es wirkt fast wie ein Trend zur Abkehr von der neuen Seidenstraße. Die Philippinen weisen Chinas Kredite zurück und leihen sich lieber Geld von Japan. Präsident Ferdinand Marcos lädt zudem die USA ein, Militärbasen im eigenen Land auszubauen. Das markiert eine klare Abkehr von der China-Politik seines Vorgängers. Denn für Marcos steht die Bedrohung im Vordergrund, die von den Gebietsansprüchen des übermächtig großen Nachbarn ausgeht, schreibt Jörn Petring.
Sri Lanka hat derweil die USA eingeladen, im Hafen von Colombo zu investieren. Dieser galt bisher als wichtiger Brückenkopf der Seidenstraßeninitiative. Zusammen mit Italiens Rückzug aus Belt-and-Road ergibt sich ein gemischtes Bild: Während einige Länder weiterhin großes Interesse am chinesischen Engagement haben, sind andere misstrauisch geworden.
Nach langem Zögern hat China endlich seinen Plan zur Verringerung des Methan-Ausstoßes vorgestellt. Nico Beckert analysiert, warum die vorgestellten Instrumente die Klimaschützer enttäuschen. China stößt weltweit die größten Mengen des besonders klimaschädlichen Gases aus – und beteiligt sich nun kaum daran, die Emissionen zurückzuführen.
Auf der Suche nach einer Alternative zu Chinas Neuer Seidenstraße wollen sich die Philippinen nach Westen und zu anderen regionalen Partnern orientieren. Japan, Südkorea und Indien hätten angeboten, Eisenbahnprojekte auf den Philippinen im Wert von fast fünf Milliarden US-Dollar zu finanzieren, teilte Manilas Verkehrsminister Jaime Bautista am Montag laut einem Reuters-Bericht mit. Demnach könnte die Regierung auch einen Teil der Bahn-Projekte selbst stemmen oder Investitionen aus dem Privatsektor suchen.
Klar ist jedenfalls: Mit Peking, das die Projekte ursprünglich bauen und finanzieren wollte, scheint vor dem Hintergrund der äußerst angespannten Beziehungen keine Einigung mehr möglich zu sein. Konkret geht es um folgende Projekte:
Indem Manila nun die chinesische Projektfinanzierung zurückweist, zieht es sich de facto erst einmal aus der BRI zurück. Es gibt keinen formalen, standardisierten Beitrittsakt zur Belt-and-Road-Initiative (BRI); die Mitgliedschaft ergibt sich in vielen Fällen aus dem Mitmachen. Im Fall der Philippinen begann die Zugehörigkeit zur BRI mit dem Beitritt zur Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) im Jahr 2015 unter Präsident Rodrigo Duterte. Das Hauptinteresse galt also von Anfang an den Infrastrukturkrediten, die sein Nachfolger nun bewusst verschmäht.
Zusammen mit dem bevorstehenden Austritt Italiens aus der Neuen Seidenstraße sind das zwei schwere Schläge für das Handelsnetzwerk.
Zuletzt machten China und die Philippinen vor allem durch ihre Streitigkeiten im Südchinesischen Meer von sich reden. Dort kam es in den vergangenen Wochen und Monaten mehrfach zu Zusammenstößen zwischen philippinischen Schiffen und der chinesischen Küstenwache. Aber auch unabhängig davon waren die wirtschaftlichen Beziehungen seit längerem angespannt.
Dabei hatte sich aus Pekinger Sicht zunächst alles vielversprechend entwickelt. Duterte schob die langjährigen territorialen Streitigkeiten über das Südchinesische Meer beiseite – wie von Xi Jinping gewünscht. China wiederum stellte Milliarden von Dollar an Hilfe, Darlehen und Investitionen in Aussicht.
Doch das Geld floss nicht wie erhofft. Im Laufe der Zeit kam es zu Verzögerungen bei der Umsetzung der Projekte. Kritiker haben die Kreditbedingungen, einschließlich der relativ hohen Zinssätze, infrage gestellt. Auch äußerten sie Bedenken hinsichtlich der strategischen Implikationen der chinesischen Präsenz in der Region.
Im Jahr 2022 trat der neue Präsident Ferdinand Marcos Jr. sein Amt an. Unter ihm nahm die philippinische Regierung die von China finanzierten Projekte kritisch unter die Lupe. Er forderte bessere Konditionen von Peking. Aus philippinischer Sicht wurden die Forderungen jedoch ignoriert.
Diese Entwicklungen sind Teil eines größeren geopolitischen Kontextes. Die Philippinen bewerten ihre Beziehungen zu China neu und bauen gleichzeitig ihre Sicherheitsbeziehungen zu den USA aus. Für China ist diese Kooperation ein rotes Tuch.
Zwar unterhalten die USA seit den 1990er-Jahren keine eigenen Basen mehr auf den Philippinen. Stattdessen gewährt das Enhanced Defense Cooperation Agreement (EDCA) dem US-Militär Zugang zu ausgewählten philippinischen Militärbasen.
Dazu passt der Beginn einer groß angelegten Marineübung der Philippinen mit Japan, Südkorea und den USA. Zum Ärger Chinas wurde das EDCA unter Marcos Jr. zudem deutlich ausgebaut. Die Zahl der Basen, auf denen US-Streitkräfte operieren können, hat sich verdoppelt. Die neun Standorte wurden im April bekannt gegeben:
Diese Standorte sind strategisch wichtig, da sie in der Nähe von Taiwan und den umstrittenen Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer liegen. Dort hat China künstliche Inseln mit Landebahnen und Raketensystemen errichtet.
Peking betonte als Reaktion auf die EDCA-Erweiterung, dass Wirtschaft und Handel ohne ein friedliches und stabiles regionales Umfeld nicht gedeihen könnten. Zusätzliche EDCA-Standorte würden nur Probleme in der Region schaffen. Gefallen haben dürfte Peking auch nicht, dass Marcos Jr. im Oktober nicht beim zehnjährigen Jubiläumsgipfel der BRI in Peking anwesend war.
Inzwischen wird immer deutlicher: Wer sich in der Region auf Sicherheitszusagen der Amerikaner verlässt, hat es schwerer, lukrative Geschäfte mit China zu machen. Für die Staaten der Region ist dies ein schwieriger Balanceakt.
Die Klimagesandten der USA und Chinas, John Kerry und Xie Zhenhua, haben in den vergangenen Tagen den APEC-Gipfel in Kalifornien (11.-17. November) vorbereitet, auf dem sich die Präsidenten Joe Biden und Xi Jinping treffen werden. Die Veröffentlichung der chinesischen Methan-Strategie kurz nach dem Kerry-Xie-Treffen gilt als wichtiges Zeichen.
Die Reduktion der Methan-Emissionen war immer wieder Thema zwischen den Klimasupermächten. Auf der COP26 in Glasgow 2021 einigten sich beide Staaten auf mehr Anstrengungen zur Reduktion des kurzlebigen, aber sehr klimaschädlichen Methans – damals sagte China die Entwicklung einer Methan-Strategie zu. In Sharm el-Sheikh, auf der COP27, bestätigte Xie den Entschluss Chinas, künftig mehr zu tun.
Die Veröffentlichung der chinesischen Methan-Strategie könnte den Ball nun ins Rollen bringen. Sie wurde von COP-Präsident Al Jaber als “ein entscheidender Schritt für globale Klimaschutzmaßnahmen” begrüßt.
China ist der weltweit größte Methan-Emittent. Das Klimagas ist auf 20 Jahre betrachtet 80 Mal schädlicher als CO₂. Die Verringerung seines Ausstoßes gilt deshalb als “schnellste Möglichkeit, die globale Erwärmung sofort zu verlangsamen”, schreibt der Environmental Defense Fund.
Chinas Methan-Plan liegt als Entwurf schon seit gut einem Jahr unveröffentlicht in den Schubladen des chinesischen Umweltministeriums. Seit Xies Aussagen dazu im November 2022 herrschte Funkstille.
Der jetzt vorgelegte Plan ist allerdings auch nicht sehr ehrgeizig:
“Die im Plan genannten Ziele sind zu mehrdeutig und enthalten hauptsächlich beschreibenden Text”, sagt Yan Qin, Energieexpertin der Analysefirma Refinitiv zu Reuters. Auch der Analyst Lauri Myllyvirta kritisiert die “weichen Ziele” des Plans. Der Plan besage lediglich, dass China die Einrichtung eines Systems zur Messung, Meldung und Überprüfung von Methan “prüfen” oder “anstreben” werde, schreibt der Analyst des Centre for Research on Energy and Clean Air auf X. Klare Zusagen und ein Zeitplan fehlten, kritisiert er.
Zhang Kai, stellvertretender Programmdirektor im Pekinger Büro von Greenpeace Ostasien, sieht den Plan allerdings als “positiven Schritt, um die Methan-Emissionen zu senken”, wie er auf X schreibt. Die Kontrolle von Methan-Emissionen im Kohlesektor müsse priorisiert werden, schreibt Zhang.
China steht bei der Reduktion der Methan-Emissionen vor großen Herausforderungen, da ein Großteil der Emissionen aus dem Kohlesektor kommt. Diese Emissionen sind schwieriger zu kontrollieren als im Gas- und Ölsektor. Allerdings spielen bei Chinas Methan-Plänen nicht nur wirtschaftliche Faktoren eine Rolle. Das Land will sich nicht von den USA zu mehr Klimaengagement drängen lassen – zu groß wäre der Gesichtsverlust vor dem heimischen Publikum, wenn der große Systemrivale konkrete Ziele und Pläne einfordern könnte. Doch China ist sehr stark vom Klimawandel bedroht. Es liegt also im eigenen Interesse des Landes, die Emissionen zu senken.
Noch steht eine offizielle Zusage aus Peking aus. Doch immer mehr verdichten sich die Anzeichen dafür, dass Chinas Staatschef Xi Jinping und US-Präsident Joe Biden am 16. November beim Gipfel der Asien-Pazifik-Staaten (Apec) in San Francisco miteinander sprechen werden.
Zuletzt hat es mehrere Begegnungen von hochrangigen Politikern der beiden größten Volkswirtschaften der Welt gegeben, die allesamt auf ein solches Spitzentreffen hindeuten. Das seien positive Zeichen in Richtung allgemein besserer Beziehungen zwischen beiden Staaten, sagte Chinas Vizepräsident Han Zheng am Mittwoch auf dem Bloomberg New Economy Forum in Singapur.
China sei offen dafür, seine angespannten Beziehungen zu den USA “auf allen Ebenen” zu stärken, sagte Han. “Wir sind bereit, die Kommunikation und den Dialog mit den Vereinigten Staaten auf allen Ebenen zu verstärken, eine für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit voranzutreiben, Unterschiede angemessen zu bewältigen und globale Herausforderungen gemeinsam anzugehen.”
Xi und Biden haben sich zuletzt beim G20-Gipfel in Bali 2022 persönlich getroffen. Die Stimmung zwischen beiden galt schon bei dieser Zusammenkunft als angespannt – und hat sich seitdem nicht verbessert. Anfang des Jahres erschütterte der Skandal um einen chinesischen Spionageballon über US-Gebiet das Verhältnis der beiden Supermächte. Und auch der Lieferstopp wichtiger Hochleistungschips an die Volksrepublik im Zuge der von den USA verhängten Sanktionen haben die Beziehungen massiv verschlechtert.
Doch der Besuch könnte nun eine Wende bringen. Ein weiteres positives Zeichen: Der chinesische Top-Finanzpolitiker He Lifeng ist am Mittwoch nach San Francisco gereist, um bis Sonntag intensive Gespräche mit US-Finanzministerin Janet Yellen zu führen. flee
China und Australien sind auf Entspannungskurs eingeschwenkt. Nach einem Treffen am Montag in Peking lobten der australische Premierminister Anthony Albanese und Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping die “fraglos sehr positiven” Fortschritte in den Beziehungen beider Länder. China und Australien könnten “vertrauensvolle und erfolgreiche Partner werden”, erklärte Xi laut Berichten des staatlichen Senders CCTV vom Mittwoch. Es bestünden “keine grundsätzlichen Interessenskonflikte.” Albanese lud Xi seinerseits zu einem Gegenbesuch in Australien ein.
Es war der erste China-Besuch eines australischen Premierministers seit fast sieben Jahren. 2017 hatten sich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern rapide verschlechtert, nachdem Australien ein Gesetz gegen ausländische Einflussnahme formuliert hatte, das vor allem auf den Einfluss Pekings auf die australische Politik zielte. 2018 belegte China australische Gerste mit einem hohen Importzoll, nachdem die Australier Huawei und ZTE vom Aufbau des heimischen 5G-Netzes ausgeschlossen hatten.
Im November des gleichen Jahres legte die chinesische Botschaft in Canberra eine Liste mit 14 Forderungen auf, welche Australien erfüllen müsse, um die Beziehungen zu normalisieren. Laut der Nachrichtenagentur Reuters seien die 14 Forderungen beim Treffen am Montag jedoch plötzlich kein Thema mehr gewesen.
Bereits vor dem Treffen hatten sich Australien und China angenähert: Australien hatte etwa eine Klage bei der Welthandelsorganisation wegen chinesischer Strafzölle fallengelassen. Peking ließ wiederum die australische Journalistin Cheng Lei frei, die drei Jahre wegen angeblicher Spionage festgehalten worden war. fpe
Zwischen Russland und China stehen die Signale weiter auf Annäherung: In Moskau haben der ranghohe General Zhang Youxia und der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu über eine Stärkung ihrer militärischen Zusammenarbeit gesprochen. Auch ein Treffen mit Präsident Wladimir Putin war geplant, wie Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau mitteilte.
Zhang Youxia ist der stellvertretende Vorsitzende der Zentralen Militärkommission und somit der zweithöchste Befehlshaber der Streitkräfte nach Staatschef Xi Jinping. Zhang sagte gegenüber der russischen Agentur Interfax, dass China und Russland ihre militärischen Beziehungen und die Zusammenarbeit ihrer Armeen intensivieren wollen. Er wiederholte die Phrase von einer “umfassenden Partnerschaft und einer strategischen Zusammenarbeit auf höchstem Niveau”.
Üblicherweise vertritt der Verteidigungsminister Chinas die militärischen Interessen des Landes im Ausland. Derzeit hat China allerdings keinen Verteidigungsminister, nachdem Li Shangfu vor einigen Wochen offiziell abgesetzt wurde. fin
Die USA gehen in Sri Lanka in Sachen Entwicklungsfinanzierung in direkte Konkurrenz mit China. Am Mittwoch hat die U.S. International Development Finance Corporation (DFC) den Bau eines 553 Millionen US-Dollar teuren Tiefwasser-Containerterminals im Hafen von Colombo angekündigt. Das Projekt soll das Potenzial haben, Colombo “in ein Logistikzentrum von Weltrang an der Kreuzung wichtiger Schifffahrtsrouten und aufstrebender Märkte zu verwandeln”, wie die Behörde mitteilt.
Das DFC-Darlehen wird “die Schifffahrtskapazitäten des Landes erweitern und Sri Lanka zu mehr Wohlstand verhelfen – ohne die Staatsverschuldung zu erhöhen – und gleichzeitig die Position unserer Verbündeten in der Region stärken”, sagt Scott Nathan, Chief Executive Officer der vor fünf Jahren als Reaktion auf Pekings Belt-and-Road-Initiative gegründeten DFC.
Sri Lanka galt zeitweise aufgrund massiver chinesischer Investitionen als ein Außenposten Chinas und als Beispiel für Pekings “Schuldenfallen-Diplomatie“. Zuletzt bat die Regierung in Colombo die Chinesen um eine Restrukturierung ihrer Schulden. Der Inselstaat mit 22 Millionen Einwohnern steckt noch immer in seiner schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. fpe
Die chinesische Finanzaufsicht drängt offenbar den Versicherungskonzern Ping An zur rettenden Übernahme des insolventen Immobilienentwicklers Country Garden. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf vier Quellen. Die Anweisung für die Rettung komme von ganz oben, nämlich von Premier Li Qiang.
Ping An selbst dementiert den Bericht. Das überrascht nicht, denn der Vorgang wäre keine gute Nachricht für den Versicherer. Ping An selbst ist bislang finanziell gut aufgestellt, währen Country Garden unter Schulden in Höhe von rund 17 Milliarden Euro ächzt. Mit der staatlich eingefädelten Übernahme eines kranken Unternehmens durch ein gesundes entsteht eher ein halb krankes als ein ganz gesundes Konstrukt, so die Befürchtung. Dementsprechend reagierten die Anleger. Der Kurs von Ping An fiel an der Börse Hongkong.
Andererseits wäre die Rettung von Country Garden ein wichtiges Signal, dass die Regierung die Probleme im Immobiliensektor angeht. Die Sorge um Chinas wichtigsten Wirtschaftszweig zieht die Stimmung und das Wachstum herunter. “Wenn die Nachricht stimmt, wird sich das sehr positiv auf die Immobilien- und Kapitalmärkte auswirken”, sagte Xu Tianchen, Ökonom bei der Economist Intelligence Unit.
Auch wenn Ping An ein Privatunternehmen und zudem einer der größten Versicherungskonzerne der Welt ist, kann es sich einer direkten Anweisung aus Peking nicht entziehen. Aufseiten der Behörden sind die chinesische Zentralbank und Finanzaufsichtsbehörde in die Verhandlungen eingeschaltet. fin/rtr
Nun ist es so offiziell, wie der Aufstieg in eine inoffizielle Rolle nur sein kann: Vize-Ministerpräsident He Lifeng ist der neue Wirtschaftszar Chinas. Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass er auf leitende Positionen in drei KP-internen Kommissionen befördert wurde, die Finanzen und Wirtschaft steuern. Die Gremien gehören zu dem Geflecht an Parteikommissionen, die Staats- und Parteichef Xi Jinping in den vergangenen zehn Jahren geschaffen hat und denen er zumeist selbst formal vorsitzt. Diese Kommissionen haben gewaltige Kompetenzen vom Staatsrat in die Partei abgezogen.
Der 68-jährige He ist damit also im höchsten Machtzirkel angekommen, mit großer Nähe zu Xi. Die Fülle an verschiedenen, nach außen wenig konkret klingenden Partei-Jobs ist üblich für die hohen Führungskader der KP. Daher erfanden Beobachtende einst den Begriff des “Wirtschaftszars” für den engsten wirtschaftlichen Berater des Parteichefs.
He Lifeng ist nun Büro-Direktor der von Xi geleiteten Zentralen Finanz- und Wirtschaftskommission (中央财经委员会), Büro-Direktor der Zentralen Finanzkommission (中央金融委员会) und Parteisekretär der Zentralen Arbeitskommission Finanzen (中央金融工作委员会). Die beiden Finanzkommissionen wurden erst im März gegründet; erstere gestaltet die Politik zum riesigen Finanzsektor des Landes; letztere passt auf, dass “das Finanzsystem mit politischen Zielen, Theorien, Moral und Disziplin der Partei in Einklang” steht, wie das Wirtschaftsmagazin Caixin es beschreibt.
Vorgänger auf dem Posten bei der Zentralen Finanz- und Wirtschaftskommission war der bisherige Wirtschaftszar Liu He, Chinas im Ausland bekanntester Außenwirtschaftspolitiker der letzten Jahre. Liu He war, wie jetzt He Lifeng, zudem einer von vier Vizepremiers und damit auch in der Regierung für Wirtschaft zuständig – bis er im März 2023 in den Ruhestand ging. Liu ist allerdings nur drei Jahre älter als sein Nachfolger. Beide gehören also derselben Politiker-Generation an und sind enge Vertraute Xis. Und doch sind sie grundverschieden.
Liu He studierte und forschte in den USA, bewegte sich sicher auf dem internationalen Parkett. Er verhandelte seit den Anfängen des US-chinesischen Handelskriegs mit Vertretern der Trump-Regierung, und hielt 2018 anstelle von Xi eine Grundsatzrede auf dem Wirtschaftsforum von Davos. In China steht Liu seit vielen Jahren für eine reformorientierte Wirtschaftspolitik, die er maßgeblich mitgestaltete.
He Lifeng hat bislang eher den Ruf eines unscheinbaren Bürokraten, der die Vorgaben Xi Jinpings in die Tat umsetzt. Ikonische Aussagen zur Wirtschaftspolitik sind von ihm nicht überliefert, im Ausland lernt man ihn gerade erst kennen. Ein kürzlich an Handelsgesprächen mit China beteiligter Diplomat bezeichnete He gegenüber Reuters als “hart und kompromisslos”. Anders als Liu kommunizere He nicht auf Englisch.
He Lifeng wurde 1955 als Sohn einer Familie der Hakka-Minderheit in dem bis heute für seine Tulou-Rundhäuser bekannten Distrikt Yongding in der südöstlichen Küstenprovinz Fujian geboren. Wie so viele seiner Generation wurde er in der Kulturrevolution zur Landarbeit geschickt, und arbeitete am Bau eines Staudamms mit. 1978 bis 1984 studierte er an der Universität Xiamen Finanzwissenschaften. 1998 promovierte er noch in Wirtschaftswissenschaften. Damals war er bereits Parteichef der nahen Stadt Quanzhou.
Große Teile seiner Parteikarriere absolvierte He Lifeng in Fujian, und schon damals kreuzte sein Weg jenem Xi Jinpings. Als Finanzbeamter in Xiamen arbeitete er Xi zu, der damals Vizebürgermeister der Hafenstadt war. He wurde später Parteichef der Provinzhauptstadt Fuzhou, als Xi Provinzgouverneur war. He gehört damit zu einer Gruppe, die Cheng Li von der US-Denkfabrik Brookings Institution als “Zirkel der Sekretäre” (秘书)bezeichnet: Männer, die Xi Jinping während seiner Karriere zugearbeitet haben und dadurch zu Vertrauten und Protegés wurden.
Als Xi Vizepräsident wurde, zog auch He nach Norden, wurde Parteichef der als Finanzsonderzone Binhai New Area in Tianjin, und stellvertretender Parteisekretär Tianjins. 2014 wechselte He als Vizechef zur mächtigen Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission, deren Vorsitzender er von 2017 bis März 2023 war. Unter anderem setzte er in diesen Jahren Xis “Belt and Road”-Initiative um.
Dieser Posten habe He “die Möglichkeit gegeben, seine Fähigkeiten in finanziellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten auf der nationalen Führungsebene unter Beweis zu stellen”, schrieb Cheng Li damals. Er zählte He ebenso wie Liu He und andere wirtschaftspolitische Berater Xis zu den marktfreundlichen Technokraten des Landes – im Gegensatz zu Xis konservativen Propaganda-Beratern. Wie He Lifeng wirklich tickt, muss sich aber nun erst zeigen.
In jedem Fall findet He Lifeng in seiner neuen Rolle ein noch schwierigeres Umfeld vor als Vorgänger Liu. Im Ausland nehmen die geopolitischen Spannungen weiter zu. In China schwächelt die Wirtschaft. Als Chef der Zentralen Finanzkommission wird He Lifeng zuständig sein für die Bewältigung der kommunalen Schuldenkrise sowie die Misere im Immobiliensektor. Beides belastet die chinesische Wirtschaft schwer.
Im Oktober war er auf dem 3. deutsch-chinesischen Finanzdialog in Frankfurt mit Bundesfinanzminister Christian Lindner zusammengekommen. He sprach sich dort für eine Öffnung der Finanzmärkte und eine Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Zentralbanken und den Aufsichtsbehörden für Versicherer aus. Diese Woche reist He in die USA, wo er in San Francisco unter anderem Finanzministerin Janet Yellen treffen wird. Christiane Kühl
Sebastian Blättler ist jetzt Managing Director China bei der Boschung Group aus der Schweiz, einem Maschinen- und Anlagenbauer mit Spezialisierung auf Geräten zur Pflege der Infrastruktur wie Kehrmaschinen für Flughäfen. Zuvor war Blättler Partner bei Consulting Blättler & Miescher KIG.
Tiffany Wu wurde von Birkenstock zum Managing Director Greater China ernannt. In dieser neu geschaffenen Position soll Wu die Sichtbarkeit der Marke, den Markenwert und den Umsatz in der Region steigern. Sie berichtet an Klaus Baumann, Chief Sales Officer der Birkenstock Gruppe.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
In China.Table Nr. 707 vom 8. November 2023 haben wir irrtümlich geschrieben, der Geschäftsführer des Maschinenbauers DMG Mori sei im Zusammenhang mit Russlandgeschäften verhaftet worden. Tatsächlich war er in zeitlicher Nähe zu den Vorwürfen zurückgetreten. DMG Mori leugnet sanktionswidrige Lieferungen an russische Kunden.
Mit schwerem Gerät gegen den Schnee: Chinas Norden wurde am Wochenende von einer Kaltfront getroffen. Die zentrale Wetterbehörde rief aufgrund starker Schneestürme für Teile des Landes die höchste Warnstufe aus. Besonders betroffen waren die Provinzen Heilongjiang, Jilin, Liaoning und die Innere Mongolei. In Harbin, der Hauptstadt der Provinz Heilongjiang, wurden rund 24.000 Arbeiter zum Schneeräumen auf die Straßen geschickt.
es wirkt fast wie ein Trend zur Abkehr von der neuen Seidenstraße. Die Philippinen weisen Chinas Kredite zurück und leihen sich lieber Geld von Japan. Präsident Ferdinand Marcos lädt zudem die USA ein, Militärbasen im eigenen Land auszubauen. Das markiert eine klare Abkehr von der China-Politik seines Vorgängers. Denn für Marcos steht die Bedrohung im Vordergrund, die von den Gebietsansprüchen des übermächtig großen Nachbarn ausgeht, schreibt Jörn Petring.
Sri Lanka hat derweil die USA eingeladen, im Hafen von Colombo zu investieren. Dieser galt bisher als wichtiger Brückenkopf der Seidenstraßeninitiative. Zusammen mit Italiens Rückzug aus Belt-and-Road ergibt sich ein gemischtes Bild: Während einige Länder weiterhin großes Interesse am chinesischen Engagement haben, sind andere misstrauisch geworden.
Nach langem Zögern hat China endlich seinen Plan zur Verringerung des Methan-Ausstoßes vorgestellt. Nico Beckert analysiert, warum die vorgestellten Instrumente die Klimaschützer enttäuschen. China stößt weltweit die größten Mengen des besonders klimaschädlichen Gases aus – und beteiligt sich nun kaum daran, die Emissionen zurückzuführen.
Auf der Suche nach einer Alternative zu Chinas Neuer Seidenstraße wollen sich die Philippinen nach Westen und zu anderen regionalen Partnern orientieren. Japan, Südkorea und Indien hätten angeboten, Eisenbahnprojekte auf den Philippinen im Wert von fast fünf Milliarden US-Dollar zu finanzieren, teilte Manilas Verkehrsminister Jaime Bautista am Montag laut einem Reuters-Bericht mit. Demnach könnte die Regierung auch einen Teil der Bahn-Projekte selbst stemmen oder Investitionen aus dem Privatsektor suchen.
Klar ist jedenfalls: Mit Peking, das die Projekte ursprünglich bauen und finanzieren wollte, scheint vor dem Hintergrund der äußerst angespannten Beziehungen keine Einigung mehr möglich zu sein. Konkret geht es um folgende Projekte:
Indem Manila nun die chinesische Projektfinanzierung zurückweist, zieht es sich de facto erst einmal aus der BRI zurück. Es gibt keinen formalen, standardisierten Beitrittsakt zur Belt-and-Road-Initiative (BRI); die Mitgliedschaft ergibt sich in vielen Fällen aus dem Mitmachen. Im Fall der Philippinen begann die Zugehörigkeit zur BRI mit dem Beitritt zur Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) im Jahr 2015 unter Präsident Rodrigo Duterte. Das Hauptinteresse galt also von Anfang an den Infrastrukturkrediten, die sein Nachfolger nun bewusst verschmäht.
Zusammen mit dem bevorstehenden Austritt Italiens aus der Neuen Seidenstraße sind das zwei schwere Schläge für das Handelsnetzwerk.
Zuletzt machten China und die Philippinen vor allem durch ihre Streitigkeiten im Südchinesischen Meer von sich reden. Dort kam es in den vergangenen Wochen und Monaten mehrfach zu Zusammenstößen zwischen philippinischen Schiffen und der chinesischen Küstenwache. Aber auch unabhängig davon waren die wirtschaftlichen Beziehungen seit längerem angespannt.
Dabei hatte sich aus Pekinger Sicht zunächst alles vielversprechend entwickelt. Duterte schob die langjährigen territorialen Streitigkeiten über das Südchinesische Meer beiseite – wie von Xi Jinping gewünscht. China wiederum stellte Milliarden von Dollar an Hilfe, Darlehen und Investitionen in Aussicht.
Doch das Geld floss nicht wie erhofft. Im Laufe der Zeit kam es zu Verzögerungen bei der Umsetzung der Projekte. Kritiker haben die Kreditbedingungen, einschließlich der relativ hohen Zinssätze, infrage gestellt. Auch äußerten sie Bedenken hinsichtlich der strategischen Implikationen der chinesischen Präsenz in der Region.
Im Jahr 2022 trat der neue Präsident Ferdinand Marcos Jr. sein Amt an. Unter ihm nahm die philippinische Regierung die von China finanzierten Projekte kritisch unter die Lupe. Er forderte bessere Konditionen von Peking. Aus philippinischer Sicht wurden die Forderungen jedoch ignoriert.
Diese Entwicklungen sind Teil eines größeren geopolitischen Kontextes. Die Philippinen bewerten ihre Beziehungen zu China neu und bauen gleichzeitig ihre Sicherheitsbeziehungen zu den USA aus. Für China ist diese Kooperation ein rotes Tuch.
Zwar unterhalten die USA seit den 1990er-Jahren keine eigenen Basen mehr auf den Philippinen. Stattdessen gewährt das Enhanced Defense Cooperation Agreement (EDCA) dem US-Militär Zugang zu ausgewählten philippinischen Militärbasen.
Dazu passt der Beginn einer groß angelegten Marineübung der Philippinen mit Japan, Südkorea und den USA. Zum Ärger Chinas wurde das EDCA unter Marcos Jr. zudem deutlich ausgebaut. Die Zahl der Basen, auf denen US-Streitkräfte operieren können, hat sich verdoppelt. Die neun Standorte wurden im April bekannt gegeben:
Diese Standorte sind strategisch wichtig, da sie in der Nähe von Taiwan und den umstrittenen Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer liegen. Dort hat China künstliche Inseln mit Landebahnen und Raketensystemen errichtet.
Peking betonte als Reaktion auf die EDCA-Erweiterung, dass Wirtschaft und Handel ohne ein friedliches und stabiles regionales Umfeld nicht gedeihen könnten. Zusätzliche EDCA-Standorte würden nur Probleme in der Region schaffen. Gefallen haben dürfte Peking auch nicht, dass Marcos Jr. im Oktober nicht beim zehnjährigen Jubiläumsgipfel der BRI in Peking anwesend war.
Inzwischen wird immer deutlicher: Wer sich in der Region auf Sicherheitszusagen der Amerikaner verlässt, hat es schwerer, lukrative Geschäfte mit China zu machen. Für die Staaten der Region ist dies ein schwieriger Balanceakt.
Die Klimagesandten der USA und Chinas, John Kerry und Xie Zhenhua, haben in den vergangenen Tagen den APEC-Gipfel in Kalifornien (11.-17. November) vorbereitet, auf dem sich die Präsidenten Joe Biden und Xi Jinping treffen werden. Die Veröffentlichung der chinesischen Methan-Strategie kurz nach dem Kerry-Xie-Treffen gilt als wichtiges Zeichen.
Die Reduktion der Methan-Emissionen war immer wieder Thema zwischen den Klimasupermächten. Auf der COP26 in Glasgow 2021 einigten sich beide Staaten auf mehr Anstrengungen zur Reduktion des kurzlebigen, aber sehr klimaschädlichen Methans – damals sagte China die Entwicklung einer Methan-Strategie zu. In Sharm el-Sheikh, auf der COP27, bestätigte Xie den Entschluss Chinas, künftig mehr zu tun.
Die Veröffentlichung der chinesischen Methan-Strategie könnte den Ball nun ins Rollen bringen. Sie wurde von COP-Präsident Al Jaber als “ein entscheidender Schritt für globale Klimaschutzmaßnahmen” begrüßt.
China ist der weltweit größte Methan-Emittent. Das Klimagas ist auf 20 Jahre betrachtet 80 Mal schädlicher als CO₂. Die Verringerung seines Ausstoßes gilt deshalb als “schnellste Möglichkeit, die globale Erwärmung sofort zu verlangsamen”, schreibt der Environmental Defense Fund.
Chinas Methan-Plan liegt als Entwurf schon seit gut einem Jahr unveröffentlicht in den Schubladen des chinesischen Umweltministeriums. Seit Xies Aussagen dazu im November 2022 herrschte Funkstille.
Der jetzt vorgelegte Plan ist allerdings auch nicht sehr ehrgeizig:
“Die im Plan genannten Ziele sind zu mehrdeutig und enthalten hauptsächlich beschreibenden Text”, sagt Yan Qin, Energieexpertin der Analysefirma Refinitiv zu Reuters. Auch der Analyst Lauri Myllyvirta kritisiert die “weichen Ziele” des Plans. Der Plan besage lediglich, dass China die Einrichtung eines Systems zur Messung, Meldung und Überprüfung von Methan “prüfen” oder “anstreben” werde, schreibt der Analyst des Centre for Research on Energy and Clean Air auf X. Klare Zusagen und ein Zeitplan fehlten, kritisiert er.
Zhang Kai, stellvertretender Programmdirektor im Pekinger Büro von Greenpeace Ostasien, sieht den Plan allerdings als “positiven Schritt, um die Methan-Emissionen zu senken”, wie er auf X schreibt. Die Kontrolle von Methan-Emissionen im Kohlesektor müsse priorisiert werden, schreibt Zhang.
China steht bei der Reduktion der Methan-Emissionen vor großen Herausforderungen, da ein Großteil der Emissionen aus dem Kohlesektor kommt. Diese Emissionen sind schwieriger zu kontrollieren als im Gas- und Ölsektor. Allerdings spielen bei Chinas Methan-Plänen nicht nur wirtschaftliche Faktoren eine Rolle. Das Land will sich nicht von den USA zu mehr Klimaengagement drängen lassen – zu groß wäre der Gesichtsverlust vor dem heimischen Publikum, wenn der große Systemrivale konkrete Ziele und Pläne einfordern könnte. Doch China ist sehr stark vom Klimawandel bedroht. Es liegt also im eigenen Interesse des Landes, die Emissionen zu senken.
Noch steht eine offizielle Zusage aus Peking aus. Doch immer mehr verdichten sich die Anzeichen dafür, dass Chinas Staatschef Xi Jinping und US-Präsident Joe Biden am 16. November beim Gipfel der Asien-Pazifik-Staaten (Apec) in San Francisco miteinander sprechen werden.
Zuletzt hat es mehrere Begegnungen von hochrangigen Politikern der beiden größten Volkswirtschaften der Welt gegeben, die allesamt auf ein solches Spitzentreffen hindeuten. Das seien positive Zeichen in Richtung allgemein besserer Beziehungen zwischen beiden Staaten, sagte Chinas Vizepräsident Han Zheng am Mittwoch auf dem Bloomberg New Economy Forum in Singapur.
China sei offen dafür, seine angespannten Beziehungen zu den USA “auf allen Ebenen” zu stärken, sagte Han. “Wir sind bereit, die Kommunikation und den Dialog mit den Vereinigten Staaten auf allen Ebenen zu verstärken, eine für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit voranzutreiben, Unterschiede angemessen zu bewältigen und globale Herausforderungen gemeinsam anzugehen.”
Xi und Biden haben sich zuletzt beim G20-Gipfel in Bali 2022 persönlich getroffen. Die Stimmung zwischen beiden galt schon bei dieser Zusammenkunft als angespannt – und hat sich seitdem nicht verbessert. Anfang des Jahres erschütterte der Skandal um einen chinesischen Spionageballon über US-Gebiet das Verhältnis der beiden Supermächte. Und auch der Lieferstopp wichtiger Hochleistungschips an die Volksrepublik im Zuge der von den USA verhängten Sanktionen haben die Beziehungen massiv verschlechtert.
Doch der Besuch könnte nun eine Wende bringen. Ein weiteres positives Zeichen: Der chinesische Top-Finanzpolitiker He Lifeng ist am Mittwoch nach San Francisco gereist, um bis Sonntag intensive Gespräche mit US-Finanzministerin Janet Yellen zu führen. flee
China und Australien sind auf Entspannungskurs eingeschwenkt. Nach einem Treffen am Montag in Peking lobten der australische Premierminister Anthony Albanese und Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping die “fraglos sehr positiven” Fortschritte in den Beziehungen beider Länder. China und Australien könnten “vertrauensvolle und erfolgreiche Partner werden”, erklärte Xi laut Berichten des staatlichen Senders CCTV vom Mittwoch. Es bestünden “keine grundsätzlichen Interessenskonflikte.” Albanese lud Xi seinerseits zu einem Gegenbesuch in Australien ein.
Es war der erste China-Besuch eines australischen Premierministers seit fast sieben Jahren. 2017 hatten sich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern rapide verschlechtert, nachdem Australien ein Gesetz gegen ausländische Einflussnahme formuliert hatte, das vor allem auf den Einfluss Pekings auf die australische Politik zielte. 2018 belegte China australische Gerste mit einem hohen Importzoll, nachdem die Australier Huawei und ZTE vom Aufbau des heimischen 5G-Netzes ausgeschlossen hatten.
Im November des gleichen Jahres legte die chinesische Botschaft in Canberra eine Liste mit 14 Forderungen auf, welche Australien erfüllen müsse, um die Beziehungen zu normalisieren. Laut der Nachrichtenagentur Reuters seien die 14 Forderungen beim Treffen am Montag jedoch plötzlich kein Thema mehr gewesen.
Bereits vor dem Treffen hatten sich Australien und China angenähert: Australien hatte etwa eine Klage bei der Welthandelsorganisation wegen chinesischer Strafzölle fallengelassen. Peking ließ wiederum die australische Journalistin Cheng Lei frei, die drei Jahre wegen angeblicher Spionage festgehalten worden war. fpe
Zwischen Russland und China stehen die Signale weiter auf Annäherung: In Moskau haben der ranghohe General Zhang Youxia und der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu über eine Stärkung ihrer militärischen Zusammenarbeit gesprochen. Auch ein Treffen mit Präsident Wladimir Putin war geplant, wie Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau mitteilte.
Zhang Youxia ist der stellvertretende Vorsitzende der Zentralen Militärkommission und somit der zweithöchste Befehlshaber der Streitkräfte nach Staatschef Xi Jinping. Zhang sagte gegenüber der russischen Agentur Interfax, dass China und Russland ihre militärischen Beziehungen und die Zusammenarbeit ihrer Armeen intensivieren wollen. Er wiederholte die Phrase von einer “umfassenden Partnerschaft und einer strategischen Zusammenarbeit auf höchstem Niveau”.
Üblicherweise vertritt der Verteidigungsminister Chinas die militärischen Interessen des Landes im Ausland. Derzeit hat China allerdings keinen Verteidigungsminister, nachdem Li Shangfu vor einigen Wochen offiziell abgesetzt wurde. fin
Die USA gehen in Sri Lanka in Sachen Entwicklungsfinanzierung in direkte Konkurrenz mit China. Am Mittwoch hat die U.S. International Development Finance Corporation (DFC) den Bau eines 553 Millionen US-Dollar teuren Tiefwasser-Containerterminals im Hafen von Colombo angekündigt. Das Projekt soll das Potenzial haben, Colombo “in ein Logistikzentrum von Weltrang an der Kreuzung wichtiger Schifffahrtsrouten und aufstrebender Märkte zu verwandeln”, wie die Behörde mitteilt.
Das DFC-Darlehen wird “die Schifffahrtskapazitäten des Landes erweitern und Sri Lanka zu mehr Wohlstand verhelfen – ohne die Staatsverschuldung zu erhöhen – und gleichzeitig die Position unserer Verbündeten in der Region stärken”, sagt Scott Nathan, Chief Executive Officer der vor fünf Jahren als Reaktion auf Pekings Belt-and-Road-Initiative gegründeten DFC.
Sri Lanka galt zeitweise aufgrund massiver chinesischer Investitionen als ein Außenposten Chinas und als Beispiel für Pekings “Schuldenfallen-Diplomatie“. Zuletzt bat die Regierung in Colombo die Chinesen um eine Restrukturierung ihrer Schulden. Der Inselstaat mit 22 Millionen Einwohnern steckt noch immer in seiner schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. fpe
Die chinesische Finanzaufsicht drängt offenbar den Versicherungskonzern Ping An zur rettenden Übernahme des insolventen Immobilienentwicklers Country Garden. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf vier Quellen. Die Anweisung für die Rettung komme von ganz oben, nämlich von Premier Li Qiang.
Ping An selbst dementiert den Bericht. Das überrascht nicht, denn der Vorgang wäre keine gute Nachricht für den Versicherer. Ping An selbst ist bislang finanziell gut aufgestellt, währen Country Garden unter Schulden in Höhe von rund 17 Milliarden Euro ächzt. Mit der staatlich eingefädelten Übernahme eines kranken Unternehmens durch ein gesundes entsteht eher ein halb krankes als ein ganz gesundes Konstrukt, so die Befürchtung. Dementsprechend reagierten die Anleger. Der Kurs von Ping An fiel an der Börse Hongkong.
Andererseits wäre die Rettung von Country Garden ein wichtiges Signal, dass die Regierung die Probleme im Immobiliensektor angeht. Die Sorge um Chinas wichtigsten Wirtschaftszweig zieht die Stimmung und das Wachstum herunter. “Wenn die Nachricht stimmt, wird sich das sehr positiv auf die Immobilien- und Kapitalmärkte auswirken”, sagte Xu Tianchen, Ökonom bei der Economist Intelligence Unit.
Auch wenn Ping An ein Privatunternehmen und zudem einer der größten Versicherungskonzerne der Welt ist, kann es sich einer direkten Anweisung aus Peking nicht entziehen. Aufseiten der Behörden sind die chinesische Zentralbank und Finanzaufsichtsbehörde in die Verhandlungen eingeschaltet. fin/rtr
Nun ist es so offiziell, wie der Aufstieg in eine inoffizielle Rolle nur sein kann: Vize-Ministerpräsident He Lifeng ist der neue Wirtschaftszar Chinas. Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass er auf leitende Positionen in drei KP-internen Kommissionen befördert wurde, die Finanzen und Wirtschaft steuern. Die Gremien gehören zu dem Geflecht an Parteikommissionen, die Staats- und Parteichef Xi Jinping in den vergangenen zehn Jahren geschaffen hat und denen er zumeist selbst formal vorsitzt. Diese Kommissionen haben gewaltige Kompetenzen vom Staatsrat in die Partei abgezogen.
Der 68-jährige He ist damit also im höchsten Machtzirkel angekommen, mit großer Nähe zu Xi. Die Fülle an verschiedenen, nach außen wenig konkret klingenden Partei-Jobs ist üblich für die hohen Führungskader der KP. Daher erfanden Beobachtende einst den Begriff des “Wirtschaftszars” für den engsten wirtschaftlichen Berater des Parteichefs.
He Lifeng ist nun Büro-Direktor der von Xi geleiteten Zentralen Finanz- und Wirtschaftskommission (中央财经委员会), Büro-Direktor der Zentralen Finanzkommission (中央金融委员会) und Parteisekretär der Zentralen Arbeitskommission Finanzen (中央金融工作委员会). Die beiden Finanzkommissionen wurden erst im März gegründet; erstere gestaltet die Politik zum riesigen Finanzsektor des Landes; letztere passt auf, dass “das Finanzsystem mit politischen Zielen, Theorien, Moral und Disziplin der Partei in Einklang” steht, wie das Wirtschaftsmagazin Caixin es beschreibt.
Vorgänger auf dem Posten bei der Zentralen Finanz- und Wirtschaftskommission war der bisherige Wirtschaftszar Liu He, Chinas im Ausland bekanntester Außenwirtschaftspolitiker der letzten Jahre. Liu He war, wie jetzt He Lifeng, zudem einer von vier Vizepremiers und damit auch in der Regierung für Wirtschaft zuständig – bis er im März 2023 in den Ruhestand ging. Liu ist allerdings nur drei Jahre älter als sein Nachfolger. Beide gehören also derselben Politiker-Generation an und sind enge Vertraute Xis. Und doch sind sie grundverschieden.
Liu He studierte und forschte in den USA, bewegte sich sicher auf dem internationalen Parkett. Er verhandelte seit den Anfängen des US-chinesischen Handelskriegs mit Vertretern der Trump-Regierung, und hielt 2018 anstelle von Xi eine Grundsatzrede auf dem Wirtschaftsforum von Davos. In China steht Liu seit vielen Jahren für eine reformorientierte Wirtschaftspolitik, die er maßgeblich mitgestaltete.
He Lifeng hat bislang eher den Ruf eines unscheinbaren Bürokraten, der die Vorgaben Xi Jinpings in die Tat umsetzt. Ikonische Aussagen zur Wirtschaftspolitik sind von ihm nicht überliefert, im Ausland lernt man ihn gerade erst kennen. Ein kürzlich an Handelsgesprächen mit China beteiligter Diplomat bezeichnete He gegenüber Reuters als “hart und kompromisslos”. Anders als Liu kommunizere He nicht auf Englisch.
He Lifeng wurde 1955 als Sohn einer Familie der Hakka-Minderheit in dem bis heute für seine Tulou-Rundhäuser bekannten Distrikt Yongding in der südöstlichen Küstenprovinz Fujian geboren. Wie so viele seiner Generation wurde er in der Kulturrevolution zur Landarbeit geschickt, und arbeitete am Bau eines Staudamms mit. 1978 bis 1984 studierte er an der Universität Xiamen Finanzwissenschaften. 1998 promovierte er noch in Wirtschaftswissenschaften. Damals war er bereits Parteichef der nahen Stadt Quanzhou.
Große Teile seiner Parteikarriere absolvierte He Lifeng in Fujian, und schon damals kreuzte sein Weg jenem Xi Jinpings. Als Finanzbeamter in Xiamen arbeitete er Xi zu, der damals Vizebürgermeister der Hafenstadt war. He wurde später Parteichef der Provinzhauptstadt Fuzhou, als Xi Provinzgouverneur war. He gehört damit zu einer Gruppe, die Cheng Li von der US-Denkfabrik Brookings Institution als “Zirkel der Sekretäre” (秘书)bezeichnet: Männer, die Xi Jinping während seiner Karriere zugearbeitet haben und dadurch zu Vertrauten und Protegés wurden.
Als Xi Vizepräsident wurde, zog auch He nach Norden, wurde Parteichef der als Finanzsonderzone Binhai New Area in Tianjin, und stellvertretender Parteisekretär Tianjins. 2014 wechselte He als Vizechef zur mächtigen Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission, deren Vorsitzender er von 2017 bis März 2023 war. Unter anderem setzte er in diesen Jahren Xis “Belt and Road”-Initiative um.
Dieser Posten habe He “die Möglichkeit gegeben, seine Fähigkeiten in finanziellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten auf der nationalen Führungsebene unter Beweis zu stellen”, schrieb Cheng Li damals. Er zählte He ebenso wie Liu He und andere wirtschaftspolitische Berater Xis zu den marktfreundlichen Technokraten des Landes – im Gegensatz zu Xis konservativen Propaganda-Beratern. Wie He Lifeng wirklich tickt, muss sich aber nun erst zeigen.
In jedem Fall findet He Lifeng in seiner neuen Rolle ein noch schwierigeres Umfeld vor als Vorgänger Liu. Im Ausland nehmen die geopolitischen Spannungen weiter zu. In China schwächelt die Wirtschaft. Als Chef der Zentralen Finanzkommission wird He Lifeng zuständig sein für die Bewältigung der kommunalen Schuldenkrise sowie die Misere im Immobiliensektor. Beides belastet die chinesische Wirtschaft schwer.
Im Oktober war er auf dem 3. deutsch-chinesischen Finanzdialog in Frankfurt mit Bundesfinanzminister Christian Lindner zusammengekommen. He sprach sich dort für eine Öffnung der Finanzmärkte und eine Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Zentralbanken und den Aufsichtsbehörden für Versicherer aus. Diese Woche reist He in die USA, wo er in San Francisco unter anderem Finanzministerin Janet Yellen treffen wird. Christiane Kühl
Sebastian Blättler ist jetzt Managing Director China bei der Boschung Group aus der Schweiz, einem Maschinen- und Anlagenbauer mit Spezialisierung auf Geräten zur Pflege der Infrastruktur wie Kehrmaschinen für Flughäfen. Zuvor war Blättler Partner bei Consulting Blättler & Miescher KIG.
Tiffany Wu wurde von Birkenstock zum Managing Director Greater China ernannt. In dieser neu geschaffenen Position soll Wu die Sichtbarkeit der Marke, den Markenwert und den Umsatz in der Region steigern. Sie berichtet an Klaus Baumann, Chief Sales Officer der Birkenstock Gruppe.
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In China.Table Nr. 707 vom 8. November 2023 haben wir irrtümlich geschrieben, der Geschäftsführer des Maschinenbauers DMG Mori sei im Zusammenhang mit Russlandgeschäften verhaftet worden. Tatsächlich war er in zeitlicher Nähe zu den Vorwürfen zurückgetreten. DMG Mori leugnet sanktionswidrige Lieferungen an russische Kunden.
Mit schwerem Gerät gegen den Schnee: Chinas Norden wurde am Wochenende von einer Kaltfront getroffen. Die zentrale Wetterbehörde rief aufgrund starker Schneestürme für Teile des Landes die höchste Warnstufe aus. Besonders betroffen waren die Provinzen Heilongjiang, Jilin, Liaoning und die Innere Mongolei. In Harbin, der Hauptstadt der Provinz Heilongjiang, wurden rund 24.000 Arbeiter zum Schneeräumen auf die Straßen geschickt.