über die Probleme deutscher Unternehmen in China wird häufig berichtet. Doch wie sieht es umgekehrt aus? Wie beurteilen chinesische Unternehmen die Bedingungen in Europa? Amelie Richter hat sich den am Montag vorgestellten Bericht der chinesischen Handelskammer in der EU angeschaut – mit durchaus bemerkenswerten Ergebnissen: Vor allem “Falschinformationen und Überregulierung” bereiten den Konzernen große Sorgen. Auch das Thema 5G sorgt für nachhaltige Verstimmung. Aber es gibt auch Felder, in denen Chinas Konzerne große Chance sehen und ihre Investitionen verstärken wollen.
Christian Domke Seidel geht den Problemen der deutschen Autobauer in China auf den Grund. Denn auf dem wichtigsten Absatzmarkt geht es nicht mehr um PS und Turbodirekteinspritzer. In Zukunft werden Programmierer wichtiger sein als Motorenentwickler – und genau das wird zum Problem für Deutschlands Hersteller. Lediglich BMW hat bislang ansatzweise auf diesen Trend reagiert.
Die Vorwürfe gegen Kristalina Georgiewa waren schwerwiegend: In ihrer Zeit bei der Weltbank soll die Bulgarin eine wichtige Rangliste zu Gunsten Chinas manipuliert haben. Zwar haben sich die Anschuldigungen nicht erhärtet. Doch der Vorgang illustriere eine viel gravierendere Entwicklung, analysiert Frank Sieren. Er zeigt, wie internationale Institutionen wie die Weltbank, der IWF oder auch die WTO zunehmend zum Spielball des Konflikts zwischen China und den USA werden. Demnach versuchten die Amerikaner im Fall Georgiewa vor allem, ihre eigene Macht zu sichern. Doch auch China sägt längst am Fundament der internationalen Ordnung.
Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht
Chinesische Unternehmen in Europa sehen ihre Geschäfte generell optimistisch – geplante neue Regularien aus Brüssel und zunehmend schwierige politische Fahrwasser trüben aber die Aussichten. Das geht aus einem Bericht der chinesischen Handelskammer in der Europäischen Union (CCCEU) hervor, der am Montag gemeinsam mit der Beratungsfirma Roland Berger in Brüssel vorgestellt wurde. Vor allem im Bereich des 5G-Ausbaus fühlen sich die Unternehmen aus der Volksrepublik gegängelt. Großes Potenzial für Kooperation zwischen China und der EU sieht der Kammer-Bericht bei grünen und digitalen Themen. Was bei der Vorstellung, und in dem Papier selbst, mehrfach betont wird: Es muss “gegenseitiges Vertrauen” geschaffen werden.
Brüssel wird in dem CCCEU-Report dazu angehalten, einen “offenen, fairen und diskriminierungsfreien Markt für Chinas Telekommunikationsunternehmen” zu schaffen. Der Ausschluss von Anbietern wie Huawei und ZTE habe primär politische Gründe, kritisierte Kammer-Präsident Xu Haifeng. Dass die Telekommunikationsriesen aus der Volksrepublik beim 5G-Ausbau in mehreren EU-Staaten gar nicht mitmischen dürften, basiere nicht auf technischen Problemen. “Sondern weil es chinesische Unternehmen sind”, kritisierte Xu. Im Bericht werden “klare Vorschriften, Standards und Umsetzungsrichtlinien für Cybersicherheit” verlangt. “Wir wollen mit Europäern zusammenarbeiten, um Cybersicherheitsstandards und -verfahren zu schaffen”, betonte der Kammer-Präsident.
Helfen soll dabei auch: vertieftes Vertrauen von beiden Seiten. Nur so könnten die Schwierigkeiten gelöst werden, betonte Xu. Brüssel und Peking blicken auf schwierige Monate zurück, in der Handelspolitik sowie in der Diplomatie. Gegenseitige Sanktionen und das Einfrieren des Investitionsabkommen CAI wurden laut CCCEU-Bericht als Hauptpunkte genannt, die die Stimmung im Handel zwischen EU und China trübten. Auch, dass Brüssel bei ausländischen Direktinvestitionen im Oktober 2020 abermals die Regeln verschärfte, kam bei chinesischen Unternehmen laut Umfrage nicht gut an.
Aber auch Falschinformationen machen den Konzernen aus der Volksrepublik zu schaffen. Laut der Umfrage der CCCEU glauben 59 Prozent der befragten chinesischen Unternehmen, dass Desinformation “eine Bedrohung für ihre Geschäftstätigkeit darstellt”. Einige Unternehmen erklärten, dass Zweifel und Spekulationen über Sicherheit und Wettbewerbsgeist chinesischer Unternehmen konkrete Auswirkungen auf ihre wirtschaftlichen Aktivitäten hätten. Die CCCEU vertritt nach eigenen Angaben rund 1.000 chinesische Unternehmen in den 27 EU-Mitgliedsstaaten.
Als konkrete Beispiele für “Unwahrheiten” wurden die Weitergabe von verbraucherbezogenen Daten und Technologie-Aneignung genannt. Die “negative öffentliche Meinung” habe einige der befragten Unternehmen in Bedrängnis gebracht, einigen bereits die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern gekostet. Das habe wiederum “zum Verlust von Verbrauchern und höheren Betriebskosten” geführt – und mache das Geschäftsumfeld in der EU weniger attraktiv und rentabel, warnt der Bericht.
Trotz allem: Die meisten chinesischen Unternehmen in der EU sind zuversichtlich ob der Zusammenarbeit und Entwicklung in den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen. 86 Prozent der befragten Unternehmen waren der Meinung, dass die EU für chinesische Unternehmen deutlich an Bedeutung gewonnen habe. Vor allem aufgrund der Corona-Pandemie seien die Ergebnisse der chinesischen Firmen im vergangenen Jahr jedoch “bescheiden” gewesen:
Rund 44 Prozent der befragten Unternehmen gaben dem Bericht zufolge an, dass ihre Umsätze in der EU im Jahr 2020 unverändert geblieben sind. Rund 33 Prozent verzeichneten eine Umsatzsteigerung. Knapp mehr als die Hälfte (52 Prozent) der Befragten wollen ihre Geschäftsaktivitäten in der EU wie bisher fortführen. Gut 44 Prozent beabsichtigen, ihre Investitionen in der EU sogar auszuweiten. Der Gesamtumsatz chinesischer Firmen belief sich dem Papier zufolge in den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf 150,3 Milliarden Euro. Das entspricht 1,4 Prozent mehr als im Vorjahr.
Der Optimismus wird jedoch wegen neuer EU-Regelungen geschmälert: Rund 68 Prozent der befragten Unternehmen gehen dem Bericht zufolge davon aus, dass neue EU-Regularien gegen ausländische Subventionen (China.Table berichtete) “erhebliche oder eher negative Auswirkungen” auf ihr Tagesgeschäft und ihre Bietertätigkeit haben werden. In diesem Sinne fordert der Bericht die EU auf, negative Auswirkungen dieser europäischen Instrumente zu beseitigen und eine Überregulierung zu vermeiden.
Ansätze für mehr Zusammenarbeit sieht die chinesische Kammer bei grünen und digitalen Bereichen: Diese könnten ein Motor für die Geschäftsaktivitäten chinesischer Unternehmen in der EU sein. 30 Prozent der befragten Unternehmer sehen hier vor allem eine Chance. 46 Prozent sind der Umfrage zufolge jedoch noch skeptisch und sehen sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Ähnlich sieht es im Digitalen aus. Hier sehen dem Report zufolge rund 60 Prozent der befragten Unternehmen neue Möglichkeiten, aber auch gleichzeitig Herausforderungen für ihre Geschäfte.
Die Zusammenarbeit der EU mit anderen Partnern kommt hingegen weniger gut an: Die chinesischen Unternehmen warnen, dass das “EU-US Trade and Technology Council” (kurz TTC) negative Auswirkungen haben könnte. Die Zusammenarbeit zwischen Brüssel und Washington bei Standards in Bereichen wie der Telekommunikation oder Lieferketten könnte durch den Ausschluss Chinas zu einer globalen Fragmentierung führen.
Auto, geliebter Rückzugsort. Hier kann jeder Fahrer Hits und Klassiker mitsingen, ohne andere zu stören oder sich zu blamieren. Ein Hobby, das es überall auf der Welt gibt. Allein die Art des Mitsingens ist unterschiedlich. Während in Deutschland auch mal mitgesungen wird, obwohl der Text unbekannt ist, setzen Chinesen verstärkt auf Karaoke-Anwendungen. Auch im Auto. In deutschen Fahrzeugen geht das allerdings nicht, denn deren Software ist nicht kompatibel mit chinesischen Apps.
Und geht es längst nicht nur um Karaoke-Anwendungen: Apps wie WeChat oder Tiktok, die in China von vielen Nutzern fast stündlich verwendet werden, lassen sich in vielen Autos europäischer Hersteller nicht öffnen. Bei heimischen Fahrzeugen ist die Integration hingegen selbstverständlich. Ein Umstand, der deutsche Hersteller in Zukunft Marktanteile kosten könnte.
Denn der Markt verändert sich. Elektroautos waren der erste wichtige Trend. Schon hier hinken die deutschen Hersteller hinterher. In der Liste der Marken mit den meisten Zulassungen von E-Autos in China landet kein einziger deutscher Konzern unter den Top Ten. Erst auf Rang zwölf findet man Volkswagen.
Den Vorsprung bei den Verkaufszahlen haben chinesische Hersteller genutzt, um softwareseitig neue Standards zu setzen. Wer sich beispielsweise für ein Elektroauto von Nio, Xpeng oder Li Auto entscheidet, taucht in eine ganze Markenwelt ein, die den Kunden per App durch den Alltag begleitet.
Über die Anwendungen gibt es etwa Treuepunkt, wenn der Fahrer ein Foto mit seinem Auto postet oder bestimmte Events besucht. Mit den Punkten können wiederum Preise gewonnen werden oder es gibt Rabatt im Online-Shop des Herstellers. Ein Angebot, bei dem Nio führend ist. Der Hersteller hat in seiner App mehr als 1,6 Millionen registrierte Nutzer. Sie können Sportkleidung oder Lebensmittel über die Anwendung kaufen. Für ein Update der Auto-Software müssen Kunden nicht mehr in die Werkstatt. Wie bei Tesla werden Neuerungen automatisch eingespielt.
Im Kampf um Kunden sind innovative Programmierer in China wichtiger als Fließbandarbeiter. Die Software wird in Zukunft zum Unterscheidungsmerkmal. Eine Studie des Beratungsunternehmens Capgemini kommt zu dem Schluss, dass einzigartige Software-Funktionen dazu führen können, dass Automobilhersteller einen um neun Prozent höheren Marktanteil erzielen können als Wettbewerber ohne.
Dafür müssten allerdings die Software-Entwicklung und der Fahrzeugbau entkoppelt werden. Für deutsche Hersteller wäre das ein großer Schritt, der scheinbar noch nicht einmal geplant ist, wie Capgemini herausgefunden hat. 93 Prozent der befragten Automobilhersteller nutzen die traditionelle Fahrzeugarchitektur. Nur 13 Prozent planen eine Entflechtung von Soft- und Hardware.
Das Problem scheint also hausgemacht zu sein. Im Gespräch mit China.Table erklärt ein Topmanager eines deutschen Premiumherstellers in China, dass man zwar um die Notwendigkeit der Software-Integration wisse – die Beschlussfindung in Deutschland aber einfach zu lange dauern würde. Auch, weil es oft an Verständnis für die Wichtigkeit fehle.
Das sind Diskussionen, die chinesische Hersteller nicht führen müssen. Hinzu kommt, dass die Verarbeitungsqualität steigt. Früher war ein europäisches Auto ein Statussymbol. Das ist es heute zwar auch noch, aber längst nicht mehr in dem Ausmaß wie noch vor zehn Jahren. Gerade im Premiumbereich, in dem die deutschen Hersteller unterwegs sind. In einer Zielgruppenbefragung kam das Beratungsunternehmen Kearny zu dem Ergebnis, dass 55 Prozent aller befragten Chinesen es in Betracht ziehen, in den kommenden fünf Jahren ein Oberklasseauto einer chinesischen Marke zu kaufen.
BMW hat schon reagiert. So lassen sich bereits Parkgebühren mit dem Auto bezahlen – dank der Kompatibilität mit WeChat-Pay. Seit vergangenem Jahr haben die Bayern außerdem ein Joint Venture mit Archermind Technology. Das Tech-Unternehmen soll die Konnektivität der Fahrzeuge erhöhen. Es geht um viel: Darum, im größten Automarkt der Welt nicht den Anschluss zu verlieren. Christian Domke Seidel
Die Aufregung war groß: Kristalina Georgiewa, aktuell Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), soll in ihrer Zeit bei der Weltbank willfährig geholfen haben, China im “Doing Business”-Bericht von Platz 85 auf Platz 78 heraufzustufen (China.Table berichtete). Schnell war von “Manipulation” die Rede. Doch die Bulgarin darf ihren Posten behalten. Der Verdacht gegen Georgiewa lässt sich eben nicht erhärten.
Aber es drängt sich zunehmend der Verdacht auf, dass die Amerikaner die Europäerin loswerden wollten. Ein wichtiges Indiz dafür liegt auch in den Vorwürfen selbst. Es lässt sich nämlich kein wirklicher Vorteil für China erkennen. Das Ranking ist vor allem wichtig für die Vergabe von Hilfsgeldern des IWF. Die braucht China jedoch schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Deshalb ist es egal, ob China auf Rang 60, 70 oder 80 liegt. Zudem zeigt ein tiefergehender Blick: Das Reich der Mitte hat 2020 auch ohne Manipulationen weltweit die meisten Auslandsinvestitionen einsammeln können, nämlich 163 Milliarden US-Dollar. Im Jahr zuvor waren es 140 Milliarden.
Warum sollte China also ein Ranking beeinflussen, wenn es aus der besseren Platzierung keine Vorteile ziehen kann? Mitarbeiter von Georgiewa bestreiten zudem, unter Druck gesetzt worden zu sein. Sie hatte sich zwar um das Projekt gekümmert und versucht, Objektivität gegenüber China zu wahren. Von einer gezielten Manipulation im Sinne Pekings könne jedoch keine Rede sein.
Der Fall Georgiewa ist also weniger ein Manipulation-Skandal, der zeigt, wie China den IWF unterwandert, als vielmehr eine Intrige der Weltbank gegen den IWF. So interpretiert auch der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz die Vorgänge. Es war nämlich auch die Weltbank, die ein Anwaltsbüro beauftragt hat, den Fall zu untersuchen – und damit den Fall erst ins Rollen gebracht hatte. Stiglitz erkennt eine Attacke gegen Georgiewa persönlich und gegen den IWF. “Einige sind der Ansicht, er solle bei seinen Leisten bleiben und sich nicht mit dem Klimawandel befassen”, schreibt der ehemalige Chefökonom der Weltbank. “Einigen missfällt die stärker progressive Ausrichtung, die weniger Gewicht auf Sparen legt und mehr auf Armut und Entwicklung.” Andere seien unzufrieden, weil der IWF nicht mehr streng marktorientiert den Schuldeneintreiber spiele.
Die USA wollen aber auch Europa einnorden in der Frage, wie man mit China in globalen Institutionen umgehen sollte. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat das sofort verstanden und sich demonstrativ vor Georgiewa gestellt. Sie möchte sich von den USA in IWF-Fragen nicht unter Druck setzen lassen, obwohl die Werteschnittmenge mit den USA größer ist als mit China und auch Brüssel große Differenzen mit Peking hat.
Der Machtkampf zwischen den USA und Europa in den globalen Institutionen hat eine lange Geschichte. Er schwelt seit der Bretton-Woods-Konferenz 1944, auf der die Amerikaner das heutige Finanzsystem mit den entsprechenden Institutionen handstreichartig etablierten. John Maynard Keynes, extra aus England angereist, wurde einfach ignoriert.
Die USA übernahmen damit den Weltmachtstatus, der zuvor jahrhundertelang in Europa lag: erst bei Spanien und Portugal, später bei England. Seitdem ist es den Europäern nie gelungen, die Machtfülle der USA wieder zu relativieren. Vor allem die Machtstruktur des Internationalen Währungsfonds zeugt bis heute davon. Washington hat zwar zugelassen, dass der IWF traditionell von einem Europäer geleitet wird. Doch die tatsächlichen Machtverhältnisse sprechen eine andere Sprache: Die USA haben 17,46 Prozent der Stimmanteile. Deutschland als wirtschaftlich stärkste EU-Nation lediglich 5,6 Prozent.
Da verwundert es wenig, dass auch dem aufstrebenden China bislang nicht gelungen ist, die Macht der USA im IWF zu brechen. China hat bisher nur 6,41 Prozent der Stimmrechte, obwohl man noch in diesem Jahrzehnt die USA als größte Volkswirtschaft einholen wird. An der Kaufkraft gemessen, die wirklichkeitsnähere Messmethode, liegt China schon seit einigen Jahren vor den USA.
Doch Peking gibt nicht kampflos auf und verfolgt durchaus eine Strategie, um die Machtverhältnisse in den Institutionen zu korrigieren. Spätestens in den 1990er-Jahren hat sich bei China und vielen anderen Schwellenländern die Sicht verfestigt, der IWF sei vor allem eine Institution der USA, die die Schwächen der Schwellenländer nutzt, um die eigene Machtposition zu zementieren. Auch immer mehr renommierte amerikanische Wirtschaftswissenschaftler teilen diese Sicht.
Als Beispiel wird gerne angeführt, wie us-amerikanische Berater Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion einer marktliberalen Schocktherapie unterzogen haben. Anfang der 1990er-Jahre sollten die Staatsunternehmen so schnell wie möglich privatisiert werden – auch auf die Gefahr hin, dass sie dem Wettbewerbsdruck nicht standhalten. Eine “Therapie”, die die russische Wirtschaft schwer geschädigt hat – was im Interesse der USA lag.
Peking hat die Ereignisse genau verfolgt und eigene Schlussfolgerungen daraus gezogen. Die Planer des Landes waren daher 1997 während der Asienkrise gewappnet: China wie auch Indonesien hielten sich damals nicht an die Ratschläge des IWF, ihre geschwächten Märkte zu liberalisieren – und kamen so schlussendlich gut durch die Krise. Länder wie Thailand und Südkorea, die aufgrund ihrer hohen Schulden keine andere Wahl hatten, als den Anweisungen des IWF zu folgen, litten hingegen viel länger unter ihren Folgen.
Sowohl in der Russland- als auch in der Asienkrise stimmten die Chinesen mit der westlichen Mehrheitsmeinung des IWF nicht überein. Diese Position gewann immer mehr an Überzeugungskraft auch innerhalb des IWF gewann – vor allem bei den Europäern. Anfang der folgenden Dekade baute der spätere Bundespräsident Horst Köhler den IWF vorsichtig um. Die IWF-Manager sollten ihre Ratschläge stärker an den Gegebenheiten der Länder orientieren, gab Köhler vor.
Köhlers Nachfolger Rodrigo de Rato setzte wenig Impulse. Doch 2007 übernahm der ehemalige französische Wirtschafts- und Finanzminister Dominique Strauss-Kahn den Posten des Generalsekretärs. Er trieb den Umbau weiter voran, denn er war überzeugt, dass Schwellenländer wie auch China im IWF eine größere Rolle spielen sollten – auch auf Kosten der Machtposition der USA. Denn nur wenn der IWF die tatsächlichen globalen Machtverhältnisse widerspiegele, sei er effizient, glaubt Strauss-Kann. “Nur wenig Reformen gibt es im IWF und noch weniger in der WTO”, fasst Stiglitz die Lage bezüglich der globalen Realität und der Machtverteilung in den globalen Institutionen zusammen.
Aber auch in Deutschland, der wichtigsten Wirtschaftsmacht in Europa, wird die Kritik an den USA lauter. “Würde man heute eine Organisation neu aufsetzen – mit objektiven Kriterien, wie Länder repräsentiert sein sollten -, dann wäre China sehr viel stärker im IWF und der Weltbank vertreten”, erklärt Axel Dreher, Professor für Internationale und Entwicklungspolitik an der Universität Heidelberg.
Nicht nur der IWF ist betroffen. Auch in der Welthandelsorganisation WTO versuchen die Amerikaner den Status quo mit allen Mitteln zu zementieren. Mehr noch: “In den vergangenen Jahren haben US-Behörden die Neubesetzungen von Positionen des Appellate Body blockiert”, stellt das Washingtoner Peterson Institute for International Economics (PIIE) in einer Studie fest. Die USA wollen die WTO-Mitglieder damit zwingen, neue Regeln auszuhandeln. Die sollen dann amerikanischen Interessen entsprechen. Konkret würden sie den Rahmen für juristische Überstimmung ihrer Macht zu limitieren.
Dass es immerhin bei der Weltbank Reformen gegeben hat, liegt vor allem daran, dass es Peking wider Erwarten und trotz massiven amerikanischen Drucks gelungen ist, mit der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) im Juni 2015 eine alternative Institution zu gründen. Es ist die erste Gründung einer neuen, globalen Institution im Stil der Weltbank seit dem Zweiten Weltkrieg. Und die erste globale Institution auf Initiative von China.
Mit 103 Mitgliedern ist die AIIB zwar noch kleiner als die Weltbank und der IWF mit 189 Mitgliedern. Sie expandiert jedoch immer weiter, und das auch außerhalb Asiens. Wie vergangene Woche bekannt wurde, will sich nun Ungarn 183 Millionen Euro von der AIIB leihen, um Krankenhäuser und andere Bereiche im Gesundheitswesen zu modernisieren. Der Ungarn-Deal ist für die AIIB der erste außerhalb des indopazifischen Raumes: “Für China hat das Darlehen an Ungarn eine große Signalwirkung: Schaut her, auch eine von uns dominierte Entwicklungsbank wird im Westen als Kreditgeber akzeptiert”, sagt Holger Görg, Direktor des Forschungszentrums Internationaler Handel und Investitionen am Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW).
Peking hofft, dass Länder, die stark von Darlehen der AIIB abhängen, sich auch mehr und mehr an der chinesischen Währung orientieren. Nur wenn sich der Yuan vom US-Dollar emanzipiert, kann er international stärker werden und sich vielleicht eines Tages als neue Leitwährung etablieren. Peking arbeitet systematisch auf dieses Ziel hin, auch mit der “Belt and Road”-Initiative, die weitere Länder in Chinas Radius ziehen soll. Während Washington versucht, seinen Machtverlust zu bremsen, kämpft Peking mit ebenso harten Bandagen darum, seinen Einfluss zu vergrößern.
Chinas wirtschaftlicher Aufschwung verliert an Fahrt. Im dritten Quartal ist das Bruttoinlandsprodukt nur noch um 4,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gewachsen. Das zeigen die Daten des Pekinger Statistikamt National Bureau of Statistics (NBC) vom Montag. Noch im ersten Quartal ist das BIP der zweitgrößten Volkswirtschaft um 18,3 Prozent gewachsen, im zweiten Quartal um 7,9 Prozent.
Das Wirtschaftswachstum von Juli bis September blieb mit 4,9 Prozent nur knapp unter den Erwartungen der Analysten, die mehrheitlich ein Wachstum von fünf Prozent vorhergesagt hatten. Doch die Daten spiegeln die Herausforderungen wider, die die Unternehmen in China derzeit bewältigen müssen. Peking hatte in den vergangenen Monaten eine Reihe von Maßnahmen eingeführt und damit große Teile der Wirtschaft unter Druck gesetzt. Auch die Liquiditätsprobleme des zweitgrößten Immobilienentwickler Evergrande haben sich negativ auf die gesamte Branche ausgewirkt (China.Table berichtete). Der Umsatz der 100 größten Bauträger im Land ist allein im September um 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingebrochen. Dabei ist der September traditionell die Zeit, in der am meisten Eigenheime verkauft werden.
“Die Verlangsamung im Immobiliensektor wird sich auf die Aktivitäten von Unternehmen in anderen Bereichen wie Bauunternehmen, Baumaterialien und Wohnungsausstattung auswirken”, sagte Yue Su von der Economist Intelligence Unit. Immobilien machen zusammen mit verwandten Industrien bis zu 30 Prozent des BIP des Landes aus.
Zusätzlich zwingt der Strommangel Fabriken, ihre Produktion zu drosseln oder gar ganz zu schließen (China.Table berichtete). Auch ausländische Unternehmen sind von den Stromrationierungen betroffen. Deutsche und europäische Unternehmen berichten laut der Außenhandelskammer China und der EU-Handelskammer in China, dass ihnen häufig kurzfristig – am Abend zuvor oder auch mal eine Stunde vor Schichtbeginn – von den Behörden mitgeteilt wird, dass ihnen der Strom abgestellt werde.
“Als Reaktion auf die schlechten Wachstumszahlen, die wir für die kommenden Monate erwarten, werden die politischen Entscheidungsträger unserer Meinung nach weitere Maßnahmen zur Stützung des Wachstums ergreifen”, sagte Louis Kuijs, Leiter des Bereichs Asienwirtschaft bei Oxford Economics. “Dazu gehören die Sicherstellung einer ausreichenden Liquidität auf dem Interbankenmarkt, die Beschleunigung des Ausbaus der Infrastruktur und die Lockerung einiger Aspekte der allgemeinen Kredit- und Immobilienpolitik.”
Peking wird nach Einschätzungen von Ökonomen nach wie vor das gesetzte jährliche Wachstumsziel von mehr als sechs Prozent erreichen. Allein in den ersten drei Quartalen 2021 stieg das BIP um 9,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Jedoch warnte Fu Linghui, ein Sprecher der Statistikbehörde, davor, dass die wirtschaftliche Erholung “noch instabil und ungleichmäßig” sei. “Die Herausforderungen, die Wirtschaft am Laufen zu halten, sind gestiegen.” niw
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Chinas Ministerpräsidenten Li Keqiang haben am Montag in einer Videoschalte über die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen gesprochen. Im weiteren Verlauf des Gesprächs habe man auch über eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Klimaschutz und Energie beraten. Auch eine weitergehende Kooperation im Rahmen der Staatengruppe G20 sowie im Kampf gegen die Corona-Pandemie sei diskutiert worden, teilte ein Regierungssprecher in Berlin mit. Im Anschluss habe es noch eine Gesprächsrunde mit Wirtschaftsvertretern gegeben. Details wurden allerdings nicht genannt.
Vergangene Woche hatte Merkel bereits mit Chinas Staatspräsident Xi Jinping gesprochen (China.Table berichtete). Beide Male habe sich die Bundeskanzlerin zum Ende ihrer Amtszeit auch von ihren Gesprächspartnern in Peking verabschieden wollen. Merkel war 16 Jahre Bundeskanzlerin, ein persönlicher Besuch in Peking sei pandemiebedingt nicht mehr möglich. rad
Die Alibaba Group will einen eigenen Prozessorchip für sein Cloud-Computing-Geschäft auf den Markt bringen. Das berichtet das Wirtschaftsmagazin Caixin. Demnach will sich das chinesische Unternehmen mit seinem neuen Chip, der im 5-Nanometer-Verfahren hergestellt werden soll, besser auf den Wettbewerb mit Amazon und Huawei einstellen.
Der neue Chip basiert auf der Architektur von ARM-Holdings und wird seit 2019 von Alibabas Chiphersteller-Tochter Pingtouge entwickelt. Das Tape-Out des Produkts – die letzte Phase des Designprozesses, bevor es zur Herstellung eingereicht wird – sei Mitte des Jahres mit dem fortschrittlichsten Herstellungsverfahren der Welt abgeschlossen, berichtet Caixin.
Die Massenproduktion des ARM-basierten Chips würde sich direkt in das Alibaba-Software-Ökosystem einfügen, so die Kosten weiter senken und die Effizienz steigern, so Insider.
Bereits im Mai hatte Jeff Zhang, Präsident von Alibaba Cloud Intelligence verkündet, auf selbstgebaute Chips umsteigen zu wollen und sein Cloud-Computing-System Apsara mit Prozessoren kompatibel zu machen, die nicht nur auf der lange vorherrschenden Intel x86-Architektur, sondern auch auf ARM und anderen Chip-Designs basieren.
Derzeit beherrscht Intel fast 90 Prozent des globalen Chipmarktes. ARM holt aber mit Kunpeng-Chips von Huawei, AWS Graviton von Amazon und Power-Prozessoren von IBM auf. niw
Die Regierung in Hongkong bemüht sich um eine vereinfachte Einreise seiner Bürger:innen in die Volksrepublik China. Am Sonntag wurden Vorschläge der Stadt an chinesische Behörden bekannt, wie die strengen Quarantäneregeln während der Corona-Pandemie umgangen werden können. Technologie-Minister Alfred Sit Wing-hang hat dazu die Einführung eines digitalen Gesundheitscodes vorgeschlagen, der auf freiwilliger Dateneingabe beruhe. Demnach sollen Reisewillige ihre Aufenthaltsorte zwei bis drei Wochen vor dem geplanten Grenzübertritt eigenständig angeben können.
Allerdings dämpfte Hongkongs einziges Mitglied im Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses (NVK), Tam Yiu-chung, bereits die Erwartungen. Er glaube nicht, dass Peking einen Gesundheitscode akzeptieren werde, der nicht voll und ganz dem Kontrollstandard innerhalb der Volksrepublik entspreche. Peking verlange ein lückenloses Protokoll und sei nicht bereit, Zugeständnisse wie Selbstverantwortung an Hongkong zu machen. Stattdessen würden es die chinesischen Behörden bevorzugen, die Metropole in ihr eigenes System der Nachverfolgung zu integrieren.
Die Diskussion um mögliche Erleichterungen war am Wochenende aufgekommen. Vier Delegierte der Stadt wurde die Teilnahme an einer regulären NVK-Versammlung in dieser Woche verwehrt, nachdem ein Covid-Fall am Hongkonger Flughafen aufgetreten war und die Infektion des betroffenen Arbeiters nicht zurückverfolgt werden konnte. Dadurch könnten wichtige Entscheidungen, die Hongkong betreffen, ohne Vertreter der Stadt diskutiert werden.
Hongkonger Bürger:innen werden bei der Einreise in die Volksrepublik zurzeit behandelt wie Einreisende aus anderen Teilen der Welt. Das heißt, auch sie müssen in der Regel in eine wochenlange Quarantäne. Darunter leiden vor allem Unternehmen der Stadt, die enge Verbindungen mit China pflegen und deren Mitarbeiter:innen auf Besuche in China angewiesen sind. Um die wirtschaftliche Entwicklung Hongkongs nicht zu gefährden, sucht die Stadtregierung nach Lösungen. Eine Integration in die chinesische Nachverfolgung wird jedoch kritische gesehen aus Angst vor einem Missbrauch der Daten. grz
Chinas Behörden haben der US-Investmentbank Goldman Sachs erlaubt, die volle Kontrolle über ihr Wertpapiergeschäft in der Volksrepublik zu übernehmen. Goldman will nun die restlichen Anteile an dem Joint Venture Goldman Sachs Gao Hua Securities Company Ltd (GSGH) erwerben. Das berichtet die Zeitung Wall Street Journal. Bereits im Dezember vergangenen Jahres hatte das Geldhaus die Genehmigung zur Aufstockung seines Anteils an dem Geschäft beantragt. Am Montag habe die chinesische Finanzmarktaufsicht, die China Securities Regulatory Commission, nun ihre Zustimmung gegeben, teilte das Unternehmen mit.
“Dies markiert den Beginn eines neuen Kapitels für unser China-Geschäft nach einem erfolgreichen 17-jährigen Joint Venture”, schreiben Goldman-CEO David Solomon, Chief Operating Officer John Waldron und Chief Financial Officer Stephen Scherr in einer gemeinsamen Erklärung. Goldman gab nicht bekannt, wie viel es für die ausstehenden 49 Prozent der Anteile bezahlt hat.
Goldman Sachs ist damit die zweite Wall-Street-Bank, die von den chinesischen Behörden die Genehmigung für einen solchen Schritt erhalten hat. Im August hatte bereits die US-Investmentbank JP Morgan sein Wertpapiergeschäft in China vollständig übernommen. Ausländische Banken streben seit langem nach einer größeren Präsenz in der Volksrepublik und bauen ihre Chinageschäfte aufgrund der Finanzmarktreformen Pekings derzeit aus (China.Table berichtete).
So ist Goldman schon in anderen Bereichen tätig geworden. Im Mai genehmigten die chinesischen Aufsichtsbehörden ein Joint Venture zur Vermögensverwaltung zwischen dem US-Institut und dem staatlich unterstützten Bankenkonzern Industrial & Commercial Bank of China (ICBC), an dem Goldman zu 51 Prozent beteiligt sein wird. niw
China ist in gewisser Weise Opfer seines eigenen Erfolgs: Eine alternde Bevölkerung und eine immer besser ausgebildete Belegschaft verlangen nach immer mehr Angestellten im schnell wachsenden Dienstleistungssektor. Es entstehen Jobs, die ein höheres Maß an Flexibilität bieten, wie Essenslieferungen und Kurierdienste. Gleichzeitig bleiben Wanderarbeiter, die früher in große Städte gezogen sind, um Arbeit zu finden, jetzt näher an ihrem Zuhause.
All diese Faktoren tragen zum Rückgang bei Fabrikarbeitern bei und stellen sowohl für die Regierung als auch für Chinas Geschäftswelt seit vielen Jahren ein Problem dar. Sie sehen sich Forderungen nach Umsetzungslösungen gegenüber wie etwas einem höheren Automatisierungsgrad und einer Anhebung des Rentenalters.
Angesichts steigender Arbeitskosten und einer sich ändernden Zusammensetzung der Belegschaft erhöhen einige Unternehmen bereits die Anreize, um Arbeitskräfte zurückzugewinnen und bereits vorhandene zu behalten. Einige überdenken möglicherweise auch ihre Position in China insgesamt oder suchen nach alternativen Lösungen, um dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken.
Wie die chinesischen Volkszählungsergebnisse aus diesem Jahr zeigen, hat eine alternde Bevölkerung in Verbindung mit niedrigen Geburtenraten, die teilweise auf die chinesische Familienplanungspolitik zurückzuführen sind, zu einem schrumpfenden Arbeitskräftepool geführt.
Dies hat zusammen mit anderen Faktoren, wie der Verlangsamung der Migrationsströme vom Land in die Städte und der zunehmenden Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen im Dienstleistungssektor, den Druck auf das Arbeitskräfteangebot im verarbeitenden Gewerbe erhöht.
Dieser Trend ist den Werksleitern schon seit einiger Zeit bewusst. Derzeit ist einer der schwierigsten Aspekte beim Betrieb einer Fabrik in China die Verfügbarkeit von Arbeitskräften und die daraus resultierende Erhöhung der Löhne, die erforderlich ist, um Arbeitskräfte anzuziehen oder zu halten.
Unternehmen verfolgen eine Reihe verschiedener Strategien, um solche Einstellungsprobleme zu vermeiden. Die Hauptstrategie besteht darin, die Mitarbeiterbindung zu erhöhen. Um dies zu erreichen, müssen Unternehmen sowohl auf finanzielle als auch auf nicht-finanzielle Bedürfnisse der Mitarbeiter eingehen.
So wenden sich Unternehmen zunehmend an Personalvermittlungsagenturen, um mehr spezialisierte Arbeitskräfte einzustellen und kurzfristigen Einstellungsbedarf zu decken, insbesondere wenn schwerwiegende Personalengpässe vorliegen, die dringend behoben werden müssen. Einige Unternehmen nutzen Personalagenturen auch eher in beratender Funktion, hauptsächlich um robuste Rekrutierungskanäle und -verfahren aufzubauen, die sie dann intern verwalten können.
Unternehmen können auch von der Schaffung solider Personalrichtlinien profitieren, die darauf abzielen, faire Vergütungspraktiken zu gewährleisten und neue Mitarbeiter zu gewinnen. Solche Richtlinien sollten Mechanismen umfassen für:
Unternehmen versuchen zudem, bessere HR-Strategien zu nutzen, um die nicht-finanziellen Anliegen ihrer Mitarbeiter zu adressieren. Mitarbeiter suchen zunehmend nach Zugang zu Aus- und Weiterbildung und haben höhere Ansprüche an klare Karrieremöglichkeiten und offene Kommunikationskanäle, um ihre Anliegen zu äußern.
Eine wirksame Personalstrategie, die diesen Belangen Rechnung trägt, wird sich nicht nur auf die Verweildauer eines Mitarbeiters im Unternehmen auswirken, sondern auch den Wert, den er im Laufe seiner Beschäftigung darstellt, erheblich steigern. Es hilft dem Management auch, einige ihrer Bedenken zu erkennen und zu lösen. Intelligente Unternehmen versuchen aktiv, diese Art von Vorteilen, insbesondere für Aus- und Weiterbildung, mit Personalbindungsrichtlinien zu verknüpfen.
Die Themen Arbeitsbedingungen und lange Arbeitszeiten haben in den vergangenen Jahren viel Aufmerksamkeit erfahren und sind fester Bestandteil einer öffentlichen Diskussion (China.Table berichtete). Dies hat wiederum zu einem wachsenden Verständnis der Unternehmen für den Wunsch der Mitarbeiter nach einer Verbesserung der Arbeitskultur und der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben geführt.
Diesen Problemen kann durch Maßnahmen begegnet werden, wie zum Beispiel Arbeits- oder Arbeitszeitflexibilität, oder das Erkennen und Unterstützen von häuslichen Belangen, wie zum Beispiel Kinderbetreuung, oder das Angebot einer familienfreundlichen Unterbringung, wenn das Unternehmen seinen Mitarbeitern eine Unterkunft zur Verfügung stellt.
Doch der wachsende Mangel an Fabrikarbeitern ist nicht nur eine schlechte Nachricht. China ist bereits auf dem Weg, führend in der High-End-Technologie und -Automatisierung zu werden, wofür mehr hoch qualifizierte und erfahrene Arbeitskräfte benötigt werden. Präsident Xi Jinping hat kürzlich Ziele zur Förderung und Ausbildung von Spitzentalenten dargelegt und dabei Chinas Fortschritt in Richtung High-End- und High-Tech-Industrien hervorgehoben.
Gleichzeitig bringen die sich ändernden Einstellungen zur Arbeit die Arbeitgeber dazu, eine gesunde Arbeitsplatz- und Bürokultur zu schaffen sowie Anreize und Wachstumschancen zu bieten.
Unternehmen, die diese wirtschaftlichen und kulturellen Veränderungen erkennen und geeignete Schritte unternehmen, um ihre chinesischen Mitarbeiter zu belohnen und weiterzubilden, werden besser aufgestellt sein, um in Chinas künftiger Geschäftswelt erfolgreich zu sein.
Wenn Sie mehr über die Einhaltung des Arbeitsrechts in China erfahren und Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Arbeitsrecht vermeiden möchten, lesen Sie bitte unseren Leitfaden zu Personalwesen und Gehaltsabrechnung in China oder kontaktieren Sie unsere Personalexperten und Anwälte unter china@dezshira.com.
Dieser Artikel ist zuerst im Asia Briefing erschienen, das von Dezan Shira Associates herausgegeben wird. Das Unternehmen berät internationale Investoren in Asien und unterhält Büros in China, Hongkong, Indonesien, Singapur, Russland und Vietnam.
Kevin Sneader, der ehemalige Chef der Unternehmensberatung McKinsey & Co, wird Co-Präsident für Asien-Pazifik bei Goldman Sachs. Sneader, der seit 2018 Chef von McKinsey in Asien war, hat zwar keine Bankerfahrung, aber als Co-Präsident wird es mehr um den Aufbau eines Netzwerks gehen. Seit er 1989 bei McKinsey angefangen hat, hat er unter anderem in Peking und Hongkong für die Unternehmensberatung gearbeitet. Zuletzt war der 54-Jährige bei einer routinemäßig anstehenden Wiederwahl überraschend gescheitert.
Teresa Lu leitet ein globales China-Team von 25 Beratern aus den USA und Europa für die PR und Lobbyagentur APCO. Unter Lu sollen CEOs bei ihrer China-Marktstrategie beraten sowie chinesische Unternehmen bei ihrer weltweiten Expansion unterstützen werden. Lu kehrte im September als Managing Director zu APCO zurück. Lu kommt von Walmart, wo sie als Senior Director of Government Affairs, Public Policy and Sustainability für Walmart China mit Sitz in Peking tätig war. Von Walmarts Zentrale in Arkansas aus leitete sie zuletzt die Regierungsangelegenheiten des Einzelhandelsriesen in Ostasien und China.

Im antiken Olympia ist am Montag das olympische Feuer für die Winterspiele in Peking entzündet worden. Doch friedlich blieb die Zeremonie nicht. Aktivisten hatte am Rande der Zeremonie für ein freies Tibet demonstriert. Sie wurden von der griechischen Polizei verhaftet. Fotografen erfassten den Protest; im offiziellen Video des Internationalen Olympischen Komitee IOC ist die Aktion nicht zu sehen.
über die Probleme deutscher Unternehmen in China wird häufig berichtet. Doch wie sieht es umgekehrt aus? Wie beurteilen chinesische Unternehmen die Bedingungen in Europa? Amelie Richter hat sich den am Montag vorgestellten Bericht der chinesischen Handelskammer in der EU angeschaut – mit durchaus bemerkenswerten Ergebnissen: Vor allem “Falschinformationen und Überregulierung” bereiten den Konzernen große Sorgen. Auch das Thema 5G sorgt für nachhaltige Verstimmung. Aber es gibt auch Felder, in denen Chinas Konzerne große Chance sehen und ihre Investitionen verstärken wollen.
Christian Domke Seidel geht den Problemen der deutschen Autobauer in China auf den Grund. Denn auf dem wichtigsten Absatzmarkt geht es nicht mehr um PS und Turbodirekteinspritzer. In Zukunft werden Programmierer wichtiger sein als Motorenentwickler – und genau das wird zum Problem für Deutschlands Hersteller. Lediglich BMW hat bislang ansatzweise auf diesen Trend reagiert.
Die Vorwürfe gegen Kristalina Georgiewa waren schwerwiegend: In ihrer Zeit bei der Weltbank soll die Bulgarin eine wichtige Rangliste zu Gunsten Chinas manipuliert haben. Zwar haben sich die Anschuldigungen nicht erhärtet. Doch der Vorgang illustriere eine viel gravierendere Entwicklung, analysiert Frank Sieren. Er zeigt, wie internationale Institutionen wie die Weltbank, der IWF oder auch die WTO zunehmend zum Spielball des Konflikts zwischen China und den USA werden. Demnach versuchten die Amerikaner im Fall Georgiewa vor allem, ihre eigene Macht zu sichern. Doch auch China sägt längst am Fundament der internationalen Ordnung.
Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht
Chinesische Unternehmen in Europa sehen ihre Geschäfte generell optimistisch – geplante neue Regularien aus Brüssel und zunehmend schwierige politische Fahrwasser trüben aber die Aussichten. Das geht aus einem Bericht der chinesischen Handelskammer in der Europäischen Union (CCCEU) hervor, der am Montag gemeinsam mit der Beratungsfirma Roland Berger in Brüssel vorgestellt wurde. Vor allem im Bereich des 5G-Ausbaus fühlen sich die Unternehmen aus der Volksrepublik gegängelt. Großes Potenzial für Kooperation zwischen China und der EU sieht der Kammer-Bericht bei grünen und digitalen Themen. Was bei der Vorstellung, und in dem Papier selbst, mehrfach betont wird: Es muss “gegenseitiges Vertrauen” geschaffen werden.
Brüssel wird in dem CCCEU-Report dazu angehalten, einen “offenen, fairen und diskriminierungsfreien Markt für Chinas Telekommunikationsunternehmen” zu schaffen. Der Ausschluss von Anbietern wie Huawei und ZTE habe primär politische Gründe, kritisierte Kammer-Präsident Xu Haifeng. Dass die Telekommunikationsriesen aus der Volksrepublik beim 5G-Ausbau in mehreren EU-Staaten gar nicht mitmischen dürften, basiere nicht auf technischen Problemen. “Sondern weil es chinesische Unternehmen sind”, kritisierte Xu. Im Bericht werden “klare Vorschriften, Standards und Umsetzungsrichtlinien für Cybersicherheit” verlangt. “Wir wollen mit Europäern zusammenarbeiten, um Cybersicherheitsstandards und -verfahren zu schaffen”, betonte der Kammer-Präsident.
Helfen soll dabei auch: vertieftes Vertrauen von beiden Seiten. Nur so könnten die Schwierigkeiten gelöst werden, betonte Xu. Brüssel und Peking blicken auf schwierige Monate zurück, in der Handelspolitik sowie in der Diplomatie. Gegenseitige Sanktionen und das Einfrieren des Investitionsabkommen CAI wurden laut CCCEU-Bericht als Hauptpunkte genannt, die die Stimmung im Handel zwischen EU und China trübten. Auch, dass Brüssel bei ausländischen Direktinvestitionen im Oktober 2020 abermals die Regeln verschärfte, kam bei chinesischen Unternehmen laut Umfrage nicht gut an.
Aber auch Falschinformationen machen den Konzernen aus der Volksrepublik zu schaffen. Laut der Umfrage der CCCEU glauben 59 Prozent der befragten chinesischen Unternehmen, dass Desinformation “eine Bedrohung für ihre Geschäftstätigkeit darstellt”. Einige Unternehmen erklärten, dass Zweifel und Spekulationen über Sicherheit und Wettbewerbsgeist chinesischer Unternehmen konkrete Auswirkungen auf ihre wirtschaftlichen Aktivitäten hätten. Die CCCEU vertritt nach eigenen Angaben rund 1.000 chinesische Unternehmen in den 27 EU-Mitgliedsstaaten.
Als konkrete Beispiele für “Unwahrheiten” wurden die Weitergabe von verbraucherbezogenen Daten und Technologie-Aneignung genannt. Die “negative öffentliche Meinung” habe einige der befragten Unternehmen in Bedrängnis gebracht, einigen bereits die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern gekostet. Das habe wiederum “zum Verlust von Verbrauchern und höheren Betriebskosten” geführt – und mache das Geschäftsumfeld in der EU weniger attraktiv und rentabel, warnt der Bericht.
Trotz allem: Die meisten chinesischen Unternehmen in der EU sind zuversichtlich ob der Zusammenarbeit und Entwicklung in den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen. 86 Prozent der befragten Unternehmen waren der Meinung, dass die EU für chinesische Unternehmen deutlich an Bedeutung gewonnen habe. Vor allem aufgrund der Corona-Pandemie seien die Ergebnisse der chinesischen Firmen im vergangenen Jahr jedoch “bescheiden” gewesen:
Rund 44 Prozent der befragten Unternehmen gaben dem Bericht zufolge an, dass ihre Umsätze in der EU im Jahr 2020 unverändert geblieben sind. Rund 33 Prozent verzeichneten eine Umsatzsteigerung. Knapp mehr als die Hälfte (52 Prozent) der Befragten wollen ihre Geschäftsaktivitäten in der EU wie bisher fortführen. Gut 44 Prozent beabsichtigen, ihre Investitionen in der EU sogar auszuweiten. Der Gesamtumsatz chinesischer Firmen belief sich dem Papier zufolge in den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf 150,3 Milliarden Euro. Das entspricht 1,4 Prozent mehr als im Vorjahr.
Der Optimismus wird jedoch wegen neuer EU-Regelungen geschmälert: Rund 68 Prozent der befragten Unternehmen gehen dem Bericht zufolge davon aus, dass neue EU-Regularien gegen ausländische Subventionen (China.Table berichtete) “erhebliche oder eher negative Auswirkungen” auf ihr Tagesgeschäft und ihre Bietertätigkeit haben werden. In diesem Sinne fordert der Bericht die EU auf, negative Auswirkungen dieser europäischen Instrumente zu beseitigen und eine Überregulierung zu vermeiden.
Ansätze für mehr Zusammenarbeit sieht die chinesische Kammer bei grünen und digitalen Bereichen: Diese könnten ein Motor für die Geschäftsaktivitäten chinesischer Unternehmen in der EU sein. 30 Prozent der befragten Unternehmer sehen hier vor allem eine Chance. 46 Prozent sind der Umfrage zufolge jedoch noch skeptisch und sehen sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Ähnlich sieht es im Digitalen aus. Hier sehen dem Report zufolge rund 60 Prozent der befragten Unternehmen neue Möglichkeiten, aber auch gleichzeitig Herausforderungen für ihre Geschäfte.
Die Zusammenarbeit der EU mit anderen Partnern kommt hingegen weniger gut an: Die chinesischen Unternehmen warnen, dass das “EU-US Trade and Technology Council” (kurz TTC) negative Auswirkungen haben könnte. Die Zusammenarbeit zwischen Brüssel und Washington bei Standards in Bereichen wie der Telekommunikation oder Lieferketten könnte durch den Ausschluss Chinas zu einer globalen Fragmentierung führen.
Auto, geliebter Rückzugsort. Hier kann jeder Fahrer Hits und Klassiker mitsingen, ohne andere zu stören oder sich zu blamieren. Ein Hobby, das es überall auf der Welt gibt. Allein die Art des Mitsingens ist unterschiedlich. Während in Deutschland auch mal mitgesungen wird, obwohl der Text unbekannt ist, setzen Chinesen verstärkt auf Karaoke-Anwendungen. Auch im Auto. In deutschen Fahrzeugen geht das allerdings nicht, denn deren Software ist nicht kompatibel mit chinesischen Apps.
Und geht es längst nicht nur um Karaoke-Anwendungen: Apps wie WeChat oder Tiktok, die in China von vielen Nutzern fast stündlich verwendet werden, lassen sich in vielen Autos europäischer Hersteller nicht öffnen. Bei heimischen Fahrzeugen ist die Integration hingegen selbstverständlich. Ein Umstand, der deutsche Hersteller in Zukunft Marktanteile kosten könnte.
Denn der Markt verändert sich. Elektroautos waren der erste wichtige Trend. Schon hier hinken die deutschen Hersteller hinterher. In der Liste der Marken mit den meisten Zulassungen von E-Autos in China landet kein einziger deutscher Konzern unter den Top Ten. Erst auf Rang zwölf findet man Volkswagen.
Den Vorsprung bei den Verkaufszahlen haben chinesische Hersteller genutzt, um softwareseitig neue Standards zu setzen. Wer sich beispielsweise für ein Elektroauto von Nio, Xpeng oder Li Auto entscheidet, taucht in eine ganze Markenwelt ein, die den Kunden per App durch den Alltag begleitet.
Über die Anwendungen gibt es etwa Treuepunkt, wenn der Fahrer ein Foto mit seinem Auto postet oder bestimmte Events besucht. Mit den Punkten können wiederum Preise gewonnen werden oder es gibt Rabatt im Online-Shop des Herstellers. Ein Angebot, bei dem Nio führend ist. Der Hersteller hat in seiner App mehr als 1,6 Millionen registrierte Nutzer. Sie können Sportkleidung oder Lebensmittel über die Anwendung kaufen. Für ein Update der Auto-Software müssen Kunden nicht mehr in die Werkstatt. Wie bei Tesla werden Neuerungen automatisch eingespielt.
Im Kampf um Kunden sind innovative Programmierer in China wichtiger als Fließbandarbeiter. Die Software wird in Zukunft zum Unterscheidungsmerkmal. Eine Studie des Beratungsunternehmens Capgemini kommt zu dem Schluss, dass einzigartige Software-Funktionen dazu führen können, dass Automobilhersteller einen um neun Prozent höheren Marktanteil erzielen können als Wettbewerber ohne.
Dafür müssten allerdings die Software-Entwicklung und der Fahrzeugbau entkoppelt werden. Für deutsche Hersteller wäre das ein großer Schritt, der scheinbar noch nicht einmal geplant ist, wie Capgemini herausgefunden hat. 93 Prozent der befragten Automobilhersteller nutzen die traditionelle Fahrzeugarchitektur. Nur 13 Prozent planen eine Entflechtung von Soft- und Hardware.
Das Problem scheint also hausgemacht zu sein. Im Gespräch mit China.Table erklärt ein Topmanager eines deutschen Premiumherstellers in China, dass man zwar um die Notwendigkeit der Software-Integration wisse – die Beschlussfindung in Deutschland aber einfach zu lange dauern würde. Auch, weil es oft an Verständnis für die Wichtigkeit fehle.
Das sind Diskussionen, die chinesische Hersteller nicht führen müssen. Hinzu kommt, dass die Verarbeitungsqualität steigt. Früher war ein europäisches Auto ein Statussymbol. Das ist es heute zwar auch noch, aber längst nicht mehr in dem Ausmaß wie noch vor zehn Jahren. Gerade im Premiumbereich, in dem die deutschen Hersteller unterwegs sind. In einer Zielgruppenbefragung kam das Beratungsunternehmen Kearny zu dem Ergebnis, dass 55 Prozent aller befragten Chinesen es in Betracht ziehen, in den kommenden fünf Jahren ein Oberklasseauto einer chinesischen Marke zu kaufen.
BMW hat schon reagiert. So lassen sich bereits Parkgebühren mit dem Auto bezahlen – dank der Kompatibilität mit WeChat-Pay. Seit vergangenem Jahr haben die Bayern außerdem ein Joint Venture mit Archermind Technology. Das Tech-Unternehmen soll die Konnektivität der Fahrzeuge erhöhen. Es geht um viel: Darum, im größten Automarkt der Welt nicht den Anschluss zu verlieren. Christian Domke Seidel
Die Aufregung war groß: Kristalina Georgiewa, aktuell Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), soll in ihrer Zeit bei der Weltbank willfährig geholfen haben, China im “Doing Business”-Bericht von Platz 85 auf Platz 78 heraufzustufen (China.Table berichtete). Schnell war von “Manipulation” die Rede. Doch die Bulgarin darf ihren Posten behalten. Der Verdacht gegen Georgiewa lässt sich eben nicht erhärten.
Aber es drängt sich zunehmend der Verdacht auf, dass die Amerikaner die Europäerin loswerden wollten. Ein wichtiges Indiz dafür liegt auch in den Vorwürfen selbst. Es lässt sich nämlich kein wirklicher Vorteil für China erkennen. Das Ranking ist vor allem wichtig für die Vergabe von Hilfsgeldern des IWF. Die braucht China jedoch schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Deshalb ist es egal, ob China auf Rang 60, 70 oder 80 liegt. Zudem zeigt ein tiefergehender Blick: Das Reich der Mitte hat 2020 auch ohne Manipulationen weltweit die meisten Auslandsinvestitionen einsammeln können, nämlich 163 Milliarden US-Dollar. Im Jahr zuvor waren es 140 Milliarden.
Warum sollte China also ein Ranking beeinflussen, wenn es aus der besseren Platzierung keine Vorteile ziehen kann? Mitarbeiter von Georgiewa bestreiten zudem, unter Druck gesetzt worden zu sein. Sie hatte sich zwar um das Projekt gekümmert und versucht, Objektivität gegenüber China zu wahren. Von einer gezielten Manipulation im Sinne Pekings könne jedoch keine Rede sein.
Der Fall Georgiewa ist also weniger ein Manipulation-Skandal, der zeigt, wie China den IWF unterwandert, als vielmehr eine Intrige der Weltbank gegen den IWF. So interpretiert auch der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz die Vorgänge. Es war nämlich auch die Weltbank, die ein Anwaltsbüro beauftragt hat, den Fall zu untersuchen – und damit den Fall erst ins Rollen gebracht hatte. Stiglitz erkennt eine Attacke gegen Georgiewa persönlich und gegen den IWF. “Einige sind der Ansicht, er solle bei seinen Leisten bleiben und sich nicht mit dem Klimawandel befassen”, schreibt der ehemalige Chefökonom der Weltbank. “Einigen missfällt die stärker progressive Ausrichtung, die weniger Gewicht auf Sparen legt und mehr auf Armut und Entwicklung.” Andere seien unzufrieden, weil der IWF nicht mehr streng marktorientiert den Schuldeneintreiber spiele.
Die USA wollen aber auch Europa einnorden in der Frage, wie man mit China in globalen Institutionen umgehen sollte. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat das sofort verstanden und sich demonstrativ vor Georgiewa gestellt. Sie möchte sich von den USA in IWF-Fragen nicht unter Druck setzen lassen, obwohl die Werteschnittmenge mit den USA größer ist als mit China und auch Brüssel große Differenzen mit Peking hat.
Der Machtkampf zwischen den USA und Europa in den globalen Institutionen hat eine lange Geschichte. Er schwelt seit der Bretton-Woods-Konferenz 1944, auf der die Amerikaner das heutige Finanzsystem mit den entsprechenden Institutionen handstreichartig etablierten. John Maynard Keynes, extra aus England angereist, wurde einfach ignoriert.
Die USA übernahmen damit den Weltmachtstatus, der zuvor jahrhundertelang in Europa lag: erst bei Spanien und Portugal, später bei England. Seitdem ist es den Europäern nie gelungen, die Machtfülle der USA wieder zu relativieren. Vor allem die Machtstruktur des Internationalen Währungsfonds zeugt bis heute davon. Washington hat zwar zugelassen, dass der IWF traditionell von einem Europäer geleitet wird. Doch die tatsächlichen Machtverhältnisse sprechen eine andere Sprache: Die USA haben 17,46 Prozent der Stimmanteile. Deutschland als wirtschaftlich stärkste EU-Nation lediglich 5,6 Prozent.
Da verwundert es wenig, dass auch dem aufstrebenden China bislang nicht gelungen ist, die Macht der USA im IWF zu brechen. China hat bisher nur 6,41 Prozent der Stimmrechte, obwohl man noch in diesem Jahrzehnt die USA als größte Volkswirtschaft einholen wird. An der Kaufkraft gemessen, die wirklichkeitsnähere Messmethode, liegt China schon seit einigen Jahren vor den USA.
Doch Peking gibt nicht kampflos auf und verfolgt durchaus eine Strategie, um die Machtverhältnisse in den Institutionen zu korrigieren. Spätestens in den 1990er-Jahren hat sich bei China und vielen anderen Schwellenländern die Sicht verfestigt, der IWF sei vor allem eine Institution der USA, die die Schwächen der Schwellenländer nutzt, um die eigene Machtposition zu zementieren. Auch immer mehr renommierte amerikanische Wirtschaftswissenschaftler teilen diese Sicht.
Als Beispiel wird gerne angeführt, wie us-amerikanische Berater Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion einer marktliberalen Schocktherapie unterzogen haben. Anfang der 1990er-Jahre sollten die Staatsunternehmen so schnell wie möglich privatisiert werden – auch auf die Gefahr hin, dass sie dem Wettbewerbsdruck nicht standhalten. Eine “Therapie”, die die russische Wirtschaft schwer geschädigt hat – was im Interesse der USA lag.
Peking hat die Ereignisse genau verfolgt und eigene Schlussfolgerungen daraus gezogen. Die Planer des Landes waren daher 1997 während der Asienkrise gewappnet: China wie auch Indonesien hielten sich damals nicht an die Ratschläge des IWF, ihre geschwächten Märkte zu liberalisieren – und kamen so schlussendlich gut durch die Krise. Länder wie Thailand und Südkorea, die aufgrund ihrer hohen Schulden keine andere Wahl hatten, als den Anweisungen des IWF zu folgen, litten hingegen viel länger unter ihren Folgen.
Sowohl in der Russland- als auch in der Asienkrise stimmten die Chinesen mit der westlichen Mehrheitsmeinung des IWF nicht überein. Diese Position gewann immer mehr an Überzeugungskraft auch innerhalb des IWF gewann – vor allem bei den Europäern. Anfang der folgenden Dekade baute der spätere Bundespräsident Horst Köhler den IWF vorsichtig um. Die IWF-Manager sollten ihre Ratschläge stärker an den Gegebenheiten der Länder orientieren, gab Köhler vor.
Köhlers Nachfolger Rodrigo de Rato setzte wenig Impulse. Doch 2007 übernahm der ehemalige französische Wirtschafts- und Finanzminister Dominique Strauss-Kahn den Posten des Generalsekretärs. Er trieb den Umbau weiter voran, denn er war überzeugt, dass Schwellenländer wie auch China im IWF eine größere Rolle spielen sollten – auch auf Kosten der Machtposition der USA. Denn nur wenn der IWF die tatsächlichen globalen Machtverhältnisse widerspiegele, sei er effizient, glaubt Strauss-Kann. “Nur wenig Reformen gibt es im IWF und noch weniger in der WTO”, fasst Stiglitz die Lage bezüglich der globalen Realität und der Machtverteilung in den globalen Institutionen zusammen.
Aber auch in Deutschland, der wichtigsten Wirtschaftsmacht in Europa, wird die Kritik an den USA lauter. “Würde man heute eine Organisation neu aufsetzen – mit objektiven Kriterien, wie Länder repräsentiert sein sollten -, dann wäre China sehr viel stärker im IWF und der Weltbank vertreten”, erklärt Axel Dreher, Professor für Internationale und Entwicklungspolitik an der Universität Heidelberg.
Nicht nur der IWF ist betroffen. Auch in der Welthandelsorganisation WTO versuchen die Amerikaner den Status quo mit allen Mitteln zu zementieren. Mehr noch: “In den vergangenen Jahren haben US-Behörden die Neubesetzungen von Positionen des Appellate Body blockiert”, stellt das Washingtoner Peterson Institute for International Economics (PIIE) in einer Studie fest. Die USA wollen die WTO-Mitglieder damit zwingen, neue Regeln auszuhandeln. Die sollen dann amerikanischen Interessen entsprechen. Konkret würden sie den Rahmen für juristische Überstimmung ihrer Macht zu limitieren.
Dass es immerhin bei der Weltbank Reformen gegeben hat, liegt vor allem daran, dass es Peking wider Erwarten und trotz massiven amerikanischen Drucks gelungen ist, mit der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) im Juni 2015 eine alternative Institution zu gründen. Es ist die erste Gründung einer neuen, globalen Institution im Stil der Weltbank seit dem Zweiten Weltkrieg. Und die erste globale Institution auf Initiative von China.
Mit 103 Mitgliedern ist die AIIB zwar noch kleiner als die Weltbank und der IWF mit 189 Mitgliedern. Sie expandiert jedoch immer weiter, und das auch außerhalb Asiens. Wie vergangene Woche bekannt wurde, will sich nun Ungarn 183 Millionen Euro von der AIIB leihen, um Krankenhäuser und andere Bereiche im Gesundheitswesen zu modernisieren. Der Ungarn-Deal ist für die AIIB der erste außerhalb des indopazifischen Raumes: “Für China hat das Darlehen an Ungarn eine große Signalwirkung: Schaut her, auch eine von uns dominierte Entwicklungsbank wird im Westen als Kreditgeber akzeptiert”, sagt Holger Görg, Direktor des Forschungszentrums Internationaler Handel und Investitionen am Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW).
Peking hofft, dass Länder, die stark von Darlehen der AIIB abhängen, sich auch mehr und mehr an der chinesischen Währung orientieren. Nur wenn sich der Yuan vom US-Dollar emanzipiert, kann er international stärker werden und sich vielleicht eines Tages als neue Leitwährung etablieren. Peking arbeitet systematisch auf dieses Ziel hin, auch mit der “Belt and Road”-Initiative, die weitere Länder in Chinas Radius ziehen soll. Während Washington versucht, seinen Machtverlust zu bremsen, kämpft Peking mit ebenso harten Bandagen darum, seinen Einfluss zu vergrößern.
Chinas wirtschaftlicher Aufschwung verliert an Fahrt. Im dritten Quartal ist das Bruttoinlandsprodukt nur noch um 4,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gewachsen. Das zeigen die Daten des Pekinger Statistikamt National Bureau of Statistics (NBC) vom Montag. Noch im ersten Quartal ist das BIP der zweitgrößten Volkswirtschaft um 18,3 Prozent gewachsen, im zweiten Quartal um 7,9 Prozent.
Das Wirtschaftswachstum von Juli bis September blieb mit 4,9 Prozent nur knapp unter den Erwartungen der Analysten, die mehrheitlich ein Wachstum von fünf Prozent vorhergesagt hatten. Doch die Daten spiegeln die Herausforderungen wider, die die Unternehmen in China derzeit bewältigen müssen. Peking hatte in den vergangenen Monaten eine Reihe von Maßnahmen eingeführt und damit große Teile der Wirtschaft unter Druck gesetzt. Auch die Liquiditätsprobleme des zweitgrößten Immobilienentwickler Evergrande haben sich negativ auf die gesamte Branche ausgewirkt (China.Table berichtete). Der Umsatz der 100 größten Bauträger im Land ist allein im September um 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingebrochen. Dabei ist der September traditionell die Zeit, in der am meisten Eigenheime verkauft werden.
“Die Verlangsamung im Immobiliensektor wird sich auf die Aktivitäten von Unternehmen in anderen Bereichen wie Bauunternehmen, Baumaterialien und Wohnungsausstattung auswirken”, sagte Yue Su von der Economist Intelligence Unit. Immobilien machen zusammen mit verwandten Industrien bis zu 30 Prozent des BIP des Landes aus.
Zusätzlich zwingt der Strommangel Fabriken, ihre Produktion zu drosseln oder gar ganz zu schließen (China.Table berichtete). Auch ausländische Unternehmen sind von den Stromrationierungen betroffen. Deutsche und europäische Unternehmen berichten laut der Außenhandelskammer China und der EU-Handelskammer in China, dass ihnen häufig kurzfristig – am Abend zuvor oder auch mal eine Stunde vor Schichtbeginn – von den Behörden mitgeteilt wird, dass ihnen der Strom abgestellt werde.
“Als Reaktion auf die schlechten Wachstumszahlen, die wir für die kommenden Monate erwarten, werden die politischen Entscheidungsträger unserer Meinung nach weitere Maßnahmen zur Stützung des Wachstums ergreifen”, sagte Louis Kuijs, Leiter des Bereichs Asienwirtschaft bei Oxford Economics. “Dazu gehören die Sicherstellung einer ausreichenden Liquidität auf dem Interbankenmarkt, die Beschleunigung des Ausbaus der Infrastruktur und die Lockerung einiger Aspekte der allgemeinen Kredit- und Immobilienpolitik.”
Peking wird nach Einschätzungen von Ökonomen nach wie vor das gesetzte jährliche Wachstumsziel von mehr als sechs Prozent erreichen. Allein in den ersten drei Quartalen 2021 stieg das BIP um 9,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Jedoch warnte Fu Linghui, ein Sprecher der Statistikbehörde, davor, dass die wirtschaftliche Erholung “noch instabil und ungleichmäßig” sei. “Die Herausforderungen, die Wirtschaft am Laufen zu halten, sind gestiegen.” niw
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Chinas Ministerpräsidenten Li Keqiang haben am Montag in einer Videoschalte über die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen gesprochen. Im weiteren Verlauf des Gesprächs habe man auch über eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Klimaschutz und Energie beraten. Auch eine weitergehende Kooperation im Rahmen der Staatengruppe G20 sowie im Kampf gegen die Corona-Pandemie sei diskutiert worden, teilte ein Regierungssprecher in Berlin mit. Im Anschluss habe es noch eine Gesprächsrunde mit Wirtschaftsvertretern gegeben. Details wurden allerdings nicht genannt.
Vergangene Woche hatte Merkel bereits mit Chinas Staatspräsident Xi Jinping gesprochen (China.Table berichtete). Beide Male habe sich die Bundeskanzlerin zum Ende ihrer Amtszeit auch von ihren Gesprächspartnern in Peking verabschieden wollen. Merkel war 16 Jahre Bundeskanzlerin, ein persönlicher Besuch in Peking sei pandemiebedingt nicht mehr möglich. rad
Die Alibaba Group will einen eigenen Prozessorchip für sein Cloud-Computing-Geschäft auf den Markt bringen. Das berichtet das Wirtschaftsmagazin Caixin. Demnach will sich das chinesische Unternehmen mit seinem neuen Chip, der im 5-Nanometer-Verfahren hergestellt werden soll, besser auf den Wettbewerb mit Amazon und Huawei einstellen.
Der neue Chip basiert auf der Architektur von ARM-Holdings und wird seit 2019 von Alibabas Chiphersteller-Tochter Pingtouge entwickelt. Das Tape-Out des Produkts – die letzte Phase des Designprozesses, bevor es zur Herstellung eingereicht wird – sei Mitte des Jahres mit dem fortschrittlichsten Herstellungsverfahren der Welt abgeschlossen, berichtet Caixin.
Die Massenproduktion des ARM-basierten Chips würde sich direkt in das Alibaba-Software-Ökosystem einfügen, so die Kosten weiter senken und die Effizienz steigern, so Insider.
Bereits im Mai hatte Jeff Zhang, Präsident von Alibaba Cloud Intelligence verkündet, auf selbstgebaute Chips umsteigen zu wollen und sein Cloud-Computing-System Apsara mit Prozessoren kompatibel zu machen, die nicht nur auf der lange vorherrschenden Intel x86-Architektur, sondern auch auf ARM und anderen Chip-Designs basieren.
Derzeit beherrscht Intel fast 90 Prozent des globalen Chipmarktes. ARM holt aber mit Kunpeng-Chips von Huawei, AWS Graviton von Amazon und Power-Prozessoren von IBM auf. niw
Die Regierung in Hongkong bemüht sich um eine vereinfachte Einreise seiner Bürger:innen in die Volksrepublik China. Am Sonntag wurden Vorschläge der Stadt an chinesische Behörden bekannt, wie die strengen Quarantäneregeln während der Corona-Pandemie umgangen werden können. Technologie-Minister Alfred Sit Wing-hang hat dazu die Einführung eines digitalen Gesundheitscodes vorgeschlagen, der auf freiwilliger Dateneingabe beruhe. Demnach sollen Reisewillige ihre Aufenthaltsorte zwei bis drei Wochen vor dem geplanten Grenzübertritt eigenständig angeben können.
Allerdings dämpfte Hongkongs einziges Mitglied im Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses (NVK), Tam Yiu-chung, bereits die Erwartungen. Er glaube nicht, dass Peking einen Gesundheitscode akzeptieren werde, der nicht voll und ganz dem Kontrollstandard innerhalb der Volksrepublik entspreche. Peking verlange ein lückenloses Protokoll und sei nicht bereit, Zugeständnisse wie Selbstverantwortung an Hongkong zu machen. Stattdessen würden es die chinesischen Behörden bevorzugen, die Metropole in ihr eigenes System der Nachverfolgung zu integrieren.
Die Diskussion um mögliche Erleichterungen war am Wochenende aufgekommen. Vier Delegierte der Stadt wurde die Teilnahme an einer regulären NVK-Versammlung in dieser Woche verwehrt, nachdem ein Covid-Fall am Hongkonger Flughafen aufgetreten war und die Infektion des betroffenen Arbeiters nicht zurückverfolgt werden konnte. Dadurch könnten wichtige Entscheidungen, die Hongkong betreffen, ohne Vertreter der Stadt diskutiert werden.
Hongkonger Bürger:innen werden bei der Einreise in die Volksrepublik zurzeit behandelt wie Einreisende aus anderen Teilen der Welt. Das heißt, auch sie müssen in der Regel in eine wochenlange Quarantäne. Darunter leiden vor allem Unternehmen der Stadt, die enge Verbindungen mit China pflegen und deren Mitarbeiter:innen auf Besuche in China angewiesen sind. Um die wirtschaftliche Entwicklung Hongkongs nicht zu gefährden, sucht die Stadtregierung nach Lösungen. Eine Integration in die chinesische Nachverfolgung wird jedoch kritische gesehen aus Angst vor einem Missbrauch der Daten. grz
Chinas Behörden haben der US-Investmentbank Goldman Sachs erlaubt, die volle Kontrolle über ihr Wertpapiergeschäft in der Volksrepublik zu übernehmen. Goldman will nun die restlichen Anteile an dem Joint Venture Goldman Sachs Gao Hua Securities Company Ltd (GSGH) erwerben. Das berichtet die Zeitung Wall Street Journal. Bereits im Dezember vergangenen Jahres hatte das Geldhaus die Genehmigung zur Aufstockung seines Anteils an dem Geschäft beantragt. Am Montag habe die chinesische Finanzmarktaufsicht, die China Securities Regulatory Commission, nun ihre Zustimmung gegeben, teilte das Unternehmen mit.
“Dies markiert den Beginn eines neuen Kapitels für unser China-Geschäft nach einem erfolgreichen 17-jährigen Joint Venture”, schreiben Goldman-CEO David Solomon, Chief Operating Officer John Waldron und Chief Financial Officer Stephen Scherr in einer gemeinsamen Erklärung. Goldman gab nicht bekannt, wie viel es für die ausstehenden 49 Prozent der Anteile bezahlt hat.
Goldman Sachs ist damit die zweite Wall-Street-Bank, die von den chinesischen Behörden die Genehmigung für einen solchen Schritt erhalten hat. Im August hatte bereits die US-Investmentbank JP Morgan sein Wertpapiergeschäft in China vollständig übernommen. Ausländische Banken streben seit langem nach einer größeren Präsenz in der Volksrepublik und bauen ihre Chinageschäfte aufgrund der Finanzmarktreformen Pekings derzeit aus (China.Table berichtete).
So ist Goldman schon in anderen Bereichen tätig geworden. Im Mai genehmigten die chinesischen Aufsichtsbehörden ein Joint Venture zur Vermögensverwaltung zwischen dem US-Institut und dem staatlich unterstützten Bankenkonzern Industrial & Commercial Bank of China (ICBC), an dem Goldman zu 51 Prozent beteiligt sein wird. niw
China ist in gewisser Weise Opfer seines eigenen Erfolgs: Eine alternde Bevölkerung und eine immer besser ausgebildete Belegschaft verlangen nach immer mehr Angestellten im schnell wachsenden Dienstleistungssektor. Es entstehen Jobs, die ein höheres Maß an Flexibilität bieten, wie Essenslieferungen und Kurierdienste. Gleichzeitig bleiben Wanderarbeiter, die früher in große Städte gezogen sind, um Arbeit zu finden, jetzt näher an ihrem Zuhause.
All diese Faktoren tragen zum Rückgang bei Fabrikarbeitern bei und stellen sowohl für die Regierung als auch für Chinas Geschäftswelt seit vielen Jahren ein Problem dar. Sie sehen sich Forderungen nach Umsetzungslösungen gegenüber wie etwas einem höheren Automatisierungsgrad und einer Anhebung des Rentenalters.
Angesichts steigender Arbeitskosten und einer sich ändernden Zusammensetzung der Belegschaft erhöhen einige Unternehmen bereits die Anreize, um Arbeitskräfte zurückzugewinnen und bereits vorhandene zu behalten. Einige überdenken möglicherweise auch ihre Position in China insgesamt oder suchen nach alternativen Lösungen, um dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken.
Wie die chinesischen Volkszählungsergebnisse aus diesem Jahr zeigen, hat eine alternde Bevölkerung in Verbindung mit niedrigen Geburtenraten, die teilweise auf die chinesische Familienplanungspolitik zurückzuführen sind, zu einem schrumpfenden Arbeitskräftepool geführt.
Dies hat zusammen mit anderen Faktoren, wie der Verlangsamung der Migrationsströme vom Land in die Städte und der zunehmenden Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen im Dienstleistungssektor, den Druck auf das Arbeitskräfteangebot im verarbeitenden Gewerbe erhöht.
Dieser Trend ist den Werksleitern schon seit einiger Zeit bewusst. Derzeit ist einer der schwierigsten Aspekte beim Betrieb einer Fabrik in China die Verfügbarkeit von Arbeitskräften und die daraus resultierende Erhöhung der Löhne, die erforderlich ist, um Arbeitskräfte anzuziehen oder zu halten.
Unternehmen verfolgen eine Reihe verschiedener Strategien, um solche Einstellungsprobleme zu vermeiden. Die Hauptstrategie besteht darin, die Mitarbeiterbindung zu erhöhen. Um dies zu erreichen, müssen Unternehmen sowohl auf finanzielle als auch auf nicht-finanzielle Bedürfnisse der Mitarbeiter eingehen.
So wenden sich Unternehmen zunehmend an Personalvermittlungsagenturen, um mehr spezialisierte Arbeitskräfte einzustellen und kurzfristigen Einstellungsbedarf zu decken, insbesondere wenn schwerwiegende Personalengpässe vorliegen, die dringend behoben werden müssen. Einige Unternehmen nutzen Personalagenturen auch eher in beratender Funktion, hauptsächlich um robuste Rekrutierungskanäle und -verfahren aufzubauen, die sie dann intern verwalten können.
Unternehmen können auch von der Schaffung solider Personalrichtlinien profitieren, die darauf abzielen, faire Vergütungspraktiken zu gewährleisten und neue Mitarbeiter zu gewinnen. Solche Richtlinien sollten Mechanismen umfassen für:
Unternehmen versuchen zudem, bessere HR-Strategien zu nutzen, um die nicht-finanziellen Anliegen ihrer Mitarbeiter zu adressieren. Mitarbeiter suchen zunehmend nach Zugang zu Aus- und Weiterbildung und haben höhere Ansprüche an klare Karrieremöglichkeiten und offene Kommunikationskanäle, um ihre Anliegen zu äußern.
Eine wirksame Personalstrategie, die diesen Belangen Rechnung trägt, wird sich nicht nur auf die Verweildauer eines Mitarbeiters im Unternehmen auswirken, sondern auch den Wert, den er im Laufe seiner Beschäftigung darstellt, erheblich steigern. Es hilft dem Management auch, einige ihrer Bedenken zu erkennen und zu lösen. Intelligente Unternehmen versuchen aktiv, diese Art von Vorteilen, insbesondere für Aus- und Weiterbildung, mit Personalbindungsrichtlinien zu verknüpfen.
Die Themen Arbeitsbedingungen und lange Arbeitszeiten haben in den vergangenen Jahren viel Aufmerksamkeit erfahren und sind fester Bestandteil einer öffentlichen Diskussion (China.Table berichtete). Dies hat wiederum zu einem wachsenden Verständnis der Unternehmen für den Wunsch der Mitarbeiter nach einer Verbesserung der Arbeitskultur und der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben geführt.
Diesen Problemen kann durch Maßnahmen begegnet werden, wie zum Beispiel Arbeits- oder Arbeitszeitflexibilität, oder das Erkennen und Unterstützen von häuslichen Belangen, wie zum Beispiel Kinderbetreuung, oder das Angebot einer familienfreundlichen Unterbringung, wenn das Unternehmen seinen Mitarbeitern eine Unterkunft zur Verfügung stellt.
Doch der wachsende Mangel an Fabrikarbeitern ist nicht nur eine schlechte Nachricht. China ist bereits auf dem Weg, führend in der High-End-Technologie und -Automatisierung zu werden, wofür mehr hoch qualifizierte und erfahrene Arbeitskräfte benötigt werden. Präsident Xi Jinping hat kürzlich Ziele zur Förderung und Ausbildung von Spitzentalenten dargelegt und dabei Chinas Fortschritt in Richtung High-End- und High-Tech-Industrien hervorgehoben.
Gleichzeitig bringen die sich ändernden Einstellungen zur Arbeit die Arbeitgeber dazu, eine gesunde Arbeitsplatz- und Bürokultur zu schaffen sowie Anreize und Wachstumschancen zu bieten.
Unternehmen, die diese wirtschaftlichen und kulturellen Veränderungen erkennen und geeignete Schritte unternehmen, um ihre chinesischen Mitarbeiter zu belohnen und weiterzubilden, werden besser aufgestellt sein, um in Chinas künftiger Geschäftswelt erfolgreich zu sein.
Wenn Sie mehr über die Einhaltung des Arbeitsrechts in China erfahren und Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Arbeitsrecht vermeiden möchten, lesen Sie bitte unseren Leitfaden zu Personalwesen und Gehaltsabrechnung in China oder kontaktieren Sie unsere Personalexperten und Anwälte unter china@dezshira.com.
Dieser Artikel ist zuerst im Asia Briefing erschienen, das von Dezan Shira Associates herausgegeben wird. Das Unternehmen berät internationale Investoren in Asien und unterhält Büros in China, Hongkong, Indonesien, Singapur, Russland und Vietnam.
Kevin Sneader, der ehemalige Chef der Unternehmensberatung McKinsey & Co, wird Co-Präsident für Asien-Pazifik bei Goldman Sachs. Sneader, der seit 2018 Chef von McKinsey in Asien war, hat zwar keine Bankerfahrung, aber als Co-Präsident wird es mehr um den Aufbau eines Netzwerks gehen. Seit er 1989 bei McKinsey angefangen hat, hat er unter anderem in Peking und Hongkong für die Unternehmensberatung gearbeitet. Zuletzt war der 54-Jährige bei einer routinemäßig anstehenden Wiederwahl überraschend gescheitert.
Teresa Lu leitet ein globales China-Team von 25 Beratern aus den USA und Europa für die PR und Lobbyagentur APCO. Unter Lu sollen CEOs bei ihrer China-Marktstrategie beraten sowie chinesische Unternehmen bei ihrer weltweiten Expansion unterstützen werden. Lu kehrte im September als Managing Director zu APCO zurück. Lu kommt von Walmart, wo sie als Senior Director of Government Affairs, Public Policy and Sustainability für Walmart China mit Sitz in Peking tätig war. Von Walmarts Zentrale in Arkansas aus leitete sie zuletzt die Regierungsangelegenheiten des Einzelhandelsriesen in Ostasien und China.

Im antiken Olympia ist am Montag das olympische Feuer für die Winterspiele in Peking entzündet worden. Doch friedlich blieb die Zeremonie nicht. Aktivisten hatte am Rande der Zeremonie für ein freies Tibet demonstriert. Sie wurden von der griechischen Polizei verhaftet. Fotografen erfassten den Protest; im offiziellen Video des Internationalen Olympischen Komitee IOC ist die Aktion nicht zu sehen.