Table.Briefing: China

Interview Forest Liu von Arri + Wettlauf zu US-Kampfjet

  • Arri-China-Chef Forest Liu: Mühsamer Weg zur Marktführerschaft
  • USA verlieren Kampfjet: Das Rennen zur F-35C
  • Olympia-Ticker: Wintereinbruch und Eisschnelllauf-Gold
  • Corona greift in Hongkong um sich
  • BMW darf Mehrheit an Joint Venture übernehmen
  • Zulassung für Pfizers Corona-Medizin
  • Sinopec pumpt CO2 in Ölfelder
  • Stephen Roach: Treffen Xi-Putin war historischer Wendepunkt
  • Zur Sprache: Vertretungsfahrer für Betrunkene
  • Personalien: Andreas Scheuer wird Präsident der Asienbrücke
Liebe Leserin, lieber Leser,

in der Folklore über den chinesischen Markt sind hochpreisige deutsche Produkte stets Selbstläufer, die mit einem schwarz-rot-goldenen Sticker auf der Packung nur so zum Kunden fliegen. Die Realität des Marketings sieht wesentlich mühsamer aus. Davon erzählt Forest Liu in unserem CEO-Talk mit Frank Sieren. Liu verkauft die Objektive und Kameras des Münchner Herstellers Arri in China. Als der Markt gerade anfing abzuheben, boten die Kameras der Konkurrenz auf dem Papier beeindruckendere technische Daten. Arri hat sich nur durch “quälend langsame Überzeugungsarbeit” bei den Kunden aus der Filmbranche zum Marktführer hochgearbeitet.

Die Versuchung war zwischenzeitlich groß, als Verkaufsargument hohe Rabatte anzubieten. Das hat zeitweilig sogar der eigene Vertrieb gefordert. Doch Liu blieb hartnäckig. Es ist ihm dadurch gelungen, die Kameras von Arri als Premium-Angebot im Markt zu verankern. Liu ist das vor allem deshalb gelungen, weil er die deutsche und die chinesische Kultur gleich gut kennt. Denn in der Anfangsphase waren für jeden Verkauf genau die richtigen Argumente nötig. Preiswerte Produkte, die dafür mehr Umsatz machen, überlässt er derweil der aufkommenden chinesischen Konkurrenz, die allerdings ebenfalls immer besser wird.

In technischer Hinsicht will China eben weiterhin von den Besten lernen. In Gewässern in der Nähe der Philippinen läuft daher derzeit der Wettlauf zu einem Flugzeugwrack. Die USA haben dort ein ultramodernes Kampfflugzeug vom Typ F-35 verloren. Einen Tarnjet voller Waffen. Schon die Zusammensetzung der Anti-Radar-Beschichtung könnte der Volksbefreiungsarmee taktische Hinweise von unschätzbarem Wert liefern. Michael Radunski analysiert, was bei dem Rennen zum Boden des Südchinesischen Meeres auf dem Spiel steht. Zwar versuchen die USA, das Wrack zuerst zu finden und zu bergen. Wenn Chinas Marine aber schneller ist, dann verliert das US-Militär entscheidende Vorteile.

Unser Gastbeitrag heute kommt von Stephen Roach. Er ist zwar in erste Linie Ökonom, doch es lohnt auch, seine geopolitischen Einschätzungen zu verfolgen. Als ehemaliger Top-Manager von Morgan Stanley hat er viel von der Welt gesehen. Roach hält das freundliche Treffen von Xi und Putin zum Olympia-Auftakt für eine historische Wende. Zwar verwendet er für Chinas Strategie das unnötig sperrige Wort “Triangulationsgambit”, das ein Dreiecksmanöver im Schach bezeichnet. Im politischen Diskurs ist schlicht gemeint, dass eine Großmacht zwei andere gegeneinander ausspielt. Die USA haben das einst erfolgreich mit Russland und China gemacht. Jetzt will Xi schlauer sein. Er nutzt die Kriegsgefahr in der Ukraine zur Stärkung der eigenen Position.

Ihr
Finn Mayer-Kuckuk
Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

CEO-Talk

“In China heißt es schnell: Wir machen das anders”

Forest Liu, 39, China-Chef von Arri, dem deutschen Weltmarktführer für Filmkamerasysteme im CEO-Talk.
Forest Liu, 39, China-Chef von Arri, dem deutschen Weltmarktführer für Filmkamerasysteme

Forest Liu, 39, ist der China-Chef eines erstaunlichen deutschen Champions, der sich über mehrere Technologieschübe als Weltmarktführer behauptet hat. Die Firma aus München wurde bereits 1917 gegründet und heißt eigentlich Arnold und Richter. Bekannt ist sie unter dem Kürzel Arri. Die Arri Group, wie sie heute heißt, ist mit der Alexa der weltweit führende Hersteller von digitalen Filmkameras und Film-Equipment. Der Jahresumsatz liegt bei über 400 Millionen Euro. Zum Erfolg in der Volksrepublik hat auch Liu einen entscheidenden Beitrag geleistet. Der Deutsche ist in China geboren und aufgewachsen. Seine Mutter Kosima Liu ist eine deutsche Fotografin und Künstlerin und sein Vater John ein US-amerikanischer Dokumentarfilmer chinesischer Herkunft. Eigentlich wollte Liu nach dem BWL-Studium selbst Filme drehen. Doch dann eröffnete sich für ihn die Möglichkeit, die erste Vertretung von Arri in China aufzubauen. Sein Bereich hat sich zu einem riesigen Markt entwickelt, in dem Liu seine Faszination für die deutsche Spitzentechnologie ausleben kann. Das Gespräch in voller Länge finden Sie hier im Video.

Warum hält sich ein deutsches Unternehmen über so lange Zeit im chinesischen Markt an der Spitze, trotz der starken Konkurrenz aus den USA und China?

Weil man keine schicken Gadgets vertreibt, sondern Werkzeuge für Handwerker, die Filme herstellen. Und zwar so, wie man es von vielen deutschen Hidden Champions kennt: Die besten Produkte der Welt, ohne sich von Preiskämpfen niederringen zulassen und dabei auf die großen Trends setzen, ohne sich von jedem Hype aus der Ruhe bringen zu lassen. Wichtig: Man darf sich von seinen Prinzipien nicht ablenken lassen.

Und die wären? Die Wettbewerber wie Sony und Panasonic sind ja auch nicht verschlafen, kommen aber von den Weltmarktanteilen her nicht annähernd an Arri ran.

Für mich war Arris erste Digitalkamera das Erweckungserlebnis. Die kam 2010 raus. Damals war ich 28 Jahre alt. Und für mich war Arri ziemlich altbacken. Doch das sollte sich mit der Alexa ändern. Die super Verarbeitung gab es noch immer. Ob in Wüstenhitze oder polarer Kälte, die Kamera hat kein Problem. Aber das ist nur eine Seite und das reichte nicht mehr. Viel wichtiger für mich und viele andere meiner Generation war natürlich die Bildqualität, aber eben auch die neue Philosophie der offenen Standards, die sehr gut zum Open-Source-Denken passt und ja am Ende auch ein Lebensgefühl widerspiegelt. Während andere Kameras auf eigene Formate, eigene Ports und eigene Optiken bestehen, benutzen wir die Sony-Speicherkarten und als erster Kamerahersteller Apple ProRes, weil es stabil war, einfach zu bedienen ist und den besten Mix aus hoher Qualität und geringer Verarbeitungskomplexität bietet. Warum also den Kunden zur eigenen, vielleicht nur zweitbesten Lösung zwingen, wenn es etwas Besseres gibt?

Aber Sie haben erst einmal keine Kamera mit 4K-Bildauflösung angeboten, obwohl das der Standard war. Ist Arri manchmal auch störrisch?

Nein. Wir haben gesagt: Wir wollen die besten Bilder machen. Und da ist die Bildauflösung nur ein Parameter. Wenn wir mit einem anderen Standard bessere Bilder hinbekommen, dann bleiben wir so lange dabei. Das haben viele zunächst als Provokation empfunden, mancher auch als Rückständigkeit. Aber unser damaliger Chef Franz Kraus hat darauf bestanden, auf einem Level zu bleiben, der aus Vertriebssicht leider nur 3,4K hatte. Die Kameraleute haben es ihm jedoch nach kurzer Skepsis gedankt. Man darf nicht bei jedem Trend gleich mit allen mitrennen, auch wenn es schwerfällt.

Und was ist der Trick dabei?

Zu wissen, welcher neue Trend wichtig ist und welcher nicht. Wenn wir zum Beispiel nicht auf Digital umgestellt hätten, wäre Arri heute weg vom Fenster. Da gab es unter den Filmemachern auch Diskussionen, ob Film nicht doch die bessere Qualität liefert.

Haben die Filmemacher in China die Arri-Strategie gleich verstanden? Warum man die S-Klasse kaufen soll, war in China jedenfalls schnell klar.

Bei den Kameras war das super schwierig. Gerade wegen des fehlenden 4K-Standards. Das war für den Vertrieb keine einfache Zeit. Die Kunden haben mich gefragt: Wie kann es sein, dass ich eine 55.000 Euro Kamera kaufe und die kann dann kein 4K. Das war keine Überraschung. Wem die Praxiserfahrung fehlt, hält sich stärker an die Standards. Da mussten wir langwierige und zähe Aufklärungsarbeit leisten. Aber am Ende hat es funktioniert. Wir haben es in China geschafft, Arri Kameras und Objektive zu einem Standard werden zu lassen. Das lag allerdings auch daran, dass die chinesische Industrie damals im Vergleich zu den USA ein Nachzügler war. In den USA haben sich schon andere Marken etabliert. Da muss man die Platzhirsche verdrängen. In China sind wir alle gleichzeitig gestartet. 

Welche Rolle spielt dabei der Faktor “Made in Germany”?

Es wird Sie überraschen, aber das spielt in unserer Branche keine so große Rolle. Wahrscheinlich wäre Made in Hollywood sogar fast noch ein besseres Verkaufsargument. Die chinesische Branche ist schon sehr auf die USA fokussiert. Also zu sagen, ‘Das ist die S-Klasse der Kameras – bitte kaufen’, hätte nicht gereicht. Wir mussten manchmal quälend langsame Überzeugungsarbeit leisten. Und selbst unsere Verkäufer haben sich über das Produkt beschwert. Wir haben dann einen nach dem anderen überzeugt. Heute werden über 70 Prozent der Kinofilme und über 80 Prozent der Fernsehserien mit Arri gedreht.

Wie wichtig ist es dabei, beide Kulturen sehr gut zu kennen?

Es ist wahrscheinlich nicht unmöglich, wenn man als Westler die chinesische Kultur nicht kennt. Allerdings ist es viel schwieriger.

Ein Beispiel?

In China heißt es schnell: Wir machen das anders. Da sollte man schon wissen, dass dies auch ein Satz ist, um Problemen aus dem Weg zu gehen, sich nicht mit einem anderen neuen Weg beschäftigen zu müssen. Weil ich wusste, dass das so ist, konnte ich viel stärker darauf bestehen, jetzt mal was Neues auszuprobieren und über den eigenen Schatten zu springen. Jemand, der sich nicht so auskennt, hätte das wahrscheinlich aus Respekt vor der chinesischen Kultur nicht gewagt.

Haben chinesische Kameraleute andere Anforderungen als westliche?

Eigentlich nicht. Was allerdings chinesischen Kameraleuten natürlich sofort auffällt: Wenn die Farbtöne der Haut nicht für asiatische Töne passen. Das ist manchen Herstellern passiert, weil sie ihr Produkt nicht in China entwickelt haben. Und das kann dann sogar ein Ausschlussargument sein. Wir mussten zudem chinesische Interfaces für unsere Produkte entwickeln. Unsere Techniker haben zwar immer gefragt, reicht denn Englisch nicht auch? Aber das war dann schon ein großer Unterschied. Als wir das anbieten konnten, gab es einen Schub im Vertrieb.

Was ist Ihnen an ihrem chinesischen Vertrieb aufgefallen, als Westler?

Chinesen verkaufen gerne über den Preis und nicht darüber, die Stärken des Produktes zu erklären. Deswegen haben sie gesagt, wenn wir kein 4K haben, müssen wir billiger verkaufen. Da muss man wissen, das ist nicht nur Faulheit. Sondern da steckt auch ein Stück chinesischer Kultur drin. Ich musste ihnen dann die westliche, deutsche Kultur erklären, die sich viel mehr mit den verschiedenen Spezifikationen beschäftigt. Ich habe dann stets angefangen mit dem Satz: Ja, gut, aber das ist nicht Arri-Kultur und wenn du damit nichts anfangen kannst, dann passt du vielleicht nicht zu Arri. Das war die Lernkurve: Die Verkaufsstrategie muss zu China passen, aber eben auch zu Arri. Es geht immer um beides, wenn man Erfolg haben will. Deutsche Sturheit hilft nicht. “China First” auch nicht. Und das gilt auch für die Entwicklung von Produkten. Wichtig ist, sich ganz eng an denen zu orientieren, die unsere Produkte benutzen. Das ist auch eine zentrale Aufgabe des After-Sales. Nicht nur reparieren, sondern auch herausfinden: Wie kommen die Kunden mit den Produkten zurecht und was kann die Entwicklung davon lernen? 

Wie wichtig ist der chinesische Markt inzwischen für Arri?

Die USA sind der größte Markt, aber China ist nicht weit hinterher. 2017 zum Beispiel haben wir sogar mehr Kamerasysteme in China verkauft als in den USA. Eigentlich würde man glauben, China ist für unsere Produkte der Wachstumsmarkt schlechthin. Aber durch die Streamingdienste Apple TV+, Amazon Prime und Netflix hat der amerikanische Markt einen Riesenschub bekommen. Es wird sehr viel, auf sehr hohem Niveau produziert. Das sollte man nicht unterschätzen.

Und es kam im chinesischen Markt zu großen Korrekturen.

Ja. In den Jahren 2018/19, als der Staat anfing, die Steuerhinterziehung bei den Schauspielern zu bekämpfen und es einige spektakuläre Fälle gab, wie den der Schauspielerin Fan Bing Bing, die umgerechnet 110 Millionen Euro nachzahlen musste. Das hat die Branche natürlich gebremst. Alle Regisseure und Schauspieler mussten ihre Einnahmen offenlegen und nachzahlen. Oder als die Filmindustrie der Propagandaabteilung des Staatsrates unterstellt wurde. Das hat viele Projekte verlangsamt.

Und dann kam Corona.

Das hat in China keine so große Rolle gespielt. China hatte die Pandemie ja nach wenigen Wochen im Griff. Für uns war 2020 ein deutlich besseres Jahr in China als 2019.

Gibt es denn inzwischen chinesische Wettbewerber? In den USA und Japan gibt es ja den einen oder anderen.

Es entstehen derzeit in China sehr viele Wettbewerber. Und bei immerhin dreien lohnt es sich für uns, genauer hinzuschauen, auch wenn sie noch nicht auf dem gleichen Niveau sind.

Wie lange wird es dauern, bis sie auf Augenhöhe sind?

Bei dieser Frage geht es zunächst einmal nicht um die Zeit, sondern eher um die Philosophie. Also um die Frage, ob man wirklich Kameras oder Equipment auf unserem Preisniveau anbieten will, oder lieber preiswertere Produkte mit mehr Umsatzvolumen. Derzeit gehen die Chinesen den letzteren Weg. Aber das kann sich schnell ändern, deswegen darf man sie nicht einfach abtun.

Inwiefern?

Hier in China ist der Mut viel größer, Neues auszuprobieren. So entstehen sehr überzeugende Innovationen. Das fehlt uns eher als deutsche Firma. Wir sind da eher konservativ und sehr, sehr langsam in unserer Produktentwicklung. Da müssen wir sehr aufpassen. Zum Beispiel einen Gimbal und eine Kamera zu einem Gerät zu vereinen. Der Gimbal hält das Kamerabild stabil. Das sind sehr spannende Entwicklungen. Auch in der LED-Technik tut sich in China viel.

Macht es für Arri nicht deshalb Sinn, eine preiswerte Einsteigerlinie zu etablieren?

Bisher haben wir uns immer dagegen entschieden, und ich glaube aus gutem Grund. Wir sind dann doch eher eine kleinere Firma. Wir müssen uns auf die wichtigsten Produkte konzentrieren. Und bisher hat diese Strategie für uns stets funktioniert. Aber wir müssen mehr in China entwickeln, um agil zu bleiben. Das gilt nicht nur für uns, sondern für alle westlichen Unternehmen. Das fällt mir insofern leichter, da ich hier aufgewachsen bin.

Wie war es denn in 1980er-Jahren, in China zu leben?

Die Ausländer waren damals relativ abgeschottet. Sie sind in einem Ausländer-Compound, fast wie in einem Ghetto, aufgewachsen. Es war zwar nicht so, dass man nicht raus konnte, aber man hat ja nicht viel zu tun gehabt außerhalb und somit hatte man dann auch einen sehr internationalen Freundeskreis. Bei unserer Familie war das ein wenig anders. Dadurch, dass mein Großvater Chinese war, sind wir natürlich oft raus. Und so habe ich auch relativ gut Chinesisch lernen können. Das war in der Ausländer-Community eigentlich gar nicht so üblich.

Wollte man nicht oder durfte nicht?

Man durfte schon. Aber es war sehr aufwendig, die Sprache zu lernen. Gleichzeitig war die Schnittmenge der Interessen der Westler und der Ausländer nicht groß. Und die meisten Ausländer waren ja nicht aus Interesse hier, sondern, weil sie von irgendwelchen Firmen hierhin geschickt wurden. Deren Vorstellung war: Ich verdiene jetzt mal ein paar Jahre ordentlich mehr Geld und dann gehe ich schnell wieder zurück nach Deutschland. Und in der Zeit in China gehe ich aus meiner kleinen Community am besten auch nicht raus.

Und wie war es, als Sie zum ersten Mal länger nach Deutschland gingen?

Ich bin 2002 zum BWL-Studium nach Freiburg gegangen und habe mich eigentlich ganz gut eingefunden, vielleicht auch, weil ich in Jahren zuvor schon immer wieder in den Ferien in Deutschland war. Was mir dann doch aufgefallen ist: Wie langsam das Leben ist, wie wenig Energie da ist, etwas verändern zu wollen. Das Leben dreht sich vor allem um eine Frage: Wie kann ich es mir möglichst gut gehen lassen, mit möglichst wenig Aufwand. Das ist schon komplett eine andere Energie in China. Bis heute. Das war dann auch der Grund, warum ich nach dem Studium schnell zurück nach China gegangen bin. Ich hatte es lange genug gemütlich gehabt.

Kein Interesse an einer guten Work-Life-Balance?

Doch, aber die ist leichter in China zu finden. Es ist leichter, sich aus einer dynamischen Gesellschaft partiell zurückzuziehen und sich zu entspannen, als gegen die allgemeine Lethargie anzukämpfen.

Und dann haben Sie Arri gefunden. Oder hat Arri Sie gefunden?

Ich wollte Filme machen und bin dann von einem komischen Job zum anderen gerutscht, nicht nur im Film, sondern auch für Fernsehproduktionen. Ich habe Ton gemacht, Teleprompter, Producer oder Casting. Oder Postproduktionssysteme installiert. Das hat sich schnell herumgesprochen, dass ich einen Background im IT-Bereich habe. Es hat mir sehr geholfen, dass ich mich da schnell einlesen konnte. Und als die erste Alexa rauskam, war ich einer der ersten Kunden in China, der die Kamera gekauft hat, auch um sie zu verleihen. Und so kam ich mit Arri ins Gespräch. Ich hatte Ideen, wie man die Produkte vermarkten kann. Und so bekam ich den Job. Eine gute Fügung.

Und wo geht denn die Reise technologisch hin?

Es wird sich in Richtung einer IT-Plattform entwickeln, die auch Bilder aufnimmt, oder – immer wichtiger – Bilder virtuell erzeugt. Es wird dann auch um Metadaten gehen. Um mehrere Kameras, die sozusagen miteinander sprechen, ihre Informationen abgleichen. Man kann dann Effekte gleich vor Ort durchspielen. Produktion und Postproduktion fließen ineinander. Das geht dann in Richtung des Zusammenspiels von Licht und Kamera und den virtuellen CGI Elementen.

Wenn man das Virtuelle weiterdenkt, braucht man vielleicht eines Tages gar keine Kameras mehr.

Das ist es dann schon sehr, sehr viel weitergedacht. Ja, aber es geht in die Richtung. Hier in China schneller als anderswo.

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Analyse

Verlieren die USA ihren Kampfjet F-35C an China?

Der Kampfjet F-35C - Prestigeobjekt der USA ist im Südchinesischen Meer abgestürzt. Das könnte eine Chance für China sein, an die Technologie zu kommen.
Der Kampfjet F-35C Lightning II – Prestigeobjekt der USA, vollgepackt mit modernster Militärtechnologie.

Solche Aufnahmen wollte die US-Navy unter allen Umständen vermeiden: Eine im Internet aufgetauchte Videosequenz zeigt den Absturz eines amerikanischen Kampfjets beim Anflug auf einen Flugzeugträger. Das Flugzeug prallt auf die Landebahn, geht in Flammen auf und stürzt anschließend ins Meer. Es sind nur 51 Sekunden – doch sie könnten weitreichende sicherheitspolitische Folgen haben.

Denn im vorliegenden Fall handelt es sich um eine F-35C, den Vorzeigekampfjet der USA; Stückpreis: rund 100 Millionen US-Dollar. Zudem befinden sich an jenem Tag die F-35C und ihr Flugzeugträger USS Carl Vinson auf Patrouille in einem der umstrittensten Seegebiete der Welt: dem Südchinesischen Meer.

Die Echtheit der Aufnahmen wurde inzwischen bestätigt. “Uns ist bekannt, dass Videomaterial von Flugdeckkameras an Bord der USS Carl Vinson (CVN 70) vom Absturz der F-35C Lightning II am 24. Januar im Südchinesischen Meer unbefugt veröffentlicht wurde. Es gibt eine laufende Untersuchung sowohl des Absturzes als auch der unbefugten Veröffentlichung des Videomaterials an Bord”, kommentiert die US-Navy den Vorgang.

Doch weit wichtiger: Das US-amerikanische Militär muss dringend das Problem der Bergung lösen. “Die F-35C liegt wahrscheinlich in einer Tiefe zwischen 11.000 und 18.000 Fuß, das ist eine technische Herausforderung”, sagt der australische Verteidigungsexperte Peter Layton im Gespräch mit China.Table. Umgerechnet wäre das eine Tiefe von bis zu 5.400 Meter. Doch der Wissenschaftler vom Griffith Asia Institute im australischen Queensland ist optimistisch. Denn vor nicht allzu langer Zeit hat die US Navy so etwas schon einmal geschafft: Anfang 2018 gelang vor der Küste Japans die Hebung eines Transportflugzeugs vom Typ C-2 Greyhound aus 5.600 Meter Tiefe. Und so ist Layton denn auch überzeugt, dass die Bergung der F-35C im Südchinesischen Meer gelingen werde. “Das Unterfangen erscheint machbar, und die US Navy wird alles tun, was dafür nötig ist.”

F-35C – für China eine Goldmine an Informationen

Layton ist ehemaliger australischer Air-Force-Offizier und weist im Gespräch noch auf ein anderes Problem hin, welches die US-Truppen zusätzlich unter Erfolgsdruck setzt: China. “Ich bin sicher, dass China nur zu gerne die F-35C bergen würde.” Zum einen wäre es ein enormer Prestigegewinn, wenn Peking etwas gelinge, das die USA nicht geschafft haben. “Zum anderen ist das Flugzeug eine Informations-Goldmine“, erklärt der frühere Luftwaffenpilot. Die F-35C ist vollgepackt mit modernster Militärtechnologie.

Die F-35C ist eine von drei Varianten der F-35:

  • Bei der F-35A handelt es sich um ein konventionell startendes und landendes Flugzeug.
  • Die F-35B ist hingegen ein Kurzstartflugzeug mit Senkrechtlandekapazität.
  • Die F-35C ist derweil eine trägergestützte Variante – mit größeren Tragflächen und einklappbaren Tragflächenenden, um sie auf Flugzeugträgern besser verstauen zu können. Zudem verfügt sie über ein stärkeres Fahrwerk.

Alle drei Modelle verfügen über Tarnkappenfähigkeiten. Aber die F-35C sei die neueste und am besten entwickelte Version, erklärt Layton. “Bei der US-Version, die nicht für den Export, sondern nur für die US Navy und die Marine Corps bestimmt ist, handelt es sich zweifelsohne um die technologisch fortschrittlichste F-35.”

Im US-Verteidigungsministerium sorgt allein der Gedanke, eine F-35 könne in chinesische Hände gelangen, für erhebliche Unruhe. “Wir sind uns des Wertes einer F-35 in jeder Hinsicht bewusst”, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby auf einer Pressekonferenz. “Und während wir weiterhin versuchen, das Flugzeug zu bergen, werden wir dies natürlich vor allem im Hinblick auf die Sicherheit tun, aber eindeutig auch aufgrund unserer eigenen nationalen Sicherheitsinteressen. Und ich denke, hierbei werde ich es belassen.”

In Peking streitet man derweil jegliches Interesse an dem abgestürzten Kampfjet ab. Man habe entsprechende Berichte wahrgenommen, sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums. “Es ist nicht das erste Mal, dass die USA einen Unfall im Südchinesischen Meer habe. Aber wir haben kein Interesse an diesem Flugzeug”, sagte Zhao Lijian. “Wir fordern das betroffene Land auf, Dinge zu tun, die dem Frieden und der Stabilität in der Region förderlich sind, anstatt in der Region die Muskeln spielen zu lassen.”

China interessiert Stealth-Technologie

Douglas Royce lässt sich von solchen Aussagen nicht beirren. Royce ist ein erfahrener Militärexperte und arbeitet derzeit bei Forecast International, einer amerikanischen Beratungsfirma mit Fokus auf Verteidigungs-, Luft- und Raumfahrttechnologie. Er ist überzeugt, dass die Chinesen vor allem am Fahrwerk, an den Sensoren sowie den verbauten Materialien für die Stealth-Technologie interessiert sind. “Sicherlich kennen sie bereits einige der verbauten Technologien. Doch in diesem Fall würde den Chinesen ein kompletter Fighter in die Hände fallen und ihnen so ganz neue Erkenntnisse über den Aufbau und die Fähigkeiten liefern.”  

Sollte den Chinesen tatsächlich die Bergung des Wracks gelingen, würden sie zum “reverse engineering” übergehen, vermuten Layton und Royce unisono. Mit “reverse engineering” bezeichnen Experten das Auseinandernehmen erbeuteter Waffensysteme, um technologische Geheimnisse zu lüften. China würde damit gleich zwei Ziele erreichen: Zum einen könnten die eigenen Ingenieure viel lernen; zum anderen würde Peking so den technologischen Vorsprung der Vereinigten Staaten verkürzen.

Es wäre nicht das erste Mal: Schon mehrmals beklagte die amerikanische National Security Agency den Diebstahl von Design und Technologie amerikanischer Flugzeuge. Besonders im Fokus der Spione: der B-2-Bomber, die F-22 Raptor – und eben die F-35-Jets. Vor allem die chinesischen Kampfflugzeuge Chengdu J-20 und Shenyang J-31 sollen stark von amerikanischer Technologie profitiert haben.

International gängiger Technologieklau

Eher zufällig kam China 2001 in den Besitz amerikanische Flugzeugtechnik. Am 1. April 2001 kollidierten ein US-Spionageflugzeug vom Typs Lockheed P-3 mit einem chinesischen Kampfflugzeug und musste anschließend auf Hainan notlanden. Wie im Protokoll vorgesehen, begann die US-Crew mit der Vernichtung wichtiger Daten und Technik. Doch der chinesische Zugriff erfolgt schnell – und war überaus ertragreich: Er sicherte sich unter anderem kryptografische Schlüssel oder Namen von Mitarbeitern der National Security Agency. Auch Informationen über die Radarsysteme der US-Alliierten weltweit fielen in chinesische Hände. Außerdem erfuhr Peking, dass die Vereinigten Staaten per Signalübertragung Chinas U-Boote verfolgen können. China nahm die US-Maschine komplett auseinander. Erst drei Monate nach der Kollision wurde das letzte Stückchen Flugzeug an die Amerikaner zurückgegeben.

Aber auch die USA sind beim “reverse engineering” kein unbeschriebenes Blatt, erklärt der Rüstungsexperte Julian Spencer-Churchill im Gespräch mit China.Table. “Die Amerikaner haben beispielsweise 1975 sehr vom Belenko-Überlauf mit dessen MiG-25 nach Japan profitiert”, erklärt der Politologe von der Concordia Universität im kanadischen Quebec. Der sowjetische Pilot Wiktor Belenko desertierte am 6. September 1976 mit einer MiG-25P und landete im japanischen Hakodate. Seine MiG-25P galt bis dato als gut gehütetes Militärgeheimnis der sowjetischen Luftstreitkräfte.

Peter Layton führt im aktuellen Fall der F-35C im südchinesischen Meer noch einen dritten Aspekt an: “Die Oberfläche des Jets ist ein Mix aus Metallen und Kompositmaterialien, die Radarsignale absorbieren können. Sollte China das in die Hände bekommen, könnten sie gezielt Gegenmaßnahmen entwickeln und so die Wirkung neutralisieren.” Das chinesische Radar könnte also künftige getarnte US-Flugzeuge sehen.

Sichert sich China den Jet?

Spencer-Churchill glaubt dennoch nicht, dass China ernsthaft die Bergung der abgestürzten F-35C anstrebt. “Das würde die USA extrem provozieren, und in diesem Fall verfügen die Amerikaner ganz eindeutig über die Eskalationsdominanz.” Zudem ist zu bezweifeln, ob sich Peking die extrem hohe technische Herausforderung einer Bergung aus derartiger Tiefe aufbürdet.

Experten wie Layton und Royce sind allerdings überzeugt, dass zwischen den USA und China längst ein Wettrennen um die Bergung des vom US-Konzern Lockheed Martin hergestellten Tarnkappenjets begonnen hat. Zu verlockend ist der Zugang zu neuester Militärtechnologie, zumal der US-Kampfjet im Südchinesischen Meer liegt – in einem Gebiet, auf das China seit Jahren mit Nachdruck Anspruch erhebt, in dem es fortwährend Militärstützpunkte aufbaut und zu dem es einen internationalen Schiedsspruch schlichtweg ignoriert.

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News

Olympia-Ticker – Winterwetter schafft schwere Verhältnisse

China Olympia-Ticker: Winterwetter sorgt für erschwerte Bedingungen.

Paradoxerweise hat am Sonntag ausgerechnet ein Wintereinbruch für neue Kritik am Standort Peking gesorgt. Zwar schneite es endlich schön. Es herrschten aber auch typisch nordchinesische Verhältnisse mit eiskaltem Wind, dazu kam stellenweise Nebel. Da auf der Langlaufstrecke zudem vergleichsweise viele Höhenmeter zu überwinden waren, herrschten harte Bedingungen für die Athleten. Einige Wettbewerbe wurden wegen des Schneefalls auf Montag verschoben. Dazu gehört auch die Qualifikation im Ski-Freestyle, bei der Eileen Gu erneut antreten soll. Also: erst zu wenig Schnee, jetzt plötzlich zu viel.

  • Gao Tingyu hat für China Gold im Eisschnelllaufen der Herren über 500 Meter geholt. Es ist das erste Mal, dass ein Athlet aus China in dieser Disziplin ganz oben auf dem Podium steht. Der Eisschnellläufer war einer von zwei Fahnenträgern des Teams bei der Eröffnungszeremonie gewesen und hat jetzt wie versprochen Gold geholt. Dabei stellte Gao gleich auch einen neuen olympischen Rekord auf.
  • Im Eishockey hat das chinesische Herren-Team in Gruppe A gegen Deutschland am Samstag 3:2 verloren. Chinas Medien konzentrieren sich jedoch auf die zwei Tore, die trotz der Niederlage gelangen. Das aus 15 Spielern aus dem Ausland zusammengewürfelte Team (China.Table berichtete) hatte ohnehin keine realistischen Chancen, lange im Turnier zu bleiben. Am Sonntag gegen Kanada verlor die bunte Truppe dann 5:0, was das Aus in der Vorrunde besiegelte.
  • Skeleton: Die deutsche Berichterstattung konzentrierte sich auf das eigene Gold und Silber. China interessierte sich mehr für den dritten Platz: Bronze holte Yan Wengang (24) aus Tianjin. Die Medaille ist für China ein wichtiger Meilenstein. Das Land hat im Skeleton noch nie Edelmetall geholt. In Pyeongchang lag der bestplatzierte chinesische Teilnehmer auf Platz 13.
  • Im Curling besiegten die chinesischen Damen am Sonntag das koreanische Team, während die Herren gegen Großbritannien verloren. Zuvor hatten sie sich gegen Italien deutlich überlegen gezeigt.
  • Adrian Yung aus Hongkong verlor beim Riesenslalom einen Ski, womit das Rennen für ihn beendet war.
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Corona in Hongkong: Lebensmittel-Lieferungen gefährdet

Hongkong hat am Sonntag 2.000 neue Verdachtsfälle von Covid-19 gemeldet. Zugleich wurden 1.340 Neuinfektionen bestätigt. Die Stadt tritt damit in eine neue Phase des aktuellen Ausbruchs ein, in der das Infektionsgeschehen deutlich an Geschwindigkeit gewinnt. Die Stadtregierung erwägt nun örtlich begrenzte Lockdowns und ordnet Massentests an. Die höhere Fallzahl löst bereits einen Ansturm auf die Krankenhäuser aus. Hongkongs Regierung ermutigt jüngere Patientinnen und Patienten mit leichten Symptomen, die Krankheit zuhause auszukurieren. Kranke in stabilem Zustand werden unterdessen aus großen Krankenhäusern in das Lazarett auf dem AsiaWorld-Expo-Gelände verlegt.

Da sich vier Lastwagenfahrer an Grenzkontrollpunkten als Corona-positiv herausgestellt haben, kommt es hier zu Einschränkungen. Die Stadt warnt vor Lieferausfällen, die auch Lebensmittel wie frisches Gemüse betreffen. Verwaltungschefin Carrie Lam hat unterdessen Experten aus dem Mutterland angefordert, die den vermeintlich überforderten Behörden mit “überlegener Expertise” beistehen sollen.

Insgesamt mischt sich in Hongkong derzeit eine grundsätzlich strenge Null-Covid-Politik mit der starken Verbreitung positiver Fälle in zahlreichen Lebensbereichen wie Schulen, Behörden, Krankenhäusern, Sicherheitskräften oder Logistik. Diese Kombination droht zahlreiche Institutionen lahmzulegen, da auf die positiven Tests großflächige Kontaktverfolgung und Isolationsanordnungen folgen. fin

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  • Hongkong

BMW übernimmt Mehrheit an Joint Venture

BMW hat grünes Licht für die Übernahme der Mehrheit an seinem Gemeinschaftsunternehmen mit Brilliance in China bekommen. Die entsprechende Genehmigung habe das Unternehmen am Freitag erhalten, teilte BMW mit. Die Münchner halten damit künftig 75 Prozent der Anteile an BBA, der chinesische Partner Brilliance den Rest.

Seit den ersten Schritten deutscher Autofirmen auf den chinesischen Markt in den 1980er-Jahren waren die Anbieter bis vor Kurzem verpflichtet, sich für Produktion und Verkauf mit chinesischen Betrieben zusammenzutun. Erst 2018 fiel für die Autobranche dieser Zwang, der in anderen Bereichen bereits abgeschafft war. Im Januar 2021 hat sich bereits Audi entschlossen, die Mehrheit an dem neuen Gemeinschaftsunternehmen Audi-FAW zu übernehmen.

BMW kann nach der Übernahme die Zahlen in China voll konsolidieren. Dadurch steige der Umsatz des Auto-Segments im laufenden Jahr deutlich, erklärte BMW weiter. 2020 hatte BBA einen Gewinn von 2,7 Milliarden Euro erwirtschaftet bei einem Umsatz von 23,9 Milliarden Euro, die Gewinnmarge lag höher als bei BMW selbst. Die Zahlen für 2021 liegen noch nicht vor. rtr/fin

  • Autoindustrie

Corona-Mittel von Pfizer erhält Zulassung

Die chinesische Arzneimittelbehörde hat dem Pfizer-Medikament Paxlovid am Samstag eine bedingte Zulassung erteilt. Paxlovid wirkt gegen laufende Covid-19-Infektionen und schwächt deren Verlauf ab. Das Medikament ist in China zur Behandlung von Erwachsenen mit leichter bis mittelschwerer Erkrankung zugelassen. Es seien weitere Studien nötig, um eine unbeschränkte Zulassung zu ermöglichen, so die Behörde.

Paxlovid enthält ein Molekül, das die Viren in Körperzellen an der Vermehrung hindert. Der Hersteller Pfizer sieht in der Verfügbarkeit der Substanz einen “Wendepunkt”, doch hohe Kosten und Nebenwirkungen lassen Experten in Deutschland am Masseneinsatz zweifeln. Es muss zudem früh im Krankheitsverlauf eingenommen werden, um wirklich einen Unterschied zu machen. In der ersten Phase sind die Symptome jedoch oft noch nicht so stark ausgeprägt, dass die Patienten einen Arzt hinzuziehen. Im Kontext der chinesischen Null-Covid-Strategie hat der Einsatz jedoch möglicherweise mehr Sinn (China.Table berichtete). fin

  • Gesundheit

Sinopec nutzt CO2 zur Steigerung der Ölproduktion

Der chinesische Öl- und Gaskonzern Sinopec hat eine neue Anlage zur CO2-Abscheidung, -nutzung und -speicherung (CCUS) fertiggestellt. Laut Unternehmensangaben könne die Anlage pro Jahr eine Million Tonnen CO2 abscheiden, wie die Beratungsagentur Trivium China berichtet. Das CO2 würde somit nicht mehr in die Atmosphäre entweichen und seine klimaschädliche Wirkung verlieren. Umgerechnet sei das so viel, wie knapp 600.000 Verbrenner-Autos pro Jahr verursachen oder wie neun Millionen Bäume pro Jahr an CO2 speichern. Zum Vergleich: Chinas jährliche CO2-Emissionen betragen 10,7 Milliarden Tonnen.

Allerdings will Sinopec das CO2 dafür nutzen, die Produktion eines nahegelegenen Ölfelds zu erhöhen. Indem CO2 unter die Erde gepresst wird, können auch die letzten Reserven der Öl- und Gasfelder gefördert werden. Sinopec erhofft sich durch die CO2-Nutzung, innerhalb der nächsten 15 Jahre fast drei Millionen Tonnen mehr Öl zu fördern.

Laut Trivium ist die CCUS-Technologie in China ein aufstrebender Sektor. Derzeit fließt der Großteil der Projektfinanzierung demnach in CCUS-Projekte zur Erhöhung der Produktivität von Öl- und Gasreservoirs. Laut dem Umweltministerium befinden sich in China 40 CCUS-Projekte im Bau oder werden schon betrieben.

Auch in Europa gibt es erste Projekte zur Abscheidung und Speicherung von CO2. Norwegen baut gerade an einer “CO2-Deponie”, die ab dem Jahr 2024 anfänglich 1,5 Millionen Tonnen des Treibhausgases speichern soll. Der für die Umsetzung des Green Deal verantwortliche Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, sagte jüngst: “Die Abscheidung und Speicherung von CO2 wird unerlässlich sein, wenn wir Klimaneutralität erreichen wollen. Es ist ein wichtiges Instrument in unserem Baukasten” (Europa.Table berichtete). nib

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Presseschau

Warum China süchtig nach Kohle ist – und jetzt seine Klimaziele relativiert HANDELSBLATT
Neue Containerfährlinie bringt Waren aus China nach Mukran NDR
Hong Kong leader says fifth COVID wave has ‘overwhelmed’ city’s capacity REUTERS
Maskenhalter für Skihelme: Start-up im Kampf gegen chinesische Produktpiraten FAZ
USA und chinesische Hacker: Spionjagd mit Nebenwirkungen TAGESSCHAU
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Youtube: Olympia-Highlights offenbar häufig mit China-Propaganda vermischt T3N
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Standpunkt

Chinas Triangulationsgambit

Von Stephen Roach
Stephen S. Roach, US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler und Senior Fellow am Jackson Institute for Global Affairs der Yale University sowie Dozent an der Yale School of Management
Der prominente Ökonom Stephen Roach (Yale Universität) war Chairman von Morgan Stanley Asia

Geschichtliche Wendepunkte sind selten eindeutig erkennbar. Doch die gemeinsame Erklärung des russischen Präsidenten Wladimir Putin und des chinesischen Präsidenten Xi Jinping vom 4. Februar bei der Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Peking könnte eine Ausnahme darstellen – und einen neuen Wendepunkt in einem neuen Kalten Krieg signalisieren.

Triangulation war Amerikas entscheidender strategischer Schachzug im ersten Kalten Krieg. Richard Nixons Annäherung an China, die sich in diesem Monat zum 50. Mal jährt, isolierte die ehemalige Sowjetunion zu einem Zeitpunkt, als ihr wirtschaftliches Fundament zu bröckeln begann. Henry Kissinger hat es in seinem Buch China: Zwischen Tradition und Herausforderung so formuliert: “Die US-chinesische Annäherung begann als taktischer Aspekt des Kalten Krieges; sie entwickelte sich bis einem Punkt weiter, an dem sie für die Entwicklung der neuen Weltordnung zentral wurde.” Es dauerte, bis diese Strategie Erfolg hatte. Doch 17 Jahre später fiel die Berliner Mauer, und die Sowjetunion fiel in sich zusammen.

China war nie ein Land, das die Lehren der Geschichte ignoriert hat, und hat sich nun, in einem aufziehenden zweiten Kalten Krieg, selbst für ein Triangulationsgambit entschieden. In einer Zeit, in der Amerika besonders verletzlich ist, könnte ein chinesisch-russisches Tandem nun das globale Machtgleichgewicht verschieben. Dies deutet auf ein besorgniserregendes Endspiel hin.

Triangulation des ersten Kalten Krieges liefern Hinweise

Wichtige Hinweise auf Chinas Motive bietet die Strategie der “Triangulation” während des ersten Kalten Krieges. Aus Sorge vor der von der Sowjetunion ausgehenden militärischen Bedrohung gingen die USA damals eine wirtschaftliche Vernunftehe mit China ein. Dass die US-chinesische Partnerschaft, die ursprünglich billige Waren für die schwer unter Druck stehenden amerikanischen Verbraucher lieferte, inzwischen durch einen Handels- und Technologiekrieg erschüttert wurde, ist in diesem Zusammenhang irrelevant. Was zählt ist, dass nun eine vergleichbare Strategie China und Russland zusammengeführt hat.

Diese neue Vernunftehe ist sowohl wirtschaftlicher wie geostrategischer Art. Russland hat das Erdgas, das ein energiehungriges, kohleabhängiges, verschmutztes China braucht. Und China verschafft Russland durch seine Ersparnisüberschüsse, großen Devisenreserven und seine Neue Seidenstraßeninitiative zusätzlichen Einfluss, um seine kaum verhohlenen territorialen Ambitionen zu untermauern.

Auch geostrategisch gesehen ist diese Interpretation überzeugend. Ob zu Recht oder zu Unrecht: Xi und Putin sind beide überzeugt, dass die USA bestrebt sind, dem angeblich friedlichen Aufstieg ihrer jeweiligen Länder Grenzen zu setzen. China verweist dabei nicht nur auf die Zölle und Sanktionen des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump gegen führende chinesische Technologieunternehmen, sondern auch auf die ehrgeizige Transpazifische Partnerschaft (TPP), von der China ausgeschlossen war (und die inzwischen zur Umfassenden und progressiven Vereinbarung über eine Transpazifische Partnerschaft CPTPP mutiert ist). In jüngerer Zeit haben Australien, Großbritannien und die USA das direkt gegen China gerichtete trilaterale AUKUS– Sicherheitsabkommen geschlossen.

Putin und Xi sehen Amerika als Bedrohung für ihre Ziele

Putin macht beim Widerstand gegen das US-Containment Russlands ähnliche Argumente geltend. Er scheint aus Furcht vor einer NATO-Erweiterung mehr als bereit, die Ukraine in Geiselhaft zu nehmen und Europa an den Rand eines weiteren verheerenden Konflikts zu führen. Putin, der den Untergang der Sowjetunion als “eine große geopolitische Katastrophe des [20.] Jahrhunderts” beschrieben hat, täte nichts lieber, als das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Doch hat ihn US-Präsident Joe Biden mit seinen Drohungen womöglich in eine Ecke gedrängt und ihm keinen gesichtswahrenden Weg hin zu einer Deeskalation gelassen. Und für autoritäre Politiker geht Gesichtswahrung über alles.

Die gemeinsame chinesisch-russische Erklärung vom 4. Februar lässt wenig Zweifel, dass beide Staatschefs Amerika als existentielle Bedrohung für ihre Ziele betrachten. Putin hat Xi erfolgreich dazu bewegt, gegen eine NATO-Erweiterung Stelllung zu beziehen – ein Thema, das deutlich außerhalb des eigentlichen Interessenbereichs des chinesischen Staatschefs liegt. Und Xi hat Putin dazu gebracht, eine Vereinbarung zu unterzeichnen, die dem Muster von “Xi Jinpings Gedankengut” folgt, und stellt ihre gemeinsame Erklärung als Verkündung einer weiteren von Chinas grandiosen Politiken einer “neuen Ära” dar.

Es besteht wenig Zweifel, dass China und Russland die Triangulation als strategischen Schachzug verfolgen. Ironischerweise sind es, anders als im ersten Kalten Krieg, diesmal die USA, die trianguliert werden. Und wie beim letzten Mal gibt es guten Grund zu der Annahme, dass das Endspiel in der wirtschaftlichen Arena entschieden werden wird.

Triangulation als strategischer Schachzug

An dieser Stelle fällt der Vergleich zwischen beiden Kalten Kriegen besonders besorgniserregend aus. Von 1947 bis 1991 war die US-Volkswirtschaft stark und im Gleichgewicht. Während des vergangenen Jahrzehnts dagegen waren das reale BIP-Wachstum (1,7 Prozent) und die Produktivitätszuwächse (1,1 Prozent) nur halb so hoch wie ihre Durchschnittswerte während dieses früheren Zeitraums von 44 Jahren. Noch schlechter fallen aktuelle Vergleiche zu den Inlandsersparnissen, der Leistungsbilanz und Amerikas klaffendem Handelsdefizit aus.

Die USA gewannen den ersten Kalten Krieg nicht nur aufgrund der Stärke ihrer eigenen Wirtschaft, sondern auch aufgrund der ausgehöhlten Wirtschaft ihres Gegenspielers. Das Produktionswachstum pro Kopf in der Sowjetunion verlangsamte sich ab 1977 dramatisch und schrumpfte dann in den beiden letzten Jahren des Kalten Krieges um durchschnittlich 4,3 Prozent pro Jahr. Der wirtschaftliche Zusammenbruch des Nachfolgestaates der Sowjetunion, der Russischen Föderation, kündigte sich hier bereits an. Deren Wirtschaft schrumpfte von 1991 bis 1999 um 36 Prozent.

Im Gegensatz zum früheren Konflikt zwischen einem starken Amerika und einer strauchelnden Sowjetunion steht heute eine schwächere US-Wirtschaft einem aufstrebenden China gegenüber. Auch dürfte Chinas Einfluss durch Russland – das weltwirtschaftlich eine Nebenrolle einnimmt – nicht gemindert werden. Das chinesische BIP war 2021 sechs Mal so groß wie das Russlands, und es wird erwartet, dass sich diese Kluft in den kommenden Jahren noch ausweitet.

“Amerika scheint am Lenkrad eingeschlafen zu sein”

Doch hat Xi in Putin genau, was er will: einen Partner, der das westliche Bündnis destabilisieren und Amerikas strategischen Fokus von seiner Containment-Strategie gegenüber China ablenken kann. Aus Xis Sicht öffnet dies Chinas Aufstieg zur Großmacht Tür und Tor und lässt das in Xis liebevoll gehegtem “chinesischen Traum” enthaltene Versprechen einer nationalen Revitalisierung Wirklichkeit werden.

Henry Kissinger warnte Ende 2019, dass sich die USA und China bereits in den “Vorgebirgen eines neuen Kalten Krieges” befänden. Und mit der sich abzeichnenden neuen Triangulationsstrategie wird die Sache jetzt noch verzwickter. Das Xi-Putin-Gambit verstärkt die Schlussfolgerung, dass dieser neue Kalte Krieg ganz anders ablaufen wird als der letzte. Traurigerweise scheint Amerika am Lenkrad eingeschlafen zu sein.

Stephen S. Roach ist Professor an der Universität Yale und ehemaliger Chairman von Morgan Stanley Asia. Er ist der Verfasser von Unbalanced: The Codependency of America and China (Yale University Press, 2014) und des in Kürze erscheinenden Accidental Conflict. Übersetzung: Jan Doolan.

Copyright: Project Syndicate, 2022.
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Personalien

Andreas Scheuer, ehemaliger Bundesverkehrsminister, wurde zum neuen Präsidenten der Asienbrücke gewählt. Scheuer teilte anlässlich seiner Wahl mit: “Asien ist mehr als China. Gerade der Blick auf die Wertepartner in der Region – auf unsere verbündeten Demokratien, Marktwirtschaften mit Offenheit für freien und fairen Handel, Wissenschafts- und Forschungspartner in Zukunftstechnologien – zeigt, dass wir mehr Initiativen brauchen, welche unsere kulturellen und gesellschaftlichen Akteure miteinander in Verbindung bringen”.

Thorsten Walz wurde bei BRUSS Sealing Systems Automotive zum Executive Director China befördert. Walz war zuvor für das Werk des Automobilzulieferers in Shanghai verantwortlich.

Martin Bachofer ist seit Beginn des Monats neuer Business Owner Rough Drilling & Demolition für Bosch Power Tools in Shanghai. Er war zuvor verantwortlich für den Einkauf von Bosch Power Tools in Hangzhou.

Zur Sprache

“Vertretungsfahrer”

代驾 – dàijià – “vertretungsfahren”

Schatz, fährst du heute? Diese Frage hat sich in China erübrigt. Vorbei sind die Zeiten, in denen beim gemeinsamen Ausgehen einer fröhlich kippte, während der andere nur vorwurfsvoll mit dem Autoschlüssel klappern konnte. Denn in chinesischen Metropolen herrscht seit einiger Zeit Alkoholpegelgleichberechtigung. Das Zauberwort lautet: 代驾 dàijià “vertretungsfahren”. Es ist die Kurzform für  代理驾驶 dàilǐ jiàshǐ, was “stellvertretend steuern/lenken/fahren” heißt und eine neue Blüte des Dienstleistungsgewerbes in chinesischen Großstädten benennt.

Das Prinzip ist schnell erklärt: Wer mit dem eigenen Auto unterwegs ist und trotzdem zu viel gebechert hat, ist nicht mehr versucht, sich alkoholisiert hinters Steuer zu setzen (酒驾 jiǔjià), sondern kann sich über verschiedene Apps (zum Beispiel “e代驾”) im Handumdrehen einen Ersatzfahrer (代驾司机 dàijià sījī) rufen. Der manövriert dann Auto samt beschwipstem Besitzer kratzerfrei nach Hause. Der Spontanchauffeur kurvt dafür in der Regel mit einem wendigen Falt-E-Roller an, den er ratzfatz im Kofferraum verstaut. Manchmal sieht man die Fahragenten in den Abendstunden schon grüppchenweise vor bestimmten Restaurants, Bars oder Nachtclubs herumlungern, genau dort eben, wo es erfahrungsgemäß zu später Stunde hochprozentig zugeht.

Aber wer die Volksrepublik kennt, der wird schon erahnen: Fahrdienste sind nicht das einzige, wofür man sich im Servicemekka China mit dem nötigen Kleingeld einen Stellvertreter organisieren kann. Die Alltagssprache kennt jedenfalls noch zahlreiche weitere “Vertretungsverben”, wobei sich manche der Stellvertreterdienstleistungen (代服务 dàifúwù) in einer Grauzone bewegen. 

Hier eine kleine Auswahl: 

  • Vertretungsshoppen (代购 dàigòu): der Einkauf von Waren über andere, vor allem im Ausland
  • Vertretungsschlangestehen (代排队 dài páiduì): zum Beispiel, um trotz wenig Zeit eines der derzeit begehrten Olympiamaskottchen (冰墩墩 Bīng Dūndūn) zu ergattern
  • Vertretungspaketannahme (代收快递 dàishōu kuàidì): wenn man beim Liefertermin mal wieder nicht zu Hause, sondern noch im Büro ist – das Geld für die eintrudelnde Taobao-Shoppingbeute muss ja schließlich irgendwie verdient werden
  • Vertretungsschreiben (代写 dàixiě): bei uns auch als Ghostwriting bekannt, zum Beispiel bei wissenschaftlichen Arbeiten (代写论文 dàixiě lùnwén) oder Hausaufgaben (代写作业 dàixiě zuòyè), in letzterem Fall sind die Auftragsschreiblinge meist die eigenen Eltern
  • Vertretungsprüfungsteilnahme (代考 dàikǎo): ist natürlich nicht legal und fliegt wohl nur bei Zwillingen nicht auf
  • Vertretungsschwangerschaft (代孕 dàiyùn): bei uns als Leihmutterschaft bekannt und auch in China verboten

Zurück zum Eingangsbeispiel: Zu diesem gibt es nämlich noch eine interessante Ergänzung – das “Vertretungstrinken” (代喝 dàihē). Sie haben richtig gehört! Warum das Problem nicht von der Wurzel angehen, statt später nachzusorgen, lautet hier das Motto. Mit e代喝 (e dàihē) gibt es tatsächlich eine chinesische App, die solche Stellvertretertrinkdienste anbietet. User können sich auf dem Portal als “Ersatztrinker” (代喝人 dàihērén) registrieren – gestaffelt nach Trinkvermögen (酒量 jiǔliàng), versteht sich – und dann von anderen Nutzern zum Mittrinken gebucht werden. Die App einer Pekinger Entwicklungsfirma gibt es für iOS und Android. Letztlich ist sie wohl aber eher als Kennenlernplattform gedacht.

Einen Peak und Medienhype erlebte die Applikation 2018, mittlerweile kann man sie aber nur noch über Websites und nicht mehr direkt über den App-Store herunterladen. Vermutlich hat es der eine oder andere mit dem Stellvertretergedanken dann doch etwas übertrieben. Wenn es um Alkoholkonsum geht, sollten wir uns wohl besser auf eine andere bewährte Bewegung besinnen: DIY – do it yourself.

Verena Menzel betreibt in Peking die Sprachschule New Chinese.

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China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Arri-China-Chef Forest Liu: Mühsamer Weg zur Marktführerschaft
    • USA verlieren Kampfjet: Das Rennen zur F-35C
    • Olympia-Ticker: Wintereinbruch und Eisschnelllauf-Gold
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    • Stephen Roach: Treffen Xi-Putin war historischer Wendepunkt
    • Zur Sprache: Vertretungsfahrer für Betrunkene
    • Personalien: Andreas Scheuer wird Präsident der Asienbrücke
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    in der Folklore über den chinesischen Markt sind hochpreisige deutsche Produkte stets Selbstläufer, die mit einem schwarz-rot-goldenen Sticker auf der Packung nur so zum Kunden fliegen. Die Realität des Marketings sieht wesentlich mühsamer aus. Davon erzählt Forest Liu in unserem CEO-Talk mit Frank Sieren. Liu verkauft die Objektive und Kameras des Münchner Herstellers Arri in China. Als der Markt gerade anfing abzuheben, boten die Kameras der Konkurrenz auf dem Papier beeindruckendere technische Daten. Arri hat sich nur durch “quälend langsame Überzeugungsarbeit” bei den Kunden aus der Filmbranche zum Marktführer hochgearbeitet.

    Die Versuchung war zwischenzeitlich groß, als Verkaufsargument hohe Rabatte anzubieten. Das hat zeitweilig sogar der eigene Vertrieb gefordert. Doch Liu blieb hartnäckig. Es ist ihm dadurch gelungen, die Kameras von Arri als Premium-Angebot im Markt zu verankern. Liu ist das vor allem deshalb gelungen, weil er die deutsche und die chinesische Kultur gleich gut kennt. Denn in der Anfangsphase waren für jeden Verkauf genau die richtigen Argumente nötig. Preiswerte Produkte, die dafür mehr Umsatz machen, überlässt er derweil der aufkommenden chinesischen Konkurrenz, die allerdings ebenfalls immer besser wird.

    In technischer Hinsicht will China eben weiterhin von den Besten lernen. In Gewässern in der Nähe der Philippinen läuft daher derzeit der Wettlauf zu einem Flugzeugwrack. Die USA haben dort ein ultramodernes Kampfflugzeug vom Typ F-35 verloren. Einen Tarnjet voller Waffen. Schon die Zusammensetzung der Anti-Radar-Beschichtung könnte der Volksbefreiungsarmee taktische Hinweise von unschätzbarem Wert liefern. Michael Radunski analysiert, was bei dem Rennen zum Boden des Südchinesischen Meeres auf dem Spiel steht. Zwar versuchen die USA, das Wrack zuerst zu finden und zu bergen. Wenn Chinas Marine aber schneller ist, dann verliert das US-Militär entscheidende Vorteile.

    Unser Gastbeitrag heute kommt von Stephen Roach. Er ist zwar in erste Linie Ökonom, doch es lohnt auch, seine geopolitischen Einschätzungen zu verfolgen. Als ehemaliger Top-Manager von Morgan Stanley hat er viel von der Welt gesehen. Roach hält das freundliche Treffen von Xi und Putin zum Olympia-Auftakt für eine historische Wende. Zwar verwendet er für Chinas Strategie das unnötig sperrige Wort “Triangulationsgambit”, das ein Dreiecksmanöver im Schach bezeichnet. Im politischen Diskurs ist schlicht gemeint, dass eine Großmacht zwei andere gegeneinander ausspielt. Die USA haben das einst erfolgreich mit Russland und China gemacht. Jetzt will Xi schlauer sein. Er nutzt die Kriegsgefahr in der Ukraine zur Stärkung der eigenen Position.

    Ihr
    Finn Mayer-Kuckuk
    Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

    CEO-Talk

    “In China heißt es schnell: Wir machen das anders”

    Forest Liu, 39, China-Chef von Arri, dem deutschen Weltmarktführer für Filmkamerasysteme im CEO-Talk.
    Forest Liu, 39, China-Chef von Arri, dem deutschen Weltmarktführer für Filmkamerasysteme

    Forest Liu, 39, ist der China-Chef eines erstaunlichen deutschen Champions, der sich über mehrere Technologieschübe als Weltmarktführer behauptet hat. Die Firma aus München wurde bereits 1917 gegründet und heißt eigentlich Arnold und Richter. Bekannt ist sie unter dem Kürzel Arri. Die Arri Group, wie sie heute heißt, ist mit der Alexa der weltweit führende Hersteller von digitalen Filmkameras und Film-Equipment. Der Jahresumsatz liegt bei über 400 Millionen Euro. Zum Erfolg in der Volksrepublik hat auch Liu einen entscheidenden Beitrag geleistet. Der Deutsche ist in China geboren und aufgewachsen. Seine Mutter Kosima Liu ist eine deutsche Fotografin und Künstlerin und sein Vater John ein US-amerikanischer Dokumentarfilmer chinesischer Herkunft. Eigentlich wollte Liu nach dem BWL-Studium selbst Filme drehen. Doch dann eröffnete sich für ihn die Möglichkeit, die erste Vertretung von Arri in China aufzubauen. Sein Bereich hat sich zu einem riesigen Markt entwickelt, in dem Liu seine Faszination für die deutsche Spitzentechnologie ausleben kann. Das Gespräch in voller Länge finden Sie hier im Video.

    Warum hält sich ein deutsches Unternehmen über so lange Zeit im chinesischen Markt an der Spitze, trotz der starken Konkurrenz aus den USA und China?

    Weil man keine schicken Gadgets vertreibt, sondern Werkzeuge für Handwerker, die Filme herstellen. Und zwar so, wie man es von vielen deutschen Hidden Champions kennt: Die besten Produkte der Welt, ohne sich von Preiskämpfen niederringen zulassen und dabei auf die großen Trends setzen, ohne sich von jedem Hype aus der Ruhe bringen zu lassen. Wichtig: Man darf sich von seinen Prinzipien nicht ablenken lassen.

    Und die wären? Die Wettbewerber wie Sony und Panasonic sind ja auch nicht verschlafen, kommen aber von den Weltmarktanteilen her nicht annähernd an Arri ran.

    Für mich war Arris erste Digitalkamera das Erweckungserlebnis. Die kam 2010 raus. Damals war ich 28 Jahre alt. Und für mich war Arri ziemlich altbacken. Doch das sollte sich mit der Alexa ändern. Die super Verarbeitung gab es noch immer. Ob in Wüstenhitze oder polarer Kälte, die Kamera hat kein Problem. Aber das ist nur eine Seite und das reichte nicht mehr. Viel wichtiger für mich und viele andere meiner Generation war natürlich die Bildqualität, aber eben auch die neue Philosophie der offenen Standards, die sehr gut zum Open-Source-Denken passt und ja am Ende auch ein Lebensgefühl widerspiegelt. Während andere Kameras auf eigene Formate, eigene Ports und eigene Optiken bestehen, benutzen wir die Sony-Speicherkarten und als erster Kamerahersteller Apple ProRes, weil es stabil war, einfach zu bedienen ist und den besten Mix aus hoher Qualität und geringer Verarbeitungskomplexität bietet. Warum also den Kunden zur eigenen, vielleicht nur zweitbesten Lösung zwingen, wenn es etwas Besseres gibt?

    Aber Sie haben erst einmal keine Kamera mit 4K-Bildauflösung angeboten, obwohl das der Standard war. Ist Arri manchmal auch störrisch?

    Nein. Wir haben gesagt: Wir wollen die besten Bilder machen. Und da ist die Bildauflösung nur ein Parameter. Wenn wir mit einem anderen Standard bessere Bilder hinbekommen, dann bleiben wir so lange dabei. Das haben viele zunächst als Provokation empfunden, mancher auch als Rückständigkeit. Aber unser damaliger Chef Franz Kraus hat darauf bestanden, auf einem Level zu bleiben, der aus Vertriebssicht leider nur 3,4K hatte. Die Kameraleute haben es ihm jedoch nach kurzer Skepsis gedankt. Man darf nicht bei jedem Trend gleich mit allen mitrennen, auch wenn es schwerfällt.

    Und was ist der Trick dabei?

    Zu wissen, welcher neue Trend wichtig ist und welcher nicht. Wenn wir zum Beispiel nicht auf Digital umgestellt hätten, wäre Arri heute weg vom Fenster. Da gab es unter den Filmemachern auch Diskussionen, ob Film nicht doch die bessere Qualität liefert.

    Haben die Filmemacher in China die Arri-Strategie gleich verstanden? Warum man die S-Klasse kaufen soll, war in China jedenfalls schnell klar.

    Bei den Kameras war das super schwierig. Gerade wegen des fehlenden 4K-Standards. Das war für den Vertrieb keine einfache Zeit. Die Kunden haben mich gefragt: Wie kann es sein, dass ich eine 55.000 Euro Kamera kaufe und die kann dann kein 4K. Das war keine Überraschung. Wem die Praxiserfahrung fehlt, hält sich stärker an die Standards. Da mussten wir langwierige und zähe Aufklärungsarbeit leisten. Aber am Ende hat es funktioniert. Wir haben es in China geschafft, Arri Kameras und Objektive zu einem Standard werden zu lassen. Das lag allerdings auch daran, dass die chinesische Industrie damals im Vergleich zu den USA ein Nachzügler war. In den USA haben sich schon andere Marken etabliert. Da muss man die Platzhirsche verdrängen. In China sind wir alle gleichzeitig gestartet. 

    Welche Rolle spielt dabei der Faktor “Made in Germany”?

    Es wird Sie überraschen, aber das spielt in unserer Branche keine so große Rolle. Wahrscheinlich wäre Made in Hollywood sogar fast noch ein besseres Verkaufsargument. Die chinesische Branche ist schon sehr auf die USA fokussiert. Also zu sagen, ‘Das ist die S-Klasse der Kameras – bitte kaufen’, hätte nicht gereicht. Wir mussten manchmal quälend langsame Überzeugungsarbeit leisten. Und selbst unsere Verkäufer haben sich über das Produkt beschwert. Wir haben dann einen nach dem anderen überzeugt. Heute werden über 70 Prozent der Kinofilme und über 80 Prozent der Fernsehserien mit Arri gedreht.

    Wie wichtig ist es dabei, beide Kulturen sehr gut zu kennen?

    Es ist wahrscheinlich nicht unmöglich, wenn man als Westler die chinesische Kultur nicht kennt. Allerdings ist es viel schwieriger.

    Ein Beispiel?

    In China heißt es schnell: Wir machen das anders. Da sollte man schon wissen, dass dies auch ein Satz ist, um Problemen aus dem Weg zu gehen, sich nicht mit einem anderen neuen Weg beschäftigen zu müssen. Weil ich wusste, dass das so ist, konnte ich viel stärker darauf bestehen, jetzt mal was Neues auszuprobieren und über den eigenen Schatten zu springen. Jemand, der sich nicht so auskennt, hätte das wahrscheinlich aus Respekt vor der chinesischen Kultur nicht gewagt.

    Haben chinesische Kameraleute andere Anforderungen als westliche?

    Eigentlich nicht. Was allerdings chinesischen Kameraleuten natürlich sofort auffällt: Wenn die Farbtöne der Haut nicht für asiatische Töne passen. Das ist manchen Herstellern passiert, weil sie ihr Produkt nicht in China entwickelt haben. Und das kann dann sogar ein Ausschlussargument sein. Wir mussten zudem chinesische Interfaces für unsere Produkte entwickeln. Unsere Techniker haben zwar immer gefragt, reicht denn Englisch nicht auch? Aber das war dann schon ein großer Unterschied. Als wir das anbieten konnten, gab es einen Schub im Vertrieb.

    Was ist Ihnen an ihrem chinesischen Vertrieb aufgefallen, als Westler?

    Chinesen verkaufen gerne über den Preis und nicht darüber, die Stärken des Produktes zu erklären. Deswegen haben sie gesagt, wenn wir kein 4K haben, müssen wir billiger verkaufen. Da muss man wissen, das ist nicht nur Faulheit. Sondern da steckt auch ein Stück chinesischer Kultur drin. Ich musste ihnen dann die westliche, deutsche Kultur erklären, die sich viel mehr mit den verschiedenen Spezifikationen beschäftigt. Ich habe dann stets angefangen mit dem Satz: Ja, gut, aber das ist nicht Arri-Kultur und wenn du damit nichts anfangen kannst, dann passt du vielleicht nicht zu Arri. Das war die Lernkurve: Die Verkaufsstrategie muss zu China passen, aber eben auch zu Arri. Es geht immer um beides, wenn man Erfolg haben will. Deutsche Sturheit hilft nicht. “China First” auch nicht. Und das gilt auch für die Entwicklung von Produkten. Wichtig ist, sich ganz eng an denen zu orientieren, die unsere Produkte benutzen. Das ist auch eine zentrale Aufgabe des After-Sales. Nicht nur reparieren, sondern auch herausfinden: Wie kommen die Kunden mit den Produkten zurecht und was kann die Entwicklung davon lernen? 

    Wie wichtig ist der chinesische Markt inzwischen für Arri?

    Die USA sind der größte Markt, aber China ist nicht weit hinterher. 2017 zum Beispiel haben wir sogar mehr Kamerasysteme in China verkauft als in den USA. Eigentlich würde man glauben, China ist für unsere Produkte der Wachstumsmarkt schlechthin. Aber durch die Streamingdienste Apple TV+, Amazon Prime und Netflix hat der amerikanische Markt einen Riesenschub bekommen. Es wird sehr viel, auf sehr hohem Niveau produziert. Das sollte man nicht unterschätzen.

    Und es kam im chinesischen Markt zu großen Korrekturen.

    Ja. In den Jahren 2018/19, als der Staat anfing, die Steuerhinterziehung bei den Schauspielern zu bekämpfen und es einige spektakuläre Fälle gab, wie den der Schauspielerin Fan Bing Bing, die umgerechnet 110 Millionen Euro nachzahlen musste. Das hat die Branche natürlich gebremst. Alle Regisseure und Schauspieler mussten ihre Einnahmen offenlegen und nachzahlen. Oder als die Filmindustrie der Propagandaabteilung des Staatsrates unterstellt wurde. Das hat viele Projekte verlangsamt.

    Und dann kam Corona.

    Das hat in China keine so große Rolle gespielt. China hatte die Pandemie ja nach wenigen Wochen im Griff. Für uns war 2020 ein deutlich besseres Jahr in China als 2019.

    Gibt es denn inzwischen chinesische Wettbewerber? In den USA und Japan gibt es ja den einen oder anderen.

    Es entstehen derzeit in China sehr viele Wettbewerber. Und bei immerhin dreien lohnt es sich für uns, genauer hinzuschauen, auch wenn sie noch nicht auf dem gleichen Niveau sind.

    Wie lange wird es dauern, bis sie auf Augenhöhe sind?

    Bei dieser Frage geht es zunächst einmal nicht um die Zeit, sondern eher um die Philosophie. Also um die Frage, ob man wirklich Kameras oder Equipment auf unserem Preisniveau anbieten will, oder lieber preiswertere Produkte mit mehr Umsatzvolumen. Derzeit gehen die Chinesen den letzteren Weg. Aber das kann sich schnell ändern, deswegen darf man sie nicht einfach abtun.

    Inwiefern?

    Hier in China ist der Mut viel größer, Neues auszuprobieren. So entstehen sehr überzeugende Innovationen. Das fehlt uns eher als deutsche Firma. Wir sind da eher konservativ und sehr, sehr langsam in unserer Produktentwicklung. Da müssen wir sehr aufpassen. Zum Beispiel einen Gimbal und eine Kamera zu einem Gerät zu vereinen. Der Gimbal hält das Kamerabild stabil. Das sind sehr spannende Entwicklungen. Auch in der LED-Technik tut sich in China viel.

    Macht es für Arri nicht deshalb Sinn, eine preiswerte Einsteigerlinie zu etablieren?

    Bisher haben wir uns immer dagegen entschieden, und ich glaube aus gutem Grund. Wir sind dann doch eher eine kleinere Firma. Wir müssen uns auf die wichtigsten Produkte konzentrieren. Und bisher hat diese Strategie für uns stets funktioniert. Aber wir müssen mehr in China entwickeln, um agil zu bleiben. Das gilt nicht nur für uns, sondern für alle westlichen Unternehmen. Das fällt mir insofern leichter, da ich hier aufgewachsen bin.

    Wie war es denn in 1980er-Jahren, in China zu leben?

    Die Ausländer waren damals relativ abgeschottet. Sie sind in einem Ausländer-Compound, fast wie in einem Ghetto, aufgewachsen. Es war zwar nicht so, dass man nicht raus konnte, aber man hat ja nicht viel zu tun gehabt außerhalb und somit hatte man dann auch einen sehr internationalen Freundeskreis. Bei unserer Familie war das ein wenig anders. Dadurch, dass mein Großvater Chinese war, sind wir natürlich oft raus. Und so habe ich auch relativ gut Chinesisch lernen können. Das war in der Ausländer-Community eigentlich gar nicht so üblich.

    Wollte man nicht oder durfte nicht?

    Man durfte schon. Aber es war sehr aufwendig, die Sprache zu lernen. Gleichzeitig war die Schnittmenge der Interessen der Westler und der Ausländer nicht groß. Und die meisten Ausländer waren ja nicht aus Interesse hier, sondern, weil sie von irgendwelchen Firmen hierhin geschickt wurden. Deren Vorstellung war: Ich verdiene jetzt mal ein paar Jahre ordentlich mehr Geld und dann gehe ich schnell wieder zurück nach Deutschland. Und in der Zeit in China gehe ich aus meiner kleinen Community am besten auch nicht raus.

    Und wie war es, als Sie zum ersten Mal länger nach Deutschland gingen?

    Ich bin 2002 zum BWL-Studium nach Freiburg gegangen und habe mich eigentlich ganz gut eingefunden, vielleicht auch, weil ich in Jahren zuvor schon immer wieder in den Ferien in Deutschland war. Was mir dann doch aufgefallen ist: Wie langsam das Leben ist, wie wenig Energie da ist, etwas verändern zu wollen. Das Leben dreht sich vor allem um eine Frage: Wie kann ich es mir möglichst gut gehen lassen, mit möglichst wenig Aufwand. Das ist schon komplett eine andere Energie in China. Bis heute. Das war dann auch der Grund, warum ich nach dem Studium schnell zurück nach China gegangen bin. Ich hatte es lange genug gemütlich gehabt.

    Kein Interesse an einer guten Work-Life-Balance?

    Doch, aber die ist leichter in China zu finden. Es ist leichter, sich aus einer dynamischen Gesellschaft partiell zurückzuziehen und sich zu entspannen, als gegen die allgemeine Lethargie anzukämpfen.

    Und dann haben Sie Arri gefunden. Oder hat Arri Sie gefunden?

    Ich wollte Filme machen und bin dann von einem komischen Job zum anderen gerutscht, nicht nur im Film, sondern auch für Fernsehproduktionen. Ich habe Ton gemacht, Teleprompter, Producer oder Casting. Oder Postproduktionssysteme installiert. Das hat sich schnell herumgesprochen, dass ich einen Background im IT-Bereich habe. Es hat mir sehr geholfen, dass ich mich da schnell einlesen konnte. Und als die erste Alexa rauskam, war ich einer der ersten Kunden in China, der die Kamera gekauft hat, auch um sie zu verleihen. Und so kam ich mit Arri ins Gespräch. Ich hatte Ideen, wie man die Produkte vermarkten kann. Und so bekam ich den Job. Eine gute Fügung.

    Und wo geht denn die Reise technologisch hin?

    Es wird sich in Richtung einer IT-Plattform entwickeln, die auch Bilder aufnimmt, oder – immer wichtiger – Bilder virtuell erzeugt. Es wird dann auch um Metadaten gehen. Um mehrere Kameras, die sozusagen miteinander sprechen, ihre Informationen abgleichen. Man kann dann Effekte gleich vor Ort durchspielen. Produktion und Postproduktion fließen ineinander. Das geht dann in Richtung des Zusammenspiels von Licht und Kamera und den virtuellen CGI Elementen.

    Wenn man das Virtuelle weiterdenkt, braucht man vielleicht eines Tages gar keine Kameras mehr.

    Das ist es dann schon sehr, sehr viel weitergedacht. Ja, aber es geht in die Richtung. Hier in China schneller als anderswo.

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    Analyse

    Verlieren die USA ihren Kampfjet F-35C an China?

    Der Kampfjet F-35C - Prestigeobjekt der USA ist im Südchinesischen Meer abgestürzt. Das könnte eine Chance für China sein, an die Technologie zu kommen.
    Der Kampfjet F-35C Lightning II – Prestigeobjekt der USA, vollgepackt mit modernster Militärtechnologie.

    Solche Aufnahmen wollte die US-Navy unter allen Umständen vermeiden: Eine im Internet aufgetauchte Videosequenz zeigt den Absturz eines amerikanischen Kampfjets beim Anflug auf einen Flugzeugträger. Das Flugzeug prallt auf die Landebahn, geht in Flammen auf und stürzt anschließend ins Meer. Es sind nur 51 Sekunden – doch sie könnten weitreichende sicherheitspolitische Folgen haben.

    Denn im vorliegenden Fall handelt es sich um eine F-35C, den Vorzeigekampfjet der USA; Stückpreis: rund 100 Millionen US-Dollar. Zudem befinden sich an jenem Tag die F-35C und ihr Flugzeugträger USS Carl Vinson auf Patrouille in einem der umstrittensten Seegebiete der Welt: dem Südchinesischen Meer.

    Die Echtheit der Aufnahmen wurde inzwischen bestätigt. “Uns ist bekannt, dass Videomaterial von Flugdeckkameras an Bord der USS Carl Vinson (CVN 70) vom Absturz der F-35C Lightning II am 24. Januar im Südchinesischen Meer unbefugt veröffentlicht wurde. Es gibt eine laufende Untersuchung sowohl des Absturzes als auch der unbefugten Veröffentlichung des Videomaterials an Bord”, kommentiert die US-Navy den Vorgang.

    Doch weit wichtiger: Das US-amerikanische Militär muss dringend das Problem der Bergung lösen. “Die F-35C liegt wahrscheinlich in einer Tiefe zwischen 11.000 und 18.000 Fuß, das ist eine technische Herausforderung”, sagt der australische Verteidigungsexperte Peter Layton im Gespräch mit China.Table. Umgerechnet wäre das eine Tiefe von bis zu 5.400 Meter. Doch der Wissenschaftler vom Griffith Asia Institute im australischen Queensland ist optimistisch. Denn vor nicht allzu langer Zeit hat die US Navy so etwas schon einmal geschafft: Anfang 2018 gelang vor der Küste Japans die Hebung eines Transportflugzeugs vom Typ C-2 Greyhound aus 5.600 Meter Tiefe. Und so ist Layton denn auch überzeugt, dass die Bergung der F-35C im Südchinesischen Meer gelingen werde. “Das Unterfangen erscheint machbar, und die US Navy wird alles tun, was dafür nötig ist.”

    F-35C – für China eine Goldmine an Informationen

    Layton ist ehemaliger australischer Air-Force-Offizier und weist im Gespräch noch auf ein anderes Problem hin, welches die US-Truppen zusätzlich unter Erfolgsdruck setzt: China. “Ich bin sicher, dass China nur zu gerne die F-35C bergen würde.” Zum einen wäre es ein enormer Prestigegewinn, wenn Peking etwas gelinge, das die USA nicht geschafft haben. “Zum anderen ist das Flugzeug eine Informations-Goldmine“, erklärt der frühere Luftwaffenpilot. Die F-35C ist vollgepackt mit modernster Militärtechnologie.

    Die F-35C ist eine von drei Varianten der F-35:

    • Bei der F-35A handelt es sich um ein konventionell startendes und landendes Flugzeug.
    • Die F-35B ist hingegen ein Kurzstartflugzeug mit Senkrechtlandekapazität.
    • Die F-35C ist derweil eine trägergestützte Variante – mit größeren Tragflächen und einklappbaren Tragflächenenden, um sie auf Flugzeugträgern besser verstauen zu können. Zudem verfügt sie über ein stärkeres Fahrwerk.

    Alle drei Modelle verfügen über Tarnkappenfähigkeiten. Aber die F-35C sei die neueste und am besten entwickelte Version, erklärt Layton. “Bei der US-Version, die nicht für den Export, sondern nur für die US Navy und die Marine Corps bestimmt ist, handelt es sich zweifelsohne um die technologisch fortschrittlichste F-35.”

    Im US-Verteidigungsministerium sorgt allein der Gedanke, eine F-35 könne in chinesische Hände gelangen, für erhebliche Unruhe. “Wir sind uns des Wertes einer F-35 in jeder Hinsicht bewusst”, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby auf einer Pressekonferenz. “Und während wir weiterhin versuchen, das Flugzeug zu bergen, werden wir dies natürlich vor allem im Hinblick auf die Sicherheit tun, aber eindeutig auch aufgrund unserer eigenen nationalen Sicherheitsinteressen. Und ich denke, hierbei werde ich es belassen.”

    In Peking streitet man derweil jegliches Interesse an dem abgestürzten Kampfjet ab. Man habe entsprechende Berichte wahrgenommen, sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums. “Es ist nicht das erste Mal, dass die USA einen Unfall im Südchinesischen Meer habe. Aber wir haben kein Interesse an diesem Flugzeug”, sagte Zhao Lijian. “Wir fordern das betroffene Land auf, Dinge zu tun, die dem Frieden und der Stabilität in der Region förderlich sind, anstatt in der Region die Muskeln spielen zu lassen.”

    China interessiert Stealth-Technologie

    Douglas Royce lässt sich von solchen Aussagen nicht beirren. Royce ist ein erfahrener Militärexperte und arbeitet derzeit bei Forecast International, einer amerikanischen Beratungsfirma mit Fokus auf Verteidigungs-, Luft- und Raumfahrttechnologie. Er ist überzeugt, dass die Chinesen vor allem am Fahrwerk, an den Sensoren sowie den verbauten Materialien für die Stealth-Technologie interessiert sind. “Sicherlich kennen sie bereits einige der verbauten Technologien. Doch in diesem Fall würde den Chinesen ein kompletter Fighter in die Hände fallen und ihnen so ganz neue Erkenntnisse über den Aufbau und die Fähigkeiten liefern.”  

    Sollte den Chinesen tatsächlich die Bergung des Wracks gelingen, würden sie zum “reverse engineering” übergehen, vermuten Layton und Royce unisono. Mit “reverse engineering” bezeichnen Experten das Auseinandernehmen erbeuteter Waffensysteme, um technologische Geheimnisse zu lüften. China würde damit gleich zwei Ziele erreichen: Zum einen könnten die eigenen Ingenieure viel lernen; zum anderen würde Peking so den technologischen Vorsprung der Vereinigten Staaten verkürzen.

    Es wäre nicht das erste Mal: Schon mehrmals beklagte die amerikanische National Security Agency den Diebstahl von Design und Technologie amerikanischer Flugzeuge. Besonders im Fokus der Spione: der B-2-Bomber, die F-22 Raptor – und eben die F-35-Jets. Vor allem die chinesischen Kampfflugzeuge Chengdu J-20 und Shenyang J-31 sollen stark von amerikanischer Technologie profitiert haben.

    International gängiger Technologieklau

    Eher zufällig kam China 2001 in den Besitz amerikanische Flugzeugtechnik. Am 1. April 2001 kollidierten ein US-Spionageflugzeug vom Typs Lockheed P-3 mit einem chinesischen Kampfflugzeug und musste anschließend auf Hainan notlanden. Wie im Protokoll vorgesehen, begann die US-Crew mit der Vernichtung wichtiger Daten und Technik. Doch der chinesische Zugriff erfolgt schnell – und war überaus ertragreich: Er sicherte sich unter anderem kryptografische Schlüssel oder Namen von Mitarbeitern der National Security Agency. Auch Informationen über die Radarsysteme der US-Alliierten weltweit fielen in chinesische Hände. Außerdem erfuhr Peking, dass die Vereinigten Staaten per Signalübertragung Chinas U-Boote verfolgen können. China nahm die US-Maschine komplett auseinander. Erst drei Monate nach der Kollision wurde das letzte Stückchen Flugzeug an die Amerikaner zurückgegeben.

    Aber auch die USA sind beim “reverse engineering” kein unbeschriebenes Blatt, erklärt der Rüstungsexperte Julian Spencer-Churchill im Gespräch mit China.Table. “Die Amerikaner haben beispielsweise 1975 sehr vom Belenko-Überlauf mit dessen MiG-25 nach Japan profitiert”, erklärt der Politologe von der Concordia Universität im kanadischen Quebec. Der sowjetische Pilot Wiktor Belenko desertierte am 6. September 1976 mit einer MiG-25P und landete im japanischen Hakodate. Seine MiG-25P galt bis dato als gut gehütetes Militärgeheimnis der sowjetischen Luftstreitkräfte.

    Peter Layton führt im aktuellen Fall der F-35C im südchinesischen Meer noch einen dritten Aspekt an: “Die Oberfläche des Jets ist ein Mix aus Metallen und Kompositmaterialien, die Radarsignale absorbieren können. Sollte China das in die Hände bekommen, könnten sie gezielt Gegenmaßnahmen entwickeln und so die Wirkung neutralisieren.” Das chinesische Radar könnte also künftige getarnte US-Flugzeuge sehen.

    Sichert sich China den Jet?

    Spencer-Churchill glaubt dennoch nicht, dass China ernsthaft die Bergung der abgestürzten F-35C anstrebt. “Das würde die USA extrem provozieren, und in diesem Fall verfügen die Amerikaner ganz eindeutig über die Eskalationsdominanz.” Zudem ist zu bezweifeln, ob sich Peking die extrem hohe technische Herausforderung einer Bergung aus derartiger Tiefe aufbürdet.

    Experten wie Layton und Royce sind allerdings überzeugt, dass zwischen den USA und China längst ein Wettrennen um die Bergung des vom US-Konzern Lockheed Martin hergestellten Tarnkappenjets begonnen hat. Zu verlockend ist der Zugang zu neuester Militärtechnologie, zumal der US-Kampfjet im Südchinesischen Meer liegt – in einem Gebiet, auf das China seit Jahren mit Nachdruck Anspruch erhebt, in dem es fortwährend Militärstützpunkte aufbaut und zu dem es einen internationalen Schiedsspruch schlichtweg ignoriert.

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    Olympia-Ticker – Winterwetter schafft schwere Verhältnisse

    China Olympia-Ticker: Winterwetter sorgt für erschwerte Bedingungen.

    Paradoxerweise hat am Sonntag ausgerechnet ein Wintereinbruch für neue Kritik am Standort Peking gesorgt. Zwar schneite es endlich schön. Es herrschten aber auch typisch nordchinesische Verhältnisse mit eiskaltem Wind, dazu kam stellenweise Nebel. Da auf der Langlaufstrecke zudem vergleichsweise viele Höhenmeter zu überwinden waren, herrschten harte Bedingungen für die Athleten. Einige Wettbewerbe wurden wegen des Schneefalls auf Montag verschoben. Dazu gehört auch die Qualifikation im Ski-Freestyle, bei der Eileen Gu erneut antreten soll. Also: erst zu wenig Schnee, jetzt plötzlich zu viel.

    • Gao Tingyu hat für China Gold im Eisschnelllaufen der Herren über 500 Meter geholt. Es ist das erste Mal, dass ein Athlet aus China in dieser Disziplin ganz oben auf dem Podium steht. Der Eisschnellläufer war einer von zwei Fahnenträgern des Teams bei der Eröffnungszeremonie gewesen und hat jetzt wie versprochen Gold geholt. Dabei stellte Gao gleich auch einen neuen olympischen Rekord auf.
    • Im Eishockey hat das chinesische Herren-Team in Gruppe A gegen Deutschland am Samstag 3:2 verloren. Chinas Medien konzentrieren sich jedoch auf die zwei Tore, die trotz der Niederlage gelangen. Das aus 15 Spielern aus dem Ausland zusammengewürfelte Team (China.Table berichtete) hatte ohnehin keine realistischen Chancen, lange im Turnier zu bleiben. Am Sonntag gegen Kanada verlor die bunte Truppe dann 5:0, was das Aus in der Vorrunde besiegelte.
    • Skeleton: Die deutsche Berichterstattung konzentrierte sich auf das eigene Gold und Silber. China interessierte sich mehr für den dritten Platz: Bronze holte Yan Wengang (24) aus Tianjin. Die Medaille ist für China ein wichtiger Meilenstein. Das Land hat im Skeleton noch nie Edelmetall geholt. In Pyeongchang lag der bestplatzierte chinesische Teilnehmer auf Platz 13.
    • Im Curling besiegten die chinesischen Damen am Sonntag das koreanische Team, während die Herren gegen Großbritannien verloren. Zuvor hatten sie sich gegen Italien deutlich überlegen gezeigt.
    • Adrian Yung aus Hongkong verlor beim Riesenslalom einen Ski, womit das Rennen für ihn beendet war.
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    • Sport

    Corona in Hongkong: Lebensmittel-Lieferungen gefährdet

    Hongkong hat am Sonntag 2.000 neue Verdachtsfälle von Covid-19 gemeldet. Zugleich wurden 1.340 Neuinfektionen bestätigt. Die Stadt tritt damit in eine neue Phase des aktuellen Ausbruchs ein, in der das Infektionsgeschehen deutlich an Geschwindigkeit gewinnt. Die Stadtregierung erwägt nun örtlich begrenzte Lockdowns und ordnet Massentests an. Die höhere Fallzahl löst bereits einen Ansturm auf die Krankenhäuser aus. Hongkongs Regierung ermutigt jüngere Patientinnen und Patienten mit leichten Symptomen, die Krankheit zuhause auszukurieren. Kranke in stabilem Zustand werden unterdessen aus großen Krankenhäusern in das Lazarett auf dem AsiaWorld-Expo-Gelände verlegt.

    Da sich vier Lastwagenfahrer an Grenzkontrollpunkten als Corona-positiv herausgestellt haben, kommt es hier zu Einschränkungen. Die Stadt warnt vor Lieferausfällen, die auch Lebensmittel wie frisches Gemüse betreffen. Verwaltungschefin Carrie Lam hat unterdessen Experten aus dem Mutterland angefordert, die den vermeintlich überforderten Behörden mit “überlegener Expertise” beistehen sollen.

    Insgesamt mischt sich in Hongkong derzeit eine grundsätzlich strenge Null-Covid-Politik mit der starken Verbreitung positiver Fälle in zahlreichen Lebensbereichen wie Schulen, Behörden, Krankenhäusern, Sicherheitskräften oder Logistik. Diese Kombination droht zahlreiche Institutionen lahmzulegen, da auf die positiven Tests großflächige Kontaktverfolgung und Isolationsanordnungen folgen. fin

    • Gesundheit
    • Hongkong

    BMW übernimmt Mehrheit an Joint Venture

    BMW hat grünes Licht für die Übernahme der Mehrheit an seinem Gemeinschaftsunternehmen mit Brilliance in China bekommen. Die entsprechende Genehmigung habe das Unternehmen am Freitag erhalten, teilte BMW mit. Die Münchner halten damit künftig 75 Prozent der Anteile an BBA, der chinesische Partner Brilliance den Rest.

    Seit den ersten Schritten deutscher Autofirmen auf den chinesischen Markt in den 1980er-Jahren waren die Anbieter bis vor Kurzem verpflichtet, sich für Produktion und Verkauf mit chinesischen Betrieben zusammenzutun. Erst 2018 fiel für die Autobranche dieser Zwang, der in anderen Bereichen bereits abgeschafft war. Im Januar 2021 hat sich bereits Audi entschlossen, die Mehrheit an dem neuen Gemeinschaftsunternehmen Audi-FAW zu übernehmen.

    BMW kann nach der Übernahme die Zahlen in China voll konsolidieren. Dadurch steige der Umsatz des Auto-Segments im laufenden Jahr deutlich, erklärte BMW weiter. 2020 hatte BBA einen Gewinn von 2,7 Milliarden Euro erwirtschaftet bei einem Umsatz von 23,9 Milliarden Euro, die Gewinnmarge lag höher als bei BMW selbst. Die Zahlen für 2021 liegen noch nicht vor. rtr/fin

    • Autoindustrie

    Corona-Mittel von Pfizer erhält Zulassung

    Die chinesische Arzneimittelbehörde hat dem Pfizer-Medikament Paxlovid am Samstag eine bedingte Zulassung erteilt. Paxlovid wirkt gegen laufende Covid-19-Infektionen und schwächt deren Verlauf ab. Das Medikament ist in China zur Behandlung von Erwachsenen mit leichter bis mittelschwerer Erkrankung zugelassen. Es seien weitere Studien nötig, um eine unbeschränkte Zulassung zu ermöglichen, so die Behörde.

    Paxlovid enthält ein Molekül, das die Viren in Körperzellen an der Vermehrung hindert. Der Hersteller Pfizer sieht in der Verfügbarkeit der Substanz einen “Wendepunkt”, doch hohe Kosten und Nebenwirkungen lassen Experten in Deutschland am Masseneinsatz zweifeln. Es muss zudem früh im Krankheitsverlauf eingenommen werden, um wirklich einen Unterschied zu machen. In der ersten Phase sind die Symptome jedoch oft noch nicht so stark ausgeprägt, dass die Patienten einen Arzt hinzuziehen. Im Kontext der chinesischen Null-Covid-Strategie hat der Einsatz jedoch möglicherweise mehr Sinn (China.Table berichtete). fin

    • Gesundheit

    Sinopec nutzt CO2 zur Steigerung der Ölproduktion

    Der chinesische Öl- und Gaskonzern Sinopec hat eine neue Anlage zur CO2-Abscheidung, -nutzung und -speicherung (CCUS) fertiggestellt. Laut Unternehmensangaben könne die Anlage pro Jahr eine Million Tonnen CO2 abscheiden, wie die Beratungsagentur Trivium China berichtet. Das CO2 würde somit nicht mehr in die Atmosphäre entweichen und seine klimaschädliche Wirkung verlieren. Umgerechnet sei das so viel, wie knapp 600.000 Verbrenner-Autos pro Jahr verursachen oder wie neun Millionen Bäume pro Jahr an CO2 speichern. Zum Vergleich: Chinas jährliche CO2-Emissionen betragen 10,7 Milliarden Tonnen.

    Allerdings will Sinopec das CO2 dafür nutzen, die Produktion eines nahegelegenen Ölfelds zu erhöhen. Indem CO2 unter die Erde gepresst wird, können auch die letzten Reserven der Öl- und Gasfelder gefördert werden. Sinopec erhofft sich durch die CO2-Nutzung, innerhalb der nächsten 15 Jahre fast drei Millionen Tonnen mehr Öl zu fördern.

    Laut Trivium ist die CCUS-Technologie in China ein aufstrebender Sektor. Derzeit fließt der Großteil der Projektfinanzierung demnach in CCUS-Projekte zur Erhöhung der Produktivität von Öl- und Gasreservoirs. Laut dem Umweltministerium befinden sich in China 40 CCUS-Projekte im Bau oder werden schon betrieben.

    Auch in Europa gibt es erste Projekte zur Abscheidung und Speicherung von CO2. Norwegen baut gerade an einer “CO2-Deponie”, die ab dem Jahr 2024 anfänglich 1,5 Millionen Tonnen des Treibhausgases speichern soll. Der für die Umsetzung des Green Deal verantwortliche Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, sagte jüngst: “Die Abscheidung und Speicherung von CO2 wird unerlässlich sein, wenn wir Klimaneutralität erreichen wollen. Es ist ein wichtiges Instrument in unserem Baukasten” (Europa.Table berichtete). nib

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    Presseschau

    Warum China süchtig nach Kohle ist – und jetzt seine Klimaziele relativiert HANDELSBLATT
    Neue Containerfährlinie bringt Waren aus China nach Mukran NDR
    Hong Kong leader says fifth COVID wave has ‘overwhelmed’ city’s capacity REUTERS
    Maskenhalter für Skihelme: Start-up im Kampf gegen chinesische Produktpiraten FAZ
    USA und chinesische Hacker: Spionjagd mit Nebenwirkungen TAGESSCHAU
    China: Die nächste Stufe der Überwachung WELT
    Youtube: Olympia-Highlights offenbar häufig mit China-Propaganda vermischt T3N
    Wie steht es um die Olympia-Begeisterung in China? Ein Blick auf Peking SPORTSCHAU
    Schutz vor China: Schulterschluss im Indopazifik FAZ
    How China Used Hollywood To Build The World’s Biggest Film Market BLOOMBERG
    Raketeneinschlag auf dem Mond – Verantwortlich ist China, nicht Elon Musk WELT
    China erteilt Corona-Medikament von Pfizer bedingte Zulassung STERN
    Dissident Liao Yiwu: So festigt die chinesische Regierung dank Corona ihre Macht RND
    Langjähriger Schweizer China-Journalist: “Die Chinesen sind selbstbewusster geworden, der Westen nachdenklicher” NZZ

    Standpunkt

    Chinas Triangulationsgambit

    Von Stephen Roach
    Stephen S. Roach, US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler und Senior Fellow am Jackson Institute for Global Affairs der Yale University sowie Dozent an der Yale School of Management
    Der prominente Ökonom Stephen Roach (Yale Universität) war Chairman von Morgan Stanley Asia

    Geschichtliche Wendepunkte sind selten eindeutig erkennbar. Doch die gemeinsame Erklärung des russischen Präsidenten Wladimir Putin und des chinesischen Präsidenten Xi Jinping vom 4. Februar bei der Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Peking könnte eine Ausnahme darstellen – und einen neuen Wendepunkt in einem neuen Kalten Krieg signalisieren.

    Triangulation war Amerikas entscheidender strategischer Schachzug im ersten Kalten Krieg. Richard Nixons Annäherung an China, die sich in diesem Monat zum 50. Mal jährt, isolierte die ehemalige Sowjetunion zu einem Zeitpunkt, als ihr wirtschaftliches Fundament zu bröckeln begann. Henry Kissinger hat es in seinem Buch China: Zwischen Tradition und Herausforderung so formuliert: “Die US-chinesische Annäherung begann als taktischer Aspekt des Kalten Krieges; sie entwickelte sich bis einem Punkt weiter, an dem sie für die Entwicklung der neuen Weltordnung zentral wurde.” Es dauerte, bis diese Strategie Erfolg hatte. Doch 17 Jahre später fiel die Berliner Mauer, und die Sowjetunion fiel in sich zusammen.

    China war nie ein Land, das die Lehren der Geschichte ignoriert hat, und hat sich nun, in einem aufziehenden zweiten Kalten Krieg, selbst für ein Triangulationsgambit entschieden. In einer Zeit, in der Amerika besonders verletzlich ist, könnte ein chinesisch-russisches Tandem nun das globale Machtgleichgewicht verschieben. Dies deutet auf ein besorgniserregendes Endspiel hin.

    Triangulation des ersten Kalten Krieges liefern Hinweise

    Wichtige Hinweise auf Chinas Motive bietet die Strategie der “Triangulation” während des ersten Kalten Krieges. Aus Sorge vor der von der Sowjetunion ausgehenden militärischen Bedrohung gingen die USA damals eine wirtschaftliche Vernunftehe mit China ein. Dass die US-chinesische Partnerschaft, die ursprünglich billige Waren für die schwer unter Druck stehenden amerikanischen Verbraucher lieferte, inzwischen durch einen Handels- und Technologiekrieg erschüttert wurde, ist in diesem Zusammenhang irrelevant. Was zählt ist, dass nun eine vergleichbare Strategie China und Russland zusammengeführt hat.

    Diese neue Vernunftehe ist sowohl wirtschaftlicher wie geostrategischer Art. Russland hat das Erdgas, das ein energiehungriges, kohleabhängiges, verschmutztes China braucht. Und China verschafft Russland durch seine Ersparnisüberschüsse, großen Devisenreserven und seine Neue Seidenstraßeninitiative zusätzlichen Einfluss, um seine kaum verhohlenen territorialen Ambitionen zu untermauern.

    Auch geostrategisch gesehen ist diese Interpretation überzeugend. Ob zu Recht oder zu Unrecht: Xi und Putin sind beide überzeugt, dass die USA bestrebt sind, dem angeblich friedlichen Aufstieg ihrer jeweiligen Länder Grenzen zu setzen. China verweist dabei nicht nur auf die Zölle und Sanktionen des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump gegen führende chinesische Technologieunternehmen, sondern auch auf die ehrgeizige Transpazifische Partnerschaft (TPP), von der China ausgeschlossen war (und die inzwischen zur Umfassenden und progressiven Vereinbarung über eine Transpazifische Partnerschaft CPTPP mutiert ist). In jüngerer Zeit haben Australien, Großbritannien und die USA das direkt gegen China gerichtete trilaterale AUKUS– Sicherheitsabkommen geschlossen.

    Putin und Xi sehen Amerika als Bedrohung für ihre Ziele

    Putin macht beim Widerstand gegen das US-Containment Russlands ähnliche Argumente geltend. Er scheint aus Furcht vor einer NATO-Erweiterung mehr als bereit, die Ukraine in Geiselhaft zu nehmen und Europa an den Rand eines weiteren verheerenden Konflikts zu führen. Putin, der den Untergang der Sowjetunion als “eine große geopolitische Katastrophe des [20.] Jahrhunderts” beschrieben hat, täte nichts lieber, als das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Doch hat ihn US-Präsident Joe Biden mit seinen Drohungen womöglich in eine Ecke gedrängt und ihm keinen gesichtswahrenden Weg hin zu einer Deeskalation gelassen. Und für autoritäre Politiker geht Gesichtswahrung über alles.

    Die gemeinsame chinesisch-russische Erklärung vom 4. Februar lässt wenig Zweifel, dass beide Staatschefs Amerika als existentielle Bedrohung für ihre Ziele betrachten. Putin hat Xi erfolgreich dazu bewegt, gegen eine NATO-Erweiterung Stelllung zu beziehen – ein Thema, das deutlich außerhalb des eigentlichen Interessenbereichs des chinesischen Staatschefs liegt. Und Xi hat Putin dazu gebracht, eine Vereinbarung zu unterzeichnen, die dem Muster von “Xi Jinpings Gedankengut” folgt, und stellt ihre gemeinsame Erklärung als Verkündung einer weiteren von Chinas grandiosen Politiken einer “neuen Ära” dar.

    Es besteht wenig Zweifel, dass China und Russland die Triangulation als strategischen Schachzug verfolgen. Ironischerweise sind es, anders als im ersten Kalten Krieg, diesmal die USA, die trianguliert werden. Und wie beim letzten Mal gibt es guten Grund zu der Annahme, dass das Endspiel in der wirtschaftlichen Arena entschieden werden wird.

    Triangulation als strategischer Schachzug

    An dieser Stelle fällt der Vergleich zwischen beiden Kalten Kriegen besonders besorgniserregend aus. Von 1947 bis 1991 war die US-Volkswirtschaft stark und im Gleichgewicht. Während des vergangenen Jahrzehnts dagegen waren das reale BIP-Wachstum (1,7 Prozent) und die Produktivitätszuwächse (1,1 Prozent) nur halb so hoch wie ihre Durchschnittswerte während dieses früheren Zeitraums von 44 Jahren. Noch schlechter fallen aktuelle Vergleiche zu den Inlandsersparnissen, der Leistungsbilanz und Amerikas klaffendem Handelsdefizit aus.

    Die USA gewannen den ersten Kalten Krieg nicht nur aufgrund der Stärke ihrer eigenen Wirtschaft, sondern auch aufgrund der ausgehöhlten Wirtschaft ihres Gegenspielers. Das Produktionswachstum pro Kopf in der Sowjetunion verlangsamte sich ab 1977 dramatisch und schrumpfte dann in den beiden letzten Jahren des Kalten Krieges um durchschnittlich 4,3 Prozent pro Jahr. Der wirtschaftliche Zusammenbruch des Nachfolgestaates der Sowjetunion, der Russischen Föderation, kündigte sich hier bereits an. Deren Wirtschaft schrumpfte von 1991 bis 1999 um 36 Prozent.

    Im Gegensatz zum früheren Konflikt zwischen einem starken Amerika und einer strauchelnden Sowjetunion steht heute eine schwächere US-Wirtschaft einem aufstrebenden China gegenüber. Auch dürfte Chinas Einfluss durch Russland – das weltwirtschaftlich eine Nebenrolle einnimmt – nicht gemindert werden. Das chinesische BIP war 2021 sechs Mal so groß wie das Russlands, und es wird erwartet, dass sich diese Kluft in den kommenden Jahren noch ausweitet.

    “Amerika scheint am Lenkrad eingeschlafen zu sein”

    Doch hat Xi in Putin genau, was er will: einen Partner, der das westliche Bündnis destabilisieren und Amerikas strategischen Fokus von seiner Containment-Strategie gegenüber China ablenken kann. Aus Xis Sicht öffnet dies Chinas Aufstieg zur Großmacht Tür und Tor und lässt das in Xis liebevoll gehegtem “chinesischen Traum” enthaltene Versprechen einer nationalen Revitalisierung Wirklichkeit werden.

    Henry Kissinger warnte Ende 2019, dass sich die USA und China bereits in den “Vorgebirgen eines neuen Kalten Krieges” befänden. Und mit der sich abzeichnenden neuen Triangulationsstrategie wird die Sache jetzt noch verzwickter. Das Xi-Putin-Gambit verstärkt die Schlussfolgerung, dass dieser neue Kalte Krieg ganz anders ablaufen wird als der letzte. Traurigerweise scheint Amerika am Lenkrad eingeschlafen zu sein.

    Stephen S. Roach ist Professor an der Universität Yale und ehemaliger Chairman von Morgan Stanley Asia. Er ist der Verfasser von Unbalanced: The Codependency of America and China (Yale University Press, 2014) und des in Kürze erscheinenden Accidental Conflict. Übersetzung: Jan Doolan.

    Copyright: Project Syndicate, 2022.
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    Personalien

    Andreas Scheuer, ehemaliger Bundesverkehrsminister, wurde zum neuen Präsidenten der Asienbrücke gewählt. Scheuer teilte anlässlich seiner Wahl mit: “Asien ist mehr als China. Gerade der Blick auf die Wertepartner in der Region – auf unsere verbündeten Demokratien, Marktwirtschaften mit Offenheit für freien und fairen Handel, Wissenschafts- und Forschungspartner in Zukunftstechnologien – zeigt, dass wir mehr Initiativen brauchen, welche unsere kulturellen und gesellschaftlichen Akteure miteinander in Verbindung bringen”.

    Thorsten Walz wurde bei BRUSS Sealing Systems Automotive zum Executive Director China befördert. Walz war zuvor für das Werk des Automobilzulieferers in Shanghai verantwortlich.

    Martin Bachofer ist seit Beginn des Monats neuer Business Owner Rough Drilling & Demolition für Bosch Power Tools in Shanghai. Er war zuvor verantwortlich für den Einkauf von Bosch Power Tools in Hangzhou.

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    “Vertretungsfahrer”

    代驾 – dàijià – “vertretungsfahren”

    Schatz, fährst du heute? Diese Frage hat sich in China erübrigt. Vorbei sind die Zeiten, in denen beim gemeinsamen Ausgehen einer fröhlich kippte, während der andere nur vorwurfsvoll mit dem Autoschlüssel klappern konnte. Denn in chinesischen Metropolen herrscht seit einiger Zeit Alkoholpegelgleichberechtigung. Das Zauberwort lautet: 代驾 dàijià “vertretungsfahren”. Es ist die Kurzform für  代理驾驶 dàilǐ jiàshǐ, was “stellvertretend steuern/lenken/fahren” heißt und eine neue Blüte des Dienstleistungsgewerbes in chinesischen Großstädten benennt.

    Das Prinzip ist schnell erklärt: Wer mit dem eigenen Auto unterwegs ist und trotzdem zu viel gebechert hat, ist nicht mehr versucht, sich alkoholisiert hinters Steuer zu setzen (酒驾 jiǔjià), sondern kann sich über verschiedene Apps (zum Beispiel “e代驾”) im Handumdrehen einen Ersatzfahrer (代驾司机 dàijià sījī) rufen. Der manövriert dann Auto samt beschwipstem Besitzer kratzerfrei nach Hause. Der Spontanchauffeur kurvt dafür in der Regel mit einem wendigen Falt-E-Roller an, den er ratzfatz im Kofferraum verstaut. Manchmal sieht man die Fahragenten in den Abendstunden schon grüppchenweise vor bestimmten Restaurants, Bars oder Nachtclubs herumlungern, genau dort eben, wo es erfahrungsgemäß zu später Stunde hochprozentig zugeht.

    Aber wer die Volksrepublik kennt, der wird schon erahnen: Fahrdienste sind nicht das einzige, wofür man sich im Servicemekka China mit dem nötigen Kleingeld einen Stellvertreter organisieren kann. Die Alltagssprache kennt jedenfalls noch zahlreiche weitere “Vertretungsverben”, wobei sich manche der Stellvertreterdienstleistungen (代服务 dàifúwù) in einer Grauzone bewegen. 

    Hier eine kleine Auswahl: 

    • Vertretungsshoppen (代购 dàigòu): der Einkauf von Waren über andere, vor allem im Ausland
    • Vertretungsschlangestehen (代排队 dài páiduì): zum Beispiel, um trotz wenig Zeit eines der derzeit begehrten Olympiamaskottchen (冰墩墩 Bīng Dūndūn) zu ergattern
    • Vertretungspaketannahme (代收快递 dàishōu kuàidì): wenn man beim Liefertermin mal wieder nicht zu Hause, sondern noch im Büro ist – das Geld für die eintrudelnde Taobao-Shoppingbeute muss ja schließlich irgendwie verdient werden
    • Vertretungsschreiben (代写 dàixiě): bei uns auch als Ghostwriting bekannt, zum Beispiel bei wissenschaftlichen Arbeiten (代写论文 dàixiě lùnwén) oder Hausaufgaben (代写作业 dàixiě zuòyè), in letzterem Fall sind die Auftragsschreiblinge meist die eigenen Eltern
    • Vertretungsprüfungsteilnahme (代考 dàikǎo): ist natürlich nicht legal und fliegt wohl nur bei Zwillingen nicht auf
    • Vertretungsschwangerschaft (代孕 dàiyùn): bei uns als Leihmutterschaft bekannt und auch in China verboten

    Zurück zum Eingangsbeispiel: Zu diesem gibt es nämlich noch eine interessante Ergänzung – das “Vertretungstrinken” (代喝 dàihē). Sie haben richtig gehört! Warum das Problem nicht von der Wurzel angehen, statt später nachzusorgen, lautet hier das Motto. Mit e代喝 (e dàihē) gibt es tatsächlich eine chinesische App, die solche Stellvertretertrinkdienste anbietet. User können sich auf dem Portal als “Ersatztrinker” (代喝人 dàihērén) registrieren – gestaffelt nach Trinkvermögen (酒量 jiǔliàng), versteht sich – und dann von anderen Nutzern zum Mittrinken gebucht werden. Die App einer Pekinger Entwicklungsfirma gibt es für iOS und Android. Letztlich ist sie wohl aber eher als Kennenlernplattform gedacht.

    Einen Peak und Medienhype erlebte die Applikation 2018, mittlerweile kann man sie aber nur noch über Websites und nicht mehr direkt über den App-Store herunterladen. Vermutlich hat es der eine oder andere mit dem Stellvertretergedanken dann doch etwas übertrieben. Wenn es um Alkoholkonsum geht, sollten wir uns wohl besser auf eine andere bewährte Bewegung besinnen: DIY – do it yourself.

    Verena Menzel betreibt in Peking die Sprachschule New Chinese.

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