Table.Briefing: China

Ausbeutung an der Seidenstraße + Kämpfe der Tech-Giganten

  • G7 versprechen bessere Arbeitsrechte als Belt and Road
  • Tencent und Bytedance kämpfen um Marktanteile
  • Termine der kommenden Woche
  • Hongkong: Journalisten wegen ihrer Artikel verhaftet
  • CDU-Wahlprogramm: China größte Herausforderung
  • USA: Keine Ausnahmen bei Mindeststeuer für China
  • Regulierer untersuchen Praktiken bei Didi
  • Johnny Erling: China – Allein zu Haus
Liebe Leserin, lieber Leser,

Chinas Neue Seidenstraße steht häufig wegen der mit ihr verbundenen geopolitischen Ambitionen Pekings in der Kritik. Weniger Beachtung findet die Ausbeutung chinesischer Arbeitskräfte auf den Baustellen der Seidenstraßen-Projekte. Die G7 wollen sich davon absetzen und versprechen bei ihrer jüngst verabschiedeten globalen Infrastrukturinitiative hohe Arbeitsstandards. Ob die großen westlichen Volkswirtschaften damit überzeugen können? Schließlich ist die günstige Arbeitskraft ein zynischer Wettbewerbsvorteil im Ringen um internationale Aufträge und Prestige.

Ein hartes Ringen um die Vorherrschaft im chinesischen Internet bieten sich die IT-Riesen Bytedance und Tencent. Christiane Kühl schildert, mit welch harten Bandagen gekämpft wird: Tencent schließt die Angebote des Konkurrenten von seinen Plattformen aus. Bytedance kontert mit Klagen. Und lokalpatriotische Richter helfen wiederum Tencent. Auch in China werden online Milliarden umgesetzt – die Einsätze sind hoch. Wer in diesem Kampf verliert, droht unterzugehen.

Auch Johnny Erling widmet sich in seiner heutigen Kolumne einem Konflikt-Thema: dem undiplomatischen Auftreten der “Wolf Warrior”. Er beleuchtet, wie Pekings Außenpolitiker und Botschafter immer aggressiver und arroganter auftreten. Ein neuer Trend, der so gar nicht zur Kunst des “Jiang Li” passt, dem ABC pragmatischer Diplomatie, die Ende der 1980er und in den 1990er Jahren gepflegt wurde und Peking große diplomatische Erfolge eintrug.

Eine spannende Lektüre und ein erholsames Wochenende!

Ihr
Nico Beckert
Bild von Nico  Beckert

Analyse

Vorwurf der Zwangsarbeit auf Baustellen entlang der Seidenstraße

Auf ihrem Gipfeltreffen am vergangenen Wochenende (China.Table berichtete) haben die G7-Staaten eine “neue globale Infrastruktur-Initiative” mit dem Namen Build Back Better World (B3W) beschlossen. Entwicklungs- und Schwellenländer sollen beim Aufbau ihrer Infrastruktur, im Gesundheitsbereich, bei der Digitalisierung und bei Technologien zur Bekämpfung des Klimawandels stärker unterstützt werden. Die G7-Infrastruktur-Initiative soll auf “transparente und finanziell, ökologisch und sozial nachhaltige Weise durchgeführt werden”.

Auch hohe Arbeitsstandards sollen “ein zentraler Bestandteil des G7-Ansatzes” werden. Die G7 will sich damit gegenüber China abgrenzen. Das ist dringend nötig, denn Chinas “Belt and Road”-Initiative geht allzu oft mit der Ausbeutung chinesischer Arbeitskräfte einher, wie zivilgesellschaftliche Organisationen herausgefunden haben. Die Arbeitsbedingungen einheimischer Arbeiter:innen seien in der Regel etwas besser, doch auch hier gibt es einige Hinweise auf Arbeitsrechtsverletzungen.

Pekings Neue Seidenstraße ist ein Multi-Milliarden-Dollar-Projekt, das sich mittlerweile über 139 Länder erstreckt. Wie auch Chinas Wirtschaftsboom beruhen die Infrastrukturprojekte der Seidenstraße zu großen Teilen auf Arbeiter:innen, die für geringe Löhne Straßen, Brücken und Energieprojekte errichten. Laut offiziellen Angaben arbeiten fast eine Million Chines:innen im Ausland – viele davon an Projekten der Neuen Seidenstraße. Hinzu kommen unzählige Arbeitskräfte, die mit Touristenvisa illegal im Ausland arbeiten und auch zahlreiche einheimische Arbeitskräfte, die für Projekte im Rahmen der Neuen Seidenstraße eingestellt werden.

Fehlende medizinische Versorgung, Lohnraub, Schuldknechtschaft

Ein neuer Bericht von China Labor Watch (CLW) zeigt gravierende Arbeitsrechtsverletzungen, denen chinesische Arbeiter:innen in Projekten der Neuen Seidenstraße ausgesetzt sind und die auch schon zuvor aufgezeigt wurden. Interviews und Belege durch Fotos und Videos zeigen: Die von CLW interviewten Arbeitskräfte haben mitunter keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Ein Arbeiter verlor nach einem Arbeitsunfall ohne Schutzkleidung das Augenlicht auf einem Auge. Ein anderer Arbeiter wurde nach einer Covid-Infektion “mehr als 20 Tage ohne medizinische Behandlung in einem leeren Schlafsaal isoliert. Später fanden andere Arbeiter seinen töten Körper”. Arbeiter:innen in anderen Projekten wurden von Sicherheitsleuten verprügelt, weil sie sich über die Arbeitsbedingungen beschwerten.

Die NGO hat für ihre Studie fast 100 Arbeiter kontaktiert und tiefgehende Interviews mit 22 von ihnen durchgeführt. Die Befragten sind demnach bei chinesischen Staats- und Subunternehmen beschäftigt. Zudem flossen Arbeitsverträge, Beschwerden von Arbeitern, interne Unternehmensdokumente und wissenschaftliche Artikel in die Studie ein. Bei der Bezahlung sei es regelmäßig zu Verspätungen von mehreren Monaten und zu unerklärten Abzügen beim Lohn gekommen, erklärten mehrere der interviewten Arbeitskräfte. In einigen Fällen mussten die Arbeiter:innen zudem eine Rekrutierungsgebühr an Arbeitsvermittler bezahlen, um überhaupt Zugang zu Jobs im Ausland zu erhalten. Wenn die Arbeiter nach China zurückkehren wollten, verlangten Arbeitgeber in einigen Fällen eine “Strafgebühr“, hieß es in der Studie. Da allen interviewten Arbeiter:innen nach der Einreise ihre Pässe abgenommen wurden, konnten sie demnach auch nicht selbstständig ausreisen. CLW berichtet, dass die Arbeitskräfte für einige Monate ohne Bezahlung arbeiten müssen, wenn sie die Strafgebühren vor der Ausreise nicht zahlen können.

Botschaften und Konsulate wissen Bescheid

Nahezu alle interviewten Arbeiter:innen wurden mit falschen Versprechen zur Arbeit im Ausland bewegt. Die versprochenen Löhne wurden nicht gezahlt, die Arbeitszeiten waren viel länger als zuvor angekündigt, Schutzkleidung wurde nicht bereitgestellt und den Arbeitern wurden nur Touristen- oder Geschäftsvisa vermittelt, sodass sie illegal ohne offizielle Arbeitsvisa arbeiten mussten. Viele Arbeiter:innen, die kein Arbeitsvisum erhalten hatten, hatten Angst, über die erlittenen Arbeitsrechtsverletzungen zu sprechen, wie China Labour Watch berichtet.

Laut der NGO wissen die chinesischen Botschaften und Konsulate im Ausland häufig von den schlechten Arbeitsbedingungen in den Projekten der Neuen Seidenstraße. Sie hätten jedoch “nicht das entsprechende Personal und die finanziellen Mittel, um Verstöße gegen die grundlegenden Interessen und Rechte von Arbeitnehmern im Ausland zu überwachen und zu verfolgen”, so die Organisation. Zwar gäbe es zahlreiche Regulierungen, die Firmen dazu auffordern, chinesische Arbeiter im Ausland zu schützen und die Arbeitsrechte der Gastländer zu achten. Doch diese Regulierungen werden regelmäßig ignoriert, schreibt der Rechtsanwalt Aaron Halegua, der auf Arbeitsrecht im Zusammenhang mit China spezialisiert ist.

CLW ergänzt, das Handelsministerium sei zuständig, die Interessen und Rechte der Arbeiter im Ausland zu schützen. Doch das Hauptaugenmerk dieses Ministeriums liege im Bereich Handel und wirtschaftlicher Beziehungen. Der Geschäftsführer von China Labor Watch sagt: “Die gesamte Seidenstraße basiert auf Zwangsarbeit. China exportiert seine geringe Achtung der Menschenrechte”. Dieser Eindruck wird durch weitere Studien erhärtet. Chinesische Baufirmen würden regelmäßig lokale Gesetze zur Arbeitszeit und -sicherheit brechen, Löhne zurückhalten sowie andere Zwangsmaßnahmen nutzen, um ihre chinesischen Arbeiter:innen zu kontrollieren, schreibt Anwalt Halegua.

Einheimische Arbeiter: Etwas bessere Bedingungen

Für die einheimischen Arbeiter:innen in chinesischen Auslandsprojekten und Unternehmen sind die Arbeitsbedingungen zumindest etwas besser. Anders als ihrer chinesischen Kollegen können sie sich andere Arbeit suchen, wenn die Bedingungen allzu harsch werden. Doch in einkommensschwachen Ländern ist das nicht immer möglich. Und Studien zeigen, dass es einige Hinweise auf Arbeitsrechtsverletzungen “in Form von langen Arbeitszeiten, fehlenden schriftlichen Verträgen und häufigeren Verstößen gegen Arbeitsvorschriften in chinesischen Firmen im Vergleich zu anderen ausländischen Unternehmen” gibt. Zudem verhindern chinesische Unternehmen häufig, dass sich einheimische Arbeiter gewerkschaftlich organisieren. Auch zahlen chinesische Firmen im Ausland häufig geringere Löhne als ihre internationalen und teilweise auch einheimischen Wettbewerber.

  • Neue Seidenstraße

Termine

21.06.2021, 18:00-20:00 Uhr
Vortrag, KI Leipzig 100 Jahre KPCh: Xi Jinpings Vision von moderner Regierungsführung von Katja Drinhausen, Merics. Mehr

21.bis 25.06.2021,
Webkonferenz, BMWE: Industrieeffizienz inkl. Eigenversorgung mit erneuerbaren Energien mit Fokus auf Industrieparks in China – Energie-Geschäftsreise optional mit Finanzierungsberatung. Mehr

21.-28-06.2021
Filmvoführung, SOAS London: 2021 Taiwan Post-New Wave Cinema Project Mehr

22.06.2021, 8:30-9:30 Uhr
Vortrag, CNBW: Digitalisierung in China: Status quo … und was können wir lernen? Mehr

22.06.2021, 10:00-11:30 Uhr (16:00-17:30 Beijing Time)
Workshop, EU SME: Indirect Sales & Business Partners in China: How to identify, approach, select and secure them. Mehr

23.06.2021, 8:30-9:30 Uhr
Vortrag, Chinaforum Bayern: China@Home: Webseminar “Wem wir vertrauen – China und die Macht der Daten” Mehr

24. Juni 2021, 18:15 Uhr
Vortrag, Goethe Universität: “The New State Steerage in China” (in englischer Sprache) Mehr

25.06.2021, 10:00 -12:00 Uhr (16:00-18:00 Beijing Time)
Business Meeting, EU SME: EU-Shandong Export Commodities B2B Matchmaking Mehr

25.06.2021
Training, Carl Duisberg: Intercultural Workout China Mehr

26.06.2021, ab 13:00 Uhr
Online-Event, KI Frankfurt: 5. Theaterfestival der Europäischen Konfuzius-Institute Mehr

  • EU SME Centre
  • Merics

Tencent gegen Bytedance: Platzhirsch und Heimvorteil

Bytedance wächst zum wütenden Gegner des Technologieriesen Tencent heran. Ende vergangener Woche postete der Mutterkonzern der Kurzvideo-App Tiktok sowie der chinesischen Tiktok-Version Douyin eine 59-seitige Liste mit Blockadeaktionen von Bytedance-Produkten auf Tencents Universalplattform Wechat und seinem Chatdienst QQ in den letzten drei Jahren. “Mehr als 49 Millionen Menschen werden im Schnitt jeden Tag daran gehindert, Douyin-Inhalte auf Wechat und QQ zu teilen”, schimpft Bytedance. Auch die Video-Apps Huoshan und Xigua seien betroffen – während die ähnlichen, aber von Tencent unterstützten Apps Kuaishou and Weishi prima auf Wechat verlinkt werden könnten. Bytedance löschte den Post inzwischen, aber chinesische Medien hatten ihn zuvor gespeichert. Laut dem Fachmagazin Technode hatte Bytedance den Post aus Wut über die Bemerkung eines Tencent-Topmanagers geschrieben, der Kurzvideos wie solche auf Douyin mit Schweinefutter verglichen hatte.

Es geht rau zu in Chinas hart umkämpftem Technologiesektor. Tencent und der ebenfalls riesenhafte Online-Händler Alibaba beharken sich seit Jahren von ihren Paralleluniversen aus: Die Produkte des jeweiligen Konkurrenten sperren beide komplett aus. Neuere Start-ups aber werden von den Platzhirschen in der Regel geduldet. Probleme entstehen erst, wenn die Heranwachsenden zu groß werden. Dann beißen die Großen die Neuen weg. Etwa in einem berüchtigten Fall von 2013: Damals entschied Alibaba, den aufstrebenden E-Commerce-Herausforderer Mogu von seinen Plattformen zu verbannen. Mogu erholte sich davon nie.

Bytedance scheut keinen Konflikt mit Tencent

Auch Bytedance ist inzwischen groß genug, um vor allem für Tencent unangenehm zu werden. Denn während der Konzern aus Shenzhen kleinere Konkurrenz-Startups mit Investitionen an sich bindet oder gleich ganz übernimmt, geht das mit Bytedance nicht mehr. Also verwehrt Wechat seinen Nutzenden heute den Zugriff auf fast jedes Bytedance-Produkt. Neben Douyin gehören dazu auch die Enterprise-Messaging-App und das Produktivitätstool Feishu. Mehr als 900 Millionen Menschen benutzen Wechat – eine solche Blockade fällt also durchaus ins Gewicht.

Bytedance gehört zu den wenigen, die es auf einen Konflikt mit Tencent ankommen lassen. Das Pekinger Unternehmen befindet sich permanent in Rechtsstreits mit Tencent – die bisher allerdings nicht wirklich gut laufen. Im September 2019 hatte Bytedance Tencent in der Küstenprovinz Fujian wegen der Douyin-Blockade auf Basis des Gesetzes zu unfairem Wettbewerb verklagt, um eine einstweilige Verfügung und eine Entschädigung von umgerechnet 13,9 Millionen US-Dollar zu erreichen. Tencent reagierte mit einem geschickten Schachzug, indem es den Fall an seinen Standort Shenzhen verlegen ließ – wo es praktisch jedes Verfahren gewinnt. Douyin ließ die Klage im März 2021 frustriert fallen. Kurz zuvor hatte Bytedance bereits eine zweite Klage gegen Tencent gestartet – diesmal am eigenen Standort Peking und auf Basis der Antitrust-Regeln. Tencent beantragte auch für diesen Fall die Verlegung nach Shenzhen. Eine Entscheidung steht noch aus.

Lokalpatriotismus der Gerichte hilft Tencent

Umgekehrt gewann Tencent eine Klage gegen Bytedance am Gericht für Geistiges Eigentum in Guangzhou, der Hauptstadt seiner Heimatprovinz Guangdong. Demnach darf die Bytedance-Video-App Huoshan Online-Gamer nicht mehr dazu aufrufen, sich auf der App beim Spielen von Tencents “Honor of Kings” – dem beliebtesten Rollen-Videospiel der Welt – live zu streamen. Auch soll Bytedance 1,2 Millionen US-Dollar Entschädigung an Tencent zahlen. Bytedance hat bereits Berufung eingelegt. Die Rechtslage ist hier nach einem Bericht der South China Morning Post durchaus schwammig.

Tencent profitiert wahrscheinlich von dem in China traditionell ausgeprägten Lokalpatriotismus. Dieser sei sehr verbreitet, aber doch schwer zu verifizieren, sagt Angela Zhang, Expertin für chinesisches Recht an der Universität Hongkong, zu China.Table. “Die Richter haben einen gewissen Ermessensspielraum. Wenn es sich um einen Fall handelt, bei dem ein lokaler Champion involviert ist, vermute ich, dass einige Richter Anreize sehen, zugunsten lokaler Unternehmen zu entscheiden.”

Bytedance: Eindringen in Tencents Revier

Bytedance drängt aktiv in Tencents Spielfeld – und hat sich damit für die Herausforderung entschieden. Zum Beispiel bekam Douyin im April eine standortbasierte soziale Funktion, mit der Benutzer durch Schütteln ihrer Telefone Personen in der Nähe finden und sich gegenseitig zu ihren Freundeslisten hinzufügen können. Die Funktion gibt es bei Wechat seit langem.

Tencent selbst fügte über die Jahre durch Anteilskäufe hunderte kleinere Techfirmen zu seinem Technologie-Ökosystem hinzu. An dem inzwischen selbst riesengroß gewordenen Unternehmen Meituan ist der Konzern mit 21 Prozent größter Anteilseigner. Mit der sogenannten Online-to-Offline-App Meituan lassen sich Kinokarten oder Restaurants reservieren, Essen bestellen, Fahrräder mieten und alle möglichen Freizeitbeschäftigungen organisieren. Im Juli 2020 begann Meituan laut Technode, für einige User Alibabas Alipay zu blockieren – nachdem die Bezahl-App in den Markt für lokale Essenslieferungen drängte, den Meituan als sein Revier beansprucht. Tencent wird es nur recht gewesen sein.

Balanceakt für Bilibili

An der aus der Anime-Szene stammenden Streaming-Plattform Bilibili aber halten sowohl Tencent (12,6 Prozent) als auch Alibaba (6,8 Prozent) Anteile. Bilibili muss daher einen permanenten Seiltanz zwischen beiden vollführen. Das Geschäftsfeld konkurriert eher mit jenem Tencents: Bilibilis E-Sport-Livestreaming-Plattform steht in China auf Rang drei hinter Huya und Douyu, an denen Tencent jeweils mehr als ein Drittel hält – und die der Konzern miteinander verschmelzen will. Derzeit schauen sich Chinas Monopolwächter die Fusionspläne an.

Alle Behörden mit einem Mandat für den Tech-Sektor verstärkten derzeit Kontrolle und Aufsicht, sagt Angela Zhang. Es gehe um Preise, Privatsphäre, den Umgang mit Händlern auf den Plattformen oder Sicherheit. “Die Plattformen bringen alle möglichen regulatorischen Herausforderungen mit sich.” Zhang hat das Buch “China’s Antitrust Exceptionalism” (etwa: Chinas kartellrechtlicher Ausnahmefall) geschrieben und ist überzeugt, dass Chinas Ansatz im Westen nicht funktionieren würde. “Die Behörden im Westen haben weniger Macht, und die Unternehmen gehorchen dort nicht so einfach.”

Antitrust-Kampage gegen Techfirmen wird weitergehen

Alibaba wurde bereits zu 2,3 Milliarden Euro Strafe wegen Kartellverstößen verdonnert. Reuters berichtete kürzlich unter Berufung auf zwei ungenannte Quellen, dass China derzeit auch für Tencent eine Strafe von mindestens zehn Milliarden Yuan (1,32 Milliarden Euro) vorbereitet. Nachdem Peking 34 Techfirmen zu wettbewerbsfreundlicherem Verhalten aufgefordert hatte, gelobten zumindest alle Besserung.

Zhang glaubt nicht, dass die Kampagne bald zu Ende sein wird. “In dieser Phase ist es schwierig für die Firmen, Lobbyarbeit zu machen.” Also versuchen die Unternehmen, die Konkurrenz vor den Behörden schlecht aussehen zu lassen – siehe Bytedance und Tencent. Wenn es am Ende auch auf diesem Wege dazu führt, dass all die lästigen Blockaden wegfallen, dann kann das Chinas Nutzer nur freuen.

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News

Hongkong: Journalist:innen wegen Artikeln verhaftet

Das Hongkonger Sicherheitsgesetz findet genau die repressiven Anwendungen wie befürchtet: Während einer Razzia bei der Zeitung “Apple Daily” hat die Polizei den Chefredakteur des Blattes und den Geschäftsführer des Verlags sowie drei weitere hochrangige Mitarbeiter verhaftet. Die Behörden werfen ihnen vor, die Sicherheit der Stadt durch “Verschwörung mit ausländischen Kräften” gefährdet zu haben. Als Beleg führt das Sicherheitsministerium die Berichte und Kommentare an, die die Journalisten veröffentlicht haben. Die Polizei hat das Verlagsgebäude am Donnerstagmorgen mit 500 Einsatzkräften durchsucht – unter anderem, um Recherchematerial sicherzustellen. Die Redaktion stellte mehrere Videos von der Aktion auf ihre Facebook-Seite.

Die Apple Daily hatte sich in ihrer Berichterstattung klar auf die Seite der Demokratiebewegung gestellt. Chefredakteur Ryan Law hatte in seinen Kommentaren wiederholt auf den Erhalt der Bürgerrechte in der südchinesischen Metropole gepocht. Verlagschef Cheung Kim-hung hatte den Kurs mitgetragen. Die Apple Daily hatte unter anderem die Länder des Westens dazu aufgerufen, Sanktionen gegen Hongkong und China zu verhängen, um gegen die rechtlichen Missstände dort zu protestieren. Im vergangenen August wurde bereits Zeitungsgründer Jimmy Lai festgenommen. fin

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CDU/CSU: China größte außen- und sicherheitspolitische Herausforderung

Die CDU/CSU will China “wo es nötig ist” “in enger Abstimmung mit transatlantischen Partnern und gleichgesinnten Demokratien mit Stärke und Geschlossenheit entgegentreten“. Gleichzeitig will die Union “dort, wo es möglich ist, eine enge Zusammenarbeit mit China anstreben“. Das geht aus dem Entwurf für das Wahlprogramm zur Bundestagswahl Ende September hervor, der China.Table vorliegt. Entgegentreten wolle die Union China “insbesondere beim Schutz geistigen Eigentums, unserer Hochtechnologie und unserer Daten”.

China wird in dem Programmentwurf als “größte außen- und sicherheitspolitische Herausforderung” bezeichnet. Durch Investitionen nehme China Einfluss auf andere Staaten und schaffe Abhängigkeiten. Die Union will dem “eine Europäische Clean-Tech-Initiative” entgegensetzen, um “Partnerschaften im Bereich modernster Umwelttechnologien” aufzubauen. Das sieht die Union als “europäische Alternative zur chinesischen Seidenstraße“, so der Programmentwurf.

Wirtschaftspolitisch strebt die Union einen “fairen Wettbewerb unter gleichen Bedingungen” an. CDU/CSU wollen die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie “in den wichtigen industriellen Zukunftsfeldern wie Künstlicher Intelligenz, Halbleiter, Wasserstoff oder Blockchain” stärken. Dazu brauche es “eine ambitionierte europäische Industriestrategie sowie eine europäische Chinastrategie“. In der Entwicklungspolitik will die Union “China auf gemeinsame Standards verpflichten”.

CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet sagte gestern gegenüber der “Augsburger Allgemeinen”: “Dass unser Land wirtschaftlich vergleichsweise gut dasteht, haben wir auch dem schnellen Wirtschaftsaufschwung Chinas nach der Pandemie zu verdanken“. China sei systemischer Wettbewerber und Partner, so Laschet, und müsse in die “regelbasierte Ordnung” eingebunden werden. Bereits vor wenigen Tagen hatte Laschet vor einer “rein innenpolitisch argumentierenden Abgrenzung” gegenüber China gewarnt. nib

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USA: Keine Ausnahmen bei G7-Mindeststeuer für China

Die USA werden China und anderen Staaten keine Sonderbehandlung bei den G7-Plänen zu einer globalen Mindeststeuer für Unternehmen gewähren. Das erklärte die US-Finanzministerin Janet Yellen Mitte der Woche. Yellen sagte, dass die Vereinigten Staaten und andere Länder ihre Bemühungen fortsetzen, China davon zu überzeugen, die Pläne zu unterstützen, die am Sonntag von der G7 gebilligt wurden.

Länder wie China zögern derzeit noch, Steueranreize aufzugeben, die bisher genutzt werden, um Forschung und Entwicklung voranzutreiben oder ausländische Investitionen in Hightech-Sektoren anzulocken, berichtet Reuters. Ein Beamter, der über die G7-Gespräche informiert war, sagte gegenüber Reuters, dass China gegen die von der G7 vereinbarten 15 Prozent Mindeststeuer sei und dass die Erlangung von Ausnahmeregelungen seine Bedingung sei, um den G7-Plänen zuzustimmen.

Die South China Morning Post zitiert hingegen Ding Yifan, ein leitender Forscher eines Think-Tanks des chinesischen Staatsrats, mit den Worten: “China wird den G7-Vorschlag wahrscheinlich akzeptieren, weil das Land nicht mehr auf Steuervorteile zählt, um Investoren anzuziehen, und unser tatsächlicher Satz viel höher ist”. China könne jedoch neue Forderungen auf den Tisch legen, so Ding. Der Mindeststeuer-Vorschlag könnte Hongkong stärker treffen als China, wo die Steuerrate häufig unter den gesetzlich festgesetzten 16,5 Prozent liegt. Hongkongs Finanzminister Paul Chan sagte, die G7-Pläne könnten sich auf Steuervorteile auswirken, die die Regierung einigen Branchen gewährt.

Das Thema wird auch beim G20-Gipfel in Venedig am 9. und 10. Juli behandelt werden. Die Pläne zur Mindestbesteuerung könnten in Zukunft zu weiteren Spannungen zwischen China und dem Westen führen. Je nach Umsetzung der Pläne, könnten sich Drittländer vorbehalten, die Differenz zwischen dem Steuersatz im Gastland ausländischer Unternehmen und dem vereinbarten Mindestsatz selbst zu erheben. Sollte China also weiterhin Steueranreize bieten und der Steuersatz unter den 15 Prozent liegen, könnten Drittstaaten wie die USA die Differenz selbst besteuern. Doch die Details des G7-Plans müssen noch ausgearbeitet werden. Es könnten noch Jahre vergehen, bis eine konkrete Umsetzung finalisiert wird. Auch Großbritannien drängt auf Ausnahmen von den G7-Plänen für den Finanzsektor der City of London. Und die Schweiz hat angekündigt, höhere Steuersätze durch Subventionen für Unternehmen auszugleichen. nib

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Kurz vor Börsengang: Regulierungsbehörde untersucht unfaire Praktiken bei Didi Chuxing

Chinas Marktregulierungsbehörde (SAMR) hat Untersuchungen gegen Didi Chuxing, dem größten Vermittler von Fahrdiensten des Landes, aufgenommen. Dies berichtet Reuters unter Berufung auf Quellen, die mit der Sache vertraut sind. Demnach wird geprüft, ob Didi unlautere Wettbewerbspraktiken angewendet hat, um kleinere Wettbewerber aus dem Markt für Mitfahrdienste zu drängen. Darüber hinaus untersucht die SAMR, ob Didis Preismechanismus bei den Fahrdiensten transparent genug ist.

Didi hat zuletzt die Gerüchte um einen Börsengang an der New Yorker Technologiebörse Nasdaq bestätigt und legte vergangene Woche ein Börsenprospekt bei der US-Wertpapier- und Börsenaufsicht SEC vor. Ein Börsengang wird voraussichtlich schon im Juli erfolgen und könnte dem Unternehmen einen Marktwert von bis zu 70 Milliarden US-Dollar bescheinigen. Die zunehmende Härte Pekings gegen seine Technologieunternehmen überschattet jedoch nun auch Didis geplanten Börsengang und erinnert an das Vorgehen der Kartellbehörden Chinas gegen den Finanzanbieter Ant Group von Alibaba (China.Table berichtete). Ant musste seinen geplanten Börsengang verschieben und die SAMR erließ im April eine Rekordstrafe von 2,75 Milliarden US-Dollar gegen den E-Commerce-Händler.

Bereits im April forderte die SAMR Didi gemeinsam mit 30 anderen Internetunternehmen dazu auf, innerhalb eines Monats “eine Selbstinspektion” durchzuführen, um mögliche Verstöße gegen die Antimonopolgesetze und unlautere Wettbewerbspraktiken zu korrigieren.

Didi beschäftigt nach eigenen Angaben 13 Millionen Fahrer in China. Seine dominante Stellung auf dem Markt für Fahrdienstleistungen hat es durch jahrelange Subventionskriege mit dem heimischen Konkurrenten Kuaidi von Alibaba und dem US-Anbieter Uber erreicht. 2015 fusionierte Didi mit Kuaidi und übernahm ein Jahr später das China-Geschäft von Uber. niw

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Presseschau

Trial of Scientist Accused of Hiding China Work Ends in Hung Jury WSJ
He Warned Apple About the Risks in China. Then They Became Reality NYTIMES
China and America are borrowing each other’s weapons ECONOMIST
Hong Kong police arrest editor-in-chief of Apple Daily newspaper in raids THE GUARDIAN
Market-Beating China Fund Manager Favors Scooters and Spicy Sauce Over Tech WSJ
The G7 is right to worry about Chinese credit terms FT (PAY)
Guangzhou’s fight against Delta variant sounds alarm for other cities in preventing variant strains GLOBAL TIMES (STAATSMEDIUM)
China’s Shenzhou-12 manned spaceship docks with space station module XINHUA (STAATSMEDIUM)
G-7-Staaten verspottet: Diese chinesische Karikatur beleidigt den Westen WELT
Yantian: Mega-Stau in China lähmt erneut Welthandel – “sieht nicht gut aus” FOCUS
Raumfahrt: Chinesische Astronauten erreichen neue Station DLF
Größte Landsäugetiere der Welt: Gewaltiges Urzeit-Riesennashorn entdeckt SPIEGEL

Standpunkt

China – Allein zu Haus und aggressiv

Von Johnny Erling
Ein Bild von Johnny Erling

Von diplomatischen Gepflogenheiten will die neue Garde chinesischer Außenpolitiker und Botschafter nichts mehr wissen. Sie treten so aggressiv nach außen auf, dass sie als “Wolfskrieger” international verschrien sind. Den Spitznamen verdanken sie dem 2017 gedrehten Kultfilm “Wolf Warrior 2”. Sein Star Wu Jing befreit als Held und Ramboverschnitt im Ausland gefangen gehaltene chinesische Geiseln. Die seither in die Außenpolitik eingezogene Wolfskrieger-Masche verteidigte die “Global Times“: “Unsere Diplomaten beschützen nationale Interessen in eindeutiger Weise. Sie zeigen äußerste Zurückhaltung bei ihren ‘Pushbacks’ verglichen mit den kriegslüsternen und antagonistischen westlichen Medien und Politikern”. 

In enthüllender Arroganz verlangte diese Woche Chinas Frankreich-Botschafter Lu Shaye im Interview mit der patriotischen Webseite “Guancha.cn” vom Ausland: “Unser diplomatischer Stil hat sich geändert. Ihr seid es, die sich unserem neuen Stil anpassen müssen.” 

Der neue Trend machte sich 2018 zuerst bei den täglich für 15 Uhr angesetzten Routine-Pressekonferenzen des Pekinger Außenministerium bemerkbar. Deren Sprecher verspäteten sich regelmäßig. Sie hielten es nicht mehr für nötig, sich bei den wartenden Journalisten für ihre Unpünktlichkeit zu entschuldigen. Unangenehme Fragen wurden brüsk und oft beleidigend abgewehrt. Auffallend angriffslustige Außenamtssprecher wie Zhao Lijian oder Büroleiterin Hua Chunying nutzen soziale Medien wie Twitter, um China gegen die Lügen des Auslandes zu “verteidigen”, lobte die Global Times. Obwohl Twitter, Facebook oder Youtube innerhalb Chinas verboten und von der Zensur blockiert werden.

Ein Paradebeispiel für die Wolfskrieger-Mentalität boten jüngst Chinas Chefdiplomat Yang Jiechi und Außenminister Wang Yi. Am 18. März trafen sie mit US-Außenminister Antony Blinken und dem nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan zusammen. Statt ihre Fühler zur neuen Regierung von Joe Biden auszustrecken, nutzten sie die für jede Seite vorgesehene, live übertragene zweiminütige öffentliche Begrüßung zu einem grotesken Schlagabtausch. Blinken lieferte den Vorwand, nachdem er in seinem kurzen Statement ankündigt, er wolle im Meeting auch sensible Themen ansprechen, wie die Lage in Xinjiang, Hongkong, Taiwan oder Cyberangriffe aus China. Yang fühlte sich provoziert und beschimpfte die USA vor laufenden Kameras in einer 15 Minuten langen Tirade für ihre Demokratiedefizite, Anti-China-Aktionen und Rassismus. Chinas Internetgemeinde applaudierte ihm online begeistert.

Auch drei Monate später war es nicht besser. Am 11. Juni telefonierten beide Außenminister miteinander. Ihre vom Pekinger Außenministerium und vom State Department danach veröffentlichten Presseerklärungen lesen sich, als wären sie auf verschiedenen Terminen gewesen. Demonstrativ sprachen sie aneinander vorbei. Nach Pekings Lesart hat Yang Chinas grundsätzliche Positionen vorgetragen und Blinken auch noch über den anstehenden 100. Geburtstag der Kommunistischen Partei informiert. Nur im letzten Satz steht, dass beide auch über Anderes sprachen. Die kaum halb so lange Erklärung des State Department zählt dagegen nur das knappe Dutzend aktueller Probleme auf, die Blinken angesprochen habe von Nordkorea, Iran und Myanmar bis zu Xinjiang, Hongkong, Taiwan und seiner Sorge um in China inhaftierte US- und kanadische Bürger.

Pragmatische Konfliktlösungen gehören Vergangenheit an

Trotz Standfestigkeit verstanden sich Chinas Außenpolitiker früher auf die Kunst des “Jiang Li” und der Suche nach pragmatischen Konfliktlösungen. Der Altmeister dieser Diplomatie, Außenminister Qian Qichen (1988-1997), enthüllte in seinen Memoiren Ten Episodes in China’s Diplomacy, wie es China schaffte, sich nach dem Massaker des 4. Juni 1989 aus seiner Isolation wieder zu befreien und weltweite Boykotte aufzulösen. “Es war meine schwerste Zeit als Außenminister, als ein Land nach den anderen Sanktionen gegen China ankündigte.”

Statt wie heute alle Kritiker unflätig zu attackieren und mit verschärften Gegensanktionen zurückzuschlagen, öffnete sich Peking in der Krise 1989 pragmatisch nach außen. Natürlich steckte Kalkül dahinter, aber es musste auch über seinen eigenen Schatten springen. So nahm es zwischen 1990 und 1992 diplomatische Beziehungen mit Staaten wie Indonesien, Südkorea oder Israel auf, trat 1991 der APEC (Asien Pacific Economic Cooperation) bei, akzeptierte die gleichzeitige Mitgliedschaft Taiwans und Hongkongs. Qian bereitete diese vielen Schachzüge vor, die letzten Endes auch wieder die Öffnung des Westens gegenüber China mit sich brachten. Qian fädelte auch den China-Besuch des japanischen Kaisers Akihito und seiner Frau im Oktober 1992 ein: “Sobald Japans Kaiser zum ersten Mal in der 2000-jährigen Geschichte der sino-japanischen Beziehungen China besuchen würde, könnte das nicht nur den Bann der westlichen Länder für hochrangige Besuche brechen, sondern auch Chinas Beziehungen zu Japan verbessern.”

Seit Anfang 2021 treten Chinas Wolfskrieger noch anmaßender auf. Parteichef Xi Jinping hatte sie mit seiner Rede im Januar vor der Parteihochschule ermutigt. Dort gab er als neue Devise triumphierend aus: “Die Zeit und das Momentum sind auf unserer Seite” (时与势在我们一边). Angesichts Chinas neuer Macht würden Störmanöver des Westens scheitern: “Der Kreis unserer Freunde erweitert sich ständig, das Gleichgewicht der Geschichte neigt sich China zu.”

Das war fünf Monate, bevor im Juni US-Präsident Joe Biden, die G7-Gruppe, die Nato und die EU zur Freude der Asean-Staaten vereinbarten, sich gemeinsam Pekings expansiver Entwicklung zu widersetzen. Nach dem Wolfskrieger-Film ist zwei Wochen vor den Jahrhundertfeiern der Partei plötzlich ein neuer Film in der Mache: “China – Allein zu Haus.”

  • Diplomatie
  • KP Chinas

Personalien

Liu He, China’s Vice Premier since March 2018, will be responsible for the development of the so-called third-generation semiconductors, Bloomberg reports. Liu has already headed the task force to implement the country’s technology reform since 2018, overseeing economic and financial responsibilities. Liu, 69, was appointed as China’s chief negotiator during negotiations with the previous US administration due to his extensive experience as an economist. He has also been Vice Director of the State Development and Reform Commission (NDRC) since 2013.

Holger Santel moves to China for Volkswagen on Sep. 1 to take over as First Vice President and Executive Vice President for Commercial Affairs. Santel was previously Head of Sales and Marketing for Volkswagen Passenger Cars in Germany. This is not Santel’s first stint in China. He already worked for VW in the People’s Republic before the end of 2018. Achim Schaible will take over for Santel. Schaible was most recently Head of After-sales and Trade at Volkswagen.

  • Autoindustrie

Dessert

China trauert um ein ganz besonderes Schwein: Zhu Jianqiang heißt es, übersetzt “willensstarkes Schwein“. Denn genau dafür ist es bekannt geworden: für seinen Überlebenswillen. Das Schwein hatte 2008 bei dem verheerenden Erdbeben von Wenchuan in der Provinz Sichuan 36 Tage unter Trümmern verschüttet überlebt – nur mit Regenwasser und Holzkohle. Augenzeugen zufolge war es aber so abgemagert, das es eher einer Ziege ähnelte. Seitdem wird es als “Heldenschwein” verehrt.

Nun ist das Vieh im hohen Schweine-Alter von 13 Jahren an “Altersschwäche und Erschöpfung” verstorben, wie das Museum im Kreis Dayi mitteilte. Dort lebte das Tier als Touristenattraktion. Mit Menschen verglichen sei das Schwein 100 Jahre alt geworden, betonte das Museum. Die Nachricht von seinem Tod wurde im chinesischen Internet mehr als eine halbe Milliarde Mal geteilt. Ganz weg ist Zhu Jianqiang aber nicht. 2011 teilten chinesische Forscher mit, sie hätten mit seinem Erbgut sechs Ferkel geklont. Ob diese allerdings auch den Lebenswillen des Originals übernommen haben, ist nicht bekannt. flee

  • Kultur

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
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    • USA: Keine Ausnahmen bei Mindeststeuer für China
    • Regulierer untersuchen Praktiken bei Didi
    • Johnny Erling: China – Allein zu Haus
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Chinas Neue Seidenstraße steht häufig wegen der mit ihr verbundenen geopolitischen Ambitionen Pekings in der Kritik. Weniger Beachtung findet die Ausbeutung chinesischer Arbeitskräfte auf den Baustellen der Seidenstraßen-Projekte. Die G7 wollen sich davon absetzen und versprechen bei ihrer jüngst verabschiedeten globalen Infrastrukturinitiative hohe Arbeitsstandards. Ob die großen westlichen Volkswirtschaften damit überzeugen können? Schließlich ist die günstige Arbeitskraft ein zynischer Wettbewerbsvorteil im Ringen um internationale Aufträge und Prestige.

    Ein hartes Ringen um die Vorherrschaft im chinesischen Internet bieten sich die IT-Riesen Bytedance und Tencent. Christiane Kühl schildert, mit welch harten Bandagen gekämpft wird: Tencent schließt die Angebote des Konkurrenten von seinen Plattformen aus. Bytedance kontert mit Klagen. Und lokalpatriotische Richter helfen wiederum Tencent. Auch in China werden online Milliarden umgesetzt – die Einsätze sind hoch. Wer in diesem Kampf verliert, droht unterzugehen.

    Auch Johnny Erling widmet sich in seiner heutigen Kolumne einem Konflikt-Thema: dem undiplomatischen Auftreten der “Wolf Warrior”. Er beleuchtet, wie Pekings Außenpolitiker und Botschafter immer aggressiver und arroganter auftreten. Ein neuer Trend, der so gar nicht zur Kunst des “Jiang Li” passt, dem ABC pragmatischer Diplomatie, die Ende der 1980er und in den 1990er Jahren gepflegt wurde und Peking große diplomatische Erfolge eintrug.

    Eine spannende Lektüre und ein erholsames Wochenende!

    Ihr
    Nico Beckert
    Bild von Nico  Beckert

    Analyse

    Vorwurf der Zwangsarbeit auf Baustellen entlang der Seidenstraße

    Auf ihrem Gipfeltreffen am vergangenen Wochenende (China.Table berichtete) haben die G7-Staaten eine “neue globale Infrastruktur-Initiative” mit dem Namen Build Back Better World (B3W) beschlossen. Entwicklungs- und Schwellenländer sollen beim Aufbau ihrer Infrastruktur, im Gesundheitsbereich, bei der Digitalisierung und bei Technologien zur Bekämpfung des Klimawandels stärker unterstützt werden. Die G7-Infrastruktur-Initiative soll auf “transparente und finanziell, ökologisch und sozial nachhaltige Weise durchgeführt werden”.

    Auch hohe Arbeitsstandards sollen “ein zentraler Bestandteil des G7-Ansatzes” werden. Die G7 will sich damit gegenüber China abgrenzen. Das ist dringend nötig, denn Chinas “Belt and Road”-Initiative geht allzu oft mit der Ausbeutung chinesischer Arbeitskräfte einher, wie zivilgesellschaftliche Organisationen herausgefunden haben. Die Arbeitsbedingungen einheimischer Arbeiter:innen seien in der Regel etwas besser, doch auch hier gibt es einige Hinweise auf Arbeitsrechtsverletzungen.

    Pekings Neue Seidenstraße ist ein Multi-Milliarden-Dollar-Projekt, das sich mittlerweile über 139 Länder erstreckt. Wie auch Chinas Wirtschaftsboom beruhen die Infrastrukturprojekte der Seidenstraße zu großen Teilen auf Arbeiter:innen, die für geringe Löhne Straßen, Brücken und Energieprojekte errichten. Laut offiziellen Angaben arbeiten fast eine Million Chines:innen im Ausland – viele davon an Projekten der Neuen Seidenstraße. Hinzu kommen unzählige Arbeitskräfte, die mit Touristenvisa illegal im Ausland arbeiten und auch zahlreiche einheimische Arbeitskräfte, die für Projekte im Rahmen der Neuen Seidenstraße eingestellt werden.

    Fehlende medizinische Versorgung, Lohnraub, Schuldknechtschaft

    Ein neuer Bericht von China Labor Watch (CLW) zeigt gravierende Arbeitsrechtsverletzungen, denen chinesische Arbeiter:innen in Projekten der Neuen Seidenstraße ausgesetzt sind und die auch schon zuvor aufgezeigt wurden. Interviews und Belege durch Fotos und Videos zeigen: Die von CLW interviewten Arbeitskräfte haben mitunter keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Ein Arbeiter verlor nach einem Arbeitsunfall ohne Schutzkleidung das Augenlicht auf einem Auge. Ein anderer Arbeiter wurde nach einer Covid-Infektion “mehr als 20 Tage ohne medizinische Behandlung in einem leeren Schlafsaal isoliert. Später fanden andere Arbeiter seinen töten Körper”. Arbeiter:innen in anderen Projekten wurden von Sicherheitsleuten verprügelt, weil sie sich über die Arbeitsbedingungen beschwerten.

    Die NGO hat für ihre Studie fast 100 Arbeiter kontaktiert und tiefgehende Interviews mit 22 von ihnen durchgeführt. Die Befragten sind demnach bei chinesischen Staats- und Subunternehmen beschäftigt. Zudem flossen Arbeitsverträge, Beschwerden von Arbeitern, interne Unternehmensdokumente und wissenschaftliche Artikel in die Studie ein. Bei der Bezahlung sei es regelmäßig zu Verspätungen von mehreren Monaten und zu unerklärten Abzügen beim Lohn gekommen, erklärten mehrere der interviewten Arbeitskräfte. In einigen Fällen mussten die Arbeiter:innen zudem eine Rekrutierungsgebühr an Arbeitsvermittler bezahlen, um überhaupt Zugang zu Jobs im Ausland zu erhalten. Wenn die Arbeiter nach China zurückkehren wollten, verlangten Arbeitgeber in einigen Fällen eine “Strafgebühr“, hieß es in der Studie. Da allen interviewten Arbeiter:innen nach der Einreise ihre Pässe abgenommen wurden, konnten sie demnach auch nicht selbstständig ausreisen. CLW berichtet, dass die Arbeitskräfte für einige Monate ohne Bezahlung arbeiten müssen, wenn sie die Strafgebühren vor der Ausreise nicht zahlen können.

    Botschaften und Konsulate wissen Bescheid

    Nahezu alle interviewten Arbeiter:innen wurden mit falschen Versprechen zur Arbeit im Ausland bewegt. Die versprochenen Löhne wurden nicht gezahlt, die Arbeitszeiten waren viel länger als zuvor angekündigt, Schutzkleidung wurde nicht bereitgestellt und den Arbeitern wurden nur Touristen- oder Geschäftsvisa vermittelt, sodass sie illegal ohne offizielle Arbeitsvisa arbeiten mussten. Viele Arbeiter:innen, die kein Arbeitsvisum erhalten hatten, hatten Angst, über die erlittenen Arbeitsrechtsverletzungen zu sprechen, wie China Labour Watch berichtet.

    Laut der NGO wissen die chinesischen Botschaften und Konsulate im Ausland häufig von den schlechten Arbeitsbedingungen in den Projekten der Neuen Seidenstraße. Sie hätten jedoch “nicht das entsprechende Personal und die finanziellen Mittel, um Verstöße gegen die grundlegenden Interessen und Rechte von Arbeitnehmern im Ausland zu überwachen und zu verfolgen”, so die Organisation. Zwar gäbe es zahlreiche Regulierungen, die Firmen dazu auffordern, chinesische Arbeiter im Ausland zu schützen und die Arbeitsrechte der Gastländer zu achten. Doch diese Regulierungen werden regelmäßig ignoriert, schreibt der Rechtsanwalt Aaron Halegua, der auf Arbeitsrecht im Zusammenhang mit China spezialisiert ist.

    CLW ergänzt, das Handelsministerium sei zuständig, die Interessen und Rechte der Arbeiter im Ausland zu schützen. Doch das Hauptaugenmerk dieses Ministeriums liege im Bereich Handel und wirtschaftlicher Beziehungen. Der Geschäftsführer von China Labor Watch sagt: “Die gesamte Seidenstraße basiert auf Zwangsarbeit. China exportiert seine geringe Achtung der Menschenrechte”. Dieser Eindruck wird durch weitere Studien erhärtet. Chinesische Baufirmen würden regelmäßig lokale Gesetze zur Arbeitszeit und -sicherheit brechen, Löhne zurückhalten sowie andere Zwangsmaßnahmen nutzen, um ihre chinesischen Arbeiter:innen zu kontrollieren, schreibt Anwalt Halegua.

    Einheimische Arbeiter: Etwas bessere Bedingungen

    Für die einheimischen Arbeiter:innen in chinesischen Auslandsprojekten und Unternehmen sind die Arbeitsbedingungen zumindest etwas besser. Anders als ihrer chinesischen Kollegen können sie sich andere Arbeit suchen, wenn die Bedingungen allzu harsch werden. Doch in einkommensschwachen Ländern ist das nicht immer möglich. Und Studien zeigen, dass es einige Hinweise auf Arbeitsrechtsverletzungen “in Form von langen Arbeitszeiten, fehlenden schriftlichen Verträgen und häufigeren Verstößen gegen Arbeitsvorschriften in chinesischen Firmen im Vergleich zu anderen ausländischen Unternehmen” gibt. Zudem verhindern chinesische Unternehmen häufig, dass sich einheimische Arbeiter gewerkschaftlich organisieren. Auch zahlen chinesische Firmen im Ausland häufig geringere Löhne als ihre internationalen und teilweise auch einheimischen Wettbewerber.

    • Neue Seidenstraße

    Termine

    21.06.2021, 18:00-20:00 Uhr
    Vortrag, KI Leipzig 100 Jahre KPCh: Xi Jinpings Vision von moderner Regierungsführung von Katja Drinhausen, Merics. Mehr

    21.bis 25.06.2021,
    Webkonferenz, BMWE: Industrieeffizienz inkl. Eigenversorgung mit erneuerbaren Energien mit Fokus auf Industrieparks in China – Energie-Geschäftsreise optional mit Finanzierungsberatung. Mehr

    21.-28-06.2021
    Filmvoführung, SOAS London: 2021 Taiwan Post-New Wave Cinema Project Mehr

    22.06.2021, 8:30-9:30 Uhr
    Vortrag, CNBW: Digitalisierung in China: Status quo … und was können wir lernen? Mehr

    22.06.2021, 10:00-11:30 Uhr (16:00-17:30 Beijing Time)
    Workshop, EU SME: Indirect Sales & Business Partners in China: How to identify, approach, select and secure them. Mehr

    23.06.2021, 8:30-9:30 Uhr
    Vortrag, Chinaforum Bayern: China@Home: Webseminar “Wem wir vertrauen – China und die Macht der Daten” Mehr

    24. Juni 2021, 18:15 Uhr
    Vortrag, Goethe Universität: “The New State Steerage in China” (in englischer Sprache) Mehr

    25.06.2021, 10:00 -12:00 Uhr (16:00-18:00 Beijing Time)
    Business Meeting, EU SME: EU-Shandong Export Commodities B2B Matchmaking Mehr

    25.06.2021
    Training, Carl Duisberg: Intercultural Workout China Mehr

    26.06.2021, ab 13:00 Uhr
    Online-Event, KI Frankfurt: 5. Theaterfestival der Europäischen Konfuzius-Institute Mehr

    • EU SME Centre
    • Merics

    Tencent gegen Bytedance: Platzhirsch und Heimvorteil

    Bytedance wächst zum wütenden Gegner des Technologieriesen Tencent heran. Ende vergangener Woche postete der Mutterkonzern der Kurzvideo-App Tiktok sowie der chinesischen Tiktok-Version Douyin eine 59-seitige Liste mit Blockadeaktionen von Bytedance-Produkten auf Tencents Universalplattform Wechat und seinem Chatdienst QQ in den letzten drei Jahren. “Mehr als 49 Millionen Menschen werden im Schnitt jeden Tag daran gehindert, Douyin-Inhalte auf Wechat und QQ zu teilen”, schimpft Bytedance. Auch die Video-Apps Huoshan und Xigua seien betroffen – während die ähnlichen, aber von Tencent unterstützten Apps Kuaishou and Weishi prima auf Wechat verlinkt werden könnten. Bytedance löschte den Post inzwischen, aber chinesische Medien hatten ihn zuvor gespeichert. Laut dem Fachmagazin Technode hatte Bytedance den Post aus Wut über die Bemerkung eines Tencent-Topmanagers geschrieben, der Kurzvideos wie solche auf Douyin mit Schweinefutter verglichen hatte.

    Es geht rau zu in Chinas hart umkämpftem Technologiesektor. Tencent und der ebenfalls riesenhafte Online-Händler Alibaba beharken sich seit Jahren von ihren Paralleluniversen aus: Die Produkte des jeweiligen Konkurrenten sperren beide komplett aus. Neuere Start-ups aber werden von den Platzhirschen in der Regel geduldet. Probleme entstehen erst, wenn die Heranwachsenden zu groß werden. Dann beißen die Großen die Neuen weg. Etwa in einem berüchtigten Fall von 2013: Damals entschied Alibaba, den aufstrebenden E-Commerce-Herausforderer Mogu von seinen Plattformen zu verbannen. Mogu erholte sich davon nie.

    Bytedance scheut keinen Konflikt mit Tencent

    Auch Bytedance ist inzwischen groß genug, um vor allem für Tencent unangenehm zu werden. Denn während der Konzern aus Shenzhen kleinere Konkurrenz-Startups mit Investitionen an sich bindet oder gleich ganz übernimmt, geht das mit Bytedance nicht mehr. Also verwehrt Wechat seinen Nutzenden heute den Zugriff auf fast jedes Bytedance-Produkt. Neben Douyin gehören dazu auch die Enterprise-Messaging-App und das Produktivitätstool Feishu. Mehr als 900 Millionen Menschen benutzen Wechat – eine solche Blockade fällt also durchaus ins Gewicht.

    Bytedance gehört zu den wenigen, die es auf einen Konflikt mit Tencent ankommen lassen. Das Pekinger Unternehmen befindet sich permanent in Rechtsstreits mit Tencent – die bisher allerdings nicht wirklich gut laufen. Im September 2019 hatte Bytedance Tencent in der Küstenprovinz Fujian wegen der Douyin-Blockade auf Basis des Gesetzes zu unfairem Wettbewerb verklagt, um eine einstweilige Verfügung und eine Entschädigung von umgerechnet 13,9 Millionen US-Dollar zu erreichen. Tencent reagierte mit einem geschickten Schachzug, indem es den Fall an seinen Standort Shenzhen verlegen ließ – wo es praktisch jedes Verfahren gewinnt. Douyin ließ die Klage im März 2021 frustriert fallen. Kurz zuvor hatte Bytedance bereits eine zweite Klage gegen Tencent gestartet – diesmal am eigenen Standort Peking und auf Basis der Antitrust-Regeln. Tencent beantragte auch für diesen Fall die Verlegung nach Shenzhen. Eine Entscheidung steht noch aus.

    Lokalpatriotismus der Gerichte hilft Tencent

    Umgekehrt gewann Tencent eine Klage gegen Bytedance am Gericht für Geistiges Eigentum in Guangzhou, der Hauptstadt seiner Heimatprovinz Guangdong. Demnach darf die Bytedance-Video-App Huoshan Online-Gamer nicht mehr dazu aufrufen, sich auf der App beim Spielen von Tencents “Honor of Kings” – dem beliebtesten Rollen-Videospiel der Welt – live zu streamen. Auch soll Bytedance 1,2 Millionen US-Dollar Entschädigung an Tencent zahlen. Bytedance hat bereits Berufung eingelegt. Die Rechtslage ist hier nach einem Bericht der South China Morning Post durchaus schwammig.

    Tencent profitiert wahrscheinlich von dem in China traditionell ausgeprägten Lokalpatriotismus. Dieser sei sehr verbreitet, aber doch schwer zu verifizieren, sagt Angela Zhang, Expertin für chinesisches Recht an der Universität Hongkong, zu China.Table. “Die Richter haben einen gewissen Ermessensspielraum. Wenn es sich um einen Fall handelt, bei dem ein lokaler Champion involviert ist, vermute ich, dass einige Richter Anreize sehen, zugunsten lokaler Unternehmen zu entscheiden.”

    Bytedance: Eindringen in Tencents Revier

    Bytedance drängt aktiv in Tencents Spielfeld – und hat sich damit für die Herausforderung entschieden. Zum Beispiel bekam Douyin im April eine standortbasierte soziale Funktion, mit der Benutzer durch Schütteln ihrer Telefone Personen in der Nähe finden und sich gegenseitig zu ihren Freundeslisten hinzufügen können. Die Funktion gibt es bei Wechat seit langem.

    Tencent selbst fügte über die Jahre durch Anteilskäufe hunderte kleinere Techfirmen zu seinem Technologie-Ökosystem hinzu. An dem inzwischen selbst riesengroß gewordenen Unternehmen Meituan ist der Konzern mit 21 Prozent größter Anteilseigner. Mit der sogenannten Online-to-Offline-App Meituan lassen sich Kinokarten oder Restaurants reservieren, Essen bestellen, Fahrräder mieten und alle möglichen Freizeitbeschäftigungen organisieren. Im Juli 2020 begann Meituan laut Technode, für einige User Alibabas Alipay zu blockieren – nachdem die Bezahl-App in den Markt für lokale Essenslieferungen drängte, den Meituan als sein Revier beansprucht. Tencent wird es nur recht gewesen sein.

    Balanceakt für Bilibili

    An der aus der Anime-Szene stammenden Streaming-Plattform Bilibili aber halten sowohl Tencent (12,6 Prozent) als auch Alibaba (6,8 Prozent) Anteile. Bilibili muss daher einen permanenten Seiltanz zwischen beiden vollführen. Das Geschäftsfeld konkurriert eher mit jenem Tencents: Bilibilis E-Sport-Livestreaming-Plattform steht in China auf Rang drei hinter Huya und Douyu, an denen Tencent jeweils mehr als ein Drittel hält – und die der Konzern miteinander verschmelzen will. Derzeit schauen sich Chinas Monopolwächter die Fusionspläne an.

    Alle Behörden mit einem Mandat für den Tech-Sektor verstärkten derzeit Kontrolle und Aufsicht, sagt Angela Zhang. Es gehe um Preise, Privatsphäre, den Umgang mit Händlern auf den Plattformen oder Sicherheit. “Die Plattformen bringen alle möglichen regulatorischen Herausforderungen mit sich.” Zhang hat das Buch “China’s Antitrust Exceptionalism” (etwa: Chinas kartellrechtlicher Ausnahmefall) geschrieben und ist überzeugt, dass Chinas Ansatz im Westen nicht funktionieren würde. “Die Behörden im Westen haben weniger Macht, und die Unternehmen gehorchen dort nicht so einfach.”

    Antitrust-Kampage gegen Techfirmen wird weitergehen

    Alibaba wurde bereits zu 2,3 Milliarden Euro Strafe wegen Kartellverstößen verdonnert. Reuters berichtete kürzlich unter Berufung auf zwei ungenannte Quellen, dass China derzeit auch für Tencent eine Strafe von mindestens zehn Milliarden Yuan (1,32 Milliarden Euro) vorbereitet. Nachdem Peking 34 Techfirmen zu wettbewerbsfreundlicherem Verhalten aufgefordert hatte, gelobten zumindest alle Besserung.

    Zhang glaubt nicht, dass die Kampagne bald zu Ende sein wird. “In dieser Phase ist es schwierig für die Firmen, Lobbyarbeit zu machen.” Also versuchen die Unternehmen, die Konkurrenz vor den Behörden schlecht aussehen zu lassen – siehe Bytedance und Tencent. Wenn es am Ende auch auf diesem Wege dazu führt, dass all die lästigen Blockaden wegfallen, dann kann das Chinas Nutzer nur freuen.

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    • WeChat

    News

    Hongkong: Journalist:innen wegen Artikeln verhaftet

    Das Hongkonger Sicherheitsgesetz findet genau die repressiven Anwendungen wie befürchtet: Während einer Razzia bei der Zeitung “Apple Daily” hat die Polizei den Chefredakteur des Blattes und den Geschäftsführer des Verlags sowie drei weitere hochrangige Mitarbeiter verhaftet. Die Behörden werfen ihnen vor, die Sicherheit der Stadt durch “Verschwörung mit ausländischen Kräften” gefährdet zu haben. Als Beleg führt das Sicherheitsministerium die Berichte und Kommentare an, die die Journalisten veröffentlicht haben. Die Polizei hat das Verlagsgebäude am Donnerstagmorgen mit 500 Einsatzkräften durchsucht – unter anderem, um Recherchematerial sicherzustellen. Die Redaktion stellte mehrere Videos von der Aktion auf ihre Facebook-Seite.

    Die Apple Daily hatte sich in ihrer Berichterstattung klar auf die Seite der Demokratiebewegung gestellt. Chefredakteur Ryan Law hatte in seinen Kommentaren wiederholt auf den Erhalt der Bürgerrechte in der südchinesischen Metropole gepocht. Verlagschef Cheung Kim-hung hatte den Kurs mitgetragen. Die Apple Daily hatte unter anderem die Länder des Westens dazu aufgerufen, Sanktionen gegen Hongkong und China zu verhängen, um gegen die rechtlichen Missstände dort zu protestieren. Im vergangenen August wurde bereits Zeitungsgründer Jimmy Lai festgenommen. fin

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    CDU/CSU: China größte außen- und sicherheitspolitische Herausforderung

    Die CDU/CSU will China “wo es nötig ist” “in enger Abstimmung mit transatlantischen Partnern und gleichgesinnten Demokratien mit Stärke und Geschlossenheit entgegentreten“. Gleichzeitig will die Union “dort, wo es möglich ist, eine enge Zusammenarbeit mit China anstreben“. Das geht aus dem Entwurf für das Wahlprogramm zur Bundestagswahl Ende September hervor, der China.Table vorliegt. Entgegentreten wolle die Union China “insbesondere beim Schutz geistigen Eigentums, unserer Hochtechnologie und unserer Daten”.

    China wird in dem Programmentwurf als “größte außen- und sicherheitspolitische Herausforderung” bezeichnet. Durch Investitionen nehme China Einfluss auf andere Staaten und schaffe Abhängigkeiten. Die Union will dem “eine Europäische Clean-Tech-Initiative” entgegensetzen, um “Partnerschaften im Bereich modernster Umwelttechnologien” aufzubauen. Das sieht die Union als “europäische Alternative zur chinesischen Seidenstraße“, so der Programmentwurf.

    Wirtschaftspolitisch strebt die Union einen “fairen Wettbewerb unter gleichen Bedingungen” an. CDU/CSU wollen die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie “in den wichtigen industriellen Zukunftsfeldern wie Künstlicher Intelligenz, Halbleiter, Wasserstoff oder Blockchain” stärken. Dazu brauche es “eine ambitionierte europäische Industriestrategie sowie eine europäische Chinastrategie“. In der Entwicklungspolitik will die Union “China auf gemeinsame Standards verpflichten”.

    CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet sagte gestern gegenüber der “Augsburger Allgemeinen”: “Dass unser Land wirtschaftlich vergleichsweise gut dasteht, haben wir auch dem schnellen Wirtschaftsaufschwung Chinas nach der Pandemie zu verdanken“. China sei systemischer Wettbewerber und Partner, so Laschet, und müsse in die “regelbasierte Ordnung” eingebunden werden. Bereits vor wenigen Tagen hatte Laschet vor einer “rein innenpolitisch argumentierenden Abgrenzung” gegenüber China gewarnt. nib

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    USA: Keine Ausnahmen bei G7-Mindeststeuer für China

    Die USA werden China und anderen Staaten keine Sonderbehandlung bei den G7-Plänen zu einer globalen Mindeststeuer für Unternehmen gewähren. Das erklärte die US-Finanzministerin Janet Yellen Mitte der Woche. Yellen sagte, dass die Vereinigten Staaten und andere Länder ihre Bemühungen fortsetzen, China davon zu überzeugen, die Pläne zu unterstützen, die am Sonntag von der G7 gebilligt wurden.

    Länder wie China zögern derzeit noch, Steueranreize aufzugeben, die bisher genutzt werden, um Forschung und Entwicklung voranzutreiben oder ausländische Investitionen in Hightech-Sektoren anzulocken, berichtet Reuters. Ein Beamter, der über die G7-Gespräche informiert war, sagte gegenüber Reuters, dass China gegen die von der G7 vereinbarten 15 Prozent Mindeststeuer sei und dass die Erlangung von Ausnahmeregelungen seine Bedingung sei, um den G7-Plänen zuzustimmen.

    Die South China Morning Post zitiert hingegen Ding Yifan, ein leitender Forscher eines Think-Tanks des chinesischen Staatsrats, mit den Worten: “China wird den G7-Vorschlag wahrscheinlich akzeptieren, weil das Land nicht mehr auf Steuervorteile zählt, um Investoren anzuziehen, und unser tatsächlicher Satz viel höher ist”. China könne jedoch neue Forderungen auf den Tisch legen, so Ding. Der Mindeststeuer-Vorschlag könnte Hongkong stärker treffen als China, wo die Steuerrate häufig unter den gesetzlich festgesetzten 16,5 Prozent liegt. Hongkongs Finanzminister Paul Chan sagte, die G7-Pläne könnten sich auf Steuervorteile auswirken, die die Regierung einigen Branchen gewährt.

    Das Thema wird auch beim G20-Gipfel in Venedig am 9. und 10. Juli behandelt werden. Die Pläne zur Mindestbesteuerung könnten in Zukunft zu weiteren Spannungen zwischen China und dem Westen führen. Je nach Umsetzung der Pläne, könnten sich Drittländer vorbehalten, die Differenz zwischen dem Steuersatz im Gastland ausländischer Unternehmen und dem vereinbarten Mindestsatz selbst zu erheben. Sollte China also weiterhin Steueranreize bieten und der Steuersatz unter den 15 Prozent liegen, könnten Drittstaaten wie die USA die Differenz selbst besteuern. Doch die Details des G7-Plans müssen noch ausgearbeitet werden. Es könnten noch Jahre vergehen, bis eine konkrete Umsetzung finalisiert wird. Auch Großbritannien drängt auf Ausnahmen von den G7-Plänen für den Finanzsektor der City of London. Und die Schweiz hat angekündigt, höhere Steuersätze durch Subventionen für Unternehmen auszugleichen. nib

    • Finanzen
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    • Handel

    Kurz vor Börsengang: Regulierungsbehörde untersucht unfaire Praktiken bei Didi Chuxing

    Chinas Marktregulierungsbehörde (SAMR) hat Untersuchungen gegen Didi Chuxing, dem größten Vermittler von Fahrdiensten des Landes, aufgenommen. Dies berichtet Reuters unter Berufung auf Quellen, die mit der Sache vertraut sind. Demnach wird geprüft, ob Didi unlautere Wettbewerbspraktiken angewendet hat, um kleinere Wettbewerber aus dem Markt für Mitfahrdienste zu drängen. Darüber hinaus untersucht die SAMR, ob Didis Preismechanismus bei den Fahrdiensten transparent genug ist.

    Didi hat zuletzt die Gerüchte um einen Börsengang an der New Yorker Technologiebörse Nasdaq bestätigt und legte vergangene Woche ein Börsenprospekt bei der US-Wertpapier- und Börsenaufsicht SEC vor. Ein Börsengang wird voraussichtlich schon im Juli erfolgen und könnte dem Unternehmen einen Marktwert von bis zu 70 Milliarden US-Dollar bescheinigen. Die zunehmende Härte Pekings gegen seine Technologieunternehmen überschattet jedoch nun auch Didis geplanten Börsengang und erinnert an das Vorgehen der Kartellbehörden Chinas gegen den Finanzanbieter Ant Group von Alibaba (China.Table berichtete). Ant musste seinen geplanten Börsengang verschieben und die SAMR erließ im April eine Rekordstrafe von 2,75 Milliarden US-Dollar gegen den E-Commerce-Händler.

    Bereits im April forderte die SAMR Didi gemeinsam mit 30 anderen Internetunternehmen dazu auf, innerhalb eines Monats “eine Selbstinspektion” durchzuführen, um mögliche Verstöße gegen die Antimonopolgesetze und unlautere Wettbewerbspraktiken zu korrigieren.

    Didi beschäftigt nach eigenen Angaben 13 Millionen Fahrer in China. Seine dominante Stellung auf dem Markt für Fahrdienstleistungen hat es durch jahrelange Subventionskriege mit dem heimischen Konkurrenten Kuaidi von Alibaba und dem US-Anbieter Uber erreicht. 2015 fusionierte Didi mit Kuaidi und übernahm ein Jahr später das China-Geschäft von Uber. niw

    • Alibaba
    • Ant Group
    • Autoindustrie
    • Didi
    • SAMR

    Presseschau

    Trial of Scientist Accused of Hiding China Work Ends in Hung Jury WSJ
    He Warned Apple About the Risks in China. Then They Became Reality NYTIMES
    China and America are borrowing each other’s weapons ECONOMIST
    Hong Kong police arrest editor-in-chief of Apple Daily newspaper in raids THE GUARDIAN
    Market-Beating China Fund Manager Favors Scooters and Spicy Sauce Over Tech WSJ
    The G7 is right to worry about Chinese credit terms FT (PAY)
    Guangzhou’s fight against Delta variant sounds alarm for other cities in preventing variant strains GLOBAL TIMES (STAATSMEDIUM)
    China’s Shenzhou-12 manned spaceship docks with space station module XINHUA (STAATSMEDIUM)
    G-7-Staaten verspottet: Diese chinesische Karikatur beleidigt den Westen WELT
    Yantian: Mega-Stau in China lähmt erneut Welthandel – “sieht nicht gut aus” FOCUS
    Raumfahrt: Chinesische Astronauten erreichen neue Station DLF
    Größte Landsäugetiere der Welt: Gewaltiges Urzeit-Riesennashorn entdeckt SPIEGEL

    Standpunkt

    China – Allein zu Haus und aggressiv

    Von Johnny Erling
    Ein Bild von Johnny Erling

    Von diplomatischen Gepflogenheiten will die neue Garde chinesischer Außenpolitiker und Botschafter nichts mehr wissen. Sie treten so aggressiv nach außen auf, dass sie als “Wolfskrieger” international verschrien sind. Den Spitznamen verdanken sie dem 2017 gedrehten Kultfilm “Wolf Warrior 2”. Sein Star Wu Jing befreit als Held und Ramboverschnitt im Ausland gefangen gehaltene chinesische Geiseln. Die seither in die Außenpolitik eingezogene Wolfskrieger-Masche verteidigte die “Global Times“: “Unsere Diplomaten beschützen nationale Interessen in eindeutiger Weise. Sie zeigen äußerste Zurückhaltung bei ihren ‘Pushbacks’ verglichen mit den kriegslüsternen und antagonistischen westlichen Medien und Politikern”. 

    In enthüllender Arroganz verlangte diese Woche Chinas Frankreich-Botschafter Lu Shaye im Interview mit der patriotischen Webseite “Guancha.cn” vom Ausland: “Unser diplomatischer Stil hat sich geändert. Ihr seid es, die sich unserem neuen Stil anpassen müssen.” 

    Der neue Trend machte sich 2018 zuerst bei den täglich für 15 Uhr angesetzten Routine-Pressekonferenzen des Pekinger Außenministerium bemerkbar. Deren Sprecher verspäteten sich regelmäßig. Sie hielten es nicht mehr für nötig, sich bei den wartenden Journalisten für ihre Unpünktlichkeit zu entschuldigen. Unangenehme Fragen wurden brüsk und oft beleidigend abgewehrt. Auffallend angriffslustige Außenamtssprecher wie Zhao Lijian oder Büroleiterin Hua Chunying nutzen soziale Medien wie Twitter, um China gegen die Lügen des Auslandes zu “verteidigen”, lobte die Global Times. Obwohl Twitter, Facebook oder Youtube innerhalb Chinas verboten und von der Zensur blockiert werden.

    Ein Paradebeispiel für die Wolfskrieger-Mentalität boten jüngst Chinas Chefdiplomat Yang Jiechi und Außenminister Wang Yi. Am 18. März trafen sie mit US-Außenminister Antony Blinken und dem nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan zusammen. Statt ihre Fühler zur neuen Regierung von Joe Biden auszustrecken, nutzten sie die für jede Seite vorgesehene, live übertragene zweiminütige öffentliche Begrüßung zu einem grotesken Schlagabtausch. Blinken lieferte den Vorwand, nachdem er in seinem kurzen Statement ankündigt, er wolle im Meeting auch sensible Themen ansprechen, wie die Lage in Xinjiang, Hongkong, Taiwan oder Cyberangriffe aus China. Yang fühlte sich provoziert und beschimpfte die USA vor laufenden Kameras in einer 15 Minuten langen Tirade für ihre Demokratiedefizite, Anti-China-Aktionen und Rassismus. Chinas Internetgemeinde applaudierte ihm online begeistert.

    Auch drei Monate später war es nicht besser. Am 11. Juni telefonierten beide Außenminister miteinander. Ihre vom Pekinger Außenministerium und vom State Department danach veröffentlichten Presseerklärungen lesen sich, als wären sie auf verschiedenen Terminen gewesen. Demonstrativ sprachen sie aneinander vorbei. Nach Pekings Lesart hat Yang Chinas grundsätzliche Positionen vorgetragen und Blinken auch noch über den anstehenden 100. Geburtstag der Kommunistischen Partei informiert. Nur im letzten Satz steht, dass beide auch über Anderes sprachen. Die kaum halb so lange Erklärung des State Department zählt dagegen nur das knappe Dutzend aktueller Probleme auf, die Blinken angesprochen habe von Nordkorea, Iran und Myanmar bis zu Xinjiang, Hongkong, Taiwan und seiner Sorge um in China inhaftierte US- und kanadische Bürger.

    Pragmatische Konfliktlösungen gehören Vergangenheit an

    Trotz Standfestigkeit verstanden sich Chinas Außenpolitiker früher auf die Kunst des “Jiang Li” und der Suche nach pragmatischen Konfliktlösungen. Der Altmeister dieser Diplomatie, Außenminister Qian Qichen (1988-1997), enthüllte in seinen Memoiren Ten Episodes in China’s Diplomacy, wie es China schaffte, sich nach dem Massaker des 4. Juni 1989 aus seiner Isolation wieder zu befreien und weltweite Boykotte aufzulösen. “Es war meine schwerste Zeit als Außenminister, als ein Land nach den anderen Sanktionen gegen China ankündigte.”

    Statt wie heute alle Kritiker unflätig zu attackieren und mit verschärften Gegensanktionen zurückzuschlagen, öffnete sich Peking in der Krise 1989 pragmatisch nach außen. Natürlich steckte Kalkül dahinter, aber es musste auch über seinen eigenen Schatten springen. So nahm es zwischen 1990 und 1992 diplomatische Beziehungen mit Staaten wie Indonesien, Südkorea oder Israel auf, trat 1991 der APEC (Asien Pacific Economic Cooperation) bei, akzeptierte die gleichzeitige Mitgliedschaft Taiwans und Hongkongs. Qian bereitete diese vielen Schachzüge vor, die letzten Endes auch wieder die Öffnung des Westens gegenüber China mit sich brachten. Qian fädelte auch den China-Besuch des japanischen Kaisers Akihito und seiner Frau im Oktober 1992 ein: “Sobald Japans Kaiser zum ersten Mal in der 2000-jährigen Geschichte der sino-japanischen Beziehungen China besuchen würde, könnte das nicht nur den Bann der westlichen Länder für hochrangige Besuche brechen, sondern auch Chinas Beziehungen zu Japan verbessern.”

    Seit Anfang 2021 treten Chinas Wolfskrieger noch anmaßender auf. Parteichef Xi Jinping hatte sie mit seiner Rede im Januar vor der Parteihochschule ermutigt. Dort gab er als neue Devise triumphierend aus: “Die Zeit und das Momentum sind auf unserer Seite” (时与势在我们一边). Angesichts Chinas neuer Macht würden Störmanöver des Westens scheitern: “Der Kreis unserer Freunde erweitert sich ständig, das Gleichgewicht der Geschichte neigt sich China zu.”

    Das war fünf Monate, bevor im Juni US-Präsident Joe Biden, die G7-Gruppe, die Nato und die EU zur Freude der Asean-Staaten vereinbarten, sich gemeinsam Pekings expansiver Entwicklung zu widersetzen. Nach dem Wolfskrieger-Film ist zwei Wochen vor den Jahrhundertfeiern der Partei plötzlich ein neuer Film in der Mache: “China – Allein zu Haus.”

    • Diplomatie
    • KP Chinas

    Personalien

    Liu He, China’s Vice Premier since March 2018, will be responsible for the development of the so-called third-generation semiconductors, Bloomberg reports. Liu has already headed the task force to implement the country’s technology reform since 2018, overseeing economic and financial responsibilities. Liu, 69, was appointed as China’s chief negotiator during negotiations with the previous US administration due to his extensive experience as an economist. He has also been Vice Director of the State Development and Reform Commission (NDRC) since 2013.

    Holger Santel moves to China for Volkswagen on Sep. 1 to take over as First Vice President and Executive Vice President for Commercial Affairs. Santel was previously Head of Sales and Marketing for Volkswagen Passenger Cars in Germany. This is not Santel’s first stint in China. He already worked for VW in the People’s Republic before the end of 2018. Achim Schaible will take over for Santel. Schaible was most recently Head of After-sales and Trade at Volkswagen.

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    China trauert um ein ganz besonderes Schwein: Zhu Jianqiang heißt es, übersetzt “willensstarkes Schwein“. Denn genau dafür ist es bekannt geworden: für seinen Überlebenswillen. Das Schwein hatte 2008 bei dem verheerenden Erdbeben von Wenchuan in der Provinz Sichuan 36 Tage unter Trümmern verschüttet überlebt – nur mit Regenwasser und Holzkohle. Augenzeugen zufolge war es aber so abgemagert, das es eher einer Ziege ähnelte. Seitdem wird es als “Heldenschwein” verehrt.

    Nun ist das Vieh im hohen Schweine-Alter von 13 Jahren an “Altersschwäche und Erschöpfung” verstorben, wie das Museum im Kreis Dayi mitteilte. Dort lebte das Tier als Touristenattraktion. Mit Menschen verglichen sei das Schwein 100 Jahre alt geworden, betonte das Museum. Die Nachricht von seinem Tod wurde im chinesischen Internet mehr als eine halbe Milliarde Mal geteilt. Ganz weg ist Zhu Jianqiang aber nicht. 2011 teilten chinesische Forscher mit, sie hätten mit seinem Erbgut sechs Ferkel geklont. Ob diese allerdings auch den Lebenswillen des Originals übernommen haben, ist nicht bekannt. flee

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