mitgliedstaaten.

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    Frankreich: Wer fordert Emmanuel Macron heraus?

    Präsident Emmanuel Macron hält sich vornehm zurück und hat seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl im kommenden April (10. und 24.4) noch nicht offiziell verkündet. Dennoch ist Macron der potenzielle Kandidat, um den sich alles dreht. Niemand kommt an ihm vorbei. Es herrscht in Frankreich kein Zweifel daran, dass er erneut antreten wird. Im Hintergrund zieht Emmanuel Macron, der im politischen Spektrum im Zentrum steht, schon die Fäden für die Wiederwahl.

    “Le Figaro” schrieb schon über seinen “geheimen Plan für die Kampagne 2022”. Überall im Land werben Macron-Anhänger schon hinter den Kulissen für ihn. Sie sollen alle Regionen Frankreichs abdecken, Städte und ländliche Gebiete, und die Regionalpolitiker mobilisieren. Ihnen wird angeboten, ganz demokratisch mit am Wahlprogramm zu arbeiten.

    Emmanuel Macron für ein starkes Frankreich in der EU

    Emmanuel Macron will so lange wie möglich als Präsident wahrnehmbar bleiben und zieht deshalb noch nicht selbst in den Wahlkampf. Der Politologe Dominique Reynié erklärte, warum der amtierende Präsident dennoch schon der Favorit ist: “Sein Krisenmanagement in der Pandemie wird positiv beurteilt. Und er setzt sich für Europa ein, das gefällt den Franzosen.” Sie hängen sehr am Euro und ihrer Kaufkraft, so Reynié.

    Der 43-jährige Emmanuel Macron wird den Wahlkampf während der ab Januar beginnenden französischen EU-Ratspräsidentschaft bestreiten und seine europäischen Errungenschaften und Pläne in den Vordergrund rücken. Der Pro-Europäer setzt sich auch für ein starkes Frankreich in der EU ein. Kürzlich stellte er der heimischen Industrie mit seinem Investitionsplan für Frankreich 2030 erneut Subventionen in Aussicht. Er versucht das Wahlkampfthema mehr auf Wirtschaft zu lenken, wo seine Stärke liegt, weg von Immigration und Sicherheit, die bisher schon wichtige Themen der Rechten sind. Er sprach sich auch für mehr Klimaneutralität durch Atomkraft aus.

    Extreme Rechte: Mehr als nur Le Pen

    Die rechtsextreme Marine Le Pen vom Rassemblement National (RN) positioniert sich klar gegen Macron. Die 53-Jährige nimmt die Gegensätze wieder auf, die den Wahlkampf 2017 bestimmten und sagt, die Franzosen hätten die Wahl zwischen einem “kalten Globalisierer” (Emmanuel Macron) und einer Verteidigerin der Nation. “In der letzten Zeit, haben sich die Fronten herauskristallisiert”, betonte dazu im Gespräch Paul Maurice, Politologe vom Forschungsinstitut Ifri für internationale Beziehungen: “Präsident Emmanuel Macron zementierte die Trennung der Gesinnungen in Globalisten und Pro-Europäer auf der einen Seite und Nationalisten auf der anderen Seite, um seine Position gegenüber Marine Le Pen klarzumachen.”

    Le Pen zieht mit dem Thema “Freiheiten, geliebte Freiheiten” in den Wahlkampf und hält Emmanuel Macron vor, dass er in der Pandemie zu sehr die Freiheiten eingeschränkt habe. Sie kämpft für mehr Souveränität Frankreichs, proklamiert aber keinen Ausstieg mehr aus der EU und dem Euro, das schreckte bei den letzten Präsidentschaftswahlen mögliche Wähler ab. Sie will zudem Autobahnen verstaatlichen und mehr Atomkraft. Macrons Vertraute hoffen darauf, dass dieser in der Stichwahl wieder gegen Le Pen antritt, um den Sieg von 2017 zu wiederholen.

    Zemmour: Identitätspolitik als Ideologie

    Doch seit einigen Wochen sorgt der islamfeindliche Fernsehstar Eric Zemmour für Aufmerksamkeit und könnte laut einiger Umfragen sogar mehr Stimmen als Le Pen erreichen. Der 63-jährige Zemmour hat kein Programm und keine Partei – und hat sich auch noch nicht offiziell als Kandidat gemeldet. Laut französischen Medien hat er das offenbar Ende November vor. Es geht ihm um die nationale Identität, er bedient Islamfeindlichkeit und will ausländische Vornamen verbieten. Er fordert ein Ende der Einwanderung. Auch er will keinen Frexit, weil er diesen für eine zu große wirtschaftliche Unsicherheit hält.

    Konstant platziert sich Macron in den Umfragen bei etwa 25 Prozent im ersten Wahlgang vorn. Zemmour liegt im Kopf-an-Kopf-Rennen mit Le Pen. Umfragen sahen ihn sogar schon auf Platz zwei mit etwa 17-18 Prozent der Stimmen, noch vor Le Pen mit 16 Prozent. Doch zuletzt sackte er in mehreren Umfragen wieder auf 14 Prozent ab, Le Pen holte auf, erreichte 17-18 Prozent.

    Sollte Zemmour in die Stichwahl einziehen, könnte Emmanuel Macron 58 Prozent und Zemmour 42 Prozent erreichen, so eine Umfrage von Harris Interactive. Gegen Marie Le Pen könnte Emmanuel Macron 55 gegenüber 45 Prozent siegen. Denkbar ist auch, dass noch ein Konservativer an den beiden vorbeizieht, für Macron in der Stichwahl die schwierigste Variante. Die Meinungsforschungsinstitute testen knapp sechs Monate vor der Wahl ständig die Kandidaten. Ifop-Demoskop Frédéric Dabi sagte: “Die Unsicherheit für die Stichwahl ist groß.”

    Experten beobachteten, dass in Frankreich seit 2015 ein Rechtsruck stattgefunden hat. “Wenn man die Summe nimmt, liegen die Kandidaten von linken Parteien um die 25 Prozent”, so Dabi. Attentate und die Immigrationswelle haben den Rechtsruck in Frankreich beschleunigt. Zu den beiden rechtsextremen Kandidaten kommen im rechten Spektrum noch die Stimmen für die Konservativen.

    Konservative: Barnier chancenlos, Bertrand mit Abstand zu Macron

    Sie könnten auf 9 bis 14 Prozent kommen, je nachdem wer antritt. Am wenigsten Chancen hat danach der ehemalige Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier. Valérie Pécresse, Präsidentin der Region Ile-de-France um Paris, liegt mit 10-11 Prozent in der Mitte und Xavier Bertrand, Präsident der Region Hauts-de-France und ehemaliger Arbeitsminister auf Platz eins. Bertrand (56) wurde in Umfragen auch gegen Emmanuel Macron getestet. Demnach würde Emmanuel Macron mit 54 gegenüber 46 Prozent in der Stichwahl gewinnen.

    Die Konservativen haben ihren Kandidaten allerdings noch nicht bestimmt. Das ist für den 4. Dezember bei einer Parteiversammlung geplant. Ihre Programme sind ähnlich: Sicherheit, Immigration, Rente, und Energiefragen spielen eine große Rolle, sie geben sich pro-europäisch. Die Konservativen finden sich eingezwängt zwischen Emmanuel Macron, der auch moderate rechte Wähler anzieht und dem extrem rechten Rand von Le Pen und Zemmour. Das Feld ist klein. Die Tageszeitung “Le Monde” analysierte deshalb: “Die Wahlen 2022 sind für die Konservativen existenziell.” Es steht erneut die Zukunft einer großen Volkspartei auf dem Spiel.

    Die Sozialisten haben schon erlebt, wie eine einst große Partei untergeht. Nach dem sozialistischen Präsidenten François Hollande ging es steil abwärts. Die 62-jährige sozialistische Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo hat im September ihre Kandidatur erklärt. Aber sie kommt nicht recht in Fahrt, in Umfragen dümpelt sie bei 5-6 Prozent dahin. Ihre Themenpalette liegt zwischen grün und sozial. Sie kämpft gegen Autoabgase, setzt sich für Fahrradwege ein und will mehr Sozialwohnungen bauen.

    Die Tochter spanischer Einwanderer sagte: “Ich will, dass alle Kinder Frankreichs dieselbe Chance bekommen, die auch ich bekommen habe.” Sie warf Macron vor, die Gesellschaft gespalten zu haben. Ihr Problem: Ihre Politik in Paris, wo sie seit 2014 Bürgermeisterin ist, hat viele Anhänger, aber auch viele Kritiker, die die Stadt als schmutzig und unsicher bezeichnen. Sie ist außerdem zu sehr in Paris verankert, auch wenn sie seit Wochen durchs Land tourt, um das Manko wettzumachen. Mut macht den Sozialisten die gestärkte Stellung der Sozialdemokraten in Frankreich.

    Hidalgo hatte gehofft, die Grünen auf ihre Seite zu ziehen, doch die haben mit Yannick Jadot (54) ihren eigenen Kandidaten aufgestellt, dem die Klimadebatte in die Hände spielt. Die französischen Grünen sind nicht sofort für den Ausstieg aus der Atomkraft, erst in etwa 20 Jahren. Jadot sieht Atomkraft als Übergangslösung, bevor erneuerbare Energien besser ausgebaut sind. In Umfragen gelangt er derzeit auf rund 7-8 Prozent. Etwas besser steht noch Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon mit 9 Prozent da. Laut Umfragen könnten Wähler von Jadot und Hidalgo sogar noch im ersten Wahlgang auf Macron umschwenken, um “nützlich” zu wählen und die extreme Rechte zu stoppen, so eine Studie der Stiftung Jean-Jaures. Eine Konkurrenz für Emmanuel Macron aus dem linken Spektrum scheint jedenfalls derzeit höchst unwahrscheinlich. Tanja Kuchenbecker

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      • Emmanuel Macron
      • Europapolitik
      • Marine Le Pen

      Termine

      17.11.-19.11.2021, Triest (Italien)/online
      EUSC, Conference Strengthening Technology Transfer in Europe – Focus on the Western Balkans and South-East Europe
      The EU Science Hub organizes a hybrid conference on Technology Transfer from the research lab to the market. INFOS & REGISTRATION

      17.11.-18.11.2021, Paris (Frankreich)
      Zero Emission Bus Conference
      This event brings together manufacturers, operators, policy makers and industry to discuss the decarbonisation of public transport. INFOS & REGISTRATION

      17.11.-18.11.2021, online
      Conference European Business Summit: Beyond recovery – Towards a sustainable and innovative Europe
      The conference highlights Europe’s ongoing digital and sustainable shifts and its renewed cooperation with longstanding partners and neighbours INFOS & REGISTRATION

      17.11.2021 – 09:00-14:00 Uhr, online
      ASEW, Seminar Time to Connect
      Die Veranstaltung des Effizienznetzwerks für Stadtwerke (ASEW) beschäftig sich mit dem Klimawandel und erneuerbaren Energien und bietet Platz zum Austausch mit Kolleg:innen. INFOS & ANMELDUNG

      17.11.2021 – 09:00-13:00 Uhr, online
      EA, Conference ElectrifyNow: Which role for electrification in the Green Deal?
      The Electrification Alliance (EA) addresses the transformation from from fossil fuels toward the use of clean and renewable electricity as the main source of energy. INFOS & REGISTRATION

      17.11.2021 – 10:00-12:30 Uhr, online
      ABB, Conference European Automotive Summit
      ABB discusses current challanges for the automotive industry such as increasing emission targets, the transition to e-mobility and the growing demand for individualized products. INFOS & ANMELDUNG

      17.11.2021 – 18:00-21:00 Uhr, online
      HBS, Konferenz Wirtschaften mit Zukunft: Nachhaltigkeit fängt in der Kommune an
      In 9 Workshops stellt die HBS Vorschläge vor, wie Verwaltung, Unternehmen und Zivilgesellschaft zu mehr Nachhaltigkeit beitragen können. INFOS & ANMELDUNG

      17.11.2021 – 18:00-19:30 Uhr, online
      Stiftung Mercator, Podiumsdiskussion Der Digital Services Act (DSA) – Europas neues Grundgesetz fürs Internet?
      Die Veranstaltung fragt nach den Herausforderungen und notwendigen Nachbesserungen im Kontext des Digital Services Act (DSA). INFOS & ANMELDUNG

      18.11.-19.11.2021, Trier/online
      ERA Annual Conference on European Copyright Law 2021
      This annual conference updates intellectual property lawyers on the ongoing EU initiatives and recent case law adopted by the Court of Justice of the European Union in the field of copyright law.. INFOS & REGISTRATION

      18.11.-19.11.2021, Bonn/online
      BBSR, Zukunft Bau Kongress 2021
      Der Kongress hat das Ziel, wichtige Fragestellungen und Lösungsansätze für eine klima- und ressourcenschonende Zukunft des Bauens aufzuzeigen. INFOS & ANMELDUNG

      18.11.-19.11.2021, online
      Conference Gaia-X Summit 2021
      This event focusses on the transformation to a tangible data infrastructure in Europe. INFOS & REGISTRATION

      18.11.2021 – 10:00-15:15 Uhr, online
      DV, Conference Strengthening Urban Policy in the EU
      Die Veranstaltung des Deutschen Verbands für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung (DV) setzt sich mit der urbanen Agenda für die EU und ihre Einbettung in einen EU-weiten Rahmen auseinander. INFOS & ANMELDUNG

      18.11.2021 – 10:00-12:00 Uhr, online
      Codina, Podiumsdiskussion Plattformregulierung für die Nachhaltigkeitstransformation
      Die Veranstaltung beschäftigt sich mit der Frage, wie Plattformen zu Akteuren des sozial-ökologischen Wandels werden. INFOS & ANMELDUNG

      18.11.2021 – 10:30-11:30 Uhr, online
      TÜV Rheinland, Seminar Cloudlösungen DSGVO-konform nutzen
      Das Seminar führt in die rechtlichen Aspekte der Nutzung von Cloudlösungen ein. INFOS & ANMELDUNG

      News

      DMA: Auch europäische Firmen im Anwendungsbereich

      Die Vertreter der Fraktionen im Europaparlament haben im Digital Markets Act (DMA) einen der Hauptstreitpunkte ausgeräumt: nach welchen Kriterien eine Plattform als Gatekeeper eingestuft werden und damit in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen sollen. Der Kompromiss sieht laut Verhandlungskreisen vor, dass die Schwelle für den Marktwert bei 80 Milliarden Euro liegen soll. Es soll überdies genügen, dass ein Unternehmen im Kern nur in einem Marktsegment aktiv ist.

      Mit dem Bettenvermittler Booking.com würde damit auch ein in Europa ansässiges Unternehmen unter den Digital Markets Act fallen, der die Geschäftspraxis marktmächtiger Plattformen regulieren soll. Der Berichterstatter des Europaparlaments, Andreas Schwab (CDU/EVP), hatte darauf gedrungen, nur Unternehmen mit mindestens zwei “Core Platform Services” als Gatekeeper zu werten. Damit wären voraussichtlich nur die großen US-Digitalkonzerne unter den Digital Markets Act gefallen.

      Streitpunkt im Digital Markets Act: Personalisierte Werbung

      Dagegen hatten sich nicht nur Sozialdemokraten, Grüne und Linke gewehrt. Auch der Rat spricht sich dafür aus, in nur einem Geschäftsfeld starke Unternehmen ebenfalls regulieren zu können. Die Mitgliedstaaten setzen die Marktwertschwelle überdies niedriger an – sie wollen den Kommissionsvorschlag von 65 Milliarden Euro beibehalten.

      Noch keine Einigung beim Digital Markets Act gibt es im Europaparlament beim zweiten Hauptstreitpunkt: der personalisierten Werbung. Bei einer Verhandlungsrunde auf technischer Ebene konnten sich die Fraktionen am Montag noch nicht auf einen Kompromiss verständigen. Christdemokraten und Liberale lehnten es weiter ab, den Gatekeeper-Plattformen die Nutzung der Daten von Minderjährigen und von besonders sensiblen Informationen wie religiösem Glauben oder sexueller Orientierung zu untersagen, sagte S&D-Schattenberichterstatterin Evelyne Gebhardt zu Europe.Table. “Für die S&D sind das ganz wesentliche Fragen.” Von ihrer Forderung nach einem generellen Verbot von personalisierter Werbung scheinen die Sozialdemokraten aber abgerückt zu sein.

      Erschwerte Kompromissfindung beim DSA

      Ein Verbot der personalisierten Werbung wird auch im Digital Services Act (DSA) diskutiert (Europe.Table berichtete), mit ähnlich verhärteten Fronten, wie Verhandlungskreise berichten. Doch auch in anderen Punkten fällt die Kompromissfindung deutlich schwerer als im Digital Markets Act. Die Stimmung in den Verhandlungsrunden sei teilweise diffus und chaotisch.

      Nachdem die Schattenberichterstatter vergangene Woche bei ihrem Treffen fast alle Vorschläge der Berichterstatterin Christel Schaldemose (DK/S&D) abgelehnt hatten, sagte die Dänin ein am gestrigen Montag geplantes Treffen kurzerhand ab. Dieses soll stattdessen nächsten Dienstag während der Plenarsitzung in Straßburg stattfinden. Neben Schaldemoses Vorschlag für strikte Löschfristen, den sie mittlerweile zurückgezogen hat (Europe.Table berichtete) ging insbesondere ihr Vorschlag zu Sorgfaltspflichten und der Haftung von Online-Marktplätzen vielen Abgeordneten zu weit. tho/koj

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        Studie: Schlupflöcher bei CO2-Grenzwerten

        Schlupflöcher in der EU-Richtlinie zu CO2-Flottengrenzwerten von Autos verschleppen die Elektrifizierung des Straßenverkehrs und verzögern den Klimaschutz. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie des Umweltverbands Transport and Environment (T&E), die am Montag vorgestellt wurde. Ohne die Schwachstellen in den geltenden EU-Regeln müssten die Autobauer 840.000 mehr rein elektrische Autos verkaufen, um ihre Zielvorgaben erreichen zu können, teilt die Organisation mit.

        Besonders die deutschen Hersteller, allen voran Daimler und BMW, würden von den Schlupflöchern Gebrauch machen und damit ihre Ziele teils sogar übererfüllen – aber eben nur auf dem Papier. Möglich sei dies durch zahlreiche Verkäufe sogenannter Plug-In-Hybride. Die Fahrzeuge verfügen neben einem Verbrenner auch über einen elektrischen Antrieb, verbrauchen zumindest in der Theorie also wenig Brennstoff und lassen sich für die Bilanzen der Autobauer entsprechend hoch anrechnen.

        In der Praxis jedoch sei die CO2-Belastung durch Hybride mindestens gegenüber dem angenommenen Wert doppelt so hoch, da die Nutzer zu häufig auf den Verbrenner zurückgreifen, so T&E. Die Autoren der Studie sind sich sicher: Ohne Hintertüren wie diese würden Daimler und BMW ihre Ziele deutlich verfehlen.

        “Daimler, die Volkswagen AG und BMW preisen sich als umweltfreundlich an, aber hinter dieser Fassade nutzen sie jedes noch so kleine Schlupfloch, um die Umstellung hin zu emissionsfreien Fahrzeugen hinauszuzögern”, sagt Stef Cornelis, Direktor von T&E-Deutschland. Er fordert die EU auf, dies bei der Überarbeitung der Richtlinie zu berücksichtigen.

        Die Emissionen im Straßenverkehr sind in den vergangenen Jahren weiter angestiegen und allein Autos sind derzeit für 13 Prozent des EU-weiten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Die EU will dem Problem begegnen: Die Anpassung der CO2-Grenzwerte für PKW im Rahmen des Fit-for-55-Pakets sieht eine Emissionsminderung um 100 Prozent bis zum Jahr 2035 vor, was de facto einem Verbrenner-Aus gleichkommt. Daneben soll ein Emissionshandelssystem (ETS) für den Straßenverkehr eingeführt werden.

        Für den weltweiten Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor wurde auf der Weltklimakonferenz in Glasgow vergangene Woche das Jahr 2040 ins Spiel gebracht (Europe.Table berichtete). Ein entsprechendes Abkommen wurde jedoch von Deutschland sowie von einigen führenden Herstellern, darunter VW und BMW, nicht unterzeichnet. til

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          EEA: 307.000 Todesfälle durch Feinstaubbelastung

          Laut jüngsten Schätzungen der Europäischen Umweltagentur starben 2019 in der EU 307.000 Menschen vorzeitig an den Folgen der Feinstaubbelastung durch die Luftverschmutzung. Das ist das Ergebnis einer aktualisierten Studie zu den “Health impacts of air pollution in Europe”, die die EEA am Montag vorgelegt hat. Demnach hätten mindestens 58 Prozent und damit 178.000 dieser Todesfälle vermieden werden können, wenn alle EU-Mitgliedstaaten die neuen Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Luftreinheit umgesetzt hätten.

          Für Feinstaub liegt diese bei 5 µg/m3. In der EU wird jedoch erst ab 25 µg/m3 von qualitativ schlechter Luft gesprochen. Das stünde im eklatanten Widerspruch zum in den Europäischen Verträgen verankerten Vorsorgeprinzip, kritisiert die Europaabgeordnete Jutta Paulus (Grüne). Die anstehende Revision der EU-Luftqualitätsrichtlinie müsse die neuen Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation widerspiegeln.

          Dennoch habe sich die Luftqualität in Europa 2019 im Vergleich zu 2018 verbessert, teilt die EEA mit. Als Teil des Green Deals setzt der EU-Aktionsplan zur Bekämpfung der Luftverschmutzung das Ziel, die Zahl der vorzeitigen Todesfälle aufgrund von Feinstaubbelastung bis 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 2005 zu senken. Laut EEA ist die EU auf dem besten Weg, dieses Ziel zu erreichen, da die Zahl dieser Todesfälle zwischen 2005 und 2019 um etwa ein Drittel zurückgegangen sei.

          “Saubere Luft zum Atmen sollte ein grundlegendes Menschenrecht sein. Auch wenn sich die Luftqualität in unserer Region in den letzten Jahren verbessert hat, haben wir noch einen weiten Weg vor uns”, sagt WHO-Regionaldirektor für Europa, Hans Kluge. Menschengemachter Feinstaub entsteht beispielsweise bei Verbrennungsprozessen in Kraftfahrzeugen, Kraft- und Fernheizwerken, Abfallverbrennungsanlagen, Öfen und Heizungen in Wohnhäusern sowie bei bestimmten Industrieprozessen. til

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            NGOs an Scholz: Atomenergie ist nicht nachhaltig

            129 Nichtregierungsorganisationen aus Europa haben den wahrscheinlich nächsten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in einem offenen Brief aufgefordert, die Atomenergie nicht als nachhaltig einzustufen. Scholz müsse das deutsche Veto dazu bestätigen, heißt es in dem Schreiben an den noch amtierenden Bundesfinanzminister. Die Bundesregierung müsse sich bei der EU-Kommission dafür einsetzen, dass weder Atomenergie noch fossiles Gas als nachhaltig eingestuft würden. Für Investoren ist es wichtig, welche Energieformen ein entsprechendes Gütesiegel bekommen. Vor allem Frankreich, das stark von Atomenergie abhängig ist, setzt sich dafür ein (Europe.Table berichtete).

            “Die Kernenergie ist aufgrund der hohen Sicherheitsrisiken, der Umweltverschmutzung und des ungelösten Abfallproblems nicht nachhaltig. Fossiles Gas verursacht entlang seiner Gewinnungs- und Transportkette große Mengen klimaschädlicher Treibhausgase, insbesondere Methan”, so die 129 Unterzeichner. Der Brief wird unter anderem von deutschen Umweltverbänden wie dem Nabu, dem BUND sowie Greenpeace mitgetragen.

            Die Grünen hatten die deutsche EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bereits aufgefordert, bei der sogenannten Taxonomie ein Greenwashing zu verhindern. Nicht nachhaltige Energieformen sollen also auch nicht als grün anerkannt werden. Brüssel sollte die Regierungsbildung in Deutschland abwarten. SPD, Grüne und FDP verhandeln momentan über die erste Ampel-Koalition im Bund. rtr

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              Lagarde lehnt straffere Geldpolitik ab

              Trotz rasant steigender Preise hat die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB) Christine Lagarde Forderungen nach einer strafferen Geldpolitik zurückgewiesen. Bei einer Anhörung im Europaparlament räumte sie am Montag zwar ein, dass der kräftige Inflationsschub länger anhalten dürfte als ursprünglich gedacht. Doch sei derzeit keine Abkehr von der Politik des billigen Geldes angezeigt: “Falls wir jetzt Straffungsmaßnahmen einleiten sollten, würde das wesentlich mehr Schaden anrichten als Gutes bewirken“, so die Französin. Selbst eine Straffung auf kurze Sicht anzudeuten, würde der Wirtschaft im Euroraum schaden. Diese sei auf dem Weg der Besserung und könne gegen Jahresende ihr Vorkrisenniveau übertreffen.

              Lagarde bekräftigte erneut, 2022 sei eine Zinserhöhung sehr unwahrscheinlich. Auf eine Spekulation über den Leitzins im Jahr 2023 wolle sie sich aber nicht einlassen. Die Teuerungsrate im Euroraum lag im Oktober mit 4,1 Prozent so hoch wie seit über 13 Jahren nicht mehr. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing sieht die Geldpolitik vor diesem Hintergrund gefordert, gegenzusteuern: “Das vermeintliche Allheilmittel der vergangenen Jahre – niedrige Zinsen bei scheinbar stabilen Preisen – hat seine Wirkung verloren, jetzt kämpfen wir mit den Nebenwirkungen”, sagte er auf der Euro Finance Week in Frankfurt.

              Europäische Zentralbank hält Leitzins auf Rekordtief

              Den Leitzins hält die Europäische Zentralbank seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Der sogenannte Einlagesatz liegt seit September 2019 bei minus 0,5 Prozent. Die Geldhäuser müssen draufzahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Notenbank parken. Die Finanzaufsicht BaFin sieht laut Behördenchef Mark Branson in den Dauertiefzinsen eines der größten Risiken für die Branche: “Bleiben die Zinsen weiter so niedrig, beschädigen sie mehr und mehr das Geschäftsmodell von Banken oder Lebensversicherungen, die auf Zinstransformationen angewiesen sind.”

              Laut dem spanischen Notenbankchef Pablo Hernandez de Cos wird es aber auch in der zweiten Jahreshälfte 2022 die am Geldmarkt erwartete Zinswende wahrscheinlich noch nicht geben. Die von der Europäischen Zentralbank dafür festgelegten Bedingungen würden bis dahin nicht erfüllt sein. Die Europäische Zentralbank hat die rekordtiefen Zinsen in dem im Sommer aktualisierten Ausblick praktisch auf lange Zeit festgeschrieben und Investoren damit eine Orientierung gegeben.

              EU-Kommission: Inflationsdruck bleibt hoch

              Lagardes Stellvertreter Luis de Guindos betonte, auf kurze Sicht blieben Lieferengpässe und steigende Energiekosten die Hauptgefahren für Wirtschaftserholung und Inflationsausblick. Die derzeitige Phase erhöhter Inflation könne sich länger hinziehen als noch vor einigen Monaten angenommen. Diese Sicht spiegele sich auch in den Prognosen der EU-Kommission wider.

              Der Inflationsdruck in der Eurozone wird nach Vorhersage der Kommission vorerst hoch bleiben. Sie erwartet für 2021 eine Preissteigerung von 2,4 Prozent. Diese liegt über dem Ziel der Europäischen Zentralbank, die einen Wert von 2,0 Prozent als ideal für die Konjunktur anstrebt. Auch 2022 dürfte die Rate laut der EU-Kommission mit dann 2,2 Prozent noch darüber liegen. Erst für 2023 wird in Brüssel mit 1,4 Prozent Entwarnung signalisiert.

              Im September hatten die Volkswirte der Europäischen Zentralbank in ihren Projektionen für 2022 eine Teuerungsrate von 1,7 Prozent veranschlagt, die 2023 auf 1,5 Prozent absinken soll. Zur nächsten Zinssitzung Mitte Dezember legt die Europäische Zentralbank aktualisierte Projektionen vor, die auch das Jahr 2024 umfassen werden. rtr

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                Weltklimakonferenz: Merkel mit Ergebnissen zufrieden – Von der Leyen enttäuscht RND
                EU carbon prices hit record high after COP26 FT
                Auch Shell verlässt die Niederlande FAZ
                Nato beobachtet russischen Aufmarsch nahe der Ukraine SUEDDEUTSCHE
                Merkel spricht mit Lukaschenko über Lage an EU-Außengrenze ZEIT
                Bund stellt 40 Millionen Euro für erstes Quantencomputer-Projekt bereit HANDELSBLATT
                EU geht gegen Digitalkonzerne vor: Auch deutsche Plattform-Pioniere fürchten um ihr Wachstum HANDELSBLATT
                Silicon Saxony to play key role in Europe’s bid for producing cutting-edge chips EURACTIV
                Paris e-scooters forced to slow down in busy areas GUARDIAN

                Portrait

                Susanne Dehmel: Innovationen mit Bedacht regulieren

                Susanne Dehmel, Mitglied der Geschäftsleitung beim Bitkom: Recht, Sicherheit, Künstliche Intelligenz
                Susanne Dehmel, Mitglied der Geschäftsleitung beim Bitkom

                Susanne Dehmel ist seit sieben Jahren Mitglied der Geschäftsleitung des Branchenverbands Bitkom und verantwortet dabei mit Recht, Sicherheit und dem Thema Künstliche Intelligenz für den Verband und seine Mitglieder zentrale Bereiche. Die Themen, aktuell vor allem Künstliche Intelligenz (KI), bringen viele Berührungsspunkte mit den laufenden Diskussionen in Brüssel mit sich. “Nach unserer Auffassung sind sowohl die nationale Politik in Deutschland als auch die auf der europäischen Ebene in der Pflicht, sich für eine verantwortungsvolle Nutzung von KI in Wirtschaft, öffentlichem Sektor und Gesellschaft einzusetzen”, sagt Dehmel.

                In Sachen Gesetzgebung sei der europäische Vorschlag für eine Künstliche Intelligenz-Verordnung, der “AI Act”, ein zentrales Projekt. Denn damit bestünde die Chance, eine weltweite Vorreiterrolle zu übernehmen, sagt die Juristin Dehmel. Es ginge um den regulatorischen Rahmen für menschenzentrierte Künstliche Intelligenz, ohne gleichzeitig Innovationen im Keim zu ersticken. Im Bitkom sind die ganz großen der Branche Mitglied, einige aber stammen aus dem Mittelstand oder dem Startup-Milieu. “Gerade kleine Unternehmen und Start-ups brauchen Luft zum Atmen bei der Entwicklung von neuen KI-Anwendungen und darauf basierenden Geschäftsmodellen. Überfrachtet man sie mit einem Übermaß an formalen Anforderungen, wird Innovation ausgebremst”, gibt Dehmel zu Bedenken.

                Kombination aus technologischem und juristischem Knowhow

                Auf die Frage, weshalb sie sich nach ihrem Jurastudium in Passau, Freiburg und Cardiff für eine Verbandskarriere statt einer in Kanzleien entschied, antwortet sie: “Mich hat zunächst das Thema Urheberrecht gereizt, mit dem ich beim Bitkom eingestiegen bin, und außerdem die Mischung aus politischer Arbeit und Vertragsverhandlungen.” Für sie sei es spannend auszuloten, inwieweit bestehende Rechtsvorschriften auf neue Sachverhalte anwendbar seien, die beim Einsatz digitaler Technologien entstehen.

                Für ihre Arbeit an KI-relevanten Themen muss sie als Fachfremde auch die technologischen Details grundsätzlich durchdringen. “Dazu muss ich nicht jede Feinheit kennen, aber zumindest die groben Funktions- und Wirkweisen und die relevanten Trends im Auge behalten”, sagt sie. Dieses Wissen und die Kombination aus technologischem und juristischem Verständnis konnte sie auch von 2018 bis 2020 in ihre Tätigkeit als sachverständiges Mitglied der Künstliche Intelligenz-Enquête des Deutschen Bundestages einfließen lassen.

                Rechtspraxis entscheidet über Erfolg der Künstliche Intelligenz-Verordnung

                Während Dehmel über tiefgehende Kenntnisse zu regulatorischen Risiken der Künstliche Intelligenz-Technologien verfügt, ist das bei Unternehmen keine Selbstverständlichkeit. Eine Studie des Beratungsriesen McKinsey besagt, dass sich weniger als die Hälfte aller Unternehmen, die in der Sphäre Künstliche Intelligenz arbeiten, dieser Risiken bewusst seien. “Mit unseren Mitgliedern haben wir die anstehenden Vorschläge der Europäischen Kommission diskutiert und werden uns auch weiterhin intensiv damit befassen”, erklärt Dehmel. “Durch das Besprechen von konkreten Anwendungsfällen versuchen wir greifbar zu machen, welche Auswirkungen diese Regulierung auf Geschäftstätigkeit haben wird.”

                Für sie als Juristin stehen das Thema Rechtssicherheit im Vordergrund. “Der Teufel liegt hier im Detail. Unserer Meinung nach ist zum Beispiel die Definition von KI viel zu umfassend. Wir empfehlen die Fokussierung auf den engen Bereich von selbstlernenden Systemen im Machine Learning und Deep Learning. Einfache statistische Methoden, statistische Inferenz und deduktive Methoden sollten nicht unter den AI Act fallen”, so Dehmel. Es sei zudem noch unklar, wie genau nachgewiesen werden soll, ob eine Künstliche Intelligenz-Anwendung den Regulierungsvorhaben entspreche. Deshalb lautet ihr Fazit: Die tatsächliche Rechtspraxis werde im Alltag darüber entscheiden, ob der AI Act ein Erfolg werde oder nicht. Als Fachfrau hat sie somit weiterhin alle Hände voll zu tun. Constantin Eckner

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                Apéropa

                Halbleiterfragen sind endgültig Chefsache – so die Message, die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gestern mit ihrem kurzfristig geplanten Besuch im niederländischen Veldhoven bei Eindhoven senden wollte. Die 45.000 – Einwohner-Stadt ist das Hauptquartier von “Advanced Semiconductor Materials Lithography” (ASML). Das Unternehmen produziert Lithographiesysteme, die für die Herstellung von Halbleitern essenziell sind und wird von der Kommissionschefin als “europäischer digitaler Champion” bezeichnet.

                Denn ASML “wird eine wichtige Rolle bei unseren Bemühungen spielen, Europa wettbewerbsfähiger zu machen und im Technologiesektor an Souveränität zu gewinnen”, wie die Niedersächsin in einer Presseerklärung verlauten ließ. Genau das will von der Leyen durch den European Chips Act erzielen, laut Arbeitsprogramm der Kommission für das 2. Quartal 2022 vorgesehen.

                Mit an von der Leyens Seite: Premierminister Mark Rutte, Binnenmarktkommissar Thierry Breton und Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Somit erfüllte der Kurztrip in die Niederlande auch noch einen weiteren Zweck: Teambuilding. Denn nicht nur in der Frage, wie das IPCEI-Instrument ausgerichtet werden soll, liegen die beiden Kommissionsmitglieder weit auseinander.

                Doch Teambuilding kennt bei der Kommission klare Grenzen: Beim gemeinsamen Arbeits-Dinner mit Rutte waren der Franzose und die Dänin nicht mehr dabei: Chefsache. Angesichts Ruttes Ruf als – zurückhaltend formuliert – sparsamer Gastgeber dürfte das aber zumindest kulinarisch gesehen zu wenig Neid führen.

                Ein wahrhaftiger Erfolg wäre wohl zu verkünden, würden sich Breton und Vestager für die Rückreise ins rund 120 km entfernte Brüssel einen Fahrer teilen. Zu besprechen hätten sie auf der knapp zweistündigen Fahrt einiges – zum Beispiel die Überarbeitung der Wettbewerbsvorschriften. Die steht zwar für morgen auf der Kommissionsagenda, doch angesichts der sich anbahnenden nächsten Meinungsverschiedenheit der beiden Politiker rechnen Beobachter mit einer Verschiebung. Jasmin Kohl

                • Chips Act
                • Digitalpolitik
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                Europe.Table Redaktion

                EUROPE.TABLE REDAKTION

                Licenses:
                  • Außenpolitische Strategie: “Strategischer Kompass” mit starker Cyberkomponente
                  • Frankreich: Wer fordert Emmanuel Macron heraus?
                  • DMA: Auch europäische Firmen im Anwendungsbereich
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                  • Portrait: Susanne Dehmel – Innovationen mit Bedacht regulieren
                  Liebe Leserin, lieber Leser,

                  Mit der französischen EU-Ratspräsidentschaft im Januar 2022 rückt auch die französische Präsidentschaftswahl näher. Auffallend zurückhaltend verhält sich bisher der amtierende Präsident Emmanuel Macron: Offiziell ist er noch kein Kandidat. Tanja Kuchenbecker analysiert, welche Strategie dahintersteht, wirft einen Blick auf die Themen von Macrons Herausforderern sowie die Chancen des ehemaligen Brexit-Chefunterhändlers Michel Barnier.

                  Sicher ist: Eine Priorität der französischen EU-Ratspräsidentschaft wird die Plattformregulierung. Den “Digital Markets Act” (DMA) und den “Digital Services Act” (DSA) wollen die Franzosen so schnell wie möglich verabschieden. Doch während sich die Positionen im Rat annähern, geraten die Verhandlungen im EU-Parlament weiter ins Stocken. Einen Hauptstreitpunkt konnten die Europaabgeordneten gestern trotzdem ausräumen.

                  Obwohl der “Strategische Kompass” erst im nächsten Jahr verabschiedet wird, diskutierten die EU-Außenminister bei ihrem Treffen in Brüssel gestern bereits einen Entwurf der neuen außenpolitischen Strategie. Wie sich die EU so gegen Cyberattacken, Desinformations-Kampagnen und andere “hybride Gefahren” wappnen will, berichtet Eric Bonse.

                  Ihre
                  Jasmin Kohl
                  Bild von Jasmin  Kohl

                  Analyse

                  Außenpolitische Strategie: “Strategischer Kompass” mit starker Cyberkomponente

                  Der sogenannte “Strategische Kompass” wurde vom Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) erarbeitet; er soll im März 2022 verabschiedet werden. Bis dahin sei noch mit zahlreichen Änderungen an dem 32-seitigen Entwurf zu rechnen, heißt es in Brüsseler Ratskreisen.

                  Fest steht aber schon jetzt, dass die EU ihre Kapazitäten im Bereich der Informationstechnik und des Internets ausbauen will. Denn gerade hier – in einem außenpolitischen “Neuland” – haben die EU-Diplomaten besonders viele neue Gefahren ausgemacht.

                  “Europa ist in Gefahr”, fasst der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell seine Analyse zusammen. Die Grenzen zwischen Krieg und Frieden hätten sich verwischt. Als Beispiele nennt der EU-Außenbeauftragte neben Desinformation und Cyberattacken auch die Kontrolle sensibler Technologien wie der Künstlichen Intelligenz oder der Quanten-Computer.

                  In all diesen Bereichen müsse die EU selbst tätig werden, um nicht einen “strategischen Bedeutungsverlust” zu riskieren. Der “Kompass” zählt einige Beispiele auf. Im Bereich der KI ist neben neuen “intelligenten”  Kampfflugzeugen und -systemen auch die Entwicklung unbemannter schwimmender Plattformen geplant, die Meere großflächig überwachen sollen.

                  Im Bereich des “Cyberraums”, der genau wie die Ozeane und der Weltraum als neues Konfliktfeld ausgemacht wird, plant die EU einen Ausbau der defensiven und offensiven Kapazitäten. Sowohl der militärische als auch der Zivilbereich sollen hierzu beitragen. Als Ziel wird ein neues “cyberindustrielles Ökosystem” genannt:

                  “In the area of cybersecurity, we will swiftly operationalise the European Cybersecurity Competence Centre to develop a strong European cyber industrial ecosystem, support companies specialising in cybersecurity and further increase cybersecurity and cyberdefence skills at EU level.” – Draft Strategic Compass, Seite 23

                  Die EU muss Cyberattacken abwehren und zurückschlagen können

                  Man müsse sich nicht nur besser auf Cyberattacken vorbereiten, sondern diese auch abwehren und sogar zurückschlagen können, heißt es im Außwärtigen Dienst der EU (EAD). Im Strategieentwurf ist die Rede von “protect, detect, defend and deter” – schützen, erkennen, verteidigen und abschrecken. Das Ziel sei, “entschieden” auf Cyberattacken zu reagierenund das nicht nur (wie bisher) mit Sanktionen (Europe.Table berichtete).

                  Gemeint ist vor allem Russland, das auch beim Thema Desinformation wiederholt angesprochen wird. “Hybride Taktiken, Cyberattacken und Desinformation sind Teil der Realität im Umgang mit Russland”, heißt es in der EU-Strategie. Allerdings solle dies nicht als historische Zwangsläufigkeit betrachtet werden, meinen die EU-Experten.

                  Die EU sei durch “gemeinsame Interessen und geteilte Werte” an Russland gebunden und werde sich daher auch um eine Annäherung etwa beim Klimaschutz bemühen. Auf “aggressive Akte” müsse man aber entschieden reagieren. Zur Abwehr von Desinformation wurde bereits eine eigene Abteilung im EAD aufgebaut; bei der Verteidigung gegen Cyberattacken bleibt in der EU jedoch noch viel zu tun. Und zuständig bleiben im Grundsatz weiterhin die Mitgliedstaaten.

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                    Frankreich: Wer fordert Emmanuel Macron heraus?

                    Präsident Emmanuel Macron hält sich vornehm zurück und hat seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl im kommenden April (10. und 24.4) noch nicht offiziell verkündet. Dennoch ist Macron der potenzielle Kandidat, um den sich alles dreht. Niemand kommt an ihm vorbei. Es herrscht in Frankreich kein Zweifel daran, dass er erneut antreten wird. Im Hintergrund zieht Emmanuel Macron, der im politischen Spektrum im Zentrum steht, schon die Fäden für die Wiederwahl.

                    “Le Figaro” schrieb schon über seinen “geheimen Plan für die Kampagne 2022”. Überall im Land werben Macron-Anhänger schon hinter den Kulissen für ihn. Sie sollen alle Regionen Frankreichs abdecken, Städte und ländliche Gebiete, und die Regionalpolitiker mobilisieren. Ihnen wird angeboten, ganz demokratisch mit am Wahlprogramm zu arbeiten.

                    Emmanuel Macron für ein starkes Frankreich in der EU

                    Emmanuel Macron will so lange wie möglich als Präsident wahrnehmbar bleiben und zieht deshalb noch nicht selbst in den Wahlkampf. Der Politologe Dominique Reynié erklärte, warum der amtierende Präsident dennoch schon der Favorit ist: “Sein Krisenmanagement in der Pandemie wird positiv beurteilt. Und er setzt sich für Europa ein, das gefällt den Franzosen.” Sie hängen sehr am Euro und ihrer Kaufkraft, so Reynié.

                    Der 43-jährige Emmanuel Macron wird den Wahlkampf während der ab Januar beginnenden französischen EU-Ratspräsidentschaft bestreiten und seine europäischen Errungenschaften und Pläne in den Vordergrund rücken. Der Pro-Europäer setzt sich auch für ein starkes Frankreich in der EU ein. Kürzlich stellte er der heimischen Industrie mit seinem Investitionsplan für Frankreich 2030 erneut Subventionen in Aussicht. Er versucht das Wahlkampfthema mehr auf Wirtschaft zu lenken, wo seine Stärke liegt, weg von Immigration und Sicherheit, die bisher schon wichtige Themen der Rechten sind. Er sprach sich auch für mehr Klimaneutralität durch Atomkraft aus.

                    Extreme Rechte: Mehr als nur Le Pen

                    Die rechtsextreme Marine Le Pen vom Rassemblement National (RN) positioniert sich klar gegen Macron. Die 53-Jährige nimmt die Gegensätze wieder auf, die den Wahlkampf 2017 bestimmten und sagt, die Franzosen hätten die Wahl zwischen einem “kalten Globalisierer” (Emmanuel Macron) und einer Verteidigerin der Nation. “In der letzten Zeit, haben sich die Fronten herauskristallisiert”, betonte dazu im Gespräch Paul Maurice, Politologe vom Forschungsinstitut Ifri für internationale Beziehungen: “Präsident Emmanuel Macron zementierte die Trennung der Gesinnungen in Globalisten und Pro-Europäer auf der einen Seite und Nationalisten auf der anderen Seite, um seine Position gegenüber Marine Le Pen klarzumachen.”

                    Le Pen zieht mit dem Thema “Freiheiten, geliebte Freiheiten” in den Wahlkampf und hält Emmanuel Macron vor, dass er in der Pandemie zu sehr die Freiheiten eingeschränkt habe. Sie kämpft für mehr Souveränität Frankreichs, proklamiert aber keinen Ausstieg mehr aus der EU und dem Euro, das schreckte bei den letzten Präsidentschaftswahlen mögliche Wähler ab. Sie will zudem Autobahnen verstaatlichen und mehr Atomkraft. Macrons Vertraute hoffen darauf, dass dieser in der Stichwahl wieder gegen Le Pen antritt, um den Sieg von 2017 zu wiederholen.

                    Zemmour: Identitätspolitik als Ideologie

                    Doch seit einigen Wochen sorgt der islamfeindliche Fernsehstar Eric Zemmour für Aufmerksamkeit und könnte laut einiger Umfragen sogar mehr Stimmen als Le Pen erreichen. Der 63-jährige Zemmour hat kein Programm und keine Partei – und hat sich auch noch nicht offiziell als Kandidat gemeldet. Laut französischen Medien hat er das offenbar Ende November vor. Es geht ihm um die nationale Identität, er bedient Islamfeindlichkeit und will ausländische Vornamen verbieten. Er fordert ein Ende der Einwanderung. Auch er will keinen Frexit, weil er diesen für eine zu große wirtschaftliche Unsicherheit hält.

                    Konstant platziert sich Macron in den Umfragen bei etwa 25 Prozent im ersten Wahlgang vorn. Zemmour liegt im Kopf-an-Kopf-Rennen mit Le Pen. Umfragen sahen ihn sogar schon auf Platz zwei mit etwa 17-18 Prozent der Stimmen, noch vor Le Pen mit 16 Prozent. Doch zuletzt sackte er in mehreren Umfragen wieder auf 14 Prozent ab, Le Pen holte auf, erreichte 17-18 Prozent.

                    Sollte Zemmour in die Stichwahl einziehen, könnte Emmanuel Macron 58 Prozent und Zemmour 42 Prozent erreichen, so eine Umfrage von Harris Interactive. Gegen Marie Le Pen könnte Emmanuel Macron 55 gegenüber 45 Prozent siegen. Denkbar ist auch, dass noch ein Konservativer an den beiden vorbeizieht, für Macron in der Stichwahl die schwierigste Variante. Die Meinungsforschungsinstitute testen knapp sechs Monate vor der Wahl ständig die Kandidaten. Ifop-Demoskop Frédéric Dabi sagte: “Die Unsicherheit für die Stichwahl ist groß.”

                    Experten beobachteten, dass in Frankreich seit 2015 ein Rechtsruck stattgefunden hat. “Wenn man die Summe nimmt, liegen die Kandidaten von linken Parteien um die 25 Prozent”, so Dabi. Attentate und die Immigrationswelle haben den Rechtsruck in Frankreich beschleunigt. Zu den beiden rechtsextremen Kandidaten kommen im rechten Spektrum noch die Stimmen für die Konservativen.

                    Konservative: Barnier chancenlos, Bertrand mit Abstand zu Macron

                    Sie könnten auf 9 bis 14 Prozent kommen, je nachdem wer antritt. Am wenigsten Chancen hat danach der ehemalige Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier. Valérie Pécresse, Präsidentin der Region Ile-de-France um Paris, liegt mit 10-11 Prozent in der Mitte und Xavier Bertrand, Präsident der Region Hauts-de-France und ehemaliger Arbeitsminister auf Platz eins. Bertrand (56) wurde in Umfragen auch gegen Emmanuel Macron getestet. Demnach würde Emmanuel Macron mit 54 gegenüber 46 Prozent in der Stichwahl gewinnen.

                    Die Konservativen haben ihren Kandidaten allerdings noch nicht bestimmt. Das ist für den 4. Dezember bei einer Parteiversammlung geplant. Ihre Programme sind ähnlich: Sicherheit, Immigration, Rente, und Energiefragen spielen eine große Rolle, sie geben sich pro-europäisch. Die Konservativen finden sich eingezwängt zwischen Emmanuel Macron, der auch moderate rechte Wähler anzieht und dem extrem rechten Rand von Le Pen und Zemmour. Das Feld ist klein. Die Tageszeitung “Le Monde” analysierte deshalb: “Die Wahlen 2022 sind für die Konservativen existenziell.” Es steht erneut die Zukunft einer großen Volkspartei auf dem Spiel.

                    Die Sozialisten haben schon erlebt, wie eine einst große Partei untergeht. Nach dem sozialistischen Präsidenten François Hollande ging es steil abwärts. Die 62-jährige sozialistische Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo hat im September ihre Kandidatur erklärt. Aber sie kommt nicht recht in Fahrt, in Umfragen dümpelt sie bei 5-6 Prozent dahin. Ihre Themenpalette liegt zwischen grün und sozial. Sie kämpft gegen Autoabgase, setzt sich für Fahrradwege ein und will mehr Sozialwohnungen bauen.

                    Die Tochter spanischer Einwanderer sagte: “Ich will, dass alle Kinder Frankreichs dieselbe Chance bekommen, die auch ich bekommen habe.” Sie warf Macron vor, die Gesellschaft gespalten zu haben. Ihr Problem: Ihre Politik in Paris, wo sie seit 2014 Bürgermeisterin ist, hat viele Anhänger, aber auch viele Kritiker, die die Stadt als schmutzig und unsicher bezeichnen. Sie ist außerdem zu sehr in Paris verankert, auch wenn sie seit Wochen durchs Land tourt, um das Manko wettzumachen. Mut macht den Sozialisten die gestärkte Stellung der Sozialdemokraten in Frankreich.

                    Hidalgo hatte gehofft, die Grünen auf ihre Seite zu ziehen, doch die haben mit Yannick Jadot (54) ihren eigenen Kandidaten aufgestellt, dem die Klimadebatte in die Hände spielt. Die französischen Grünen sind nicht sofort für den Ausstieg aus der Atomkraft, erst in etwa 20 Jahren. Jadot sieht Atomkraft als Übergangslösung, bevor erneuerbare Energien besser ausgebaut sind. In Umfragen gelangt er derzeit auf rund 7-8 Prozent. Etwas besser steht noch Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon mit 9 Prozent da. Laut Umfragen könnten Wähler von Jadot und Hidalgo sogar noch im ersten Wahlgang auf Macron umschwenken, um “nützlich” zu wählen und die extreme Rechte zu stoppen, so eine Studie der Stiftung Jean-Jaures. Eine Konkurrenz für Emmanuel Macron aus dem linken Spektrum scheint jedenfalls derzeit höchst unwahrscheinlich. Tanja Kuchenbecker

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                      17.11.-19.11.2021, Triest (Italien)/online
                      EUSC, Conference Strengthening Technology Transfer in Europe – Focus on the Western Balkans and South-East Europe
                      The EU Science Hub organizes a hybrid conference on Technology Transfer from the research lab to the market. INFOS & REGISTRATION

                      17.11.-18.11.2021, Paris (Frankreich)
                      Zero Emission Bus Conference
                      This event brings together manufacturers, operators, policy makers and industry to discuss the decarbonisation of public transport. INFOS & REGISTRATION

                      17.11.-18.11.2021, online
                      Conference European Business Summit: Beyond recovery – Towards a sustainable and innovative Europe
                      The conference highlights Europe’s ongoing digital and sustainable shifts and its renewed cooperation with longstanding partners and neighbours INFOS & REGISTRATION

                      17.11.2021 – 09:00-14:00 Uhr, online
                      ASEW, Seminar Time to Connect
                      Die Veranstaltung des Effizienznetzwerks für Stadtwerke (ASEW) beschäftig sich mit dem Klimawandel und erneuerbaren Energien und bietet Platz zum Austausch mit Kolleg:innen. INFOS & ANMELDUNG

                      17.11.2021 – 09:00-13:00 Uhr, online
                      EA, Conference ElectrifyNow: Which role for electrification in the Green Deal?
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                      Der Kongress hat das Ziel, wichtige Fragestellungen und Lösungsansätze für eine klima- und ressourcenschonende Zukunft des Bauens aufzuzeigen. INFOS & ANMELDUNG

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                      Conference Gaia-X Summit 2021
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                      18.11.2021 – 10:00-15:15 Uhr, online
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                      18.11.2021 – 10:00-12:00 Uhr, online
                      Codina, Podiumsdiskussion Plattformregulierung für die Nachhaltigkeitstransformation
                      Die Veranstaltung beschäftigt sich mit der Frage, wie Plattformen zu Akteuren des sozial-ökologischen Wandels werden. INFOS & ANMELDUNG

                      18.11.2021 – 10:30-11:30 Uhr, online
                      TÜV Rheinland, Seminar Cloudlösungen DSGVO-konform nutzen
                      Das Seminar führt in die rechtlichen Aspekte der Nutzung von Cloudlösungen ein. INFOS & ANMELDUNG

                      News

                      DMA: Auch europäische Firmen im Anwendungsbereich

                      Die Vertreter der Fraktionen im Europaparlament haben im Digital Markets Act (DMA) einen der Hauptstreitpunkte ausgeräumt: nach welchen Kriterien eine Plattform als Gatekeeper eingestuft werden und damit in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen sollen. Der Kompromiss sieht laut Verhandlungskreisen vor, dass die Schwelle für den Marktwert bei 80 Milliarden Euro liegen soll. Es soll überdies genügen, dass ein Unternehmen im Kern nur in einem Marktsegment aktiv ist.

                      Mit dem Bettenvermittler Booking.com würde damit auch ein in Europa ansässiges Unternehmen unter den Digital Markets Act fallen, der die Geschäftspraxis marktmächtiger Plattformen regulieren soll. Der Berichterstatter des Europaparlaments, Andreas Schwab (CDU/EVP), hatte darauf gedrungen, nur Unternehmen mit mindestens zwei “Core Platform Services” als Gatekeeper zu werten. Damit wären voraussichtlich nur die großen US-Digitalkonzerne unter den Digital Markets Act gefallen.

                      Streitpunkt im Digital Markets Act: Personalisierte Werbung

                      Dagegen hatten sich nicht nur Sozialdemokraten, Grüne und Linke gewehrt. Auch der Rat spricht sich dafür aus, in nur einem Geschäftsfeld starke Unternehmen ebenfalls regulieren zu können. Die Mitgliedstaaten setzen die Marktwertschwelle überdies niedriger an – sie wollen den Kommissionsvorschlag von 65 Milliarden Euro beibehalten.

                      Noch keine Einigung beim Digital Markets Act gibt es im Europaparlament beim zweiten Hauptstreitpunkt: der personalisierten Werbung. Bei einer Verhandlungsrunde auf technischer Ebene konnten sich die Fraktionen am Montag noch nicht auf einen Kompromiss verständigen. Christdemokraten und Liberale lehnten es weiter ab, den Gatekeeper-Plattformen die Nutzung der Daten von Minderjährigen und von besonders sensiblen Informationen wie religiösem Glauben oder sexueller Orientierung zu untersagen, sagte S&D-Schattenberichterstatterin Evelyne Gebhardt zu Europe.Table. “Für die S&D sind das ganz wesentliche Fragen.” Von ihrer Forderung nach einem generellen Verbot von personalisierter Werbung scheinen die Sozialdemokraten aber abgerückt zu sein.

                      Erschwerte Kompromissfindung beim DSA

                      Ein Verbot der personalisierten Werbung wird auch im Digital Services Act (DSA) diskutiert (Europe.Table berichtete), mit ähnlich verhärteten Fronten, wie Verhandlungskreise berichten. Doch auch in anderen Punkten fällt die Kompromissfindung deutlich schwerer als im Digital Markets Act. Die Stimmung in den Verhandlungsrunden sei teilweise diffus und chaotisch.

                      Nachdem die Schattenberichterstatter vergangene Woche bei ihrem Treffen fast alle Vorschläge der Berichterstatterin Christel Schaldemose (DK/S&D) abgelehnt hatten, sagte die Dänin ein am gestrigen Montag geplantes Treffen kurzerhand ab. Dieses soll stattdessen nächsten Dienstag während der Plenarsitzung in Straßburg stattfinden. Neben Schaldemoses Vorschlag für strikte Löschfristen, den sie mittlerweile zurückgezogen hat (Europe.Table berichtete) ging insbesondere ihr Vorschlag zu Sorgfaltspflichten und der Haftung von Online-Marktplätzen vielen Abgeordneten zu weit. tho/koj

                        • Digital Markets Act
                        • Digital Services Act
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                        Studie: Schlupflöcher bei CO2-Grenzwerten

                        Schlupflöcher in der EU-Richtlinie zu CO2-Flottengrenzwerten von Autos verschleppen die Elektrifizierung des Straßenverkehrs und verzögern den Klimaschutz. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie des Umweltverbands Transport and Environment (T&E), die am Montag vorgestellt wurde. Ohne die Schwachstellen in den geltenden EU-Regeln müssten die Autobauer 840.000 mehr rein elektrische Autos verkaufen, um ihre Zielvorgaben erreichen zu können, teilt die Organisation mit.

                        Besonders die deutschen Hersteller, allen voran Daimler und BMW, würden von den Schlupflöchern Gebrauch machen und damit ihre Ziele teils sogar übererfüllen – aber eben nur auf dem Papier. Möglich sei dies durch zahlreiche Verkäufe sogenannter Plug-In-Hybride. Die Fahrzeuge verfügen neben einem Verbrenner auch über einen elektrischen Antrieb, verbrauchen zumindest in der Theorie also wenig Brennstoff und lassen sich für die Bilanzen der Autobauer entsprechend hoch anrechnen.

                        In der Praxis jedoch sei die CO2-Belastung durch Hybride mindestens gegenüber dem angenommenen Wert doppelt so hoch, da die Nutzer zu häufig auf den Verbrenner zurückgreifen, so T&E. Die Autoren der Studie sind sich sicher: Ohne Hintertüren wie diese würden Daimler und BMW ihre Ziele deutlich verfehlen.

                        “Daimler, die Volkswagen AG und BMW preisen sich als umweltfreundlich an, aber hinter dieser Fassade nutzen sie jedes noch so kleine Schlupfloch, um die Umstellung hin zu emissionsfreien Fahrzeugen hinauszuzögern”, sagt Stef Cornelis, Direktor von T&E-Deutschland. Er fordert die EU auf, dies bei der Überarbeitung der Richtlinie zu berücksichtigen.

                        Die Emissionen im Straßenverkehr sind in den vergangenen Jahren weiter angestiegen und allein Autos sind derzeit für 13 Prozent des EU-weiten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Die EU will dem Problem begegnen: Die Anpassung der CO2-Grenzwerte für PKW im Rahmen des Fit-for-55-Pakets sieht eine Emissionsminderung um 100 Prozent bis zum Jahr 2035 vor, was de facto einem Verbrenner-Aus gleichkommt. Daneben soll ein Emissionshandelssystem (ETS) für den Straßenverkehr eingeführt werden.

                        Für den weltweiten Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor wurde auf der Weltklimakonferenz in Glasgow vergangene Woche das Jahr 2040 ins Spiel gebracht (Europe.Table berichtete). Ein entsprechendes Abkommen wurde jedoch von Deutschland sowie von einigen führenden Herstellern, darunter VW und BMW, nicht unterzeichnet. til

                          • Emissionen
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                          EEA: 307.000 Todesfälle durch Feinstaubbelastung

                          Laut jüngsten Schätzungen der Europäischen Umweltagentur starben 2019 in der EU 307.000 Menschen vorzeitig an den Folgen der Feinstaubbelastung durch die Luftverschmutzung. Das ist das Ergebnis einer aktualisierten Studie zu den “Health impacts of air pollution in Europe”, die die EEA am Montag vorgelegt hat. Demnach hätten mindestens 58 Prozent und damit 178.000 dieser Todesfälle vermieden werden können, wenn alle EU-Mitgliedstaaten die neuen Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Luftreinheit umgesetzt hätten.

                          Für Feinstaub liegt diese bei 5 µg/m3. In der EU wird jedoch erst ab 25 µg/m3 von qualitativ schlechter Luft gesprochen. Das stünde im eklatanten Widerspruch zum in den Europäischen Verträgen verankerten Vorsorgeprinzip, kritisiert die Europaabgeordnete Jutta Paulus (Grüne). Die anstehende Revision der EU-Luftqualitätsrichtlinie müsse die neuen Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation widerspiegeln.

                          Dennoch habe sich die Luftqualität in Europa 2019 im Vergleich zu 2018 verbessert, teilt die EEA mit. Als Teil des Green Deals setzt der EU-Aktionsplan zur Bekämpfung der Luftverschmutzung das Ziel, die Zahl der vorzeitigen Todesfälle aufgrund von Feinstaubbelastung bis 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 2005 zu senken. Laut EEA ist die EU auf dem besten Weg, dieses Ziel zu erreichen, da die Zahl dieser Todesfälle zwischen 2005 und 2019 um etwa ein Drittel zurückgegangen sei.

                          “Saubere Luft zum Atmen sollte ein grundlegendes Menschenrecht sein. Auch wenn sich die Luftqualität in unserer Region in den letzten Jahren verbessert hat, haben wir noch einen weiten Weg vor uns”, sagt WHO-Regionaldirektor für Europa, Hans Kluge. Menschengemachter Feinstaub entsteht beispielsweise bei Verbrennungsprozessen in Kraftfahrzeugen, Kraft- und Fernheizwerken, Abfallverbrennungsanlagen, Öfen und Heizungen in Wohnhäusern sowie bei bestimmten Industrieprozessen. til

                            • Gesundheit
                            • Klima & Umwelt
                            • Klimaschutz
                            • Umweltpolitik

                            NGOs an Scholz: Atomenergie ist nicht nachhaltig

                            129 Nichtregierungsorganisationen aus Europa haben den wahrscheinlich nächsten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in einem offenen Brief aufgefordert, die Atomenergie nicht als nachhaltig einzustufen. Scholz müsse das deutsche Veto dazu bestätigen, heißt es in dem Schreiben an den noch amtierenden Bundesfinanzminister. Die Bundesregierung müsse sich bei der EU-Kommission dafür einsetzen, dass weder Atomenergie noch fossiles Gas als nachhaltig eingestuft würden. Für Investoren ist es wichtig, welche Energieformen ein entsprechendes Gütesiegel bekommen. Vor allem Frankreich, das stark von Atomenergie abhängig ist, setzt sich dafür ein (Europe.Table berichtete).

                            “Die Kernenergie ist aufgrund der hohen Sicherheitsrisiken, der Umweltverschmutzung und des ungelösten Abfallproblems nicht nachhaltig. Fossiles Gas verursacht entlang seiner Gewinnungs- und Transportkette große Mengen klimaschädlicher Treibhausgase, insbesondere Methan”, so die 129 Unterzeichner. Der Brief wird unter anderem von deutschen Umweltverbänden wie dem Nabu, dem BUND sowie Greenpeace mitgetragen.

                            Die Grünen hatten die deutsche EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bereits aufgefordert, bei der sogenannten Taxonomie ein Greenwashing zu verhindern. Nicht nachhaltige Energieformen sollen also auch nicht als grün anerkannt werden. Brüssel sollte die Regierungsbildung in Deutschland abwarten. SPD, Grüne und FDP verhandeln momentan über die erste Ampel-Koalition im Bund. rtr

                              • Erdgas
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                              Lagarde lehnt straffere Geldpolitik ab

                              Trotz rasant steigender Preise hat die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB) Christine Lagarde Forderungen nach einer strafferen Geldpolitik zurückgewiesen. Bei einer Anhörung im Europaparlament räumte sie am Montag zwar ein, dass der kräftige Inflationsschub länger anhalten dürfte als ursprünglich gedacht. Doch sei derzeit keine Abkehr von der Politik des billigen Geldes angezeigt: “Falls wir jetzt Straffungsmaßnahmen einleiten sollten, würde das wesentlich mehr Schaden anrichten als Gutes bewirken“, so die Französin. Selbst eine Straffung auf kurze Sicht anzudeuten, würde der Wirtschaft im Euroraum schaden. Diese sei auf dem Weg der Besserung und könne gegen Jahresende ihr Vorkrisenniveau übertreffen.

                              Lagarde bekräftigte erneut, 2022 sei eine Zinserhöhung sehr unwahrscheinlich. Auf eine Spekulation über den Leitzins im Jahr 2023 wolle sie sich aber nicht einlassen. Die Teuerungsrate im Euroraum lag im Oktober mit 4,1 Prozent so hoch wie seit über 13 Jahren nicht mehr. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing sieht die Geldpolitik vor diesem Hintergrund gefordert, gegenzusteuern: “Das vermeintliche Allheilmittel der vergangenen Jahre – niedrige Zinsen bei scheinbar stabilen Preisen – hat seine Wirkung verloren, jetzt kämpfen wir mit den Nebenwirkungen”, sagte er auf der Euro Finance Week in Frankfurt.

                              Europäische Zentralbank hält Leitzins auf Rekordtief

                              Den Leitzins hält die Europäische Zentralbank seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Der sogenannte Einlagesatz liegt seit September 2019 bei minus 0,5 Prozent. Die Geldhäuser müssen draufzahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Notenbank parken. Die Finanzaufsicht BaFin sieht laut Behördenchef Mark Branson in den Dauertiefzinsen eines der größten Risiken für die Branche: “Bleiben die Zinsen weiter so niedrig, beschädigen sie mehr und mehr das Geschäftsmodell von Banken oder Lebensversicherungen, die auf Zinstransformationen angewiesen sind.”

                              Laut dem spanischen Notenbankchef Pablo Hernandez de Cos wird es aber auch in der zweiten Jahreshälfte 2022 die am Geldmarkt erwartete Zinswende wahrscheinlich noch nicht geben. Die von der Europäischen Zentralbank dafür festgelegten Bedingungen würden bis dahin nicht erfüllt sein. Die Europäische Zentralbank hat die rekordtiefen Zinsen in dem im Sommer aktualisierten Ausblick praktisch auf lange Zeit festgeschrieben und Investoren damit eine Orientierung gegeben.

                              EU-Kommission: Inflationsdruck bleibt hoch

                              Lagardes Stellvertreter Luis de Guindos betonte, auf kurze Sicht blieben Lieferengpässe und steigende Energiekosten die Hauptgefahren für Wirtschaftserholung und Inflationsausblick. Die derzeitige Phase erhöhter Inflation könne sich länger hinziehen als noch vor einigen Monaten angenommen. Diese Sicht spiegele sich auch in den Prognosen der EU-Kommission wider.

                              Der Inflationsdruck in der Eurozone wird nach Vorhersage der Kommission vorerst hoch bleiben. Sie erwartet für 2021 eine Preissteigerung von 2,4 Prozent. Diese liegt über dem Ziel der Europäischen Zentralbank, die einen Wert von 2,0 Prozent als ideal für die Konjunktur anstrebt. Auch 2022 dürfte die Rate laut der EU-Kommission mit dann 2,2 Prozent noch darüber liegen. Erst für 2023 wird in Brüssel mit 1,4 Prozent Entwarnung signalisiert.

                              Im September hatten die Volkswirte der Europäischen Zentralbank in ihren Projektionen für 2022 eine Teuerungsrate von 1,7 Prozent veranschlagt, die 2023 auf 1,5 Prozent absinken soll. Zur nächsten Zinssitzung Mitte Dezember legt die Europäische Zentralbank aktualisierte Projektionen vor, die auch das Jahr 2024 umfassen werden. rtr

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                                Presseschau

                                Weltklimakonferenz: Merkel mit Ergebnissen zufrieden – Von der Leyen enttäuscht RND
                                EU carbon prices hit record high after COP26 FT
                                Auch Shell verlässt die Niederlande FAZ
                                Nato beobachtet russischen Aufmarsch nahe der Ukraine SUEDDEUTSCHE
                                Merkel spricht mit Lukaschenko über Lage an EU-Außengrenze ZEIT
                                Bund stellt 40 Millionen Euro für erstes Quantencomputer-Projekt bereit HANDELSBLATT
                                EU geht gegen Digitalkonzerne vor: Auch deutsche Plattform-Pioniere fürchten um ihr Wachstum HANDELSBLATT
                                Silicon Saxony to play key role in Europe’s bid for producing cutting-edge chips EURACTIV
                                Paris e-scooters forced to slow down in busy areas GUARDIAN

                                Portrait

                                Susanne Dehmel: Innovationen mit Bedacht regulieren

                                Susanne Dehmel, Mitglied der Geschäftsleitung beim Bitkom: Recht, Sicherheit, Künstliche Intelligenz
                                Susanne Dehmel, Mitglied der Geschäftsleitung beim Bitkom

                                Susanne Dehmel ist seit sieben Jahren Mitglied der Geschäftsleitung des Branchenverbands Bitkom und verantwortet dabei mit Recht, Sicherheit und dem Thema Künstliche Intelligenz für den Verband und seine Mitglieder zentrale Bereiche. Die Themen, aktuell vor allem Künstliche Intelligenz (KI), bringen viele Berührungsspunkte mit den laufenden Diskussionen in Brüssel mit sich. “Nach unserer Auffassung sind sowohl die nationale Politik in Deutschland als auch die auf der europäischen Ebene in der Pflicht, sich für eine verantwortungsvolle Nutzung von KI in Wirtschaft, öffentlichem Sektor und Gesellschaft einzusetzen”, sagt Dehmel.

                                In Sachen Gesetzgebung sei der europäische Vorschlag für eine Künstliche Intelligenz-Verordnung, der “AI Act”, ein zentrales Projekt. Denn damit bestünde die Chance, eine weltweite Vorreiterrolle zu übernehmen, sagt die Juristin Dehmel. Es ginge um den regulatorischen Rahmen für menschenzentrierte Künstliche Intelligenz, ohne gleichzeitig Innovationen im Keim zu ersticken. Im Bitkom sind die ganz großen der Branche Mitglied, einige aber stammen aus dem Mittelstand oder dem Startup-Milieu. “Gerade kleine Unternehmen und Start-ups brauchen Luft zum Atmen bei der Entwicklung von neuen KI-Anwendungen und darauf basierenden Geschäftsmodellen. Überfrachtet man sie mit einem Übermaß an formalen Anforderungen, wird Innovation ausgebremst”, gibt Dehmel zu Bedenken.

                                Kombination aus technologischem und juristischem Knowhow

                                Auf die Frage, weshalb sie sich nach ihrem Jurastudium in Passau, Freiburg und Cardiff für eine Verbandskarriere statt einer in Kanzleien entschied, antwortet sie: “Mich hat zunächst das Thema Urheberrecht gereizt, mit dem ich beim Bitkom eingestiegen bin, und außerdem die Mischung aus politischer Arbeit und Vertragsverhandlungen.” Für sie sei es spannend auszuloten, inwieweit bestehende Rechtsvorschriften auf neue Sachverhalte anwendbar seien, die beim Einsatz digitaler Technologien entstehen.

                                Für ihre Arbeit an KI-relevanten Themen muss sie als Fachfremde auch die technologischen Details grundsätzlich durchdringen. “Dazu muss ich nicht jede Feinheit kennen, aber zumindest die groben Funktions- und Wirkweisen und die relevanten Trends im Auge behalten”, sagt sie. Dieses Wissen und die Kombination aus technologischem und juristischem Verständnis konnte sie auch von 2018 bis 2020 in ihre Tätigkeit als sachverständiges Mitglied der Künstliche Intelligenz-Enquête des Deutschen Bundestages einfließen lassen.

                                Rechtspraxis entscheidet über Erfolg der Künstliche Intelligenz-Verordnung

                                Während Dehmel über tiefgehende Kenntnisse zu regulatorischen Risiken der Künstliche Intelligenz-Technologien verfügt, ist das bei Unternehmen keine Selbstverständlichkeit. Eine Studie des Beratungsriesen McKinsey besagt, dass sich weniger als die Hälfte aller Unternehmen, die in der Sphäre Künstliche Intelligenz arbeiten, dieser Risiken bewusst seien. “Mit unseren Mitgliedern haben wir die anstehenden Vorschläge der Europäischen Kommission diskutiert und werden uns auch weiterhin intensiv damit befassen”, erklärt Dehmel. “Durch das Besprechen von konkreten Anwendungsfällen versuchen wir greifbar zu machen, welche Auswirkungen diese Regulierung auf Geschäftstätigkeit haben wird.”

                                Für sie als Juristin stehen das Thema Rechtssicherheit im Vordergrund. “Der Teufel liegt hier im Detail. Unserer Meinung nach ist zum Beispiel die Definition von KI viel zu umfassend. Wir empfehlen die Fokussierung auf den engen Bereich von selbstlernenden Systemen im Machine Learning und Deep Learning. Einfache statistische Methoden, statistische Inferenz und deduktive Methoden sollten nicht unter den AI Act fallen”, so Dehmel. Es sei zudem noch unklar, wie genau nachgewiesen werden soll, ob eine Künstliche Intelligenz-Anwendung den Regulierungsvorhaben entspreche. Deshalb lautet ihr Fazit: Die tatsächliche Rechtspraxis werde im Alltag darüber entscheiden, ob der AI Act ein Erfolg werde oder nicht. Als Fachfrau hat sie somit weiterhin alle Hände voll zu tun. Constantin Eckner

                                • Daten
                                • Digitalisierung
                                • Künstliche Intelligenz
                                • Künstliche Intelligenz-Verordnung
                                • Plattformen

                                Apéropa

                                Halbleiterfragen sind endgültig Chefsache – so die Message, die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gestern mit ihrem kurzfristig geplanten Besuch im niederländischen Veldhoven bei Eindhoven senden wollte. Die 45.000 – Einwohner-Stadt ist das Hauptquartier von “Advanced Semiconductor Materials Lithography” (ASML). Das Unternehmen produziert Lithographiesysteme, die für die Herstellung von Halbleitern essenziell sind und wird von der Kommissionschefin als “europäischer digitaler Champion” bezeichnet.

                                Denn ASML “wird eine wichtige Rolle bei unseren Bemühungen spielen, Europa wettbewerbsfähiger zu machen und im Technologiesektor an Souveränität zu gewinnen”, wie die Niedersächsin in einer Presseerklärung verlauten ließ. Genau das will von der Leyen durch den European Chips Act erzielen, laut Arbeitsprogramm der Kommission für das 2. Quartal 2022 vorgesehen.

                                Mit an von der Leyens Seite: Premierminister Mark Rutte, Binnenmarktkommissar Thierry Breton und Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Somit erfüllte der Kurztrip in die Niederlande auch noch einen weiteren Zweck: Teambuilding. Denn nicht nur in der Frage, wie das IPCEI-Instrument ausgerichtet werden soll, liegen die beiden Kommissionsmitglieder weit auseinander.

                                Doch Teambuilding kennt bei der Kommission klare Grenzen: Beim gemeinsamen Arbeits-Dinner mit Rutte waren der Franzose und die Dänin nicht mehr dabei: Chefsache. Angesichts Ruttes Ruf als – zurückhaltend formuliert – sparsamer Gastgeber dürfte das aber zumindest kulinarisch gesehen zu wenig Neid führen.

                                Ein wahrhaftiger Erfolg wäre wohl zu verkünden, würden sich Breton und Vestager für die Rückreise ins rund 120 km entfernte Brüssel einen Fahrer teilen. Zu besprechen hätten sie auf der knapp zweistündigen Fahrt einiges – zum Beispiel die Überarbeitung der Wettbewerbsvorschriften. Die steht zwar für morgen auf der Kommissionsagenda, doch angesichts der sich anbahnenden nächsten Meinungsverschiedenheit der beiden Politiker rechnen Beobachter mit einer Verschiebung. Jasmin Kohl

                                • Chips Act
                                • Digitalpolitik
                                • Halbleiter
                                • IPCEI
                                • Margrethe Vestager
                                • Thierry Breton
                                • Ursula von der Leyen

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