Table.Briefing: China

UN unterwandert + Tesla bricht Rabatt-Absprache

Liebe Leserin, lieber Leser,

ob die Organisation für zivile Luftfahrt, die Internationale Fernmeldeunion oder die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation – die Unterorganisationen der UN fristen in der westlichen Öffentlichkeit ein kaum beachtetes Dasein. China hingegen steckt in diese Gruppen viel Geld und Personal. Und das ist absolut legitim.

Marcel Grzanna zeigt in seiner Analyse allerdings, was das für Folgen haben kann: Die Direktoren aus der Volksrepublik schachern gezielt chinesischen Unternehmen Aufträge zu, vertiefen die Zusammenarbeit mit ihrer Regierung – und wollen so schlussendlich das geltende Wertesystem umkrempeln. China unterwandert gezielt das UN-System.

In unserer zweiten Analyse widmen wir uns der Rabattschlacht auf Chinas E-Automarkt. Es ist ein brutaler Preiskampf ausgebrochen, wie Fabian Kretschmer berichtet. Und Deutschlands Autobauer stecken mitten drin: So bietet VW den ID.3 in seiner Basisversion in China schon für rund 15.000 Euro an. Zum Vergleich: Kunden in Europa müssen 40.000 Euro zahlen, obgleich für ein Modell, das sich in seiner Qualität unterscheidet.

Mehrere Autobauer glaubten, einen Ausweg gefunden zu haben – und schlossen einen “Waffenstillstand”. Doch das Abkommen hielt keine 48 Stunden, dann scherte Tesla auch schon wieder aus. Es ist ein ruinöser Kampf um Neukunden.

Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht

Ihr
Michael Radunski
Bild von Michael  Radunski

Analyse

Wie China die UN unterwandert

Wiederwahl: Qu Dongyu leitet die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN bis 2027.

Die Wiederwahl von Qu Dongyu zum Leiter der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) war eine klare Angelegenheit. 168 von 182 Stimmen entfielen Anfang Juli auf den früheren chinesischen Vize-Agrarminister, der damit bis 2027 im Amt bleibt.

Das Wahlergebnis war eindeutiger als bei Qus erster Kandidatur vor vier Jahren, als er sich noch gegen eine Französin und einen Georgier durchsetzen musste. In diesem Jahr blieb Qu konkurrenzlos. Niemand wollte oder sah sich in der Lage, dem Amtsinhaber seinen Posten streitig zu machen. Nicht zuletzt, weil die Volksrepublik mit konsequenter Lobbyarbeit viele Entwicklungs- und Schwellenländer auf ihre Seite gezogen und sich in zahlreichen Gremien potenzielle Mehrheiten verschafft hat.

Chinas UN-Reform von innen

“China hat Geschick und Beharrlichkeit bei der Unterwanderung internationaler Organisationen bewiesen und nutzt seine bilateralen Initiativen wie die Belt & Road-Initiative, um sich das System ‘eine Nation – eine Stimme’ in den UN-Organisationen zunutze zu machen”, heißt es in einer Studie der Heritage Foundation aus den USA.

Das australische Lowy Institute, eine Denkfabrik aus Sydney, erkennt darin den Versuch Chinas, das UN-System von innen heraus zu reformieren. Reform klingt tendenziell positiv. Ob es das aus Sicht der Weltgemeinschaft tatsächlich auch ist, bezweifeln die Autoren. Denn das chinesische Konzept einer Schicksalsgemeinschaft der Menschheit marginalisiere ihrer Meinung nach universelle Werte zugunsten staatlicher Interessen.

Chinesische Pestizide für die Welt

Qu Dongyu ist ein gutes Beispiel dafür, wie China die UN instrumentalisiert, um die eigenen Interessen durchzusetzen. Recherchen der vier ARD-Anstalten BR, MDR, rbb und SWR legen nahe, dass die FAO zweigleisig fährt. Neben den Interessen der Weltgemeinschaft ist die Organisation auch stark auf chinesische Vorteile bedacht.

Unter chinesischer Führung wurden Lieferungen umstrittener Pestizide nach Afrika, Asien und Ozeanien von der Organisation freigegeben, die von einem chinesischen Unternehmen produziert werden. In der EU sind zahlreiche der betroffenen Pestizide verboten.

Die Recherche zeigte auch den unmittelbaren Nutzen gleich mehrerer FAO-Projekte für Chinas Infrastrukturprojekt Belt & Road-Initiative (BRI). China lässt über die UN-Organisation Rinder im Nachbarland Laos impfen, um sie dann zu importieren. In einer FAO-internen Projektbeschreibung ist von “Einklang mit […] der Priorität Chinas” die Rede, um BRI zu unterstützen.

Direktoren auf politische Ideologie geprüft

Auch Aufträge und Posten innerhalb der Organisation gingen unter Qu verstärkt nach China. Der neue FAO-Internetauftritt wurde über das chinesische Landwirtschaftsministerium gebaut. 400.000 Dollar flossen dafür nach Peking.

Aus anfangs zwei chinesischen Direktoren, die dem Generaldirektor zuarbeiten sind, sind während der ersten Amtszeit sechs geworden. Chinesische Ausschreibungsdokumente zeigen laut ARD-Recherchen, dass alle Direktoren “streng” auf “politische Ideologie” überprüft würden – in liberalen Demokratien undenkbar. Es heißt, sie berichten auch an die chinesische Botschaft in Rom, dem Sitz der FAO. Eine Quelle sagte den Journalisten, dass die chinesischen Direktoren intern als “Spione” bezeichnet würden.

Den wachsenden Einfluss auf die UN-Organisationen lässt sich China einiges kosten. Die UN-Ausgaben sind parallel zum Wachstum der Volksrepublik zur zweitgrößten Volkswirtschaft massiv gestiegen. Vor gut 20 Jahren trug das Land rund zwei Prozent des regulären UN-Haushaltes. Bis 2022 kletterte er auf 15,25 Prozent. UN-Experten gehen davon aus, dass der chinesische Anteil in den kommenden Jahren weiter wachsen wird.

Taiwan wird aus Luftfahrt ausgeschlossen

Qu ist dabei nur ein Beispiel, wie chinesische UN-Funktionäre ihre Macht nutzen, um Pekings Interessen durchzusetzen. Ein anderes Beispiel ist Liu Fang. Sie war die erste Frau, die der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) vorsaß. Während ihrer Amtszeit bis 2021 zog sie mehrfach starke Kritik auf sich. 2016 schloss sie Taiwan von der 27. ICAO-Session aus, obwohl der Inselstaat als international anerkannte Drehscheibe der zivilen Luftfahrt gilt.

Nach Ausbruch der Covid-Pandemie sorgte Liu abermals für einen taiwanischen Ausschluss von der Krisenkoordination der Organisation. Kritiker dieses Ausschlusses wurden vom Twitter-Konto der ICAO geblockt und erhielten das Angebot, ihren Zugang zurückzuerhalten, wenn sie ihre Kommentare löschen würden.

China setzt Standards in Fernmeldeunion

Oder Zhao Houlin, bis Ende vergangenen Jahres Chef der Internationalen Fernmeldeunion (ITU): 2015 versprach Zhao in einem Gespräch mit dem damaligen Premierminister Li Keqiang, “die Zusammenarbeit der ITU mit China zu fördern”. China möchte gemäß seiner Strategie “China Standards 2035” globale Standards in der Telekommunikation setzen. Allein im Jahr 2019 reichte das Land 830 technische Spezifikationen bei der ITU ein. Mehr als Südkorea, Japan und die USA auf den Plätzen zwei bis vier zusammen.

Die chinesischen Telekommunikationsunternehmen Huawei und ZTE haben inzwischen fast 24.000 Standard Essential Patents (SEP) im 5G-Bereich angemeldet. Durch eine Anmeldung können alle anderen 5G-Teilnehmer gezwungen werden, Chipsätze und Algorithmen zu verwenden, die von den SEP-Inhabern hergestellt wurden. So soll die Kompatibilität mit den globalen 3GPP-Standards gewährleistet werden. Zum Vergleich: Die US-Chiphersteller Intel und Qualcomm haben 3000 SEP eingereicht. Die Diskrepanz schieben Kritiker auf die engen Verbindungen zwischen Peking und der ITU.

Systematische Unterwanderung

Das Muster dahinter erkennen übrigens nicht nur die USA, denen man als führende Weltmacht in ihrem Urteil Voreingenommenheit unterstellen könnte. Auch in Indien ist man sich über Chinas Einfluss auf die UN inzwischen bewusst. In einer Untersuchung stellte das dortige Gateway House, eine private Forschungseinrichtung zu internationalen Beziehungen, “einen unverhältnismäßig großen Einfluss” Chinas nicht nur auf ITU, ICAO und FAO fest, sondern auch auf die Organisation für industrielle Entwicklung (UNIDO), die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) oder die Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Die von China geleiteten Agenturen sind direkt und indirekt mit seinen nationalen Agenden wie der Belt & Road-Initiative, Made in China 2025 und dem Aufstieg chinesischer Unternehmen verbunden. Die Welt fängt gerade erst an, davon Notiz zu nehmen – und Indien muss das auch”, schreiben die Autoren.

  • Vereinte Nationen

Hersteller bieten ruinöse Rabatte für E-Autos

Tesla bietet eine Prämie für die Werbung von Neukunden.

Kein noch so kreativer Comedy-Autor hätte sich eine solche Pointe ausdenken können: Ende vergangener Woche unterschrieb Elon Musk unter der Ägide des chinesischen Industrieministeriums einen offenen Brief, in dem der Tesla-Gründer sich dazu bekannte, die “sozialistischen Grundwerte” zu stärken. Offensichtlich musste der 52-Jährige es auf die harte Tour lernen: Wer auf dem chinesischen Markt überleben möchte, muss sich den Spielregeln der Kommunistischen Partei unterwerfen.

Nicht nur für Tesla ist die Lage angespannt. Auf dem chinesischen Markt für Elektroautos tobt ein brutaler Preiskampf. Die erbitterte Konkurrenz um die Marktführerschaft bei der Verkehrswende, die noch vor einigen Jahren als notwendige Gesundschrumpfung eines überhitzten Marktes interpretiert wurde, hat seit 2023 alarmierende Züge angenommen.

Xpeng und Nio schreiben tiefrote Zahlen

Allein in diesem Jahr hat die Branche in China mehr als 150 neue Automodelle vorgestellt. Das kann nicht lange gutgehen. Von den unzähligen Start-ups im Bereich E-Mobilität, die in China aktiv sind, werden mittelfristig nur wenige überleben können. Bereits in den kommenden Monaten dürfte Dutzenden das Geld ausgehen. Selbst vielversprechende Marken wie Xpeng oder der in Shanghai ansässige Autobauer Nio, welcher derzeit auch in Europa durchstarten möchte, schreiben derzeit tiefrote Zahlen.

Als traditionelle Automarke mit einem nach wie vor soliden Standbein im Verbrenner-Segment steckt auch Volkswagen mittendrin in der Rabattschlacht der E-Autos. Nach einer aggressiven Preissenkung von zuletzt 16 Prozent ist das Modell ID.3 in seiner Basisversion in China für rund 15.000 Euro zu haben. Zum Vergleich: Auf dem europäischen Markt kostet der (nicht exakt baugleiche) Elektro-PKW knapp 40.000 Euro.

Chinesische Marken technisch auf Augenhöhe

Die Wolfsburger stehen derzeit massiv unter Druck. Jahrelang hatte man auf dem chinesischen Markt die Pole Position inne, nun jedoch verkauft die chinesische Konkurrenz von BYD mehr PKW. Dennoch hoffen ausländische Anbieter weiter auf gute Geschäfte. Angetrieben wird der Paradigmenwechsel vor allem durch die Verkehrswende, bei der die deutschen Autobauer deutlich hinterherhinken. Die chinesischen Marken sind technisch mindestens auf Augenhöhe und vor allem deutlich günstiger als “Made in Germany”.

Um dem Preiskampf entgegenzuwirken, hatte sich die Branche vergangene Woche zu einem ungewöhnlichen Entschluss durchgerungen: Auf einer Konferenz in Shanghai unterschrieben insgesamt 16 Hersteller einen offenen Brief, in dem sie sich dazu verpflichteten, eine “abnorme Preisgestaltung” zu vermeiden. Tesla ist der Stellungnahme als einzige ausländische Firma beigetreten – und hat damit die eingangs erwähnte “Sozialismus-Klausel” unterstützt.

BYD verkauft rund zehnmal so viele E-Autos wie VW

Auch bei Volkswagen hofft man darauf, dass der Preiskampf endlich nachlässt. Beim “China Auto Forum” in Shanghai sprach China-CEO Ralf Brandstätter von einer “ungesunden Marktentwicklung”. Das Kapital, das die Branche im Zuge des Preiskampfes verbrenne, bräuchte man eigentlich für langfristige Investitionen. “Volkswagen will auch in diesem herausfordernden Umfeld weiter wachsen. Aber sicher nicht um jeden Preis”, sagte der 54-Jährige.

Im Segment der E-Autos hat VW lediglich einen Marktanteil von 2,7 Prozent. Selbst mit den Absätzen der beiden Joint Venture belegt man nur Platz zehn. BYD verkauft rund zehnmal so viele E-Autos wie die Wolfsburger. Ziel ist es nun, zumindest unter den ausländischen Autobauern Spitzenreiter zu bleiben.

Tesla bricht Abmachung und bietet Prämie

Die E-Mobilität hat in China vor allem dank massiver staatlicher Subventionen und strenger Regulierung von Verbrenner-Autos eine atemberaubende Entwicklung genommen. Mittlerweile werden in der Volksrepublik mehr E-Autos verkauft als im ganzen Rest der Welt zusammen. Doch die stockende Post-Corona-Erholung bekommt selbst die erfolgsverwöhnte Branche zu spüren: Während die Wachstumsraten für Elektro- und Hybrid-Autos in den vergangenen zwei Jahren stets im dreistelligen Prozentbereich lagen, fällt die Prognose des staatlichen Autoverbands für 2023 mit 36 Prozent recht bescheiden aus.

Auch das veranlasst die Autohersteller, mit einer immer aggressiveren Preispolitik um Kunden zu werben. Der ruinöse Trend wird also auch in den kommenden Monaten nicht aufhören. Selbst der “Waffenstillstand” der 16 Autobauer hielt gerade einmal 48 Stunden.

Schon zuvor hat das erste Unternehmen gegen die Selbstverpflichtung verstoßen: Ausgerechnet Elon Musk verstößt gegen die Selbstverpflichtung und verspricht den Chinesen umgerechnet 450 Euro, wenn sie auf Empfehlung eines bestehenden Tesla-Kunden ein neues Model 3 oder Model Y kaufen. Am Samstag zog der chinesische Verband der Automobilhersteller (CAAM) schließlich den Brief offiziell zurück. Begründung: Er könnte möglicherweise gegen das Kartellrecht verstoßen. Fabian Kretschmer

  • Autoindustrie
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News

Kritische Aktionäre misstrauen VW-Audit

Aktivisten protestieren gegen Volkswagens Engagement in der chinesischen Region Xinjiang

Der Dachverband Kritische Aktionärinnen und Aktionäre hegt große Zweifel an der Aussagekraft einer Untersuchung des Volkswagen-Werkes in Ürümqi. In einem offenen Brief, der China.Table vorab vorliegt, weist der Verband auf die drastische Unterdrückungspolitik in der uigurischen Region hin. Diese mache es unmöglich, valide Informationen vor Ort zu erheben.

Zwar begrüßen die Kritischen Aktinäre die Tatsache, dass Volkswagen das Risiko potenzieller Menschenrechtsverletzungen im Volkswagen-SAIC Werk in Urumqi ernst nehme. Jedoch gebe es insbesondere in Bezug auf die Lieferketten schwerwiegende Hinweise auf Zwangsarbeit. “In Bezug auf die von Volkswagen geplante Überprüfung des Volkswagen-SAIC-Werks haben wir begründete Zweifel, ob nun ein externes Audit in diesem konkreten Fall eine effektive und ausreichende Maßnahme darstellen kann”, heißt es in dem Schreiben, das am heutigen Dienstag veröffentlicht wird.

Volkswagen-Chef Oliver Blume hatte Ende Juni “ein transparentes, unabhängiges externes Audit” und “volle Transparenz” angekündigt. Der Konzern kommt damit einer zentralen Forderung von Fondsgesellschaften nach, die zu den Großaktionären von Volkswagen gehören. Bei der Aktionärsversammlung im Mai war es mehrfach zu Protesten von Aktivisten gekommen. Ihr Vorwurf: Volkswagen verdiene Geld auf Kosten uigurischer Zwangsarbeiter.

Die Kritischen Aktionäre wollen nun unter anderem wissen, wie Unabhängigkeit und Aussagekraft der Ergebnisse gewährleistet werden können und ob Beschäftigte frei und ohne Gefahr von staatlichen Repressionen sprechen können. Zudem schlagen die Krtischen Aktionären eine Brücke zur Problematik der Lieferketten und fragen, ob das Audit sowohl Zulieferer des Volkswagen-SAIC-Werks in Urumqi als auch Zulieferer aus der betroffenen Region, die andere VW-Standorte beliefern, umfasse.

Im Dezember 2022 hatte die Sheffield Hallam University einen umfangreichen Bericht veröffentlicht, der die Wahrscheinlichkeit von uigurischer Zwangsarbeit in den Lieferketten der Automobilindustrie belegt. Betroffen davon ist nicht nur Volkswagen, sondern auch andere deutsche und internationale Hersteller wie Mercedes, BMW, Toyota, Ford. grz

  • Autoindustrie

Auch Deutsche sorgen für Preisverfall in China

Schwache Verbrauchernachfragen, auch aus Deutschland, schüren in China die Sorgen vor einer Deflation. Chinesische Hersteller senkten ihre Preise im Juni so stark wie seit siebeneinhalb Jahren nicht mehr. Die Erzeugerpreise fielen um 5,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistikamt am Montag in Peking mitteilte. Es war der neunte Rückgang in Folge. China droht eine Deflation.

Besonders in den Bereichen Energie, Metalle und Chemikalien waren die Unternehmen zu Preissenkungen gezwungen, da sich die Nachfrage im In- und Ausland abschwächte. Zudem stagnierten die Verbraucherpreise zum ersten Mal seit fast zweieinhalb Jahren. Ein Grund dürfte auch hier die schleppende Nachfrage sein. Das wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Regierung und Zentralbank neue Konjunkturmaßnahmen ergreifen werden.

Fallende Immobilienpreise und die finanziellen Probleme zahlreicher Entwickler haben nicht nur die Bautätigkeit gedämpft, sondern wohl auch die Konsumbereitschaft. Außerdem macht dem Exportweltmeister zu schaffen, dass wichtige Absatzmärkte wie Deutschland und die Euro-Zone insgesamt in einer Rezession stecken.

Als Deflation wird ein Preisverfall auf breiter Front bezeichnet, der eine Abwärtsspirale aus sinkenden Umsätzen, Löhnen und Investitionen auslösen kann – mit verheerenden Folgen für die Wirtschaft. Die Sorge geht auch an den Finanzmärkten um. Der Kurs der Landeswährung Yuan fiel, auch asiatische Aktien rutschten ins Minus. rtr/grz

  • Deflation
  • Wirtschaft

Zentralbank will Immobilienmarkt stützen

Die chinesische Zentralbank hat am Montag ihre Maßnahmen zur Unterstützung des Immobilienmarkts bis Ende 2024 verlängert. Konkret geht es unter anderem um die Stundung von Immobilienkrediten. So soll es möglich sein, die Rückzahlung von bestimmten Immobilienkrediten um ein Jahr aufschieben zu können. Das geht aus einer Mitteilung der People’s Bank of China und der National Administration of Financial Regulation hervor, wie die Nachrichtenagentur Xinhua berichtet.

Chinas Finanzbehörden hatten umfassende Hilfen für den Immobiliensektor beschlossen. Im vergangenen November wurden Milliarden-Hilfen bereitgestellt. Das Land werde die entsprechenden Richtlinien nun bis zum 31. Dezember 2024 verlängern, heißt es in der Mitteilung.

Das Ziel der Maßnahmen ist klar: China will den angeschlagenen Immobilienmarkt des Landes stützen. Der Immobiliensektor ist für Chinas Wirtschaft von großer Bedeutung. Er macht einen großen Anteil des Bruttoinlandsprodukts aus.

Nun werden Chinas Banken zu Verhandlungen mit Immobiliengesellschaften angehalten, mit dem Ziel, die Kreditrückzahlungen zu verlängern und Immobilienunternehmen finanziell zu unterstützen. Damit soll es ermöglicht werden, im Bau befindliche Immobilienprojekte zu Ende zu führen. rad

  • Immobilienmarkt
  • Kredite
  • Zentralbank

Strategische Partnerschaft mit Salomonen

Richtet den diplomatischen Fokus der Salomonen auf China: Ministerpräsident Manasseh Sogavare, hier im Oktober 2022 in Canberra.

China und die Salomonen haben am Montag mehrere Abkommen über die Aufwertung ihrer Beziehungen hin zu einer umfassenden strategischen Partnerschaft unterzeichnet. Ministerpräsident Manasseh Sogavare und sein chinesischer Amtskollege Li Qiang einigten sich in Peking auf insgesamt neun Abkommen. Unter anderem wird darin die polizeiliche Zusammenarbeit geregelt. Das vereinfacht den Einsatz chinesischer Einheiten auf den Salomonen, sollte Peking darum gebeten werden.

Es ist eine rasante Entwicklung der bilateralen Beziehungen und unterstreicht Sogavares klare Ausrichtung auf China. Als er 2019 gewählt wurde, verlagerte er den diplomatischen Fokus seines Landes weg von Taiwan hin zu China. Im vergangenen Jahr schlossen die beiden Länder ein Sicherheitsabkommen, das in der Region und den USA vor große Aufregung sorgte.

Anschließend arbeitete Peking kontinuierlich an der Weiterentwicklung der Beziehungen. Im vergangenen Monat forderte Sogavare auch noch eine Überprüfung des Sicherheitsabkommens mit Australien aus dem Jahr 2017. Entscheidend für all das ist die strategische Lage der Inselgruppe, die Chinas geostrategischen Ambitionen in die Karten spielt.

Am Sonntag war Sogavare nun zu seinem ersten Besuch in China angereist. Sogavare traf auch Chinas Präsident Xi Jinping. “China und die pazifischen Inselstaaten sind beide Entwicklungsländer und sollten die gegenseitige Hilfe im Rahmen der Süd-Süd-Zusammenarbeit stärken”, sagte Xi. rad

  • Geopolitik
  • Indopazifik
  • Militär
  • Salomonen
  • USA

China kämpft mit Wetterextremen 

Die Hitze macht China zu schaffen. Am Montag rief der Wetterdienst die zweithöchste Warnstufe aus.

China durchlebt derzeit Tage der Wetterextreme: Vor allem die Hauptstadt Peking leidet unter sengender Hitze mit Temperaturen von mehr als 40 Grad Celsius, während Zentralchina mit den Folgen heftiger Regenfällen und Überschwemmungen kämpft.

Zu Wochenbeginn leiden weiterhin weite Teile des Landes unter extremer Hitze: Für die Hauptstadt Peking wurden Temperaturen von mehr als 40 Grad vorhergesagt. Auch in Teilen der Provinzen Hebei, Henan, Zhejiang und Fujian kratzte das Thermometer an der 40-Grad-Marke. Im Norden und anderen Landesteilen wurden ebenfalls mehr als 35 Grad erwartet.

Der Wetterdienst rief am Montag stellenweise die Hitzewarnstufe Orange aus, es ist die zweithöchste Warnstufe. Demnach sollten Arbeiten im Freien so kurz wie möglich gehalten werden. Lieferdienste arbeiteten aber weiter. In der Umgebung von Peking wurde sogar die höchste Warnstufe ausgerufen, bei der Arbeiten im Freien gänzlich verboten sind und die Behörden Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vorbereiten müssen. Die Behörden in Peking meldeten bislang zwei Hitzetote. Das Landwirtschaftsministerium warnte, die anhaltende Hitze könne die Reisernte schädigen.

Derweil suchten in Hubei Rettungskräfte nach sieben Personen, die seit einem durch Unwetter ausgelösten Erdrutsch vermisst werden. Die Erdmassen hatten am Samstag in Zentralchina eine Straßenkonstruktion unter sich begraben. Es gab mindestens einen Toten und fünf Verletzte, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua meldete. Wegen heftiger Wolkenbrüche in weiten Teilen des Landes hatten Zehntausende ihre Häuser verlassen. rad

  • Gesundheit

Entschärfte Subventionskontrolle

Die EU-Kommission hat die Meldepflichten im Rahmen der Verordnung über Subventionen aus Drittstaaten erheblich abgeschwächt. Damit reagierte die Behörde auf Kritik aus der Industrie und den Mitgliedstaaten. Die neuen Regeln für die Subventionskontrolle zielen vor allem auf Unternehmen aus Ländern wie China, gelten aber ebenso für europäische Unternehmen, die außerhalb der EU aktiv sind.

Bundesregierung und Industrie begrüßten die Nachbesserungen: Die Kommission habe die deutschen Änderungsvorschläge “im Wesentlichen übernommen”, sagte ein Sprecher des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz auf Anfrage.

Die Foreign Subsidies Regulation (FSR) war vor einem Jahr von Rat und Europaparlament im Eilverfahren beschlossen worden. Die Verordnung sieht vor, dass Unternehmen geplante Firmenzusammenschlüsse und öffentliche Aufträge der Kommission melden müssen, wenn sie dafür substanzielle finanzielle Zuwendungen von Drittstaaten erhalten. Nun hat die Behörde die Meldepflichten stark eingegrenzt:

  • Einzelne Zuwendungen müssen nur gemeldet werden, wenn sie mehr als eine Million Euro betragen.
  • Bei einer geplanten Übernahme müssen die Unternehmen nur für bestimmte Formen staatlicher Zuwendungen detaillierte Informationen liefern, die als besonders problematisch angesehen werden. Dazu zählen etwa Hilfen für notleidende Unternehmen, unbegrenzte Kreditgarantien oder direkte Unterstützung bei einer Übernahme.
  • Alle anderen Zuwendungen müssen die Unternehmen nicht – wie zunächst geplant – ebenfalls einzeln angeben. Vielmehr sollen sie die Zahlungen nach Kategorien und pro Drittstaat gebündelt erfassen. Und das auch nur dann, wenn die Zuwendungen in einem Land höher sind als 45 Millionen Euro binnen drei Jahren.

Die neuen Berichtspflichten greifen ab dem 12. Oktober. tho

  • EU
  • Foreign Subsidies Regulation
  • Handel
  • Subventionen

Tote bei Angriff auf Kindergarten

Bei einer Messerattacke auf dem Gelände eines Kindergartens in der südchinesischen Provinz Guangdong sind sechs Menschen getötet und ein weiterer verletzt worden. Unter den Toten sollen sich drei Kinder befinden. Ein 25-jähriger Mann wurde als unmittelbar Tatverdächtiger festgenommen.

Der Vorfall löste eine Welle der Besorgnis und eine emotionale Debatte auf der sozialen Plattform Weibo aus. Mit 290 Millionen Aufrufen generierte die Tragödie riesige Aufmerksamkeit unter den Nutzern. “Wie viele
Familien werden dadurch zerstört … Ich unterstütze die Todesstrafe”, schrieb ein Nutzer. Jemand anderes fragt, weshalb solche Angriffe immer noch vorkommen.

In den vergangenen zehn Jahren kam es in China immer wieder zu Attentaten auf Kindergärten. Im August letzten Jahres wurden bei einer Messerstecherei in einem Kindergarten in der südlichen Provinz Jiangxi drei Menschen getötet und sechs verletzt. Im Jahr 2021 tötete ein Mann zwei Kinder und verletzte 16 in einem Kindergarten in der südwestlichen Region Guangxi. 2017 hatte ein 22-Jähriger einen Sprengsatz vor einem Kindergarten in der Provinz Jiangsu gezündet und dabei sich selbst und Dutzende andere Menschen getötet oder verletzt. rtr/grz

  • Gesellschaft

Presseschau

Why Asia matters to Nato as it looks to respond to China’s military expansion THEGUARDIAN
China bestreitet Existenz: Illegale Polizeistationen – Wie China auch in Deutschland Dissidenten jagt STERN
Beispiellose Temperaturen: China öffnet Luftschutzbunker für Hitzeschutz N-TV
25-jähriger festgenommen: Sechs Tote nach Messer-Attacke auf Kindergarten in China KLEINEZEITUNG
Pressefreiheit in Hongkong am Tiefpunkt GUETSEL
China: Furcht vor sinkenden Preisen ORF
European markets close slightly higher after China’s low inflation reading CNBC
Schließt Peking bald Schlupflöcher? Yuan unter Druck: Kapitalflucht von Investoren in China FINANZMARKTWELT
Investors buy Chinese stocks for the first time in almost two months REUTERS
China will angeschlagenen Immobilienmarkt stärker stützen MERKUR
Französische Automobilbranche schlägt wegen China Alarm EURACTIV
Nur die Stärksten überleben: der brutale Preiskampf auf Chinas Elektroautomarkt RND
Massive Preisreduktion: VW verkauft ID 3 für umgerechnet 16.000 Euro in China T3N
China-Elektroautobauer Byton geht in die Insolvenz ECOMENTO
German Businesses Bet Big on China, and They’re Starting to Worry NYTIMES
Openkylin: China lanciert ein quelloffenes Betriebssystem NETZWOCHE
Freude über neue Kardinäle aus Hongkong und Malaysia NEUESRUHRWORT
Chinas Fußball-Boom und der tiefe Fall: Eine Warnung für Saudi-Arabien? RAN
Wie weit ist China bei Künstlicher Intelligenz? TAGESSCHAU

Standpunkt

Wir sollten Chinas wirtschaftliche Erholung nicht abschreiben

Von Zhang Jun
Zhang Jun ist Ökonom an der Fudan-Universität.

Das Ende der Covid-19-bedingten Lockdowns sollte eine starke Welle aufgestauter Nachfrage freisetzen. Stattdessen ist die Gesamtnachfrage, die sich bereits vor der Pandemie verlangsamt hatte, zum vorherigen Trend zurückgekehrt. Obwohl die Chinesen mehr gereist sind, mehr soziale Kontakte pflegten und öfter essen gingen, sind die Konsumausgaben der privaten Haushalte nur im begrenzten Umfang gestiegen. Eine Erholung der Anlageinvestitionen blieb aus. 

Von wenigen Ausnahmen wie dem Sektor für Fahrzeuge mit alternativem Antrieb (NEVs) abgesehen, blieb die Wirtschaftsaktivität gedämpft. Infolgedessen fiel das Wachstum viel schwächer aus als erwartet. Obwohl das reale BIP-Wachstum im ersten Quartal 4,5 Prozent erreichte, wird für das zweite Quartal eine Verlangsamung erwartet. Die Kerninflation fluktuiert um null, und der Erzeugerpreisindex liegt im negativen Bereich.

Doch dürfte diese Situation vorübergehende Umstände widerspiegeln. Insbesondere hat die neue Regierung, als sie im Frühjahr ihre Arbeit aufnahm, nicht sofort ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Stützung der postpandemischen Erholung eingeleitet.

Zwar hat die chinesische Regierung in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres einige Maßnahmen umgesetzt, die darauf zielten, die Lage der Haushalte und Unternehmen zu verbessern. Doch gingen die Interventionen nicht weit genug. Das gilt insbesondere für den Immobiliensektor, auf den etwa 40 Prozent von Chinas jährlichen Anlageinvestitionen entfallen. Markterwartungen, dass die Häuserpreise einbrechen dürften, drückten auf die Bilanzen der privaten Haushalte und schreckten vor neuen Eigenheimkäufen ab.

Investoren sind nicht zuversichtlich

Die Finanzlage der Kommunen ist derweil sehr angespannt, und die verzinslichen Schulden der kommunalen Finanzierungsplattformen haben sich steil erhöht, was Investitionen in die Infrastruktur untergräbt. Während die Finanzlage des Unternehmenssektors etwas weniger angespannt ist, schlägt sich der Mangel an Zuversicht in den privaten Investitionen nieder. Im Verbund mit dem Covid-19-bedingten Rückgang von Beschäftigung und Löhnen macht dies unterstützende Maßnahmen eindeutig erforderlich.

Zum Glück ist ein Maßnahmenpaket zur Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung höchstwahrscheinlich schon auf dem Weg. Laut jüngsten Informationen der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission Chinas dürfte ein derartiges Paket u. a. auf eine Erhöhung der Löhne und die Unterstützung einkommensschwacher Haushalte zielende Maßnahmen umfassen, um den Konsum anzukurbeln.

Immobiliensektor bewegt sich nur kaum

Die Finanzierungsbeschränkungen für Bauträger könnten ebenfalls gelockert werden, um den Immobiliensektor wiederzubeleben. Die chinesische Notenbank steht anscheinend kurz davor, die Kreditzinsen weiter zu senken, um zu Kreditaufnahmen zu ermutigen. Und die Zentralregierung wird höchstwahrscheinlich partielle Umwandlungen kommunaler Schulden in Betracht ziehen oder die sogenannten “Policy Banks” auffordern, zur Steigerung der Kaufkraft der Kommunen langfristige Kredite anzubieten.

Natürlich können die politischen Entscheider in China nicht allen negativen Einflüssen aus dem Weg gehen, denen die Wirtschaft ausgesetzt ist. Globale geopolitische Verschiebungen – insbesondere seine sich verschlechternde Beziehung zu den USA – werden Chinas wirtschaftliche Erholung kurzfristig zweifellos behindern. Doch was die mittel- bis langfristigen Auswirkungen sein werden, ist alles andere als klar. Es ist durchaus möglich, dass jenseits der kurzfristigen Erschütterungen langfristige Chancen auf China warten, das inmitten von Instabilität und Krisen traditionell floriert.

Peking reagiert bereits

China hat bereits auf die wachsende Unsicherheit in seinem äußeren Umfeld reagiert, indem es seinen Zugriff auf strategische Ressourcen wie Energieträger und wichtige Mineralien ausgeweitet und abgesichert hat – sei es durch Stärkung seiner Partnerschaften mit den betreffenden Ländern oder durch Überwindung seiner Abhängigkeit von ausländischen Lieferanten. Den Markt für seltene Erden dominiert China bereits.

Chinas strategisches Denken und wirtschaftliche Resilienz spiegeln sich zudem im schnellen Anstieg seiner NEV-Exporte in jüngster Zeit wider. Chinas Automobilhersteller erkannten im Gefolge der pandemiebedingten Erschütterungen und durch den Ukraine-Krieg ausgelösten geopolitischen Krise Chancen zur Steigerung ihrer NEV-Exporte in Regionen wie Europa, die bestrebt sind, ihre ökologische Wende voranzutreiben.

Die Erfolgsbilanz der chinesischen NEV-Branche spricht für sich. China hat 2021 Südkorea bei den Gesamtexporten von Autos überholt, und 2022 dann Deutschland. Es wird erwartet, dass China dieses Jahr vier Millionen Fahrzeuge – zu einem großen Teil NEVs – exportieren und Japan als weltgrößten Autoexporteur ablösen wird. Zugleich wird die Regierung, um die Akzeptanz von NEVs im eigenen Land zu steigern, die Erwerbssteuerbefreiung von NEVs um weitere vier Jahre verlängern.

US-Sanktionen haben nur begrenzte Auswirkungen

Diese Erfolgsbilanz legt nahe, dass die von den USA ausgehenden Bemühungen zur Beschränkung von Mikrochip-Exporten nach China langfristig nur begrenzte Auswirkungen haben werden. Wahrscheinlicher ist, dass sie China anspornen wird, seine Abhängigkeit von den USA und ihre Partner umfassenden Technologie-Lieferketten zu verringern – entweder durch Umstellung seiner Handelsbeziehungen oder durch Innovationen im eigenen Land.

Chinas dezentrale Wirtschaftsstruktur hilft dabei beträchtlich. Es steht zu erwarten, dass Ströme komplexer Technologieprodukte sich über Dutzende von Städten verbreiten und dabei von tausenden von Firmen abgewickelt werden. Das können staatseigene Unternehmen, heimische private Firmen oder Gesellschaften im ausländischen Besitz sein.

Subventionen wirken

Wenn in China eine Branche stark zu wachsen beginnt, neigen Investoren und Unternehmen dazu, sich in Scharen darauf zu stürzen. Das liegt nicht zuletzt an den Fördermaßnahmen und Subventionen, die die Kommunen dann vermutlich anbieten. Dies kann die Entwicklung der Branche deutlich beschleunigen, selbst wenn es sich um eine Branche mit technologischen Eintrittsschwellen handelt, die zu erreichen enorme Investitionen (und eine große Zahl qualifizierter Arbeitskräfte) erfordert. So wird Teslas geplante neue Megapack- (Batterie-) Fabrik in Shanghai Chinas NEV-Sektor einen weiteren Schub geben, ganz so, wie Teslas “Gigafactory” das seit 2019 tut.

Natürlich können, wenn die technologische Eintrittsschwelle erst einmal überschritten ist, enorme Investitionen in neu florierende Branchen große Herausforderungen hervorrufen, nicht zuletzt eine übermäßige Kapitalbildung. Besonders leiden könnten dabei die Marktpioniere. Doch wie Chinas Photovoltaik-Branche gezeigt hat, können sich die Nachfragebedingungen stabilisieren oder verbessern, was den Sektor dann neu belebt. Anders ausgedrückt: Ein robustes Wirtschaftswachstum kann sich noch einstellen, auch wenn ein gesamtwirtschaftlicher Boom bisher auf sich warten lässt. Übersetzung: Jan Doolan

Zhang Jun ist Dekan der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Fudan und Direktor des China Center for Economic Studies, einer Denkfabrik mit Sitz in Shanghai.

Copyright: Project Syndicate, 2023.
www.project-syndicate.org

  • Coronavirus
  • Wirtschaft

Personalien

Chen Jixing, ehemaliger Finanzchef der Provinz Guangdong, wird der Korruption verdächtigt. Wie die Zentralkommission für Disziplinarinspektion am Sonntag in einer Erklärung bekannt gab, wird der 68-jährige pensionierte Beamte “schwerer Verstöße gegen die Disziplin und das Gesetz der Kommunistischen Partei” verdächtigt – ein gängiger Euphemismus für Korruption.

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Dessert

Das Xiaoshan District Sports Center in Hangzhou wird im September zentraler Schauplatz der Asien-Spiele. Ursprünglich sollten die Spiele im vergangenen Jahr stattfinden, wurden wegen der Corona-Pandemie jedoch auf kommenden Spätsommer verschoben. Die Veranstaltung umfasst Dutzende Sportarten. Bei den vergangenen Asienspielen in Indonesien wurden in 468 Wettbewerben Medaillen vergeben. Seit dem Wochenende läuft der Vorverkauf für die Eintrittskarten.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    Marcel Grzanna zeigt in seiner Analyse allerdings, was das für Folgen haben kann: Die Direktoren aus der Volksrepublik schachern gezielt chinesischen Unternehmen Aufträge zu, vertiefen die Zusammenarbeit mit ihrer Regierung – und wollen so schlussendlich das geltende Wertesystem umkrempeln. China unterwandert gezielt das UN-System.

    In unserer zweiten Analyse widmen wir uns der Rabattschlacht auf Chinas E-Automarkt. Es ist ein brutaler Preiskampf ausgebrochen, wie Fabian Kretschmer berichtet. Und Deutschlands Autobauer stecken mitten drin: So bietet VW den ID.3 in seiner Basisversion in China schon für rund 15.000 Euro an. Zum Vergleich: Kunden in Europa müssen 40.000 Euro zahlen, obgleich für ein Modell, das sich in seiner Qualität unterscheidet.

    Mehrere Autobauer glaubten, einen Ausweg gefunden zu haben – und schlossen einen “Waffenstillstand”. Doch das Abkommen hielt keine 48 Stunden, dann scherte Tesla auch schon wieder aus. Es ist ein ruinöser Kampf um Neukunden.

    Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht

    Ihr
    Michael Radunski
    Bild von Michael  Radunski

    Analyse

    Wie China die UN unterwandert

    Wiederwahl: Qu Dongyu leitet die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN bis 2027.

    Die Wiederwahl von Qu Dongyu zum Leiter der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) war eine klare Angelegenheit. 168 von 182 Stimmen entfielen Anfang Juli auf den früheren chinesischen Vize-Agrarminister, der damit bis 2027 im Amt bleibt.

    Das Wahlergebnis war eindeutiger als bei Qus erster Kandidatur vor vier Jahren, als er sich noch gegen eine Französin und einen Georgier durchsetzen musste. In diesem Jahr blieb Qu konkurrenzlos. Niemand wollte oder sah sich in der Lage, dem Amtsinhaber seinen Posten streitig zu machen. Nicht zuletzt, weil die Volksrepublik mit konsequenter Lobbyarbeit viele Entwicklungs- und Schwellenländer auf ihre Seite gezogen und sich in zahlreichen Gremien potenzielle Mehrheiten verschafft hat.

    Chinas UN-Reform von innen

    “China hat Geschick und Beharrlichkeit bei der Unterwanderung internationaler Organisationen bewiesen und nutzt seine bilateralen Initiativen wie die Belt & Road-Initiative, um sich das System ‘eine Nation – eine Stimme’ in den UN-Organisationen zunutze zu machen”, heißt es in einer Studie der Heritage Foundation aus den USA.

    Das australische Lowy Institute, eine Denkfabrik aus Sydney, erkennt darin den Versuch Chinas, das UN-System von innen heraus zu reformieren. Reform klingt tendenziell positiv. Ob es das aus Sicht der Weltgemeinschaft tatsächlich auch ist, bezweifeln die Autoren. Denn das chinesische Konzept einer Schicksalsgemeinschaft der Menschheit marginalisiere ihrer Meinung nach universelle Werte zugunsten staatlicher Interessen.

    Chinesische Pestizide für die Welt

    Qu Dongyu ist ein gutes Beispiel dafür, wie China die UN instrumentalisiert, um die eigenen Interessen durchzusetzen. Recherchen der vier ARD-Anstalten BR, MDR, rbb und SWR legen nahe, dass die FAO zweigleisig fährt. Neben den Interessen der Weltgemeinschaft ist die Organisation auch stark auf chinesische Vorteile bedacht.

    Unter chinesischer Führung wurden Lieferungen umstrittener Pestizide nach Afrika, Asien und Ozeanien von der Organisation freigegeben, die von einem chinesischen Unternehmen produziert werden. In der EU sind zahlreiche der betroffenen Pestizide verboten.

    Die Recherche zeigte auch den unmittelbaren Nutzen gleich mehrerer FAO-Projekte für Chinas Infrastrukturprojekt Belt & Road-Initiative (BRI). China lässt über die UN-Organisation Rinder im Nachbarland Laos impfen, um sie dann zu importieren. In einer FAO-internen Projektbeschreibung ist von “Einklang mit […] der Priorität Chinas” die Rede, um BRI zu unterstützen.

    Direktoren auf politische Ideologie geprüft

    Auch Aufträge und Posten innerhalb der Organisation gingen unter Qu verstärkt nach China. Der neue FAO-Internetauftritt wurde über das chinesische Landwirtschaftsministerium gebaut. 400.000 Dollar flossen dafür nach Peking.

    Aus anfangs zwei chinesischen Direktoren, die dem Generaldirektor zuarbeiten sind, sind während der ersten Amtszeit sechs geworden. Chinesische Ausschreibungsdokumente zeigen laut ARD-Recherchen, dass alle Direktoren “streng” auf “politische Ideologie” überprüft würden – in liberalen Demokratien undenkbar. Es heißt, sie berichten auch an die chinesische Botschaft in Rom, dem Sitz der FAO. Eine Quelle sagte den Journalisten, dass die chinesischen Direktoren intern als “Spione” bezeichnet würden.

    Den wachsenden Einfluss auf die UN-Organisationen lässt sich China einiges kosten. Die UN-Ausgaben sind parallel zum Wachstum der Volksrepublik zur zweitgrößten Volkswirtschaft massiv gestiegen. Vor gut 20 Jahren trug das Land rund zwei Prozent des regulären UN-Haushaltes. Bis 2022 kletterte er auf 15,25 Prozent. UN-Experten gehen davon aus, dass der chinesische Anteil in den kommenden Jahren weiter wachsen wird.

    Taiwan wird aus Luftfahrt ausgeschlossen

    Qu ist dabei nur ein Beispiel, wie chinesische UN-Funktionäre ihre Macht nutzen, um Pekings Interessen durchzusetzen. Ein anderes Beispiel ist Liu Fang. Sie war die erste Frau, die der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) vorsaß. Während ihrer Amtszeit bis 2021 zog sie mehrfach starke Kritik auf sich. 2016 schloss sie Taiwan von der 27. ICAO-Session aus, obwohl der Inselstaat als international anerkannte Drehscheibe der zivilen Luftfahrt gilt.

    Nach Ausbruch der Covid-Pandemie sorgte Liu abermals für einen taiwanischen Ausschluss von der Krisenkoordination der Organisation. Kritiker dieses Ausschlusses wurden vom Twitter-Konto der ICAO geblockt und erhielten das Angebot, ihren Zugang zurückzuerhalten, wenn sie ihre Kommentare löschen würden.

    China setzt Standards in Fernmeldeunion

    Oder Zhao Houlin, bis Ende vergangenen Jahres Chef der Internationalen Fernmeldeunion (ITU): 2015 versprach Zhao in einem Gespräch mit dem damaligen Premierminister Li Keqiang, “die Zusammenarbeit der ITU mit China zu fördern”. China möchte gemäß seiner Strategie “China Standards 2035” globale Standards in der Telekommunikation setzen. Allein im Jahr 2019 reichte das Land 830 technische Spezifikationen bei der ITU ein. Mehr als Südkorea, Japan und die USA auf den Plätzen zwei bis vier zusammen.

    Die chinesischen Telekommunikationsunternehmen Huawei und ZTE haben inzwischen fast 24.000 Standard Essential Patents (SEP) im 5G-Bereich angemeldet. Durch eine Anmeldung können alle anderen 5G-Teilnehmer gezwungen werden, Chipsätze und Algorithmen zu verwenden, die von den SEP-Inhabern hergestellt wurden. So soll die Kompatibilität mit den globalen 3GPP-Standards gewährleistet werden. Zum Vergleich: Die US-Chiphersteller Intel und Qualcomm haben 3000 SEP eingereicht. Die Diskrepanz schieben Kritiker auf die engen Verbindungen zwischen Peking und der ITU.

    Systematische Unterwanderung

    Das Muster dahinter erkennen übrigens nicht nur die USA, denen man als führende Weltmacht in ihrem Urteil Voreingenommenheit unterstellen könnte. Auch in Indien ist man sich über Chinas Einfluss auf die UN inzwischen bewusst. In einer Untersuchung stellte das dortige Gateway House, eine private Forschungseinrichtung zu internationalen Beziehungen, “einen unverhältnismäßig großen Einfluss” Chinas nicht nur auf ITU, ICAO und FAO fest, sondern auch auf die Organisation für industrielle Entwicklung (UNIDO), die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) oder die Weltgesundheitsorganisation (WHO).

    Die von China geleiteten Agenturen sind direkt und indirekt mit seinen nationalen Agenden wie der Belt & Road-Initiative, Made in China 2025 und dem Aufstieg chinesischer Unternehmen verbunden. Die Welt fängt gerade erst an, davon Notiz zu nehmen – und Indien muss das auch”, schreiben die Autoren.

    • Vereinte Nationen

    Hersteller bieten ruinöse Rabatte für E-Autos

    Tesla bietet eine Prämie für die Werbung von Neukunden.

    Kein noch so kreativer Comedy-Autor hätte sich eine solche Pointe ausdenken können: Ende vergangener Woche unterschrieb Elon Musk unter der Ägide des chinesischen Industrieministeriums einen offenen Brief, in dem der Tesla-Gründer sich dazu bekannte, die “sozialistischen Grundwerte” zu stärken. Offensichtlich musste der 52-Jährige es auf die harte Tour lernen: Wer auf dem chinesischen Markt überleben möchte, muss sich den Spielregeln der Kommunistischen Partei unterwerfen.

    Nicht nur für Tesla ist die Lage angespannt. Auf dem chinesischen Markt für Elektroautos tobt ein brutaler Preiskampf. Die erbitterte Konkurrenz um die Marktführerschaft bei der Verkehrswende, die noch vor einigen Jahren als notwendige Gesundschrumpfung eines überhitzten Marktes interpretiert wurde, hat seit 2023 alarmierende Züge angenommen.

    Xpeng und Nio schreiben tiefrote Zahlen

    Allein in diesem Jahr hat die Branche in China mehr als 150 neue Automodelle vorgestellt. Das kann nicht lange gutgehen. Von den unzähligen Start-ups im Bereich E-Mobilität, die in China aktiv sind, werden mittelfristig nur wenige überleben können. Bereits in den kommenden Monaten dürfte Dutzenden das Geld ausgehen. Selbst vielversprechende Marken wie Xpeng oder der in Shanghai ansässige Autobauer Nio, welcher derzeit auch in Europa durchstarten möchte, schreiben derzeit tiefrote Zahlen.

    Als traditionelle Automarke mit einem nach wie vor soliden Standbein im Verbrenner-Segment steckt auch Volkswagen mittendrin in der Rabattschlacht der E-Autos. Nach einer aggressiven Preissenkung von zuletzt 16 Prozent ist das Modell ID.3 in seiner Basisversion in China für rund 15.000 Euro zu haben. Zum Vergleich: Auf dem europäischen Markt kostet der (nicht exakt baugleiche) Elektro-PKW knapp 40.000 Euro.

    Chinesische Marken technisch auf Augenhöhe

    Die Wolfsburger stehen derzeit massiv unter Druck. Jahrelang hatte man auf dem chinesischen Markt die Pole Position inne, nun jedoch verkauft die chinesische Konkurrenz von BYD mehr PKW. Dennoch hoffen ausländische Anbieter weiter auf gute Geschäfte. Angetrieben wird der Paradigmenwechsel vor allem durch die Verkehrswende, bei der die deutschen Autobauer deutlich hinterherhinken. Die chinesischen Marken sind technisch mindestens auf Augenhöhe und vor allem deutlich günstiger als “Made in Germany”.

    Um dem Preiskampf entgegenzuwirken, hatte sich die Branche vergangene Woche zu einem ungewöhnlichen Entschluss durchgerungen: Auf einer Konferenz in Shanghai unterschrieben insgesamt 16 Hersteller einen offenen Brief, in dem sie sich dazu verpflichteten, eine “abnorme Preisgestaltung” zu vermeiden. Tesla ist der Stellungnahme als einzige ausländische Firma beigetreten – und hat damit die eingangs erwähnte “Sozialismus-Klausel” unterstützt.

    BYD verkauft rund zehnmal so viele E-Autos wie VW

    Auch bei Volkswagen hofft man darauf, dass der Preiskampf endlich nachlässt. Beim “China Auto Forum” in Shanghai sprach China-CEO Ralf Brandstätter von einer “ungesunden Marktentwicklung”. Das Kapital, das die Branche im Zuge des Preiskampfes verbrenne, bräuchte man eigentlich für langfristige Investitionen. “Volkswagen will auch in diesem herausfordernden Umfeld weiter wachsen. Aber sicher nicht um jeden Preis”, sagte der 54-Jährige.

    Im Segment der E-Autos hat VW lediglich einen Marktanteil von 2,7 Prozent. Selbst mit den Absätzen der beiden Joint Venture belegt man nur Platz zehn. BYD verkauft rund zehnmal so viele E-Autos wie die Wolfsburger. Ziel ist es nun, zumindest unter den ausländischen Autobauern Spitzenreiter zu bleiben.

    Tesla bricht Abmachung und bietet Prämie

    Die E-Mobilität hat in China vor allem dank massiver staatlicher Subventionen und strenger Regulierung von Verbrenner-Autos eine atemberaubende Entwicklung genommen. Mittlerweile werden in der Volksrepublik mehr E-Autos verkauft als im ganzen Rest der Welt zusammen. Doch die stockende Post-Corona-Erholung bekommt selbst die erfolgsverwöhnte Branche zu spüren: Während die Wachstumsraten für Elektro- und Hybrid-Autos in den vergangenen zwei Jahren stets im dreistelligen Prozentbereich lagen, fällt die Prognose des staatlichen Autoverbands für 2023 mit 36 Prozent recht bescheiden aus.

    Auch das veranlasst die Autohersteller, mit einer immer aggressiveren Preispolitik um Kunden zu werben. Der ruinöse Trend wird also auch in den kommenden Monaten nicht aufhören. Selbst der “Waffenstillstand” der 16 Autobauer hielt gerade einmal 48 Stunden.

    Schon zuvor hat das erste Unternehmen gegen die Selbstverpflichtung verstoßen: Ausgerechnet Elon Musk verstößt gegen die Selbstverpflichtung und verspricht den Chinesen umgerechnet 450 Euro, wenn sie auf Empfehlung eines bestehenden Tesla-Kunden ein neues Model 3 oder Model Y kaufen. Am Samstag zog der chinesische Verband der Automobilhersteller (CAAM) schließlich den Brief offiziell zurück. Begründung: Er könnte möglicherweise gegen das Kartellrecht verstoßen. Fabian Kretschmer

    • Autoindustrie
    Translation missing.

    News

    Kritische Aktionäre misstrauen VW-Audit

    Aktivisten protestieren gegen Volkswagens Engagement in der chinesischen Region Xinjiang

    Der Dachverband Kritische Aktionärinnen und Aktionäre hegt große Zweifel an der Aussagekraft einer Untersuchung des Volkswagen-Werkes in Ürümqi. In einem offenen Brief, der China.Table vorab vorliegt, weist der Verband auf die drastische Unterdrückungspolitik in der uigurischen Region hin. Diese mache es unmöglich, valide Informationen vor Ort zu erheben.

    Zwar begrüßen die Kritischen Aktinäre die Tatsache, dass Volkswagen das Risiko potenzieller Menschenrechtsverletzungen im Volkswagen-SAIC Werk in Urumqi ernst nehme. Jedoch gebe es insbesondere in Bezug auf die Lieferketten schwerwiegende Hinweise auf Zwangsarbeit. “In Bezug auf die von Volkswagen geplante Überprüfung des Volkswagen-SAIC-Werks haben wir begründete Zweifel, ob nun ein externes Audit in diesem konkreten Fall eine effektive und ausreichende Maßnahme darstellen kann”, heißt es in dem Schreiben, das am heutigen Dienstag veröffentlicht wird.

    Volkswagen-Chef Oliver Blume hatte Ende Juni “ein transparentes, unabhängiges externes Audit” und “volle Transparenz” angekündigt. Der Konzern kommt damit einer zentralen Forderung von Fondsgesellschaften nach, die zu den Großaktionären von Volkswagen gehören. Bei der Aktionärsversammlung im Mai war es mehrfach zu Protesten von Aktivisten gekommen. Ihr Vorwurf: Volkswagen verdiene Geld auf Kosten uigurischer Zwangsarbeiter.

    Die Kritischen Aktionäre wollen nun unter anderem wissen, wie Unabhängigkeit und Aussagekraft der Ergebnisse gewährleistet werden können und ob Beschäftigte frei und ohne Gefahr von staatlichen Repressionen sprechen können. Zudem schlagen die Krtischen Aktionären eine Brücke zur Problematik der Lieferketten und fragen, ob das Audit sowohl Zulieferer des Volkswagen-SAIC-Werks in Urumqi als auch Zulieferer aus der betroffenen Region, die andere VW-Standorte beliefern, umfasse.

    Im Dezember 2022 hatte die Sheffield Hallam University einen umfangreichen Bericht veröffentlicht, der die Wahrscheinlichkeit von uigurischer Zwangsarbeit in den Lieferketten der Automobilindustrie belegt. Betroffen davon ist nicht nur Volkswagen, sondern auch andere deutsche und internationale Hersteller wie Mercedes, BMW, Toyota, Ford. grz

    • Autoindustrie

    Auch Deutsche sorgen für Preisverfall in China

    Schwache Verbrauchernachfragen, auch aus Deutschland, schüren in China die Sorgen vor einer Deflation. Chinesische Hersteller senkten ihre Preise im Juni so stark wie seit siebeneinhalb Jahren nicht mehr. Die Erzeugerpreise fielen um 5,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistikamt am Montag in Peking mitteilte. Es war der neunte Rückgang in Folge. China droht eine Deflation.

    Besonders in den Bereichen Energie, Metalle und Chemikalien waren die Unternehmen zu Preissenkungen gezwungen, da sich die Nachfrage im In- und Ausland abschwächte. Zudem stagnierten die Verbraucherpreise zum ersten Mal seit fast zweieinhalb Jahren. Ein Grund dürfte auch hier die schleppende Nachfrage sein. Das wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Regierung und Zentralbank neue Konjunkturmaßnahmen ergreifen werden.

    Fallende Immobilienpreise und die finanziellen Probleme zahlreicher Entwickler haben nicht nur die Bautätigkeit gedämpft, sondern wohl auch die Konsumbereitschaft. Außerdem macht dem Exportweltmeister zu schaffen, dass wichtige Absatzmärkte wie Deutschland und die Euro-Zone insgesamt in einer Rezession stecken.

    Als Deflation wird ein Preisverfall auf breiter Front bezeichnet, der eine Abwärtsspirale aus sinkenden Umsätzen, Löhnen und Investitionen auslösen kann – mit verheerenden Folgen für die Wirtschaft. Die Sorge geht auch an den Finanzmärkten um. Der Kurs der Landeswährung Yuan fiel, auch asiatische Aktien rutschten ins Minus. rtr/grz

    • Deflation
    • Wirtschaft

    Zentralbank will Immobilienmarkt stützen

    Die chinesische Zentralbank hat am Montag ihre Maßnahmen zur Unterstützung des Immobilienmarkts bis Ende 2024 verlängert. Konkret geht es unter anderem um die Stundung von Immobilienkrediten. So soll es möglich sein, die Rückzahlung von bestimmten Immobilienkrediten um ein Jahr aufschieben zu können. Das geht aus einer Mitteilung der People’s Bank of China und der National Administration of Financial Regulation hervor, wie die Nachrichtenagentur Xinhua berichtet.

    Chinas Finanzbehörden hatten umfassende Hilfen für den Immobiliensektor beschlossen. Im vergangenen November wurden Milliarden-Hilfen bereitgestellt. Das Land werde die entsprechenden Richtlinien nun bis zum 31. Dezember 2024 verlängern, heißt es in der Mitteilung.

    Das Ziel der Maßnahmen ist klar: China will den angeschlagenen Immobilienmarkt des Landes stützen. Der Immobiliensektor ist für Chinas Wirtschaft von großer Bedeutung. Er macht einen großen Anteil des Bruttoinlandsprodukts aus.

    Nun werden Chinas Banken zu Verhandlungen mit Immobiliengesellschaften angehalten, mit dem Ziel, die Kreditrückzahlungen zu verlängern und Immobilienunternehmen finanziell zu unterstützen. Damit soll es ermöglicht werden, im Bau befindliche Immobilienprojekte zu Ende zu führen. rad

    • Immobilienmarkt
    • Kredite
    • Zentralbank

    Strategische Partnerschaft mit Salomonen

    Richtet den diplomatischen Fokus der Salomonen auf China: Ministerpräsident Manasseh Sogavare, hier im Oktober 2022 in Canberra.

    China und die Salomonen haben am Montag mehrere Abkommen über die Aufwertung ihrer Beziehungen hin zu einer umfassenden strategischen Partnerschaft unterzeichnet. Ministerpräsident Manasseh Sogavare und sein chinesischer Amtskollege Li Qiang einigten sich in Peking auf insgesamt neun Abkommen. Unter anderem wird darin die polizeiliche Zusammenarbeit geregelt. Das vereinfacht den Einsatz chinesischer Einheiten auf den Salomonen, sollte Peking darum gebeten werden.

    Es ist eine rasante Entwicklung der bilateralen Beziehungen und unterstreicht Sogavares klare Ausrichtung auf China. Als er 2019 gewählt wurde, verlagerte er den diplomatischen Fokus seines Landes weg von Taiwan hin zu China. Im vergangenen Jahr schlossen die beiden Länder ein Sicherheitsabkommen, das in der Region und den USA vor große Aufregung sorgte.

    Anschließend arbeitete Peking kontinuierlich an der Weiterentwicklung der Beziehungen. Im vergangenen Monat forderte Sogavare auch noch eine Überprüfung des Sicherheitsabkommens mit Australien aus dem Jahr 2017. Entscheidend für all das ist die strategische Lage der Inselgruppe, die Chinas geostrategischen Ambitionen in die Karten spielt.

    Am Sonntag war Sogavare nun zu seinem ersten Besuch in China angereist. Sogavare traf auch Chinas Präsident Xi Jinping. “China und die pazifischen Inselstaaten sind beide Entwicklungsländer und sollten die gegenseitige Hilfe im Rahmen der Süd-Süd-Zusammenarbeit stärken”, sagte Xi. rad

    • Geopolitik
    • Indopazifik
    • Militär
    • Salomonen
    • USA

    China kämpft mit Wetterextremen 

    Die Hitze macht China zu schaffen. Am Montag rief der Wetterdienst die zweithöchste Warnstufe aus.

    China durchlebt derzeit Tage der Wetterextreme: Vor allem die Hauptstadt Peking leidet unter sengender Hitze mit Temperaturen von mehr als 40 Grad Celsius, während Zentralchina mit den Folgen heftiger Regenfällen und Überschwemmungen kämpft.

    Zu Wochenbeginn leiden weiterhin weite Teile des Landes unter extremer Hitze: Für die Hauptstadt Peking wurden Temperaturen von mehr als 40 Grad vorhergesagt. Auch in Teilen der Provinzen Hebei, Henan, Zhejiang und Fujian kratzte das Thermometer an der 40-Grad-Marke. Im Norden und anderen Landesteilen wurden ebenfalls mehr als 35 Grad erwartet.

    Der Wetterdienst rief am Montag stellenweise die Hitzewarnstufe Orange aus, es ist die zweithöchste Warnstufe. Demnach sollten Arbeiten im Freien so kurz wie möglich gehalten werden. Lieferdienste arbeiteten aber weiter. In der Umgebung von Peking wurde sogar die höchste Warnstufe ausgerufen, bei der Arbeiten im Freien gänzlich verboten sind und die Behörden Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vorbereiten müssen. Die Behörden in Peking meldeten bislang zwei Hitzetote. Das Landwirtschaftsministerium warnte, die anhaltende Hitze könne die Reisernte schädigen.

    Derweil suchten in Hubei Rettungskräfte nach sieben Personen, die seit einem durch Unwetter ausgelösten Erdrutsch vermisst werden. Die Erdmassen hatten am Samstag in Zentralchina eine Straßenkonstruktion unter sich begraben. Es gab mindestens einen Toten und fünf Verletzte, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua meldete. Wegen heftiger Wolkenbrüche in weiten Teilen des Landes hatten Zehntausende ihre Häuser verlassen. rad

    • Gesundheit

    Entschärfte Subventionskontrolle

    Die EU-Kommission hat die Meldepflichten im Rahmen der Verordnung über Subventionen aus Drittstaaten erheblich abgeschwächt. Damit reagierte die Behörde auf Kritik aus der Industrie und den Mitgliedstaaten. Die neuen Regeln für die Subventionskontrolle zielen vor allem auf Unternehmen aus Ländern wie China, gelten aber ebenso für europäische Unternehmen, die außerhalb der EU aktiv sind.

    Bundesregierung und Industrie begrüßten die Nachbesserungen: Die Kommission habe die deutschen Änderungsvorschläge “im Wesentlichen übernommen”, sagte ein Sprecher des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz auf Anfrage.

    Die Foreign Subsidies Regulation (FSR) war vor einem Jahr von Rat und Europaparlament im Eilverfahren beschlossen worden. Die Verordnung sieht vor, dass Unternehmen geplante Firmenzusammenschlüsse und öffentliche Aufträge der Kommission melden müssen, wenn sie dafür substanzielle finanzielle Zuwendungen von Drittstaaten erhalten. Nun hat die Behörde die Meldepflichten stark eingegrenzt:

    • Einzelne Zuwendungen müssen nur gemeldet werden, wenn sie mehr als eine Million Euro betragen.
    • Bei einer geplanten Übernahme müssen die Unternehmen nur für bestimmte Formen staatlicher Zuwendungen detaillierte Informationen liefern, die als besonders problematisch angesehen werden. Dazu zählen etwa Hilfen für notleidende Unternehmen, unbegrenzte Kreditgarantien oder direkte Unterstützung bei einer Übernahme.
    • Alle anderen Zuwendungen müssen die Unternehmen nicht – wie zunächst geplant – ebenfalls einzeln angeben. Vielmehr sollen sie die Zahlungen nach Kategorien und pro Drittstaat gebündelt erfassen. Und das auch nur dann, wenn die Zuwendungen in einem Land höher sind als 45 Millionen Euro binnen drei Jahren.

    Die neuen Berichtspflichten greifen ab dem 12. Oktober. tho

    • EU
    • Foreign Subsidies Regulation
    • Handel
    • Subventionen

    Tote bei Angriff auf Kindergarten

    Bei einer Messerattacke auf dem Gelände eines Kindergartens in der südchinesischen Provinz Guangdong sind sechs Menschen getötet und ein weiterer verletzt worden. Unter den Toten sollen sich drei Kinder befinden. Ein 25-jähriger Mann wurde als unmittelbar Tatverdächtiger festgenommen.

    Der Vorfall löste eine Welle der Besorgnis und eine emotionale Debatte auf der sozialen Plattform Weibo aus. Mit 290 Millionen Aufrufen generierte die Tragödie riesige Aufmerksamkeit unter den Nutzern. “Wie viele
    Familien werden dadurch zerstört … Ich unterstütze die Todesstrafe”, schrieb ein Nutzer. Jemand anderes fragt, weshalb solche Angriffe immer noch vorkommen.

    In den vergangenen zehn Jahren kam es in China immer wieder zu Attentaten auf Kindergärten. Im August letzten Jahres wurden bei einer Messerstecherei in einem Kindergarten in der südlichen Provinz Jiangxi drei Menschen getötet und sechs verletzt. Im Jahr 2021 tötete ein Mann zwei Kinder und verletzte 16 in einem Kindergarten in der südwestlichen Region Guangxi. 2017 hatte ein 22-Jähriger einen Sprengsatz vor einem Kindergarten in der Provinz Jiangsu gezündet und dabei sich selbst und Dutzende andere Menschen getötet oder verletzt. rtr/grz

    • Gesellschaft

    Presseschau

    Why Asia matters to Nato as it looks to respond to China’s military expansion THEGUARDIAN
    China bestreitet Existenz: Illegale Polizeistationen – Wie China auch in Deutschland Dissidenten jagt STERN
    Beispiellose Temperaturen: China öffnet Luftschutzbunker für Hitzeschutz N-TV
    25-jähriger festgenommen: Sechs Tote nach Messer-Attacke auf Kindergarten in China KLEINEZEITUNG
    Pressefreiheit in Hongkong am Tiefpunkt GUETSEL
    China: Furcht vor sinkenden Preisen ORF
    European markets close slightly higher after China’s low inflation reading CNBC
    Schließt Peking bald Schlupflöcher? Yuan unter Druck: Kapitalflucht von Investoren in China FINANZMARKTWELT
    Investors buy Chinese stocks for the first time in almost two months REUTERS
    China will angeschlagenen Immobilienmarkt stärker stützen MERKUR
    Französische Automobilbranche schlägt wegen China Alarm EURACTIV
    Nur die Stärksten überleben: der brutale Preiskampf auf Chinas Elektroautomarkt RND
    Massive Preisreduktion: VW verkauft ID 3 für umgerechnet 16.000 Euro in China T3N
    China-Elektroautobauer Byton geht in die Insolvenz ECOMENTO
    German Businesses Bet Big on China, and They’re Starting to Worry NYTIMES
    Openkylin: China lanciert ein quelloffenes Betriebssystem NETZWOCHE
    Freude über neue Kardinäle aus Hongkong und Malaysia NEUESRUHRWORT
    Chinas Fußball-Boom und der tiefe Fall: Eine Warnung für Saudi-Arabien? RAN
    Wie weit ist China bei Künstlicher Intelligenz? TAGESSCHAU

    Standpunkt

    Wir sollten Chinas wirtschaftliche Erholung nicht abschreiben

    Von Zhang Jun
    Zhang Jun ist Ökonom an der Fudan-Universität.

    Das Ende der Covid-19-bedingten Lockdowns sollte eine starke Welle aufgestauter Nachfrage freisetzen. Stattdessen ist die Gesamtnachfrage, die sich bereits vor der Pandemie verlangsamt hatte, zum vorherigen Trend zurückgekehrt. Obwohl die Chinesen mehr gereist sind, mehr soziale Kontakte pflegten und öfter essen gingen, sind die Konsumausgaben der privaten Haushalte nur im begrenzten Umfang gestiegen. Eine Erholung der Anlageinvestitionen blieb aus. 

    Von wenigen Ausnahmen wie dem Sektor für Fahrzeuge mit alternativem Antrieb (NEVs) abgesehen, blieb die Wirtschaftsaktivität gedämpft. Infolgedessen fiel das Wachstum viel schwächer aus als erwartet. Obwohl das reale BIP-Wachstum im ersten Quartal 4,5 Prozent erreichte, wird für das zweite Quartal eine Verlangsamung erwartet. Die Kerninflation fluktuiert um null, und der Erzeugerpreisindex liegt im negativen Bereich.

    Doch dürfte diese Situation vorübergehende Umstände widerspiegeln. Insbesondere hat die neue Regierung, als sie im Frühjahr ihre Arbeit aufnahm, nicht sofort ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Stützung der postpandemischen Erholung eingeleitet.

    Zwar hat die chinesische Regierung in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres einige Maßnahmen umgesetzt, die darauf zielten, die Lage der Haushalte und Unternehmen zu verbessern. Doch gingen die Interventionen nicht weit genug. Das gilt insbesondere für den Immobiliensektor, auf den etwa 40 Prozent von Chinas jährlichen Anlageinvestitionen entfallen. Markterwartungen, dass die Häuserpreise einbrechen dürften, drückten auf die Bilanzen der privaten Haushalte und schreckten vor neuen Eigenheimkäufen ab.

    Investoren sind nicht zuversichtlich

    Die Finanzlage der Kommunen ist derweil sehr angespannt, und die verzinslichen Schulden der kommunalen Finanzierungsplattformen haben sich steil erhöht, was Investitionen in die Infrastruktur untergräbt. Während die Finanzlage des Unternehmenssektors etwas weniger angespannt ist, schlägt sich der Mangel an Zuversicht in den privaten Investitionen nieder. Im Verbund mit dem Covid-19-bedingten Rückgang von Beschäftigung und Löhnen macht dies unterstützende Maßnahmen eindeutig erforderlich.

    Zum Glück ist ein Maßnahmenpaket zur Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung höchstwahrscheinlich schon auf dem Weg. Laut jüngsten Informationen der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission Chinas dürfte ein derartiges Paket u. a. auf eine Erhöhung der Löhne und die Unterstützung einkommensschwacher Haushalte zielende Maßnahmen umfassen, um den Konsum anzukurbeln.

    Immobiliensektor bewegt sich nur kaum

    Die Finanzierungsbeschränkungen für Bauträger könnten ebenfalls gelockert werden, um den Immobiliensektor wiederzubeleben. Die chinesische Notenbank steht anscheinend kurz davor, die Kreditzinsen weiter zu senken, um zu Kreditaufnahmen zu ermutigen. Und die Zentralregierung wird höchstwahrscheinlich partielle Umwandlungen kommunaler Schulden in Betracht ziehen oder die sogenannten “Policy Banks” auffordern, zur Steigerung der Kaufkraft der Kommunen langfristige Kredite anzubieten.

    Natürlich können die politischen Entscheider in China nicht allen negativen Einflüssen aus dem Weg gehen, denen die Wirtschaft ausgesetzt ist. Globale geopolitische Verschiebungen – insbesondere seine sich verschlechternde Beziehung zu den USA – werden Chinas wirtschaftliche Erholung kurzfristig zweifellos behindern. Doch was die mittel- bis langfristigen Auswirkungen sein werden, ist alles andere als klar. Es ist durchaus möglich, dass jenseits der kurzfristigen Erschütterungen langfristige Chancen auf China warten, das inmitten von Instabilität und Krisen traditionell floriert.

    Peking reagiert bereits

    China hat bereits auf die wachsende Unsicherheit in seinem äußeren Umfeld reagiert, indem es seinen Zugriff auf strategische Ressourcen wie Energieträger und wichtige Mineralien ausgeweitet und abgesichert hat – sei es durch Stärkung seiner Partnerschaften mit den betreffenden Ländern oder durch Überwindung seiner Abhängigkeit von ausländischen Lieferanten. Den Markt für seltene Erden dominiert China bereits.

    Chinas strategisches Denken und wirtschaftliche Resilienz spiegeln sich zudem im schnellen Anstieg seiner NEV-Exporte in jüngster Zeit wider. Chinas Automobilhersteller erkannten im Gefolge der pandemiebedingten Erschütterungen und durch den Ukraine-Krieg ausgelösten geopolitischen Krise Chancen zur Steigerung ihrer NEV-Exporte in Regionen wie Europa, die bestrebt sind, ihre ökologische Wende voranzutreiben.

    Die Erfolgsbilanz der chinesischen NEV-Branche spricht für sich. China hat 2021 Südkorea bei den Gesamtexporten von Autos überholt, und 2022 dann Deutschland. Es wird erwartet, dass China dieses Jahr vier Millionen Fahrzeuge – zu einem großen Teil NEVs – exportieren und Japan als weltgrößten Autoexporteur ablösen wird. Zugleich wird die Regierung, um die Akzeptanz von NEVs im eigenen Land zu steigern, die Erwerbssteuerbefreiung von NEVs um weitere vier Jahre verlängern.

    US-Sanktionen haben nur begrenzte Auswirkungen

    Diese Erfolgsbilanz legt nahe, dass die von den USA ausgehenden Bemühungen zur Beschränkung von Mikrochip-Exporten nach China langfristig nur begrenzte Auswirkungen haben werden. Wahrscheinlicher ist, dass sie China anspornen wird, seine Abhängigkeit von den USA und ihre Partner umfassenden Technologie-Lieferketten zu verringern – entweder durch Umstellung seiner Handelsbeziehungen oder durch Innovationen im eigenen Land.

    Chinas dezentrale Wirtschaftsstruktur hilft dabei beträchtlich. Es steht zu erwarten, dass Ströme komplexer Technologieprodukte sich über Dutzende von Städten verbreiten und dabei von tausenden von Firmen abgewickelt werden. Das können staatseigene Unternehmen, heimische private Firmen oder Gesellschaften im ausländischen Besitz sein.

    Subventionen wirken

    Wenn in China eine Branche stark zu wachsen beginnt, neigen Investoren und Unternehmen dazu, sich in Scharen darauf zu stürzen. Das liegt nicht zuletzt an den Fördermaßnahmen und Subventionen, die die Kommunen dann vermutlich anbieten. Dies kann die Entwicklung der Branche deutlich beschleunigen, selbst wenn es sich um eine Branche mit technologischen Eintrittsschwellen handelt, die zu erreichen enorme Investitionen (und eine große Zahl qualifizierter Arbeitskräfte) erfordert. So wird Teslas geplante neue Megapack- (Batterie-) Fabrik in Shanghai Chinas NEV-Sektor einen weiteren Schub geben, ganz so, wie Teslas “Gigafactory” das seit 2019 tut.

    Natürlich können, wenn die technologische Eintrittsschwelle erst einmal überschritten ist, enorme Investitionen in neu florierende Branchen große Herausforderungen hervorrufen, nicht zuletzt eine übermäßige Kapitalbildung. Besonders leiden könnten dabei die Marktpioniere. Doch wie Chinas Photovoltaik-Branche gezeigt hat, können sich die Nachfragebedingungen stabilisieren oder verbessern, was den Sektor dann neu belebt. Anders ausgedrückt: Ein robustes Wirtschaftswachstum kann sich noch einstellen, auch wenn ein gesamtwirtschaftlicher Boom bisher auf sich warten lässt. Übersetzung: Jan Doolan

    Zhang Jun ist Dekan der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Fudan und Direktor des China Center for Economic Studies, einer Denkfabrik mit Sitz in Shanghai.

    Copyright: Project Syndicate, 2023.
    www.project-syndicate.org

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    • Wirtschaft

    Personalien

    Chen Jixing, ehemaliger Finanzchef der Provinz Guangdong, wird der Korruption verdächtigt. Wie die Zentralkommission für Disziplinarinspektion am Sonntag in einer Erklärung bekannt gab, wird der 68-jährige pensionierte Beamte “schwerer Verstöße gegen die Disziplin und das Gesetz der Kommunistischen Partei” verdächtigt – ein gängiger Euphemismus für Korruption.

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    Dessert

    Das Xiaoshan District Sports Center in Hangzhou wird im September zentraler Schauplatz der Asien-Spiele. Ursprünglich sollten die Spiele im vergangenen Jahr stattfinden, wurden wegen der Corona-Pandemie jedoch auf kommenden Spätsommer verschoben. Die Veranstaltung umfasst Dutzende Sportarten. Bei den vergangenen Asienspielen in Indonesien wurden in 468 Wettbewerben Medaillen vergeben. Seit dem Wochenende läuft der Vorverkauf für die Eintrittskarten.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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