der Besuch von US-Handelsministerin Gina Raimondo in China hat ohne Komplikationen begonnen. Es ist bezeichnend, dass dies schon als Erfolg verbucht werden muss angesichts der angespannten Beziehungen zwischen China und den USA. Es sei äußerst wichtig, dass man stabile Wirtschaftsbeziehungen unterhalte, sagte Raimondo am Montag in Peking.
Jörn Petring listet auf, welche Maßnahmen bereits am ersten Tag des Besuchs beschlossen wurden. Warum man nun ausgerechnet beim Flugzeugbauer Boeing auf weitere positive Schritte hofft, lesen Sie in unserer ersten Analyse.
Derweil geraten vor allem deutsche Automobilkonzerne immer häufiger in die Kritik. Der Vorwurf: In ihren chinesischen Lieferketten komme es zu Menschenrechtsverletzungen. Spätestens durch das deutsche Lieferkettengesetz ist dieser Vorwurf nicht mehr nur moralisch, sondern auch juristisch relevant.
Hilfe könnte Künstliche Intelligenz bringen. In unserer KI-Serie zeigt Christian Domke Seidel, wie Konzerne mit sprachbasierter KI ihre Lieferketten besser überwachen und Gesetzesverstöße schneller in Erfahrung bringen. Gerade für Unternehmen mit China-Geschäft ist dieser Ansatz besonders interessant.
Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht
Als Zeichen einer leichten Entspannung in den Beziehungen haben China und die USA zum Auftakt des Besuchs von US-Handelsministerin Gina Raimondo in Peking eine Vertiefung ihrer Handelsgespräche vereinbart. “Es ist äußerst wichtig, dass wir eine stabile Wirtschaftsbeziehung haben, die für beide Länder von Vorteil ist und die die Welt von uns erwartet”, sagte Raimondo am Montag bei einem Treffen mit dem chinesischen Handelsminister Wang Wentao in Peking.
Raimondo, die noch bis Mittwoch in China ist, sprach zwar von “komplizierten” und “herausfordernden” Beziehungen. Gleichzeitig äußerte sie aber die Hoffnung, dass zumindest schrittweise Verbesserungen möglich seien: “Ich glaube, dass wir Fortschritte erzielen können, wenn wir direkt, offen und praktisch sind.” Peking sei bereit, “ein günstigeres politisches Umfeld für eine verstärkte Zusammenarbeit zu fördern” und “den bilateralen Handel und die Investitionen zu stärken”, erwiderte Wang.
Konkret vereinbarten beide Seiten nach US-Angaben folgende Maßnahmen:
Ob der Besuch der US-Handelsministerin damit als Erfolg gewertet werden kann, ist jedoch noch nicht klar. Ein deutliches Signal wäre, wenn sie zumindest noch mit dem chinesischen Premierminister Li Qiang zusammenträfe. Ein solch ranghoher Empfang würde zeigen, dass der Appell Washingtons zur Stabilisierung der Beziehungen in Peking Gehör findet.
Ein Erfolg wäre aus amerikanischer Sicht auch eine Ankündigung im Zusammenhang mit dem US-Flugzeugbauer Boeing. Raimondos soll noch am Dienstag nach Shanghai reisen, wo offenbar auch ein Besuch der Boeing-Niederlassung geplant ist. Bloomberg hatte am Freitag berichtet, dass nach mehr als vier Jahren bald wieder Mittelstreckenjets vom Typ 737 Max nach China geliefert werden könnten.
Während Boeings Krisenflieger nach einigen technischen Nachbesserungen in weiten Teilen der Welt längst wieder fliegen darf, hatte China lange auf die Freigabe gewartet. Gut möglich, dass Raimondo in Shanghai die Wiederaufnahme der Lieferungen nach China verkünden will.
Zuletzt war zwischen Washington und Peking vor allem folgende Dynamik zu beobachten: Die USA drängen, China bleibt skeptisch. Außenminister Antony Blinken war im Mai nach China geflogen, Finanzministerin Janet Yellen im Juli, ebenso der US-Klimabeauftragte John Kerry. Raimondo ist bereits die vierte ranghohe US-US-Vertreterin in Peking in diesem Jahr. Aus China hingegen war in diesem Jahr noch kein wichtiger Politiker zu Besuch in den USA.
Im vergangenen Herbst hatte die chinesische Führung aus Verärgerung über den Taiwan-Besuch der damaligen Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, Gespräche mit den USA kurzzeitig auf abgesagt. Nun finden zwar wieder zahlreiche Treffen statt. Doch der Ton in Peking bleibt kühl. Vor allem ist China daran interessiert, dass die USA endlich ihre Strafzölle aus der Trump-Ära aufheben.
Die Amerikaner, so der Tenor in den Staatsmedien seit Monaten, redeten zwar viel, hielten sich aber nicht an gemachte Zusagen. Einerseits komme ein US-Minister nach dem anderen. Andererseits aber würden in Washington immer neue antichinesische Restriktionen beschlossen.
Peking ist verärgert, dürfte aber nach wie vor ein starkes Interesse an einem milderen Washington haben. Schließlich geht es um viel Geld. Obwohl die Beziehungen diplomatisch auf einem Tiefpunkt angelangt sind, erreichte der Handel zwischen den beiden Staaten im vergangenen Jahr mit 690 Milliarden Dollar wieder ein Rekordvolumen. Raimondo sagte am Montag zwar, dass die USA in Fragen der nationalen Sicherheit keine Zugeständnisse machen würden. Ein Großteil des Handels sei davon aber nicht betroffen.
Die US-Handelsministerin hatte schon vor ihrer Ankunft ein Geschenk für die Chinesen. Sechs Tage vor ihrer Reise hob ihr Ministerium die Beschränkungen für 27 chinesische Unternehmen auf. Sie standen auf einer Liste, die sie daran hinderte, amerikanische Technologie zu kaufen.
Wie sich Künstliche Intelligenz (KI) als Werkzeug nutzen lässt, zeigen derzeit einige Industrieunternehmen. Vergleichsweise einfach lässt sich die eigene Datenbank mit tausenden Zulieferern mittels KI auf Menschenrechtsverletzungen überprüfen. Gerade Unternehmen im China-Geschäft zeigen derzeit steigendes Interesse daran, ihre Zulieferer – und deren Zulieferer – zu durchleuchten.
Ob das jedoch zu einer Verbesserung vor Ort führt, ist unwahrscheinlich. “Technische Werkzeuge können uns dabei unterstützen, Daten zu sozialen und politischen Problemen schneller zu sammeln. Sie können diese Probleme aber nicht lösen“, bewertet Peter Pawlicki die Entwicklung. Er ist Leiter Outreach & Education bei Electronics Watch. Dabei handelt es sich um eine Organisation, die auf arbeitsrechtlich saubere Lieferketten für die Elektronikindustrie hinarbeitet.
Seit vergangenem Jahr muss sich vor allem die Autoindustrie immer wieder mit Vorwürfen der Menschenrechtsverletzungen in ihren Lieferketten auseinandersetzen. Es handelt sich dabei inzwischen auch um ein betriebswirtschaftlich hochrelevantes Thema. Denn Deutschland hat bereits ein Gesetz, das Firmen zur Sorgfalt in der Lieferkette verpflichtet. Und auf EU-Ebene ist eine noch deutliche strengere Regelung in Arbeit. Die Gesetze verpflichten große Konzerne, negative Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf Menschenrechte und Umwelt zu ermitteln und zu verhindern, zu beenden oder abzumildern.
Zum anderen hat auch die Studie “Driving Force” der Sheffield Hallam University einen großen Anteil daran. Die Autoren haben Pressemeldungen und Berichterstattungen analysiert, um Hinweise auf Zwangsarbeit in der Uiguren-Region Xinjiang zu finden. Hintergrund ist, dass die Kommunistische Partei Industrieunternehmen auch mit der Aussicht auf billige Beschäftigte aus Zwangsmaßnahmen für ihre Ansiedlungsprogramme angelockt hat. Was in Europa als Menschenrechtsverletzung gilt, ist in China oft eine Subventionsmaßnahme, die vergleichsweise offen kommuniziert wird.
Diese Berichte haben die Studienautoren mit dem Wissen über die Geschäftspartner der betroffenen Unternehmen abgeglichen. Der chinesische Aluminiumproduzent Joinworld beispielsweise wirbt damit, BMW als Kunden zu haben. Entsprechend ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Produkte, die mit Zwangsarbeit hergestellt wurden, auch in deutschen Autos stecken.
Die erwähnte KI erledigt für große Industrieunternehmen die gleiche Arbeit. Nur eben schneller. Sie durchsucht das Internet und soziale Medien nach Berichten zu Zwangsarbeit und Umweltverschmutzung und kontrolliert, ob sich diese Verstöße in der eigenen Lieferkette zugetragen haben. Die KI teilt die Zulieferer dann per Ampelsystem oder Schulnotensystem ein:
Erstaunlich ist, dass Programmierer nur wenige Stunden brauchen, um eine solche KI auf die digitalen Beine zu stellen. Auch wenn sie deswegen einzelne Probleme noch nicht lösen konnten. So ist beispielsweise unklar, wie die KI im Detail zu den jeweiligen Ergebnissen kommt. Sie kann die Quellen, auf denen ihre Entscheidung basierte, noch nicht nennen. Das zweite Problem ist, dass die KI vor allem auf der Basis von Wortkombinationen basiert. Die Programmierer können nicht ausschließen, dass Berichte über Zwangsarbeit, in denen Unternehmen lobend erwähnt werden, auch wirklich positiv interpretiert werden.
Noch ist allerdings offen, wie die Industrie eine solche KI-Software nutzen wird. Zu neuen Erkenntnissen dürfte die Entwicklung eher nicht beigetragen haben, glaubt Pawlicki. “Wenn Sie als Unternehmen qualitativ hochwertige Produkte liefern wollen und Problemen nachgehen, haben Sie ein Qualitätsmanagement. Allein darüber sollten sie sehr gut über strategische Teile ihrer Lieferkette Bescheid wissen.” Bereits seit den 1990er Jahren wüssten die Betriebe von den fundamentalen menschen- und arbeitsrechtlichen Problemen in ihren Lieferketten.
“Das Problem ist nicht, die menschen- und arbeitsrechtlichen Probleme herauszufinden, sondern sie auch anzugehen. Davor scheinen die meisten Unternehmen zurückzuschrecken, möglicherweise weil es kostentreibend wäre”, stellt Pawlicki klar. Letztlich macht KI heute noch nicht mehr, als öffentlich zugängliche Informationen zu analysieren. Interne Audits, die jedes Unternehmen dieser Größe hat, gingen jedoch über diese Daten hinaus.
Unternehmen, die wirklich an einer Verbesserung der Menschenrechtssituation arbeiten würden, täten dies nicht aus eigenem Antrieb, sondern weil Menschenrechtsorganisationen oder der Gesetzgeber Druck ausüben. “Wenn Sie sich die Nachhaltigkeitsberichte der größten Elektronikkonzerne der Welt der letzten Jahre anschauen, dann sehen Sie immer wieder, dass es zu extrem langen Arbeitszeiten und extrem niedrigen Löhnen kommt. Das berichten diese Unternehmen. Es ändert sich aber nichts.”
Für Pawlicki ist deshalb ein anderer Punkt viel entscheidender. “Die Frage ist: Was ist das Ziel der Recherche? Will man Kosten sparen bei der Recherche oder betroffenen Menschen helfen? Wenn Sie Kosten sparen wollen, kann Ihnen die KI helfen. Davon haben aber die betroffenen Arbeiter:innen nichts”, mahnt Pawlicki.
China wird ab Mittwoch bei Einreisen in die Volksrepublik keinen negativen Corona-Test mehr verlangen. Das kündigte ein Außenamtssprecher am Montag in Peking an. Es handele sich um einen weiteren Meilenstein bei der Beendigung der seit Anfang 2020 verhängten Beschränkungen, sagte Wang.
Bis Dezember verfolgte China eine strikte “Null-Covid”-Politik, durch die ganze Städte in den Lockdown versetzt wurden und infizierte Personen für lange Zeit in Quarantäne gesteckt wurden. Die Kosten jener Null-Covid-Politik waren erheblich – wirtschaftlich, sozial, aber zunehmend auch politisch. Erst als sich in der Bevölkerung immer stärker Unmut breitmachte und es zu Protesten kam, lenkte die Führung in Peking ein. rad
Japan hat am Montag einen Kampfjet zur Überwachung einer chinesischen Militärdrohne aufsteigen lassen, wie das Verteidigungsministerium in Tokio mitteilte. Zuvor habe man eine chinesische Militärdrohne vom Typ BZK-005 gesichtet, die zwischen der japanischen Insel Yonaguni und Taiwan entlang geflogen sein soll. Die Spionagedrohne sei aus dem Ostchinesischen Meer nördlich von Taiwan gekommen und weiter zum Bashi-Kanal zwischen der Südküste Taiwans und den Philippinen geflogen.
Schon am Freitag war es zu einem Vorfall gekommen, als Japan einige Kampfflugzeuge der Air Self-Defense Force aufsteigen ließ. Grund hierfür waren chinesische Bomber und Drohnen. Die beiden chinesischen H-6-Bomber waren in der Nähe der japanischen Insel Okinawa unterwegs, während die Drohnen in der Nähe Taiwans gesichtet wurden. Zusätzliche Brisanz erhält der Vorfall, weil sich auf Okinawa einer der größten US-Militärstützpunkte der Region befindet.
Und Entspannung ist nicht in Sicht. China kündigte am Montag an, man werde von Ende August bis Mitte September zusammen mit Singapur gemeinsame Militärmanöver durchführen. Derweil bauen die USA, Südkorea und Japan ihre militärische Zusammenarbeit aus. rad
In der anhaltenden Debatte um mutmaßlich falsch deklarierten Biodiesel aus China hat die EU nun Untersuchungen eingeleitet. Eine Überprüfung solle zeigen, ob Indonesien die EU-Zölle auf Importe von Biodiesel durch einen Umweg über China und auch Großbritannien umgehe, teilte die EU-Kommission Mitte August mit. Die Untersuchung kann neun Monate dauern und erfolgte auf eine Anfrage des Interessensverbandes European Biodiesel Board.
Der Antrag enthalte hinreichende Beweise dafür, dass Indonesien die EU-Zölle durch einen Transport erst nach China und dann in den EU-Markt umgehen wolle, hieß es im Amtsblatt der EU-Kommission. Ein Hinweis darauf sei, dass sich das Handelsgefüge nach Einführung der Zölle verändert habe: Demnach nahmen die direkten Importe aus Indonesien ab, die aus China und Großbritannien jedoch zu. Indonesien hatte bereits bei der Welthandelsorganisation (WTO) ein Streitbeilegungsverfahren wegen der EU-Zölle beantragt.
Auch Deutschland schaut sich die Importe von Biodiesel aus China genauer an. Deutsche Biodiesel-Verbände hatten den Verdacht vorgebracht, dass Indonesien mit Palmöl hergestellten Biodiesel zuerst nach China bringt, um den Kraftstoff dann von dort als chinesisches Produkt in den EU-Markt zu verkaufen. Der mit Palmöl hergestellte Biodiesel sei billiger und drücke so die Preise der europäischen Hersteller nach unten drücken, wie unter anderem der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie erklärte. ari
Chinesische Wissenschaftler haben einen Durchbruch bei der Entwicklung von Halbleitern der nächsten Generation gemeldet. Den Forschern der Universität Peking soll die Produktion eines Materials mit der Dicke eines Atoms gelungen sein. Es könnte in Zukunft für die Herstellung von 12-Zoll-Wafern verwendet werden. Das ist eine heute übliche Größe für Wafer auf Basis von Silizium. Mit dem Alternativmaterial ist diese Größe aber nur schwer zu erreichen. Wafer sind Grundplatten für die Chipproduktion.
Bislang werden Halbleiter aus Silizium produziert. Allerdings stößt die Herstellung mit Silizium an seine Grenzen, weil die Bauelemente immer kleiner werden. Von der Qualität, die eine Massenproduktion erfordere, sind die Entwickler jedoch noch ein gutes Stück entfernt. Wann das neue Material tatsächlich für die Halbleiter-Produktion infrage kommt, ist demnach fraglich. grz
Die in Hongkong gehandelten Anteilsscheine am chinesischen Immobilienkonzern Evergrande sind am Montag auf Bewertungen im Cent-Bereich gefallen. Es handelte sich um den ersten Handelstag für die Aktie seit März 2022. Die Flut an Verkäufen zeigt die katastrophale Lage der chinesischen Immobilienbranche. Die Wiederaufnahme des Handels kam zudem nur wenige Tage nach einem Insolvenzantrag des Unternehmens nach US-Recht. Im Juli hatte das Management Rekordverluste eingeräumt.
Vor der chinesischen Immobilienkrise lag der Evergrande-Kurs über drei Euro. In der Zwischenzeit war der Aktienkurs für anderthalb Jahre eingefroren worden, weil die Börse Schaden von Aktionären abwenden wollte. Das Unternehmen selbst hatte nun dringend die Wiederaufnahme beantragt. Denn wenn eine Aktie mehr als 18 Monate suspendiert ist, wird sie nach den Hongkonger Regeln endgültig von der Börse ausgeschlossen. Evergrande musste eine Reihe von Bedingungen erfüllen, die alle knapp erreicht wurden. fin
Terry Gou zieht wieder in den Wahlkampf. Vier Jahre nach seinem ersten Versuch startet der Foxconn-Gründer einen neuen Anlauf in Richtung taiwanisches Präsidentenamt, diesmal als unabhängiger Kandidat. Am Montag eröffnete der streitbare Unternehmer, der als Auftragsfertiger in der Volksrepublik Elektronik zusammenschraubt und Milliarden verdient, seine Kampagne im Stil eines Populisten. Vollmundig versprach er 50 Jahre Frieden in der Taiwanstraße.
Gou als Friedensbringer – dieses Attribut dürfte einem Exzentriker wie ihm bestens gefallen. Das Versprechen, so absurd es auch klingen mag, soll nicht nur jene ansprechen, die einen militärischen Angriff der Volksrepublik China in absehbarer Zeit fürchten. Sie soll allen Taiwanern das Gefühl geben, sich langfristig einer Bedrohung durch den aggressiven Nachbarn entledigen zu können.
Was er lediglich benötigt, um seine Zusage halten zu können, sei das Vertrauen der Wähler und vier Jahre Zeit. “Taiwan darf nicht zur Ukraine werden, und ich werde nicht zulassen, dass Taiwan die nächste Ukraine wird”, sagte Gou.
Die Überzeugung, der Richtige für das Amt zu sein, zieht Gou aus seinem unternehmerischen Erfolg. In den 1970er-Jahren gründetet er die Elektronikfirma Hon Hai Precision, die er später unter dem Namen Foxconn zu einem der größten Arbeitgeber in der Volksrepublik machte. 1988 eröffnete Gou in Guangdong die erste Fertigung. In den Folgejahren hatte er einen großen Anteil an der Entwicklung Chinas zur Werkbank der Welt.
Gou symbolisiert das Potenzial taiwanischen Unternehmertums auf chinesischem Boden, ohne die Kontrolle über sein Imperium zu verlieren. Die Zähmung des Drachens – diese Botschaft soll die Wähler überzeugen.
In seinen größten Fabriken in China waren zeitweise mehr als 300.000 Menschen beschäftigt. Millionen von Wanderarbeitern durchliefen seine Hallen und jagten von dort aus dem versprochenen Wohlstand des Wirtschaftsbooms hinterher. Die brutalen Bedingungen, unter denen die Menschen arbeiteten, brachten Gou vor 13 Jahren scharfe Kritik ein.
Eine Selbstmordwelle unter Foxconn-Angestellten sorgte für sozialpolitische Reformen, in deren Folge Mindestlöhne erhöht und Arbeitszeiten begrenzt wurden. Ausgerechnet Gou war es also, der damit das Ende Chinas als Billiglohn-Standort einläutete. Heute sind Teile der Foxconn-Fertigung nach Indien ausgelagert. Dort sind die Kosten schlicht geringer.
Für den 72-Jährigen ist der Schritt in die Politik die logische Konsequenz des wachsenden Einflusses der Wirtschaft auf alle Facetten der Politik. Es habe “die Ära der Herrschaft der Unternehmer” begonnen, sagte Gou am Montag.
Wie klug es ist, mit dieser Aussage in den Wahlkampf zu ziehen, wird sich im November zeigen. Bis dahin muss Gou laut Wahlverordnung fast 300.000 Unterschriften sammeln, um sich als unabhängiger Kandidat qualifizieren zu können. In Zeiten, in denen vielen global agierenden Unternehmen Gier und Rücksichtslosigkeit, Raubbau an der Natur, der Ausverkauf universeller Menschenrechte und inflationäres Green- und Whitewashing vorgeworfen wird, könnten sich viele von einer solchen Aussage abgestoßen fühlen.
Dass Gou als unabhängiger Präsidentschaftskandidat ins Rennen geht, liegt aber auch daran, dass Taiwans größte Oppositionspartei Kuomintang, die traditionell einen China-freundlichen Kurs fährt, ihn bereits abgelehnt hat. Vor vier Jahren, bei seinem ersten Versuch, war Gou selbst ausgestiegen, nachdem ihm klargeworden war, dass er die Nominierung innerhalb der Kuomintang nicht gewinnen konnte.
Doch selbst wenn Gou nur unter ferner liefen in den Wahllokalen einlaufen sollte, könnte er als unabhängiger Kandidat der KMT womöglich wertvolle Stimmen wegnehmen und so der Regierungspartei DDP in die Karten spielen. Marcel Grzanna
Jonathan Beh ist neuer China-Chef der Marketingagentur McCann Relationship Marketing (MRM). Er leitet das Geschäft von Shanghai aus. Beh berichtet an Ghassan Harfouche, den Asien-Pazifik-Chef von McCann.
Abu Bakarr Karim ist neue Botschafter von Sierra Leone in China. Er war zuvor Minister für Landwirtschaft und Lebensmittelsicherheit des westafrikanischen Landes.
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Der Ernst des Lebens beginnt in China am ersten Schultag: In Qiannan im Süden der Provinz Guizhou wurden am Montag Hunderte Kinder im Rahmen der ersten Schreibzeremonie in den Unterricht eingeführt. Im Bild zu sehen sind Jungen und Mädchen aus der Vogelperspektive, wie sie an gelben Pulten sitzen. Neben ihnen steht jeweils ein Elternteil oder ein anderes Familienmitglied.
der Besuch von US-Handelsministerin Gina Raimondo in China hat ohne Komplikationen begonnen. Es ist bezeichnend, dass dies schon als Erfolg verbucht werden muss angesichts der angespannten Beziehungen zwischen China und den USA. Es sei äußerst wichtig, dass man stabile Wirtschaftsbeziehungen unterhalte, sagte Raimondo am Montag in Peking.
Jörn Petring listet auf, welche Maßnahmen bereits am ersten Tag des Besuchs beschlossen wurden. Warum man nun ausgerechnet beim Flugzeugbauer Boeing auf weitere positive Schritte hofft, lesen Sie in unserer ersten Analyse.
Derweil geraten vor allem deutsche Automobilkonzerne immer häufiger in die Kritik. Der Vorwurf: In ihren chinesischen Lieferketten komme es zu Menschenrechtsverletzungen. Spätestens durch das deutsche Lieferkettengesetz ist dieser Vorwurf nicht mehr nur moralisch, sondern auch juristisch relevant.
Hilfe könnte Künstliche Intelligenz bringen. In unserer KI-Serie zeigt Christian Domke Seidel, wie Konzerne mit sprachbasierter KI ihre Lieferketten besser überwachen und Gesetzesverstöße schneller in Erfahrung bringen. Gerade für Unternehmen mit China-Geschäft ist dieser Ansatz besonders interessant.
Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht
Als Zeichen einer leichten Entspannung in den Beziehungen haben China und die USA zum Auftakt des Besuchs von US-Handelsministerin Gina Raimondo in Peking eine Vertiefung ihrer Handelsgespräche vereinbart. “Es ist äußerst wichtig, dass wir eine stabile Wirtschaftsbeziehung haben, die für beide Länder von Vorteil ist und die die Welt von uns erwartet”, sagte Raimondo am Montag bei einem Treffen mit dem chinesischen Handelsminister Wang Wentao in Peking.
Raimondo, die noch bis Mittwoch in China ist, sprach zwar von “komplizierten” und “herausfordernden” Beziehungen. Gleichzeitig äußerte sie aber die Hoffnung, dass zumindest schrittweise Verbesserungen möglich seien: “Ich glaube, dass wir Fortschritte erzielen können, wenn wir direkt, offen und praktisch sind.” Peking sei bereit, “ein günstigeres politisches Umfeld für eine verstärkte Zusammenarbeit zu fördern” und “den bilateralen Handel und die Investitionen zu stärken”, erwiderte Wang.
Konkret vereinbarten beide Seiten nach US-Angaben folgende Maßnahmen:
Ob der Besuch der US-Handelsministerin damit als Erfolg gewertet werden kann, ist jedoch noch nicht klar. Ein deutliches Signal wäre, wenn sie zumindest noch mit dem chinesischen Premierminister Li Qiang zusammenträfe. Ein solch ranghoher Empfang würde zeigen, dass der Appell Washingtons zur Stabilisierung der Beziehungen in Peking Gehör findet.
Ein Erfolg wäre aus amerikanischer Sicht auch eine Ankündigung im Zusammenhang mit dem US-Flugzeugbauer Boeing. Raimondos soll noch am Dienstag nach Shanghai reisen, wo offenbar auch ein Besuch der Boeing-Niederlassung geplant ist. Bloomberg hatte am Freitag berichtet, dass nach mehr als vier Jahren bald wieder Mittelstreckenjets vom Typ 737 Max nach China geliefert werden könnten.
Während Boeings Krisenflieger nach einigen technischen Nachbesserungen in weiten Teilen der Welt längst wieder fliegen darf, hatte China lange auf die Freigabe gewartet. Gut möglich, dass Raimondo in Shanghai die Wiederaufnahme der Lieferungen nach China verkünden will.
Zuletzt war zwischen Washington und Peking vor allem folgende Dynamik zu beobachten: Die USA drängen, China bleibt skeptisch. Außenminister Antony Blinken war im Mai nach China geflogen, Finanzministerin Janet Yellen im Juli, ebenso der US-Klimabeauftragte John Kerry. Raimondo ist bereits die vierte ranghohe US-US-Vertreterin in Peking in diesem Jahr. Aus China hingegen war in diesem Jahr noch kein wichtiger Politiker zu Besuch in den USA.
Im vergangenen Herbst hatte die chinesische Führung aus Verärgerung über den Taiwan-Besuch der damaligen Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, Gespräche mit den USA kurzzeitig auf abgesagt. Nun finden zwar wieder zahlreiche Treffen statt. Doch der Ton in Peking bleibt kühl. Vor allem ist China daran interessiert, dass die USA endlich ihre Strafzölle aus der Trump-Ära aufheben.
Die Amerikaner, so der Tenor in den Staatsmedien seit Monaten, redeten zwar viel, hielten sich aber nicht an gemachte Zusagen. Einerseits komme ein US-Minister nach dem anderen. Andererseits aber würden in Washington immer neue antichinesische Restriktionen beschlossen.
Peking ist verärgert, dürfte aber nach wie vor ein starkes Interesse an einem milderen Washington haben. Schließlich geht es um viel Geld. Obwohl die Beziehungen diplomatisch auf einem Tiefpunkt angelangt sind, erreichte der Handel zwischen den beiden Staaten im vergangenen Jahr mit 690 Milliarden Dollar wieder ein Rekordvolumen. Raimondo sagte am Montag zwar, dass die USA in Fragen der nationalen Sicherheit keine Zugeständnisse machen würden. Ein Großteil des Handels sei davon aber nicht betroffen.
Die US-Handelsministerin hatte schon vor ihrer Ankunft ein Geschenk für die Chinesen. Sechs Tage vor ihrer Reise hob ihr Ministerium die Beschränkungen für 27 chinesische Unternehmen auf. Sie standen auf einer Liste, die sie daran hinderte, amerikanische Technologie zu kaufen.
Wie sich Künstliche Intelligenz (KI) als Werkzeug nutzen lässt, zeigen derzeit einige Industrieunternehmen. Vergleichsweise einfach lässt sich die eigene Datenbank mit tausenden Zulieferern mittels KI auf Menschenrechtsverletzungen überprüfen. Gerade Unternehmen im China-Geschäft zeigen derzeit steigendes Interesse daran, ihre Zulieferer – und deren Zulieferer – zu durchleuchten.
Ob das jedoch zu einer Verbesserung vor Ort führt, ist unwahrscheinlich. “Technische Werkzeuge können uns dabei unterstützen, Daten zu sozialen und politischen Problemen schneller zu sammeln. Sie können diese Probleme aber nicht lösen“, bewertet Peter Pawlicki die Entwicklung. Er ist Leiter Outreach & Education bei Electronics Watch. Dabei handelt es sich um eine Organisation, die auf arbeitsrechtlich saubere Lieferketten für die Elektronikindustrie hinarbeitet.
Seit vergangenem Jahr muss sich vor allem die Autoindustrie immer wieder mit Vorwürfen der Menschenrechtsverletzungen in ihren Lieferketten auseinandersetzen. Es handelt sich dabei inzwischen auch um ein betriebswirtschaftlich hochrelevantes Thema. Denn Deutschland hat bereits ein Gesetz, das Firmen zur Sorgfalt in der Lieferkette verpflichtet. Und auf EU-Ebene ist eine noch deutliche strengere Regelung in Arbeit. Die Gesetze verpflichten große Konzerne, negative Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf Menschenrechte und Umwelt zu ermitteln und zu verhindern, zu beenden oder abzumildern.
Zum anderen hat auch die Studie “Driving Force” der Sheffield Hallam University einen großen Anteil daran. Die Autoren haben Pressemeldungen und Berichterstattungen analysiert, um Hinweise auf Zwangsarbeit in der Uiguren-Region Xinjiang zu finden. Hintergrund ist, dass die Kommunistische Partei Industrieunternehmen auch mit der Aussicht auf billige Beschäftigte aus Zwangsmaßnahmen für ihre Ansiedlungsprogramme angelockt hat. Was in Europa als Menschenrechtsverletzung gilt, ist in China oft eine Subventionsmaßnahme, die vergleichsweise offen kommuniziert wird.
Diese Berichte haben die Studienautoren mit dem Wissen über die Geschäftspartner der betroffenen Unternehmen abgeglichen. Der chinesische Aluminiumproduzent Joinworld beispielsweise wirbt damit, BMW als Kunden zu haben. Entsprechend ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Produkte, die mit Zwangsarbeit hergestellt wurden, auch in deutschen Autos stecken.
Die erwähnte KI erledigt für große Industrieunternehmen die gleiche Arbeit. Nur eben schneller. Sie durchsucht das Internet und soziale Medien nach Berichten zu Zwangsarbeit und Umweltverschmutzung und kontrolliert, ob sich diese Verstöße in der eigenen Lieferkette zugetragen haben. Die KI teilt die Zulieferer dann per Ampelsystem oder Schulnotensystem ein:
Erstaunlich ist, dass Programmierer nur wenige Stunden brauchen, um eine solche KI auf die digitalen Beine zu stellen. Auch wenn sie deswegen einzelne Probleme noch nicht lösen konnten. So ist beispielsweise unklar, wie die KI im Detail zu den jeweiligen Ergebnissen kommt. Sie kann die Quellen, auf denen ihre Entscheidung basierte, noch nicht nennen. Das zweite Problem ist, dass die KI vor allem auf der Basis von Wortkombinationen basiert. Die Programmierer können nicht ausschließen, dass Berichte über Zwangsarbeit, in denen Unternehmen lobend erwähnt werden, auch wirklich positiv interpretiert werden.
Noch ist allerdings offen, wie die Industrie eine solche KI-Software nutzen wird. Zu neuen Erkenntnissen dürfte die Entwicklung eher nicht beigetragen haben, glaubt Pawlicki. “Wenn Sie als Unternehmen qualitativ hochwertige Produkte liefern wollen und Problemen nachgehen, haben Sie ein Qualitätsmanagement. Allein darüber sollten sie sehr gut über strategische Teile ihrer Lieferkette Bescheid wissen.” Bereits seit den 1990er Jahren wüssten die Betriebe von den fundamentalen menschen- und arbeitsrechtlichen Problemen in ihren Lieferketten.
“Das Problem ist nicht, die menschen- und arbeitsrechtlichen Probleme herauszufinden, sondern sie auch anzugehen. Davor scheinen die meisten Unternehmen zurückzuschrecken, möglicherweise weil es kostentreibend wäre”, stellt Pawlicki klar. Letztlich macht KI heute noch nicht mehr, als öffentlich zugängliche Informationen zu analysieren. Interne Audits, die jedes Unternehmen dieser Größe hat, gingen jedoch über diese Daten hinaus.
Unternehmen, die wirklich an einer Verbesserung der Menschenrechtssituation arbeiten würden, täten dies nicht aus eigenem Antrieb, sondern weil Menschenrechtsorganisationen oder der Gesetzgeber Druck ausüben. “Wenn Sie sich die Nachhaltigkeitsberichte der größten Elektronikkonzerne der Welt der letzten Jahre anschauen, dann sehen Sie immer wieder, dass es zu extrem langen Arbeitszeiten und extrem niedrigen Löhnen kommt. Das berichten diese Unternehmen. Es ändert sich aber nichts.”
Für Pawlicki ist deshalb ein anderer Punkt viel entscheidender. “Die Frage ist: Was ist das Ziel der Recherche? Will man Kosten sparen bei der Recherche oder betroffenen Menschen helfen? Wenn Sie Kosten sparen wollen, kann Ihnen die KI helfen. Davon haben aber die betroffenen Arbeiter:innen nichts”, mahnt Pawlicki.
China wird ab Mittwoch bei Einreisen in die Volksrepublik keinen negativen Corona-Test mehr verlangen. Das kündigte ein Außenamtssprecher am Montag in Peking an. Es handele sich um einen weiteren Meilenstein bei der Beendigung der seit Anfang 2020 verhängten Beschränkungen, sagte Wang.
Bis Dezember verfolgte China eine strikte “Null-Covid”-Politik, durch die ganze Städte in den Lockdown versetzt wurden und infizierte Personen für lange Zeit in Quarantäne gesteckt wurden. Die Kosten jener Null-Covid-Politik waren erheblich – wirtschaftlich, sozial, aber zunehmend auch politisch. Erst als sich in der Bevölkerung immer stärker Unmut breitmachte und es zu Protesten kam, lenkte die Führung in Peking ein. rad
Japan hat am Montag einen Kampfjet zur Überwachung einer chinesischen Militärdrohne aufsteigen lassen, wie das Verteidigungsministerium in Tokio mitteilte. Zuvor habe man eine chinesische Militärdrohne vom Typ BZK-005 gesichtet, die zwischen der japanischen Insel Yonaguni und Taiwan entlang geflogen sein soll. Die Spionagedrohne sei aus dem Ostchinesischen Meer nördlich von Taiwan gekommen und weiter zum Bashi-Kanal zwischen der Südküste Taiwans und den Philippinen geflogen.
Schon am Freitag war es zu einem Vorfall gekommen, als Japan einige Kampfflugzeuge der Air Self-Defense Force aufsteigen ließ. Grund hierfür waren chinesische Bomber und Drohnen. Die beiden chinesischen H-6-Bomber waren in der Nähe der japanischen Insel Okinawa unterwegs, während die Drohnen in der Nähe Taiwans gesichtet wurden. Zusätzliche Brisanz erhält der Vorfall, weil sich auf Okinawa einer der größten US-Militärstützpunkte der Region befindet.
Und Entspannung ist nicht in Sicht. China kündigte am Montag an, man werde von Ende August bis Mitte September zusammen mit Singapur gemeinsame Militärmanöver durchführen. Derweil bauen die USA, Südkorea und Japan ihre militärische Zusammenarbeit aus. rad
In der anhaltenden Debatte um mutmaßlich falsch deklarierten Biodiesel aus China hat die EU nun Untersuchungen eingeleitet. Eine Überprüfung solle zeigen, ob Indonesien die EU-Zölle auf Importe von Biodiesel durch einen Umweg über China und auch Großbritannien umgehe, teilte die EU-Kommission Mitte August mit. Die Untersuchung kann neun Monate dauern und erfolgte auf eine Anfrage des Interessensverbandes European Biodiesel Board.
Der Antrag enthalte hinreichende Beweise dafür, dass Indonesien die EU-Zölle durch einen Transport erst nach China und dann in den EU-Markt umgehen wolle, hieß es im Amtsblatt der EU-Kommission. Ein Hinweis darauf sei, dass sich das Handelsgefüge nach Einführung der Zölle verändert habe: Demnach nahmen die direkten Importe aus Indonesien ab, die aus China und Großbritannien jedoch zu. Indonesien hatte bereits bei der Welthandelsorganisation (WTO) ein Streitbeilegungsverfahren wegen der EU-Zölle beantragt.
Auch Deutschland schaut sich die Importe von Biodiesel aus China genauer an. Deutsche Biodiesel-Verbände hatten den Verdacht vorgebracht, dass Indonesien mit Palmöl hergestellten Biodiesel zuerst nach China bringt, um den Kraftstoff dann von dort als chinesisches Produkt in den EU-Markt zu verkaufen. Der mit Palmöl hergestellte Biodiesel sei billiger und drücke so die Preise der europäischen Hersteller nach unten drücken, wie unter anderem der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie erklärte. ari
Chinesische Wissenschaftler haben einen Durchbruch bei der Entwicklung von Halbleitern der nächsten Generation gemeldet. Den Forschern der Universität Peking soll die Produktion eines Materials mit der Dicke eines Atoms gelungen sein. Es könnte in Zukunft für die Herstellung von 12-Zoll-Wafern verwendet werden. Das ist eine heute übliche Größe für Wafer auf Basis von Silizium. Mit dem Alternativmaterial ist diese Größe aber nur schwer zu erreichen. Wafer sind Grundplatten für die Chipproduktion.
Bislang werden Halbleiter aus Silizium produziert. Allerdings stößt die Herstellung mit Silizium an seine Grenzen, weil die Bauelemente immer kleiner werden. Von der Qualität, die eine Massenproduktion erfordere, sind die Entwickler jedoch noch ein gutes Stück entfernt. Wann das neue Material tatsächlich für die Halbleiter-Produktion infrage kommt, ist demnach fraglich. grz
Die in Hongkong gehandelten Anteilsscheine am chinesischen Immobilienkonzern Evergrande sind am Montag auf Bewertungen im Cent-Bereich gefallen. Es handelte sich um den ersten Handelstag für die Aktie seit März 2022. Die Flut an Verkäufen zeigt die katastrophale Lage der chinesischen Immobilienbranche. Die Wiederaufnahme des Handels kam zudem nur wenige Tage nach einem Insolvenzantrag des Unternehmens nach US-Recht. Im Juli hatte das Management Rekordverluste eingeräumt.
Vor der chinesischen Immobilienkrise lag der Evergrande-Kurs über drei Euro. In der Zwischenzeit war der Aktienkurs für anderthalb Jahre eingefroren worden, weil die Börse Schaden von Aktionären abwenden wollte. Das Unternehmen selbst hatte nun dringend die Wiederaufnahme beantragt. Denn wenn eine Aktie mehr als 18 Monate suspendiert ist, wird sie nach den Hongkonger Regeln endgültig von der Börse ausgeschlossen. Evergrande musste eine Reihe von Bedingungen erfüllen, die alle knapp erreicht wurden. fin
Terry Gou zieht wieder in den Wahlkampf. Vier Jahre nach seinem ersten Versuch startet der Foxconn-Gründer einen neuen Anlauf in Richtung taiwanisches Präsidentenamt, diesmal als unabhängiger Kandidat. Am Montag eröffnete der streitbare Unternehmer, der als Auftragsfertiger in der Volksrepublik Elektronik zusammenschraubt und Milliarden verdient, seine Kampagne im Stil eines Populisten. Vollmundig versprach er 50 Jahre Frieden in der Taiwanstraße.
Gou als Friedensbringer – dieses Attribut dürfte einem Exzentriker wie ihm bestens gefallen. Das Versprechen, so absurd es auch klingen mag, soll nicht nur jene ansprechen, die einen militärischen Angriff der Volksrepublik China in absehbarer Zeit fürchten. Sie soll allen Taiwanern das Gefühl geben, sich langfristig einer Bedrohung durch den aggressiven Nachbarn entledigen zu können.
Was er lediglich benötigt, um seine Zusage halten zu können, sei das Vertrauen der Wähler und vier Jahre Zeit. “Taiwan darf nicht zur Ukraine werden, und ich werde nicht zulassen, dass Taiwan die nächste Ukraine wird”, sagte Gou.
Die Überzeugung, der Richtige für das Amt zu sein, zieht Gou aus seinem unternehmerischen Erfolg. In den 1970er-Jahren gründetet er die Elektronikfirma Hon Hai Precision, die er später unter dem Namen Foxconn zu einem der größten Arbeitgeber in der Volksrepublik machte. 1988 eröffnete Gou in Guangdong die erste Fertigung. In den Folgejahren hatte er einen großen Anteil an der Entwicklung Chinas zur Werkbank der Welt.
Gou symbolisiert das Potenzial taiwanischen Unternehmertums auf chinesischem Boden, ohne die Kontrolle über sein Imperium zu verlieren. Die Zähmung des Drachens – diese Botschaft soll die Wähler überzeugen.
In seinen größten Fabriken in China waren zeitweise mehr als 300.000 Menschen beschäftigt. Millionen von Wanderarbeitern durchliefen seine Hallen und jagten von dort aus dem versprochenen Wohlstand des Wirtschaftsbooms hinterher. Die brutalen Bedingungen, unter denen die Menschen arbeiteten, brachten Gou vor 13 Jahren scharfe Kritik ein.
Eine Selbstmordwelle unter Foxconn-Angestellten sorgte für sozialpolitische Reformen, in deren Folge Mindestlöhne erhöht und Arbeitszeiten begrenzt wurden. Ausgerechnet Gou war es also, der damit das Ende Chinas als Billiglohn-Standort einläutete. Heute sind Teile der Foxconn-Fertigung nach Indien ausgelagert. Dort sind die Kosten schlicht geringer.
Für den 72-Jährigen ist der Schritt in die Politik die logische Konsequenz des wachsenden Einflusses der Wirtschaft auf alle Facetten der Politik. Es habe “die Ära der Herrschaft der Unternehmer” begonnen, sagte Gou am Montag.
Wie klug es ist, mit dieser Aussage in den Wahlkampf zu ziehen, wird sich im November zeigen. Bis dahin muss Gou laut Wahlverordnung fast 300.000 Unterschriften sammeln, um sich als unabhängiger Kandidat qualifizieren zu können. In Zeiten, in denen vielen global agierenden Unternehmen Gier und Rücksichtslosigkeit, Raubbau an der Natur, der Ausverkauf universeller Menschenrechte und inflationäres Green- und Whitewashing vorgeworfen wird, könnten sich viele von einer solchen Aussage abgestoßen fühlen.
Dass Gou als unabhängiger Präsidentschaftskandidat ins Rennen geht, liegt aber auch daran, dass Taiwans größte Oppositionspartei Kuomintang, die traditionell einen China-freundlichen Kurs fährt, ihn bereits abgelehnt hat. Vor vier Jahren, bei seinem ersten Versuch, war Gou selbst ausgestiegen, nachdem ihm klargeworden war, dass er die Nominierung innerhalb der Kuomintang nicht gewinnen konnte.
Doch selbst wenn Gou nur unter ferner liefen in den Wahllokalen einlaufen sollte, könnte er als unabhängiger Kandidat der KMT womöglich wertvolle Stimmen wegnehmen und so der Regierungspartei DDP in die Karten spielen. Marcel Grzanna
Jonathan Beh ist neuer China-Chef der Marketingagentur McCann Relationship Marketing (MRM). Er leitet das Geschäft von Shanghai aus. Beh berichtet an Ghassan Harfouche, den Asien-Pazifik-Chef von McCann.
Abu Bakarr Karim ist neue Botschafter von Sierra Leone in China. Er war zuvor Minister für Landwirtschaft und Lebensmittelsicherheit des westafrikanischen Landes.
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Der Ernst des Lebens beginnt in China am ersten Schultag: In Qiannan im Süden der Provinz Guizhou wurden am Montag Hunderte Kinder im Rahmen der ersten Schreibzeremonie in den Unterricht eingeführt. Im Bild zu sehen sind Jungen und Mädchen aus der Vogelperspektive, wie sie an gelben Pulten sitzen. Neben ihnen steht jeweils ein Elternteil oder ein anderes Familienmitglied.