das Geschrei um die Einführung eines deutschen Lieferkettengesetzes war groß. Zwischen 2019 und 2021 es der damalige CSU-Entwicklungsminister Gerd Müller auf den Weg gebracht. Nun gilt es seit dem 1. Januar. Und: Die meisten deutschen Unternehmen scheinen vorbereitet zu sein. Wir werfen einen genaueren Blick auf die ersten Auswirkungen der neuen Regelung.
Das eine oder andere Unternehmen muss sich derzeit zwar überlegen, ob der Import aus China noch lohnt, wenn es dafür spezielle Software oder gar eigens einen Menschenrechtsbeauftragten einstellen muss. Die meisten Firmen haben jedoch keine Probleme, die Vorgaben zu erfüllen. Das ergibt eine Umfrage der Außenhandelskammer in Peking. Vielleicht ist die Aufregung aber auch nur aufgeschoben. Denn das Lieferkettengesetz auf EU-Ebene ist in der Mache. Und das soll sehr viel schärfer ausfallen.
In unserer zweiten Analyse widmen wir uns der von China dominierten Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank. Sie will sich nur allzu gern als seriöse Alternative zu bestehenden Finanz-Institutionen etablieren, vor allem als Gegenstück zur US-geführten Weltbank. Damit das gelingt, wirbt die AIIB mit ihren hohen Standards bei der Kreditvergabe. Mit Erfolg: Auch Deutschland ist Mitglied bei der AIIB und besitzt nach China, Russland und Indien mit rund vier Prozent die größten Stimmrechte.
Marcel Grzanna hat sich die vermeintlich hohen Standards in einem konkreten Fall in Kambodscha angeschaut – und muss feststellen: In der Praxis werden die vermeintlich hohen AIIB-Standards erstaunlich flexibel ausgelegt. Auch die deutsche Regierung will nun den Vorwürfen nachgehen.
Bislang hält sich der Ärger über das neue Lieferkettengesetz in Grenzen. In der deutschen Öffentlichkeit echauffiert sich bislang nur einer über das Gesetz: Wu Ken, der chinesische Botschafter. China werde sich nicht in die Gesetzgebung von Deutschland einmischen, sagte er in einem Interview im Handelsblatt. “Doch die Politisierung von Wirtschafts- und Handelsfragen verzerrt die Prinzipien der Marktwirtschaft.”
Der Botschafter der Volksrepublik sieht in dem neuen Gesetz, das Firmen in Deutschland dazu verpflichtet, Menschenrechtsstandards und Vorgaben gegen Umweltverschmutzungen in ihren Lieferketten einzuhalten, offenbar einen gezielten Angriff auf China. Einige Länder würden ein solches Gesetz nutzen, “um sich über die inneren Angelegenheiten anderer Staaten auszulassen”, wetterte der Botschafter. Sein Land werde alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, “um die legitimen Rechte und Interessen seiner Unternehmen konsequent zu schützen”, sagte der Botschafter, ohne jedoch Details zu nennen.
Dass sich die Aufregung – abgesehen vom chinesischen Botschafter – bislang in Grenzen hält, dürfte einen Grund haben: Das Lieferkettengesetz fällt in seiner bisherigen Ausführung recht zahm aus.
Im Kern müssen deutsche Unternehmen, aber auch ausländische Unternehmen mit Zweigniederlassung oder Tochterunternehmen in Deutschland, zwar ihre Lieferketten genauer in den Blick nehmen und mittels eines elektronischen Verfahrens dokumentieren. Wer Kinderarbeit, sittenwidrige Löhne oder Umweltsauereien bei Zulieferern billigend in Kauf nimmt, muss mit Bußgeldern in Millionenhöhe rechnen. Für große Unternehmen könnte es daher Sinn ergeben, einen Menschenrechtsbeauftragten einzustellen. Volkswagen hat das bereits getan.
Doch es gibt lediglich eine Bemühenspflicht, keine Erfolgspflicht. Bei indirekten Zustellern müssen die Unternehmen zudem erst tätig werden, wenn Anhaltspunkte über Menschenrechtsverletzungen wie Armutslöhne oder Kinderarbeit in der Region vorliegen, wo die Fabrik des Zulieferers steht. Wenn Verstöße nachgewiesen sind, werden die betreffenden Firmen nicht sofort abgestraft, sondern erst, wenn sie nichts dagegen tun.
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), das für die Einhaltung des neuen Gesetzes zuständig ist, betont zwar, dass es
Der umsatzbezogene Bußgeldrahmen gilt jedoch nur für Unternehmen mit mehr als 400 Millionen Euro Jahresumsatz. Zudem tritt das neue Gesetz nur stufenweise in Kraft. Ab diesem Jahr gilt es zunächst einmal nur für große Firmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten – das sind etwa 600, ab 2024 für knapp 3.000 Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten.
Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen haben die Möglichkeit, bei Hinweisen von Menschenrechtsverletzungen zu klagen, wenn die Opfer dem auch konkret zustimmen. Doch eine zivilrechtliche Unternehmenshaftung gibt es nicht. Das bedeutet: Die Opfer haben keine Aussicht auf Schadensersatz von den Firmen. Es kann aber das BAFA mit seinen Bußgeldforderungen einschreiten.
Die meisten deutschen Unternehmen sehen in der derzeitigen Fassung des Lieferkettengesetzes auch noch kein Problem fürs Geschäft. “Für uns hat sich nicht so viel geändert”, sagt Jan Philippi, der eine Designmanufaktur in der Nähe von Hamburg betreibt und viele seiner angebotenen Waren aus China bezieht. Seine Firma habe bereits vorher von seinen chinesischen Partnern einen Verhaltenskodex (code of conduct) ausgemacht. Er hat deren Angaben zusätzlich bei Fabrikbesuchen persönlich überprüft.
Die Deutsche Handelskammer in China betrachtet das Lieferkettengesetz generell als “Chance, die soziale und ökologische Situation weltweit zu verbessern”. Jens Hildebrandt, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied in Peking, räumt zwar ein, dass das Gesetz die deutschen Unternehmen in China “auch vor Herausforderungen” stellt. Laut ihrer jüngsten Geschäftsklimaumfrage nur knapp ein Drittel der Unternehmen Probleme, die Anforderungen des Lieferkettengesetzes vollständig zu erfüllen.
Teilweise gebe es Schwierigkeiten bei der Kommunikation mit Lieferanten vor Ort oder der Überprüfung von Produktionsstätten, so Hildebrandt. Trotz dieser Hürden würden aber nur wenige Unternehmen eine Neuaufstellung ihrer Zulieferer erwägen. Ganze 86 Prozent der Unternehmen müssen keine weiteren Handlungen zur Umstrukturierung ihrer Lieferketten durchführen, betont Hildebrandt.
Für große deutsche Firmen, die in Xinjiang produzieren, dürfte es allerdings deutlich schwieriger werden. Das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen wirft der Führung in Peking vor, Uiguren und andere Angehörige muslimischer Minderheiten willkürlich in Haftlagern festzuhalten. Seit Jahren gibt es Vorwürfe der Zwangsarbeit in den Fabriken, die US-Regierung spricht sogar von einem Genozid. Deutsche Unternehmen, die in Xinjiang Fabriken betreiben, wie etwa Volkswagen oder BASF, konnte zwar nicht nachgewiesen werden, dass in ihren Lieferketten Zwangsarbeit stattfindet. Aber sie dürften mit dem Lieferkettengesetz stärker ins Visier von Nichtregierungsorganisationen und Prüfbehörden geraten.
Das zuständige BAFA will nicht zuletzt personell für solche Fälle deutlich aufstocken. Zum Jahreswechsel wurden bereits rund 50 Personen an der neuen Außenstelle der Behörde in Borna bei Leipzig zum Lieferkettengesetz eingestellt. Bis Sommer 2023 ist geplant, deren Zahl auf etwa 100 zu verdoppeln.
Eindringlich hatte die Nichtregierungsorganisation Equitable Cambodia (EC) auf Erpressungen und Drohungen im kambodschanischen Mikrokreditsektor hingewiesen. Und dennoch blieb sie außen vor, als Anfang Oktober eine Delegation der chinesisch dominierten Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) ins Land reiste. “Man hat uns gesagt, wir dürften die Delegation zu unserer eigenen Sicherheit nicht begleiten. Völlig unverständlich”, sagt EC-Direktor Eang Vuthy zu China.Table.
Die Bank untersuchte vor Ort die Vorwürfe gegen mögliche Empfänger stattlicher Millionenkredite der AIIB: Es geht um räuberische Kreditvergabe und missbräuchliche Eintreibungspraktiken. Doch anstatt Vuthy und seine Leute, die sich seit Jahren intensiv mit der Problematik beschäftigen, wählte die Bank eigene Berater als Begleiter aus – deren Sicherheit sie offenbar nicht in Gefahr sah.
Die Kredite an zwei Mikro-Finanzinstitute in Höhe von 100 Millionen und 75 Millionen US-Dollar sind zwar bereits genehmigt, ob sie tatsächlich fließen, ist aber noch nicht entschieden (China.Table berichtete) Auch, weil Nichtregierungsorganisationen auf die europäischen Teilhaber der AIIB Druck gemacht und eine Überprüfung erreicht haben. Der Ausschluss von Equitable Cambodia (EC) und anderen unabhängigen Einrichtungen wie der Menschenrechtsorganisation Licadho wirft jedoch Fragen auf.
Zumal andere große Investoren kritischer sind. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat sich bereits zurückgezogen, und auch die unabhängige Beschwerdestelle des Privatsektorarms der Weltbank (IFC) prüft ihr Engagement in dem Sektor. “Die AIIB beruft sich auf ihre hohen Standards bei der Kreditvergabe. Jetzt aber, wo es darauf ankommt, wirkt ihr Handeln intransparent und nicht konsequent“, sagt die Sinologin Nora Sausmikat, die am China-Desk des gemeinnützigen Vereins Urgewald aus Köln zuständig ist für Kampagnen zu multilateralen Finanzinstitutionen. “Weshalb nimmt sie die Bedenken nicht ernst?”
Sausmikat kritisiert, dass die Delegation der Bank, die die Vorwürfe gegen die Mikro-Geldgeber bei einem Besuch in Kambodscha vom 27. September bis 5. Oktober recherchiert haben, offenbar sehr kundenfreundlich vorging. “Fakt ist, dass sie offenbar mit der Begründung, sie hätten die Organisationen und Betroffenen schützen wollen, einen Dialog mit den Betroffenen haben vermeiden wollen.”
Bei ihrer Gründung im Jahr 2015 orientierte sich die AIIB tatsächlich eng an den Vergabekriterien anderer multilateraler Investitionsbanken. Auch deshalb stieg beispielsweise Deutschland als Mitglied ein. Hinter China, Russland und Indien besitzt die Bundesrepublik mit rund vier Prozent die größten Stimmrechte.
In der Praxis aber seien die AIIB-Standards zum öffentlichen Zugang zu Information zu den Umwelt- und Sozialauswirkungen “so offen und flexibel gestaltet, dass Projektmanager großen Freiraum haben, willkürlich zu entscheiden, wann und was öffentlich gemacht wird”, kritisierte die Umweltökonomin Korinna Horta in einem Kommentar zum Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags zu den Standards der Weltbank und der AIIB.
“Die Genehmigung dieser Projekte (in Kambodscha) zeigt, dass die AIIB ihre Sorgfaltspflicht nicht erfüllt hat“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung acht zivilgesellschaftlicher Organisationen. Die Frage, die sich aufdrängt, lautet: Welches Interesse hätte die AIIB daran, Kredite zu verteilen, deren Empfänger die Menschenrechtsstandards nicht einhalten? Sie geriert sich als Alternative zu anderen Entwicklungsbanken und kann Zweifel an ihrer Integrität dabei nicht gebrauchen.
“Die Schwellenländer suchen bei der AIIB internationale Qualitätsstandards. Die sind auch wichtig für die Zusammenarbeit mit anderen internationalen Finanzpartnern”, hatte der deutsche Vizepräsident der AIIB, Ludger Schuknecht, kürzlich im Interview mit China.Table betont. Bei der Bank würde viel Wert auf den Konsens aller Mitglieder gelegt. Dabei gewähren die Statuten dem AIIB-Präsidenten, dem Chinesen Jin Liqun, große Freiheiten. Er besitzt die Vollmacht, Kredite an den Privatsektor bis zu 100 Millionen US-Dollar und an öffentliche Antragsteller bis zu 200 Millionen US-Dollar im Alleingang zu gewähren. Des formellen Konsenses bedürfen seine Entscheidung nicht.
Zwar kann jedes der zwölf Mitglieder des Verwaltungsrates verlangen, dass Einzelentscheidungen im Gremium überprüft werden. Aber dies würde erschwert durch die problematischen Informationsregeln, betont Urgewald. Allgemein sei es das Ziel, dass sich der Verwaltungsrat um die “großen Linien” kümmere, während das Tagesgeschäft dem Präsidenten und seinem Management überlassen bleibt. Eine ausreichende Kontrolle durch den Verwaltungsrat würde so nicht gewährleistet.
Die Bundesregierung nehme die geäußerten Bedenken sehr ernst, heißt es. Man habe das Management zu den geäußerten Bedenken befragt. Dort seien die Bedenken zur Kenntnis genommen, aber über den weiteren Fortgang noch nicht entschieden worden. “Die Bundesregierung wird die in Rede stehenden Projekte weiterhin eng verfolgen und darauf hinwirken, dass die hohen Kreditstandards der AIIB den Regularien der Bank gemäß umgesetzt werden”, erklärte eine Sprecherin zu China.Table.
Tiktok-CEO Shou Zi Chew hat hochrangige EU-Vertreter getroffen und für mehr Vertrauen für das Unternehmen geworben. Der Tiktok-Chef hat in seinem Gespräch mit EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager in Brüssel unter anderem detaillierte Pläne beschrieben, wie die chinesische Video-App sich auf die ab 2024 geltenden neuen Haftungs- und Sicherheitsvorschriften für digitale Plattformen (den sogenannten Digital Services Act) vorbereitet. Das Meeting mit Chew am Dienstag in Brüssel sei produktiv gewesen, erfuhr Europe.Table aus Kommissionskreisen. Alle Problemfelder seien direkt angesprochen und diskutiert worden. Es sei der Eindruck entstanden, dass Tiktok sich gewissenhafter auf die neue Rechtslage vorbereite als mancher Konkurrent aus den USA.
Tatsächlich geht es bei Tiktok auch um das wirtschaftliche Überleben. Noch ein, zwei Fehler – so wie die jüngst bekanntgewordene versuchte Bespitzelung von US-Journalisten – und Tiktok muss damit rechnen, dass die USA und die EU die App von ihren Märkten verbannen. Wegen der Berichte über “aggressive Datenerfassung und Überwachung in den USA”, seien auch die Datenschutz-Grundverordnung der EU sowie Fragen des Schutzes der Privatsphäre besprochen worden, hieß es im offiziellen Statement von Vestager nach dem Meeting.
Ob es Tiktok letztendlich gelingen werde, alle Versprechungen umzusetzen, sei aber offen, hieß es aus Kommissionskreisen weiter. Chew traf neben Vestager auch weitere EU-Kommissare. Věra Jourová, Kommissarin für Werte und Transparenz, erkundigte sich unter anderem nach der Sicherheit von Kindern auf der Plattform. Weitere Themen: die Verbreitung russischer Desinformationen auf Tiktok sowie die Transparenz bezahlter politischer Inhalte. Es dürfe keinen Zweifel geben, dass die Daten der Nutzer in Europa sicher und nicht dem illegalen Zugriff von Behörden aus Drittländern ausgesetzt seien, sagte Jourová nach dem Gespräch. vis
Das Europaparlament sieht eine Gefahr, dass China sich in die Europawahlen im kommenden Jahr einmischen könnte. Das Potenzial für Desinformationskampagnen aus der Volksrepublik dürfe nicht unterschätzt werden, warnt der Sonderausschuss zu ausländischer Einflussnahme auf demokratische Prozesse des EU-Parlaments in einem Berichtsentwurf.
China habe im vergangenen Jahrzehnt rund drei Milliarden Euro in europäische Medienunternehmen gesteckt und damit Einfluss auf EU-interne Berichterstattung erhalten, heißt es in dem Papier, das am Donnerstag im Ausschuss erstmals debattiert wird. Die EU müsse mehr unabhängigen Journalismus in den Nachbarschafts- und Beitrittsländern unterstützen, fordert der Ausschuss. Darin wird auch Besorgnis über Partnerschaften zwischen europäischen Universitäten und chinesischen Einrichtungen sowie die Verbreitung russischer Desinformation über chinesische Sozial- und Staatsmedien geäußert.
Der Bericht soll als Standpunkt des EU-Parlaments noch in der ersten Jahreshälfte im Plenum zur Abstimmung kommen. Die darin enthaltenen Handlungsempfehlungen für die EU-Kommission sind nicht bindend. ari
In einer Fabrik in Chongqing kam es laut Berichten der South China Morning Post am Wochenende zu gewaltsamen Ausschreitungen. Videos in den sozialen Netzwerken zeigen, wie Arbeiter Sicherheitskräfte in einem Industriepark mit Gegenständen bewerfen. Aus einem Polizeilautsprecher ertönt die Durchsage “illegale Aktivitäten” seien unverzüglich zu unterbinden.
Kommentaren auf Social Media und Bildauswertungen von AFP zufolge könnte es sich bei den Protestierenden um Arbeiter des Pharma-Herstellers Zybio handeln, der unter anderem Covid-Testkits herstellt. Berichten zufolge hat das Unternehmen zuletzt mehrere Tausend Arbeiter entlassen und Löhne nicht ausgezahlt. Das Unternehmen äußerte sich bislang nicht zu den Vorkommnissen. Hashtags, die mit den Protesten in Zusammenhang stehen, wurden von den Behörden zensiert. fpe
Das Olympisches Komitee der chinesischen Verwaltungszone Hongkong zwingt seine Sportverbände zu einer Entscheidung: Wer die Farben der Stadt künftig bei internationalen Wettbewerben noch vertreten wolle, muss den Namen China in seiner Verbandsbezeichnung tragen. Betroffen sind davon mehr als 60 Organisationen, die bislang auf die Umbenennung verzichtet haben. Nur 19 Verbände haben ihre Namen seit 1997 entsprechend ergänzt.
Das Hongkonger Olympische Komitee, das die Stadt seit 1999 offiziell als Hongkong, China vertritt, setzte den Verbänden ein Ultimatum bis Mitte des Jahres. Honorar-Generalsekretär Edgar Yang verwies in dem Schreiben auf Artikel 149 des Basic Law, das bei der Übergabe der Stadt von Großbritannien an China vor rund 25 Jahren als eine Art Verfassung eingeführt worden ist. grz
Ein Lastwagen ist in Südostchina in eine Warteschlange auf der Straße vor einem Krematorium gekracht. 19 Menschen kamen bei dem Vorfall ums Leben. Weitere 20 wurden verletzt, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. Das Unglück passierte demnach kurz am Sonntag nach Mitternacht im Dorf Taoling südöstlich der Stadt Nanchang in der Provinz Jiangxi. Wie Staatsmedien berichteten, warteten die Angehörigen und Freunde vor dem Gebäude, hatten Opfergaben für die Toten am Straßenrand aufgestellt. Demnach wollten die Menschen bei einer Massen-Einäscherung am nächsten Morgen dabei sein. Nähere Angaben zum Hergang des Unfalls gab es zunächst nicht. ari
“Für mich ist in Shenzhen eine Welt zusammengebrochen”, sagt Alicia Hennig, wenn sie an ihre Zeit als Dozentin in China denkt. 2015 kommt die Unternehmensethikerin für einen Lehrauftrag an das dortige Harbin Institute of Technology. Im Gepäck viele positive Erinnerungen an vorherige Praktika in Shanghai und Jiangsu. Denn das China der Geschäftsleute und Möglichmacher hatte Hennig inspiriert.
Doch in Shenzhen angekommen schreckt sie das sozialistische Top-Down-System und dessen Beamtenapparat ab. Vor allem die Zensur macht ihr zu schaffen: Vereinbarungen mit der Universität verbieten ihr, über Themen wie Taiwan oder die Ein-China-Politik zu sprechen. Ob sich Hennig oder ihre Studenten daran halten, wird durch Kameras und Mikrofone in den Hörsälen kontrolliert. Genervt von Schikanen und Tabus kündigt Hennig 2017 vorzeitig.
Heute ist sie Interims-Professorin für allgemeine BWL, Controlling und Umweltmanagement an der Technischen Universität Dresden. Aus ihrer Zeit in China ist vor allem eine Frage haften geblieben: Ist es legitim, als Wissenschaftlerin in China zu arbeiten und damit das autoritäre System zu unterstützen? “Ich habe für mich eine Antwort gefunden. Aber ich kann den Leuten ja nicht vorschreiben, wie sie selbst handeln sollen.”
Dennoch hat Hennig eine klare Vorstellung, wo die Prioritäten liegen sollten – und das nicht nur im akademischen Bereich sondern auch bei den vielen deutschen Unternehmen, die nach China gekommen sind. Denn angesichts von “Umerziehungslagern” in Xinjiang und der lange mit eiserner Härte durchgesetzten Zero-Covid-Politik müssten sich diese damit auseinandersetzen, dass sie mit ihrer Präsenz das autoritäre Regime unterstützen, so Hennig. Vor allem vor dem Hintergrund, dass sich viele große Unternehmen sonst öffentlich für den Schutz von Menschenrechten aussprechen.
Hennig fordert daher, dass deutsche Unternehmen ihre Lieferketten diversifizieren. Weg aus China, zurück nach Europa, lautet die Losung. Laut Hennig könne auch Druck aus der Zivilgesellschaft einen Anstoß geben. “Unternehmen werden nicht genug dazu aufgefordert, öffentlich Stellung zu beziehen”, beklagt sie angesichts der Menschenrechtsverletzungen im Land. Außerdem wünscht sie sich Unterstützung von der Politik: Europa müsse bessere Standortbedingungen schaffen, damit Unternehmen ihre Produktion nach Europa zurückholen können.
Zusammen mit der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) und anderen Menschenrechts-NGOs hat sie ein Positionspapier verfasst. Darin fordern die Menschenrechtler einen stärkeren Fokus auf Xinjiang, Tibet und Hongkong sowie eine Aufwertung Taiwans. Anlass des Papiers ist die angekündigte Chinastrategie der Bundesregierung, von der sich Hennig und ihre Kollegen wünschen, dass auch Investitionen aus China kritischer betrachtet werden.
Für Hennig geht es hier um nichts weniger als Deutschlands Glaubwürdigkeit. Die Bundesregierung müsse ihrer wertebasierten Außenpolitik gerecht werden, fordert sie. “Wer für Werte wirbt, muss auch für Werte einstehen.” Jonathan Kaspar-Lehrer
das Geschrei um die Einführung eines deutschen Lieferkettengesetzes war groß. Zwischen 2019 und 2021 es der damalige CSU-Entwicklungsminister Gerd Müller auf den Weg gebracht. Nun gilt es seit dem 1. Januar. Und: Die meisten deutschen Unternehmen scheinen vorbereitet zu sein. Wir werfen einen genaueren Blick auf die ersten Auswirkungen der neuen Regelung.
Das eine oder andere Unternehmen muss sich derzeit zwar überlegen, ob der Import aus China noch lohnt, wenn es dafür spezielle Software oder gar eigens einen Menschenrechtsbeauftragten einstellen muss. Die meisten Firmen haben jedoch keine Probleme, die Vorgaben zu erfüllen. Das ergibt eine Umfrage der Außenhandelskammer in Peking. Vielleicht ist die Aufregung aber auch nur aufgeschoben. Denn das Lieferkettengesetz auf EU-Ebene ist in der Mache. Und das soll sehr viel schärfer ausfallen.
In unserer zweiten Analyse widmen wir uns der von China dominierten Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank. Sie will sich nur allzu gern als seriöse Alternative zu bestehenden Finanz-Institutionen etablieren, vor allem als Gegenstück zur US-geführten Weltbank. Damit das gelingt, wirbt die AIIB mit ihren hohen Standards bei der Kreditvergabe. Mit Erfolg: Auch Deutschland ist Mitglied bei der AIIB und besitzt nach China, Russland und Indien mit rund vier Prozent die größten Stimmrechte.
Marcel Grzanna hat sich die vermeintlich hohen Standards in einem konkreten Fall in Kambodscha angeschaut – und muss feststellen: In der Praxis werden die vermeintlich hohen AIIB-Standards erstaunlich flexibel ausgelegt. Auch die deutsche Regierung will nun den Vorwürfen nachgehen.
Bislang hält sich der Ärger über das neue Lieferkettengesetz in Grenzen. In der deutschen Öffentlichkeit echauffiert sich bislang nur einer über das Gesetz: Wu Ken, der chinesische Botschafter. China werde sich nicht in die Gesetzgebung von Deutschland einmischen, sagte er in einem Interview im Handelsblatt. “Doch die Politisierung von Wirtschafts- und Handelsfragen verzerrt die Prinzipien der Marktwirtschaft.”
Der Botschafter der Volksrepublik sieht in dem neuen Gesetz, das Firmen in Deutschland dazu verpflichtet, Menschenrechtsstandards und Vorgaben gegen Umweltverschmutzungen in ihren Lieferketten einzuhalten, offenbar einen gezielten Angriff auf China. Einige Länder würden ein solches Gesetz nutzen, “um sich über die inneren Angelegenheiten anderer Staaten auszulassen”, wetterte der Botschafter. Sein Land werde alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, “um die legitimen Rechte und Interessen seiner Unternehmen konsequent zu schützen”, sagte der Botschafter, ohne jedoch Details zu nennen.
Dass sich die Aufregung – abgesehen vom chinesischen Botschafter – bislang in Grenzen hält, dürfte einen Grund haben: Das Lieferkettengesetz fällt in seiner bisherigen Ausführung recht zahm aus.
Im Kern müssen deutsche Unternehmen, aber auch ausländische Unternehmen mit Zweigniederlassung oder Tochterunternehmen in Deutschland, zwar ihre Lieferketten genauer in den Blick nehmen und mittels eines elektronischen Verfahrens dokumentieren. Wer Kinderarbeit, sittenwidrige Löhne oder Umweltsauereien bei Zulieferern billigend in Kauf nimmt, muss mit Bußgeldern in Millionenhöhe rechnen. Für große Unternehmen könnte es daher Sinn ergeben, einen Menschenrechtsbeauftragten einzustellen. Volkswagen hat das bereits getan.
Doch es gibt lediglich eine Bemühenspflicht, keine Erfolgspflicht. Bei indirekten Zustellern müssen die Unternehmen zudem erst tätig werden, wenn Anhaltspunkte über Menschenrechtsverletzungen wie Armutslöhne oder Kinderarbeit in der Region vorliegen, wo die Fabrik des Zulieferers steht. Wenn Verstöße nachgewiesen sind, werden die betreffenden Firmen nicht sofort abgestraft, sondern erst, wenn sie nichts dagegen tun.
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), das für die Einhaltung des neuen Gesetzes zuständig ist, betont zwar, dass es
Der umsatzbezogene Bußgeldrahmen gilt jedoch nur für Unternehmen mit mehr als 400 Millionen Euro Jahresumsatz. Zudem tritt das neue Gesetz nur stufenweise in Kraft. Ab diesem Jahr gilt es zunächst einmal nur für große Firmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten – das sind etwa 600, ab 2024 für knapp 3.000 Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten.
Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen haben die Möglichkeit, bei Hinweisen von Menschenrechtsverletzungen zu klagen, wenn die Opfer dem auch konkret zustimmen. Doch eine zivilrechtliche Unternehmenshaftung gibt es nicht. Das bedeutet: Die Opfer haben keine Aussicht auf Schadensersatz von den Firmen. Es kann aber das BAFA mit seinen Bußgeldforderungen einschreiten.
Die meisten deutschen Unternehmen sehen in der derzeitigen Fassung des Lieferkettengesetzes auch noch kein Problem fürs Geschäft. “Für uns hat sich nicht so viel geändert”, sagt Jan Philippi, der eine Designmanufaktur in der Nähe von Hamburg betreibt und viele seiner angebotenen Waren aus China bezieht. Seine Firma habe bereits vorher von seinen chinesischen Partnern einen Verhaltenskodex (code of conduct) ausgemacht. Er hat deren Angaben zusätzlich bei Fabrikbesuchen persönlich überprüft.
Die Deutsche Handelskammer in China betrachtet das Lieferkettengesetz generell als “Chance, die soziale und ökologische Situation weltweit zu verbessern”. Jens Hildebrandt, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied in Peking, räumt zwar ein, dass das Gesetz die deutschen Unternehmen in China “auch vor Herausforderungen” stellt. Laut ihrer jüngsten Geschäftsklimaumfrage nur knapp ein Drittel der Unternehmen Probleme, die Anforderungen des Lieferkettengesetzes vollständig zu erfüllen.
Teilweise gebe es Schwierigkeiten bei der Kommunikation mit Lieferanten vor Ort oder der Überprüfung von Produktionsstätten, so Hildebrandt. Trotz dieser Hürden würden aber nur wenige Unternehmen eine Neuaufstellung ihrer Zulieferer erwägen. Ganze 86 Prozent der Unternehmen müssen keine weiteren Handlungen zur Umstrukturierung ihrer Lieferketten durchführen, betont Hildebrandt.
Für große deutsche Firmen, die in Xinjiang produzieren, dürfte es allerdings deutlich schwieriger werden. Das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen wirft der Führung in Peking vor, Uiguren und andere Angehörige muslimischer Minderheiten willkürlich in Haftlagern festzuhalten. Seit Jahren gibt es Vorwürfe der Zwangsarbeit in den Fabriken, die US-Regierung spricht sogar von einem Genozid. Deutsche Unternehmen, die in Xinjiang Fabriken betreiben, wie etwa Volkswagen oder BASF, konnte zwar nicht nachgewiesen werden, dass in ihren Lieferketten Zwangsarbeit stattfindet. Aber sie dürften mit dem Lieferkettengesetz stärker ins Visier von Nichtregierungsorganisationen und Prüfbehörden geraten.
Das zuständige BAFA will nicht zuletzt personell für solche Fälle deutlich aufstocken. Zum Jahreswechsel wurden bereits rund 50 Personen an der neuen Außenstelle der Behörde in Borna bei Leipzig zum Lieferkettengesetz eingestellt. Bis Sommer 2023 ist geplant, deren Zahl auf etwa 100 zu verdoppeln.
Eindringlich hatte die Nichtregierungsorganisation Equitable Cambodia (EC) auf Erpressungen und Drohungen im kambodschanischen Mikrokreditsektor hingewiesen. Und dennoch blieb sie außen vor, als Anfang Oktober eine Delegation der chinesisch dominierten Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) ins Land reiste. “Man hat uns gesagt, wir dürften die Delegation zu unserer eigenen Sicherheit nicht begleiten. Völlig unverständlich”, sagt EC-Direktor Eang Vuthy zu China.Table.
Die Bank untersuchte vor Ort die Vorwürfe gegen mögliche Empfänger stattlicher Millionenkredite der AIIB: Es geht um räuberische Kreditvergabe und missbräuchliche Eintreibungspraktiken. Doch anstatt Vuthy und seine Leute, die sich seit Jahren intensiv mit der Problematik beschäftigen, wählte die Bank eigene Berater als Begleiter aus – deren Sicherheit sie offenbar nicht in Gefahr sah.
Die Kredite an zwei Mikro-Finanzinstitute in Höhe von 100 Millionen und 75 Millionen US-Dollar sind zwar bereits genehmigt, ob sie tatsächlich fließen, ist aber noch nicht entschieden (China.Table berichtete) Auch, weil Nichtregierungsorganisationen auf die europäischen Teilhaber der AIIB Druck gemacht und eine Überprüfung erreicht haben. Der Ausschluss von Equitable Cambodia (EC) und anderen unabhängigen Einrichtungen wie der Menschenrechtsorganisation Licadho wirft jedoch Fragen auf.
Zumal andere große Investoren kritischer sind. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat sich bereits zurückgezogen, und auch die unabhängige Beschwerdestelle des Privatsektorarms der Weltbank (IFC) prüft ihr Engagement in dem Sektor. “Die AIIB beruft sich auf ihre hohen Standards bei der Kreditvergabe. Jetzt aber, wo es darauf ankommt, wirkt ihr Handeln intransparent und nicht konsequent“, sagt die Sinologin Nora Sausmikat, die am China-Desk des gemeinnützigen Vereins Urgewald aus Köln zuständig ist für Kampagnen zu multilateralen Finanzinstitutionen. “Weshalb nimmt sie die Bedenken nicht ernst?”
Sausmikat kritisiert, dass die Delegation der Bank, die die Vorwürfe gegen die Mikro-Geldgeber bei einem Besuch in Kambodscha vom 27. September bis 5. Oktober recherchiert haben, offenbar sehr kundenfreundlich vorging. “Fakt ist, dass sie offenbar mit der Begründung, sie hätten die Organisationen und Betroffenen schützen wollen, einen Dialog mit den Betroffenen haben vermeiden wollen.”
Bei ihrer Gründung im Jahr 2015 orientierte sich die AIIB tatsächlich eng an den Vergabekriterien anderer multilateraler Investitionsbanken. Auch deshalb stieg beispielsweise Deutschland als Mitglied ein. Hinter China, Russland und Indien besitzt die Bundesrepublik mit rund vier Prozent die größten Stimmrechte.
In der Praxis aber seien die AIIB-Standards zum öffentlichen Zugang zu Information zu den Umwelt- und Sozialauswirkungen “so offen und flexibel gestaltet, dass Projektmanager großen Freiraum haben, willkürlich zu entscheiden, wann und was öffentlich gemacht wird”, kritisierte die Umweltökonomin Korinna Horta in einem Kommentar zum Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags zu den Standards der Weltbank und der AIIB.
“Die Genehmigung dieser Projekte (in Kambodscha) zeigt, dass die AIIB ihre Sorgfaltspflicht nicht erfüllt hat“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung acht zivilgesellschaftlicher Organisationen. Die Frage, die sich aufdrängt, lautet: Welches Interesse hätte die AIIB daran, Kredite zu verteilen, deren Empfänger die Menschenrechtsstandards nicht einhalten? Sie geriert sich als Alternative zu anderen Entwicklungsbanken und kann Zweifel an ihrer Integrität dabei nicht gebrauchen.
“Die Schwellenländer suchen bei der AIIB internationale Qualitätsstandards. Die sind auch wichtig für die Zusammenarbeit mit anderen internationalen Finanzpartnern”, hatte der deutsche Vizepräsident der AIIB, Ludger Schuknecht, kürzlich im Interview mit China.Table betont. Bei der Bank würde viel Wert auf den Konsens aller Mitglieder gelegt. Dabei gewähren die Statuten dem AIIB-Präsidenten, dem Chinesen Jin Liqun, große Freiheiten. Er besitzt die Vollmacht, Kredite an den Privatsektor bis zu 100 Millionen US-Dollar und an öffentliche Antragsteller bis zu 200 Millionen US-Dollar im Alleingang zu gewähren. Des formellen Konsenses bedürfen seine Entscheidung nicht.
Zwar kann jedes der zwölf Mitglieder des Verwaltungsrates verlangen, dass Einzelentscheidungen im Gremium überprüft werden. Aber dies würde erschwert durch die problematischen Informationsregeln, betont Urgewald. Allgemein sei es das Ziel, dass sich der Verwaltungsrat um die “großen Linien” kümmere, während das Tagesgeschäft dem Präsidenten und seinem Management überlassen bleibt. Eine ausreichende Kontrolle durch den Verwaltungsrat würde so nicht gewährleistet.
Die Bundesregierung nehme die geäußerten Bedenken sehr ernst, heißt es. Man habe das Management zu den geäußerten Bedenken befragt. Dort seien die Bedenken zur Kenntnis genommen, aber über den weiteren Fortgang noch nicht entschieden worden. “Die Bundesregierung wird die in Rede stehenden Projekte weiterhin eng verfolgen und darauf hinwirken, dass die hohen Kreditstandards der AIIB den Regularien der Bank gemäß umgesetzt werden”, erklärte eine Sprecherin zu China.Table.
Tiktok-CEO Shou Zi Chew hat hochrangige EU-Vertreter getroffen und für mehr Vertrauen für das Unternehmen geworben. Der Tiktok-Chef hat in seinem Gespräch mit EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager in Brüssel unter anderem detaillierte Pläne beschrieben, wie die chinesische Video-App sich auf die ab 2024 geltenden neuen Haftungs- und Sicherheitsvorschriften für digitale Plattformen (den sogenannten Digital Services Act) vorbereitet. Das Meeting mit Chew am Dienstag in Brüssel sei produktiv gewesen, erfuhr Europe.Table aus Kommissionskreisen. Alle Problemfelder seien direkt angesprochen und diskutiert worden. Es sei der Eindruck entstanden, dass Tiktok sich gewissenhafter auf die neue Rechtslage vorbereite als mancher Konkurrent aus den USA.
Tatsächlich geht es bei Tiktok auch um das wirtschaftliche Überleben. Noch ein, zwei Fehler – so wie die jüngst bekanntgewordene versuchte Bespitzelung von US-Journalisten – und Tiktok muss damit rechnen, dass die USA und die EU die App von ihren Märkten verbannen. Wegen der Berichte über “aggressive Datenerfassung und Überwachung in den USA”, seien auch die Datenschutz-Grundverordnung der EU sowie Fragen des Schutzes der Privatsphäre besprochen worden, hieß es im offiziellen Statement von Vestager nach dem Meeting.
Ob es Tiktok letztendlich gelingen werde, alle Versprechungen umzusetzen, sei aber offen, hieß es aus Kommissionskreisen weiter. Chew traf neben Vestager auch weitere EU-Kommissare. Věra Jourová, Kommissarin für Werte und Transparenz, erkundigte sich unter anderem nach der Sicherheit von Kindern auf der Plattform. Weitere Themen: die Verbreitung russischer Desinformationen auf Tiktok sowie die Transparenz bezahlter politischer Inhalte. Es dürfe keinen Zweifel geben, dass die Daten der Nutzer in Europa sicher und nicht dem illegalen Zugriff von Behörden aus Drittländern ausgesetzt seien, sagte Jourová nach dem Gespräch. vis
Das Europaparlament sieht eine Gefahr, dass China sich in die Europawahlen im kommenden Jahr einmischen könnte. Das Potenzial für Desinformationskampagnen aus der Volksrepublik dürfe nicht unterschätzt werden, warnt der Sonderausschuss zu ausländischer Einflussnahme auf demokratische Prozesse des EU-Parlaments in einem Berichtsentwurf.
China habe im vergangenen Jahrzehnt rund drei Milliarden Euro in europäische Medienunternehmen gesteckt und damit Einfluss auf EU-interne Berichterstattung erhalten, heißt es in dem Papier, das am Donnerstag im Ausschuss erstmals debattiert wird. Die EU müsse mehr unabhängigen Journalismus in den Nachbarschafts- und Beitrittsländern unterstützen, fordert der Ausschuss. Darin wird auch Besorgnis über Partnerschaften zwischen europäischen Universitäten und chinesischen Einrichtungen sowie die Verbreitung russischer Desinformation über chinesische Sozial- und Staatsmedien geäußert.
Der Bericht soll als Standpunkt des EU-Parlaments noch in der ersten Jahreshälfte im Plenum zur Abstimmung kommen. Die darin enthaltenen Handlungsempfehlungen für die EU-Kommission sind nicht bindend. ari
In einer Fabrik in Chongqing kam es laut Berichten der South China Morning Post am Wochenende zu gewaltsamen Ausschreitungen. Videos in den sozialen Netzwerken zeigen, wie Arbeiter Sicherheitskräfte in einem Industriepark mit Gegenständen bewerfen. Aus einem Polizeilautsprecher ertönt die Durchsage “illegale Aktivitäten” seien unverzüglich zu unterbinden.
Kommentaren auf Social Media und Bildauswertungen von AFP zufolge könnte es sich bei den Protestierenden um Arbeiter des Pharma-Herstellers Zybio handeln, der unter anderem Covid-Testkits herstellt. Berichten zufolge hat das Unternehmen zuletzt mehrere Tausend Arbeiter entlassen und Löhne nicht ausgezahlt. Das Unternehmen äußerte sich bislang nicht zu den Vorkommnissen. Hashtags, die mit den Protesten in Zusammenhang stehen, wurden von den Behörden zensiert. fpe
Das Olympisches Komitee der chinesischen Verwaltungszone Hongkong zwingt seine Sportverbände zu einer Entscheidung: Wer die Farben der Stadt künftig bei internationalen Wettbewerben noch vertreten wolle, muss den Namen China in seiner Verbandsbezeichnung tragen. Betroffen sind davon mehr als 60 Organisationen, die bislang auf die Umbenennung verzichtet haben. Nur 19 Verbände haben ihre Namen seit 1997 entsprechend ergänzt.
Das Hongkonger Olympische Komitee, das die Stadt seit 1999 offiziell als Hongkong, China vertritt, setzte den Verbänden ein Ultimatum bis Mitte des Jahres. Honorar-Generalsekretär Edgar Yang verwies in dem Schreiben auf Artikel 149 des Basic Law, das bei der Übergabe der Stadt von Großbritannien an China vor rund 25 Jahren als eine Art Verfassung eingeführt worden ist. grz
Ein Lastwagen ist in Südostchina in eine Warteschlange auf der Straße vor einem Krematorium gekracht. 19 Menschen kamen bei dem Vorfall ums Leben. Weitere 20 wurden verletzt, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. Das Unglück passierte demnach kurz am Sonntag nach Mitternacht im Dorf Taoling südöstlich der Stadt Nanchang in der Provinz Jiangxi. Wie Staatsmedien berichteten, warteten die Angehörigen und Freunde vor dem Gebäude, hatten Opfergaben für die Toten am Straßenrand aufgestellt. Demnach wollten die Menschen bei einer Massen-Einäscherung am nächsten Morgen dabei sein. Nähere Angaben zum Hergang des Unfalls gab es zunächst nicht. ari
“Für mich ist in Shenzhen eine Welt zusammengebrochen”, sagt Alicia Hennig, wenn sie an ihre Zeit als Dozentin in China denkt. 2015 kommt die Unternehmensethikerin für einen Lehrauftrag an das dortige Harbin Institute of Technology. Im Gepäck viele positive Erinnerungen an vorherige Praktika in Shanghai und Jiangsu. Denn das China der Geschäftsleute und Möglichmacher hatte Hennig inspiriert.
Doch in Shenzhen angekommen schreckt sie das sozialistische Top-Down-System und dessen Beamtenapparat ab. Vor allem die Zensur macht ihr zu schaffen: Vereinbarungen mit der Universität verbieten ihr, über Themen wie Taiwan oder die Ein-China-Politik zu sprechen. Ob sich Hennig oder ihre Studenten daran halten, wird durch Kameras und Mikrofone in den Hörsälen kontrolliert. Genervt von Schikanen und Tabus kündigt Hennig 2017 vorzeitig.
Heute ist sie Interims-Professorin für allgemeine BWL, Controlling und Umweltmanagement an der Technischen Universität Dresden. Aus ihrer Zeit in China ist vor allem eine Frage haften geblieben: Ist es legitim, als Wissenschaftlerin in China zu arbeiten und damit das autoritäre System zu unterstützen? “Ich habe für mich eine Antwort gefunden. Aber ich kann den Leuten ja nicht vorschreiben, wie sie selbst handeln sollen.”
Dennoch hat Hennig eine klare Vorstellung, wo die Prioritäten liegen sollten – und das nicht nur im akademischen Bereich sondern auch bei den vielen deutschen Unternehmen, die nach China gekommen sind. Denn angesichts von “Umerziehungslagern” in Xinjiang und der lange mit eiserner Härte durchgesetzten Zero-Covid-Politik müssten sich diese damit auseinandersetzen, dass sie mit ihrer Präsenz das autoritäre Regime unterstützen, so Hennig. Vor allem vor dem Hintergrund, dass sich viele große Unternehmen sonst öffentlich für den Schutz von Menschenrechten aussprechen.
Hennig fordert daher, dass deutsche Unternehmen ihre Lieferketten diversifizieren. Weg aus China, zurück nach Europa, lautet die Losung. Laut Hennig könne auch Druck aus der Zivilgesellschaft einen Anstoß geben. “Unternehmen werden nicht genug dazu aufgefordert, öffentlich Stellung zu beziehen”, beklagt sie angesichts der Menschenrechtsverletzungen im Land. Außerdem wünscht sie sich Unterstützung von der Politik: Europa müsse bessere Standortbedingungen schaffen, damit Unternehmen ihre Produktion nach Europa zurückholen können.
Zusammen mit der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) und anderen Menschenrechts-NGOs hat sie ein Positionspapier verfasst. Darin fordern die Menschenrechtler einen stärkeren Fokus auf Xinjiang, Tibet und Hongkong sowie eine Aufwertung Taiwans. Anlass des Papiers ist die angekündigte Chinastrategie der Bundesregierung, von der sich Hennig und ihre Kollegen wünschen, dass auch Investitionen aus China kritischer betrachtet werden.
Für Hennig geht es hier um nichts weniger als Deutschlands Glaubwürdigkeit. Die Bundesregierung müsse ihrer wertebasierten Außenpolitik gerecht werden, fordert sie. “Wer für Werte wirbt, muss auch für Werte einstehen.” Jonathan Kaspar-Lehrer