die Karten werden neu gemischt. Dass die Bundestagswahl in wenigen Wochen schon länger auch ein dringendes Thema für die chinesischen Unternehmer ist, zeigt die Frage des Leiters einer großen Agentur aus Peking. Als Annalena Baerbock zur Kanzlerkandidatin ihrer Partei gewählt wurde, suchte er nach chinesischen Stimmen im Ausland. Sie sollten ihm die Auswirkungen einer veränderten Chinapolitik der Grünen auf die deutsch-chinesischen Handelsbeziehungen der Unternehmen erläutern. Was Baerbock im Interview mit Felix Lee meint, wenn sie über “strategische Souveränität” statt “Entkoppelung” spricht, macht klar: Der Ton wird rauer. Und die Grünen-Chefin möchte den “Umgang mit China hoch oben auf der politischen Agenda stehen” sehen.
Nein, es ist keine Vorlage für ein Science-Fiction-Film. Utopie wird Wirklichkeit: China will Solarenergie aus dem Weltall beamen. Der Frage, wie das funktionieren kann und welche Grundsteine dafür bereits gelegt worden sind, ist Frank Sieren nachgegangen. Noch dieses Jahr soll die Basisstation für ein künftiges orbitales Solarkraftwerk entstehen. Der Plan dazu wurde bereits 2008 im damaligen Fünfjahresplan festgehalten.
Pekings Null-Covid-Strategie ist ein Risiko. Nicht nur für den Tourismus, sondern vor allem für das Wirtschaftswachstum. Der Ökonom Yu Yongding hat in seinem China.Table-Gastbeitrag auch die “offizielle Politik” für das langsame Wachstum verantwortlich gemacht. Yu ist Direktor des Instituts für Weltwirtschaft und Politik an der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften in Peking, einer der bedeutendsten akademischen Forschungseinrichtung – seine Worte geben Einblick, was von den führenden Ökonomen derzeit hinter den Kulissen diskutiert wird.
Was steht für Sie im Vordergrund: Klare Worte zu Menschenrechten oder reibungsloser Handel?
Im Kampf gegen die Klimakrise führt kein Weg an einer Kooperation mit China vorbei. Gleichzeitig kann eine zeitgemäße Handelspolitik nicht entkoppelt von der Frage nach Menschenrechten betrieben werden. Was ist denn am Handel reibungslos, wenn dabei Menschenrechte verletzt und Umwelt und Klima zerstört werden? Das heißt aber auch, Menschenrechte nicht immer nur pro forma anzusprechen und sich wegzuducken, wenn es ums Geld geht. Stattdessen sollten wir die Macht unseres europäischen Binnenmarktes nutzen, um europäische Werte zu schützen.
Die derzeitigen Handelsbeziehungen mit China lassen Zwangsarbeit und die schweren Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren in Xinjiang zum Beispiel außer Acht. Das können wir aber unterbinden – Waren aus Zwangsarbeit würden dann keinen Zugang zum EU-Binnenmarkt erhalten. Aber auch mit Blick auf einen fairen Marktzugang für ausländische Investitionen, auf Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen ist in den europäisch-chinesischen Handelsbeziehungen noch viel zu tun.
Wie stehen Sie zu Globalisierung und freien Warenströmen? Denken Sie, die Weltgegenden sollten sich wirtschaftlich entkoppeln?
Globalisierung hat vielen Menschen Wohlstand und Entwicklung gebracht. Gleichzeitig brauchen wir in der globalisierten Welt klare Regeln, die Ungleichheit verringern sowie Menschenrechte und unsere Lebensgrundlagen schützen. Von wirtschaftlicher Entkoppelung oder Protektionismus halte ich nichts. China ist eine so große aufstrebende Wirtschaftskraft, dass wir uns nicht von diesem Land abschotten können. Aber wir dürfen uns natürlich nicht von einem autoritären Regime abhängig machen, das auch mit unlauteren Wirtschaftsmethoden arbeitet.
Wir brauchen eine andere Chinapolitik, die auf alle sensiblen Wirtschaftsbereiche schaut und ihre Kraft aus der gemeinsamen Stärke der Europäischen Union zieht. Wir Europäer*innen können selbst definieren, welche Produkte auf unseren Markt kommen und welche Investitionen, vor allem in kritische Infrastruktur, wir zulassen. Und wir können entscheiden, unsere Lieferketten – zum Beispiel mit gleichgesinnten Staaten im Indopazifik-Raum – zu diversifizieren, um die Abhängigkeit von China zu reduzieren. Das ist nicht Entkoppelung, sondern strategische Souveränität.
Wie wichtig ist China generell auf Ihrer Agenda im Vergleich zu EU, USA, Russland und dem Globalen Süden?
Wir erleben derzeit einen Wettbewerb der Systeme – liberale Demokratien versus autoritäre Kräfte wie China. Die chinesische Führung stellt mit ihrer aggressiven Machtpolitik die Staatengemeinschaft vor eine große Herausforderung. Sie zwingt viele Staaten in wirtschaftliche und damit auch in eine politische Abhängigkeit, agiert wie im Südchinesischen Meer zunehmend auch militärisch aggressiv, verletzt das Verfassungsprinzip “Ein Land, zwei Systeme” in Hongkong und setzt Taiwan massiv unter Druck. Gleichzeitig müssen wir mit China und anderen autoritären Regimen bei den großen Menschheitsfragen wie der Klimakrise zusammenarbeiten.
Daher: Der Umgang mit der Volksrepublik muss hoch oben auf der politischen Agenda stehen. Ganz entscheidend ist eine einheitliche europäische Politik, wenn die EU im geopolitischen Gefüge mit China nicht zerrieben werden will. Alleingänge, wie wir sie die letzten Jahre von der Bundesregierung gesehen haben, schwächen die europäische Position gegenüber China. Umso wichtiger ist, dass wir auch in der Chinapolitik mit den USA eng zusammenarbeiten. Die transatlantische Partnerschaft bleibt ein zentraler Stützpfeiler der deutschen Außenpolitik.
China will ein Weltraum-Solarkraftwerk bauen, das aus dem All gesendete Mikrowellen in Strom umwandeln kann – und das in hohem Tempo. Schon zum Jahresende soll eine 15,4 Millionen US-Dollar teure Basisstation im Vorortbezirk Bishan der Metropole Chongqing fertiggestellt sein. Es wäre die erste ihrer Art weltweit. Ebenfalls noch in diesem Jahr sollen weitere Tests mit Helium-Fesselballons stattfinden, die in einer Höhe von 300 Metern den Empfang der Strahlen und die Rückumwandlung nachweisen sollen. Das Projekt wird maßgeblich von der Universität Chongqing im Südwesten Chinas vorangetrieben. Schon vor drei Jahren war der Grundstein für die Testanlage in Bishan gelegt worden.
Sollte sich die Technologie als machbar und finanzierbar erweisen, geht das Projekt ab 2030 mit einer kleinen Teststation mit ein Megawatt Leistung ins All. Ab 2049 soll dann ein Solarkraftwerk im Orbit mit einer Gesamtleistung von ein Gigawatt Strom aus der Sonne generieren. Das ist mehr als die Kapazität des derzeit weltgrößten Kernkraftwerks.
Anders als auf der Erde wäre eine Solaranlage im All unabhängig von Tageszeiten und wetterbedingten Schwankungen. Das Kraftwerk soll in 36.000 Kilometern Höhe im geostationären Orbit positioniert werden, also sich immer über einem fixen Punkt auf der Erde befinden. Ab dieser Höhe wäre die Station in der Lage, dem Schatten der Erde auszuweichen. Dann kann sie 24 Sonnenstunden am Tag Strom aus dem All zu liefern. Die Nutzungsrate würde im Vergleich zu derselben Anlage auf der Erdoberfläche um das sechsfache zunehmen.
Seit den 1960er Jahren sind Wissenschaftler fasziniert von der Idee des österreichisch-amerikanischen Erfinders Nikola Tesla, Solarstrom direkt aus dem Weltraum abzufangen. Auch in China wurde die Umsetzung eines eigenen orbitalen Solarkraftwerks bereits 2008 im 12. Fünfjahresplan angedacht. Mehrmals wurden die Pläne jedoch wieder auf Eis gelegt. Die Umsetzung sei zu teuer und die Effizienz fraglich, hieß es. Infolge von Chinas verstärkter Präsenz im All und Pekings Klimazielen – die Regierung möchte das Land bis 2060 klimaneutral machen – rückt das Projekt nun jedoch erneut in den Fokus.
Die technischen Herausforderungen sind allerdings nach wie vor sehr groß. Tesla war noch davon ausgegangen, dass sich die Elektrizität wie Wellen in alle Richtungen in der Luft ausbreiten würden. Um die effektive Reichweite zu erhöhen, muss die Energie aber in einem stark fokussierten Strahl konzentriert werden. Der Energieverlust in der Atmosphäre kann zudem durch das Aussenden des Stroms in Form von hochfrequenten Mikrowellen auf ein Minimum von zwei Prozent reduziert werden. Doch das ist äußerst kompliziert.
In Bishan müssen die chinesischen Forscher zeigen, dass so eine drahtlose Energieübertragung über große Distanzen funktioniert. Bisher ist es ihnen gelungen, Strom mit dieser Technologie zielgerichtet und gebunden von einem Ballon in 300 Metern Höhe herab zu transportieren. Der nächste Schritt werden nach der Fertigstellung der Teststation dann 20 Kilometer sein, was der Distanz eines Energie-Transfers aus der Stratosphäre entspricht. Parallel werden die Forscher in Bishan mit einigen alternativen Anwendungen der Technologie experimentieren, beispielsweise mit der Verwendung des Energiestrahls zum Antrieb von Drohnen.
An einem ähnlichen Projekt arbeitet derzeit auch das California Institute of Technology. Die Caltech-Forscher haben im Rahmen des “Space-based Solar Power Project” (SSPP) bereits entsprechende Prototypen entwickelt, die 2023 im Orbit getestet werden sollen. Der mit einem etwa vier Quadratmeter großen Sonnensegel ausgestattete Satellit soll die Energieübertragung demonstrieren. Eine entsprechende Bodenstation – die als die größere technologische Herausforderung gilt – fehlt allerdings noch, anders als bei den Forschern in Chongqing.
Nur in China allerdings treibt der Staat das Programm gezielt voran. Dort ist es auch staatlich finanziert. Für das Projekt in Kalifornien haben indes der Milliardär Donald Bren und seine Ehefrau haben 100 Millionen US-Dollar gestiftet. Die Nasa hatte ein ähnliches Projekt schon vor Jahren eingestellt. “Den USA fehlt ein klarer Plan, und sie sind in höchster Gefahr hinter ihre Wettbewerber zurückzufallen”, schrieb die amerikanische Zeitschrift SpaceNews kürzlich.
Doch in den letzten Jahren begann das US-Militär, sich zunehmend für die Idee der Solarenergie aus dem All zu interessieren. Die US-Air-Force plant nun, in zwei oder drei Jahren Satelliten auszusenden, um die Technologie für die Übertragung von Energie zu prüfen. Potenzielle Anwendungen wären etwa der Antrieb von Drohnen oder die Stromversorgung abgelegener Militärposten. Auch denkbar wäre, dass Solarkraftwerke im All Raumstationen und Satelliten sowie permanente Mondstationen mit Strom versorgen können. Es ist allerdings nicht klar, wie weit dieses Projekt fortgeschritten ist.
China gilt mittlerweile hinter den USA als größte Weltraummacht der Erde, obwohl die Volksrepublik erst spät in die Raumfahrt begann, ernsthaft in die Raumfahrt zu investieren (China.Table berichtete). 2020 gab China 7,5 Milliarden Euro für die Raumfahrt aus, dreimal so viel wie zu Beginn des Jahrtausends. Zehn Männer und zwei Frauen schickte Peking bereits ins Weltall. Ende 2020 landete die chinesische Raumsonde Chang’e 5 auf dem Mond, um Gesteinsproben zu nehmen.
Im Mai 2021 konnte China den Rover Zhurong auf dem Mars absetzen. Und im Juni wurde die neue Raumstation Tiangong eingeweiht (China.Table berichtete). 2024 soll ein Weltraumteleskop an die Raumstation andocken. Und für 2028 ist eine weitere Marsmission geplant. Damit hätte China die Nasa und Esa endgültig überholt. Die Stromerzeugung im Weltall könnte dabei zur Schlüsseltechnologie werden.
Das Bildungsministerium hat Chinas Nachhilfeindustrie eine Frist gesetzt. Bis Ende des Jahres müssen sich demnach Einrichtungen, die lehrplanbezogenen Nachhilfeunterricht anbieten, als gemeinnützige Organisation registriert haben (China.Table berichtete). Diese Maßnahme kommt, nachdem Pekings Bildungskommission im August mehrere Führungskräfte von Nachhilfeanbietern zur Überarbeitung ihrer Geschäftsmodelle aufgefordert hatte, wie das Wirtschaftsmagazin Caixin berichtet. Demnach sollen die Unternehmen aus dem Bildungssektor auf Nachhilfe für Oberschulen, Berufsausbildung, lebenslange Bildung und andere Bereiche umsteigen.
Auch dürfen Nachhilfeanbieter, deren Angebot lehrplanbasiert sind, so lange keine neuen Studierenden mehr aufnehmen oder Studiengebühren erheben, bis ihre Registrierung als gemeinnützige Organisation abgeschlossen ist. wie das Bildungsministerium, das Ministerium für zivile Angelegenheiten und die staatliche Verwaltung für Marktregulierung (SAMR) mitteilen. niw
Der chinesische Autobauer Great Wall Motors plant mit Elektromodellen den Markteinstieg in Deutschland. Das Unternehmen präsentiert derzeit auf der IAA Mobility in München ein Modell der Elektro-Tochter Ora sowie ein Fahrzeug seiner Premiummarke Wey, die bereits ab Jahresende bestellbar sein sollen. Das Kompaktmodell Ora Cat und der Plug-in-Hybrid Wey Coffee 01 solle ab dem ersten Halbjahr 2022 ausgeliefert werden, teilte Great Wall auf der IAA mit. Beide Namen sind allerdings Projektnamen und können sich noch ändern.
Der Ora Cat ist nach Firmenangaben mit Batterien des chinesischen Herstellers CATL ausgestattet und soll je nach Ausstattung 300 bis 400 Kilometer Reichweite besitzen. Das günstigste Modell soll schon ab 30.000 Euro zu haben sein – ein Preis, für den man in Deutschland bisher nur E-Kleinwagen der etablierten Hersteller bekommt. Wie die meisten chinesischen Elektroautos ist auch der Ora Cat mit technologischen Gimmicks und Fahrassistenzsystemen ausgestattet, darunter große Displays im Cockpit, Kameras zur Gesichtserkennung im Inneren sowie Sensoren für einen Autobahn- und einen Einparkassistenten. Der Ora Cat soll auch in anderen Ländern Europas vermarktet werden.
Der zunächst nur für Deutschland vorgesehene Wey Coffee 01 verfügt über einen Zwei-Liter-Benziner und zwei Elektromotoren. Anfang 2022 will Great Wall zudem ein so genanntes Wey-Markenerlebniszentrum in München eröffnen, das Mobilitäts- und Ökosystem-Dienste anbieten werde. Geplant sind später auch weitere Standorte für dieses Konzept.
Generell sind in diesem Jahr nur wenige chinesische Hersteller auf der IAA Mobility vertreten. Neben Great Wall Motors gehören zu der kleinen Gruppe das Elektro-Startup Xpeng und die chinesisch-schwedische Volvo-Tochter Polestar. ck
Nach Ansicht von EU-Ratspräsident Charles Michel muss die Europäische Union ihren eigenen Weg in der China-Politik finden und dürfe sich in der Rivalität zwischen den USA und der Volksrepublik auf keine der beiden Seiten stellen. “Zweifellos teilen wir dieselben demokratischen Werte und dasselbe politische Modell wie die Vereinigten Staaten. Gleichzeitig müssen wir – als Europäer – unsere eigene Strategie gegenüber China als Weltmacht entwickeln”, sagte Michel in einem Interview mit dem französischen Thinktank Groupe d’études géopolitique. In den vergangenen Monaten sei deshalb versucht worden, im Rahmen des Europäischen Rates “die Art und Weise unseres Umgangs mit China zu ermitteln”, so Michel.
Michel zufolge beinhaltet die EU-Strategie drei Elemente. Das sei erstens die “sehr entschiedene und sehr strikte” Durchsetzung von Standards im Bereich der Menschenrechte, beispielsweise in Bezug auf Hongkong oder der Lage der Uiguren. Als zweiten Punkt nannte Michel die Freiheit, multilaterale Fragen anzugehen, “bei denen wir der Meinung sind, dass ein Dialog notwendig ist”, zum Beispiel bei der Corona-Pandemie oder im Klimaschutz. In Handel und Wirtschaft müssten als dritter Punkt die Beziehungen neu ausgerichtet werden, erklärte der EU-Ratspräsident.
Das Investitionsabkommen CAI war nach Meinung Michels ein erster Schritt gewesen, den Zugang zu den jeweiligen Märkten neu auszurichten. Die Arbeit am CAI im Europaparlament ist allerdings auch nach der Sommerpause noch eingestellt. Das EU-Parlament wird voraussichtlich in der kommenden Woche über seinen Entwurf einer Neuausrichtung der China-Politik abstimmen (China.Table berichtete). Die Agenda für die kommende Plenarwoche wird am heutigen Donnerstag bekannt gegeben. In dem Papier wird erneut gefordert, dass die Volksrepublik Sanktionen gegen mehrere EU-Parlamentarier fallen lassen muss, bevor die sich die Abgeordneten wieder mit dem Abkommen auseinandersetzen. ari
China hat gegen die Fahrt des US-Zerstörers USS Benfold in die Gewässer um das von Peking kontrollierte Mischief Reef im Südchinesischen Meer protestiert. Die Fahrt sei ohne Genehmigung durch Peking erfolgt. Das Südkommando des chinesischen Militärs habe daher “Luft- und Seestreitkräfte zur Verfolgung, Überwachung und Vertreibung” des Zerstörers organisiert, berichtete die South China Morning Post.
Erst vor wenigen Tagen war ein neues chinesisches Gesetz in Kraft getreten, das von allen Schiffen, die in Gewässer einfahren, die Peking als Territorialgewässer ansieht, eine vorherige Anmeldung verlangt. Zu diesen Territorialgewässern zählt China das Seegebiet um das Mischief Reef – das allerdings auch von den Philippinen, Vietnam und Taiwan beansprucht wird. Möglicherweise stellen die USA das neue Gesetz gezielt auf Probe. Das US-Verteidigungsministerium hatte es vergangene Woche als “ernsthafte Bedrohung” für die Freiheit von Navigation und Handel bezeichnet,
China beansprucht derweil praktisch das gesamte Südchinesische Meer für sich. Weder die USA noch ihre Verbündeten, darunter Deutschland, erkennen diese Ansprüche an – ebensowenig wie die Ansprüche einer territorialen Zwölfmeilenzone rund um künstlich aufgeschüttete Riffe. Auch Admiral Kay-Achim Schönbach, Inspekteur der Marine, bekräfte kürzlich, Territorialgewässer um solche künstlichen Inseln nicht anzuerkennen.
Auch die deutsche Fregatte “Bayern” ist derzeit in den Indopazifik unterwegs. Sie wird auf dem Rückweg ihrer Mission voraussichtlich das Südchinesische Meer passieren. Anders, als die US-Marine aber wird sich die Fregatte laut Schönbach stets “weit entfernt” von umstrittenen Gewässern aufhalten. “Wir werden die üblichen Handelsrouten benutzen, wo jeder fahren kann”.
Die USA führen dagegen in solchen Gewässern seit einiger Zeit immer wieder Übungen zur Navigationsfreiheit durch. Schönbach machte trotzdem klar, dass Deutschland nicht die chinesische Politik unterstütze, Riffe oder Atolle zu Inseln aufzuschütten und dann drumherum Territorialgewässer zu deklarieren. Ob die “Bayern” auch China eine Visite abstatten wird, ist noch unklar. Peking hatte Anfang August mehr Informationen über das Ziel ihrer Mission gefordert, bevor man über eine Erlaubnis für einen Hafenbesuch in Shanghai entscheide (China Table berichtete). ck
Großbritannien hat die Prüfung der Übernahme eines Graphen-Herstellers durch einen chinesischen Akademiker angeordnet. Der britische Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng habe die Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde CMA beauftragt, die geplante Übernahme der kleinen Perpetuus Group durch Taurus International oder andere mit dem chinesischen Akademiker Zhongfu Zhou verbundene Unternehmen zu prüfen, wie The Guardian am Mittwoch berichtete. Kwarteng habe die Prüfung “aus Gründen des öffentlichen Interesses der nationalen Sicherheit” herausgegeben, hieß es weiter.
Perpetuus stellt Graphen- und Kohlenstoff-Nanoröhrchen her – Vorprodukte in winziger Größe, von denen erhofft wird, dass sie nützliche Anwendungen in einer Reihe von Industrien finden, darunter in der Elektronik, in der Verteidigungstechnik bis hin zur Medizin. Die Materialien sind außergewöhnliche elektrische Leiter und können stärker sein als Stahl. Das britische Wirtschaftsministerium hat dem Bericht zufolge Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen der Übernahme. Zwar habe Perpetuus nur 14 Mitarbeiter, jedoch liefere das Unternehmen “mindestens ein Viertel” aller Graphenplasmawaren in Großbritannien.
Die nun interessierte Taurus International sei erst im Oktober 2020 in London registriert worden, berichtete The Guardian. Der chinesische Akademiker Dr. Zhongfu Zhou ist auf der Homepage des Unternehmens als leitender Wissenschaftler für Nanotechnologie aufgeführt. Über die Bedingungen des geplanten Übernahme-Deals ist demnach nur wenig bekannt. Die CMA hat dem Guardian zufolge nun bis Februar des kommenden Jahres Zeit, um Ergebnisse vorzulegen.
Die britische Regierung hatte zuletzt eine Reihe von potenziellen Firmenübernahmen wegen möglicher Auswirkungen auf die nationale Sicherheit überprüfen lassen. Premierminister Boris Johnson forderte im Juli die Behörden auf, den Kauf des walisischen Chipherstellers Newport Wafer Fab durch Nexperia zu prüfen (China.Table berichtete). Auch Übernahmeangebote für die Luft- und Raumfahrt- sowie Verteidigungshersteller Meggitt und Ultra Electronics werden geprüft. ari
China hat nach Erkenntnissen des Cybersicherheitsdienstes Mandiant sowie Experten von Google gezielt die gespaltene Meinung in den USA zur Corona-Pandemie genutzt. Mithilfe von Online-Attacken, Desinformation und Fake-Accounts habe die chinesische Regierung sogar versucht, Demonstranten zu mobilisieren, berichtet CNN am Mittwoch unter Berufung auf den Bericht der Experten.
Die Operation, die ursprünglich 2019 versuchte, prodemokratische Proteste in Hongkong zu diskreditieren, habe sich ausgeweitet zu einer “globalen Kampagne, die in sieben Sprachen, auf mindestens 30 Social-Media-Plattformen und über 40 Websites und Foren läuft”, heißt es im Blog des Unternehmens Fire Eye, zu dem Mandiant gehört. Auch gebe es Parallelen zur russischen Desinformationskampagne rund um die Präsidentschaftswahlen 2016.
US-Beamte glaubten, dass die Operation mit der chinesischen Regierung in Verbindung stehe, berichtet CNN unter Berufung auf eine anonyme Quelle. Demnach beobachteten sie, ob sie während der Präsidentschaftswahl im November 2020 zur Verbreitung von Desinformationen verwendet wurde. Dabei seien sie letztendlich zu der Einschätzung gekommen, dass die chinesische Regierung dies vermieden habe, weil sie keine Reaktion habe provozieren wollen. Monate später hätten Experten eine “Explosion der Aktivität” auf der ganzen Welt beobachtet, sagte John Hulquist, Vizepräsident von Mandiant Threat Intelligence, zu CNN. Der Schritt, physische Proteste in den USA anzustiften, zeige, dass die Operation eine “sehr ernste Bedrohung” darstelle.
Seit dem Beginn der Corona-Pandemie haben laut CNN Cyberspionage und Desinformationskampagnen aus China zugenommen. Peking habe versucht, das globale Corona-Narrativ zu seinen Gunsten zu beeinflussen; dabei hätten auch chinesische Beamte ganz offen falsche und irreführende Informationen über das Virus und seine Ursprünge verbreitet. Aber es gab offenbar eben auch verdeckte Methoden. “In den letzten zwei Jahren haben wir gesehen, wie sich dieser bedrohliche Akteur entwickelt hat – von den Arten von Inhalten, die sie veröffentlichen, bis hin zu den Taktiken zur Verbreitung”, zitiert CNN Shane Huntley, Direktor der Threat Analysis Group bei Google.
Im April entdeckten Experten laut dem Mandiant-Bericht zum Beispiel Tausende gefälschter Social-Media-Accounts, die Amerikaner asiatischer Herkunft aufforderten, gegen Rassenungerechtigkeit in den USA und “Desinformationen über die Ursprünge des Virus” zu protestieren. Entsprechende Proteste fanden allerdings nicht statt. niw/ck
Im zweiten Quartal 2021 wuchs das chinesische BIP im Vergleich zum Vorjahr um 7,9 Prozent. Das ist eine relativ starke Leistung, insbesondere angesichts der anhaltenden Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Weltwirtschaft. Für China ist es jedoch eine Enttäuschung: Eine Caixin-Umfrage unter Wirtschaftswissenschaftlern ergab, dass der geschätzte Median für das zweite Quartal bei 8,2 Prozent Wachstum lag.
Chinesische Wirtschaftsexperten sind sich weitgehend einig, dass Chinas potenzielle Wachstumsrate bei sechs Prozent liegt. Unter Berücksichtigung des Basiseffekts sollte Chinas jährliche Wachstumsrate in den vier Quartalen des Jahres 2021 also 19,1 Prozent, 8,3 Prozent, 6,7 Prozent und 5,5 Prozent betragen. Im ersten Quartal lag das Wachstum jedoch bei 18,3 Prozent. Diese schwächer als erwartet ausgefallene Leistung ist zu einem erheblichen Teil auf die offizielle Politik zurückzuführen.
Während die chinesischen Behörden zu Beginn der Pandemie eine expansive Fiskal- und Geldpolitik verfolgten, waren sie bestrebt, diese zu normalisieren. Denn sie befürchteten, dass dies die Inflation anheizen und die finanziellen Risiken erhöhen würde. Die fiskalischen Sparmaßnahmen wurden besonders schnell umgesetzt. In der ersten Hälfte des Jahres 2021 stiegen die gesamtstaatlichen Ausgaben Chinas nur um 4,5 Prozent, während die Einnahmen um 21,8 Prozent zunahmen. Auch wenn dies zum Teil den Basiseffekt widerspiegelt, wurde die Politik unbestreitbar gestrafft. Tatsächlich war das Defizit des chinesischen Staatshaushalts in der ersten Jahreshälfte 2021 um 1,6 Billionen CN¥ (247 Mrd. $) geringer als im Jahr 2020.
Die Geldpolitik bleibt weiterhin akkommodativ, aber das Verhalten der Chinesischen Zentralbank (PBOC) bleibt, gelinde gesagt, vorsichtig. In der ersten Hälfte des Jahres 2021 stieg die Sozialfinanzierung um 17,7 Billionen CN¥. Dieser Anstieg ist um 3,1 Billionen CN¥ geringer als derjenige des gleichen Zeitraums im Jahr 2020. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass die Wirtschaftsindikatoren zunehmend auf eine Verlangsamung des chinesischen Wachstums hindeuten.
Die chinesische Führung bemüht sich nun, der Verlangsamung entgegenzuwirken. Anfang Juli kündigte die PBOC in der Hoffnung, die Kreditvergabe anzukurbeln, an, den verpflichtenden Mindestreservesatz für alle Banken um 50 Basispunkte zu senken.
Einige Wochen später veröffentlichte das Politbüro des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas ein Kommuniqué, in dem es einräumte, dass “Chinas Binnenwirtschaft immer noch instabil und unausgewogen ist“, und dazu aufrief, “den Bau der im 14. Fünfjahresplan begonnenen Großprojekte zu beschleunigen”. Der Markt interpretiert dies weithin als Signal, dass die Regierung in der zweiten Hälfte dieses Jahres eine expansivere makroökonomische Politik betreiben wird.
Eine solche, wenn auch nur geringfügige, Anpassung der Politik hat die Hoffnung geweckt, dass sich das Wachstum in der zweiten Jahreshälfte 2021 beleben und möglicherweise sogar ein Niveau erreichen wird, das der potenziellen Wachstumsrate entspricht. Doch eine Änderung der Politik reicht möglicherweise nicht aus. Die wirtschaftliche Erholung Chinas könnte vor allem davon abhängen, wie sich der Kampf gegen Covid-19 entwickelt.
Seit der Aufhebung des Lockdowns in Wuhan Anfang April 2020 ist es China gelungen, größere lokale Ausbrüche zu verhindern und die Zahl der täglich neu bestätigten Covid-Fälle im niedrigen zweistelligen Bereich zu halten. Viele Menschen glaubten, dass China auf dem Weg sei, Coronavirus-Infektionen auf lokaler Ebene vollständig zu eliminieren.
Als letzten Monat mehrere Flughafenmitarbeiter in Nanjing bei einer Routinekontrolle positiv getestet wurden, wurden diese Hoffnungen jedoch enttäuscht. Innerhalb weniger Tage hatte sich die hochgradig übertragbare Delta-Variante auf 22 Städte in zehn Provinzen ausgebreitet. Die Zahl der bestätigten Fälle in China stieg von 251 am 16. Juli auf rund 2.000.
Die Regierung, die nach wie vor bestrebt ist, die Zahl der Infektionen auf null zu senken, reagierte rasch und sperrte Gebiete mit hohem Risiko ab, verschärfte die Reisebeschränkungen für Gebiete mit mittlerem Risiko und stellte rund 100.000 Menschen unter Quarantäne. Ähnliche Situationen sind jedoch schon früher aufgetreten, wenn auch in kleinerem Maßstab. Und da ein Großteil der Welt immer noch nicht geimpft ist, und immer mehr übertragbare Virusvarianten auftauchen, wird es zweifellos wieder dazu kommen.
Die wirtschaftlichen Kosten solcher Lockdowns – einschließlich Einschränkungen des internationalen Reiseverkehrs – sind extrem hoch. Angesichts dessen argumentieren einige Virologen, Epidemiologen und Wirtschaftswissenschaftler, dass China von seiner Null-Toleranz-Politik abrücken und lernen muss, mit dem Virus zu leben.
Der Widerstand gegen diesen Ansatz ist jedoch nach wie vor groß. Immerhin hat Chinas striktes Vorgehen mithilfe seiner institutionellen Regelungen und seiner kulturellen Tradition das Land seit mehreren Monaten praktisch Covid-frei gehalten. Und obwohl die Kosten hoch sind, insbesondere für den Tourismus und die damit verbundenen Dienstleistungen, kann China sie sich leisten.
Noch wichtiger ist, dass China bei der Impfung seiner Bevölkerung noch einen weiten Weg vor sich hat. Zwar wurden bisher 1,9 Milliarden Impfdosen verabreicht – größtenteils mit den eigenen Impfstoffen Sinovac und Sinopharm, die beide zwei Dosen erfordern -, doch müssen nach Angaben des obersten Epidemiologen Zhong Nanshan noch mehr als 83 Prozent der Bevölkerung geimpft werden, bevor die Herdenimmunität erreicht ist.
Angesichts der Zweifel an der langfristigen Wirksamkeit der derzeit verabreichten Impfstoffe könnte zudem mehr Zeit für Auffrischungsimpfungen oder die Entwicklung wirksamerer Alternativen erforderlich sein. Und selbst wenn es China gelingen sollte, einen ausreichend großen Teil seiner Bevölkerung mit wirksamen Impfstoffen zu versorgen, befindet sich das Land in einer globalisierten Welt, in der viele Länder sehr niedrige Impfraten aufweisen.
Man kann mit Sicherheit sagen, dass der Kampf gegen Covid-19 noch lange nicht beendet ist. Für China bedeutet dies, dass weitere kleinere Ausbrüche des Coronavirus – mit den damit verbundenen wirtschaftlichen Störungen – nahezu unvermeidlich sind. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass Chinas Gesamtwachstum im Jahr 2021 hinter den bisherigen Markterwartungen zurückbleiben wird.
Die Bedeutung der Steuer- und Geldpolitik soll damit nicht heruntergespielt werden. Ein expansiverer Ansatz könnte einen großen Beitrag dazu leisten, die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie auszugleichen. Vor allem viele kleine und mittlere Unternehmen, die von der Pandemie hart getroffen wurden, brauchen dringend Hilfe, und die Regierung hat noch politischen Spielraum, um diese zu gewähren. Mit dem richtigen Policy-Mix kann China in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 und darüber hinaus ein recht gutes Wachstum erzielen.
Yu Yongding ist der ehemalige Präsident der Chinesischen Gesellschaft für Weltwirtschaft und Direktor des Instituts für Weltwirtschaft und Politik an der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften. Er war von 2004 bis 2006 Mitglied des geldpolitischen Ausschusses der People’s Bank of China. Übersetzung: Andreas Hubig.
Copyright: Project Syndicate, 2021.
www.project-syndicate.org
Mathias Fleischhauer ist seit August neuer Global Sales & Business Development Manager bei Aden Group in Shanghai. Aden bietet Facility-Management-Lösungen in Asien an. Fleischhauer hatte vorher in Shenzhen als Berater gearbeitet und davor bei BMZ, einem chinesischen Hersteller für E-Batterien. Er ist Diplomingenieur und hat an der Universität Saragossa und an der Universität Paderborn seinen Abschluss gemacht.
Rafael Theeß ist neuer Projektmanager bei DMG Mori China. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Bielefeld stellt Werkzeugmaschinen her. Noch für dieses Jahr hatte DMG Mori zuletzt den Bau eines 35.000 Quadratmeter großen Produktionswerks für 5-Achs-Fräsmachschinen in Pinghu nahe Shanghai angekündigt. Theeß hatte zuvor als Installation Manager für DMG Mori in Deutschland gearbeitet.
Ausflug mit Gruppenfoto: Die Damen im Bild links lassen sich vor dem neu eröffneten Freizeitpark Universal Studios von ihrer Schokoladenseite fotografieren. Im Pekinger Vorort Tongzhou laden Harry Potter, Kung-Fu Panda und die Minions demnächst in den weltweit größten Universal-Vergnügungspark ein. Bisher ist er nur für geladene VIPs zugänglich. Aber bereits ab dem 20. September sollen bis zu 18 Sicherheitsschleusen den erwarteten Massenandrang bewältigen. Ob dann nur Getestete, Geimpfte oder Genesene Tickets erwerben dürfen, ist noch nicht klar. Zuletzt hatte die Volksrepublik nur noch vereinzelte Corona-Neuinfektionen im Land gemeldet.
die Karten werden neu gemischt. Dass die Bundestagswahl in wenigen Wochen schon länger auch ein dringendes Thema für die chinesischen Unternehmer ist, zeigt die Frage des Leiters einer großen Agentur aus Peking. Als Annalena Baerbock zur Kanzlerkandidatin ihrer Partei gewählt wurde, suchte er nach chinesischen Stimmen im Ausland. Sie sollten ihm die Auswirkungen einer veränderten Chinapolitik der Grünen auf die deutsch-chinesischen Handelsbeziehungen der Unternehmen erläutern. Was Baerbock im Interview mit Felix Lee meint, wenn sie über “strategische Souveränität” statt “Entkoppelung” spricht, macht klar: Der Ton wird rauer. Und die Grünen-Chefin möchte den “Umgang mit China hoch oben auf der politischen Agenda stehen” sehen.
Nein, es ist keine Vorlage für ein Science-Fiction-Film. Utopie wird Wirklichkeit: China will Solarenergie aus dem Weltall beamen. Der Frage, wie das funktionieren kann und welche Grundsteine dafür bereits gelegt worden sind, ist Frank Sieren nachgegangen. Noch dieses Jahr soll die Basisstation für ein künftiges orbitales Solarkraftwerk entstehen. Der Plan dazu wurde bereits 2008 im damaligen Fünfjahresplan festgehalten.
Pekings Null-Covid-Strategie ist ein Risiko. Nicht nur für den Tourismus, sondern vor allem für das Wirtschaftswachstum. Der Ökonom Yu Yongding hat in seinem China.Table-Gastbeitrag auch die “offizielle Politik” für das langsame Wachstum verantwortlich gemacht. Yu ist Direktor des Instituts für Weltwirtschaft und Politik an der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften in Peking, einer der bedeutendsten akademischen Forschungseinrichtung – seine Worte geben Einblick, was von den führenden Ökonomen derzeit hinter den Kulissen diskutiert wird.
Was steht für Sie im Vordergrund: Klare Worte zu Menschenrechten oder reibungsloser Handel?
Im Kampf gegen die Klimakrise führt kein Weg an einer Kooperation mit China vorbei. Gleichzeitig kann eine zeitgemäße Handelspolitik nicht entkoppelt von der Frage nach Menschenrechten betrieben werden. Was ist denn am Handel reibungslos, wenn dabei Menschenrechte verletzt und Umwelt und Klima zerstört werden? Das heißt aber auch, Menschenrechte nicht immer nur pro forma anzusprechen und sich wegzuducken, wenn es ums Geld geht. Stattdessen sollten wir die Macht unseres europäischen Binnenmarktes nutzen, um europäische Werte zu schützen.
Die derzeitigen Handelsbeziehungen mit China lassen Zwangsarbeit und die schweren Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren in Xinjiang zum Beispiel außer Acht. Das können wir aber unterbinden – Waren aus Zwangsarbeit würden dann keinen Zugang zum EU-Binnenmarkt erhalten. Aber auch mit Blick auf einen fairen Marktzugang für ausländische Investitionen, auf Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen ist in den europäisch-chinesischen Handelsbeziehungen noch viel zu tun.
Wie stehen Sie zu Globalisierung und freien Warenströmen? Denken Sie, die Weltgegenden sollten sich wirtschaftlich entkoppeln?
Globalisierung hat vielen Menschen Wohlstand und Entwicklung gebracht. Gleichzeitig brauchen wir in der globalisierten Welt klare Regeln, die Ungleichheit verringern sowie Menschenrechte und unsere Lebensgrundlagen schützen. Von wirtschaftlicher Entkoppelung oder Protektionismus halte ich nichts. China ist eine so große aufstrebende Wirtschaftskraft, dass wir uns nicht von diesem Land abschotten können. Aber wir dürfen uns natürlich nicht von einem autoritären Regime abhängig machen, das auch mit unlauteren Wirtschaftsmethoden arbeitet.
Wir brauchen eine andere Chinapolitik, die auf alle sensiblen Wirtschaftsbereiche schaut und ihre Kraft aus der gemeinsamen Stärke der Europäischen Union zieht. Wir Europäer*innen können selbst definieren, welche Produkte auf unseren Markt kommen und welche Investitionen, vor allem in kritische Infrastruktur, wir zulassen. Und wir können entscheiden, unsere Lieferketten – zum Beispiel mit gleichgesinnten Staaten im Indopazifik-Raum – zu diversifizieren, um die Abhängigkeit von China zu reduzieren. Das ist nicht Entkoppelung, sondern strategische Souveränität.
Wie wichtig ist China generell auf Ihrer Agenda im Vergleich zu EU, USA, Russland und dem Globalen Süden?
Wir erleben derzeit einen Wettbewerb der Systeme – liberale Demokratien versus autoritäre Kräfte wie China. Die chinesische Führung stellt mit ihrer aggressiven Machtpolitik die Staatengemeinschaft vor eine große Herausforderung. Sie zwingt viele Staaten in wirtschaftliche und damit auch in eine politische Abhängigkeit, agiert wie im Südchinesischen Meer zunehmend auch militärisch aggressiv, verletzt das Verfassungsprinzip “Ein Land, zwei Systeme” in Hongkong und setzt Taiwan massiv unter Druck. Gleichzeitig müssen wir mit China und anderen autoritären Regimen bei den großen Menschheitsfragen wie der Klimakrise zusammenarbeiten.
Daher: Der Umgang mit der Volksrepublik muss hoch oben auf der politischen Agenda stehen. Ganz entscheidend ist eine einheitliche europäische Politik, wenn die EU im geopolitischen Gefüge mit China nicht zerrieben werden will. Alleingänge, wie wir sie die letzten Jahre von der Bundesregierung gesehen haben, schwächen die europäische Position gegenüber China. Umso wichtiger ist, dass wir auch in der Chinapolitik mit den USA eng zusammenarbeiten. Die transatlantische Partnerschaft bleibt ein zentraler Stützpfeiler der deutschen Außenpolitik.
China will ein Weltraum-Solarkraftwerk bauen, das aus dem All gesendete Mikrowellen in Strom umwandeln kann – und das in hohem Tempo. Schon zum Jahresende soll eine 15,4 Millionen US-Dollar teure Basisstation im Vorortbezirk Bishan der Metropole Chongqing fertiggestellt sein. Es wäre die erste ihrer Art weltweit. Ebenfalls noch in diesem Jahr sollen weitere Tests mit Helium-Fesselballons stattfinden, die in einer Höhe von 300 Metern den Empfang der Strahlen und die Rückumwandlung nachweisen sollen. Das Projekt wird maßgeblich von der Universität Chongqing im Südwesten Chinas vorangetrieben. Schon vor drei Jahren war der Grundstein für die Testanlage in Bishan gelegt worden.
Sollte sich die Technologie als machbar und finanzierbar erweisen, geht das Projekt ab 2030 mit einer kleinen Teststation mit ein Megawatt Leistung ins All. Ab 2049 soll dann ein Solarkraftwerk im Orbit mit einer Gesamtleistung von ein Gigawatt Strom aus der Sonne generieren. Das ist mehr als die Kapazität des derzeit weltgrößten Kernkraftwerks.
Anders als auf der Erde wäre eine Solaranlage im All unabhängig von Tageszeiten und wetterbedingten Schwankungen. Das Kraftwerk soll in 36.000 Kilometern Höhe im geostationären Orbit positioniert werden, also sich immer über einem fixen Punkt auf der Erde befinden. Ab dieser Höhe wäre die Station in der Lage, dem Schatten der Erde auszuweichen. Dann kann sie 24 Sonnenstunden am Tag Strom aus dem All zu liefern. Die Nutzungsrate würde im Vergleich zu derselben Anlage auf der Erdoberfläche um das sechsfache zunehmen.
Seit den 1960er Jahren sind Wissenschaftler fasziniert von der Idee des österreichisch-amerikanischen Erfinders Nikola Tesla, Solarstrom direkt aus dem Weltraum abzufangen. Auch in China wurde die Umsetzung eines eigenen orbitalen Solarkraftwerks bereits 2008 im 12. Fünfjahresplan angedacht. Mehrmals wurden die Pläne jedoch wieder auf Eis gelegt. Die Umsetzung sei zu teuer und die Effizienz fraglich, hieß es. Infolge von Chinas verstärkter Präsenz im All und Pekings Klimazielen – die Regierung möchte das Land bis 2060 klimaneutral machen – rückt das Projekt nun jedoch erneut in den Fokus.
Die technischen Herausforderungen sind allerdings nach wie vor sehr groß. Tesla war noch davon ausgegangen, dass sich die Elektrizität wie Wellen in alle Richtungen in der Luft ausbreiten würden. Um die effektive Reichweite zu erhöhen, muss die Energie aber in einem stark fokussierten Strahl konzentriert werden. Der Energieverlust in der Atmosphäre kann zudem durch das Aussenden des Stroms in Form von hochfrequenten Mikrowellen auf ein Minimum von zwei Prozent reduziert werden. Doch das ist äußerst kompliziert.
In Bishan müssen die chinesischen Forscher zeigen, dass so eine drahtlose Energieübertragung über große Distanzen funktioniert. Bisher ist es ihnen gelungen, Strom mit dieser Technologie zielgerichtet und gebunden von einem Ballon in 300 Metern Höhe herab zu transportieren. Der nächste Schritt werden nach der Fertigstellung der Teststation dann 20 Kilometer sein, was der Distanz eines Energie-Transfers aus der Stratosphäre entspricht. Parallel werden die Forscher in Bishan mit einigen alternativen Anwendungen der Technologie experimentieren, beispielsweise mit der Verwendung des Energiestrahls zum Antrieb von Drohnen.
An einem ähnlichen Projekt arbeitet derzeit auch das California Institute of Technology. Die Caltech-Forscher haben im Rahmen des “Space-based Solar Power Project” (SSPP) bereits entsprechende Prototypen entwickelt, die 2023 im Orbit getestet werden sollen. Der mit einem etwa vier Quadratmeter großen Sonnensegel ausgestattete Satellit soll die Energieübertragung demonstrieren. Eine entsprechende Bodenstation – die als die größere technologische Herausforderung gilt – fehlt allerdings noch, anders als bei den Forschern in Chongqing.
Nur in China allerdings treibt der Staat das Programm gezielt voran. Dort ist es auch staatlich finanziert. Für das Projekt in Kalifornien haben indes der Milliardär Donald Bren und seine Ehefrau haben 100 Millionen US-Dollar gestiftet. Die Nasa hatte ein ähnliches Projekt schon vor Jahren eingestellt. “Den USA fehlt ein klarer Plan, und sie sind in höchster Gefahr hinter ihre Wettbewerber zurückzufallen”, schrieb die amerikanische Zeitschrift SpaceNews kürzlich.
Doch in den letzten Jahren begann das US-Militär, sich zunehmend für die Idee der Solarenergie aus dem All zu interessieren. Die US-Air-Force plant nun, in zwei oder drei Jahren Satelliten auszusenden, um die Technologie für die Übertragung von Energie zu prüfen. Potenzielle Anwendungen wären etwa der Antrieb von Drohnen oder die Stromversorgung abgelegener Militärposten. Auch denkbar wäre, dass Solarkraftwerke im All Raumstationen und Satelliten sowie permanente Mondstationen mit Strom versorgen können. Es ist allerdings nicht klar, wie weit dieses Projekt fortgeschritten ist.
China gilt mittlerweile hinter den USA als größte Weltraummacht der Erde, obwohl die Volksrepublik erst spät in die Raumfahrt begann, ernsthaft in die Raumfahrt zu investieren (China.Table berichtete). 2020 gab China 7,5 Milliarden Euro für die Raumfahrt aus, dreimal so viel wie zu Beginn des Jahrtausends. Zehn Männer und zwei Frauen schickte Peking bereits ins Weltall. Ende 2020 landete die chinesische Raumsonde Chang’e 5 auf dem Mond, um Gesteinsproben zu nehmen.
Im Mai 2021 konnte China den Rover Zhurong auf dem Mars absetzen. Und im Juni wurde die neue Raumstation Tiangong eingeweiht (China.Table berichtete). 2024 soll ein Weltraumteleskop an die Raumstation andocken. Und für 2028 ist eine weitere Marsmission geplant. Damit hätte China die Nasa und Esa endgültig überholt. Die Stromerzeugung im Weltall könnte dabei zur Schlüsseltechnologie werden.
Das Bildungsministerium hat Chinas Nachhilfeindustrie eine Frist gesetzt. Bis Ende des Jahres müssen sich demnach Einrichtungen, die lehrplanbezogenen Nachhilfeunterricht anbieten, als gemeinnützige Organisation registriert haben (China.Table berichtete). Diese Maßnahme kommt, nachdem Pekings Bildungskommission im August mehrere Führungskräfte von Nachhilfeanbietern zur Überarbeitung ihrer Geschäftsmodelle aufgefordert hatte, wie das Wirtschaftsmagazin Caixin berichtet. Demnach sollen die Unternehmen aus dem Bildungssektor auf Nachhilfe für Oberschulen, Berufsausbildung, lebenslange Bildung und andere Bereiche umsteigen.
Auch dürfen Nachhilfeanbieter, deren Angebot lehrplanbasiert sind, so lange keine neuen Studierenden mehr aufnehmen oder Studiengebühren erheben, bis ihre Registrierung als gemeinnützige Organisation abgeschlossen ist. wie das Bildungsministerium, das Ministerium für zivile Angelegenheiten und die staatliche Verwaltung für Marktregulierung (SAMR) mitteilen. niw
Der chinesische Autobauer Great Wall Motors plant mit Elektromodellen den Markteinstieg in Deutschland. Das Unternehmen präsentiert derzeit auf der IAA Mobility in München ein Modell der Elektro-Tochter Ora sowie ein Fahrzeug seiner Premiummarke Wey, die bereits ab Jahresende bestellbar sein sollen. Das Kompaktmodell Ora Cat und der Plug-in-Hybrid Wey Coffee 01 solle ab dem ersten Halbjahr 2022 ausgeliefert werden, teilte Great Wall auf der IAA mit. Beide Namen sind allerdings Projektnamen und können sich noch ändern.
Der Ora Cat ist nach Firmenangaben mit Batterien des chinesischen Herstellers CATL ausgestattet und soll je nach Ausstattung 300 bis 400 Kilometer Reichweite besitzen. Das günstigste Modell soll schon ab 30.000 Euro zu haben sein – ein Preis, für den man in Deutschland bisher nur E-Kleinwagen der etablierten Hersteller bekommt. Wie die meisten chinesischen Elektroautos ist auch der Ora Cat mit technologischen Gimmicks und Fahrassistenzsystemen ausgestattet, darunter große Displays im Cockpit, Kameras zur Gesichtserkennung im Inneren sowie Sensoren für einen Autobahn- und einen Einparkassistenten. Der Ora Cat soll auch in anderen Ländern Europas vermarktet werden.
Der zunächst nur für Deutschland vorgesehene Wey Coffee 01 verfügt über einen Zwei-Liter-Benziner und zwei Elektromotoren. Anfang 2022 will Great Wall zudem ein so genanntes Wey-Markenerlebniszentrum in München eröffnen, das Mobilitäts- und Ökosystem-Dienste anbieten werde. Geplant sind später auch weitere Standorte für dieses Konzept.
Generell sind in diesem Jahr nur wenige chinesische Hersteller auf der IAA Mobility vertreten. Neben Great Wall Motors gehören zu der kleinen Gruppe das Elektro-Startup Xpeng und die chinesisch-schwedische Volvo-Tochter Polestar. ck
Nach Ansicht von EU-Ratspräsident Charles Michel muss die Europäische Union ihren eigenen Weg in der China-Politik finden und dürfe sich in der Rivalität zwischen den USA und der Volksrepublik auf keine der beiden Seiten stellen. “Zweifellos teilen wir dieselben demokratischen Werte und dasselbe politische Modell wie die Vereinigten Staaten. Gleichzeitig müssen wir – als Europäer – unsere eigene Strategie gegenüber China als Weltmacht entwickeln”, sagte Michel in einem Interview mit dem französischen Thinktank Groupe d’études géopolitique. In den vergangenen Monaten sei deshalb versucht worden, im Rahmen des Europäischen Rates “die Art und Weise unseres Umgangs mit China zu ermitteln”, so Michel.
Michel zufolge beinhaltet die EU-Strategie drei Elemente. Das sei erstens die “sehr entschiedene und sehr strikte” Durchsetzung von Standards im Bereich der Menschenrechte, beispielsweise in Bezug auf Hongkong oder der Lage der Uiguren. Als zweiten Punkt nannte Michel die Freiheit, multilaterale Fragen anzugehen, “bei denen wir der Meinung sind, dass ein Dialog notwendig ist”, zum Beispiel bei der Corona-Pandemie oder im Klimaschutz. In Handel und Wirtschaft müssten als dritter Punkt die Beziehungen neu ausgerichtet werden, erklärte der EU-Ratspräsident.
Das Investitionsabkommen CAI war nach Meinung Michels ein erster Schritt gewesen, den Zugang zu den jeweiligen Märkten neu auszurichten. Die Arbeit am CAI im Europaparlament ist allerdings auch nach der Sommerpause noch eingestellt. Das EU-Parlament wird voraussichtlich in der kommenden Woche über seinen Entwurf einer Neuausrichtung der China-Politik abstimmen (China.Table berichtete). Die Agenda für die kommende Plenarwoche wird am heutigen Donnerstag bekannt gegeben. In dem Papier wird erneut gefordert, dass die Volksrepublik Sanktionen gegen mehrere EU-Parlamentarier fallen lassen muss, bevor die sich die Abgeordneten wieder mit dem Abkommen auseinandersetzen. ari
China hat gegen die Fahrt des US-Zerstörers USS Benfold in die Gewässer um das von Peking kontrollierte Mischief Reef im Südchinesischen Meer protestiert. Die Fahrt sei ohne Genehmigung durch Peking erfolgt. Das Südkommando des chinesischen Militärs habe daher “Luft- und Seestreitkräfte zur Verfolgung, Überwachung und Vertreibung” des Zerstörers organisiert, berichtete die South China Morning Post.
Erst vor wenigen Tagen war ein neues chinesisches Gesetz in Kraft getreten, das von allen Schiffen, die in Gewässer einfahren, die Peking als Territorialgewässer ansieht, eine vorherige Anmeldung verlangt. Zu diesen Territorialgewässern zählt China das Seegebiet um das Mischief Reef – das allerdings auch von den Philippinen, Vietnam und Taiwan beansprucht wird. Möglicherweise stellen die USA das neue Gesetz gezielt auf Probe. Das US-Verteidigungsministerium hatte es vergangene Woche als “ernsthafte Bedrohung” für die Freiheit von Navigation und Handel bezeichnet,
China beansprucht derweil praktisch das gesamte Südchinesische Meer für sich. Weder die USA noch ihre Verbündeten, darunter Deutschland, erkennen diese Ansprüche an – ebensowenig wie die Ansprüche einer territorialen Zwölfmeilenzone rund um künstlich aufgeschüttete Riffe. Auch Admiral Kay-Achim Schönbach, Inspekteur der Marine, bekräfte kürzlich, Territorialgewässer um solche künstlichen Inseln nicht anzuerkennen.
Auch die deutsche Fregatte “Bayern” ist derzeit in den Indopazifik unterwegs. Sie wird auf dem Rückweg ihrer Mission voraussichtlich das Südchinesische Meer passieren. Anders, als die US-Marine aber wird sich die Fregatte laut Schönbach stets “weit entfernt” von umstrittenen Gewässern aufhalten. “Wir werden die üblichen Handelsrouten benutzen, wo jeder fahren kann”.
Die USA führen dagegen in solchen Gewässern seit einiger Zeit immer wieder Übungen zur Navigationsfreiheit durch. Schönbach machte trotzdem klar, dass Deutschland nicht die chinesische Politik unterstütze, Riffe oder Atolle zu Inseln aufzuschütten und dann drumherum Territorialgewässer zu deklarieren. Ob die “Bayern” auch China eine Visite abstatten wird, ist noch unklar. Peking hatte Anfang August mehr Informationen über das Ziel ihrer Mission gefordert, bevor man über eine Erlaubnis für einen Hafenbesuch in Shanghai entscheide (China Table berichtete). ck
Großbritannien hat die Prüfung der Übernahme eines Graphen-Herstellers durch einen chinesischen Akademiker angeordnet. Der britische Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng habe die Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde CMA beauftragt, die geplante Übernahme der kleinen Perpetuus Group durch Taurus International oder andere mit dem chinesischen Akademiker Zhongfu Zhou verbundene Unternehmen zu prüfen, wie The Guardian am Mittwoch berichtete. Kwarteng habe die Prüfung “aus Gründen des öffentlichen Interesses der nationalen Sicherheit” herausgegeben, hieß es weiter.
Perpetuus stellt Graphen- und Kohlenstoff-Nanoröhrchen her – Vorprodukte in winziger Größe, von denen erhofft wird, dass sie nützliche Anwendungen in einer Reihe von Industrien finden, darunter in der Elektronik, in der Verteidigungstechnik bis hin zur Medizin. Die Materialien sind außergewöhnliche elektrische Leiter und können stärker sein als Stahl. Das britische Wirtschaftsministerium hat dem Bericht zufolge Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen der Übernahme. Zwar habe Perpetuus nur 14 Mitarbeiter, jedoch liefere das Unternehmen “mindestens ein Viertel” aller Graphenplasmawaren in Großbritannien.
Die nun interessierte Taurus International sei erst im Oktober 2020 in London registriert worden, berichtete The Guardian. Der chinesische Akademiker Dr. Zhongfu Zhou ist auf der Homepage des Unternehmens als leitender Wissenschaftler für Nanotechnologie aufgeführt. Über die Bedingungen des geplanten Übernahme-Deals ist demnach nur wenig bekannt. Die CMA hat dem Guardian zufolge nun bis Februar des kommenden Jahres Zeit, um Ergebnisse vorzulegen.
Die britische Regierung hatte zuletzt eine Reihe von potenziellen Firmenübernahmen wegen möglicher Auswirkungen auf die nationale Sicherheit überprüfen lassen. Premierminister Boris Johnson forderte im Juli die Behörden auf, den Kauf des walisischen Chipherstellers Newport Wafer Fab durch Nexperia zu prüfen (China.Table berichtete). Auch Übernahmeangebote für die Luft- und Raumfahrt- sowie Verteidigungshersteller Meggitt und Ultra Electronics werden geprüft. ari
China hat nach Erkenntnissen des Cybersicherheitsdienstes Mandiant sowie Experten von Google gezielt die gespaltene Meinung in den USA zur Corona-Pandemie genutzt. Mithilfe von Online-Attacken, Desinformation und Fake-Accounts habe die chinesische Regierung sogar versucht, Demonstranten zu mobilisieren, berichtet CNN am Mittwoch unter Berufung auf den Bericht der Experten.
Die Operation, die ursprünglich 2019 versuchte, prodemokratische Proteste in Hongkong zu diskreditieren, habe sich ausgeweitet zu einer “globalen Kampagne, die in sieben Sprachen, auf mindestens 30 Social-Media-Plattformen und über 40 Websites und Foren läuft”, heißt es im Blog des Unternehmens Fire Eye, zu dem Mandiant gehört. Auch gebe es Parallelen zur russischen Desinformationskampagne rund um die Präsidentschaftswahlen 2016.
US-Beamte glaubten, dass die Operation mit der chinesischen Regierung in Verbindung stehe, berichtet CNN unter Berufung auf eine anonyme Quelle. Demnach beobachteten sie, ob sie während der Präsidentschaftswahl im November 2020 zur Verbreitung von Desinformationen verwendet wurde. Dabei seien sie letztendlich zu der Einschätzung gekommen, dass die chinesische Regierung dies vermieden habe, weil sie keine Reaktion habe provozieren wollen. Monate später hätten Experten eine “Explosion der Aktivität” auf der ganzen Welt beobachtet, sagte John Hulquist, Vizepräsident von Mandiant Threat Intelligence, zu CNN. Der Schritt, physische Proteste in den USA anzustiften, zeige, dass die Operation eine “sehr ernste Bedrohung” darstelle.
Seit dem Beginn der Corona-Pandemie haben laut CNN Cyberspionage und Desinformationskampagnen aus China zugenommen. Peking habe versucht, das globale Corona-Narrativ zu seinen Gunsten zu beeinflussen; dabei hätten auch chinesische Beamte ganz offen falsche und irreführende Informationen über das Virus und seine Ursprünge verbreitet. Aber es gab offenbar eben auch verdeckte Methoden. “In den letzten zwei Jahren haben wir gesehen, wie sich dieser bedrohliche Akteur entwickelt hat – von den Arten von Inhalten, die sie veröffentlichen, bis hin zu den Taktiken zur Verbreitung”, zitiert CNN Shane Huntley, Direktor der Threat Analysis Group bei Google.
Im April entdeckten Experten laut dem Mandiant-Bericht zum Beispiel Tausende gefälschter Social-Media-Accounts, die Amerikaner asiatischer Herkunft aufforderten, gegen Rassenungerechtigkeit in den USA und “Desinformationen über die Ursprünge des Virus” zu protestieren. Entsprechende Proteste fanden allerdings nicht statt. niw/ck
Im zweiten Quartal 2021 wuchs das chinesische BIP im Vergleich zum Vorjahr um 7,9 Prozent. Das ist eine relativ starke Leistung, insbesondere angesichts der anhaltenden Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Weltwirtschaft. Für China ist es jedoch eine Enttäuschung: Eine Caixin-Umfrage unter Wirtschaftswissenschaftlern ergab, dass der geschätzte Median für das zweite Quartal bei 8,2 Prozent Wachstum lag.
Chinesische Wirtschaftsexperten sind sich weitgehend einig, dass Chinas potenzielle Wachstumsrate bei sechs Prozent liegt. Unter Berücksichtigung des Basiseffekts sollte Chinas jährliche Wachstumsrate in den vier Quartalen des Jahres 2021 also 19,1 Prozent, 8,3 Prozent, 6,7 Prozent und 5,5 Prozent betragen. Im ersten Quartal lag das Wachstum jedoch bei 18,3 Prozent. Diese schwächer als erwartet ausgefallene Leistung ist zu einem erheblichen Teil auf die offizielle Politik zurückzuführen.
Während die chinesischen Behörden zu Beginn der Pandemie eine expansive Fiskal- und Geldpolitik verfolgten, waren sie bestrebt, diese zu normalisieren. Denn sie befürchteten, dass dies die Inflation anheizen und die finanziellen Risiken erhöhen würde. Die fiskalischen Sparmaßnahmen wurden besonders schnell umgesetzt. In der ersten Hälfte des Jahres 2021 stiegen die gesamtstaatlichen Ausgaben Chinas nur um 4,5 Prozent, während die Einnahmen um 21,8 Prozent zunahmen. Auch wenn dies zum Teil den Basiseffekt widerspiegelt, wurde die Politik unbestreitbar gestrafft. Tatsächlich war das Defizit des chinesischen Staatshaushalts in der ersten Jahreshälfte 2021 um 1,6 Billionen CN¥ (247 Mrd. $) geringer als im Jahr 2020.
Die Geldpolitik bleibt weiterhin akkommodativ, aber das Verhalten der Chinesischen Zentralbank (PBOC) bleibt, gelinde gesagt, vorsichtig. In der ersten Hälfte des Jahres 2021 stieg die Sozialfinanzierung um 17,7 Billionen CN¥. Dieser Anstieg ist um 3,1 Billionen CN¥ geringer als derjenige des gleichen Zeitraums im Jahr 2020. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass die Wirtschaftsindikatoren zunehmend auf eine Verlangsamung des chinesischen Wachstums hindeuten.
Die chinesische Führung bemüht sich nun, der Verlangsamung entgegenzuwirken. Anfang Juli kündigte die PBOC in der Hoffnung, die Kreditvergabe anzukurbeln, an, den verpflichtenden Mindestreservesatz für alle Banken um 50 Basispunkte zu senken.
Einige Wochen später veröffentlichte das Politbüro des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas ein Kommuniqué, in dem es einräumte, dass “Chinas Binnenwirtschaft immer noch instabil und unausgewogen ist“, und dazu aufrief, “den Bau der im 14. Fünfjahresplan begonnenen Großprojekte zu beschleunigen”. Der Markt interpretiert dies weithin als Signal, dass die Regierung in der zweiten Hälfte dieses Jahres eine expansivere makroökonomische Politik betreiben wird.
Eine solche, wenn auch nur geringfügige, Anpassung der Politik hat die Hoffnung geweckt, dass sich das Wachstum in der zweiten Jahreshälfte 2021 beleben und möglicherweise sogar ein Niveau erreichen wird, das der potenziellen Wachstumsrate entspricht. Doch eine Änderung der Politik reicht möglicherweise nicht aus. Die wirtschaftliche Erholung Chinas könnte vor allem davon abhängen, wie sich der Kampf gegen Covid-19 entwickelt.
Seit der Aufhebung des Lockdowns in Wuhan Anfang April 2020 ist es China gelungen, größere lokale Ausbrüche zu verhindern und die Zahl der täglich neu bestätigten Covid-Fälle im niedrigen zweistelligen Bereich zu halten. Viele Menschen glaubten, dass China auf dem Weg sei, Coronavirus-Infektionen auf lokaler Ebene vollständig zu eliminieren.
Als letzten Monat mehrere Flughafenmitarbeiter in Nanjing bei einer Routinekontrolle positiv getestet wurden, wurden diese Hoffnungen jedoch enttäuscht. Innerhalb weniger Tage hatte sich die hochgradig übertragbare Delta-Variante auf 22 Städte in zehn Provinzen ausgebreitet. Die Zahl der bestätigten Fälle in China stieg von 251 am 16. Juli auf rund 2.000.
Die Regierung, die nach wie vor bestrebt ist, die Zahl der Infektionen auf null zu senken, reagierte rasch und sperrte Gebiete mit hohem Risiko ab, verschärfte die Reisebeschränkungen für Gebiete mit mittlerem Risiko und stellte rund 100.000 Menschen unter Quarantäne. Ähnliche Situationen sind jedoch schon früher aufgetreten, wenn auch in kleinerem Maßstab. Und da ein Großteil der Welt immer noch nicht geimpft ist, und immer mehr übertragbare Virusvarianten auftauchen, wird es zweifellos wieder dazu kommen.
Die wirtschaftlichen Kosten solcher Lockdowns – einschließlich Einschränkungen des internationalen Reiseverkehrs – sind extrem hoch. Angesichts dessen argumentieren einige Virologen, Epidemiologen und Wirtschaftswissenschaftler, dass China von seiner Null-Toleranz-Politik abrücken und lernen muss, mit dem Virus zu leben.
Der Widerstand gegen diesen Ansatz ist jedoch nach wie vor groß. Immerhin hat Chinas striktes Vorgehen mithilfe seiner institutionellen Regelungen und seiner kulturellen Tradition das Land seit mehreren Monaten praktisch Covid-frei gehalten. Und obwohl die Kosten hoch sind, insbesondere für den Tourismus und die damit verbundenen Dienstleistungen, kann China sie sich leisten.
Noch wichtiger ist, dass China bei der Impfung seiner Bevölkerung noch einen weiten Weg vor sich hat. Zwar wurden bisher 1,9 Milliarden Impfdosen verabreicht – größtenteils mit den eigenen Impfstoffen Sinovac und Sinopharm, die beide zwei Dosen erfordern -, doch müssen nach Angaben des obersten Epidemiologen Zhong Nanshan noch mehr als 83 Prozent der Bevölkerung geimpft werden, bevor die Herdenimmunität erreicht ist.
Angesichts der Zweifel an der langfristigen Wirksamkeit der derzeit verabreichten Impfstoffe könnte zudem mehr Zeit für Auffrischungsimpfungen oder die Entwicklung wirksamerer Alternativen erforderlich sein. Und selbst wenn es China gelingen sollte, einen ausreichend großen Teil seiner Bevölkerung mit wirksamen Impfstoffen zu versorgen, befindet sich das Land in einer globalisierten Welt, in der viele Länder sehr niedrige Impfraten aufweisen.
Man kann mit Sicherheit sagen, dass der Kampf gegen Covid-19 noch lange nicht beendet ist. Für China bedeutet dies, dass weitere kleinere Ausbrüche des Coronavirus – mit den damit verbundenen wirtschaftlichen Störungen – nahezu unvermeidlich sind. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass Chinas Gesamtwachstum im Jahr 2021 hinter den bisherigen Markterwartungen zurückbleiben wird.
Die Bedeutung der Steuer- und Geldpolitik soll damit nicht heruntergespielt werden. Ein expansiverer Ansatz könnte einen großen Beitrag dazu leisten, die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie auszugleichen. Vor allem viele kleine und mittlere Unternehmen, die von der Pandemie hart getroffen wurden, brauchen dringend Hilfe, und die Regierung hat noch politischen Spielraum, um diese zu gewähren. Mit dem richtigen Policy-Mix kann China in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 und darüber hinaus ein recht gutes Wachstum erzielen.
Yu Yongding ist der ehemalige Präsident der Chinesischen Gesellschaft für Weltwirtschaft und Direktor des Instituts für Weltwirtschaft und Politik an der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften. Er war von 2004 bis 2006 Mitglied des geldpolitischen Ausschusses der People’s Bank of China. Übersetzung: Andreas Hubig.
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Mathias Fleischhauer ist seit August neuer Global Sales & Business Development Manager bei Aden Group in Shanghai. Aden bietet Facility-Management-Lösungen in Asien an. Fleischhauer hatte vorher in Shenzhen als Berater gearbeitet und davor bei BMZ, einem chinesischen Hersteller für E-Batterien. Er ist Diplomingenieur und hat an der Universität Saragossa und an der Universität Paderborn seinen Abschluss gemacht.
Rafael Theeß ist neuer Projektmanager bei DMG Mori China. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Bielefeld stellt Werkzeugmaschinen her. Noch für dieses Jahr hatte DMG Mori zuletzt den Bau eines 35.000 Quadratmeter großen Produktionswerks für 5-Achs-Fräsmachschinen in Pinghu nahe Shanghai angekündigt. Theeß hatte zuvor als Installation Manager für DMG Mori in Deutschland gearbeitet.
Ausflug mit Gruppenfoto: Die Damen im Bild links lassen sich vor dem neu eröffneten Freizeitpark Universal Studios von ihrer Schokoladenseite fotografieren. Im Pekinger Vorort Tongzhou laden Harry Potter, Kung-Fu Panda und die Minions demnächst in den weltweit größten Universal-Vergnügungspark ein. Bisher ist er nur für geladene VIPs zugänglich. Aber bereits ab dem 20. September sollen bis zu 18 Sicherheitsschleusen den erwarteten Massenandrang bewältigen. Ob dann nur Getestete, Geimpfte oder Genesene Tickets erwerben dürfen, ist noch nicht klar. Zuletzt hatte die Volksrepublik nur noch vereinzelte Corona-Neuinfektionen im Land gemeldet.