die Lage in Peking spitzt sich zu Wochenbeginn dramatisch zu. Auch am Montag steigt die Zahl der Corona-Neuinfektionen, im größten Stadtbezirk Chaoyang werden Massentests durchgeführt, erste Wohnblöcke abgeriegelt. Es kommt zu Hamsterkäufen und leeren Regalen in den Supermärkten. Die Menschen fürchten einen Lockdown wie in Shanghai. In unserer ersten Analyse lesen Sie, warum selbst Pekings Behörden vor “düsteren Zeiten” für Chinas Hauptstadt warnen. Und warum die aktuellen Entwicklungen auch zur Gefahr für Präsident Xi Jinping werden könnten.
Und während Xi eisern an seiner Null-Covid-Strategie festhält, müssen andere die Zeche zahlen: für die unzähligen Coronatests jeden Tag, für Kontrollen in Wohnsiedlungen, an Straßenecken, Bezirks- und Stadtgrenzen oder für den Bau ganzer Isolierstationen. Ganz zu schweigen von ausbleibenden Einnahmen und Steuerzahlungen: Allein Shanghai steht für 3,8 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsprodukts. Christiane Kühl hat sich angeschaut, wie hoch schon jetzt die Gesamtkosten der chinesischen Zero-Covid-Politik sind und welche Branchen besonders unter den rigiden Vorgaben der Führung in Peking leiden.
Chines:innen bilden in Deutschland die größte Gruppe der Studierenden aus dem Ausland. Auch im Wintersemester 2020/2021 kamen trotz Corona die meisten der neuen ausländischen Studierenden aus China. Was im Nachhinein als Privileg erscheint entpuppt sich vor Ort im Alltag allerdings meist als riesige Herausforderung. Ob sprachlich, kulturell oder schlicht kulinarisch – Frank Sieren zeigt, mit welchen Problemen und kulturellen Unterschieden Chines:innen in Deutschland zu kämpfen haben.
Zu guter Letzt möchte ich Sie noch auf unseren heutigen Standpunkt von Stefan Sack aufmerksam machen. Der frühere Vize-Präsident der Europäischen Handelskammer in Shanghai blickt auf die Idee “Wandel durch Handel” und kommt zu dem Schluss: Der Ansatz ist durchaus aufgegangen – nur nicht so, wie es sich der Westen erhofft hatte. Es sei der Westen, der sich den chinesischen Befindlichkeiten anpasse. Sack fordert ein Umdenken.
Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht
Geduldig stehen die Menschen am Montag im Chaoyang-Bezirk in meterlangen Schlangen an. Hüfthohe Absperrgitter sorgen für Abstand und Ordnung. Am Ende der Schlangen warten in Schutzkleidung verhüllte Kontrolleure, die mechanisch Abstriche aus den Rachen der Wartenden entnehmen. Mehrere Millionen Mal, allein am Montag, allein im Chaoyang-Bezirk.
Chaoyang ist der größte Distrikt Pekings, die Behörden hatten für sämtliche Einwohner des Bezirks verbindliche PCR-Tests angeordnet (China.Table berichtete). Das sind 3,5 Millionen Menschen. Sie alle müssen allein diese Woche alle zwei Tage zum Test: am Montag, am Mittwoch und am Freitag. Zudem wurden zu Wochenbeginn einzelne Wohnblöcke sowie mehrere Nachbarschaften in dem Bezirk abgeriegelt. Die Bewohner der jeweiligen Anlagen dürfen das Gebiet bis auf Weiteres nicht mehr verlassen. Auch erste Restaurants und Unterhaltungsstätten wurden geschlossen.
Und dennoch steigt die Zahl der Corona-Neuinfektionen weiter. Nach einigen Dutzend Corona-Infektionen am Wochenende meldeten die Behörden am Montag 29 neue Fälle. Damit steigt die Zahl der registrierten Coronavirus-Neuinfektionen auf mindestens 70. Und die Ausbrüche haben sich längst auf andere Bezirke ausgedehnt. Offiziellen Angaben zufolge sind bereits acht der 16 Pekinger Bezirke betroffen. Am späten Montagabend kündigt deshalb die Stadtverwaltung an, die Massentests auf zehn weitere Stadtteile sowie eine Wirtschaftszone auszudehnen.
Die Unruhe unter den Pekingern wächst. Sie fürchten den Teufelskreis der chinesischen Zero-Covid-Politik: Wenn mehr getestet wird, werden mehr Infektionen registriert. Das führt zu schärferen Einschränkungen und zu mehr Tests, die dann wiederum mehr Infektionen zutage fördern.
Am Montag kam es deshalb in Peking zu Hamsterkäufen und leeren Regalen in den Supermärkten. Etliche Läden waren dem Andrang panischer Kunden kaum gewachsen. Vielerorts deckten sich die Einwohner ein mit Lebensmitteln und anderen Vorräten wie Gemüse, Frischfleisch. Aber auch haltbare Dinge wie Instantnudeln und Toilettenpapier fanden reißenden Absatz. Die staatliche Zeitung Beijing Daily berichtet, dass Supermarktketten wie Carrefour und Wumart ihre Lagerbestände mehr als verdoppelt und die Öffnungszeiten verlängert hätten.
Aber auch der Online-Handel ist betroffen. Der Lebensmittelzweig des E-Commerce-Dienstes Meituan soll seine Lagerbestände erhöht und sein Sortier- und Lieferpersonal aufgestockt haben. Ein Onlinehändler sagte gegenüber der Pekinger Abendzeitung, dass er allein am Sonntag 300 Gefrierschränke verkauft habe – so viele wie sonst innerhalb eines Monats.
Pekings Behörden warnten dann auch am Montag vor “düsteren” Zeiten für die Hauptstadt. Sie fürchten, dass das Virus sich schon seit einer Woche unentdeckt in der 21-Millionen-Metropole verbreitet hat und nun deutlich mehr Fälle entdeckt werden könnten. Erste Beobachtungen deuteten darauf hin, dass vor allem “Schulen, Reisegruppen und viele Familien” betroffen seien, sagte ein Behördenvertreter. Bei einem Viertel der Infizierten handele es sich um über 60-Jährige, von denen die Hälfte ungeimpft sei.
Auf einer Pressekonferenz sagte der Direktor des städtischen Informationsbüros der Kommunistischen Partei, man müsse nun entschlossen Maßnahmen ergreifen: “Todesfälle verhindern, schnell handeln, die Risiken so schnell wie möglich erkennen und kontrollieren, den Ursprung der Fälle aufdecken, PCR-Tests organisieren und die Kette der Virusübertragung durchbrechen.”
Zudem hat Pekings Verwaltung strenge Kontrollen für die Einreise in die Stadt verhängt: Wer nach Peking will, muss einen negativen Covid-Test vorweisen, der nicht älter sein darf als 48 Stunden. Und wer in den vergangenen zwei Wochen Städte oder Landkreise besucht hat, in denen mindestens ein Coronafall gemeldet wurde, darf ohnehin nicht einreisen.
Doch wie schwer es ist, die Omikron-Variante des Virus zu bekämpfen, zeigt ein Blick nach Shanghai. Die Finanzmetropole am Yangtze-Delta steckt seit Wochen im Total-Lockdown – und noch immer ist die Lage nicht unter Kontrolle: Gesellschaftlich wird der Ärger über die harschen Maßnahmen immer größer: Am Wochenende sorgte ein Video mit dem Titel “Stimme des April”(四月之声) für Aufsehen (China.Table berichtete). Und die epidemiologische Lage ist wenig besser: Experten erwarten, dass es noch Wochen dauern wird, bis sich die Situation nachhaltig entspannen könnte. Erschwerend kommt hinzu: Weder in Shanghai noch in Peking kennen die Behörden die Herkunft der Neuansteckungen.
Mit ihrem schnellen Vorgehen wollen die Pekinger Behörden allerdings zeigen, dass man aus dem Corona-Ausbruch in Shanghai und anderen Provinzen gelernt habe (China.Table berichtete). Ob ein Lockdown über ganz Peking oder auch nur einige Bezirke verhängt werde, hänge von der Ausbreitung des Virus ab, sagte ein Experte des nationalen Gesundheitsamtes der Zeitung “Global Times”. “Wenn die Ergebnisse der Tests in Chaoyang und anderen Teilen herauskommen, wird es uns ein besseres Bild von der gesamten epidemischen Lage in Peking geben”, sagte der Funktionär. “Weitere Maßnahmen werden entsprechend folgen.”
Dass nun die Omikron-Welle auf Peking zurast, setzt zunehmend auch die politische Führung des Landes unter Druck. Denn es droht, was nicht sein darf: Xi hatte angeordnet, dass die Hauptstadt China unter allen Umständen frei von dem Virus bleiben müsse. Eine längere Sperrung – oder gar ein wochenlanger Total-Lockdown wie in Shanghai würde den politischen und wirtschaftlichen Druck auf seine Regierung enorm erhöhen.
“Xi Jinping ist gefangen in seiner eigenen Politik”, sagt China-Experte Eberhard Sandschneider gegenüber China.Table. Xi werde auch weiterhin an seiner strikten Politik festhalten. “Wie ich von Quellen auf verschiedenen Ebenen höre, setzen die Behörden nach wie vor alles in Bewegung, um Xis Vorgaben zu erfüllen. Aber der Unmut wächst rasant.” Wirtschaftlich nimmt der Schaden immer größere Ausmaße an. Einer Studie internationale Experten zufolge kostet Chinas Null-Covid-Politik das Land schon jetzt mindestens 46 Milliarden US-Dollar – pro Monat. Ein zusätzlicher Lockdown in Peking oder einer anderen Metropole wie Shenzhen würden den Schaden dramatisch erhöhen.
Aber auch innerhalb der chinesischen Gesellschaft wächst der Unmut. China-Kenner Sandschneider warnt: “Dieses explosive Gemisch kann eine Gefahr für Xi Jinping selbst werden.”
Zehntausende Betten für Isolierstationen, regelmäßige Coronatests für 25 Millionen Menschen, Barrieren, Kontrollen – und dazu noch entgangene Steuereinnahmen durch all die Geschäftsschließungen: Die Kosten der Null-Covid-Politik für Chinas Kommunen sind immens. In Shanghai geht es derzeit nur in ganz wenigen Wirtschaftszweigen halbwegs produktiv zu. Im Hafen etwa, an der Börse – oder bei Online-Lieferdiensten für Nahrungsmittel. Allein ein Monat Lockdown werde einem Bericht der South China Morning Post zufolge Shanghais aggregiertes Realeinkommen um 2,7 Prozent reduzieren.
Die Zeitung zitiert zudem ein Papier von Forschenden der Universitäten Tsinghua und Zhejiang sowie der Chinese University of Hong Kong und der US-Universität Princeton, wonach Chinas Null-Covid-Politik das Land wohl mindestens 46 Milliarden US-Dollar pro Monat kosten werde – an verlorener Wirtschaftsleistung. Das entspräche etwa 3,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, so die Studie. Die März-Produktion mancher Industriegüter ging im Vergleich zum Vorjahresmonat dramatisch zurück: Die Rohstahlproduktion sank um 6,4 Prozent, die Automobil-Fertigung um 4,9 Prozent. Gebeutelt sind außerdem der Konsumsektor, Dienstleistungen und das fragmentierte Logistikgewerbe.
Derweil nimmt die Zahl der Städte mit Coronavirus-Beschränkungen weiter zu. Bis zum 11. April hatten 87 der 100 größten Städte Chinas irgendeine Form von Bewegungsbeschränkungen verhängt, so die Wirtschaftsexperten von Gavekal Dragonomics. Die Beschränkungen variieren von “wer eine Stadt betreten oder verlassen darf” bis hin zu vollständigen Lockdowns wie in Shanghai. Nur in 13 der 100 größten Städte des Landes gäbe es aktuell gar keine Einschränkungen.
Aber während immer mehr Städte Sperren verhängen, ließ die Härte kommunaler Lockdowns etwas nach. Von Ende März bis zum 13. April ging die Zahl der Großstädte mit strikten Lockdowns laut Gavekal von 14 auf sechs zurück. Damit schrumpfte auch der Anteil komplett abgeriegelter Städte an der Wirtschaftsleistung Chinas von 14 auf acht Prozent. Doch dieser Anteil kann angesichts der hohen Übertragungsrate der Omikron-Variante jederzeit wieder steigen. Und Shanghai allein repräsentiert schon 3,8 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsproduktes.
Der lange Lockdown der Metropole könnte Chinas monatliche Wirtschaftsleistung um zweieinhalb bis drei Prozent reduzieren, schätzt der Ökonomieprofessor Michael Song von der University of Hong Kong – auf Basis des in der Studie der vier Universitäten angewandten Modells, das die Lkw-Ströme aus 315 Städten bis zurück in den Januar 2019 unter die Lupe genommen hatte. Demnach werden sowohl die mit der Stadt verbundenen Lastwagenströme als auch das Realeinkommen von Shanghai um 54 Prozent zurückgehen. Der Lkw-Verkehr macht laut Statistiken des Verkehrsministeriums rund drei Viertel des gesamten nationalen Frachtaufkommens aus – und ist daher laut Song ein nützlicher Indikator. Er schätzt, dass ein Ein-Monats-Lockdown der vier größten Städte – Peking, Shanghai, Shenzhen und Guangzhou – das BIP um 8,6 Prozent abschmelzen würde.
Chinas strenge Covid-19-Sperren und Reisebeschränkungen haben zu einem Albtraum für den Logistiksektor geführt – was wiederum Produktion, Binnenhandel und Exporte belastet, eigentlich die gesamte Wirtschaft. Der Lkw-Verkehr quer durchs Land sei seit Mitte März um 40 Prozent zurückgegangen, schrieb Ernan Cui von Gavekal. In Shanghai liege er bei nur noch 15 Prozent des normalen Niveaus. Fast alle der gut 17 Millionen chinesischen Trucker sind Eigentümer: Rund 90 Prozent besitzen eigene Lastwagen. “Es stehen immer weniger Lkw-Fahrer zur Verfügung, die keine Reisegeschichte ohne irgendeine Art von Covid-Kontaktrisiko haben”, schreibt Cui. Lieferzeiten würden immer länger, Transportkosten steigen. Hinzu kommen Berichte von Truckern, die an Ortsgrenzen vorübergehend in ihren Lkw-Führerhäuschen festsaßen. Bei manchen klebte das Gesundheitspersonal gar die Türen zu.
Am schlimmsten betroffen von Covid-Maßnahmen ist der Transport in der Produktionshochburg des Jangtse-Deltas. Der Staatsrat sagte daher mehr spezielle Fahrzeugpässe für den Verkehr von Lastwagen zwischen Shanghai und den Nachbarstädten wie Suzhou und Hangzhou zu. Das Transportministerium ordnete zudem an, dass auf den Hauptspuren von Autobahnen im Delta keine Kontrollpunkte mehr für Covid-Tests eingerichtet werden, damit der Transport reibungsloser verlaufe. Die Provinzregierung von Jiangsu hatte kurz vorher die Aufhebung von Sperren an mehr als 50 Autobahnkreuzen verfügt. Auch die lokale EU-Kammer hatte gefordert, die Regeln für Trucker im Delta zu vereinheitlichen.
Chinas Vize-Ministerpräsident Liu He ordnete zudem die Einführung eines landesweit anerkannten Covid-19-Testpasses an, damit Lkw-Fahrer Rohstoffe, Komponenten, Lebensmittel und lebensnotwendige Güter zwischen den Provinzen ausliefern können, ohne bei jedem Stopp auf Ergebnisse warten zu müssen.
Es geht die Furcht um, dass nach einem noch halbwegs robusten ersten Quartal mit 4,8 Prozent Wachstum gegenüber dem Vorjahreszeitraum (China.Table berichtete) nun ab April der Einbruch folgen könnte. Anfang April ermahnte Ministerpräsident Li Keqiang die lokalen Behörden, dass sie bei der Stabilisierung der Wirtschaft größere “Dringlichkeit” zeigen sollten. Staatschef Xi Jinping zeigte sich derweil weiter unbeeindruckt von den Problemen. In seiner Rede auf dem Wirtschaftsforum von Bo’ao am Donnerstag betonte Xi, dass die chinesische Wirtschaft trotz der derzeitigen Herausforderungen eine “starke Widerstandsfähigkeit” und ein “enormes Potenzial” aufweise.
Xi hält stoisch an seiner Null-Covid-Politik fest. Doch die Lokalregierungen sind es, die all die Straßensperren und sonstigen Lockdown-Maßnahmen durchsetzen müssen. Sie sind besonders gebeutelt, da sie seit 2021 große Teile der Kosten selbst tragen müssen. Kosten, die durch die hohe Übertragbarkeit der Omikron-Variante immer weiter steigen. Detaillierte Daten über die tatsächlichen Ausgaben der Kommunen gibt es bislang kaum. Aber Suzhou musste bereits im Februar nach eigenen Angaben 120 Millionen Yuan (17 Millionen Euro) zur Bekämpfung eines Ausbruchs ausgeben, der am 13. Februar begann – für Schutzausrüstung, PCR-Tests, Infrastruktur und medizinische Versorgung. Und das war ein kleiner Ausbruch gewesen. Man mag sich vorstellen, wie viel Geld Shanghai derzeit berappen muss.
Auch Hilfsmaßnahmen für die lokale Wirtschaft kosten Geld: Die Regierungen in Shenzhen und Dongguan senkten im März Gebühren und Steuern, um die von der Pandemie betroffenen Unternehmen zu entlasten. Dongguan sagte, es werde jedem Haushalt in den von einem Ausbruch betroffenen Gebieten 1.000 Yuan anbieten.
Kulturelle Unterschiede machen chinesischen Auslandsstudentinnen und -studenten in Deutschland schwer zu schaffen. Das ist das Ergebnis einer deutsch-chinesischen Studie, die kürzlich im European Journal of Chinese Studies veröffentlicht worden ist. Demnach können sich für die Neuankömmlinge aus der Volksrepublik bereits kleine Erledigungen im Alltag als große Herausforderungen entpuppen, etwa der Umgang mit Behörden, das Einkaufen in Supermärkten oder die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel.
Als noch schwieriger beschreiben die ausländischen Studierenden die Aufgabe, eine Wohnung zu finden sowie ein Bankkonto einzurichten. Aber auch Versicherungen abzuschließen, gilt bei ihnen als große Hürde, um sich im deutschen Alltag einzurichten. Viele berichten, dass sie zwar die deutsche Sprache beherrschten, sich aber in diesen speziellen Situationen nicht adäquat verständigen können. Ein ebenfalls nicht zu unterschätzender Faktor: Viele vermissen das Essen ihrer Heimat und bereuen es nun, nie kochen gelernt zu haben.
Insgesamt sind die Studierenden vor allem überrascht, wie viel Eigenverantwortung das Leben in Deutschland erfordert. Dies seien sie aus ihrem chinesischen Universitätsumfeld so nicht gewohnt, wo ihnen viel abgenommen wird. “Viele versetzt das in eine Art Dauerstress”, resümiert der Bochumer Psychotherapeut Ulrich Sollmann, der die Studie mit einem Forscherteam in Shanghai, Haikou und Hangzhou durchgeführt hat. Diese Studenten neigten dann dazu, sich zurückzuziehen und noch stärkeres Heimweh zu empfinden. Manchmal seien Depressionen und Angstzustände die Folge und führten in Einzelfällen zu Abbrüchen des Studiums und zur Rückkehr in die Heimat.
Zahlenmäßig bilden Chinesen die größte Gruppe der Studierenden in Deutschland. Auch im Wintersemester 2020/2021 kamen trotz Corona die meisten der neuen ausländischen Studierenden aus China. Während deutsche Studierende mit einem Stipendium in China kein Visum bekamen, war das für die jungen Chinesen auf dem Weg nach Deutschland kein Problem.
Damit setzte sich ein Trend fort, der bereits vor 20 Jahren begonnen hat. Insgesamt waren in Deutschland in besagtem Semester 416.437 ausländische Studierende immatrikuliert, davon 43.500 aus China. Die nächstgrößere Gruppen bildeten Studierende aus der Türkei (37.000), Indien (28.900), Syrien (19.300), Österreich (15.700), und Russland (14.300).
Um mit dem Druck umzugehen, wenden die Studierenden verschiedene Strategien an. “Sie suchen die Nähe anderer chinesischsprachiger Studierenden”, sagt Sollmann. So entstünden zwar keine Chinatowns in Deutschland, wie man sie aus England oder den USA kennt, aber doch junge, eng vernetzte chinesische Gemeinschaften. “Eine weniger gesellige Alternative ist, dass sich die Studierenden in Onlinespielen und in heimische soziale Medien wie WeChat zurückziehen”, erklärt Sollmann. Manche entwickelten sogar ein Suchtverhalten, oder isolierten sich zumindest noch mehr, als sie es sowieso schon waren.
Die Forscher haben aber durchaus viele gute Seiten ausgemacht, von denen die Studenten berichten. An deutschen Universitäten gäbe es einen größeren Freiheitsgrad, was im Gegensatz zu China sowohl als ungewohnt, aber eben auch als befreiend empfunden wurde. So nannten viele der Befragten das “offene” Lernklima als inspirierend. Studierende dürften Fragen stellen und in Diskussionen eigene Ideen einbringen.
Statt auf eine große “Abschlussprüfung” hinzuarbeiten, gäbe es in Deutschland viele Zwischenschritte im Prüfungsprozess. “Dies wird als großer Vorteil empfunden”, sagt Sollmann. Ist der Alltag in Deutschland einmal gemeistert, wird er als Raum offener, vielfältiger und spannender Beziehungserfahrungen beschrieben. Als Beispiel nennen die Studierenden etwa das nicht selten sehr internationale Leben in einer Wohngemeinschaft, den Zusammenhalt beim Sport oder die Geselligkeit in Studierendenkneipen.
Trotz oder gerade wegen der vielen Herausforderungen schätzen sich die meisten Chinesen bei ihrer Rückkehr nach China als viel reifer ein. “Sie sind bereit, mehr Eigenverantwortung zu übernehmen und Entscheidungen selbst zu treffen”, resümiert Sollmann. “Der Aufenthalt in Deutschland hat sie erwachsener gemacht.”
Das spiegelt sich auch in ihrem größeren Selbstvertrauen wider: Chinesische Studierende, die in Deutschland leben, begreifen sich oft als “Kulturdiplomaten”. Sie empfinden es als Verpflichtung, auf das aus ihrer Sicht undifferenzierte China-Bild der Deutschen einzuwirken. Während des Aufenthaltes relativiert sich der Stolz auf China nicht. Sie identifizieren sich im Zweifel noch enger mit China. Aber gleichzeitig sind sie bereit, die eigenen neuen Erfahrungen in Deutschland in den chinesischen Alltag einfließen zu lassen.
Dort werden die Erfahrungen in Deutschland oft als sehr positiv und bereichernd und durchaus prägend für das weitere Leben in China geschildert. “Trotz der großen Herausforderungen in Deutschland”, fasst Sollmann die Studie zusammen, “wollen die Studierenden wieder nach Deutschland reisen und empfehlen anderen, es ihnen nachzutun.”
Die EU-Kommission will im Herbst ihren lang erwarteten Vorschlag für ein Importverbot für Produkte aus Zwangsarbeit vorlegen. Es werde davon ausgegangen, dass im September eine Vorlage für ein eigenständiges Gesetz präsentiert werden könne, teilte eine Vertreterin der EU-Generaldirektion für Handel am Montag im Handelsausschuss des Europaparlaments mit. Die EU-Kommission arbeite derzeit an einem detaillierten Konzept, genauere Angaben zum Inhalt des Importverbots gebe es jedoch noch nicht.
Das Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit müsse sich auf einen robusten Rahmen und internationale Standards stützen. Dass einzelne Länder wie China durch die Gesetzgebung herausgepickt würden, müsste vermieden werden.
Das Importverbot für Waren, die mit Zwangsarbeit hergestellt wurden, war vergangenes Jahr von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen während ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union angekündigt worden. Eigentlich wurde davon ausgegangen, dass das Importverbot Teil des EU-Lieferkettengesetzes werden würde – der von der Brüsseler Behörde vorgelegte Entwurf dazu ließ das Einfuhrverbot dann jedoch außen vor (China.Table berichtete).
Offen sei vor allem noch die Frage, wie mit kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) bei dem Importverbot umgegangen werde. Es müsse verhältnismäßig gestaltet werden. KMU auszuschließen, sei aber auch nicht “die beste Antwort”, erklärte die Beamtin vor dem Ausschuss.
Das EU-Lieferkettengesetz lässt KMU weitgehend außen vor. Der Entwurf der EU-Kommission sieht mehrere Grenzen vor: Firmen in der EU sind betroffen, wenn sie weltweit einen Jahresumsatz von mehr als 150 Millionen Euro erwirtschaften und mehr als 500 Mitarbeitende haben. Strengere Regeln gibt es für Unternehmen, die in Sektoren arbeiten, bei denen das Risiko von Ausbeutung und Umweltzerstörung höher ist. Hier sind 250 Angestellte und ein Umsatz von 40 Millionen Euro vorgesehen. ari
Der Klub der Auslandskorrespondenten (FCC) in Hongkong hat die Vergabe seines alljährlichen Human Rights Press Award abgesagt. FCC-Präsident Keith Richburg begründete in einer Stellungnahme die Entscheidung mit der Sorge, der Klub könnte ungewollt gegen Gesetze verstoßen. Die offizielle Ehrung sollte am kommenden Samstag stattfinden. Der Hongkonger Human Rights Press Award wird seit 1996 vergeben und gilt als einer der renommiertesten und wichtigsten Journalistenpreise in Asien.
Zu den Preisträgern hätte in diesem Jahr mehrere Beiträge des Onlineportals Stand News gehört, das im Dezember vergangenen Jahres seine Redaktion geschlossen hatte. Mitglieder der Geschäftsführung und der Redaktion von Stand News waren zuvor auf Grundlage des Nationalen Sicherheitsgesetzes wegen der Veröffentlichung von “staatsgefährdenden” Beiträgen verhaftet worden. Zuletzt wurde der bekannte Radiomoderator Allan Au verhaftet (China.Table berichtete). Er hatte als Kolumnist mehrere Beiträge für Stand News verfasst.
Die Entscheidung des FCC-Vorstands provozierte eine Reihe von Rücktritten von Mitgliedern des Komitees für Pressefreiheit. So reagierte unter anderem die Chefin des Hongkong-Büros der amerikanischen Zeitung Washington Post, Shibani Mahtani, mit Unverständnis auf die Absage und beendete ihr Mandat. “Als frühere Preisträgerin des Awards und Jurymitglied empfinde ich tiefstes Bedauern über diese Entscheidung und stehe nicht hinter ihr”, schrieb Mahtani auf Twitter. Insgesamt seien acht Komitee-Mitglieder zurückgetreten, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.
“Es ist ein Sinnbild für die Selbstzensur, zu der sich viele Institutionen im heutigen Hongkong gezwungen sehen”, schreibt Mahtani weiter. Die Entscheidung des Vorstandes zeige deutlich, wie das Sicherheitsgesetz die Bedingungen in der Stadt verändert habe. Mit dem Rückzug dränge sich die Frage auf, ob der FCC seiner Rolle als Verteidiger der Pressefreiheit in Hongkong weiterhin gerecht werde. Das Nationale Sicherheitsgesetz war 2020 eingeführt worden und wurde von den Behörden als Basis für eine politische Säuberung der Stadt genutzt. grz
Chinas harter Kurs gegen das Coronavirus wird nach Ansicht des Münchner Ifo-Instituts die Konjunktur in Deutschland bremsen. “Die Folgen des China-Lockdowns werden die deutsche Wirtschaft in den nächsten Monaten treffen“, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. “Das wird die Lieferkettenprobleme der Industrie verschärfen und die Verfügbarkeit von Waren im Einzelhandel einschränken.” Vor allem die Logistik werde darunter leiden. “Das wird sich noch mal deutlich verschärfen.”
Bislang zeigten sich die deutschen Betriebe jedoch überaus stabil – angesichts des Kriegs in der Ukraine und den Auswirkungen der Lockdowns in China. “Die deutsche Wirtschaft zeigt sich robust gegenüber der Unsicherheit”, erläuterte Wohlrabe. “Für das erste Quartal sehen wir keine Rezession.” Auch für das laufende zweite Quartal zeichne sich kein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts ab.
Wohlrabe betonte aber, dass es weiter Engpässe bei wichtigen Gütern gebe. “Die Lieferkettenprobleme der Industrie bleiben auch im April groß.” Rund 75 Prozent der Firmen klagten darüber, nach gut 80 Prozent im März. “Die Erwartungen der Industrie haben sich etwas verbessert, sind aber noch stark von Pessimismus geprägt.”
Die Unternehmen versuchen, die gestiegenen Kosten an Kunden weiterzureichen. “Viele Firmen haben weitere Preiserhöhungen angekündigt”, sagte der Ifo-Fachmann. “Das zieht sich jetzt durch die gesamte Wirtschaft.” rtr
Wenn deutsche Kanzler oder Kanzlerinnen nach Chinas reisten, trugen sie immer die Wunschvorstellung Wandel durch Handel im Gepäck. Die Logik dahinter: Durch immer engere Geschäftsbeziehungen zwischen China und dem Westen würde die Volksrepublik schrittweise liberaler werden, irgendwann sogar vielleicht demokratisch.
China würde sich nach der wirtschaftlichen Öffnung unter Deng Xiaoping und dem beispiellosen wirtschaftlichen Aufstieg automatisch dem gewinnbringenden System der freiheitlichen Demokratien und einer regelbasierten Weltordnung anschließen, so die Überzeugung.
Und tatsächlich ist das Prinzip Wandel durch Handel 20 Jahre nach Chinas Eintritt in die Welthandelsorganisation aufgegangen. Nur nicht so, wie wir es antizipiert hatten, sondern genau andersherum. Durch den Handel mit China haben vor allem auch wir Deutschen damit begonnen, uns zu wandeln.
Wir sind aus unserem schönen Traum bitter erwacht. Die Abhängigkeiten unserer Lieferketten und die Gier nach neuen Wachstumsmärkten haben uns in eine Situation manövriert, in der wir heute unser Verhalten chinesischen Befindlichkeiten anpassen. Unsere Abhängigkeiten vom chinesischen Markt sind inzwischen so groß, dass Peking sie im “Divide et Impera”-Verfahren – Teile und Herrsche – gegen uns ausspielt. Wir müssen uns endlich eingestehen und darüber diskutieren, dass wir uns mittlerweile so verhalten, um chinesischen Bestrafungen zu entgehen.
Wir lassen Vorsicht walten, wenn wir Kommentare mit China-Bezug in Sozialmedien posten. Firmenbosse beißen sich auf die Zunge, um nahezu jede öffentliche Kritik an China zu vermeiden. Und selbst unsere Regierung ist extrem darauf bedacht, Hongkonger Menschenrechtsaktivisten, Exil-Dissidenten oder geschweige denn dem Dalai Lama eine allzu große Bühne zu bieten, wenn überhaupt. Wir nehmen hin, dass westliche Online-Plattformen in China gesperrt sind, während Chinas Propagandamaschine hierzulande Twitter und Co. nutzt, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen.
Das Selbstvertrauen des Westens in seine eigene Stärke, das nach dem Kalten Krieg offenbar ins Unermessliche stieg, scheint viele blind gemacht zu haben. Dass die Volksrepublik jedoch anderes im Sinn hat, als nur westliche Waren zu kaufen und westliche Werte anzunehmen, kam uns offenbar nicht in den Sinn. China hat es seit dem WTO-Beitritt exzellent verstanden, diese für sich zu instrumentalisieren.
Der chinesische Traum, den Präsident Xi Jinping als Vision formuliert hat, befeuert Stolz auf Gewesenes, aber auch den Anspruch auf die Spitze. Dies ist per se nicht verwerflich. Als Westen müssen wir uns aber im Klaren darüber sein, dass diesem chinesischen Traum der Aufstieg einer Kollektivität zugrunde liegt, der auf einem anderen Wertesystem fußt, statt Freiheit und persönlicher Entwicklung des Einzelnen fördert.
Hätten wir wissen können, auf welchem Fundament der chinesische Traum wachsen soll? Vergessen scheinen Vorzeichen wie das Dokument Nr. 9, für dessen Veröffnetlichung die Journalistin Gao Yu zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde. Demokratie und Journalismus nach westlichem Vorbild, eine Zivilgesellschaft, universelle Werte wie Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit oder Demokratie wurden im Dokument Nr. 9 ebenso klar abgelehnt wie ein ökonomisches System, das mehr von Privatwirtschaft als Sozialismus geprägt wird. Ein Blick in die chinesische Verfassung (Art.7), die das Primat der Staatswirtschaft festhält, wäre auch von Nutzen gewesen.
Ja, wir hätten dies alles wissen können und müssen. Wir hätten mehr Druck auf die Einhaltung eines weltumspannenden Regelwerks machen können, statt auf Wandel durch Handel im Zuge wachsender Verflechtung zu hoffen. Ohne westliche Investitionen war und ist China auch heute noch nicht in der Lage, das Versprechen einzulösen, seiner riesigen Bevölkerung einen moderaten Wohlstand zu verschaffen.
Stattdessen haben sich westliche Unternehmen jahrzehntelang mit Zugangsbeschränkungen zum chinesischen Markt durch Joint Venture-Erfordernisse, erzwungene Wissenstransfers oder ausgeschlossene Industrien abgefunden, während chinesische Unternehmen Hafenanlagen und Stromnetze in Europa erwarben, oder Autobahnen und andere Infrastruktur bauen durften.
Die Hoffnung, dass China dem Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) beitritt, hat sich auch nach 20 Jahren WTO-Mitgliedschaft bis heute nicht erfüllt. Die de facto Unmöglichkeit bei wichtigen Vergaben in China als ausländische Firma zum Zug zu kommen, wurde zu lange ignoriert. Erst seit wenigen Jahren scheint Reziprozität überhaupt Teil unserer Diktion zu sein.
Zu spät. Mittlerweile sind Mammutkonzerne in China entstanden, die (nicht nur, aber auch) durch Transfer von Know-how aus dem Ausland mächtig geworden sind und durch ihre staatliche Unterstützung Wettbewerbsvorteile weit über den chinesischen Markt hinaus genießen.
Ich bin während meiner Zeit in der Europäischen Handelskammer für die Verwendung des Begriffs Reziprozität mehr als einmal kritisiert worden. Heute ist klar, dass sie die richtige, regelbasierte Grundlage für friedliche Koexistenz und gemeinsame Entwicklung ist. Auch die Lösung globaler Probleme funktioniert im Zusammenarbeit mit China.
Kein Akteur – natürlich auch der Westen nicht – sollte Rosinen aus den Regelwerken picken dürfen, die einseitige Vorteile versprechen. Doch genau das haben wir China jahrzehntelang zugestanden. In unseren demokratisch verfassten Gesellschaften müssen wir deshalb definieren, welchen Preis wir für Wachstum und Wohlstand zu zahlen bereit sind und entsprechende Linien ziehen. Der Krieg in der Ukraine gibt uns gerade ein gutes Beispiel dafür, dass wir solche klaren Grenzen benötigen und behaupten müssen.
Stefan Sack, 54, arbeitete früher als Unternehmensberater bei McKinsey, ehe er 2005 nach China ging. Dort war er in zahlreichen leitenden Positionen bei internationalen Unternehmen tätig. Zwischen 2013 und 2016 war er Vize-Präsident der Europäischen Handelskammer in Shanghai. Seit Ende vergangenen Jahres lebt Sack in Hamburg.
Johannes Nippgen ist neuer Chief Medical Officer beim chinesischen Biotech-Unternehmen Ionova Life Science in Shenzhen. Er war zuvor unter anderem beim deutschen Pharmakonzern Merck für dessen Forschungszentrum in China verantwortlich.
Ute Maas leitet seit Februar das NRW-China-Portfolio der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbet (GIZ) in Düsseldorf. Maas war seit 2008 als Projektmanagerin für Industrieländer des Raumes Asien/Pazifik zuständig.
Chengdu ist anders als die meisten chinesischen Millionenstädte. Die Hauptstadt der Provinz Sichuan ist eine Art alternatives Zentrum für kreative Geister, soweit eine Diktatur überhaupt Alternativen zulässt. Und auch fürs Auge lohnt sich der Besuch. Die Anshun-Brücke über den Jin-Fluss, beleuchtet bei Nacht, ist ein absoluter Hingucker. Foto: Dmitry Rukhlenko
die Lage in Peking spitzt sich zu Wochenbeginn dramatisch zu. Auch am Montag steigt die Zahl der Corona-Neuinfektionen, im größten Stadtbezirk Chaoyang werden Massentests durchgeführt, erste Wohnblöcke abgeriegelt. Es kommt zu Hamsterkäufen und leeren Regalen in den Supermärkten. Die Menschen fürchten einen Lockdown wie in Shanghai. In unserer ersten Analyse lesen Sie, warum selbst Pekings Behörden vor “düsteren Zeiten” für Chinas Hauptstadt warnen. Und warum die aktuellen Entwicklungen auch zur Gefahr für Präsident Xi Jinping werden könnten.
Und während Xi eisern an seiner Null-Covid-Strategie festhält, müssen andere die Zeche zahlen: für die unzähligen Coronatests jeden Tag, für Kontrollen in Wohnsiedlungen, an Straßenecken, Bezirks- und Stadtgrenzen oder für den Bau ganzer Isolierstationen. Ganz zu schweigen von ausbleibenden Einnahmen und Steuerzahlungen: Allein Shanghai steht für 3,8 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsprodukts. Christiane Kühl hat sich angeschaut, wie hoch schon jetzt die Gesamtkosten der chinesischen Zero-Covid-Politik sind und welche Branchen besonders unter den rigiden Vorgaben der Führung in Peking leiden.
Chines:innen bilden in Deutschland die größte Gruppe der Studierenden aus dem Ausland. Auch im Wintersemester 2020/2021 kamen trotz Corona die meisten der neuen ausländischen Studierenden aus China. Was im Nachhinein als Privileg erscheint entpuppt sich vor Ort im Alltag allerdings meist als riesige Herausforderung. Ob sprachlich, kulturell oder schlicht kulinarisch – Frank Sieren zeigt, mit welchen Problemen und kulturellen Unterschieden Chines:innen in Deutschland zu kämpfen haben.
Zu guter Letzt möchte ich Sie noch auf unseren heutigen Standpunkt von Stefan Sack aufmerksam machen. Der frühere Vize-Präsident der Europäischen Handelskammer in Shanghai blickt auf die Idee “Wandel durch Handel” und kommt zu dem Schluss: Der Ansatz ist durchaus aufgegangen – nur nicht so, wie es sich der Westen erhofft hatte. Es sei der Westen, der sich den chinesischen Befindlichkeiten anpasse. Sack fordert ein Umdenken.
Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht
Geduldig stehen die Menschen am Montag im Chaoyang-Bezirk in meterlangen Schlangen an. Hüfthohe Absperrgitter sorgen für Abstand und Ordnung. Am Ende der Schlangen warten in Schutzkleidung verhüllte Kontrolleure, die mechanisch Abstriche aus den Rachen der Wartenden entnehmen. Mehrere Millionen Mal, allein am Montag, allein im Chaoyang-Bezirk.
Chaoyang ist der größte Distrikt Pekings, die Behörden hatten für sämtliche Einwohner des Bezirks verbindliche PCR-Tests angeordnet (China.Table berichtete). Das sind 3,5 Millionen Menschen. Sie alle müssen allein diese Woche alle zwei Tage zum Test: am Montag, am Mittwoch und am Freitag. Zudem wurden zu Wochenbeginn einzelne Wohnblöcke sowie mehrere Nachbarschaften in dem Bezirk abgeriegelt. Die Bewohner der jeweiligen Anlagen dürfen das Gebiet bis auf Weiteres nicht mehr verlassen. Auch erste Restaurants und Unterhaltungsstätten wurden geschlossen.
Und dennoch steigt die Zahl der Corona-Neuinfektionen weiter. Nach einigen Dutzend Corona-Infektionen am Wochenende meldeten die Behörden am Montag 29 neue Fälle. Damit steigt die Zahl der registrierten Coronavirus-Neuinfektionen auf mindestens 70. Und die Ausbrüche haben sich längst auf andere Bezirke ausgedehnt. Offiziellen Angaben zufolge sind bereits acht der 16 Pekinger Bezirke betroffen. Am späten Montagabend kündigt deshalb die Stadtverwaltung an, die Massentests auf zehn weitere Stadtteile sowie eine Wirtschaftszone auszudehnen.
Die Unruhe unter den Pekingern wächst. Sie fürchten den Teufelskreis der chinesischen Zero-Covid-Politik: Wenn mehr getestet wird, werden mehr Infektionen registriert. Das führt zu schärferen Einschränkungen und zu mehr Tests, die dann wiederum mehr Infektionen zutage fördern.
Am Montag kam es deshalb in Peking zu Hamsterkäufen und leeren Regalen in den Supermärkten. Etliche Läden waren dem Andrang panischer Kunden kaum gewachsen. Vielerorts deckten sich die Einwohner ein mit Lebensmitteln und anderen Vorräten wie Gemüse, Frischfleisch. Aber auch haltbare Dinge wie Instantnudeln und Toilettenpapier fanden reißenden Absatz. Die staatliche Zeitung Beijing Daily berichtet, dass Supermarktketten wie Carrefour und Wumart ihre Lagerbestände mehr als verdoppelt und die Öffnungszeiten verlängert hätten.
Aber auch der Online-Handel ist betroffen. Der Lebensmittelzweig des E-Commerce-Dienstes Meituan soll seine Lagerbestände erhöht und sein Sortier- und Lieferpersonal aufgestockt haben. Ein Onlinehändler sagte gegenüber der Pekinger Abendzeitung, dass er allein am Sonntag 300 Gefrierschränke verkauft habe – so viele wie sonst innerhalb eines Monats.
Pekings Behörden warnten dann auch am Montag vor “düsteren” Zeiten für die Hauptstadt. Sie fürchten, dass das Virus sich schon seit einer Woche unentdeckt in der 21-Millionen-Metropole verbreitet hat und nun deutlich mehr Fälle entdeckt werden könnten. Erste Beobachtungen deuteten darauf hin, dass vor allem “Schulen, Reisegruppen und viele Familien” betroffen seien, sagte ein Behördenvertreter. Bei einem Viertel der Infizierten handele es sich um über 60-Jährige, von denen die Hälfte ungeimpft sei.
Auf einer Pressekonferenz sagte der Direktor des städtischen Informationsbüros der Kommunistischen Partei, man müsse nun entschlossen Maßnahmen ergreifen: “Todesfälle verhindern, schnell handeln, die Risiken so schnell wie möglich erkennen und kontrollieren, den Ursprung der Fälle aufdecken, PCR-Tests organisieren und die Kette der Virusübertragung durchbrechen.”
Zudem hat Pekings Verwaltung strenge Kontrollen für die Einreise in die Stadt verhängt: Wer nach Peking will, muss einen negativen Covid-Test vorweisen, der nicht älter sein darf als 48 Stunden. Und wer in den vergangenen zwei Wochen Städte oder Landkreise besucht hat, in denen mindestens ein Coronafall gemeldet wurde, darf ohnehin nicht einreisen.
Doch wie schwer es ist, die Omikron-Variante des Virus zu bekämpfen, zeigt ein Blick nach Shanghai. Die Finanzmetropole am Yangtze-Delta steckt seit Wochen im Total-Lockdown – und noch immer ist die Lage nicht unter Kontrolle: Gesellschaftlich wird der Ärger über die harschen Maßnahmen immer größer: Am Wochenende sorgte ein Video mit dem Titel “Stimme des April”(四月之声) für Aufsehen (China.Table berichtete). Und die epidemiologische Lage ist wenig besser: Experten erwarten, dass es noch Wochen dauern wird, bis sich die Situation nachhaltig entspannen könnte. Erschwerend kommt hinzu: Weder in Shanghai noch in Peking kennen die Behörden die Herkunft der Neuansteckungen.
Mit ihrem schnellen Vorgehen wollen die Pekinger Behörden allerdings zeigen, dass man aus dem Corona-Ausbruch in Shanghai und anderen Provinzen gelernt habe (China.Table berichtete). Ob ein Lockdown über ganz Peking oder auch nur einige Bezirke verhängt werde, hänge von der Ausbreitung des Virus ab, sagte ein Experte des nationalen Gesundheitsamtes der Zeitung “Global Times”. “Wenn die Ergebnisse der Tests in Chaoyang und anderen Teilen herauskommen, wird es uns ein besseres Bild von der gesamten epidemischen Lage in Peking geben”, sagte der Funktionär. “Weitere Maßnahmen werden entsprechend folgen.”
Dass nun die Omikron-Welle auf Peking zurast, setzt zunehmend auch die politische Führung des Landes unter Druck. Denn es droht, was nicht sein darf: Xi hatte angeordnet, dass die Hauptstadt China unter allen Umständen frei von dem Virus bleiben müsse. Eine längere Sperrung – oder gar ein wochenlanger Total-Lockdown wie in Shanghai würde den politischen und wirtschaftlichen Druck auf seine Regierung enorm erhöhen.
“Xi Jinping ist gefangen in seiner eigenen Politik”, sagt China-Experte Eberhard Sandschneider gegenüber China.Table. Xi werde auch weiterhin an seiner strikten Politik festhalten. “Wie ich von Quellen auf verschiedenen Ebenen höre, setzen die Behörden nach wie vor alles in Bewegung, um Xis Vorgaben zu erfüllen. Aber der Unmut wächst rasant.” Wirtschaftlich nimmt der Schaden immer größere Ausmaße an. Einer Studie internationale Experten zufolge kostet Chinas Null-Covid-Politik das Land schon jetzt mindestens 46 Milliarden US-Dollar – pro Monat. Ein zusätzlicher Lockdown in Peking oder einer anderen Metropole wie Shenzhen würden den Schaden dramatisch erhöhen.
Aber auch innerhalb der chinesischen Gesellschaft wächst der Unmut. China-Kenner Sandschneider warnt: “Dieses explosive Gemisch kann eine Gefahr für Xi Jinping selbst werden.”
Zehntausende Betten für Isolierstationen, regelmäßige Coronatests für 25 Millionen Menschen, Barrieren, Kontrollen – und dazu noch entgangene Steuereinnahmen durch all die Geschäftsschließungen: Die Kosten der Null-Covid-Politik für Chinas Kommunen sind immens. In Shanghai geht es derzeit nur in ganz wenigen Wirtschaftszweigen halbwegs produktiv zu. Im Hafen etwa, an der Börse – oder bei Online-Lieferdiensten für Nahrungsmittel. Allein ein Monat Lockdown werde einem Bericht der South China Morning Post zufolge Shanghais aggregiertes Realeinkommen um 2,7 Prozent reduzieren.
Die Zeitung zitiert zudem ein Papier von Forschenden der Universitäten Tsinghua und Zhejiang sowie der Chinese University of Hong Kong und der US-Universität Princeton, wonach Chinas Null-Covid-Politik das Land wohl mindestens 46 Milliarden US-Dollar pro Monat kosten werde – an verlorener Wirtschaftsleistung. Das entspräche etwa 3,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, so die Studie. Die März-Produktion mancher Industriegüter ging im Vergleich zum Vorjahresmonat dramatisch zurück: Die Rohstahlproduktion sank um 6,4 Prozent, die Automobil-Fertigung um 4,9 Prozent. Gebeutelt sind außerdem der Konsumsektor, Dienstleistungen und das fragmentierte Logistikgewerbe.
Derweil nimmt die Zahl der Städte mit Coronavirus-Beschränkungen weiter zu. Bis zum 11. April hatten 87 der 100 größten Städte Chinas irgendeine Form von Bewegungsbeschränkungen verhängt, so die Wirtschaftsexperten von Gavekal Dragonomics. Die Beschränkungen variieren von “wer eine Stadt betreten oder verlassen darf” bis hin zu vollständigen Lockdowns wie in Shanghai. Nur in 13 der 100 größten Städte des Landes gäbe es aktuell gar keine Einschränkungen.
Aber während immer mehr Städte Sperren verhängen, ließ die Härte kommunaler Lockdowns etwas nach. Von Ende März bis zum 13. April ging die Zahl der Großstädte mit strikten Lockdowns laut Gavekal von 14 auf sechs zurück. Damit schrumpfte auch der Anteil komplett abgeriegelter Städte an der Wirtschaftsleistung Chinas von 14 auf acht Prozent. Doch dieser Anteil kann angesichts der hohen Übertragungsrate der Omikron-Variante jederzeit wieder steigen. Und Shanghai allein repräsentiert schon 3,8 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsproduktes.
Der lange Lockdown der Metropole könnte Chinas monatliche Wirtschaftsleistung um zweieinhalb bis drei Prozent reduzieren, schätzt der Ökonomieprofessor Michael Song von der University of Hong Kong – auf Basis des in der Studie der vier Universitäten angewandten Modells, das die Lkw-Ströme aus 315 Städten bis zurück in den Januar 2019 unter die Lupe genommen hatte. Demnach werden sowohl die mit der Stadt verbundenen Lastwagenströme als auch das Realeinkommen von Shanghai um 54 Prozent zurückgehen. Der Lkw-Verkehr macht laut Statistiken des Verkehrsministeriums rund drei Viertel des gesamten nationalen Frachtaufkommens aus – und ist daher laut Song ein nützlicher Indikator. Er schätzt, dass ein Ein-Monats-Lockdown der vier größten Städte – Peking, Shanghai, Shenzhen und Guangzhou – das BIP um 8,6 Prozent abschmelzen würde.
Chinas strenge Covid-19-Sperren und Reisebeschränkungen haben zu einem Albtraum für den Logistiksektor geführt – was wiederum Produktion, Binnenhandel und Exporte belastet, eigentlich die gesamte Wirtschaft. Der Lkw-Verkehr quer durchs Land sei seit Mitte März um 40 Prozent zurückgegangen, schrieb Ernan Cui von Gavekal. In Shanghai liege er bei nur noch 15 Prozent des normalen Niveaus. Fast alle der gut 17 Millionen chinesischen Trucker sind Eigentümer: Rund 90 Prozent besitzen eigene Lastwagen. “Es stehen immer weniger Lkw-Fahrer zur Verfügung, die keine Reisegeschichte ohne irgendeine Art von Covid-Kontaktrisiko haben”, schreibt Cui. Lieferzeiten würden immer länger, Transportkosten steigen. Hinzu kommen Berichte von Truckern, die an Ortsgrenzen vorübergehend in ihren Lkw-Führerhäuschen festsaßen. Bei manchen klebte das Gesundheitspersonal gar die Türen zu.
Am schlimmsten betroffen von Covid-Maßnahmen ist der Transport in der Produktionshochburg des Jangtse-Deltas. Der Staatsrat sagte daher mehr spezielle Fahrzeugpässe für den Verkehr von Lastwagen zwischen Shanghai und den Nachbarstädten wie Suzhou und Hangzhou zu. Das Transportministerium ordnete zudem an, dass auf den Hauptspuren von Autobahnen im Delta keine Kontrollpunkte mehr für Covid-Tests eingerichtet werden, damit der Transport reibungsloser verlaufe. Die Provinzregierung von Jiangsu hatte kurz vorher die Aufhebung von Sperren an mehr als 50 Autobahnkreuzen verfügt. Auch die lokale EU-Kammer hatte gefordert, die Regeln für Trucker im Delta zu vereinheitlichen.
Chinas Vize-Ministerpräsident Liu He ordnete zudem die Einführung eines landesweit anerkannten Covid-19-Testpasses an, damit Lkw-Fahrer Rohstoffe, Komponenten, Lebensmittel und lebensnotwendige Güter zwischen den Provinzen ausliefern können, ohne bei jedem Stopp auf Ergebnisse warten zu müssen.
Es geht die Furcht um, dass nach einem noch halbwegs robusten ersten Quartal mit 4,8 Prozent Wachstum gegenüber dem Vorjahreszeitraum (China.Table berichtete) nun ab April der Einbruch folgen könnte. Anfang April ermahnte Ministerpräsident Li Keqiang die lokalen Behörden, dass sie bei der Stabilisierung der Wirtschaft größere “Dringlichkeit” zeigen sollten. Staatschef Xi Jinping zeigte sich derweil weiter unbeeindruckt von den Problemen. In seiner Rede auf dem Wirtschaftsforum von Bo’ao am Donnerstag betonte Xi, dass die chinesische Wirtschaft trotz der derzeitigen Herausforderungen eine “starke Widerstandsfähigkeit” und ein “enormes Potenzial” aufweise.
Xi hält stoisch an seiner Null-Covid-Politik fest. Doch die Lokalregierungen sind es, die all die Straßensperren und sonstigen Lockdown-Maßnahmen durchsetzen müssen. Sie sind besonders gebeutelt, da sie seit 2021 große Teile der Kosten selbst tragen müssen. Kosten, die durch die hohe Übertragbarkeit der Omikron-Variante immer weiter steigen. Detaillierte Daten über die tatsächlichen Ausgaben der Kommunen gibt es bislang kaum. Aber Suzhou musste bereits im Februar nach eigenen Angaben 120 Millionen Yuan (17 Millionen Euro) zur Bekämpfung eines Ausbruchs ausgeben, der am 13. Februar begann – für Schutzausrüstung, PCR-Tests, Infrastruktur und medizinische Versorgung. Und das war ein kleiner Ausbruch gewesen. Man mag sich vorstellen, wie viel Geld Shanghai derzeit berappen muss.
Auch Hilfsmaßnahmen für die lokale Wirtschaft kosten Geld: Die Regierungen in Shenzhen und Dongguan senkten im März Gebühren und Steuern, um die von der Pandemie betroffenen Unternehmen zu entlasten. Dongguan sagte, es werde jedem Haushalt in den von einem Ausbruch betroffenen Gebieten 1.000 Yuan anbieten.
Kulturelle Unterschiede machen chinesischen Auslandsstudentinnen und -studenten in Deutschland schwer zu schaffen. Das ist das Ergebnis einer deutsch-chinesischen Studie, die kürzlich im European Journal of Chinese Studies veröffentlicht worden ist. Demnach können sich für die Neuankömmlinge aus der Volksrepublik bereits kleine Erledigungen im Alltag als große Herausforderungen entpuppen, etwa der Umgang mit Behörden, das Einkaufen in Supermärkten oder die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel.
Als noch schwieriger beschreiben die ausländischen Studierenden die Aufgabe, eine Wohnung zu finden sowie ein Bankkonto einzurichten. Aber auch Versicherungen abzuschließen, gilt bei ihnen als große Hürde, um sich im deutschen Alltag einzurichten. Viele berichten, dass sie zwar die deutsche Sprache beherrschten, sich aber in diesen speziellen Situationen nicht adäquat verständigen können. Ein ebenfalls nicht zu unterschätzender Faktor: Viele vermissen das Essen ihrer Heimat und bereuen es nun, nie kochen gelernt zu haben.
Insgesamt sind die Studierenden vor allem überrascht, wie viel Eigenverantwortung das Leben in Deutschland erfordert. Dies seien sie aus ihrem chinesischen Universitätsumfeld so nicht gewohnt, wo ihnen viel abgenommen wird. “Viele versetzt das in eine Art Dauerstress”, resümiert der Bochumer Psychotherapeut Ulrich Sollmann, der die Studie mit einem Forscherteam in Shanghai, Haikou und Hangzhou durchgeführt hat. Diese Studenten neigten dann dazu, sich zurückzuziehen und noch stärkeres Heimweh zu empfinden. Manchmal seien Depressionen und Angstzustände die Folge und führten in Einzelfällen zu Abbrüchen des Studiums und zur Rückkehr in die Heimat.
Zahlenmäßig bilden Chinesen die größte Gruppe der Studierenden in Deutschland. Auch im Wintersemester 2020/2021 kamen trotz Corona die meisten der neuen ausländischen Studierenden aus China. Während deutsche Studierende mit einem Stipendium in China kein Visum bekamen, war das für die jungen Chinesen auf dem Weg nach Deutschland kein Problem.
Damit setzte sich ein Trend fort, der bereits vor 20 Jahren begonnen hat. Insgesamt waren in Deutschland in besagtem Semester 416.437 ausländische Studierende immatrikuliert, davon 43.500 aus China. Die nächstgrößere Gruppen bildeten Studierende aus der Türkei (37.000), Indien (28.900), Syrien (19.300), Österreich (15.700), und Russland (14.300).
Um mit dem Druck umzugehen, wenden die Studierenden verschiedene Strategien an. “Sie suchen die Nähe anderer chinesischsprachiger Studierenden”, sagt Sollmann. So entstünden zwar keine Chinatowns in Deutschland, wie man sie aus England oder den USA kennt, aber doch junge, eng vernetzte chinesische Gemeinschaften. “Eine weniger gesellige Alternative ist, dass sich die Studierenden in Onlinespielen und in heimische soziale Medien wie WeChat zurückziehen”, erklärt Sollmann. Manche entwickelten sogar ein Suchtverhalten, oder isolierten sich zumindest noch mehr, als sie es sowieso schon waren.
Die Forscher haben aber durchaus viele gute Seiten ausgemacht, von denen die Studenten berichten. An deutschen Universitäten gäbe es einen größeren Freiheitsgrad, was im Gegensatz zu China sowohl als ungewohnt, aber eben auch als befreiend empfunden wurde. So nannten viele der Befragten das “offene” Lernklima als inspirierend. Studierende dürften Fragen stellen und in Diskussionen eigene Ideen einbringen.
Statt auf eine große “Abschlussprüfung” hinzuarbeiten, gäbe es in Deutschland viele Zwischenschritte im Prüfungsprozess. “Dies wird als großer Vorteil empfunden”, sagt Sollmann. Ist der Alltag in Deutschland einmal gemeistert, wird er als Raum offener, vielfältiger und spannender Beziehungserfahrungen beschrieben. Als Beispiel nennen die Studierenden etwa das nicht selten sehr internationale Leben in einer Wohngemeinschaft, den Zusammenhalt beim Sport oder die Geselligkeit in Studierendenkneipen.
Trotz oder gerade wegen der vielen Herausforderungen schätzen sich die meisten Chinesen bei ihrer Rückkehr nach China als viel reifer ein. “Sie sind bereit, mehr Eigenverantwortung zu übernehmen und Entscheidungen selbst zu treffen”, resümiert Sollmann. “Der Aufenthalt in Deutschland hat sie erwachsener gemacht.”
Das spiegelt sich auch in ihrem größeren Selbstvertrauen wider: Chinesische Studierende, die in Deutschland leben, begreifen sich oft als “Kulturdiplomaten”. Sie empfinden es als Verpflichtung, auf das aus ihrer Sicht undifferenzierte China-Bild der Deutschen einzuwirken. Während des Aufenthaltes relativiert sich der Stolz auf China nicht. Sie identifizieren sich im Zweifel noch enger mit China. Aber gleichzeitig sind sie bereit, die eigenen neuen Erfahrungen in Deutschland in den chinesischen Alltag einfließen zu lassen.
Dort werden die Erfahrungen in Deutschland oft als sehr positiv und bereichernd und durchaus prägend für das weitere Leben in China geschildert. “Trotz der großen Herausforderungen in Deutschland”, fasst Sollmann die Studie zusammen, “wollen die Studierenden wieder nach Deutschland reisen und empfehlen anderen, es ihnen nachzutun.”
Die EU-Kommission will im Herbst ihren lang erwarteten Vorschlag für ein Importverbot für Produkte aus Zwangsarbeit vorlegen. Es werde davon ausgegangen, dass im September eine Vorlage für ein eigenständiges Gesetz präsentiert werden könne, teilte eine Vertreterin der EU-Generaldirektion für Handel am Montag im Handelsausschuss des Europaparlaments mit. Die EU-Kommission arbeite derzeit an einem detaillierten Konzept, genauere Angaben zum Inhalt des Importverbots gebe es jedoch noch nicht.
Das Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit müsse sich auf einen robusten Rahmen und internationale Standards stützen. Dass einzelne Länder wie China durch die Gesetzgebung herausgepickt würden, müsste vermieden werden.
Das Importverbot für Waren, die mit Zwangsarbeit hergestellt wurden, war vergangenes Jahr von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen während ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union angekündigt worden. Eigentlich wurde davon ausgegangen, dass das Importverbot Teil des EU-Lieferkettengesetzes werden würde – der von der Brüsseler Behörde vorgelegte Entwurf dazu ließ das Einfuhrverbot dann jedoch außen vor (China.Table berichtete).
Offen sei vor allem noch die Frage, wie mit kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) bei dem Importverbot umgegangen werde. Es müsse verhältnismäßig gestaltet werden. KMU auszuschließen, sei aber auch nicht “die beste Antwort”, erklärte die Beamtin vor dem Ausschuss.
Das EU-Lieferkettengesetz lässt KMU weitgehend außen vor. Der Entwurf der EU-Kommission sieht mehrere Grenzen vor: Firmen in der EU sind betroffen, wenn sie weltweit einen Jahresumsatz von mehr als 150 Millionen Euro erwirtschaften und mehr als 500 Mitarbeitende haben. Strengere Regeln gibt es für Unternehmen, die in Sektoren arbeiten, bei denen das Risiko von Ausbeutung und Umweltzerstörung höher ist. Hier sind 250 Angestellte und ein Umsatz von 40 Millionen Euro vorgesehen. ari
Der Klub der Auslandskorrespondenten (FCC) in Hongkong hat die Vergabe seines alljährlichen Human Rights Press Award abgesagt. FCC-Präsident Keith Richburg begründete in einer Stellungnahme die Entscheidung mit der Sorge, der Klub könnte ungewollt gegen Gesetze verstoßen. Die offizielle Ehrung sollte am kommenden Samstag stattfinden. Der Hongkonger Human Rights Press Award wird seit 1996 vergeben und gilt als einer der renommiertesten und wichtigsten Journalistenpreise in Asien.
Zu den Preisträgern hätte in diesem Jahr mehrere Beiträge des Onlineportals Stand News gehört, das im Dezember vergangenen Jahres seine Redaktion geschlossen hatte. Mitglieder der Geschäftsführung und der Redaktion von Stand News waren zuvor auf Grundlage des Nationalen Sicherheitsgesetzes wegen der Veröffentlichung von “staatsgefährdenden” Beiträgen verhaftet worden. Zuletzt wurde der bekannte Radiomoderator Allan Au verhaftet (China.Table berichtete). Er hatte als Kolumnist mehrere Beiträge für Stand News verfasst.
Die Entscheidung des FCC-Vorstands provozierte eine Reihe von Rücktritten von Mitgliedern des Komitees für Pressefreiheit. So reagierte unter anderem die Chefin des Hongkong-Büros der amerikanischen Zeitung Washington Post, Shibani Mahtani, mit Unverständnis auf die Absage und beendete ihr Mandat. “Als frühere Preisträgerin des Awards und Jurymitglied empfinde ich tiefstes Bedauern über diese Entscheidung und stehe nicht hinter ihr”, schrieb Mahtani auf Twitter. Insgesamt seien acht Komitee-Mitglieder zurückgetreten, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.
“Es ist ein Sinnbild für die Selbstzensur, zu der sich viele Institutionen im heutigen Hongkong gezwungen sehen”, schreibt Mahtani weiter. Die Entscheidung des Vorstandes zeige deutlich, wie das Sicherheitsgesetz die Bedingungen in der Stadt verändert habe. Mit dem Rückzug dränge sich die Frage auf, ob der FCC seiner Rolle als Verteidiger der Pressefreiheit in Hongkong weiterhin gerecht werde. Das Nationale Sicherheitsgesetz war 2020 eingeführt worden und wurde von den Behörden als Basis für eine politische Säuberung der Stadt genutzt. grz
Chinas harter Kurs gegen das Coronavirus wird nach Ansicht des Münchner Ifo-Instituts die Konjunktur in Deutschland bremsen. “Die Folgen des China-Lockdowns werden die deutsche Wirtschaft in den nächsten Monaten treffen“, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. “Das wird die Lieferkettenprobleme der Industrie verschärfen und die Verfügbarkeit von Waren im Einzelhandel einschränken.” Vor allem die Logistik werde darunter leiden. “Das wird sich noch mal deutlich verschärfen.”
Bislang zeigten sich die deutschen Betriebe jedoch überaus stabil – angesichts des Kriegs in der Ukraine und den Auswirkungen der Lockdowns in China. “Die deutsche Wirtschaft zeigt sich robust gegenüber der Unsicherheit”, erläuterte Wohlrabe. “Für das erste Quartal sehen wir keine Rezession.” Auch für das laufende zweite Quartal zeichne sich kein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts ab.
Wohlrabe betonte aber, dass es weiter Engpässe bei wichtigen Gütern gebe. “Die Lieferkettenprobleme der Industrie bleiben auch im April groß.” Rund 75 Prozent der Firmen klagten darüber, nach gut 80 Prozent im März. “Die Erwartungen der Industrie haben sich etwas verbessert, sind aber noch stark von Pessimismus geprägt.”
Die Unternehmen versuchen, die gestiegenen Kosten an Kunden weiterzureichen. “Viele Firmen haben weitere Preiserhöhungen angekündigt”, sagte der Ifo-Fachmann. “Das zieht sich jetzt durch die gesamte Wirtschaft.” rtr
Wenn deutsche Kanzler oder Kanzlerinnen nach Chinas reisten, trugen sie immer die Wunschvorstellung Wandel durch Handel im Gepäck. Die Logik dahinter: Durch immer engere Geschäftsbeziehungen zwischen China und dem Westen würde die Volksrepublik schrittweise liberaler werden, irgendwann sogar vielleicht demokratisch.
China würde sich nach der wirtschaftlichen Öffnung unter Deng Xiaoping und dem beispiellosen wirtschaftlichen Aufstieg automatisch dem gewinnbringenden System der freiheitlichen Demokratien und einer regelbasierten Weltordnung anschließen, so die Überzeugung.
Und tatsächlich ist das Prinzip Wandel durch Handel 20 Jahre nach Chinas Eintritt in die Welthandelsorganisation aufgegangen. Nur nicht so, wie wir es antizipiert hatten, sondern genau andersherum. Durch den Handel mit China haben vor allem auch wir Deutschen damit begonnen, uns zu wandeln.
Wir sind aus unserem schönen Traum bitter erwacht. Die Abhängigkeiten unserer Lieferketten und die Gier nach neuen Wachstumsmärkten haben uns in eine Situation manövriert, in der wir heute unser Verhalten chinesischen Befindlichkeiten anpassen. Unsere Abhängigkeiten vom chinesischen Markt sind inzwischen so groß, dass Peking sie im “Divide et Impera”-Verfahren – Teile und Herrsche – gegen uns ausspielt. Wir müssen uns endlich eingestehen und darüber diskutieren, dass wir uns mittlerweile so verhalten, um chinesischen Bestrafungen zu entgehen.
Wir lassen Vorsicht walten, wenn wir Kommentare mit China-Bezug in Sozialmedien posten. Firmenbosse beißen sich auf die Zunge, um nahezu jede öffentliche Kritik an China zu vermeiden. Und selbst unsere Regierung ist extrem darauf bedacht, Hongkonger Menschenrechtsaktivisten, Exil-Dissidenten oder geschweige denn dem Dalai Lama eine allzu große Bühne zu bieten, wenn überhaupt. Wir nehmen hin, dass westliche Online-Plattformen in China gesperrt sind, während Chinas Propagandamaschine hierzulande Twitter und Co. nutzt, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen.
Das Selbstvertrauen des Westens in seine eigene Stärke, das nach dem Kalten Krieg offenbar ins Unermessliche stieg, scheint viele blind gemacht zu haben. Dass die Volksrepublik jedoch anderes im Sinn hat, als nur westliche Waren zu kaufen und westliche Werte anzunehmen, kam uns offenbar nicht in den Sinn. China hat es seit dem WTO-Beitritt exzellent verstanden, diese für sich zu instrumentalisieren.
Der chinesische Traum, den Präsident Xi Jinping als Vision formuliert hat, befeuert Stolz auf Gewesenes, aber auch den Anspruch auf die Spitze. Dies ist per se nicht verwerflich. Als Westen müssen wir uns aber im Klaren darüber sein, dass diesem chinesischen Traum der Aufstieg einer Kollektivität zugrunde liegt, der auf einem anderen Wertesystem fußt, statt Freiheit und persönlicher Entwicklung des Einzelnen fördert.
Hätten wir wissen können, auf welchem Fundament der chinesische Traum wachsen soll? Vergessen scheinen Vorzeichen wie das Dokument Nr. 9, für dessen Veröffnetlichung die Journalistin Gao Yu zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde. Demokratie und Journalismus nach westlichem Vorbild, eine Zivilgesellschaft, universelle Werte wie Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit oder Demokratie wurden im Dokument Nr. 9 ebenso klar abgelehnt wie ein ökonomisches System, das mehr von Privatwirtschaft als Sozialismus geprägt wird. Ein Blick in die chinesische Verfassung (Art.7), die das Primat der Staatswirtschaft festhält, wäre auch von Nutzen gewesen.
Ja, wir hätten dies alles wissen können und müssen. Wir hätten mehr Druck auf die Einhaltung eines weltumspannenden Regelwerks machen können, statt auf Wandel durch Handel im Zuge wachsender Verflechtung zu hoffen. Ohne westliche Investitionen war und ist China auch heute noch nicht in der Lage, das Versprechen einzulösen, seiner riesigen Bevölkerung einen moderaten Wohlstand zu verschaffen.
Stattdessen haben sich westliche Unternehmen jahrzehntelang mit Zugangsbeschränkungen zum chinesischen Markt durch Joint Venture-Erfordernisse, erzwungene Wissenstransfers oder ausgeschlossene Industrien abgefunden, während chinesische Unternehmen Hafenanlagen und Stromnetze in Europa erwarben, oder Autobahnen und andere Infrastruktur bauen durften.
Die Hoffnung, dass China dem Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) beitritt, hat sich auch nach 20 Jahren WTO-Mitgliedschaft bis heute nicht erfüllt. Die de facto Unmöglichkeit bei wichtigen Vergaben in China als ausländische Firma zum Zug zu kommen, wurde zu lange ignoriert. Erst seit wenigen Jahren scheint Reziprozität überhaupt Teil unserer Diktion zu sein.
Zu spät. Mittlerweile sind Mammutkonzerne in China entstanden, die (nicht nur, aber auch) durch Transfer von Know-how aus dem Ausland mächtig geworden sind und durch ihre staatliche Unterstützung Wettbewerbsvorteile weit über den chinesischen Markt hinaus genießen.
Ich bin während meiner Zeit in der Europäischen Handelskammer für die Verwendung des Begriffs Reziprozität mehr als einmal kritisiert worden. Heute ist klar, dass sie die richtige, regelbasierte Grundlage für friedliche Koexistenz und gemeinsame Entwicklung ist. Auch die Lösung globaler Probleme funktioniert im Zusammenarbeit mit China.
Kein Akteur – natürlich auch der Westen nicht – sollte Rosinen aus den Regelwerken picken dürfen, die einseitige Vorteile versprechen. Doch genau das haben wir China jahrzehntelang zugestanden. In unseren demokratisch verfassten Gesellschaften müssen wir deshalb definieren, welchen Preis wir für Wachstum und Wohlstand zu zahlen bereit sind und entsprechende Linien ziehen. Der Krieg in der Ukraine gibt uns gerade ein gutes Beispiel dafür, dass wir solche klaren Grenzen benötigen und behaupten müssen.
Stefan Sack, 54, arbeitete früher als Unternehmensberater bei McKinsey, ehe er 2005 nach China ging. Dort war er in zahlreichen leitenden Positionen bei internationalen Unternehmen tätig. Zwischen 2013 und 2016 war er Vize-Präsident der Europäischen Handelskammer in Shanghai. Seit Ende vergangenen Jahres lebt Sack in Hamburg.
Johannes Nippgen ist neuer Chief Medical Officer beim chinesischen Biotech-Unternehmen Ionova Life Science in Shenzhen. Er war zuvor unter anderem beim deutschen Pharmakonzern Merck für dessen Forschungszentrum in China verantwortlich.
Ute Maas leitet seit Februar das NRW-China-Portfolio der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbet (GIZ) in Düsseldorf. Maas war seit 2008 als Projektmanagerin für Industrieländer des Raumes Asien/Pazifik zuständig.
Chengdu ist anders als die meisten chinesischen Millionenstädte. Die Hauptstadt der Provinz Sichuan ist eine Art alternatives Zentrum für kreative Geister, soweit eine Diktatur überhaupt Alternativen zulässt. Und auch fürs Auge lohnt sich der Besuch. Die Anshun-Brücke über den Jin-Fluss, beleuchtet bei Nacht, ist ein absoluter Hingucker. Foto: Dmitry Rukhlenko