Table.Briefing: China

Sinologen streiten weiter + Positionspapier der EU-Kammer

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Reise einer Gruppe von Sinologen nach Xinjiang sorgt weiter für Aufregung in der China-Forschungsgemeinde in Deutschland. Am Montag schilderten die emeritierten Professoren Thomas Heberer und Helwig Schmidt-Glintzer in einem Standpunkt bei Table.Media ihre Motivationen und die Umstände ihrer Reise in der Region, und wie es zu ihrem umstrittenen Beitrag in der NZZ kam, in dem sie eine “Normalisierung” des Lebens in Xinjiang feststellten.

Doch dieser Erklärungsversuch unterbindet die Diskussion nicht, wie Marcel Grzanna feststellt. Viele Sinologen erkennen in der versuchten Rechtfertigung der beiden Autoren weiterhin Widersprüche. Manche befürchten, dass Heberer und Schmidt-Glintzer genau jenen Eindruck bestätigten, denen die Sinologie doch entgegenwirken wolle: Nämlich dass sie Chinas Kommunistischer Partei nach dem Mund reden. Die Debatte ist sicher noch lange nicht zu Ende, auch wenn Heberer und Schmidt-Glintzer sich vorerst nicht mehr äußern möchten.

Die EU-Handelskammer in China präsentierte unterdessen einen Tag früher als geplant ihr alljährliches Positionspapier. Ein Medienunternehmen – natürlich nicht Table.Media – hatte die Sperrfrist missachtet, und so erhielten alle das Papier bereits am Dienstag. Der Inhalt ist weiterhin ernüchternd. Den Unternehmen fehlen in China Vertrauen und Planbarkeit. Die Investitionen gehen zurück, manche Firmen expandieren inzwischen lieber anderswo. Welche Empfehlungen die Kammer der chinesischen Regierung gibt, analysiert Finn Mayer-Kuckuk.

Ihre
Christiane Kühl
Bild von Christiane  Kühl

Analyse

Heberer und Schmidt-Glintzer stehen weiterhin in der Kritik

“Normalität” in Xinjiang? Die Kritik am Meinungsbeitrag zweier Sinologen reißt nicht ab.

Die vehemente Kritik an den Sinologen Thomas Heberer und Helwig Schmidt-Glintzer lässt auch nach deren Rechtfertigung eines kontroversen Meinungsbeitrags zu ihrer Reise nach Xinjiang nicht nach. Das Duo zählt zu den Urvätern der deutschen Sinologie, die seit vielen Jahrzehnten den China-Diskurs in Deutschland mitprägen. Mit ihrem Text in der Dienstagsausgabe von China.Table wollten sie ihren Beitrag für die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) über die aktuelle Situation in Xinjiang aus der Vorwoche erklären.

Doch andere renommierte Sinologen geben den Zunftgrößen keine Ruhe. Die beiden emeritierten Professoren verstricken sich deren Einschätzung nach in zahlreiche Widersprüche. Beispielsweise hatten Heberer und Schmidt-Glintzer betont, dass ihr zentrales Erkenntnisinteresse für eine Reise nach Xinjiang nicht darin bestanden habe, “die unbestreitbaren Vorwürfe im Hinblick auf die Menschenrechtslage zu untersuchen”.

Allerdings hatten sie ihre Schlussfolgerung und Empfehlung, die EU-Sanktionen gegen chinesische Funktionäre aufzuheben, gerade darauf gestützt, dass die Menschenrechtslage jetzt besser sei. “Die Autoren räumen also ein, keinerlei neue Erkenntnisse über die Menschenrechtssituation gesammelt zu haben. Damit führen sie ihre Schlussfolgerung im NZZ-Artikel ad absurdum“, so der Xinjiang-Forscher Björn Alpermann.

Die Auflösung der Lager war keine Überraschung

Der Sinologe Sascha Klotzbücher vom Ostasiatischen Institut an der Universität Bratislava wirft den Autoren vor, einen “offensichtlichen Lobbying-Versuch in der NZZ” in ihrem Standpunkt “klammheimlich auf eine Forderung nach mehr Verständigung” zurechtstutzen zu wollen. Klotzbücher staunt zudem, dass Heberer und Schmidt-Glintzer erklärten, sie seien anfangs von der Auflösung zahlreicher Internierungslager für Uiguren überrascht gewesen.

Dabei hatten sie in ihrem NZZ-Beitrag explizit auf Adrian Zenz und dessen Forschung verwiesen, der längst zu ebenjenen Erkenntnissen gekommen war. “Wenn sie Zenz wirklich gelesen hätten, dann hätten sie nicht überrascht sein müssen”, sagt Klotzbücher, der dem Duo “bestätigendes Namedropping” vorwirft. Und auch Alpermann schlussfolgert: “Diese Überraschung kann man nur durch Unkenntnis der Berichterstattung aus Xinjiang erklären.”

“Die beiden sind doch keine Anfänger”

Heberer und Schmidt-Glintzer hatten einige Aussagen in ihrem Ursprungsartikel damit gerechtfertigt, dass sie redaktionellen Zwängen seitens der NZZ ausgesetzt waren und ihre Argumente aus Platzmangel nicht unterfüttern konnten. Die Sinologin Marina Rudyak von der Universität Göttingen hat dafür wenig Verständnis. “Schließlich verwundert es mich doch, dass die Autoren die Verantwortung für die Kritik an ihrem Artikel der NZZ-Redaktion zuschieben. Mag sein, dass diese eine Zuspitzung wollte. Aber die beiden sind doch keine Anfänger, sondern gestandene Forscher. Dann zieht man eben zurück”, schreibt sie auf Linkedin.

Manche der China-Forschenden vermuten, dass Heberer und Schmidt-Glintzer nicht mit solch vehementer Kritik auf ihren NZZ-Beitrag gerechnet hatten. Nach eigenen Angaben gegenüber China.Table wollten sich die beiden emeritierten Professoren lediglich “auf die Suche nach Veränderungen in der Xinjiang-Politik zwischen den Jahren 2017 bis 2022 machen”. “Offenbar wird selbst diese eigentlich sinnvolle und notwendige Frage von einigen sofort emotionalisiert und stigmatisiert”, schrieb Heberer in der vergangenen Woche in einer E-Mail.

Großer Druck seit der Veröffentlichung

Dass die Frage sinnvoll ist, bezweifelt niemand der Kritiker. Die Emotionalität rührt vielmehr daher, dass sich alle Lager einig sind, dass Heberer und Schmidt-Glintzer der Disziplin einen Bärendienst erwiesen haben. “Die deutsche Sinologie versucht gerade zu erklären, dass sie sich nicht dadurch auszeichnet, dass sie der Kommunistischen Partei Chinas nachredet. Und dann dieser Artikel”, sagt Sabrina Habich-Sobiegalla, Sinologin an der FU Berlin. Es sei “absolut widersprüchlich”, was die Autoren über Xinjiang geschrieben hatten, die “nun gleichzeitig sagen, dass sie keine verlässlichen Daten” zur Verfügung hatten.

Der Inhalt ihres Standpunktes, so vermutet Habich-Sobiegalla, sei möglicherweise aus dem großen Druck entstanden, der auf Heberer und Schmidt-Glintzer seit der vergangenen Woche laste. Das Duo will sich vorerst nicht weiter äußern, sondern verweist auf künftige Publikationen.

Meinungsbeitrag statt wissenschaftlicher Publikation

Der Kolumnist Alex Lo, der sich bei der South China Morning Post aus Hongkong um die Gegenrede kümmert, wenn Chinas Regierung außerhalb der Volksrepublik in die Kritik gerät, nutzte den Ausgangsbeitrag in der NZZ als Steilvorlage, um in einem Beitrag die Verwendung des “Genozid”-Begriffs im Zusammenhang mit Xinjiang zu diskreditieren. Der Begriff wird im Westen regelmäßig im Zusammenhang mit der Minderheiten-Politik in Xinjiang genutzt. Beispielsweise spricht die US-Regierung von einem Genozid an den Uiguren. Deutsche Forschende sagen eher “kultureller Genozid”.

Die Einschätzungen von Heberer und Schmidt-Glintzer erzeugen also genau jenen Eindruck, dem deutsche China-Forschende entgegenwirken wollen: dass sie der KP nachreden.Sowohl ihr Plädoyer für die Rücknahme der Sanktionen, als auch für die Intensivierung des Austauschs im gestrigen China.Table könnte diesen Eindruck jedoch erzeugen. “Auch deshalb., weil die beiden Autoren “Eine solide wissenschaftliche Grundlage, aus der man diese Forderungen ableiten könnte, haben sie allerdings nicht geliefert”, sagt Christian Göbel, ehemaliger Doktorand von Heberer und heute Lehrstuhlinhaber am Institut für Ostasienwissenschaften der Universität Wien.

Die Sinologin Anna Lisa Ahlers vom Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin hätte sich ohnehin gewünscht, dass Heberer und Schmidt-Glintzer mit ihrer Meinung hinterm Berg gehalten hätten. “Ich würde erwarten, dass sie die Eindrücke und Daten, die sie auf ihrer Reise gesammelt haben, in einem wissenschaftlichen Format veröffentlichen und von der Fachwelt diskutieren lassen, bevor ein Meinungsbeitrag zu diesem wichtigen Thema erscheint“, so Ahlers.

  • China-Kompetenz
  • Forschung
  • Sinologie
  • Uiguren
  • Xinjiang

EU-Kammer: China ist Vorreiter beim De-Risking

Zum ersten Mal stellt am heutigen Mittwoch der Däne Jens Eskelund als Nachfolger Jörg Wuttkes im Amt des Präsidenten der EU-Handelskammer in China das Positionspapier der Wirtschaftsvertretung in Peking vor. Die jährlich erscheinende Publikation hat es in diesem Jahr in sich: Erstmals gibt es über 1.000 “Empfehlungen”, wie die Kammer ihre Klagen über die Marktbedingungen in China nennt.

Die Kammer repräsentiert 1.700 Unternehmen im Chinageschäft. “Nach den turbulenten drei Jahren, die hinter uns liegen, stellen viele von uns ihre Annahmen über den chinesischen Markt infrage“, sagt Eskelund. Die Vorhersagbarkeit und Vertrauenswürdigkeit seien erodiert.

Tiefe Verunsicherung seit Corona

In der Konsequenz diversifizierten viele Unternehmen ihre Lieferketten, um die China-Abhängigkeit zu verringern, beobachtet Eskelund. Es sei aber nicht die europäische Wirtschaft gewesen, die mit der Risikominderung angefangen haben: “China war der ursprüngliche De-Risker.” Das Land habe schon lange über wirtschaftliche Eigenständigkeit geredet und sie auch in der praktischen Politik angestrebt. Die daraus entstehenden Markthemmnisse sind schon lange Gegenstand von Beschwerden der Kammer.

Die Verunsicherung sitzt tief. “Welches Verhältnis strebt China mit internationalen Unternehmen an?“. Diese Frage steht laut Eskelund ganz oben auf der Liste der Unklarheiten. Es sei für China nun essenziell wichtig, das Vertrauen der Firmen zurückzugewinnen. Die EU-Wirtschaft habe nicht nur entscheidend dazu beigetragen, China auf das heute erreichte technische Niveau zu heben. Heute sinken die europäischen Investitionen in China. Die EU-Wirtschaft stehe aber trotzdem weiter als Partner für die weitere Entwicklung bereit.

Weniger Eingriffe gefordert

Folgende Empfehlungen für die chinesische Führung leitet die Kammer aus dieser Lage ab:

  • Mehr Marktkräfte zulassen: Einige Branchen befinden sich weiter fest in der Hand von chinesischen Staatsbetrieben. Eine Stärkung der Privatwirtschaft entspräche auch den Ankündigungen der Führung.
  • De-Politisierung des Geschäftslebens: Unklare Gesetze ermöglichen fast überall bürokratische Eingriffe. Die Firmen fühlen sich Willkür ausgesetzt. Das Außenbeziehungsgesetz und das Antispionagegesetz wecken neue Befürchtungen. Sie kommen zum Cybersicherheitsgesetz und dem Datenschutzgesetz hinzu.
  • Mehr Gehör geben: Die Kammer hofft darauf, künftig wieder mehr einbezogen zu werden, wenn relevante Gesetze und Regulierungen anstehen.
  • Den privaten Verbrauch ankurbeln.
  • Den Klimaschutz ernstnehmen.

Die Transparenz nimmt weiter ab

Besonderes Augenmerk richtet das Positionspapier auf Fragen der Transparenz. So sind aktuelle Wirtschaftsdaten derzeit kaum verfügbar. “Wir müssen die Grundlagen dieses Landes verstehen können”, sagt Eskelund. Doch die Regierung lasse derzeit sogar Aussagen von Ökonomen und Bloggern zur Konjunkturlage unterdrücken.

Ein weiteres Thema ist die Unvereinbarkeit der Anforderungen Chinas und der EU an die Unternehmen. Die EU erwarte zunehmend hohe ethische Standards in der Lieferkette. China lasse dagegen keine Prüfungen in Regionen wie Xinjiang zu. Die Unternehmen finden sich damit zwischen den Fronten wieder.

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Sinolytics Radar

China drängt auf den Markt für Windkraftanlagen

Dieser Inhalt ist Lizenznehmern unserer Vollversion vorbehalten.
  • Chinesische Hersteller wie Goldwind, Envision und Mingyang halten inzwischen einen Anteil von rund 54 Prozent am weltweiten Markt für Windkraftanlagen.
  • Ihr Absatz konzentriert sich derzeit noch hauptsächlich auf den chinesischen Markt, auf den im Jahr 2022 52 Prozent der weltweiten Neuinstallationen von Turbinen entfielen.
  • Goldwind erzielt zehn Prozent seiner Einnahmen außerhalb von China; bei Mingyang und Windey sind es nur vier bzw. weniger als zwei Prozent.
  • Die Auslandsumsätze dieser Firmen wachsen jedoch schnell: Goldwind konnte den Umsatz im Ausland 2022 um 32 Prozent und den Auftragsbestand um 96 Prozent steigern.
  • Während Vestas und Gamesa vom weltweiten Rückgang der Neuinstallationen im Jahr 2022 am stärksten betroffen waren, konnte Goldwind seinen Umsatz sogar leicht steigern und löste Vestas damit als größten Hersteller ab.
  • Die Expansion der chinesischen Unternehmen konzentriert sich auf Asien und Südamerika. Im Jahr 2022 kamen die Hälfte der Aufträge für Goldwind aus Asien (ohne China). Aus Nahost und Nordafrika kamen etwa ein Drittel und aus Südamerika zwölf Prozent der Aufträge.
  • Die Wachstumsentwicklung chinesischer Anbieter wird sich wahrscheinlich fortsetzen. Sie positionieren sich derzeit strategisch auf verschiedenen Märkten. So baut beispielsweise Goldwind gerade eine neue Fabrik in Brasilien.
  • China wird nicht nur in der Turbinenherstellung expandieren, sondern auch einen Großteil der Lieferkette dominieren: Die Volksrepublik hat derzeit einen Marktanteil von 60 Prozent bei der Herstellung von Rotorblättern, 65 Prozent bei Generatoren, 75 Prozent bei Getrieben und etwa 70 Prozent bei Gussteilen, Schmiedeteilen, Drehwerken, Türmen und Flanschen.
  • Es bestehen gewisse Parallelen zum Photovoltaiksektor, in dem europäische Anbieter vor rund zehn Jahren von der chinesischen Konkurrenz vom Markt verdrängt wurden. Aber es gibt auch Anzeichen dafür, dass sich dies nicht so einfach wiederholen wird.

Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

  • Erneuerbare Energien
  • Handel
  • Windkraft

News

Putin-Reise nach Peking bestätigt

Der russische Präsident Wladimir Putin wird russischen Angaben zufolge im Oktober zu Beratungen mit seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping nach Peking reisen. Das kündigte Nikolai Patruschew, Sekretär des russischen Sicherheitsrates, am Dienstag an. Man freue sich auf die bilateralen Gespräche, sagt er in Moskau bei einem Treffen mit dem chinesischen Spitzendiplomaten Wang Yi. In Peking solle Putin außerdem an einem Forum zu Chinas Initiative Neue Seidenstraße (BRI) teilnehmen.

Wang hält sich derzeit für mehrtägige sicherheits- und außenpolitische Gespräche in Moskau auf. Dabei habe Wang zunächst Außenminister Sergej Lawrow über den “Inhalt der Verhandlungen” mit dem Nationalen Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Jake Sullivan, in Malta vom Wochenende informiert, teilte das russische Außenministerium mit. Und betonte: “Es wurde Ähnlichkeit der Standpunkte der beiden Parteien in Bezug auf die Handlungen der USA auf der internationalen Bühne festgestellt, einschließlich solcher von antirussischer und antichinesischer Natur.” Lawrow und Wang hätten “ausführlich” über die Ukraine gesprochen und über “die Sinnlosigkeit von Versuchen, die Krise ohne Berücksichtigung der Interessen und insbesondere ohne Beteiligung Russlands” zu lösen.

Parallel dazu erörterten US-Außenminister Antony Blinken und der chinesische Vizepräsident Han Zheng am Rande der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York Themen wie den Ukraine-Krieg, Nordkorea und die Lage an der Taiwanstraße. In einer Erklärung des US-Außenministeriums nach dem Treffen hieß es am Montag, die Gespräche seien “offen und konstruktiv” verlaufen. Beide Seiten seien übereingekommen, die Kommunikation offenzuhalten. Chinas Entwicklung sei ein Gewinn und kein Risiko für die Vereinigten Staaten, zitierte die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua am Dienstagmorgen Han Zheng. Zudem äußerte Han die Hoffnung, dass sich China und die USA auf “halbem Wege” treffen und mehr Verständnis füreinander zeigen könnten. rtr/cyb

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Assad: Gipfeltreffen mit Xi

Der syrische Präsident Baschar al-Assad wird sich diese Woche in China mit seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping zusammentreffen. Das teilte das Präsidialamt in Damaskus am Dienstag mit. Assad, die syrische First Lady Asma al-Assad und eine hochrangige Delegation werden am Donnerstag zu einer Reihe von Treffen in Peking und Changzhou reisen.

Assad besuchte China zuletzt im Jahr 2004, um den damaligen Präsidenten Hu Jintao zu treffen. Es war der erste Besuch eines syrischen Staatschefs in China seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen den beiden Ländern im Jahr 1956. China – wie auch Syriens wichtigste Verbündete Russland und Iran – hielten diese Beziehungen aufrecht, selbst als andere Länder Assad wegen seiner brutalen Niederschlagung der 2011 ausgebrochenen regierungsfeindlichen Demonstrationen isolierten.

Als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat hat China wiederholt sein Veto gegen Resolutionen zu Syrien eingelegt, darunter mehrere zur Ausweitung grenzüberschreitender Hilfsmaßnahmen auf Gebiete außerhalb der Kontrolle der syrischen Regierung. In diesem Jahr hat die Arabische Liga Syrien nach mehr als einem Jahrzehnt der Suspendierung wieder als vollwertiges Mitglied aufgenommen. cyb

  • Geopolitik
  • Xi Jinping

Regeln für den Strom-Spotmarkt erlassen

Die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) Chinas hat erstmals offizielle Regeln für einen nationalen Strom-Spotmarkt erlassen. Die neuen Regeln gäben der “entscheidenden Rolle des Marktes bei der Zuteilung von Stromressourcen” freie Fahrt. Das berichtete am Dienstag der Fachdienst Carbon Brief unter Berufung auf einen Bericht der lokalen Wirtschaftszeitung Jiemian. Die bereits am 7. September erlassenen Regeln werden nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua die “gleichberechtigte Beteiligung” neuer Energiequellen im Stromnetz fördern.

“Dies ist ein Meilenstein bei der Schaffung des nationalen einheitlichen Strommarktes”, schreibt die Analystin Yan Qin von Refinitiv auf X. Die Regelung auf der höchsten Ebene werde zudem neuen Regelungen auf Provinzebene als Orientierung dienen. China arbeitet schon länger an einer Reform der Stromnetze und des Stromhandels zwischen den Provinzen. Ziel ist vor allem, den zumeist in den Westregionen generierten Ökostrom für alle besser verfügbar zu machen. Chinas installierte Kapazität zur nicht-fossilen Stromerzeugung (非化石能源发电装机容量) beträgt seit diesem Sommer erstmals mehr als die Hälfte der gesamten Stromerzeugungskapazitäten des Landes. ck

  • Energie
  • Erneuerbare Energien
  • Nachhaltigkeit
  • Strom

Sunac sucht Gläubigerschutz

Der in Schieflage geratene chinesische Immobilienentwickler Sunac China Holdings hat bei einem US-Insolvenzgericht Gläubigerschutz beantragt. Wie aus Gerichtsunterlagen hervorgeht, stellte Sunac einen Antrag nach Kapitel 15 des US-Insolvenzrechts. Dadurch sind ausländische Unternehmen vor Ansprüchen amerikanischer Gläubiger geschützt, während sie ihre Schulden neu ordnen.

Die Gläubiger von Sunac hatten am Montag einem Umstrukturierungsplan für Auslandsschulden in Höhe von neun Milliarden Dollar (8,4 Milliarden Euro) zugestimmt und damit erstmalig eine solche Sanierung eines großen chinesischen Immobilienentwicklers genehmigt. Die Immobilienbranche, die für rund ein Viertel der Wirtschaft Chinas steht, steckt seit 2021 in der Krise. Mehrere Konzerne wie Evergrande oder Country Garden sind in Schieflage geraten. rtr

  • Evergrande
  • Immobilienkrise

Presseschau

Auf “halbem Wege” treffen: China will Beziehungen zu den USA verbessern RND
“Zusammenarbeit auf internationaler Arena”: Russland sichert China Unterstützung zu – und fordert Kooperation gegen den Westen RND
Putin besucht im Oktober China ORF
China verhängt Sanktionen gegen US-Rüstungsfirmen – “Waffenverkäufe an Taiwan einstellen” KREISZEITUNG
Faeser plant Verbot kritischer 5G-Komponenten aus China MERKUR
Technologie und Daten: EU und China suchen gemeinsame Basis EURACTIV
Chinese blockade of Taiwan would likely fail, Pentagon official says REUTERS
Streitschlichtungsgremium: China legt Berufung gegen WTO-Entscheidung in Streit um Strafzölle mit USA ein N-TV
Erstmals seit Kriegsbeginn in Syrien: Baschar al-Assad reist nach China BLICK
Meiste G20-Staaten stehen besser da: Deutschland droht laut OECD wirtschaftlicher Abschwung KSTA
Wo ist Verteidigungsminister Li Shangfu? China – das Land der verschollenen Spitzenpolitiker RND
Chinas abgesetzter Aussenminister: Eine aussereheliche Beziehung wurde ihm wohl zum Verhängnis NZZ
We’re at biggest risk of conflict over China for many years, says Australia’s top diplomat CNN
OECD-Prognose: Berlin und Peking sind die Problemfälle der Weltwirtschaft SPIEGEL
EU-Handelskammer in China: Der Frust europäischer Firmen in China wächst SUEDDEUTSCHE
Immer mehr Elektroautos aus China FAZ
EU companies warn China on EV overcapacity FT
Huawei vs. Apple: Der Smartphone-Kauf ist in China zum politischen Statement geworden BADISCHE-ZEITUNG
No Evidence That China Can Make Advanced Chips “at Scale,” US Says BLOOMBERG
Britain invites China to its global AI summit REUTERS
China-Hacker setzen neue Linux-Backdoor gegen Behörden ein GOLEM
Ausgebüxte Krokodile in China wieder eingefangen ORF

Heads

Niclas Kvarnström – neuer Asien-Direktor beim EEAS

Niclas Kvarnström wird als neuer Direktor der Asien-Abteilung des EEAS die China-Politik der EU mitgestalten.

Niclas Kvarnström folgt auf Gunnar Wiegand als neuer Direktor der Asien-Abteilung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EEAS). Das ist nicht einfach. Wiegand hatte mehr als 30 Jahre lang die Politik der Europäischen Union für die Region mitgeprägt. Sein Nachfolger Niclas Kvarnström bringt allerdings das nötige diplomatische Rüstzeug mit, um Wiegands Rolle einzunehmen – und der EU-Politik einen noch stärkeren indo-pazifischen Anstrich zu geben.

Der Schwede ist seit August 2021 der Leiter der Asien-Pazifik-Abteilung im Außenministerium seines Heimatlandes und somit bereits mitten im Thema. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine habe verdeutlicht, wie wichtig Brücken zu und Partnerschaften in der Region seien, betonte er im Oktober vergangenen Jahres bei einer Sinopsis-Veranstaltung in Prag. Die EU dürfe, nicht unterschätzt werden, was den Indopazifik angehe, sagte Kvarnström. Mit diesen Aussagen schlägt er in eine ähnliche Kerbe wie sein Vorgänger Wiegand, der stets auf eine selbstbewusste EU und engere Beziehungen zu den indopazifischen Staaten pochte.

Kvarnström konnte zudem bereits Erfahrungen mit dem EU-Betrieb sammeln. Während der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft in der ersten Jahreshälfte war er maßgeblich an der Organisation eines Ministertreffens mit europäischen und asiatischen Vertretern beteiligt. Kvarnström hat sich nicht zuletzt dadurch bereits ein Standing bei den Außenministern der Indopazifik-Staaten aufgebaut.

Chinesisch-Studium in Oxford und Taiwan

Seine tiefe Expertise für die Region hatte er sich bereits in der Ausbildung angeeignet: Nach dem Besuch einer internationalen Schule in Großbritannien studierte der Schwede von 1993 bis 1997 an der Universität Oxford Chinesisch. Im Rahmen des Studiums absolvierte er ein Semester an der Taiwan Normal University für Sprachkurse. In Oxford hatte er einen wirtschaftswissenschaftlichen Fokus gewählt, seine Abschlussarbeit schrieb Kvarnström über die Finanzmärkte Chinas.

Anschließend arbeitete er drei Jahre lang bei Goldman Sachs als Banker in London und New York, bevor er in den schwedischen diplomatischen Dienst aufgenommen wurde. Nach dem diplomatischen Training verbrachte er ein Jahr am China-Desk des schwedischen Außenamts. “Als Diplomaten sind wir Generalisten, und ich habe im Laufe meiner Karriere zu EU-, Osteuropa-, Asien- und UN-Themen gearbeitet. Mein erster Auslandseinsatz war an der schwedischen Botschaft in Peking, einer großartigen Stadt, in der sich meine Chinesischkenntnisse erheblich verbessert haben”, schreibt Kvarnström in einem Beitrag auf der Website seiner ehemaligen Schule.

Schwedischer Botschafter in Singapur bis 2021

Nach dem Aufenthalt in Peking war er auf verschiedenen Positionen für das schwedische Außenministerium tätig, unter anderem im Büro des Generaldirektors für politische Angelegenheiten in der EU-Abteilung, wo er in die Vorbereitung der EU-Treffen der Außenminister involviert war.

Vier Jahre arbeitete Kvarnström dann als politischer Berater der schwedischen Vertretung bei den Vereinten Nationen in New York, bevor er 2012 stellvertretender Direktor der Abteilung für Osteuropa und Zentralasien im Außenministerium wurde. Nach einem kurzen Abstecher zur Wallenberg-Stiftungsgruppe kehrte Kvarnström 2016 in den diplomatischen Dienst zurück und wurde dort Leiter der Abteilung für Osteuropa und Asien.

Einsatz noch vor EU-China-Gipfel

2018 wurde Kvarnström schließlich Schwedens Botschafter in Singapur: “Ein wunderbarer Posten, um das dynamische, wachsende Asien zu beobachten.” Die sicherheitspolitischen Entwicklungen in der Region seien “sehr dynamisch”, sagte Kvarnström in einer Videobotschaft zum Ende seiner Entsendung. Er blieb der Region treu – bei seiner Rückkehr nach Stockholm übernahm er 2021 den Posten als Leiter der Asien-Pazifik-Abteilung.

Für die neue Position wird es Kvarnström nun mit Frau und vier Kindern in die belgische Hauptstadt und EU-Kapitale verschlagen. Wann genau sein Einsatz im EEAS beginnen wird, ist noch offen. Dass er den Posten noch vor dem geplanten EU-China-Gipfel antreten wird, ist aber sehr wahrscheinlich. Amelie Richter

  • EEAS
  • EU

Personalien

Andrew Lim ist zum neuen Managing Director von Kyndryl ASEAN, einem Anbieter von  IT-Infrastrukturdiensten, ernannt worden. Lim, der zuvor in leitenden Positionen in Australien, Südkorea, Hongkong und Südostasien tätig war, tritt die Nachfolge von Susan Follis an, die in den Ruhestand geht.

Huang Chang wird CTO des Joint Ventures zwischen Cariad, der Software-Tochter des deutschen Automobilherstellers Volkswagen, und Horizon Robotics, einem chinesischen Anbieter von intelligenten Fahrcomputerlösungen, dessen Mitbegründer und CTO er ist.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Diese vietnamesischen Händler bieten auf der 20. China-ASEAN Expo Durian-Früchte feil – im Westen wenig liebevoll als Stink- oder gar Kotzfrüchte verunglimpft. Denn beim Öffnen entweicht ihnen ein intensiver Geruch, der an vergorene Eier erinnert. Dank des starken Würgereizes, den sie bei ungeübten Konsumenten auslösen, hat das Obst es wiederholt ins Dschungelcamp geschafft. Im Gegensatz zu anderen Insassen ist sein schlechter Ruf allerdings unverdient: Viele Genießer schätzen die vielschichtigen Geschmacksnoten. Und zahlen für eine Frucht in der Nebensaison durchaus bis zu 45 Euro. Einzelne Geschäfte in China und Singapur rufen sogar ab und an mehrere hundert Euro pro Stück auf.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    die Reise einer Gruppe von Sinologen nach Xinjiang sorgt weiter für Aufregung in der China-Forschungsgemeinde in Deutschland. Am Montag schilderten die emeritierten Professoren Thomas Heberer und Helwig Schmidt-Glintzer in einem Standpunkt bei Table.Media ihre Motivationen und die Umstände ihrer Reise in der Region, und wie es zu ihrem umstrittenen Beitrag in der NZZ kam, in dem sie eine “Normalisierung” des Lebens in Xinjiang feststellten.

    Doch dieser Erklärungsversuch unterbindet die Diskussion nicht, wie Marcel Grzanna feststellt. Viele Sinologen erkennen in der versuchten Rechtfertigung der beiden Autoren weiterhin Widersprüche. Manche befürchten, dass Heberer und Schmidt-Glintzer genau jenen Eindruck bestätigten, denen die Sinologie doch entgegenwirken wolle: Nämlich dass sie Chinas Kommunistischer Partei nach dem Mund reden. Die Debatte ist sicher noch lange nicht zu Ende, auch wenn Heberer und Schmidt-Glintzer sich vorerst nicht mehr äußern möchten.

    Die EU-Handelskammer in China präsentierte unterdessen einen Tag früher als geplant ihr alljährliches Positionspapier. Ein Medienunternehmen – natürlich nicht Table.Media – hatte die Sperrfrist missachtet, und so erhielten alle das Papier bereits am Dienstag. Der Inhalt ist weiterhin ernüchternd. Den Unternehmen fehlen in China Vertrauen und Planbarkeit. Die Investitionen gehen zurück, manche Firmen expandieren inzwischen lieber anderswo. Welche Empfehlungen die Kammer der chinesischen Regierung gibt, analysiert Finn Mayer-Kuckuk.

    Ihre
    Christiane Kühl
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    Analyse

    Heberer und Schmidt-Glintzer stehen weiterhin in der Kritik

    “Normalität” in Xinjiang? Die Kritik am Meinungsbeitrag zweier Sinologen reißt nicht ab.

    Die vehemente Kritik an den Sinologen Thomas Heberer und Helwig Schmidt-Glintzer lässt auch nach deren Rechtfertigung eines kontroversen Meinungsbeitrags zu ihrer Reise nach Xinjiang nicht nach. Das Duo zählt zu den Urvätern der deutschen Sinologie, die seit vielen Jahrzehnten den China-Diskurs in Deutschland mitprägen. Mit ihrem Text in der Dienstagsausgabe von China.Table wollten sie ihren Beitrag für die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) über die aktuelle Situation in Xinjiang aus der Vorwoche erklären.

    Doch andere renommierte Sinologen geben den Zunftgrößen keine Ruhe. Die beiden emeritierten Professoren verstricken sich deren Einschätzung nach in zahlreiche Widersprüche. Beispielsweise hatten Heberer und Schmidt-Glintzer betont, dass ihr zentrales Erkenntnisinteresse für eine Reise nach Xinjiang nicht darin bestanden habe, “die unbestreitbaren Vorwürfe im Hinblick auf die Menschenrechtslage zu untersuchen”.

    Allerdings hatten sie ihre Schlussfolgerung und Empfehlung, die EU-Sanktionen gegen chinesische Funktionäre aufzuheben, gerade darauf gestützt, dass die Menschenrechtslage jetzt besser sei. “Die Autoren räumen also ein, keinerlei neue Erkenntnisse über die Menschenrechtssituation gesammelt zu haben. Damit führen sie ihre Schlussfolgerung im NZZ-Artikel ad absurdum“, so der Xinjiang-Forscher Björn Alpermann.

    Die Auflösung der Lager war keine Überraschung

    Der Sinologe Sascha Klotzbücher vom Ostasiatischen Institut an der Universität Bratislava wirft den Autoren vor, einen “offensichtlichen Lobbying-Versuch in der NZZ” in ihrem Standpunkt “klammheimlich auf eine Forderung nach mehr Verständigung” zurechtstutzen zu wollen. Klotzbücher staunt zudem, dass Heberer und Schmidt-Glintzer erklärten, sie seien anfangs von der Auflösung zahlreicher Internierungslager für Uiguren überrascht gewesen.

    Dabei hatten sie in ihrem NZZ-Beitrag explizit auf Adrian Zenz und dessen Forschung verwiesen, der längst zu ebenjenen Erkenntnissen gekommen war. “Wenn sie Zenz wirklich gelesen hätten, dann hätten sie nicht überrascht sein müssen”, sagt Klotzbücher, der dem Duo “bestätigendes Namedropping” vorwirft. Und auch Alpermann schlussfolgert: “Diese Überraschung kann man nur durch Unkenntnis der Berichterstattung aus Xinjiang erklären.”

    “Die beiden sind doch keine Anfänger”

    Heberer und Schmidt-Glintzer hatten einige Aussagen in ihrem Ursprungsartikel damit gerechtfertigt, dass sie redaktionellen Zwängen seitens der NZZ ausgesetzt waren und ihre Argumente aus Platzmangel nicht unterfüttern konnten. Die Sinologin Marina Rudyak von der Universität Göttingen hat dafür wenig Verständnis. “Schließlich verwundert es mich doch, dass die Autoren die Verantwortung für die Kritik an ihrem Artikel der NZZ-Redaktion zuschieben. Mag sein, dass diese eine Zuspitzung wollte. Aber die beiden sind doch keine Anfänger, sondern gestandene Forscher. Dann zieht man eben zurück”, schreibt sie auf Linkedin.

    Manche der China-Forschenden vermuten, dass Heberer und Schmidt-Glintzer nicht mit solch vehementer Kritik auf ihren NZZ-Beitrag gerechnet hatten. Nach eigenen Angaben gegenüber China.Table wollten sich die beiden emeritierten Professoren lediglich “auf die Suche nach Veränderungen in der Xinjiang-Politik zwischen den Jahren 2017 bis 2022 machen”. “Offenbar wird selbst diese eigentlich sinnvolle und notwendige Frage von einigen sofort emotionalisiert und stigmatisiert”, schrieb Heberer in der vergangenen Woche in einer E-Mail.

    Großer Druck seit der Veröffentlichung

    Dass die Frage sinnvoll ist, bezweifelt niemand der Kritiker. Die Emotionalität rührt vielmehr daher, dass sich alle Lager einig sind, dass Heberer und Schmidt-Glintzer der Disziplin einen Bärendienst erwiesen haben. “Die deutsche Sinologie versucht gerade zu erklären, dass sie sich nicht dadurch auszeichnet, dass sie der Kommunistischen Partei Chinas nachredet. Und dann dieser Artikel”, sagt Sabrina Habich-Sobiegalla, Sinologin an der FU Berlin. Es sei “absolut widersprüchlich”, was die Autoren über Xinjiang geschrieben hatten, die “nun gleichzeitig sagen, dass sie keine verlässlichen Daten” zur Verfügung hatten.

    Der Inhalt ihres Standpunktes, so vermutet Habich-Sobiegalla, sei möglicherweise aus dem großen Druck entstanden, der auf Heberer und Schmidt-Glintzer seit der vergangenen Woche laste. Das Duo will sich vorerst nicht weiter äußern, sondern verweist auf künftige Publikationen.

    Meinungsbeitrag statt wissenschaftlicher Publikation

    Der Kolumnist Alex Lo, der sich bei der South China Morning Post aus Hongkong um die Gegenrede kümmert, wenn Chinas Regierung außerhalb der Volksrepublik in die Kritik gerät, nutzte den Ausgangsbeitrag in der NZZ als Steilvorlage, um in einem Beitrag die Verwendung des “Genozid”-Begriffs im Zusammenhang mit Xinjiang zu diskreditieren. Der Begriff wird im Westen regelmäßig im Zusammenhang mit der Minderheiten-Politik in Xinjiang genutzt. Beispielsweise spricht die US-Regierung von einem Genozid an den Uiguren. Deutsche Forschende sagen eher “kultureller Genozid”.

    Die Einschätzungen von Heberer und Schmidt-Glintzer erzeugen also genau jenen Eindruck, dem deutsche China-Forschende entgegenwirken wollen: dass sie der KP nachreden.Sowohl ihr Plädoyer für die Rücknahme der Sanktionen, als auch für die Intensivierung des Austauschs im gestrigen China.Table könnte diesen Eindruck jedoch erzeugen. “Auch deshalb., weil die beiden Autoren “Eine solide wissenschaftliche Grundlage, aus der man diese Forderungen ableiten könnte, haben sie allerdings nicht geliefert”, sagt Christian Göbel, ehemaliger Doktorand von Heberer und heute Lehrstuhlinhaber am Institut für Ostasienwissenschaften der Universität Wien.

    Die Sinologin Anna Lisa Ahlers vom Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin hätte sich ohnehin gewünscht, dass Heberer und Schmidt-Glintzer mit ihrer Meinung hinterm Berg gehalten hätten. “Ich würde erwarten, dass sie die Eindrücke und Daten, die sie auf ihrer Reise gesammelt haben, in einem wissenschaftlichen Format veröffentlichen und von der Fachwelt diskutieren lassen, bevor ein Meinungsbeitrag zu diesem wichtigen Thema erscheint“, so Ahlers.

    • China-Kompetenz
    • Forschung
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    • Uiguren
    • Xinjiang

    EU-Kammer: China ist Vorreiter beim De-Risking

    Zum ersten Mal stellt am heutigen Mittwoch der Däne Jens Eskelund als Nachfolger Jörg Wuttkes im Amt des Präsidenten der EU-Handelskammer in China das Positionspapier der Wirtschaftsvertretung in Peking vor. Die jährlich erscheinende Publikation hat es in diesem Jahr in sich: Erstmals gibt es über 1.000 “Empfehlungen”, wie die Kammer ihre Klagen über die Marktbedingungen in China nennt.

    Die Kammer repräsentiert 1.700 Unternehmen im Chinageschäft. “Nach den turbulenten drei Jahren, die hinter uns liegen, stellen viele von uns ihre Annahmen über den chinesischen Markt infrage“, sagt Eskelund. Die Vorhersagbarkeit und Vertrauenswürdigkeit seien erodiert.

    Tiefe Verunsicherung seit Corona

    In der Konsequenz diversifizierten viele Unternehmen ihre Lieferketten, um die China-Abhängigkeit zu verringern, beobachtet Eskelund. Es sei aber nicht die europäische Wirtschaft gewesen, die mit der Risikominderung angefangen haben: “China war der ursprüngliche De-Risker.” Das Land habe schon lange über wirtschaftliche Eigenständigkeit geredet und sie auch in der praktischen Politik angestrebt. Die daraus entstehenden Markthemmnisse sind schon lange Gegenstand von Beschwerden der Kammer.

    Die Verunsicherung sitzt tief. “Welches Verhältnis strebt China mit internationalen Unternehmen an?“. Diese Frage steht laut Eskelund ganz oben auf der Liste der Unklarheiten. Es sei für China nun essenziell wichtig, das Vertrauen der Firmen zurückzugewinnen. Die EU-Wirtschaft habe nicht nur entscheidend dazu beigetragen, China auf das heute erreichte technische Niveau zu heben. Heute sinken die europäischen Investitionen in China. Die EU-Wirtschaft stehe aber trotzdem weiter als Partner für die weitere Entwicklung bereit.

    Weniger Eingriffe gefordert

    Folgende Empfehlungen für die chinesische Führung leitet die Kammer aus dieser Lage ab:

    • Mehr Marktkräfte zulassen: Einige Branchen befinden sich weiter fest in der Hand von chinesischen Staatsbetrieben. Eine Stärkung der Privatwirtschaft entspräche auch den Ankündigungen der Führung.
    • De-Politisierung des Geschäftslebens: Unklare Gesetze ermöglichen fast überall bürokratische Eingriffe. Die Firmen fühlen sich Willkür ausgesetzt. Das Außenbeziehungsgesetz und das Antispionagegesetz wecken neue Befürchtungen. Sie kommen zum Cybersicherheitsgesetz und dem Datenschutzgesetz hinzu.
    • Mehr Gehör geben: Die Kammer hofft darauf, künftig wieder mehr einbezogen zu werden, wenn relevante Gesetze und Regulierungen anstehen.
    • Den privaten Verbrauch ankurbeln.
    • Den Klimaschutz ernstnehmen.

    Die Transparenz nimmt weiter ab

    Besonderes Augenmerk richtet das Positionspapier auf Fragen der Transparenz. So sind aktuelle Wirtschaftsdaten derzeit kaum verfügbar. “Wir müssen die Grundlagen dieses Landes verstehen können”, sagt Eskelund. Doch die Regierung lasse derzeit sogar Aussagen von Ökonomen und Bloggern zur Konjunkturlage unterdrücken.

    Ein weiteres Thema ist die Unvereinbarkeit der Anforderungen Chinas und der EU an die Unternehmen. Die EU erwarte zunehmend hohe ethische Standards in der Lieferkette. China lasse dagegen keine Prüfungen in Regionen wie Xinjiang zu. Die Unternehmen finden sich damit zwischen den Fronten wieder.

    • EUCCC
    • Jens Eskelund
    • Markt
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    Sinolytics Radar

    China drängt auf den Markt für Windkraftanlagen

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    • Chinesische Hersteller wie Goldwind, Envision und Mingyang halten inzwischen einen Anteil von rund 54 Prozent am weltweiten Markt für Windkraftanlagen.
    • Ihr Absatz konzentriert sich derzeit noch hauptsächlich auf den chinesischen Markt, auf den im Jahr 2022 52 Prozent der weltweiten Neuinstallationen von Turbinen entfielen.
    • Goldwind erzielt zehn Prozent seiner Einnahmen außerhalb von China; bei Mingyang und Windey sind es nur vier bzw. weniger als zwei Prozent.
    • Die Auslandsumsätze dieser Firmen wachsen jedoch schnell: Goldwind konnte den Umsatz im Ausland 2022 um 32 Prozent und den Auftragsbestand um 96 Prozent steigern.
    • Während Vestas und Gamesa vom weltweiten Rückgang der Neuinstallationen im Jahr 2022 am stärksten betroffen waren, konnte Goldwind seinen Umsatz sogar leicht steigern und löste Vestas damit als größten Hersteller ab.
    • Die Expansion der chinesischen Unternehmen konzentriert sich auf Asien und Südamerika. Im Jahr 2022 kamen die Hälfte der Aufträge für Goldwind aus Asien (ohne China). Aus Nahost und Nordafrika kamen etwa ein Drittel und aus Südamerika zwölf Prozent der Aufträge.
    • Die Wachstumsentwicklung chinesischer Anbieter wird sich wahrscheinlich fortsetzen. Sie positionieren sich derzeit strategisch auf verschiedenen Märkten. So baut beispielsweise Goldwind gerade eine neue Fabrik in Brasilien.
    • China wird nicht nur in der Turbinenherstellung expandieren, sondern auch einen Großteil der Lieferkette dominieren: Die Volksrepublik hat derzeit einen Marktanteil von 60 Prozent bei der Herstellung von Rotorblättern, 65 Prozent bei Generatoren, 75 Prozent bei Getrieben und etwa 70 Prozent bei Gussteilen, Schmiedeteilen, Drehwerken, Türmen und Flanschen.
    • Es bestehen gewisse Parallelen zum Photovoltaiksektor, in dem europäische Anbieter vor rund zehn Jahren von der chinesischen Konkurrenz vom Markt verdrängt wurden. Aber es gibt auch Anzeichen dafür, dass sich dies nicht so einfach wiederholen wird.

    Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

    • Erneuerbare Energien
    • Handel
    • Windkraft

    News

    Putin-Reise nach Peking bestätigt

    Der russische Präsident Wladimir Putin wird russischen Angaben zufolge im Oktober zu Beratungen mit seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping nach Peking reisen. Das kündigte Nikolai Patruschew, Sekretär des russischen Sicherheitsrates, am Dienstag an. Man freue sich auf die bilateralen Gespräche, sagt er in Moskau bei einem Treffen mit dem chinesischen Spitzendiplomaten Wang Yi. In Peking solle Putin außerdem an einem Forum zu Chinas Initiative Neue Seidenstraße (BRI) teilnehmen.

    Wang hält sich derzeit für mehrtägige sicherheits- und außenpolitische Gespräche in Moskau auf. Dabei habe Wang zunächst Außenminister Sergej Lawrow über den “Inhalt der Verhandlungen” mit dem Nationalen Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Jake Sullivan, in Malta vom Wochenende informiert, teilte das russische Außenministerium mit. Und betonte: “Es wurde Ähnlichkeit der Standpunkte der beiden Parteien in Bezug auf die Handlungen der USA auf der internationalen Bühne festgestellt, einschließlich solcher von antirussischer und antichinesischer Natur.” Lawrow und Wang hätten “ausführlich” über die Ukraine gesprochen und über “die Sinnlosigkeit von Versuchen, die Krise ohne Berücksichtigung der Interessen und insbesondere ohne Beteiligung Russlands” zu lösen.

    Parallel dazu erörterten US-Außenminister Antony Blinken und der chinesische Vizepräsident Han Zheng am Rande der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York Themen wie den Ukraine-Krieg, Nordkorea und die Lage an der Taiwanstraße. In einer Erklärung des US-Außenministeriums nach dem Treffen hieß es am Montag, die Gespräche seien “offen und konstruktiv” verlaufen. Beide Seiten seien übereingekommen, die Kommunikation offenzuhalten. Chinas Entwicklung sei ein Gewinn und kein Risiko für die Vereinigten Staaten, zitierte die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua am Dienstagmorgen Han Zheng. Zudem äußerte Han die Hoffnung, dass sich China und die USA auf “halbem Wege” treffen und mehr Verständnis füreinander zeigen könnten. rtr/cyb

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    Assad: Gipfeltreffen mit Xi

    Der syrische Präsident Baschar al-Assad wird sich diese Woche in China mit seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping zusammentreffen. Das teilte das Präsidialamt in Damaskus am Dienstag mit. Assad, die syrische First Lady Asma al-Assad und eine hochrangige Delegation werden am Donnerstag zu einer Reihe von Treffen in Peking und Changzhou reisen.

    Assad besuchte China zuletzt im Jahr 2004, um den damaligen Präsidenten Hu Jintao zu treffen. Es war der erste Besuch eines syrischen Staatschefs in China seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen den beiden Ländern im Jahr 1956. China – wie auch Syriens wichtigste Verbündete Russland und Iran – hielten diese Beziehungen aufrecht, selbst als andere Länder Assad wegen seiner brutalen Niederschlagung der 2011 ausgebrochenen regierungsfeindlichen Demonstrationen isolierten.

    Als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat hat China wiederholt sein Veto gegen Resolutionen zu Syrien eingelegt, darunter mehrere zur Ausweitung grenzüberschreitender Hilfsmaßnahmen auf Gebiete außerhalb der Kontrolle der syrischen Regierung. In diesem Jahr hat die Arabische Liga Syrien nach mehr als einem Jahrzehnt der Suspendierung wieder als vollwertiges Mitglied aufgenommen. cyb

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    Regeln für den Strom-Spotmarkt erlassen

    Die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) Chinas hat erstmals offizielle Regeln für einen nationalen Strom-Spotmarkt erlassen. Die neuen Regeln gäben der “entscheidenden Rolle des Marktes bei der Zuteilung von Stromressourcen” freie Fahrt. Das berichtete am Dienstag der Fachdienst Carbon Brief unter Berufung auf einen Bericht der lokalen Wirtschaftszeitung Jiemian. Die bereits am 7. September erlassenen Regeln werden nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua die “gleichberechtigte Beteiligung” neuer Energiequellen im Stromnetz fördern.

    “Dies ist ein Meilenstein bei der Schaffung des nationalen einheitlichen Strommarktes”, schreibt die Analystin Yan Qin von Refinitiv auf X. Die Regelung auf der höchsten Ebene werde zudem neuen Regelungen auf Provinzebene als Orientierung dienen. China arbeitet schon länger an einer Reform der Stromnetze und des Stromhandels zwischen den Provinzen. Ziel ist vor allem, den zumeist in den Westregionen generierten Ökostrom für alle besser verfügbar zu machen. Chinas installierte Kapazität zur nicht-fossilen Stromerzeugung (非化石能源发电装机容量) beträgt seit diesem Sommer erstmals mehr als die Hälfte der gesamten Stromerzeugungskapazitäten des Landes. ck

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    Sunac sucht Gläubigerschutz

    Der in Schieflage geratene chinesische Immobilienentwickler Sunac China Holdings hat bei einem US-Insolvenzgericht Gläubigerschutz beantragt. Wie aus Gerichtsunterlagen hervorgeht, stellte Sunac einen Antrag nach Kapitel 15 des US-Insolvenzrechts. Dadurch sind ausländische Unternehmen vor Ansprüchen amerikanischer Gläubiger geschützt, während sie ihre Schulden neu ordnen.

    Die Gläubiger von Sunac hatten am Montag einem Umstrukturierungsplan für Auslandsschulden in Höhe von neun Milliarden Dollar (8,4 Milliarden Euro) zugestimmt und damit erstmalig eine solche Sanierung eines großen chinesischen Immobilienentwicklers genehmigt. Die Immobilienbranche, die für rund ein Viertel der Wirtschaft Chinas steht, steckt seit 2021 in der Krise. Mehrere Konzerne wie Evergrande oder Country Garden sind in Schieflage geraten. rtr

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    • Immobilienkrise

    Presseschau

    Auf “halbem Wege” treffen: China will Beziehungen zu den USA verbessern RND
    “Zusammenarbeit auf internationaler Arena”: Russland sichert China Unterstützung zu – und fordert Kooperation gegen den Westen RND
    Putin besucht im Oktober China ORF
    China verhängt Sanktionen gegen US-Rüstungsfirmen – “Waffenverkäufe an Taiwan einstellen” KREISZEITUNG
    Faeser plant Verbot kritischer 5G-Komponenten aus China MERKUR
    Technologie und Daten: EU und China suchen gemeinsame Basis EURACTIV
    Chinese blockade of Taiwan would likely fail, Pentagon official says REUTERS
    Streitschlichtungsgremium: China legt Berufung gegen WTO-Entscheidung in Streit um Strafzölle mit USA ein N-TV
    Erstmals seit Kriegsbeginn in Syrien: Baschar al-Assad reist nach China BLICK
    Meiste G20-Staaten stehen besser da: Deutschland droht laut OECD wirtschaftlicher Abschwung KSTA
    Wo ist Verteidigungsminister Li Shangfu? China – das Land der verschollenen Spitzenpolitiker RND
    Chinas abgesetzter Aussenminister: Eine aussereheliche Beziehung wurde ihm wohl zum Verhängnis NZZ
    We’re at biggest risk of conflict over China for many years, says Australia’s top diplomat CNN
    OECD-Prognose: Berlin und Peking sind die Problemfälle der Weltwirtschaft SPIEGEL
    EU-Handelskammer in China: Der Frust europäischer Firmen in China wächst SUEDDEUTSCHE
    Immer mehr Elektroautos aus China FAZ
    EU companies warn China on EV overcapacity FT
    Huawei vs. Apple: Der Smartphone-Kauf ist in China zum politischen Statement geworden BADISCHE-ZEITUNG
    No Evidence That China Can Make Advanced Chips “at Scale,” US Says BLOOMBERG
    Britain invites China to its global AI summit REUTERS
    China-Hacker setzen neue Linux-Backdoor gegen Behörden ein GOLEM
    Ausgebüxte Krokodile in China wieder eingefangen ORF

    Heads

    Niclas Kvarnström – neuer Asien-Direktor beim EEAS

    Niclas Kvarnström wird als neuer Direktor der Asien-Abteilung des EEAS die China-Politik der EU mitgestalten.

    Niclas Kvarnström folgt auf Gunnar Wiegand als neuer Direktor der Asien-Abteilung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EEAS). Das ist nicht einfach. Wiegand hatte mehr als 30 Jahre lang die Politik der Europäischen Union für die Region mitgeprägt. Sein Nachfolger Niclas Kvarnström bringt allerdings das nötige diplomatische Rüstzeug mit, um Wiegands Rolle einzunehmen – und der EU-Politik einen noch stärkeren indo-pazifischen Anstrich zu geben.

    Der Schwede ist seit August 2021 der Leiter der Asien-Pazifik-Abteilung im Außenministerium seines Heimatlandes und somit bereits mitten im Thema. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine habe verdeutlicht, wie wichtig Brücken zu und Partnerschaften in der Region seien, betonte er im Oktober vergangenen Jahres bei einer Sinopsis-Veranstaltung in Prag. Die EU dürfe, nicht unterschätzt werden, was den Indopazifik angehe, sagte Kvarnström. Mit diesen Aussagen schlägt er in eine ähnliche Kerbe wie sein Vorgänger Wiegand, der stets auf eine selbstbewusste EU und engere Beziehungen zu den indopazifischen Staaten pochte.

    Kvarnström konnte zudem bereits Erfahrungen mit dem EU-Betrieb sammeln. Während der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft in der ersten Jahreshälfte war er maßgeblich an der Organisation eines Ministertreffens mit europäischen und asiatischen Vertretern beteiligt. Kvarnström hat sich nicht zuletzt dadurch bereits ein Standing bei den Außenministern der Indopazifik-Staaten aufgebaut.

    Chinesisch-Studium in Oxford und Taiwan

    Seine tiefe Expertise für die Region hatte er sich bereits in der Ausbildung angeeignet: Nach dem Besuch einer internationalen Schule in Großbritannien studierte der Schwede von 1993 bis 1997 an der Universität Oxford Chinesisch. Im Rahmen des Studiums absolvierte er ein Semester an der Taiwan Normal University für Sprachkurse. In Oxford hatte er einen wirtschaftswissenschaftlichen Fokus gewählt, seine Abschlussarbeit schrieb Kvarnström über die Finanzmärkte Chinas.

    Anschließend arbeitete er drei Jahre lang bei Goldman Sachs als Banker in London und New York, bevor er in den schwedischen diplomatischen Dienst aufgenommen wurde. Nach dem diplomatischen Training verbrachte er ein Jahr am China-Desk des schwedischen Außenamts. “Als Diplomaten sind wir Generalisten, und ich habe im Laufe meiner Karriere zu EU-, Osteuropa-, Asien- und UN-Themen gearbeitet. Mein erster Auslandseinsatz war an der schwedischen Botschaft in Peking, einer großartigen Stadt, in der sich meine Chinesischkenntnisse erheblich verbessert haben”, schreibt Kvarnström in einem Beitrag auf der Website seiner ehemaligen Schule.

    Schwedischer Botschafter in Singapur bis 2021

    Nach dem Aufenthalt in Peking war er auf verschiedenen Positionen für das schwedische Außenministerium tätig, unter anderem im Büro des Generaldirektors für politische Angelegenheiten in der EU-Abteilung, wo er in die Vorbereitung der EU-Treffen der Außenminister involviert war.

    Vier Jahre arbeitete Kvarnström dann als politischer Berater der schwedischen Vertretung bei den Vereinten Nationen in New York, bevor er 2012 stellvertretender Direktor der Abteilung für Osteuropa und Zentralasien im Außenministerium wurde. Nach einem kurzen Abstecher zur Wallenberg-Stiftungsgruppe kehrte Kvarnström 2016 in den diplomatischen Dienst zurück und wurde dort Leiter der Abteilung für Osteuropa und Asien.

    Einsatz noch vor EU-China-Gipfel

    2018 wurde Kvarnström schließlich Schwedens Botschafter in Singapur: “Ein wunderbarer Posten, um das dynamische, wachsende Asien zu beobachten.” Die sicherheitspolitischen Entwicklungen in der Region seien “sehr dynamisch”, sagte Kvarnström in einer Videobotschaft zum Ende seiner Entsendung. Er blieb der Region treu – bei seiner Rückkehr nach Stockholm übernahm er 2021 den Posten als Leiter der Asien-Pazifik-Abteilung.

    Für die neue Position wird es Kvarnström nun mit Frau und vier Kindern in die belgische Hauptstadt und EU-Kapitale verschlagen. Wann genau sein Einsatz im EEAS beginnen wird, ist noch offen. Dass er den Posten noch vor dem geplanten EU-China-Gipfel antreten wird, ist aber sehr wahrscheinlich. Amelie Richter

    • EEAS
    • EU

    Personalien

    Andrew Lim ist zum neuen Managing Director von Kyndryl ASEAN, einem Anbieter von  IT-Infrastrukturdiensten, ernannt worden. Lim, der zuvor in leitenden Positionen in Australien, Südkorea, Hongkong und Südostasien tätig war, tritt die Nachfolge von Susan Follis an, die in den Ruhestand geht.

    Huang Chang wird CTO des Joint Ventures zwischen Cariad, der Software-Tochter des deutschen Automobilherstellers Volkswagen, und Horizon Robotics, einem chinesischen Anbieter von intelligenten Fahrcomputerlösungen, dessen Mitbegründer und CTO er ist.

    Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

    Dessert

    Diese vietnamesischen Händler bieten auf der 20. China-ASEAN Expo Durian-Früchte feil – im Westen wenig liebevoll als Stink- oder gar Kotzfrüchte verunglimpft. Denn beim Öffnen entweicht ihnen ein intensiver Geruch, der an vergorene Eier erinnert. Dank des starken Würgereizes, den sie bei ungeübten Konsumenten auslösen, hat das Obst es wiederholt ins Dschungelcamp geschafft. Im Gegensatz zu anderen Insassen ist sein schlechter Ruf allerdings unverdient: Viele Genießer schätzen die vielschichtigen Geschmacksnoten. Und zahlen für eine Frucht in der Nebensaison durchaus bis zu 45 Euro. Einzelne Geschäfte in China und Singapur rufen sogar ab und an mehrere hundert Euro pro Stück auf.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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