bei batteriebetriebenen E-Autos will China Weltmarktführer werden. Das heißt jedoch nicht, dass die Wasserstoff-Technologie vernachlässigt wird, analysiert Frank Sieren. Sie soll bei Nutzfahrzeugen und Bussen eingesetzt werden. Grüner Wasserstoff spielt bisher jedoch kaum eine Rolle.
Kein anderes Land der Welt produziert so rasant schnell Milliardäre wie China. Laut dem aktuellen Forbes-Ranking gibt es mittlerweile 626 von ihnen. Peking ist die Welthauptstadt der Milliardäre und hat New York den Rang abgelaufen. Gregor Koppenburg und Jörn Petring analysieren, womit die zehn wichtigsten Newcomer im Forbes-Ranking ihr Vermögen verdient haben.
Chinas jüngst gegen zehn Europäer:innen sowie vier Organisationen aus der EU verhängte Sanktionen lassen vieles im Unklaren. Marcel Grzanna sprach mit der Sinologin Mareike Ohlberg. Sie sagt: “Die Strategie der chinesischen Regierung ist es, die Gegenseite zu verunsichern und zu verängstigen.” Das gelte für kritische Köpfe im Ausland wie im Inland.
Im November vergangenen Jahres hat Chinas Nationaler Volkskongress (NVK) einen Entwicklungsplan vorgestellt, der vorsieht, dass sich das Land in den nächsten 15 Jahren zur “Wasserstoff-Nation” entwickelt. Bis 2035 möchte der chinesische Staat eine Million Elektrofahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb auf den Straßen haben, wobei der Fokus zunächst auf Nutzfahrzeugen, Lastwagen und Bussen liegen soll.
Die Winter-Olympiade 2022 ist dabei das erste große Vorzeigeprojekt. An den Spielstätten sollen bereits 1800 Busse mit Brennstoffzellen unterwegs sein.
Laut einem White Paper der China Hydrogen Alliance (NAHC) könnten im Jahr 2030 dann schon zwischen sieben und 14 Prozent des chinesischen Nutzfahrzeug-Absatzes auf Brennstoffzellen-Fahrzeuge entfallen. Das entspräche 360.000 bis 720.000 Fahrzeugen.
Das deckt sich mit Pekings Zielen, bis 2060 klimaneutral zu sein und den Höhepunkt der CO2-Emissionen vor 2030 erreicht zu haben. Zwei Fünftel aller klimaschädlichen Verkehrs-Emissionen gehen heute auf Lastkraftwagen zurück. In diesem Bereich machen Wasserstoffantriebe mehr Sinn als E-Batterien, da E-Akkus in LKW tonnenschwer sein müssten, lange zum Nachladen brauchen und nach jetzigem Stand der Technik nur eine geringe Reichweite erzielen. Wasserstoff ist dagegen leichter. Die Tanks lassen sich in einem großen Fahrzeug besser unterbringen. Auch benötigt man kein riesiges Netz an Wasserstofftankstellen. Es reichen strategische Nachfüllstationen, etwa an Autobahnknotenpunkten. Bis 2035 will China mehr als 1000 solcher Tankstellen installiert haben.
Der chinesische Lkw-Markt steht für rund 40 Prozent des globalen Absatzes. Noch wird er vor allem von nationalen Herstellern wie FAW Jiefang und Dongfeng beherrscht. Über eine eigene Brennstoffzellen-Technologie verfügt unter anderem SAIC Motor aus Shanghai. Der größte Fahrzeughersteller des Landes hat bereits vergangenes Jahr angekündigt, bis 2025 mindestens zehn neue Wasserstoff-Modelle auf den Markt zu bringen. Das Unternehmen hat in den vergangenen 20 Jahren umgerechnet 370 Millionen Euro in die Forschung und Entwicklung von Wasserstoff-Antrieben gesteckt. Mit dem SAIC Hongyan hat das Unternehmen Ende vergangenen Jahres einen vielversprechenden Wasserstoff-Truck vorgestellt.
Auch Brüssel fordert, dass europäische LKW-Bauer ihre CO2-Emissionen bis 2025 durchschnittlich um 15 Prozent und bis 2030 sogar um 30 Prozent senken.
Die Daimler Truck AG, Iveco (CNH Industrial), die Ölkonzerne OMV und Shell sowie die Volvo Group haben im Dezember deshalb eine neue Interessengemeinschaft mit dem Namen H2Accelerate vorgestellt, die dem Wasserstoff-Lkw zum Durchbruch verhelfen soll. “Die Brennstoffzelle ist eine entscheidende CO2-neutrale Lösung für Lkw im schweren Fernverkehr”, erklärt Martin Daum, Vorsitzender des Vorstands der Daimler Truck AG.
Dass China bald noch mehr in den Fokus der ausländischen LKW-Bauer rücken wird, ist so gut wie sicher. Die VW-Lastwagentochter Traton, die eine strategischen Partnerschaft mit dem chinesischen Lkw-Hersteller Sinotruk unterhält, baut derzeit eine Lastwagen-Fabrik in der Provinz Jiangsu. Der Beginn der Serienproduktion ist für Anfang 2022 geplant. Die Traton-Marke MAN ist mit 25 Prozent an Sinotruk beteiligt. “Die technologischen Anforderungen an Nutzfahrzeuge nehmen weltweit zu und nähern sich auf den internationalen Märkten zunehmend an”, erklärt Traton-Chef Matthias Gründler.
Toyota und Hyundai, die beiden Unternehmen, deren Brennstoffzellen-PKW momentan die höchste Marktreife erreicht haben, sind ebenfalls in China aktiv. Toyota hat mit den chinesischen Autoherstellern FAW, Dongfeng, GAC und BAIC sowie dem auf stationäre Brennstoffzellensysteme spezialisierten Unternehmen Beijing SinoHytec die United Fuel Cell System R&D gegründet, die die Entwicklung kostengünstiger Brennstoffzellensysteme vorantreiben will. Toyota ist an dem Joint Venture mit 65 Prozent beteiligt.
Hyundai wiederum baut für rund eine Milliarde Dollar sein erstes Brennstoffzellen-Werk außerhalb Koreas im südchinesischen Guangzhou. Die Südkoreaner hatten bereits im vergangenen Jahr im Rahmen eines Pilotprojekts in der Schweiz mit der Auslieferung ihres Wasserstoff-Lkw Xcient Fuel Cell begonnen.
Peking lockt außerdem mit Subventionen. Jede Region, die Technologien für Brennstoffzellen-Fahrzeuge fördert, kann bis zu 200 Millionen Euro zurückerstattet bekommen. Das heißt: Geld bekommt nur, wer bereits etwas liefern kann. Bei Schwerlastwagen waren zuletzt Subventionen von bis zu 133.000 Euro pro Fahrzeug möglich.
China ist schon jetzt der größte Wasserstoffproduzent der Welt, mit einer jährlichen Produktion von 20 Millionen Tonnen. Wirklich grün ist die Technologie aber noch nicht. Über 90 Prozent des Wasserstoffs werden aus Kohle und chemischen Nebenerzeugnissen gewonnen. CO2-neutraler “Grüner Wasserstoff” aus Energiequellen wie Wasser, Wind und Sonnenenergie spielt bislang kaum eine Rolle. Die chinesische Wasserstoff-Förderung hat zunächst vor allem die Technologieführerschaft im Blick.
Mehrere Großprojekte zur Erzeugung vom Wasserstoff aus Solar- und Windstrom sind jedoch geplant, zum Beispiel in der Inneren Mongolei, wo eine gigantische Produktionsanlage für Wasserstoff entstehen soll. Eins ist klar: Die Entwicklungen am chinesischen Markt werden entscheidend sein. Das Land ist mit seiner Größe und des wachsenden Einflusses seiner Industriepolitik der potentiell größte Markt für die Wasserstoff-Technologie weltweit.
Das neue Forbes-Milliardärs-Ranking lässt sich aus chinesischer Sicht schnell zusammenfassen: Für Chinas Superreiche war es ein super Jahr. Die Volksrepublik hat 202 Milliardäre hinzugewonnen, womit ihre Zahl um gut ein Drittel auf 626 angestiegen ist. Allein in Peking leben nun 100 Milliardäre, was die chinesische Hauptstadt noch vor New York zur Stadt mit den meisten Milliardären macht. Jack Ma ist nicht mehr der reichste Mann Chinas. Er wurde von Mineralwasser-König Zhong Shanshan abgelöst. Auch Tencent-Gründer Pony Ma und Colin Zheng Huang, Gründer des Online-Händlers Pinduoduo sind an Ma vorbeigezogen.
Interessanter als die altbekannten Gesichter auf den Top-Plätzen, sind jene Unternehmer, die ganz frisch gebackene Milliardäre sind. Unter den neuen Namen auf der Liste sind allein 59, die durch Börsengänge im vergangenen Jahr zu ihrem Vermögen gekommen sind. Andere haben davon profitiert, dass sich der Wert ihre bereits gelisteten Firmen vervielfacht hat. Ein Überblick über die zehn wichtigsten chinesischen Newcomer im Forbes-Ranking:
Chen Zhiping, dessen Vermögen im vergangenen Jahr nicht nur erstmals die Milliarden-Marke überstiegen hat, sondern direkt auf 15,9 Milliarden Dollar katapultiert wurde, ist Gründer des weltweit größten E-Zigaretten-Herstellers Smoore International, den er im vergangenen Juli an die Hongkonger Börse brachte.
Li Hua (7,1 Milliarden Dollar) ist Gründer der in China populären Finanzplattform Futu. Ähnlich wie in den USA der Anbieter Robinhood, ist Futu für private Anleger gemacht, die einfach auf ihrem Smartphone an der Börse handeln wollen. Die Aktien der in New York gehandelten Trading-Plattform legten im vergangenen Jahr um fast 1400 Prozent zu.
Wang Junlin (6,3 Milliarden Dollar) belebte als Manager zwei staatliche Unternehmen wieder, bevor er 2001 zum damals ums Überleben kämpfende Spirituosenhersteller Sichuan Langjiu kam. Wang restrukturierte und privatisierte die historische Marke, die ihre Wurzeln in der Han-Dynastie hat. Im vergangenen Jahr verkündete das Unternehmen seinen Plan für einen Börsengang.
Wang Ning (6,3 Milliarden Dollar) begann kurz nach seinem Uni-Abschluss im Jahr 2010 damit, den Spielzeughersteller Pop Mart aufzubauen. Ein Jahrzehnt später brachte er das Unternehmen im Dezember 2020 an der Hongkonger Börse. Die Firma ist für ihre Sammelfiguren berühmt. Ähnlich wie bei Überraschungseiern wissen Kunden zuvor nicht, welche Figur sich in der Verpackung verbirgt.
Jian Jun (5,6 Milliarden Dollar) ist Gründer des Shenzener Unternehmens Imeik Technology Development, das medizinisch-kosmetische Produkte wie etwa fortschrittliche Anti-Aging-Gesichtsmasken herstellt. Jian brachte das 2004 gegründete Unternehmen im vergangenen September in Shenzhen an die Börse. Der Kurs hat sich seitdem mehr als verdoppelt.
Cao Renxian (5,3 Milliarden Dollar) gründete bereits 1997, als er noch als Universitäts-Professor arbeitete, das Unternehmen Sungrow Power Supply. Die in 150 Ländern verwendeten Produkte wandeln Gleichstrom aus Sonnenkollektoren in Wechselstrom für das Stromnetz um. Neben gewerblichen und privaten Anwendungen liefert Sungrow auch Komponenten für schwimmende Solarparks, die in China ein riesiges Geschäft ist.
Kate Wang (fünf Milliarden Dollar) ist genau wie Chen Zhiping mit E-Zigaretten reich geworden. Auch Wang “verdiente” ihre Milliarden an der Börse, als ihr Unternehmen RLX Technology im vergangenen Jahr erstmals notiert wurde.
Liu Fangyi (4,2 Milliarden) ist der große Gewinner der Corona-Krise. Die Aktien seines Unternehmens Intco Medical Technology, das medizinische Einwegprodukte wie Masken und Handschuhe herstellt, stiegen im vergangenen Jahr inmitten der Pandemie um mehr als 650 Prozent. Liu begann sein Geschäft laut Forbes mit dem Verkauf von Einweghandschuhen bereits in den 90er-Jahren, als er an der University of California studierte, bevor er 2003 nach China zurückkehrte, um Intco zu gründen.
Steven Meng Yang (4,2 Milliarden) arbeitete früher als Softwareentwickler bei Google in den USA. 2011 gründete er dann in Shenzhen den Hardware-Entwickler Anker Innvovations. Zunächst war das Unternehmen auf Ersatzbatterien für Laptops spezialisiert. Nach einiger Zeit änderte sich der Fokus auf Aufladegeräte für Smartphones. Die Produkte werden aus China verschickt und vor allem über Amazon vertrieben. Beim Börsengang im vergangenen Jahr wurde Anker Innovations mit acht Milliarden Dollar bewertet. Gründer Yang hält 44 Prozent der Anteile.
Li Xiang (vier Milliarden) ist Gründer des chinesischen E-Auto-Startups Li Auto, das im vergangenen Juli in New York an die Börse ging. Nach eigenen Angaben hat Li Auto im vergangenen Jahr auf seinem Heimatmarkt 33500 Fahrzeuge verkauft. Die größten Konkurrenten sind die ebenfalls in New York gelisteten chinesischen E-Auto-Bauer Nio und XPeng. Gregor Koppenburg/Jörn Petring
Das Elektro-Start-up Xpeng hat den Bau einer dritten Fabrik für Elektroautos angekündigt. Das geplante Werk im zentralchinesischen Wuhan soll eine Jahreskapazität von 100.000 Stromern haben, auch Antriebsstränge produzieren und ein Entwicklungslabor haben, wie Xpeng jüngst mitteilte. Dazu kooperiere das Unternehmen mit der Provinzregierung – was wohl heißen soll, dass es Vergünstigungen oder sogar Zuschüsse bekommt. Eine Investitionssumme und einen Produktionsstart nannte das an der Börse in New York gelistete Unternehmen aber zunächst nicht.
Xpeng mausert sich derzeit zu einem der führenden Elektroauto-Start-ups. Das 2014 gegründete Untrenehmen hatte medial lange im Schatten glamouröser Konkurrenten gestanden – die teilweise bereits wieder von der Bildfläche verschwunden sind oder mit finanziellen Problemen zu kämpfen haben. 2020 lag Xpeng in China mit 27.042 verkauften Elektroautos auf Rang drei unter den Start-ups einschließlich Tesla. Diese Marken ziehen vor allem Privatkunden an. Im ersten Quartal setzte Xpeng 13.340 Stromer seiner zwei Modelle P7 und G3 ab – das waren satte 487 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Ein drittes Modell soll nach lokalen Medienberichten auf der Automesse in Shanghai präsentiert werden.
“Intelligente Elektrofahrzeuge werden in China immer beliebter”, sagte Xpeng-Gründer und Chef He Xiaopeng in der Mitteilung. “Der Ausbau unserer Kapazitäten in wichtigen Hubs wie Wuhan spielt für uns eine entscheidende Rolle.” Wuhan ist einer der Auto-Cluster Chinas und dürfte daher auch bereits über für Xpeng interessante Zulieferer verfügen.
Der zuletzt wieder stark boomende Elektromarkt sorgt für wieder steigende Euphorie in dem Segment. 2020 wurden trotz der Corona-Pandemie 1,3 Millionen Stromer verkauft, 24 Prozent mehr als 2019. Analysten der Nachrichtenagentur Bloomberg erwarten für 2021 sogar ein Plus von 54 Prozent.
Die meisten Start-ups produzieren mit nur einem Werk – so bislang auch Xpeng, dessen Stromer in Zhaoqing in der Südprovinz Guangdong vom Band laufen. Eine zweite Fabrik in der Provinzhauptstadt Guangzhou ist im Bau – in ähnlicher Größe wie das nun angekündigte Werk. In Guangzhou soll die Produktion Ende 2022 beginnen. ck
Die chinesische Wettbewerbsbehörde will ihre Personalstärke um 20 bis 30 Mitarbeiter:innen aufstocken. Außerdem soll die Behörde mit mehr finanziellen Mitteln ausgestattet werden, um gegen wettbewerbswidriges Verhalten vorzugehen, berichtete Reuters unter Berufung auf informierte Kreise. Derzeit beschäftigt die Staatliche Verwaltung für Marktregulierung demzufolge “etwa 40 Personen”. Erst am Samstag hatte die Behörde ein Rekord-Bußgeld gegen Alibaba in Höhe von umgerechnet 2,3 Milliarden Euro verhängt. Hintergrund war das Ergebnis einer Untersuchung wonach Alibaba seine marktbeherrschende Stellung missbrauchte.
Pekings Vorhaben, die Regulierungsbehörde zu stärken, erfolgt zeitgleich zu der Überarbeitung des chinesischen Wettbewerbsrechts. Vorgeschlagene Änderungen sehen deutlich höhere Geldstrafen und neue Kriterien zur Beurteilung, ob ein Unternehmen den jeweiligen Markt beherrscht, vor, wie Reuters berichtete. nib
Montenegro will verschiedene EU-Organisationen um Hilfe bei der Rückzahlung eines Kredits in Höhe von einer Milliarde US-Dollar an China bitten, berichtet die Financial Times bezugnehmend auf den Finanzminister Montenegros, Milojko Spajić. Der Kredit wurde demnach für ein Autobahnprojekt gewährt, das von der China Road and Bridge Corporation gebaut wird, aber bisher nicht fertiggestellt wurde. Das Projekt gilt der FT zufolge als eine der teuersten Autobahnen der Welt und ist unrentabel. Im Juli müsse das Land mit der Rückzahlung beginnen. Sollte Montenegro in Verzug geraten, geben die Vertragsbedingungen China das Recht, auf montenegrinisches Land als Sicherheiten zuzugreifen, heißt es in dem Bericht weiter.
Spajić argumentierte, es sei ein “einfacher Gewinn” für die EU im geopolitischen Wettstreit, wenn sie Montenegro bei der Refinanzierung unterstütze. Es sei das erste Mal, dass ein Staat des westlichen Balkans eine solche Annäherung an Brüssel unternehme, um chinesischen Einfluss einzudämmen, gibt die FT einen Analysten des Think-Tanks Belgrade Fund for Political Excellence wieder. Die EU sei bereit, zu helfen, erklärte ein Beamter der EU-Kommission dem FT-Bericht zufolge. Jedoch stehe die Höhe des Kredits in keinem Verhältnis zur Wirtschaft Montenegros. Man müsse nun die “richtigen finanziellen Instrumente” finden, so der Beamte. nib
Der weltweit größte Hersteller von Batterien für Elektroautos, das chinesische Unternehmen Contemporary Amperex Technology Co Ltd (CATL), beteiligt sich mit 137,5 Millionen US-Dollar an einer Kobaltmine in der Demokratischen Republik Kongo, berichtet Reuters. Bisher gehörte die Mine zu 95 Prozent dem weltweit größten Kobaltförderer China Molybdenum. Ein Tochterunternehmen von CATL übernimmt nun 23,75 Prozent der Anteile an der Mine.
Die Investition verschafft CATL laut Reuters Zugang zu einer der weltweit größten unerschlossenen Kobaltreserve. Das Metall ist ein Bestandteil von Batterien für Elektrofahrzeuge. Zur Sicherung der eigenen Versorgung hatte CATL schon zuvor in Firmen investiert, die Batterierohstoffe wie Lithium und Nickel fördern. Die Regierung der DR Kongo hält einen Anteil von fünf Prozent an der Mine. nib
Die Umweltminister:innen der BASIC-Staaten haben Bedenken wegen eines “einseitigen CO2-Grenzausgleichs” geäußert. Bei diesem handele es sich um ein Handelshemmnis, erklärten die für Umwelt zuständigen Minister:innen von Brasilien, Südafrika, Indien und China in einer gemeinsamen Erklärung.
Anpassungen für einen CO2-Grenzausgleich seien diskriminierend und gegen die Grundsätze des CBDR-RC (Common but Differentiated Responsibilities and Respective Capabilities), das im UN-Rahmenabkommen (UNFCCC) zum Klimawandel festgelegt sei, hieß es demnach in dem Statement.
In der Erklärung wird kein konkretes Vorhaben für CO2-Grenzausgleich kritisiert. Die EU arbeitet aber derzeit an einem entsprechenden Instrument (China.Table berichtete). Das Europaparlament hatte dafür bereits grünes Licht gegeben, der Vorschlag der EU-Kommission wird für das zweite Quartal erwartet. ari
Mareike Ohlberg hat das Grübeln aufgegeben. Ob sie nun tatsächlich von der chinesischen Regierung sanktioniert worden ist oder nicht, spielt im Grunde keine Rolle für sie. Die Sinologin ist sich ziemlich sicher, dass sie bis auf Weiteres nicht mehr in die Volksrepublik einreisen darf – offizielle Sanktionen hin oder her.
Indiz für ihre Vermutung: ein Artikel in der Global Times, einer chinesischen Tageszeitung, zwischen deren Texte und den staatlichen Verlautbarungen kein Blatt Papier mehr passt. Das Medium stellte seinen Lesern kürzlich jene Personen und Institutionen vor, die von der Volksrepublik China namentlich sanktioniert wurden. Die persönlichen Strafen waren Teil einer Vergeltung für konzertierte Sanktionen aus der EU und den USA gegen chinesische Funktionäre. Ohlberg selbst fand dabei Erwähnung als ehemalige Mitarbeiterin des sanktionierten Berliner Mercator-Instituts (Merics). Als solche hatte sie im April 2020 einen offenen Brief unterzeichnet, der Chinas Corona-Politik scharf kritisierte. Die Global Times bezog sich auf dieses Schreiben und diffamierte Ohlberg ebenso wie ihre frühere Merics-Kollegin Kristin Shi-Kupfer.
Aber was das jetzt konkret bedeutet? Ohlberg weiß es nicht. Niemand hat ihr offiziell mitgeteilt, dass sie nicht mehr im Land willkommen ist. Aber die 36-Jährige zählt eins und eins zusammen. Ihre Arbeit spiegelt eine kritische Haltung zu chinesischer Innen- wie Außenpolitik wider und ist Peking schon eine Weile ein Dorn im Auge. 2017 verweigerte man ihr trotz Einladung durch die deutsche Botschaft in Peking zum ersten Mal ein Visum, nachdem sie kurz zuvor über ideologische Strömungen in China geforscht und publiziert hatte.
“Sind sie reinrassige Deutsche?”, wurde sie damals bei der Beantragung gefragt. “Das war bizarr, aber es schien so, als suche man nach einem Grund, mir die Einreise zu verweigern”, sagt Ohlberg, deren Familie zum Teil aus Russland stammt und deren Mutter in den USA geboren wurde. Die chinesische Botschaft betont gegenüber China.Table, dass die Visumserteilung nach dem Prinzip der Staatsangehörigkeit erfolge. “Die chinesische Botschaft und Generalkonsulate in Deutschland bearbeiten Visumanträge ausländischer Staatsbürger gemäß dem Völkerrecht und den einschlägigen chinesischen Gesetzen“, heißt es in ihrer Stellungnahme.
Und dann ist da noch dieses Buch, das im vergangenen Jahr erschien, “Die lautlose Eroberung”, dessen Co-Autorin Ohlberg ist. Dort beschreibt sie chinesische Strukturen, die darauf ausgerichtet sind, die Demokratien der Welt auszuhöhlen und zu unterwandern. Das Buch sorgt für Aufsehen, weil es wachrüttelt und zeigt, mit welchen Mitteln die Volksrepublik in anderen Staaten intensiv ihre autoritäre Politik salonfähig machen will. Stimmen wie die von Ohlberg will China deshalb lieber mundtot machen. Doch weil der Diktatur die Argumente gegen wissenschaftliche Arbeit fehlen, verbannt sie kategorisch alle unliebsamen Gegenpositionen ins Reich der Lügen. Gegenbeweise? Fehlanzeige.
“Die Strategie der chinesischen Regierung ist es, die Gegenseite zu verunsichern und zu verängstigen. Ich selbst lese Kommentare in sozialen Medien nicht, weil es für mich keinerlei Sinn ergibt. Aber manchmal schicken mir Freunde Nachrichten und fragen nach, ob ich Angst habe“, sagt Ohlberg. Dann wisse sie, dass ihr wieder irgendwer über das Netz gedroht haben muss. Der Versuch sie einzuschüchtern, führt aber auch über ihren Arbeitgeber, den German Marshall Fund (GMF), einer US-Stiftung, die das transatlantische Verhältnis mit Europa verbessern möchte. “Gelegentlich gibt es Beschwerden gegen mich bei meinem Arbeitgeber und bei anderen, die mich in Zukunft einstellen könnten. So versuchen Kritiker, mir die berufliche Zukunft zu verbauen“, sagt Ohlberg.
Das beeindruckt die Forscherin zwar nicht, wie sie sagt, doch es zeige die Zielsetzung der Kommunistischen Partei: “Die Quellen für faktenbasierte und kritische Analysen chinesischer Politik will Peking austrocknen und durch ihre eigenen Narrative ersetzen.” Merics und GMF werden von Staatsmedien der Volksrepublik als anti-chinesische Werkzeuge der US-Regierung bezeichnet.
Ohlberg ist es gewohnt anzuecken. Autoritäten haben sie nie nachhaltig beeindruckt, sagt sie. Das nimmt man ihr ab. Neulich saß sie bei Jörg Thadeusz zum Talk aus Berlin im RRB-Fernsehstudio und sollte den Inhalt ihres Buches erklären. Der Moderator konfrontierte sie mit einem Zitat des, wie er sagte, “heiligen” Alt-Bundeskanzlers Helmut Schmidt zum Thema China aus dem Jahr 2013.
Dem Sinn nach sagte Schmidt damals, die Diktatur sei kulturbedingt die richtige Herrschaftsform für das chinesische Volk. Ein klassisches Argument aus der Propagandaschmiede der KP Chinas. Der ehemalige SPD-Politiker erzählte gerne von seiner Freundschaft zum früheren Spitzenpolitiker Deng Xiaoping. Viele seiner Schlussfolgerungen basierten auf Gesprächen mit Deng. Ohlberg holte vor der Kamera leicht genervt Luft und sagte: “Helmut Schmidt hatte zu China relativ viele fragwürdige Ideen.” Natürlich gab es auch dafür negative Reaktionen, diesmal von Deutschen.
Wie erklärt sie sich die hohe Emotionalität der China-Debatte in Deutschland? Ohlberg glaubt, dass viele Fürsprecher der Pekinger Autokraten einfach schlecht informiert sind. Manche führen mit dem Auto ein paar Wochen durch Xinjiang und glauben dabei erkennen zu können, dass die Menschenrechtsverbrechen gegen die uigurische Minderheit keineswegs so schlimm sind, wie im Westen dargestellt, weil sie selbst nichts dergleichen gesehen haben. Andere dagegen wüssten es sehr wohl besser, handelten aber im Eigeninteresse: “Es gibt sicher einige, die wirklich glauben, dass die Darstellungen von dem, was in Xinjiang passiert, überzogen sind. Aber es gibt auch viele, die mit ihrem Widerspruch sehr bewusst Pluspunkte bei der chinesischen Regierung sammeln wollen.”
In ihrer Forschung beschäftigt sich Ohlberg seit ihrer Doktorarbeit intensiv mit chinesischer Propaganda. Als sie 2004 für ein Jahr in Peking studierte, lernte sie eine enorme Meinungsvielfalt im Land kennen, aus der sie über viele Jahre eine Essenz abstrahierte, die den Freunden der Kommunistischen Partei heute bitter aufstößt. Schon früh war sie der Meinung, man müsse Sinologie studieren und sich gleichzeitig für die Rechte unterdrückter Tibeter einsetzen dürfen. Ohlberg erinnert sich an Kommilitonen, die lieber nichts unterschrieben, weil sie Angst hatten, dass ihnen danach die Einreise nach China verweigert würde.
Solche Zugeständnisse sind der Autorin zutiefst suspekt. Sie sagt, sie sei immer bereit gewesen, den Preis für kritische Chinaforschung zu zahlen. Die Schmähungen in der Global Times sind Teil dieses Preises. Auch eine Einreise nach Hongkong will sie wegen der dortigen neuen Gesetzgebung nicht riskieren. Juristen haben ihr gesagt, dass man definitiv etwas gegen sie finden würde, das gegen das vage formulierte Nationale Sicherheitsgesetz verstoße (China.Table berichtete).
Ohlberg lernte die chinesische Kultur aus vielen Perspektiven kennen. Als Austauschstudentin in Peking, als Mitarbeiterin des Cheng-Shewo-Instituts für Journalismus in Taiwan oder über eine Freundin aus Hongkong, die sie als 16-Jährige in den USA kennenlernte. Während ihres Studiums in einer Zeit, als unter dem früheren Staatspräsidenten Hu Jintao ein Lüftchen der Liberalisierung durch das Land zog, führte sie angeregte Diskussionen mit ihren Dozenten über autoritäre Strukturen oder Minderheitenpolitik. Sie lernte die kritische Haltung vieler Akademiker in der Volksrepublik gegenüber ihrer eigenen Regierung kennen, aber auch die Argumente der Befürworter. Fast 20 Jahre ist das schon her. Solche Diskussionen sind in China heute undenkbar. Angst regiert die Köpfe der Intellektuellen. Selbst Ohlberg ist vorsichtig. “Es sollte in dem Text über mich nicht nachvollziehbar sein, wer diese kritischen Köpfe waren. Das kann sie heute wieder in Schwierigkeiten bringen“, sagt sie.
Und dann waren da auch uigurische Freunde, von denen sie heute manche vermisst, weil sie nicht weiß, was mit ihnen geschehen ist. Dass man ihr wegen dieser persönlichen Beziehungen Voreingenommenheit vorwirft, nimmt Ohlberg in Kauf. Sie sagt: “Wer persönliche Erfahrungen gewonnen hat, der darf nicht wegen vermeintlicher Voreingenommenheit von einer Debatte ausgeschlossen werden.” Marcel Grzanna
Achtung, Schriftzeichengeschosse kreuzen! Zumindest auf chinesischen Videoplattformen. Hier nämlich fliegen nicht selten Zuschauerkommentare als “Zeilengeschosse” über den Bildschirm. Dànmù 弹幕 heißt das interaktive Phänomen – eine Wortneuschöpfung aus 弹 dàn “Geschoss” und 幕 mù wie in 字幕 zìmù “Untertitel” oder 屏幕 píngmù “Bildschirm”. Im englischen Sprachraum ist der Trend, der ursprünglich aus Japan nach China schwappte, als “Bullet Screen” oder “Bullet Comments” bekannt.
Und so funktioniert’s: Per interaktiver Übertragungstechnik können Internetnutzer beim Schauen von Onlinevideos über ein spezielles Texteingabefenster eigene Kommentare verfassen (写评论 xiě pínglùn) und so quasi in Echtzeit ihren Senf zum Handlungsgeschehen abgeben. Nach dem Absenden ziehen die Comments dann für andere Nutzer sichtbar als Sprachpatronen zeilenweise über den Bildschirm. Vor allem bei Trash- und Billigproduktionen im Onlinebereich ist diese interaktive “Waffe” bei jungen Chinesen beliebt. Teils wird gar so enthusiastisch gepostet und kommentiert, dass das eigentliche Video im wahrsten Sinne des Wortes in den Hintergrund tritt, da der ganze Bildschirm mit Spracheinblendungen überzogen ist.
2014 gab es auch erste Experimente, Danmu auf die Kinoleinwand zu übertragen. Das war vielen chinesischen Cineasten dann aber doch zu viel des Guten. Wirklich durchgesetzt haben sich die Zeichengeschosse mittlerweile nur im Onlinebereich, besonders beliebt sind sie bei Usern der Videoplattform Bilibili. Doch keine Sorge: Auch hier besteht für sensible Chinesisch-Sprachanfänger keine Gefahr für unerwünschte Zeichen-Einschusslöcher, so viel sei verraten. Denn wem die Wortgefechte zu ausufernd werden, der kann die interaktiven Einblendungen per Klick auf den Off-Button am unteren Bildschirmrand ganz einfach ausschalten.
Verena Menzel 孟维娜 betreibt in Peking die Online-Sprachschule New Chinese.
bei batteriebetriebenen E-Autos will China Weltmarktführer werden. Das heißt jedoch nicht, dass die Wasserstoff-Technologie vernachlässigt wird, analysiert Frank Sieren. Sie soll bei Nutzfahrzeugen und Bussen eingesetzt werden. Grüner Wasserstoff spielt bisher jedoch kaum eine Rolle.
Kein anderes Land der Welt produziert so rasant schnell Milliardäre wie China. Laut dem aktuellen Forbes-Ranking gibt es mittlerweile 626 von ihnen. Peking ist die Welthauptstadt der Milliardäre und hat New York den Rang abgelaufen. Gregor Koppenburg und Jörn Petring analysieren, womit die zehn wichtigsten Newcomer im Forbes-Ranking ihr Vermögen verdient haben.
Chinas jüngst gegen zehn Europäer:innen sowie vier Organisationen aus der EU verhängte Sanktionen lassen vieles im Unklaren. Marcel Grzanna sprach mit der Sinologin Mareike Ohlberg. Sie sagt: “Die Strategie der chinesischen Regierung ist es, die Gegenseite zu verunsichern und zu verängstigen.” Das gelte für kritische Köpfe im Ausland wie im Inland.
Im November vergangenen Jahres hat Chinas Nationaler Volkskongress (NVK) einen Entwicklungsplan vorgestellt, der vorsieht, dass sich das Land in den nächsten 15 Jahren zur “Wasserstoff-Nation” entwickelt. Bis 2035 möchte der chinesische Staat eine Million Elektrofahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb auf den Straßen haben, wobei der Fokus zunächst auf Nutzfahrzeugen, Lastwagen und Bussen liegen soll.
Die Winter-Olympiade 2022 ist dabei das erste große Vorzeigeprojekt. An den Spielstätten sollen bereits 1800 Busse mit Brennstoffzellen unterwegs sein.
Laut einem White Paper der China Hydrogen Alliance (NAHC) könnten im Jahr 2030 dann schon zwischen sieben und 14 Prozent des chinesischen Nutzfahrzeug-Absatzes auf Brennstoffzellen-Fahrzeuge entfallen. Das entspräche 360.000 bis 720.000 Fahrzeugen.
Das deckt sich mit Pekings Zielen, bis 2060 klimaneutral zu sein und den Höhepunkt der CO2-Emissionen vor 2030 erreicht zu haben. Zwei Fünftel aller klimaschädlichen Verkehrs-Emissionen gehen heute auf Lastkraftwagen zurück. In diesem Bereich machen Wasserstoffantriebe mehr Sinn als E-Batterien, da E-Akkus in LKW tonnenschwer sein müssten, lange zum Nachladen brauchen und nach jetzigem Stand der Technik nur eine geringe Reichweite erzielen. Wasserstoff ist dagegen leichter. Die Tanks lassen sich in einem großen Fahrzeug besser unterbringen. Auch benötigt man kein riesiges Netz an Wasserstofftankstellen. Es reichen strategische Nachfüllstationen, etwa an Autobahnknotenpunkten. Bis 2035 will China mehr als 1000 solcher Tankstellen installiert haben.
Der chinesische Lkw-Markt steht für rund 40 Prozent des globalen Absatzes. Noch wird er vor allem von nationalen Herstellern wie FAW Jiefang und Dongfeng beherrscht. Über eine eigene Brennstoffzellen-Technologie verfügt unter anderem SAIC Motor aus Shanghai. Der größte Fahrzeughersteller des Landes hat bereits vergangenes Jahr angekündigt, bis 2025 mindestens zehn neue Wasserstoff-Modelle auf den Markt zu bringen. Das Unternehmen hat in den vergangenen 20 Jahren umgerechnet 370 Millionen Euro in die Forschung und Entwicklung von Wasserstoff-Antrieben gesteckt. Mit dem SAIC Hongyan hat das Unternehmen Ende vergangenen Jahres einen vielversprechenden Wasserstoff-Truck vorgestellt.
Auch Brüssel fordert, dass europäische LKW-Bauer ihre CO2-Emissionen bis 2025 durchschnittlich um 15 Prozent und bis 2030 sogar um 30 Prozent senken.
Die Daimler Truck AG, Iveco (CNH Industrial), die Ölkonzerne OMV und Shell sowie die Volvo Group haben im Dezember deshalb eine neue Interessengemeinschaft mit dem Namen H2Accelerate vorgestellt, die dem Wasserstoff-Lkw zum Durchbruch verhelfen soll. “Die Brennstoffzelle ist eine entscheidende CO2-neutrale Lösung für Lkw im schweren Fernverkehr”, erklärt Martin Daum, Vorsitzender des Vorstands der Daimler Truck AG.
Dass China bald noch mehr in den Fokus der ausländischen LKW-Bauer rücken wird, ist so gut wie sicher. Die VW-Lastwagentochter Traton, die eine strategischen Partnerschaft mit dem chinesischen Lkw-Hersteller Sinotruk unterhält, baut derzeit eine Lastwagen-Fabrik in der Provinz Jiangsu. Der Beginn der Serienproduktion ist für Anfang 2022 geplant. Die Traton-Marke MAN ist mit 25 Prozent an Sinotruk beteiligt. “Die technologischen Anforderungen an Nutzfahrzeuge nehmen weltweit zu und nähern sich auf den internationalen Märkten zunehmend an”, erklärt Traton-Chef Matthias Gründler.
Toyota und Hyundai, die beiden Unternehmen, deren Brennstoffzellen-PKW momentan die höchste Marktreife erreicht haben, sind ebenfalls in China aktiv. Toyota hat mit den chinesischen Autoherstellern FAW, Dongfeng, GAC und BAIC sowie dem auf stationäre Brennstoffzellensysteme spezialisierten Unternehmen Beijing SinoHytec die United Fuel Cell System R&D gegründet, die die Entwicklung kostengünstiger Brennstoffzellensysteme vorantreiben will. Toyota ist an dem Joint Venture mit 65 Prozent beteiligt.
Hyundai wiederum baut für rund eine Milliarde Dollar sein erstes Brennstoffzellen-Werk außerhalb Koreas im südchinesischen Guangzhou. Die Südkoreaner hatten bereits im vergangenen Jahr im Rahmen eines Pilotprojekts in der Schweiz mit der Auslieferung ihres Wasserstoff-Lkw Xcient Fuel Cell begonnen.
Peking lockt außerdem mit Subventionen. Jede Region, die Technologien für Brennstoffzellen-Fahrzeuge fördert, kann bis zu 200 Millionen Euro zurückerstattet bekommen. Das heißt: Geld bekommt nur, wer bereits etwas liefern kann. Bei Schwerlastwagen waren zuletzt Subventionen von bis zu 133.000 Euro pro Fahrzeug möglich.
China ist schon jetzt der größte Wasserstoffproduzent der Welt, mit einer jährlichen Produktion von 20 Millionen Tonnen. Wirklich grün ist die Technologie aber noch nicht. Über 90 Prozent des Wasserstoffs werden aus Kohle und chemischen Nebenerzeugnissen gewonnen. CO2-neutraler “Grüner Wasserstoff” aus Energiequellen wie Wasser, Wind und Sonnenenergie spielt bislang kaum eine Rolle. Die chinesische Wasserstoff-Förderung hat zunächst vor allem die Technologieführerschaft im Blick.
Mehrere Großprojekte zur Erzeugung vom Wasserstoff aus Solar- und Windstrom sind jedoch geplant, zum Beispiel in der Inneren Mongolei, wo eine gigantische Produktionsanlage für Wasserstoff entstehen soll. Eins ist klar: Die Entwicklungen am chinesischen Markt werden entscheidend sein. Das Land ist mit seiner Größe und des wachsenden Einflusses seiner Industriepolitik der potentiell größte Markt für die Wasserstoff-Technologie weltweit.
Das neue Forbes-Milliardärs-Ranking lässt sich aus chinesischer Sicht schnell zusammenfassen: Für Chinas Superreiche war es ein super Jahr. Die Volksrepublik hat 202 Milliardäre hinzugewonnen, womit ihre Zahl um gut ein Drittel auf 626 angestiegen ist. Allein in Peking leben nun 100 Milliardäre, was die chinesische Hauptstadt noch vor New York zur Stadt mit den meisten Milliardären macht. Jack Ma ist nicht mehr der reichste Mann Chinas. Er wurde von Mineralwasser-König Zhong Shanshan abgelöst. Auch Tencent-Gründer Pony Ma und Colin Zheng Huang, Gründer des Online-Händlers Pinduoduo sind an Ma vorbeigezogen.
Interessanter als die altbekannten Gesichter auf den Top-Plätzen, sind jene Unternehmer, die ganz frisch gebackene Milliardäre sind. Unter den neuen Namen auf der Liste sind allein 59, die durch Börsengänge im vergangenen Jahr zu ihrem Vermögen gekommen sind. Andere haben davon profitiert, dass sich der Wert ihre bereits gelisteten Firmen vervielfacht hat. Ein Überblick über die zehn wichtigsten chinesischen Newcomer im Forbes-Ranking:
Chen Zhiping, dessen Vermögen im vergangenen Jahr nicht nur erstmals die Milliarden-Marke überstiegen hat, sondern direkt auf 15,9 Milliarden Dollar katapultiert wurde, ist Gründer des weltweit größten E-Zigaretten-Herstellers Smoore International, den er im vergangenen Juli an die Hongkonger Börse brachte.
Li Hua (7,1 Milliarden Dollar) ist Gründer der in China populären Finanzplattform Futu. Ähnlich wie in den USA der Anbieter Robinhood, ist Futu für private Anleger gemacht, die einfach auf ihrem Smartphone an der Börse handeln wollen. Die Aktien der in New York gehandelten Trading-Plattform legten im vergangenen Jahr um fast 1400 Prozent zu.
Wang Junlin (6,3 Milliarden Dollar) belebte als Manager zwei staatliche Unternehmen wieder, bevor er 2001 zum damals ums Überleben kämpfende Spirituosenhersteller Sichuan Langjiu kam. Wang restrukturierte und privatisierte die historische Marke, die ihre Wurzeln in der Han-Dynastie hat. Im vergangenen Jahr verkündete das Unternehmen seinen Plan für einen Börsengang.
Wang Ning (6,3 Milliarden Dollar) begann kurz nach seinem Uni-Abschluss im Jahr 2010 damit, den Spielzeughersteller Pop Mart aufzubauen. Ein Jahrzehnt später brachte er das Unternehmen im Dezember 2020 an der Hongkonger Börse. Die Firma ist für ihre Sammelfiguren berühmt. Ähnlich wie bei Überraschungseiern wissen Kunden zuvor nicht, welche Figur sich in der Verpackung verbirgt.
Jian Jun (5,6 Milliarden Dollar) ist Gründer des Shenzener Unternehmens Imeik Technology Development, das medizinisch-kosmetische Produkte wie etwa fortschrittliche Anti-Aging-Gesichtsmasken herstellt. Jian brachte das 2004 gegründete Unternehmen im vergangenen September in Shenzhen an die Börse. Der Kurs hat sich seitdem mehr als verdoppelt.
Cao Renxian (5,3 Milliarden Dollar) gründete bereits 1997, als er noch als Universitäts-Professor arbeitete, das Unternehmen Sungrow Power Supply. Die in 150 Ländern verwendeten Produkte wandeln Gleichstrom aus Sonnenkollektoren in Wechselstrom für das Stromnetz um. Neben gewerblichen und privaten Anwendungen liefert Sungrow auch Komponenten für schwimmende Solarparks, die in China ein riesiges Geschäft ist.
Kate Wang (fünf Milliarden Dollar) ist genau wie Chen Zhiping mit E-Zigaretten reich geworden. Auch Wang “verdiente” ihre Milliarden an der Börse, als ihr Unternehmen RLX Technology im vergangenen Jahr erstmals notiert wurde.
Liu Fangyi (4,2 Milliarden) ist der große Gewinner der Corona-Krise. Die Aktien seines Unternehmens Intco Medical Technology, das medizinische Einwegprodukte wie Masken und Handschuhe herstellt, stiegen im vergangenen Jahr inmitten der Pandemie um mehr als 650 Prozent. Liu begann sein Geschäft laut Forbes mit dem Verkauf von Einweghandschuhen bereits in den 90er-Jahren, als er an der University of California studierte, bevor er 2003 nach China zurückkehrte, um Intco zu gründen.
Steven Meng Yang (4,2 Milliarden) arbeitete früher als Softwareentwickler bei Google in den USA. 2011 gründete er dann in Shenzhen den Hardware-Entwickler Anker Innvovations. Zunächst war das Unternehmen auf Ersatzbatterien für Laptops spezialisiert. Nach einiger Zeit änderte sich der Fokus auf Aufladegeräte für Smartphones. Die Produkte werden aus China verschickt und vor allem über Amazon vertrieben. Beim Börsengang im vergangenen Jahr wurde Anker Innovations mit acht Milliarden Dollar bewertet. Gründer Yang hält 44 Prozent der Anteile.
Li Xiang (vier Milliarden) ist Gründer des chinesischen E-Auto-Startups Li Auto, das im vergangenen Juli in New York an die Börse ging. Nach eigenen Angaben hat Li Auto im vergangenen Jahr auf seinem Heimatmarkt 33500 Fahrzeuge verkauft. Die größten Konkurrenten sind die ebenfalls in New York gelisteten chinesischen E-Auto-Bauer Nio und XPeng. Gregor Koppenburg/Jörn Petring
Das Elektro-Start-up Xpeng hat den Bau einer dritten Fabrik für Elektroautos angekündigt. Das geplante Werk im zentralchinesischen Wuhan soll eine Jahreskapazität von 100.000 Stromern haben, auch Antriebsstränge produzieren und ein Entwicklungslabor haben, wie Xpeng jüngst mitteilte. Dazu kooperiere das Unternehmen mit der Provinzregierung – was wohl heißen soll, dass es Vergünstigungen oder sogar Zuschüsse bekommt. Eine Investitionssumme und einen Produktionsstart nannte das an der Börse in New York gelistete Unternehmen aber zunächst nicht.
Xpeng mausert sich derzeit zu einem der führenden Elektroauto-Start-ups. Das 2014 gegründete Untrenehmen hatte medial lange im Schatten glamouröser Konkurrenten gestanden – die teilweise bereits wieder von der Bildfläche verschwunden sind oder mit finanziellen Problemen zu kämpfen haben. 2020 lag Xpeng in China mit 27.042 verkauften Elektroautos auf Rang drei unter den Start-ups einschließlich Tesla. Diese Marken ziehen vor allem Privatkunden an. Im ersten Quartal setzte Xpeng 13.340 Stromer seiner zwei Modelle P7 und G3 ab – das waren satte 487 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Ein drittes Modell soll nach lokalen Medienberichten auf der Automesse in Shanghai präsentiert werden.
“Intelligente Elektrofahrzeuge werden in China immer beliebter”, sagte Xpeng-Gründer und Chef He Xiaopeng in der Mitteilung. “Der Ausbau unserer Kapazitäten in wichtigen Hubs wie Wuhan spielt für uns eine entscheidende Rolle.” Wuhan ist einer der Auto-Cluster Chinas und dürfte daher auch bereits über für Xpeng interessante Zulieferer verfügen.
Der zuletzt wieder stark boomende Elektromarkt sorgt für wieder steigende Euphorie in dem Segment. 2020 wurden trotz der Corona-Pandemie 1,3 Millionen Stromer verkauft, 24 Prozent mehr als 2019. Analysten der Nachrichtenagentur Bloomberg erwarten für 2021 sogar ein Plus von 54 Prozent.
Die meisten Start-ups produzieren mit nur einem Werk – so bislang auch Xpeng, dessen Stromer in Zhaoqing in der Südprovinz Guangdong vom Band laufen. Eine zweite Fabrik in der Provinzhauptstadt Guangzhou ist im Bau – in ähnlicher Größe wie das nun angekündigte Werk. In Guangzhou soll die Produktion Ende 2022 beginnen. ck
Die chinesische Wettbewerbsbehörde will ihre Personalstärke um 20 bis 30 Mitarbeiter:innen aufstocken. Außerdem soll die Behörde mit mehr finanziellen Mitteln ausgestattet werden, um gegen wettbewerbswidriges Verhalten vorzugehen, berichtete Reuters unter Berufung auf informierte Kreise. Derzeit beschäftigt die Staatliche Verwaltung für Marktregulierung demzufolge “etwa 40 Personen”. Erst am Samstag hatte die Behörde ein Rekord-Bußgeld gegen Alibaba in Höhe von umgerechnet 2,3 Milliarden Euro verhängt. Hintergrund war das Ergebnis einer Untersuchung wonach Alibaba seine marktbeherrschende Stellung missbrauchte.
Pekings Vorhaben, die Regulierungsbehörde zu stärken, erfolgt zeitgleich zu der Überarbeitung des chinesischen Wettbewerbsrechts. Vorgeschlagene Änderungen sehen deutlich höhere Geldstrafen und neue Kriterien zur Beurteilung, ob ein Unternehmen den jeweiligen Markt beherrscht, vor, wie Reuters berichtete. nib
Montenegro will verschiedene EU-Organisationen um Hilfe bei der Rückzahlung eines Kredits in Höhe von einer Milliarde US-Dollar an China bitten, berichtet die Financial Times bezugnehmend auf den Finanzminister Montenegros, Milojko Spajić. Der Kredit wurde demnach für ein Autobahnprojekt gewährt, das von der China Road and Bridge Corporation gebaut wird, aber bisher nicht fertiggestellt wurde. Das Projekt gilt der FT zufolge als eine der teuersten Autobahnen der Welt und ist unrentabel. Im Juli müsse das Land mit der Rückzahlung beginnen. Sollte Montenegro in Verzug geraten, geben die Vertragsbedingungen China das Recht, auf montenegrinisches Land als Sicherheiten zuzugreifen, heißt es in dem Bericht weiter.
Spajić argumentierte, es sei ein “einfacher Gewinn” für die EU im geopolitischen Wettstreit, wenn sie Montenegro bei der Refinanzierung unterstütze. Es sei das erste Mal, dass ein Staat des westlichen Balkans eine solche Annäherung an Brüssel unternehme, um chinesischen Einfluss einzudämmen, gibt die FT einen Analysten des Think-Tanks Belgrade Fund for Political Excellence wieder. Die EU sei bereit, zu helfen, erklärte ein Beamter der EU-Kommission dem FT-Bericht zufolge. Jedoch stehe die Höhe des Kredits in keinem Verhältnis zur Wirtschaft Montenegros. Man müsse nun die “richtigen finanziellen Instrumente” finden, so der Beamte. nib
Der weltweit größte Hersteller von Batterien für Elektroautos, das chinesische Unternehmen Contemporary Amperex Technology Co Ltd (CATL), beteiligt sich mit 137,5 Millionen US-Dollar an einer Kobaltmine in der Demokratischen Republik Kongo, berichtet Reuters. Bisher gehörte die Mine zu 95 Prozent dem weltweit größten Kobaltförderer China Molybdenum. Ein Tochterunternehmen von CATL übernimmt nun 23,75 Prozent der Anteile an der Mine.
Die Investition verschafft CATL laut Reuters Zugang zu einer der weltweit größten unerschlossenen Kobaltreserve. Das Metall ist ein Bestandteil von Batterien für Elektrofahrzeuge. Zur Sicherung der eigenen Versorgung hatte CATL schon zuvor in Firmen investiert, die Batterierohstoffe wie Lithium und Nickel fördern. Die Regierung der DR Kongo hält einen Anteil von fünf Prozent an der Mine. nib
Die Umweltminister:innen der BASIC-Staaten haben Bedenken wegen eines “einseitigen CO2-Grenzausgleichs” geäußert. Bei diesem handele es sich um ein Handelshemmnis, erklärten die für Umwelt zuständigen Minister:innen von Brasilien, Südafrika, Indien und China in einer gemeinsamen Erklärung.
Anpassungen für einen CO2-Grenzausgleich seien diskriminierend und gegen die Grundsätze des CBDR-RC (Common but Differentiated Responsibilities and Respective Capabilities), das im UN-Rahmenabkommen (UNFCCC) zum Klimawandel festgelegt sei, hieß es demnach in dem Statement.
In der Erklärung wird kein konkretes Vorhaben für CO2-Grenzausgleich kritisiert. Die EU arbeitet aber derzeit an einem entsprechenden Instrument (China.Table berichtete). Das Europaparlament hatte dafür bereits grünes Licht gegeben, der Vorschlag der EU-Kommission wird für das zweite Quartal erwartet. ari
Mareike Ohlberg hat das Grübeln aufgegeben. Ob sie nun tatsächlich von der chinesischen Regierung sanktioniert worden ist oder nicht, spielt im Grunde keine Rolle für sie. Die Sinologin ist sich ziemlich sicher, dass sie bis auf Weiteres nicht mehr in die Volksrepublik einreisen darf – offizielle Sanktionen hin oder her.
Indiz für ihre Vermutung: ein Artikel in der Global Times, einer chinesischen Tageszeitung, zwischen deren Texte und den staatlichen Verlautbarungen kein Blatt Papier mehr passt. Das Medium stellte seinen Lesern kürzlich jene Personen und Institutionen vor, die von der Volksrepublik China namentlich sanktioniert wurden. Die persönlichen Strafen waren Teil einer Vergeltung für konzertierte Sanktionen aus der EU und den USA gegen chinesische Funktionäre. Ohlberg selbst fand dabei Erwähnung als ehemalige Mitarbeiterin des sanktionierten Berliner Mercator-Instituts (Merics). Als solche hatte sie im April 2020 einen offenen Brief unterzeichnet, der Chinas Corona-Politik scharf kritisierte. Die Global Times bezog sich auf dieses Schreiben und diffamierte Ohlberg ebenso wie ihre frühere Merics-Kollegin Kristin Shi-Kupfer.
Aber was das jetzt konkret bedeutet? Ohlberg weiß es nicht. Niemand hat ihr offiziell mitgeteilt, dass sie nicht mehr im Land willkommen ist. Aber die 36-Jährige zählt eins und eins zusammen. Ihre Arbeit spiegelt eine kritische Haltung zu chinesischer Innen- wie Außenpolitik wider und ist Peking schon eine Weile ein Dorn im Auge. 2017 verweigerte man ihr trotz Einladung durch die deutsche Botschaft in Peking zum ersten Mal ein Visum, nachdem sie kurz zuvor über ideologische Strömungen in China geforscht und publiziert hatte.
“Sind sie reinrassige Deutsche?”, wurde sie damals bei der Beantragung gefragt. “Das war bizarr, aber es schien so, als suche man nach einem Grund, mir die Einreise zu verweigern”, sagt Ohlberg, deren Familie zum Teil aus Russland stammt und deren Mutter in den USA geboren wurde. Die chinesische Botschaft betont gegenüber China.Table, dass die Visumserteilung nach dem Prinzip der Staatsangehörigkeit erfolge. “Die chinesische Botschaft und Generalkonsulate in Deutschland bearbeiten Visumanträge ausländischer Staatsbürger gemäß dem Völkerrecht und den einschlägigen chinesischen Gesetzen“, heißt es in ihrer Stellungnahme.
Und dann ist da noch dieses Buch, das im vergangenen Jahr erschien, “Die lautlose Eroberung”, dessen Co-Autorin Ohlberg ist. Dort beschreibt sie chinesische Strukturen, die darauf ausgerichtet sind, die Demokratien der Welt auszuhöhlen und zu unterwandern. Das Buch sorgt für Aufsehen, weil es wachrüttelt und zeigt, mit welchen Mitteln die Volksrepublik in anderen Staaten intensiv ihre autoritäre Politik salonfähig machen will. Stimmen wie die von Ohlberg will China deshalb lieber mundtot machen. Doch weil der Diktatur die Argumente gegen wissenschaftliche Arbeit fehlen, verbannt sie kategorisch alle unliebsamen Gegenpositionen ins Reich der Lügen. Gegenbeweise? Fehlanzeige.
“Die Strategie der chinesischen Regierung ist es, die Gegenseite zu verunsichern und zu verängstigen. Ich selbst lese Kommentare in sozialen Medien nicht, weil es für mich keinerlei Sinn ergibt. Aber manchmal schicken mir Freunde Nachrichten und fragen nach, ob ich Angst habe“, sagt Ohlberg. Dann wisse sie, dass ihr wieder irgendwer über das Netz gedroht haben muss. Der Versuch sie einzuschüchtern, führt aber auch über ihren Arbeitgeber, den German Marshall Fund (GMF), einer US-Stiftung, die das transatlantische Verhältnis mit Europa verbessern möchte. “Gelegentlich gibt es Beschwerden gegen mich bei meinem Arbeitgeber und bei anderen, die mich in Zukunft einstellen könnten. So versuchen Kritiker, mir die berufliche Zukunft zu verbauen“, sagt Ohlberg.
Das beeindruckt die Forscherin zwar nicht, wie sie sagt, doch es zeige die Zielsetzung der Kommunistischen Partei: “Die Quellen für faktenbasierte und kritische Analysen chinesischer Politik will Peking austrocknen und durch ihre eigenen Narrative ersetzen.” Merics und GMF werden von Staatsmedien der Volksrepublik als anti-chinesische Werkzeuge der US-Regierung bezeichnet.
Ohlberg ist es gewohnt anzuecken. Autoritäten haben sie nie nachhaltig beeindruckt, sagt sie. Das nimmt man ihr ab. Neulich saß sie bei Jörg Thadeusz zum Talk aus Berlin im RRB-Fernsehstudio und sollte den Inhalt ihres Buches erklären. Der Moderator konfrontierte sie mit einem Zitat des, wie er sagte, “heiligen” Alt-Bundeskanzlers Helmut Schmidt zum Thema China aus dem Jahr 2013.
Dem Sinn nach sagte Schmidt damals, die Diktatur sei kulturbedingt die richtige Herrschaftsform für das chinesische Volk. Ein klassisches Argument aus der Propagandaschmiede der KP Chinas. Der ehemalige SPD-Politiker erzählte gerne von seiner Freundschaft zum früheren Spitzenpolitiker Deng Xiaoping. Viele seiner Schlussfolgerungen basierten auf Gesprächen mit Deng. Ohlberg holte vor der Kamera leicht genervt Luft und sagte: “Helmut Schmidt hatte zu China relativ viele fragwürdige Ideen.” Natürlich gab es auch dafür negative Reaktionen, diesmal von Deutschen.
Wie erklärt sie sich die hohe Emotionalität der China-Debatte in Deutschland? Ohlberg glaubt, dass viele Fürsprecher der Pekinger Autokraten einfach schlecht informiert sind. Manche führen mit dem Auto ein paar Wochen durch Xinjiang und glauben dabei erkennen zu können, dass die Menschenrechtsverbrechen gegen die uigurische Minderheit keineswegs so schlimm sind, wie im Westen dargestellt, weil sie selbst nichts dergleichen gesehen haben. Andere dagegen wüssten es sehr wohl besser, handelten aber im Eigeninteresse: “Es gibt sicher einige, die wirklich glauben, dass die Darstellungen von dem, was in Xinjiang passiert, überzogen sind. Aber es gibt auch viele, die mit ihrem Widerspruch sehr bewusst Pluspunkte bei der chinesischen Regierung sammeln wollen.”
In ihrer Forschung beschäftigt sich Ohlberg seit ihrer Doktorarbeit intensiv mit chinesischer Propaganda. Als sie 2004 für ein Jahr in Peking studierte, lernte sie eine enorme Meinungsvielfalt im Land kennen, aus der sie über viele Jahre eine Essenz abstrahierte, die den Freunden der Kommunistischen Partei heute bitter aufstößt. Schon früh war sie der Meinung, man müsse Sinologie studieren und sich gleichzeitig für die Rechte unterdrückter Tibeter einsetzen dürfen. Ohlberg erinnert sich an Kommilitonen, die lieber nichts unterschrieben, weil sie Angst hatten, dass ihnen danach die Einreise nach China verweigert würde.
Solche Zugeständnisse sind der Autorin zutiefst suspekt. Sie sagt, sie sei immer bereit gewesen, den Preis für kritische Chinaforschung zu zahlen. Die Schmähungen in der Global Times sind Teil dieses Preises. Auch eine Einreise nach Hongkong will sie wegen der dortigen neuen Gesetzgebung nicht riskieren. Juristen haben ihr gesagt, dass man definitiv etwas gegen sie finden würde, das gegen das vage formulierte Nationale Sicherheitsgesetz verstoße (China.Table berichtete).
Ohlberg lernte die chinesische Kultur aus vielen Perspektiven kennen. Als Austauschstudentin in Peking, als Mitarbeiterin des Cheng-Shewo-Instituts für Journalismus in Taiwan oder über eine Freundin aus Hongkong, die sie als 16-Jährige in den USA kennenlernte. Während ihres Studiums in einer Zeit, als unter dem früheren Staatspräsidenten Hu Jintao ein Lüftchen der Liberalisierung durch das Land zog, führte sie angeregte Diskussionen mit ihren Dozenten über autoritäre Strukturen oder Minderheitenpolitik. Sie lernte die kritische Haltung vieler Akademiker in der Volksrepublik gegenüber ihrer eigenen Regierung kennen, aber auch die Argumente der Befürworter. Fast 20 Jahre ist das schon her. Solche Diskussionen sind in China heute undenkbar. Angst regiert die Köpfe der Intellektuellen. Selbst Ohlberg ist vorsichtig. “Es sollte in dem Text über mich nicht nachvollziehbar sein, wer diese kritischen Köpfe waren. Das kann sie heute wieder in Schwierigkeiten bringen“, sagt sie.
Und dann waren da auch uigurische Freunde, von denen sie heute manche vermisst, weil sie nicht weiß, was mit ihnen geschehen ist. Dass man ihr wegen dieser persönlichen Beziehungen Voreingenommenheit vorwirft, nimmt Ohlberg in Kauf. Sie sagt: “Wer persönliche Erfahrungen gewonnen hat, der darf nicht wegen vermeintlicher Voreingenommenheit von einer Debatte ausgeschlossen werden.” Marcel Grzanna
Achtung, Schriftzeichengeschosse kreuzen! Zumindest auf chinesischen Videoplattformen. Hier nämlich fliegen nicht selten Zuschauerkommentare als “Zeilengeschosse” über den Bildschirm. Dànmù 弹幕 heißt das interaktive Phänomen – eine Wortneuschöpfung aus 弹 dàn “Geschoss” und 幕 mù wie in 字幕 zìmù “Untertitel” oder 屏幕 píngmù “Bildschirm”. Im englischen Sprachraum ist der Trend, der ursprünglich aus Japan nach China schwappte, als “Bullet Screen” oder “Bullet Comments” bekannt.
Und so funktioniert’s: Per interaktiver Übertragungstechnik können Internetnutzer beim Schauen von Onlinevideos über ein spezielles Texteingabefenster eigene Kommentare verfassen (写评论 xiě pínglùn) und so quasi in Echtzeit ihren Senf zum Handlungsgeschehen abgeben. Nach dem Absenden ziehen die Comments dann für andere Nutzer sichtbar als Sprachpatronen zeilenweise über den Bildschirm. Vor allem bei Trash- und Billigproduktionen im Onlinebereich ist diese interaktive “Waffe” bei jungen Chinesen beliebt. Teils wird gar so enthusiastisch gepostet und kommentiert, dass das eigentliche Video im wahrsten Sinne des Wortes in den Hintergrund tritt, da der ganze Bildschirm mit Spracheinblendungen überzogen ist.
2014 gab es auch erste Experimente, Danmu auf die Kinoleinwand zu übertragen. Das war vielen chinesischen Cineasten dann aber doch zu viel des Guten. Wirklich durchgesetzt haben sich die Zeichengeschosse mittlerweile nur im Onlinebereich, besonders beliebt sind sie bei Usern der Videoplattform Bilibili. Doch keine Sorge: Auch hier besteht für sensible Chinesisch-Sprachanfänger keine Gefahr für unerwünschte Zeichen-Einschusslöcher, so viel sei verraten. Denn wem die Wortgefechte zu ausufernd werden, der kann die interaktiven Einblendungen per Klick auf den Off-Button am unteren Bildschirmrand ganz einfach ausschalten.
Verena Menzel 孟维娜 betreibt in Peking die Online-Sprachschule New Chinese.