Geld schlägt Werte. Das gilt auch im Tennis. Obwohl die ehemalige chinesische Wimbledonsiegerin im Doppel, Peng Shuai, weiterhin verschwunden bleibt, ist der Verband WTA mit seinen Turnieren nach China zurückgekehrt. Er ist eben nicht mehr bereit, wegen des Schicksals von Peng Shuai auf die riesigen Einnahmen im weltgrößten Sportmarkt zu verzichten. Das Einknicken des Verbands ist für China ein Triumph, schreibt Marcel Grzanna.
Taiwan war einst einer der wichtigsten Partner der Volksrepublik in der Phase von Reform und Öffnung. Kapital und Firmenwissen von der Insel waren auf dem Festland hochwillkommen. Heute ist China technologisch erstarkt, braucht Taiwan nicht mehr so dringend – und verhaftet inzwischen auch taiwanische Staatsbürger im eigenen Land aus politischen Gründen.
Doch gerade wegen der schwierigen Lage an der Taiwanstraße ruft Präsidentin Tsai Ing-wen zur Mäßigung auf, berichtet David Demes aus Taipeh. Nur der Erhalt des Friedens durch die Wahrung des Status quo sei im Interesse ihres Landes, sagte sie auf ihrer Rede zum Nationalfeiertag. Richtete sich ihr Appell womöglich auch an ihre eigene Partei? Schließlich tummeln sich dort unter anderem auch die Unabhängigkeitsbefürworter.
In ihrer der letzten Rede vor Ende ihrer Amtszeit zum Nationalfeiertag hat Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen alle chinesischen Ansprüche auf die demokratische Inselrepublik zurückgewiesen. “Frieden ist die einzige Option in der Taiwanstraße”, sagte die scheidende Präsidentin. “Der Erhalt des Status quo als kleinstem gemeinsamen Nenner ist der Schlüssel zum Erhalt des Friedens.” Im Mai kommenden Jahres wird Tsai nach acht Jahren aus dem Amt ausscheiden.
Taiwan sei das “Taiwan der Welt” und werde international als verlässlicher Partner geschätzt, so die Präsidentin. “Die internationale Unterstützung für uns ist geschlossener und robuster denn je”, erklärte sie. Vor diesem Hintergrund könne Taiwan China heute selbstbewusst und ruhig gegenübertreten. Gleichzeitig müsse ein Weg gefunden werden, friedlich zusammenzuleben und freie und unbelastete Begegnungen zwischen den Menschen beider Seiten der Taiwanstraße zu ermöglichen, so Tsai am Dienstag.
Tatsächlich sind solche Begegnungen in den letzten Jahren immer seltener geworden. Nach Tsais Amtsantritt im Jahr 2016 hatte die chinesische Regierung nach und nach alle Reisegruppen und Individualreisen nach Taiwan gestoppt. Auch die Zahl der taiwanischen China-Reisenden hat sich nach dem Ende der chinesischen Corona-Maßnahmen noch nicht wieder erholt. Viele Taiwaner befürchten, ins Visier chinesischer Sicherheitsbehörden zu geraten.
Laut Taiwans Geheimdienst nehmen die Schikanen gegen taiwanische Reisende merklich zu. Seit Juli seien neun Staatsbürger bei der Einreise nach China verhört und gefilzt worden, so Tsai Ming-yen, Chef des taiwanischen Geheimdienstes, in einer Anhörung im Parlament letzte Woche. Auch ihre Handys und Laptops seien durchsucht worden.
Die Kontrollen haben einen eindeutig politischen Fokus. “Es wird überprüft, ob die Person sich zu politischen Themen geäußert hat oder in ihrer Kommunikation mit anderen etwas Kritisches über die Kommunistische Partei gesagt hat. Die meisten der verhörten Taiwaner waren in politisch aktiven Gruppen tätig oder waren Experten aus der Wissenschaft. Auch Chinesen, die mit Taiwanern verheiratet sind, könnten auf dieselbe Weise behandelt werden”, so der Geheimdienstchef.
Die genaue Anzahl der taiwanischen Staatsbürger, die sich bereits in chinesischer Haft befinden, ist dagegen nicht bekannt. Taiwans Regierung hält sich dazu bedeckt. “Wir können daher nicht mit Sicherheit sagen, ob die Zahlen gestiegen sind”, sagt Shih Yi-hsiang, Generalsekretär der Taiwan Association for Human Rights. “Aufgrund des neuen Anti-Spionage-Gesetzes und der Aufrufe der Behörden an die Bevölkerung, Spione zu enttarnen, besteht allerdings die Sorge, dass sie rapide zunehmen werden“, so der Menschenrechtsexperte gegenüber Table.Media.
In den vergangenen Jahren haben mehrere prominente Fälle von taiwanischen Staatsbürgern, die in China festgenommen wurden, für Aufsehen gesorgt. Erst im März verschwand der bekannte Publizist Li Yanhe, der auch das Pseudonym Fuca verwendet, als er seine chinesische Staatsbürgerschaft aufgeben wollte. Als Gründer des Gusa Publishing House hatte Li in Taiwan viele Bücher herausgegeben, die das Weltbild der Kommunistischen Partei in Frage stellen.
Vergangene Woche wurde der Fall einer taiwanischen Staatsbürgerin bekannt, deren Spur sich bereits im August verloren hatte. Die gebürtige Chinesin hatte seit mehr als 20 Jahren in Taiwan gelebt und war in einer politischen Organisation aktiv, die Präsidentin Tsai Ing-wen nahesteht.
Zu Tsais Rede in Taipeh war auch Lee Meng-chu eingeladen. Der 50-jährige Geschäftsmann war erst im vergangenen Monat nach einer vierjährigen Odyssee nach Taiwan zurückgekehrt. Im August 2019 wurde er beim Grenzübertritt von Shenzhen nach Hongkong verhaftet, weil er eine Handvoll Flyer bei sich hatte, die zur Solidarität zwischen Taiwan und Hongkong aufriefen. Die chinesische Staatssicherheit nutzte schließlich Fotos auf seinem Handy, die den chinesischen Truppenaufmarsch an der Grenze zu Hongkong zeigten, um ihn wegen Geheimnisverrats und Spionage zu verurteilen.
Lee sieht sich als Opfer chinesischer Geiseldiplomatie. “Mit meiner Festnahme wollte China die taiwanische Regierung einschüchtern”, so Lee gegenüber Table.Media. Es sei kein Zufall, dass er am 20. August 2019 verhaftet wurde. Einen Tag nachdem das chinesische Büro für Taiwan-Angelegenheiten Taipeh dazu aufgerufen hatte, sich aus den Protesten in Hongkong herauszuhalten.
Lee wurde 72 Tage ohne Zugang zu einem Anwalt und ohne Tageslicht in einem sogenannten Schwarzen Gefängnis festgehalten. “Jeweils drei Männer haben mich in drei Schichten bewacht”, erinnert sich der Taiwaner. Später wurde er zu einem Geständnis gezwungen, das im chinesischen Staatsfernsehen ausgestrahlt wurde, und zu einem Jahr und zehn Monaten Gefängnis verurteilt.
Zurück in Taiwan ruft Lee Meng-chu seine Landsleute dazu auf, aus seinem Fall zu lernen und vorsichtiger zu sein. “Wenn man unbedingt nach China reisen muss, dann sollte man wenigstens ein leeres Handy und nicht den Laptop mitnehmen, den man normalerweise verwendet”, so Lee. Er selbst werde nicht mehr nach China reisen. “Dieses Land ist nicht mehr das China von vor 10 oder 12 Jahren. Dort herrscht jetzt eine Kulturrevolution 2.0.”
Auch internationale Reisende machen immer häufiger einen Bogen um die Volksrepublik. Das Wall Street Journal berichtete kürzlich über die Angst unter ausländischen Managern vor Geschäftsreisen nach China. Das Land werde zu einer “No Go Zone for Executives”, schrieb die Wirtschaftszeitung.
Es sind China-Wochen bei der World Tennis Association (WTA). Guangzhou, Ningbo, Peking, Zhengzhou, Nanchang, Zhuhai – die Weltelite der Frauen reist von sportlichem Großereignis zu Großereignis, hoch dotiert und aus aller Welt beobachtet. Fast alles, was Rang und Namen hat in der Szene, ist in der Volksrepublik dabei. Nur eine fehlt, die sich unter anderen Umständen sicherlich gerne hätte sehen lassen – die ehemalige chinesische Wimbledonsieger im Doppel, Peng Shuai.
Die 37-Jährige bleibt verschwunden. Ende 2021 hatte sie einen ehemaligen chinesischen Vize-Premierminister über soziale Medien der Vergewaltigung bezichtigt, verstummte danach und tauchte erst am Rande von Wettbewerben der Olympischen Winterspiele wieder auf. Seitdem gab es keinen öffentlichen Auftritt mehr von ihr.
Wo ist Peng Shuai? Die Frage multiplizierte sich über Hashtags in sozialen Medien und veranlasste die WTA mit Verweis auf Menschenrechte und Prinzipien zu einem Rückzug aus der Volksrepublik. Ihre Forderungen: Künftige Turniere nur noch im Austausch gegen Freiheit für Peng. Der Weltverband erfuhr viel Lob für seine scheinbar konsequente Haltung. Tatsächlich aber entpuppte sich der Rückzug nur als Momentaufnahme.
Der Verzicht auf Turniere in China im vergangenen Jahr war Covid-bedingt ohnehin unvermeidbar. Mit ihrer Rückkehr nach China in dieser Saison gesteht die WTA ein, dass sie nicht mehr gewillt ist, wegen des Schicksals von Peng Shuai auf große Einnahmen zu verzichten. “Nach 16 Monaten der Aussetzung von Tenniswettbewerben in China und nach anhaltenden Bemühungen, unsere ursprünglichen Forderungen zu erfüllen, hat sich die Situation nicht geändert. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir diese Ziele niemals vollständig erreichen werden, und es werden unsere Spieler und Turniere sein, die letztendlich einen außerordentlichen Preis für ihre Opfer zahlen müssen”, begründete der Verband.
Die WTA verweist auf die Zusicherung seitens des chinesischen Verbandes, “dass die in China tätigen WTA-Spielerinnen und -Mitarbeiterinnen sicher und geschützt sind, solange sie sich im Land befinden.” Wie Table.Media erfuhr, stand die Athletenkommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) viele Male mit Peng telefonisch in Verbindung. Jedes Mal ließ sie ausrichten, es gehe ihr gut.
Die hochklassig besetzten Turniere bedeuten für den chinesischen Tennisverband einen großen sportlichen Erfolg. Doch die politische Dimension ist viel größer. Für die chinesische Regierung bedeutet die Rückkehr der WTA einen regelrechten Triumph. Wieder einmal, aber selten so öffentlichkeitswirksam wie in diesem Fall, ist ein international agierender Akteur angesichts des großen chinesischen Markts schwach geworden. Ein Präzedenzfall für künftige Rechtfertigungen anderer Organisationen.
In das Lob von Menschenrechtsorganisationen für die anfängliche Haltung der WTA mischt sich nun Enttäuschung. “Ich rechne es der WTA immer noch hoch an, dass sie sich so geäußert hat. Denn im vergangenen Jahr waren viele Unternehmen davon ausgegangen, dass sich der chinesische Markt bereits öffnen würde. Also ging die WTA damals ein Risiko ein“, sagte Wang Yaqiu von Human Rights Watch der Nachrichtenagentur Reuters. Die Kehrtwende aber sei das Signal, dass die WTA letztendlich dem Profit erlegen ist.
Wang hoffte vergebens darauf, dass die WTA während ihrer China-Wochen bei jeder Gelegenheit, auch in die TV-Kameras, das Thema Peng ansprechen würde. Bislang ist nichts dergleichen geschehen. Auch die Welle der internationalen öffentlichen Solidarität für Peng hat nachgelassen. “Ich habe alles getan, was ich tun konnte. Mehr geht nicht”, sagt der australische Aktivist Drew Pavlou zu China.Table. Pavlou hatte mehrfach bei den größten Tennisturnieren der Welt während der Matches auf den Tribünen gegen die Behandlung von Peng Shuai protestiert und wurde danach von Sicherheitspersonal aus den Stadien geführt.
China war im Zentrum einer aggressiven Expansion der WTA nach Asien. Schon 2008 eröffnete der Verband in Peking eine Niederlassung. Nach anfänglich zwei Turnieren pro Jahr wuchs die Zahl der Veranstaltungen bis 2019 auf neun an. In Shenzhen fand damals erstmals das WTA-Finale der acht besten Spielerinnen der Saison statt. Preisgelder von insgesamt über 30 Millionen US-Dollar wurden in der Volksrepublik ausgespielt, ehe die Corona-Pandemie den Tenniszirkus lähmte.
Ab der kommenden Saison wird Shenzhen entgegen den Gepflogenheiten gleich für mehrere Jahre hintereinander Ausrichter des Saisonfinales. Der Vertrag zwischen WTA und den Organisatoren ist bis 2028 datiert.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Chinas Infrastrukturoffensive Neue Seidenstraße hat den mehr als 130 teilnehmenden Ländern neben milliardenschweren Investitionsprojekten auch einen großen Schuldenberg gebracht. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP. In den zehn Jahren seit Start der Initiative habe diese zu Bauverträgen im Umfang von umgerechnet 1,9 Billionen Euro geführt, teilte die Regierung in Peking mit. Die teilnehmenden Länder schulden der chinesischen Exportbank Eximbank demnach mehr als 280 Milliarden Euro.
Die veröffentlichten Unterlagen präzisieren nicht im Detail, welches Land wie viele Schulden hat. Auch Angaben zu Zinskosten fehlen. Ohnehin sei die genannte Zahl “weit unterschätzt”, wird Niva Yau, Forscherin am Global China Hub, der zur Denkfabrik Atlantic Council gehört, von AFP zitiert. “Weitere akademische Forschungsarbeiten haben sich mit diesen versteckten Schulden befasst, die sich auf 800 Milliarden Dollar belaufen könnten.”
Insgesamt sei die Intransparenz ein zentrales Problem, sagte Yau weiter. “Wir haben einfach keine Informationen über diese Projekte und darüber, wie sich diese Zahlen zusammensetzen.” Kommende Woche veranstaltet Peking das dritte Internationale Kooperationsforum zur Neuen Seidenstraße. Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat fest zugesagt, auch Russlands Präsident Wladimir Putin wird erwartet. flee
China ist erneut in den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen gewählt worden. Die UN-Generalversammlung hatte über die Zusammensetzung des Rats am Dienstag abgestimmt. Russland schaffte es nicht in das Gremium. Der Rat besteht aus 47 Nationen. “China belegte in der Asien-Gruppe den letzten Platz. Das deutet darauf hin, dass China verloren hätte, wenn es in Asien Konkurrenz gegeben hätte”, sagte Louis Charbonneau, UN-Direktor von Human Rights Watch. Die Volksrepublik hatte sich mit 154 von 192 abgegebenen Stimmen die sechste Amtszeit im Rat gesichert.
Chinas UN-Mission feierte die Aufnahme: “Dies zeigt voll und ganz die volle Anerkennung der Errungenschaften Chinas im Bereich der Menschenrechte durch die internationale Gemeinschaft”, hieß es in einer Erklärung. Darin verurteilte die Mission die “falschen Praktiken des Westens, Menschenrechtsfragen zu politisieren und mit zweierlei Maß zu messen”. China wurde neben Japan, Indonesien und Kuwait alle unangefochten in die Asien-Gruppe gewählt, andere Staaten hatten nicht kandidiert. ari
Nach Elektroautos will die EU-Kommission offenbar auch Subventionen für chinesische Stahlunternehmen genauer untersuchen. Auch hier sei eine Untersuchung wegen möglicher Marktverzerrungen geplant, berichtete Financial Times am Dienstag unter Berufung auf zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen. Demnach soll die offizielle Verkündung der EU-Untersuchung bei einem Gipfeltreffen mit den USA in diesem Monat angekündigt werden. US-Präsident Joe Biden hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Rats-Präsidenten Charles Michel für den 20. Oktober zu Gesprächen eingeladen.
Die EU will damit den Bemühungen der US-Regierung, die eigene Industrie vor Billiganbieter zu schützen, folgen. Dem Bericht zufolge hat Brüssel dem Schritt zugestimmt als Gegenleistung für die Vermeidung der Wiedereinführung von Zöllen auf EU-Stahl. Diese Zölle hatte der damalige Präsident Donald Trump 2018 verhängt.
Brüssel und Washington hatten sich als temporäre Lösung auf eine Aussetzung geeinigt. Als langfristige Lösung soll nun ein Abkommen für nachhaltigen Stahl und Aluminium (Global Arrangement on Sustainable Steel and Aluminium, kurz GSA), geschlossen werden, das bei dem Treffen kommende Wochen angekündigt werden soll. Die EU-Beamten erklärten dem Bericht zufolge, Präsident Joe Biden wolle mit dem Schritt die Arbeitsplätze von Stahlarbeitern in Swing States wie Pennsylvania und Ohio schützen, um zu verhindern, dass Trump im kommenden Jahr ein Comeback gelingt.
Seit vergangener Woche läuft bereits eine Antisubventionsuntersuchung gegen E-Fahrzeuge aus chinesischer Produktion. Konkret geht es um den Verdacht, dass chinesische Staatsgelder für E-Autobauer aus dem Land sich negativ auf europäische Produzenten auswirken. Sollte die Untersuchung diesen Verdacht erhärten, könnte die EU-Kommission Maßnahmen ergreifen, um faire Wettbewerbsbedingungen herzustellen. “Die Antisubventionsuntersuchung wird sorgfältig, fair und faktenbasiert sein”, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in der Vorwoche. Sie hatte die Untersuchung in ihrer Rede zur Lage der Union Mitte September angekündigt. ari
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell wird von Donnerstag bis Samstag in Peking zu Besuch sein. Borrell trifft dort unter anderem Chinas Außenminister Wang Yi. Nach dem Treffen, voraussichtlich am Freitag, soll eine Pressekonferenz mit Borrell stattfinden, bestätigte eine Sprecherin des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) am Dienstag. Borrell hatte seine Reise zunächst wegen einer Covid-Erkrankung verschieben müssen, und ein weiteres Mal, weil Chinas Außenminister Qin Gang verschwunden war. In den vergangenen Wochen waren mehrere EU-Kommissare in China zu Besuch. Vor Ende des Jahres soll zudem ein EU-China-Gipfel stattfinden. ari
Der strauchelnde Immobilienkonzern Country Garden hat am Dienstag vor einem möglichen Ausfall von Zahlungen für Auslandsverbindlichkeiten gewarnt. “Eine solche Nichtzahlung kann dazu führen, dass Gläubiger die vorzeitige Rückzahlung von Schulden verlangen oder Vollstreckungsmaßnahmen ergreifen”, teilte der größte private Immobilienentwickler der Volksrepublik mit. Die Liquiditätslage werde mittel- bis langfristig wohl angespannt bleiben. Die Aktien brachen daraufhin in Hongkong um knapp zehn Prozent ein.
Das Volumen der Auslandsanleihen von Country Garden beläuft sich auf 10,96 Milliarden Dollar. Hinzu kommen Fremdwährungskredite über 42,4 Milliarden Dollar. Der Konzern ernannte inzwischen Berater für die Beurteilung der Kapital- und Liquiditätslage. “Dies ist ein Hinweis darauf, dass eine mögliche Insolvenz des Konzerns von einer Umschuldung der Auslandsverbindlichkeiten abhängt”, sagte Analyst Jeff Zhang vom Research-Haus Morningstar. “Die nächsten zwei Wochen werden entscheidend.” Eine Entspannung der Finanzlage von Country Garden erwarte er nicht, weil Verbraucher Immobilienkäufe scheuten und Banken sich mit Engagements bei dem Konzern zurückhielten.
Am Montag waren Zinsen für zwei Anleihen im Volumen von insgesamt 66,8 Millionen Dollar fällig geworden. Country Garden teilte mit, einige Tilgungszahlungen für bestimmte Schulden in Höhe von umgerechnet 60 Millionen Dollar nicht geleistet zu haben. Im vergangenen Monat hatte der Immobilienentwickler bereits Zahlungen über 15 beziehungsweise 40 Millionen Dollar verpasst. Sollte der Konzern die erste Summe nicht bis zum Ablauf der Nachfrist am 17. Oktober überweisen, könnten sämtliche Auslandsverbindlichkeiten als Zahlungsausfall gewertet werden. Allerdings einigte sich Country Garden am Dienstag mit inländischen Gläubigern über eine Laufzeit-Verlängerung für mehrere Anleihen im Volumen von umgerechnet rund zwei Milliarden Dollar.
Wegen einer schwächelnden Konjunktur und steigender Zinsen ist der chinesische Immobiliensektor, der für ein Viertel der Wirtschaftsleistung der Volksrepublik steht, in der Krise. Weil Eigentumswohnungen nicht fertiggestellt wurden, befürchten Experten soziale Unruhen. Außerdem könnte ein Zusammenbruch die zweitgrößte Volkswirtschaft und auch das Wachstum in anderen Regionen beeinträchtigen. Daher rechnen Analysten mit einem staatlichen Rettungspaket für strauchelnde Firmen. rtr
Wenn ein chinesisches Technologieunternehmen in den Bereich der generativen künstlichen Intelligenz (KI) einsteigen will, muss es mit erheblichen Hürden rechnen, die sich aus der strengen Kontrolle durch die Regierung ergeben – so zumindest die landläufige Meinung. Immerhin war China eines der ersten Länder, das Gesetze zur Regulierung dieser Technologie eingeführt hat. Ein genauerer Blick auf die sogenannten vorläufigen Maßnahmen zur KI zeigt jedoch, dass die chinesische Regierung die Branche keineswegs behindert, sondern aktiv zu fördern versucht.
Dies sollte nicht überraschen. China ist bereits weltweit führend in der KI (nur hinter den USA) und hat große Ambitionen in diesem Sektor – und die Mittel, um sicherzustellen, dass sein rechtliches und regulatorisches Umfeld die Innovation im Land fördert und erleichtert.
Die vorläufigen Maßnahmen zur generativen KI spiegeln diese strategische Motivation wider. Ein der von der chinesischen Cyberspace-Verwaltung (CAC) veröffentlichter vorläufiger Gesetzesentwurf enthielt jedoch einige belastende Bestimmungen. So hätten Anbieter von KI-Diensten beispielsweise sicherstellen müssen, dass die Trainingsdaten und die Modellergebnisse “wahr und genau” sind. Und den Unternehmen wurde eine Frist von nur drei Monaten eingeräumt, um grundlegende Modelle, die verbotene Inhalte produzieren, neu zu kalibrieren.
Diese Bestimmungen wurden jedoch in der endgültigen Fassung erheblich abgeschwächt. Die vorläufigen Maßnahmen schränkten auch den Anwendungsbereich erheblich ein, indem sie nur auf kundenorientierte Unternehmen abzielten und eine inhaltsbezogene Sicherheitsbewertung nur für solche Unternehmen vorschrieben, die Einfluss auf die öffentliche Meinung ausüben.
Auch wenn die Genehmigung durch die Regulierungsbehörden mit zusätzlichen Kosten und einer gewissen Unsicherheit verbunden ist, gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass sich chinesische Technologiegiganten mit ihren großen finanziellen Ressourcen und ihrer starken Compliance davon abschrecken lassen werden. Es gibt auch keinen Grund zu der Annahme, dass die CAC versuchen wird, unnötige Hürden aufzubauen: Nur zwei Wochen nach Inkrafttreten der vorläufigen Maßnahmen gab die Behörde acht Unternehmen, darunter Baidu und Sensetime, grünes Licht für die Einführung ihrer Chatbots.
Insgesamt verfolgen die vorläufigen Maßnahmen einen vorsichtigen und toleranten Regulierungsansatz, der die Bedenken der Industrie hinsichtlich möglicher politischer Risiken zerstreuen dürfte. Die Rechtsvorschriften enthalten sogar Bestimmungen, die ausdrücklich die Zusammenarbeit zwischen den wichtigsten Akteuren in der KI-Lieferkette fördern, was die Erkenntnis widerspiegelt, dass technologische Innovation vom Austausch zwischen Regierung, Industrie und Wissenschaft abhängt.
China nimmt damit nicht nur eine Vorreiterrolle bei der Regulierung der generativen KI ein, sondern unterstützt die Technologie und die Unternehmen, die sie entwickeln, in hohem Maße. Chinesische KI-Unternehmen könnten sogar einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren US-amerikanischen und europäischen Konkurrenten haben, die mit starkem regulatorischen Gegenwind und wachsenden rechtlichen Herausforderungen konfrontiert sind.
In der Europäischen Union erlegt das im vergangenen Jahr in Kraft getretene Gesetz über digitale Dienstleistungen (Digital Services Act) großen Online-Plattformen eine Reihe von Transparenz- und Sorgfaltspflichten auf, die bei Verstößen mit empfindlichen Strafen geahndet werden. Auch die Datenschutz-Grundverordnung (GDPR) – das weltweit strengste Gesetz zum Datenschutz und zur Datensicherheit – droht KI-Firmen in die Quere zu kommen. Gegen OpenAI – das Unternehmen hinter ChatGPT – wird bereits in Frankreich, Irland, Italien, Polen und Spanien wegen angeblicher Verstöße gegen die GDPR-Bestimmungen ermittelt, wobei die italienischen Behörden Anfang des Jahres sogar so weit gingen, den Betrieb des Unternehmens vorübergehend einzustellen.
Das KI-Gesetz der EU, das bis Ende 2023 fertiggestellt werden soll, wird den Unternehmen wahrscheinlich eine Reihe lästiger Pflichten auferlegen, die vor der Markteinführung von KI-Anwendungen zu erfüllen sind. Der jüngste Entwurf, der vom Europäischen Parlament gebilligt wurde, sieht beispielsweise vor, dass Unternehmen eine detaillierte Zusammenfassung des urheberrechtlich geschützten Materials vorlegen müssen, das zum Trainieren der Modelle verwendet wurde – eine Anforderung, die KI-Entwickler anfällig für Klagen machen könnte.
Amerikanische Unternehmen wissen aus erster Hand, wie unbequem solche Gerichtsverfahren sein können. Die US-Bundesregierung muss noch umfassende KI-Regularien einführen, und die bestehenden bundesstaatlichen und sektoralen Vorschriften sind lückenhaft. Doch prominente KI-Unternehmen wie OpenAI, Google und Meta haben mit privaten Rechtsstreitigkeiten zu kämpfen, die von Urheberrechtsverletzungen über Datenschutzverletzungen bis hin zu Verleumdungen und Diskriminierung reichen.
Die potenziellen Kosten einer Niederlage in diesen Rechtsstreitigkeiten sind hoch. Neben hohen Geldstrafen müssen Unternehmen möglicherweise auch ihre Betriebsabläufe anpassen, um die strengen Auflagen zu erfüllen. Um weitere Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, versucht OpenAI bereits, Lizenzvereinbarungen für KI-Trainingsdaten mit großen Nachrichtenagenturen auszuhandeln.
Im Gegensatz dazu können chinesische Unternehmen wahrscheinlich davon ausgehen, dass sowohl die Regulierungsbehörden als auch die Gerichte – auf offizielle Anweisung der Zentralregierung – bei Rechtsverstößen im Zusammenhang mit KI eine nachsichtige Haltung einnehmen werden. Dies war in der Anfangszeit der Unterhaltungselektronikindustrie nicht anders.
Damit soll nicht gesagt werden, dass Chinas wachstumsorientierter Regulierungsansatz der richtige ist. Im Gegenteil: Wenn die Regierung es versäumt, die legitimen Interessen der chinesischen Bürger zu schützen, könnte dies langfristige Folgen für Produktivität und Wachstum haben. Und wenn große Technologieunternehmen von der Rechenschaftspflicht ausgenommen werden, besteht die Gefahr, dass ihre marktbeherrschende Stellung weiter gefestigt wird, was letztlich die Innovation behindert. Dennoch scheint klar, dass die chinesische Regulierung die KI-Unternehmen des Landes zumindest kurzfristig eher fördern als behindern wird. Übersetzung: Andreas Hubig
Angela Huyue Zhang, außerordentliche Professorin für Recht und Direktorin des Zentrums für chinesisches Recht an der Universität Hongkong, ist die Autorin von Chinese Antitrust Exceptionalism: How the Rise of China Challenges Global Regulation (Oxford University Press, 2021).
Copyright: Project Syndicate, 2023.
www.project-syndicate.org
Stefan Bredohl ist neuer Generalkonsul für Hongkong und Macao und hat damit seine Ehefrau Stefanie Seedig abgelöst, die zwei Jahren diesen Posten hatte. Sie wird aber weiterhin als stellvertretende Generalkonsulin fungieren.
Die Bredohls haben also Jobs getauscht. Beide sind seit mehr als 25 Jahren im Auswärtigen Dienst tätig und nun Vorreiter bei einem Jobsharing-Programm, das die Vereinbarkeit von Beruf und Familie deutscher Diplomaten unterstützen und stärken soll.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Der Verzehr exotischer Tiere ist ein schlimmes Klischee über Asien. Nun ja. Hier steht in einem Einkaufszentrum in Bangkok ein ganzer gegrillter Alligator in der Auslage. Das Fleisch ist vor allem bei chinesischen Touristen beliebt. Schließlich soll es besonders gesund sein. Krokodilfleisch ist angeblich gut für den Kreislauf.
Geld schlägt Werte. Das gilt auch im Tennis. Obwohl die ehemalige chinesische Wimbledonsiegerin im Doppel, Peng Shuai, weiterhin verschwunden bleibt, ist der Verband WTA mit seinen Turnieren nach China zurückgekehrt. Er ist eben nicht mehr bereit, wegen des Schicksals von Peng Shuai auf die riesigen Einnahmen im weltgrößten Sportmarkt zu verzichten. Das Einknicken des Verbands ist für China ein Triumph, schreibt Marcel Grzanna.
Taiwan war einst einer der wichtigsten Partner der Volksrepublik in der Phase von Reform und Öffnung. Kapital und Firmenwissen von der Insel waren auf dem Festland hochwillkommen. Heute ist China technologisch erstarkt, braucht Taiwan nicht mehr so dringend – und verhaftet inzwischen auch taiwanische Staatsbürger im eigenen Land aus politischen Gründen.
Doch gerade wegen der schwierigen Lage an der Taiwanstraße ruft Präsidentin Tsai Ing-wen zur Mäßigung auf, berichtet David Demes aus Taipeh. Nur der Erhalt des Friedens durch die Wahrung des Status quo sei im Interesse ihres Landes, sagte sie auf ihrer Rede zum Nationalfeiertag. Richtete sich ihr Appell womöglich auch an ihre eigene Partei? Schließlich tummeln sich dort unter anderem auch die Unabhängigkeitsbefürworter.
In ihrer der letzten Rede vor Ende ihrer Amtszeit zum Nationalfeiertag hat Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen alle chinesischen Ansprüche auf die demokratische Inselrepublik zurückgewiesen. “Frieden ist die einzige Option in der Taiwanstraße”, sagte die scheidende Präsidentin. “Der Erhalt des Status quo als kleinstem gemeinsamen Nenner ist der Schlüssel zum Erhalt des Friedens.” Im Mai kommenden Jahres wird Tsai nach acht Jahren aus dem Amt ausscheiden.
Taiwan sei das “Taiwan der Welt” und werde international als verlässlicher Partner geschätzt, so die Präsidentin. “Die internationale Unterstützung für uns ist geschlossener und robuster denn je”, erklärte sie. Vor diesem Hintergrund könne Taiwan China heute selbstbewusst und ruhig gegenübertreten. Gleichzeitig müsse ein Weg gefunden werden, friedlich zusammenzuleben und freie und unbelastete Begegnungen zwischen den Menschen beider Seiten der Taiwanstraße zu ermöglichen, so Tsai am Dienstag.
Tatsächlich sind solche Begegnungen in den letzten Jahren immer seltener geworden. Nach Tsais Amtsantritt im Jahr 2016 hatte die chinesische Regierung nach und nach alle Reisegruppen und Individualreisen nach Taiwan gestoppt. Auch die Zahl der taiwanischen China-Reisenden hat sich nach dem Ende der chinesischen Corona-Maßnahmen noch nicht wieder erholt. Viele Taiwaner befürchten, ins Visier chinesischer Sicherheitsbehörden zu geraten.
Laut Taiwans Geheimdienst nehmen die Schikanen gegen taiwanische Reisende merklich zu. Seit Juli seien neun Staatsbürger bei der Einreise nach China verhört und gefilzt worden, so Tsai Ming-yen, Chef des taiwanischen Geheimdienstes, in einer Anhörung im Parlament letzte Woche. Auch ihre Handys und Laptops seien durchsucht worden.
Die Kontrollen haben einen eindeutig politischen Fokus. “Es wird überprüft, ob die Person sich zu politischen Themen geäußert hat oder in ihrer Kommunikation mit anderen etwas Kritisches über die Kommunistische Partei gesagt hat. Die meisten der verhörten Taiwaner waren in politisch aktiven Gruppen tätig oder waren Experten aus der Wissenschaft. Auch Chinesen, die mit Taiwanern verheiratet sind, könnten auf dieselbe Weise behandelt werden”, so der Geheimdienstchef.
Die genaue Anzahl der taiwanischen Staatsbürger, die sich bereits in chinesischer Haft befinden, ist dagegen nicht bekannt. Taiwans Regierung hält sich dazu bedeckt. “Wir können daher nicht mit Sicherheit sagen, ob die Zahlen gestiegen sind”, sagt Shih Yi-hsiang, Generalsekretär der Taiwan Association for Human Rights. “Aufgrund des neuen Anti-Spionage-Gesetzes und der Aufrufe der Behörden an die Bevölkerung, Spione zu enttarnen, besteht allerdings die Sorge, dass sie rapide zunehmen werden“, so der Menschenrechtsexperte gegenüber Table.Media.
In den vergangenen Jahren haben mehrere prominente Fälle von taiwanischen Staatsbürgern, die in China festgenommen wurden, für Aufsehen gesorgt. Erst im März verschwand der bekannte Publizist Li Yanhe, der auch das Pseudonym Fuca verwendet, als er seine chinesische Staatsbürgerschaft aufgeben wollte. Als Gründer des Gusa Publishing House hatte Li in Taiwan viele Bücher herausgegeben, die das Weltbild der Kommunistischen Partei in Frage stellen.
Vergangene Woche wurde der Fall einer taiwanischen Staatsbürgerin bekannt, deren Spur sich bereits im August verloren hatte. Die gebürtige Chinesin hatte seit mehr als 20 Jahren in Taiwan gelebt und war in einer politischen Organisation aktiv, die Präsidentin Tsai Ing-wen nahesteht.
Zu Tsais Rede in Taipeh war auch Lee Meng-chu eingeladen. Der 50-jährige Geschäftsmann war erst im vergangenen Monat nach einer vierjährigen Odyssee nach Taiwan zurückgekehrt. Im August 2019 wurde er beim Grenzübertritt von Shenzhen nach Hongkong verhaftet, weil er eine Handvoll Flyer bei sich hatte, die zur Solidarität zwischen Taiwan und Hongkong aufriefen. Die chinesische Staatssicherheit nutzte schließlich Fotos auf seinem Handy, die den chinesischen Truppenaufmarsch an der Grenze zu Hongkong zeigten, um ihn wegen Geheimnisverrats und Spionage zu verurteilen.
Lee sieht sich als Opfer chinesischer Geiseldiplomatie. “Mit meiner Festnahme wollte China die taiwanische Regierung einschüchtern”, so Lee gegenüber Table.Media. Es sei kein Zufall, dass er am 20. August 2019 verhaftet wurde. Einen Tag nachdem das chinesische Büro für Taiwan-Angelegenheiten Taipeh dazu aufgerufen hatte, sich aus den Protesten in Hongkong herauszuhalten.
Lee wurde 72 Tage ohne Zugang zu einem Anwalt und ohne Tageslicht in einem sogenannten Schwarzen Gefängnis festgehalten. “Jeweils drei Männer haben mich in drei Schichten bewacht”, erinnert sich der Taiwaner. Später wurde er zu einem Geständnis gezwungen, das im chinesischen Staatsfernsehen ausgestrahlt wurde, und zu einem Jahr und zehn Monaten Gefängnis verurteilt.
Zurück in Taiwan ruft Lee Meng-chu seine Landsleute dazu auf, aus seinem Fall zu lernen und vorsichtiger zu sein. “Wenn man unbedingt nach China reisen muss, dann sollte man wenigstens ein leeres Handy und nicht den Laptop mitnehmen, den man normalerweise verwendet”, so Lee. Er selbst werde nicht mehr nach China reisen. “Dieses Land ist nicht mehr das China von vor 10 oder 12 Jahren. Dort herrscht jetzt eine Kulturrevolution 2.0.”
Auch internationale Reisende machen immer häufiger einen Bogen um die Volksrepublik. Das Wall Street Journal berichtete kürzlich über die Angst unter ausländischen Managern vor Geschäftsreisen nach China. Das Land werde zu einer “No Go Zone for Executives”, schrieb die Wirtschaftszeitung.
Es sind China-Wochen bei der World Tennis Association (WTA). Guangzhou, Ningbo, Peking, Zhengzhou, Nanchang, Zhuhai – die Weltelite der Frauen reist von sportlichem Großereignis zu Großereignis, hoch dotiert und aus aller Welt beobachtet. Fast alles, was Rang und Namen hat in der Szene, ist in der Volksrepublik dabei. Nur eine fehlt, die sich unter anderen Umständen sicherlich gerne hätte sehen lassen – die ehemalige chinesische Wimbledonsieger im Doppel, Peng Shuai.
Die 37-Jährige bleibt verschwunden. Ende 2021 hatte sie einen ehemaligen chinesischen Vize-Premierminister über soziale Medien der Vergewaltigung bezichtigt, verstummte danach und tauchte erst am Rande von Wettbewerben der Olympischen Winterspiele wieder auf. Seitdem gab es keinen öffentlichen Auftritt mehr von ihr.
Wo ist Peng Shuai? Die Frage multiplizierte sich über Hashtags in sozialen Medien und veranlasste die WTA mit Verweis auf Menschenrechte und Prinzipien zu einem Rückzug aus der Volksrepublik. Ihre Forderungen: Künftige Turniere nur noch im Austausch gegen Freiheit für Peng. Der Weltverband erfuhr viel Lob für seine scheinbar konsequente Haltung. Tatsächlich aber entpuppte sich der Rückzug nur als Momentaufnahme.
Der Verzicht auf Turniere in China im vergangenen Jahr war Covid-bedingt ohnehin unvermeidbar. Mit ihrer Rückkehr nach China in dieser Saison gesteht die WTA ein, dass sie nicht mehr gewillt ist, wegen des Schicksals von Peng Shuai auf große Einnahmen zu verzichten. “Nach 16 Monaten der Aussetzung von Tenniswettbewerben in China und nach anhaltenden Bemühungen, unsere ursprünglichen Forderungen zu erfüllen, hat sich die Situation nicht geändert. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir diese Ziele niemals vollständig erreichen werden, und es werden unsere Spieler und Turniere sein, die letztendlich einen außerordentlichen Preis für ihre Opfer zahlen müssen”, begründete der Verband.
Die WTA verweist auf die Zusicherung seitens des chinesischen Verbandes, “dass die in China tätigen WTA-Spielerinnen und -Mitarbeiterinnen sicher und geschützt sind, solange sie sich im Land befinden.” Wie Table.Media erfuhr, stand die Athletenkommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) viele Male mit Peng telefonisch in Verbindung. Jedes Mal ließ sie ausrichten, es gehe ihr gut.
Die hochklassig besetzten Turniere bedeuten für den chinesischen Tennisverband einen großen sportlichen Erfolg. Doch die politische Dimension ist viel größer. Für die chinesische Regierung bedeutet die Rückkehr der WTA einen regelrechten Triumph. Wieder einmal, aber selten so öffentlichkeitswirksam wie in diesem Fall, ist ein international agierender Akteur angesichts des großen chinesischen Markts schwach geworden. Ein Präzedenzfall für künftige Rechtfertigungen anderer Organisationen.
In das Lob von Menschenrechtsorganisationen für die anfängliche Haltung der WTA mischt sich nun Enttäuschung. “Ich rechne es der WTA immer noch hoch an, dass sie sich so geäußert hat. Denn im vergangenen Jahr waren viele Unternehmen davon ausgegangen, dass sich der chinesische Markt bereits öffnen würde. Also ging die WTA damals ein Risiko ein“, sagte Wang Yaqiu von Human Rights Watch der Nachrichtenagentur Reuters. Die Kehrtwende aber sei das Signal, dass die WTA letztendlich dem Profit erlegen ist.
Wang hoffte vergebens darauf, dass die WTA während ihrer China-Wochen bei jeder Gelegenheit, auch in die TV-Kameras, das Thema Peng ansprechen würde. Bislang ist nichts dergleichen geschehen. Auch die Welle der internationalen öffentlichen Solidarität für Peng hat nachgelassen. “Ich habe alles getan, was ich tun konnte. Mehr geht nicht”, sagt der australische Aktivist Drew Pavlou zu China.Table. Pavlou hatte mehrfach bei den größten Tennisturnieren der Welt während der Matches auf den Tribünen gegen die Behandlung von Peng Shuai protestiert und wurde danach von Sicherheitspersonal aus den Stadien geführt.
China war im Zentrum einer aggressiven Expansion der WTA nach Asien. Schon 2008 eröffnete der Verband in Peking eine Niederlassung. Nach anfänglich zwei Turnieren pro Jahr wuchs die Zahl der Veranstaltungen bis 2019 auf neun an. In Shenzhen fand damals erstmals das WTA-Finale der acht besten Spielerinnen der Saison statt. Preisgelder von insgesamt über 30 Millionen US-Dollar wurden in der Volksrepublik ausgespielt, ehe die Corona-Pandemie den Tenniszirkus lähmte.
Ab der kommenden Saison wird Shenzhen entgegen den Gepflogenheiten gleich für mehrere Jahre hintereinander Ausrichter des Saisonfinales. Der Vertrag zwischen WTA und den Organisatoren ist bis 2028 datiert.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Chinas Infrastrukturoffensive Neue Seidenstraße hat den mehr als 130 teilnehmenden Ländern neben milliardenschweren Investitionsprojekten auch einen großen Schuldenberg gebracht. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP. In den zehn Jahren seit Start der Initiative habe diese zu Bauverträgen im Umfang von umgerechnet 1,9 Billionen Euro geführt, teilte die Regierung in Peking mit. Die teilnehmenden Länder schulden der chinesischen Exportbank Eximbank demnach mehr als 280 Milliarden Euro.
Die veröffentlichten Unterlagen präzisieren nicht im Detail, welches Land wie viele Schulden hat. Auch Angaben zu Zinskosten fehlen. Ohnehin sei die genannte Zahl “weit unterschätzt”, wird Niva Yau, Forscherin am Global China Hub, der zur Denkfabrik Atlantic Council gehört, von AFP zitiert. “Weitere akademische Forschungsarbeiten haben sich mit diesen versteckten Schulden befasst, die sich auf 800 Milliarden Dollar belaufen könnten.”
Insgesamt sei die Intransparenz ein zentrales Problem, sagte Yau weiter. “Wir haben einfach keine Informationen über diese Projekte und darüber, wie sich diese Zahlen zusammensetzen.” Kommende Woche veranstaltet Peking das dritte Internationale Kooperationsforum zur Neuen Seidenstraße. Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat fest zugesagt, auch Russlands Präsident Wladimir Putin wird erwartet. flee
China ist erneut in den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen gewählt worden. Die UN-Generalversammlung hatte über die Zusammensetzung des Rats am Dienstag abgestimmt. Russland schaffte es nicht in das Gremium. Der Rat besteht aus 47 Nationen. “China belegte in der Asien-Gruppe den letzten Platz. Das deutet darauf hin, dass China verloren hätte, wenn es in Asien Konkurrenz gegeben hätte”, sagte Louis Charbonneau, UN-Direktor von Human Rights Watch. Die Volksrepublik hatte sich mit 154 von 192 abgegebenen Stimmen die sechste Amtszeit im Rat gesichert.
Chinas UN-Mission feierte die Aufnahme: “Dies zeigt voll und ganz die volle Anerkennung der Errungenschaften Chinas im Bereich der Menschenrechte durch die internationale Gemeinschaft”, hieß es in einer Erklärung. Darin verurteilte die Mission die “falschen Praktiken des Westens, Menschenrechtsfragen zu politisieren und mit zweierlei Maß zu messen”. China wurde neben Japan, Indonesien und Kuwait alle unangefochten in die Asien-Gruppe gewählt, andere Staaten hatten nicht kandidiert. ari
Nach Elektroautos will die EU-Kommission offenbar auch Subventionen für chinesische Stahlunternehmen genauer untersuchen. Auch hier sei eine Untersuchung wegen möglicher Marktverzerrungen geplant, berichtete Financial Times am Dienstag unter Berufung auf zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen. Demnach soll die offizielle Verkündung der EU-Untersuchung bei einem Gipfeltreffen mit den USA in diesem Monat angekündigt werden. US-Präsident Joe Biden hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Rats-Präsidenten Charles Michel für den 20. Oktober zu Gesprächen eingeladen.
Die EU will damit den Bemühungen der US-Regierung, die eigene Industrie vor Billiganbieter zu schützen, folgen. Dem Bericht zufolge hat Brüssel dem Schritt zugestimmt als Gegenleistung für die Vermeidung der Wiedereinführung von Zöllen auf EU-Stahl. Diese Zölle hatte der damalige Präsident Donald Trump 2018 verhängt.
Brüssel und Washington hatten sich als temporäre Lösung auf eine Aussetzung geeinigt. Als langfristige Lösung soll nun ein Abkommen für nachhaltigen Stahl und Aluminium (Global Arrangement on Sustainable Steel and Aluminium, kurz GSA), geschlossen werden, das bei dem Treffen kommende Wochen angekündigt werden soll. Die EU-Beamten erklärten dem Bericht zufolge, Präsident Joe Biden wolle mit dem Schritt die Arbeitsplätze von Stahlarbeitern in Swing States wie Pennsylvania und Ohio schützen, um zu verhindern, dass Trump im kommenden Jahr ein Comeback gelingt.
Seit vergangener Woche läuft bereits eine Antisubventionsuntersuchung gegen E-Fahrzeuge aus chinesischer Produktion. Konkret geht es um den Verdacht, dass chinesische Staatsgelder für E-Autobauer aus dem Land sich negativ auf europäische Produzenten auswirken. Sollte die Untersuchung diesen Verdacht erhärten, könnte die EU-Kommission Maßnahmen ergreifen, um faire Wettbewerbsbedingungen herzustellen. “Die Antisubventionsuntersuchung wird sorgfältig, fair und faktenbasiert sein”, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in der Vorwoche. Sie hatte die Untersuchung in ihrer Rede zur Lage der Union Mitte September angekündigt. ari
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell wird von Donnerstag bis Samstag in Peking zu Besuch sein. Borrell trifft dort unter anderem Chinas Außenminister Wang Yi. Nach dem Treffen, voraussichtlich am Freitag, soll eine Pressekonferenz mit Borrell stattfinden, bestätigte eine Sprecherin des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) am Dienstag. Borrell hatte seine Reise zunächst wegen einer Covid-Erkrankung verschieben müssen, und ein weiteres Mal, weil Chinas Außenminister Qin Gang verschwunden war. In den vergangenen Wochen waren mehrere EU-Kommissare in China zu Besuch. Vor Ende des Jahres soll zudem ein EU-China-Gipfel stattfinden. ari
Der strauchelnde Immobilienkonzern Country Garden hat am Dienstag vor einem möglichen Ausfall von Zahlungen für Auslandsverbindlichkeiten gewarnt. “Eine solche Nichtzahlung kann dazu führen, dass Gläubiger die vorzeitige Rückzahlung von Schulden verlangen oder Vollstreckungsmaßnahmen ergreifen”, teilte der größte private Immobilienentwickler der Volksrepublik mit. Die Liquiditätslage werde mittel- bis langfristig wohl angespannt bleiben. Die Aktien brachen daraufhin in Hongkong um knapp zehn Prozent ein.
Das Volumen der Auslandsanleihen von Country Garden beläuft sich auf 10,96 Milliarden Dollar. Hinzu kommen Fremdwährungskredite über 42,4 Milliarden Dollar. Der Konzern ernannte inzwischen Berater für die Beurteilung der Kapital- und Liquiditätslage. “Dies ist ein Hinweis darauf, dass eine mögliche Insolvenz des Konzerns von einer Umschuldung der Auslandsverbindlichkeiten abhängt”, sagte Analyst Jeff Zhang vom Research-Haus Morningstar. “Die nächsten zwei Wochen werden entscheidend.” Eine Entspannung der Finanzlage von Country Garden erwarte er nicht, weil Verbraucher Immobilienkäufe scheuten und Banken sich mit Engagements bei dem Konzern zurückhielten.
Am Montag waren Zinsen für zwei Anleihen im Volumen von insgesamt 66,8 Millionen Dollar fällig geworden. Country Garden teilte mit, einige Tilgungszahlungen für bestimmte Schulden in Höhe von umgerechnet 60 Millionen Dollar nicht geleistet zu haben. Im vergangenen Monat hatte der Immobilienentwickler bereits Zahlungen über 15 beziehungsweise 40 Millionen Dollar verpasst. Sollte der Konzern die erste Summe nicht bis zum Ablauf der Nachfrist am 17. Oktober überweisen, könnten sämtliche Auslandsverbindlichkeiten als Zahlungsausfall gewertet werden. Allerdings einigte sich Country Garden am Dienstag mit inländischen Gläubigern über eine Laufzeit-Verlängerung für mehrere Anleihen im Volumen von umgerechnet rund zwei Milliarden Dollar.
Wegen einer schwächelnden Konjunktur und steigender Zinsen ist der chinesische Immobiliensektor, der für ein Viertel der Wirtschaftsleistung der Volksrepublik steht, in der Krise. Weil Eigentumswohnungen nicht fertiggestellt wurden, befürchten Experten soziale Unruhen. Außerdem könnte ein Zusammenbruch die zweitgrößte Volkswirtschaft und auch das Wachstum in anderen Regionen beeinträchtigen. Daher rechnen Analysten mit einem staatlichen Rettungspaket für strauchelnde Firmen. rtr
Wenn ein chinesisches Technologieunternehmen in den Bereich der generativen künstlichen Intelligenz (KI) einsteigen will, muss es mit erheblichen Hürden rechnen, die sich aus der strengen Kontrolle durch die Regierung ergeben – so zumindest die landläufige Meinung. Immerhin war China eines der ersten Länder, das Gesetze zur Regulierung dieser Technologie eingeführt hat. Ein genauerer Blick auf die sogenannten vorläufigen Maßnahmen zur KI zeigt jedoch, dass die chinesische Regierung die Branche keineswegs behindert, sondern aktiv zu fördern versucht.
Dies sollte nicht überraschen. China ist bereits weltweit führend in der KI (nur hinter den USA) und hat große Ambitionen in diesem Sektor – und die Mittel, um sicherzustellen, dass sein rechtliches und regulatorisches Umfeld die Innovation im Land fördert und erleichtert.
Die vorläufigen Maßnahmen zur generativen KI spiegeln diese strategische Motivation wider. Ein der von der chinesischen Cyberspace-Verwaltung (CAC) veröffentlichter vorläufiger Gesetzesentwurf enthielt jedoch einige belastende Bestimmungen. So hätten Anbieter von KI-Diensten beispielsweise sicherstellen müssen, dass die Trainingsdaten und die Modellergebnisse “wahr und genau” sind. Und den Unternehmen wurde eine Frist von nur drei Monaten eingeräumt, um grundlegende Modelle, die verbotene Inhalte produzieren, neu zu kalibrieren.
Diese Bestimmungen wurden jedoch in der endgültigen Fassung erheblich abgeschwächt. Die vorläufigen Maßnahmen schränkten auch den Anwendungsbereich erheblich ein, indem sie nur auf kundenorientierte Unternehmen abzielten und eine inhaltsbezogene Sicherheitsbewertung nur für solche Unternehmen vorschrieben, die Einfluss auf die öffentliche Meinung ausüben.
Auch wenn die Genehmigung durch die Regulierungsbehörden mit zusätzlichen Kosten und einer gewissen Unsicherheit verbunden ist, gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass sich chinesische Technologiegiganten mit ihren großen finanziellen Ressourcen und ihrer starken Compliance davon abschrecken lassen werden. Es gibt auch keinen Grund zu der Annahme, dass die CAC versuchen wird, unnötige Hürden aufzubauen: Nur zwei Wochen nach Inkrafttreten der vorläufigen Maßnahmen gab die Behörde acht Unternehmen, darunter Baidu und Sensetime, grünes Licht für die Einführung ihrer Chatbots.
Insgesamt verfolgen die vorläufigen Maßnahmen einen vorsichtigen und toleranten Regulierungsansatz, der die Bedenken der Industrie hinsichtlich möglicher politischer Risiken zerstreuen dürfte. Die Rechtsvorschriften enthalten sogar Bestimmungen, die ausdrücklich die Zusammenarbeit zwischen den wichtigsten Akteuren in der KI-Lieferkette fördern, was die Erkenntnis widerspiegelt, dass technologische Innovation vom Austausch zwischen Regierung, Industrie und Wissenschaft abhängt.
China nimmt damit nicht nur eine Vorreiterrolle bei der Regulierung der generativen KI ein, sondern unterstützt die Technologie und die Unternehmen, die sie entwickeln, in hohem Maße. Chinesische KI-Unternehmen könnten sogar einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren US-amerikanischen und europäischen Konkurrenten haben, die mit starkem regulatorischen Gegenwind und wachsenden rechtlichen Herausforderungen konfrontiert sind.
In der Europäischen Union erlegt das im vergangenen Jahr in Kraft getretene Gesetz über digitale Dienstleistungen (Digital Services Act) großen Online-Plattformen eine Reihe von Transparenz- und Sorgfaltspflichten auf, die bei Verstößen mit empfindlichen Strafen geahndet werden. Auch die Datenschutz-Grundverordnung (GDPR) – das weltweit strengste Gesetz zum Datenschutz und zur Datensicherheit – droht KI-Firmen in die Quere zu kommen. Gegen OpenAI – das Unternehmen hinter ChatGPT – wird bereits in Frankreich, Irland, Italien, Polen und Spanien wegen angeblicher Verstöße gegen die GDPR-Bestimmungen ermittelt, wobei die italienischen Behörden Anfang des Jahres sogar so weit gingen, den Betrieb des Unternehmens vorübergehend einzustellen.
Das KI-Gesetz der EU, das bis Ende 2023 fertiggestellt werden soll, wird den Unternehmen wahrscheinlich eine Reihe lästiger Pflichten auferlegen, die vor der Markteinführung von KI-Anwendungen zu erfüllen sind. Der jüngste Entwurf, der vom Europäischen Parlament gebilligt wurde, sieht beispielsweise vor, dass Unternehmen eine detaillierte Zusammenfassung des urheberrechtlich geschützten Materials vorlegen müssen, das zum Trainieren der Modelle verwendet wurde – eine Anforderung, die KI-Entwickler anfällig für Klagen machen könnte.
Amerikanische Unternehmen wissen aus erster Hand, wie unbequem solche Gerichtsverfahren sein können. Die US-Bundesregierung muss noch umfassende KI-Regularien einführen, und die bestehenden bundesstaatlichen und sektoralen Vorschriften sind lückenhaft. Doch prominente KI-Unternehmen wie OpenAI, Google und Meta haben mit privaten Rechtsstreitigkeiten zu kämpfen, die von Urheberrechtsverletzungen über Datenschutzverletzungen bis hin zu Verleumdungen und Diskriminierung reichen.
Die potenziellen Kosten einer Niederlage in diesen Rechtsstreitigkeiten sind hoch. Neben hohen Geldstrafen müssen Unternehmen möglicherweise auch ihre Betriebsabläufe anpassen, um die strengen Auflagen zu erfüllen. Um weitere Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, versucht OpenAI bereits, Lizenzvereinbarungen für KI-Trainingsdaten mit großen Nachrichtenagenturen auszuhandeln.
Im Gegensatz dazu können chinesische Unternehmen wahrscheinlich davon ausgehen, dass sowohl die Regulierungsbehörden als auch die Gerichte – auf offizielle Anweisung der Zentralregierung – bei Rechtsverstößen im Zusammenhang mit KI eine nachsichtige Haltung einnehmen werden. Dies war in der Anfangszeit der Unterhaltungselektronikindustrie nicht anders.
Damit soll nicht gesagt werden, dass Chinas wachstumsorientierter Regulierungsansatz der richtige ist. Im Gegenteil: Wenn die Regierung es versäumt, die legitimen Interessen der chinesischen Bürger zu schützen, könnte dies langfristige Folgen für Produktivität und Wachstum haben. Und wenn große Technologieunternehmen von der Rechenschaftspflicht ausgenommen werden, besteht die Gefahr, dass ihre marktbeherrschende Stellung weiter gefestigt wird, was letztlich die Innovation behindert. Dennoch scheint klar, dass die chinesische Regulierung die KI-Unternehmen des Landes zumindest kurzfristig eher fördern als behindern wird. Übersetzung: Andreas Hubig
Angela Huyue Zhang, außerordentliche Professorin für Recht und Direktorin des Zentrums für chinesisches Recht an der Universität Hongkong, ist die Autorin von Chinese Antitrust Exceptionalism: How the Rise of China Challenges Global Regulation (Oxford University Press, 2021).
Copyright: Project Syndicate, 2023.
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Stefan Bredohl ist neuer Generalkonsul für Hongkong und Macao und hat damit seine Ehefrau Stefanie Seedig abgelöst, die zwei Jahren diesen Posten hatte. Sie wird aber weiterhin als stellvertretende Generalkonsulin fungieren.
Die Bredohls haben also Jobs getauscht. Beide sind seit mehr als 25 Jahren im Auswärtigen Dienst tätig und nun Vorreiter bei einem Jobsharing-Programm, das die Vereinbarkeit von Beruf und Familie deutscher Diplomaten unterstützen und stärken soll.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Der Verzehr exotischer Tiere ist ein schlimmes Klischee über Asien. Nun ja. Hier steht in einem Einkaufszentrum in Bangkok ein ganzer gegrillter Alligator in der Auslage. Das Fleisch ist vor allem bei chinesischen Touristen beliebt. Schließlich soll es besonders gesund sein. Krokodilfleisch ist angeblich gut für den Kreislauf.