Table.Briefing: China

Grüne Zwickmühle für Zentralbanken + Huawei will mehr Ausländer + Ein Mann sieht Rot

  • Wie nachhaltig sind EZB und People’s Bank of China?
  • Huawei zielt auf mehr internationales Personal
  • Termine der Woche
  • Mehr Hukou-Rechte für Wanderarbeiter
  • CIA rückt China in den Fokus
  • Huawei forscht in Finnland nach Innovationen
  • Nachfrage nach Lithium steigt
  • Facebook-Whistleblowerin berichtet von Überwachung von Uiguren
  • Programm des AsiaBerlin Summit am Freitag
  • Kolumne: Johnny Erling über Xi Jinpings politische Lieblingsfarbe
Liebe Leserin, lieber Leser,

Das Problem ist bekannt: Sowohl EZB-Chefin Christine Lagarde, als auch ihr chinesischer Kollege Yi Gang von der People´s Bank of China wissen um die Verantwortung der Zentralbanken im Kampf gegen den Klimawandel. Nico Beckert analysiert, was die EZB und die PBoC sich auf den Fahrplan geschrieben haben, um den grünen Umbau der Wirtschaft mitzugestalten. Chinas Zentralbank kann beim Klimaschutz enger mit dem Staat zusammenarbeiten als westliche Zentralbanken. Doch die PBoC dient Peking auch für wirtschaftliche Ziele und steckt Milliarden in die Kohleindustrie. Die EZB hingegen steht vor einem anderen Dilemma: Sie ist nicht demokratisch legitimiert und darf kaum eigenständig klimapolitisch tätig werden.

Huaweis Gründer Ren Zhengfei will mehr Talente aus dem Ausland anwerben, um auch in neuen Geschäftsbereichen wie Haushaltsgeräten, Wearables und Industriemaschinen die Standards von morgen setzen zu können. Was er alles auf einem Campus nahe Shanghai plant, damit sich Spitzenmanager aus dem Ausland wohlfühlen, hat sich Frank Sieren in einem internen Memo von Huawei angeschaut.

Das ganze Land ist während der Golden-Week-Feiertage derzeit auf Rot getrimmt. Fähnchen an jeder Straßenecke, überall rote Blumendeko. Zum Nationalfeiertag hielt Staats- und Parteichef Xi Jinping eine Rede vor seinem Politbüro. Und auch darin kam die Farbe vor: von der roten Kultur, den roten Nachfolgern, roten Ressourcen, roten Denkmälern, roten Idealen, roten Genen bis zum roten Land. Warum Xi seinen ersten Sammelband aber nicht die “Rote Xi-Bibel”, sondern “Lernt von Xis Goldenen Sätzen” nannte, hat Johnny Erling in seiner Kolumne aufgeschrieben.   

Ich wünsche Ihnen ein goldenes Herbstwochenende!

Ihre
Ning Wang
Bild von Ning  Wang

Analyse

Zentralbanken bei Klimakrise in der Zwickmühle

Die nächste Weltklimakonferenz Anfang November in Glasgow rückt immer näher. Die Vereinten Nationen stellten jüngst in einer Studie fest, “dass sich die Welt auf einem katastrophalen Weg” zu “einer Erwärmung von 2,7 Grad befindet”. Das Finanzwesen spielt eine entscheidende Rolle bei diesem Thema.

Die weltweit größten Banken haben selbst nach dem Beschluss des Pariser Klimaabkommens weiterhin Milliarden-Summen in fossile Energieträger investiert oder dem Sektor durch Underwriting bei Investitionen geholfen. Und diese Investitionen gefährden die Stabilität des Finanzwesens. Deswegen ist die Klimakrise auch ein Thema der Zentralbanken. Die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, nannte den Klimawandel die “größte Herausforderung, die wir zu bewältigen haben”. Der Klimawandel wirkt sich auf das “vorrangige Ziel” der EZB, “die Preisstabilität” aus, so die Französin.

Ihr chinesischer Kollege Yi Gang von der People’s Bank of China (PBoC) drängt dazu, “die potenziellen Auswirkungen des Klimawandels auf die Finanzstabilität zu bewerten.” Der Zeitraum, in dem die Volksrepublik die CO2-Neutralität erreichen wolle, sei kürzer als der der EU oder der USA, so Yi. “Die Zeit ist kürzer und die Kurve für China viel steiler. Das bedeutet, dass unsere Finanzinstitute großen Risiken ausgesetzt sind und sofort mit ihrem ‘grünen Übergang’ beginnen sollten”, mahnte der Chef der PBoC. Denn je länger die chinesischen Banken Kredite an fossile Industrien geben, desto größer wird das Risiko, dass Unternehmen diese Kredite nicht zurückzahlen können, wenn ihr fossiles Geschäftsmodell in Zukunft aufgrund klimapolitischer Maßnahmen nicht mehr tragbar ist.

Den Risiken des grünen Wandels müssten vor allem im Zusammenhang mit fossilen Brennstoffen größere Aufmerksamkeit geschenkt werden, betonte Yi. “Chinas Finanzinstitute haben stark in CO2-intensive Vermögenswerte investiert, und das Risiko einer durch den grünen Übergang verursachten Preisanpassung von Vermögenswerten muss genau überwacht werden.” Übersetzt heißt das: Wenn die Banken nicht schnell beginnen, weniger Kredite an fossile Unternehmen zu vergeben, steigt ihr Kreditrisiko immer weiter an. Denn die fossilen Unternehmen werden ihre Geschäftsgrundlage verlieren. Wenn China beispielsweise den Ausstieg aus der Kohle forciert, müssen Betreiber von Kohlekraftwerken ihr Vermögen abschreiben – mit gravierenden Folgen für Banken, die auf Krediten sitzen bleiben. Yi warnt deswegen vor “Kreditrisiken, die unser gesamtes Finanzsystem untergraben“.

Problembewusstsein gibt es in der PBoC und der EZB – doch die Zentralbanken befinden sich auch in einem Spannungsfeld. Die EZB ist nicht demokratisch legitimiert, selbstständig große klimapolitische Entscheidungen zu treffen. Die chinesische Zentralbank hingegen dient dem Staat als Werkzeug, um auch wirtschaftspolitische Entscheidungen zu treffen. Und dazu gehört die Förderung klimaschädlicher Sektoren wie der Kohleindustrie.

Chinas Zentralbank – Grüne Finanzierungen, aber auch Geld für Kohle

Chinas Zentralbank arbeitet enger mit der Regierung zusammen als westliche Zentralbanken und hat so die Möglichkeit, die Regierung in der Umsetzung der Klimaziele effektiver zu unterstützen.

Die Zentralbank Chinas:

  • hat kürzlich Instrumente eingeführt, um chinesische Banken bei der Vergabe grüner Kredite finanziell zu unterstützen. Unternehmen sollen vergünstigte Kredite erhalten, wenn sie in emissionsmindernde Maßnahmen investieren wollen. Chinas Zentralbank ist nach der japanischen die zweite Zentralbank der Welt, die so ein Instrument eingeführt hat.
  • zahlt Banken leicht höhere Zinsen auf ihre Zentralbankreserven, wenn die Zentralbank die Finanzinstitute als “grün” einschätzt. Seit Sommer 2021 erfasst die Zentralbank zudem den Anteil grüner Anleihen an den Gesamtaktiva der 24 größten chinesischen Banken. Auch die jährliche Veränderung des Gesamtwerts der von den Banken gehaltenen grünen Anleihen wird erfasst. Diese Maßnahmen sollen Anreize schaffen, damit Banken die Kreditvergabe für nachhaltige Investitionen erhöhen.
  • plant neue Vorschriften zur Offenlegung klimarelevanter Informationen (China.Table berichtete) und Klimastresstests für Banken.

Gleichzeitig hat die PBoC im August vorgeschlagen, in Zukunft “den Umfang der Kreditvergabe für Projekte mit hohem Energieverbrauch und hohen Emissionen streng zu kontrollieren“. Die Zentralbank nennt jedoch keine Details, wie sehr die Kreditvergabe an Unternehmen aus dem fossilen Sektor beschränkt werden soll.

Zudem gab es bereits in der Vergangenheit ähnliche Vorschläge. Schon 2012 kündigte die Regierung an, die Kreditvergabe an energieintensive Industrien und Sektoren mit hohen Emissionen “streng einzuschränken“.

Passiert ist seitdem aber wenig. Denn die Zentralbank Chinas befördert nicht nur die Klimaziele Pekings. Sie unterstützt die Regierung auch in der Umsetzung der Wirtschaftspolitik. In Reaktion auf die Pandemie erhöhte die Zentralbank die Geldmenge und legte vergünstigte Kreditprogramme auf. Jüngst hat Chinas Regierung angeordnet, dass die staatlichen Banken neue Kredite an Betreiber von Kohlekraftwerken und -minen geben sollen, um die Energiekrise Chinas zu überwinden (China.Table berichtete).

EZB – viele Vorhaben und Vorsicht bei grüner Geldpolitik

Die EZB hat im Juli einen “Aktionsplan zur Berücksichtigung des Klimawandels in ihrer geldpolitischen Strategie” vorgestellt. Sie hat unter anderem folgende Maßnahmen angekündigt, die “mit dem Ziel der Preisstabilität in Einklang stehen”:

Die Europäische Zentralbank:

  • will Klimaüberlegungen beim Ankauf von Unternehmensanleihen berücksichtigen. Die Unternehmen, deren Anleihen die EZB ankauft, sollen sich beispielsweise zur Einhaltung der Pariser Klimaziele verpflichtet haben.
  • plant eine Überprüfung bei der Bewertung der Vermögenswerte, die Banken als Sicherheiten bei der Zentralbank hinterlegen. Bei dieser Überprüfung des Bewertungsrahmens sollen Klimarisiken berücksichtigt werden.
  • plant, den Banken neue Transparenzpflichten zu den Klimarisiken ihrer Vermögenswerte, beispielsweise Kredite und Anleihen, aufzuerlegen. Die Transparenzpflichten sollen als Grundlage für die Entscheidung dienen, ob Bank-Vermögenswerte als Sicherheiten bei der EZB infrage kommen oder inwiefern bestimmte, mit mehr Klimarisiken behaftete Vermögenswerte bei der Einschätzung als Zentralbank-Sicherheiten anders behandelt werden. Einen detaillierten Plan darüber will die EZB im Jahr 2022 vorlegen. Da Banken ein großes Interesse haben, Vermögenswerte zu halten, die als wertvolle Sicherheiten dienen, könnte ein solches Vorgehen die Vergabe von Krediten an fossile Unternehmen verringern.
  • will Wissenslücken schließen und Daten erheben – beispielsweise zum CO2-Fußabdruck von Finanzinstituten und inwiefern die Vermögenswerte der Banken Klimarisiken ausgesetzt sind.
  • plant, ab 2022 Klimastresstests der nationalen Zentralbanken des Eurosystems durchzuführen.
  • will sicherstellen, dass Ratingagenturen die Risiken des Klimawandels in ihren Ratings adäquat berücksichtigen.

Vorsichtiges Lob für EZB – Tadel für die PBoC

Mauricio Vargas, Finanzexperte bei Greenpeace, begrüßt “das klare Bekenntnis der EZB, den Kampf gegen die Klimakrise ernst zu nehmen”. In den Details blieben die Beschlüsse jedoch sehr vage. Vargas fordert, dass die EZB in ihren Anleihekaufprogrammen fossile Energieunternehmen ausschließt, “die in die Erschließung neuer fossiler Energieprojekte investieren”.

Ernest Urtasun, spanisches Mitglied der Fraktion Grüne/EFA im Europaparlament, sieht die Klimastrategie als “guten ersten Schritt”. Es mangele den Plänen jedoch an “Ehrgeiz und Gespür für die Dringlichkeit” der Klimakrise. Die EZB ergreife keine Maßnahmen “gegen die Kreditvergabe an die Kohlenstoffwirtschaft, die die Klimakrise beschleunigt”, kritisiert Urtasun.

Paul Schreiber, Campaigner bei Reclaim Finance kritisiert, dass die EZB-Maßnahmen zu sehr auf die Erfassung von Klimarisiken beschränkt bleiben. Vor allem bei den Sicherheiten, die Banken bei der Zentralbank hinterlegen müssen, sei es problematisch, dass die EZB keine weiteren Maßnahmen zur Dekarbonisierung der Sicherheiten vorschlägt.

Auch die Reformen beim Ankauf von Firmenanleihen kritisiert Reclaim Finance. Eine bloße Verpflichtung der Unternehmen zu den Pariser Klimazielen reiche nicht aus. Es sei keine Kontrolle gegeben, ob die Unternehmen die Klimaziele auch in ihrem täglichen Geschäft umsetzen. Die Anpassungen bei den Ankäufen von Firmenanleihen seien zudem erst für 2023 geplant und kämen viel zu spät, kritisiert die NGO.

Die vermeintlich grünen Reformen von Chinas Zentralbank werden hingegen kritisiert, weil sie auf der anderen Seite weiterhin massiv Geld in die Kohleindustrie des Landes pumpt. Nach der Corona-Pandemie vergab sie vergünstigte Kredite, um die Wirtschaft anzukurbeln. Dabei flossen auch immense Investitionen in neue Kohlekraftwerke, kritisiert die NGO Oil Change International. Die Organisation hat die Maßnahmen der Zentralbanken in einem Bericht verglichen und hält die Eingriffe der PBoC zum Klimaschutz für nicht ausreichend. Auch fehlende Transparenz wurde bemängelt: Chinas Devisenreserven – die größten der Welt – seien “wahrscheinlich auf fossile Brennstoffe ausgerichtet”, schreibt die Organisation. Allerdings lägen nur wenige Informationen dazu vor (China.Table berichtete).

Zentralbanken in der Zwickmühle

Die Zentralbanken verfügen zwar über Instrumente, die Kreditvergabe an fossile Industrien zu verteuern. Doch bisher machen sie noch recht sparsam davon Gebrauch. In China unterstützt die Zentralbank die Wirtschaftspolitik der Regierung viel aktiver. Das Land ist noch immer sehr stark von fossil erzeugter Energie abhängig, sodass die Zentralregierung und die Zentralbank die Transformation der Wirtschaft vorsichtig vorantreiben müssen, wenn sie das Wachstum nicht gefährden wollen.

Die EZB wiederum ist eine unabhängige Zentralbank. Ihr Mandat sieht die Erhaltung der Preisstabilität und die Unterstützung der Wirtschaftspolitik der EU vor. Im EZB-Rat ist es umstritten, inwieweit Klimapolitik zu den Aufgaben der Zentralbank gehört.

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Huawei will ausländisches Spitzenpersonal

Dem globalen Kampf um Talente werden auch chinesische Unternehmen nicht aus dem Weg gehen können. Wer nach oben will oder dort bleiben möchte, benötigt hochqualifizierte Mitarbeiter:innen – innovativ, kreativ, dynamisch. Der Netzwerkausrüster Huawei aus dem südchinesischen Shenzhen bildet keine Ausnahme. Zwar ist der Hersteller ein Riese beim Verkauf seiner Mobiltelefone, der im vergangenen Jahr erstmals Platz eins im Verkaufsranking belegte, vor Samsung und all den anderen Alphatieren der Branche wie Apple oder Xiaomi. Doch eine Garantie, dass sich der Erfolg unaufhörlich fortsetzt, besteht für Huawei deswegen noch lange nicht.

Für Firmengründer Ren Zhengfei zählt die Suche nach erstklassigem Personal deswegen zu den größten Herausforderungen seines Unternehmens. Bei einer internen Tagung mit Forscher:innen und Entwickler:innen aus dem eigenen Haus adressierte Ren das Problem kürzlich ausführlich. “Unsere Vergütungspakete müssen sich an den internationalen Talentmärkten orientieren und über das lokale Niveau hinausgehen. Das ist notwendig, um die besten Mitarbeiter der Welt anzuziehen”, sagte Ren laut Tagungsprotokoll, das China.Table vorliegt.

“Unser Unternehmen befindet sich in einer kritischen Phase, was das strategische Überleben und die Entwicklung angeht”, sagte Ren. Seine Zukunft wird sich demnach auch über den Wettbewerb um die besten Ingenieure, Softwareexperten, Strategen und Analysten entscheiden. Um solch gefragten Mitarbeiter:innen ein angenehmes Umfeld zu bieten, will Huawei einen neuen Campus im Yangtse-Delta etablieren, mit Shanghai als Zentrum. Das Unternehmen setzt dabei auf den hohen Freizeit- und Erholungswert des Umlandes. “Die Region hat eine wunderschöne Landschaft. Sie ist ein großartiger Ort für Nicht-Chinesen zum Leben und Arbeiten”, sagte Ren.

Ein Campus “so international wie möglich”

Laut Protokoll schilderte der 77-Jährige vor seinen Angestellten detailliert, wie er sich das Profil des neuen Campus vorstellt. So international wie eben möglich, mag es der studierte Bauingenieur. “Wenn 700 oder 800 nicht-chinesische Wissenschaftler dort arbeiten, werden sie nicht das Gefühl haben, in einem fremden Land zu sein”, sagte er. Ob Ren damit die Präferenz seiner Zentralregierung bedient, scheint eher unwahrscheinlich zu sein. Peking möchte die Abhängigkeit der Volksrepublik von ausländischen Ressourcen minimieren. Dazu gehört auch das Personal.

Wichtig seien aber nicht nur die Forschungsstätten selbst, sondern vor allem auch die Freizeitmöglichkeiten, die das Unternehmen kreiert. Junge Leute seien heute anders als zu seiner Zeit, so der Huawei-Chef. “Sie haben genug zu essen und Kleidung, deshalb stellen sie ihre Interessen oder Hobbys über alles andere. Allein durch Beförderungen, persönliche Gehaltserhöhungen oder mehr Boni sind sie nicht mehr zu motivieren.”

Der Trend ist ein weltweiter. Bei Jobangeboten interessieren sich potenzielle Kandidat:innen außer für Geld und Karrierechancen zunehmend auch für die äußeren Umstände eines Arbeitsplatzes. Wer viel arbeitet, möchte sich währenddessen vor allem auch wohlfühlen. Auf dem Campus in Shanghai soll es deshalb zahlreiche Cafés geben, die alle vom Unternehmen gestaltet und eingerichtet werden. Huawei greift damit Prinzipien des Konzepts der New Work auf, in dem der Arbeitsplatz viele Alternativen für eine erholsame und gelöste Pause bietet. Deshalb ist auch ein See auf dem Campus geplant.

Forschung muss sich nicht sofort auszahlen

Ein wichtiger anderer Punkt, der bei der Tagung zur Sprache kam: theoretische Grundlagenforschung. China widme der experimentellen Wissenschaft viel Aufmerksamkeit, aber kaum der theoretischen Forschung, kritisierte Ren. Das Unternehmen dürfe nicht kurzsichtig sein und nur der Praktikabilität nachgehen. Stattdessen bräuchte es mehr Durchbrüche in der Theorie, insbesondere in Bereichen wie Halbleiter und Materialwissenschaften. “Hätten wir in den letzten zehn Jahren der Grundlagenforschung nicht so viel Aufmerksamkeit geschenkt, hätten wir nicht die riesige Menge an theoretischem und technischem Wissen erlangt, um die Schwierigkeiten zu überwinden, die durch die Beschränkungen und Blockaden durch die USA entstanden sind”, sagte Ren mit Bezug auf die Sanktionen der US-Regierung gegen Huawei. Durchaus zufrieden stellte der Firmengründer fest, dass man die Schwierigkeiten gut pariert habe.

Auf die Frage eines jungen Wissenschaftlers, wie sich durch langfristige Forschung auch eine kurzfristige Wertschöpfung ergeben kann, antwortete Ren, dass man dies nur arbeitsteilig erreichen könne: “Ich glaube nicht, dass Menschen, die Langzeitforschung betreiben, direkt für die geschäftliche Ernte verantwortlich sein müssen.” Stattdessen sollten sie sich nur auf die Erforschung grundlegender Theorien konzentrieren. Ren verglich die Grundlagenforschung der Huawei-Halbleitersparte dabei blumig mit dem Besteigen eines Berges: “Wir erlauben HiSilicon weiterhin den Himalaya zu erklimmen, aber die meisten unserer Mitarbeiter werden Kartoffeln anbauen und Schafe und Rinder am Fuße des Berges weiden lassen, um denjenigen, die den Berg besteigen, einen stetigen Nahrungsfluss zu bieten.”

Huawei will neue Standards etablieren

Ein Beispiel, bei dem sich die Grundlagenforschung schon bald auszahlen könnte, sei die Forschung zur 6G-Netzwerktechnologie. 6G könne durch die Integration von Kommunikation und Sensorik noch mehr Anwendungsszenarien und neue Netzwerkfähigkeiten zeigen. “Wir dürfen uns nicht durch Standards beschränken lassen, sondern müssen es wagen, unsere eigenen Wege zu gehen und de facto neue Standards etablieren”, fordert Ren.

Um selbst Standards zu setzen, plant Huawei noch mehr in neue Geschäftsbereiche vorzustoßen. Das könnten laut Ren zum Beispiel Automobile, elektrische Haushaltsgeräte, Wearables und Industriemaschinen sein.

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Termine

12.10.2021, 10:00 Uhr (16:00 Uhr Beijing Time)
Dezan Shira & Associates mit AHK Nordchina, Webinar: Preventing Occupational Fraud in a Time of Crisis Mehr

13.10.2021, 22:00 Uhr (14.10.2021, 04:00 Uhr Beijing Time)
Harvard Fairbank Center, Vortrag: Environment in Asia Lecture Series featuring Ruth Mostern – The Yellow River: A Natural and Unnatural History Mehr

13.10.2021, 17:00-18:00 Uhr (23:00-00:00 Uhr Beijing Time)
Rayliant Global Advisors, Webinar: Opportunity of the Decade or Irresponsible Gamble? A Careful Look at China Equities Mehr

13.10.2021, 10:00 Uhr (16:00 Uhr Beijing Time)
Dezan Shira & Associates, Webinar: Shenzhen and Hong Kong: Twin Cities in the Greater Bay Area Mehr

14.10.2021, 10:00-12:00 Uhr (16:00-18:00 Uhr Beijing Time)
EU SME Centre, Online Training: Best practices of European SME’s exporting to China during and after Covid-19: Lessons from business who navigated through the crisis imposed by this pandemic Mehr

15.10.2021, 17:15-18:30 Uhr (23:15 Uhr Beijing Time)
Harvard Fairbank Center, Diskussionsrunde: The Future of Africa-China Engagement/Relations

News

Wanderarbeiter sollen Städtern gleichgestellt werden

Ein ranghoher Berater der chinesischen Zentralbank People’s Bank of China (PBoC) hat gefordert, dass Wanderarbeiter in den chinesischen Städten den vollen Zugang zu lokalen Regierungsdienstleitungen erhalten sollten. Cai Fang, ein Mitglied des geldpolitischen Ausschusses der PBoC, sagte in einer online veröffentlichten Rede, dass der Zugang zum Hukou-System in den Städten für Wanderarbeiter den Konsum um bis zu 30 Prozent steigern würde. Dies würde laut einer Studie auch helfen, die Zahl der Menschen mit mittlerem Einkommen zu verdoppeln, berichtete Bloomberg am Donnerstag.

Das chinesische Haushaltsregistrierungssystem Hukou steht derzeit dem Wachstum der Volksrepublik im Weg. Nur wer den Status eines Stadtbewohners von Geburt an hat, bekommt bisher auch Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen wie Schulplätzen, Krankenhausbesuchen oder zu Rentenzahlungen. Reformen sind seit einigen Jahren von der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission auf den Weg gebracht worden. Sie scheinen jedoch nicht schnell genug zu greifen. Auch die von Peking vorangetriebene Erhöhung der Urbanisierungsrate birgt Risiken einer “mittleren Einkommensfalle” (China.Table berichtete).

Präsident Xi Jinping rief erst im August dazu auf, Chinas Bevölkerung mit mittlerem Einkommen als Teil der Bemühungen um “gemeinsamen Wohlstand” zu vergrößern. Laut Berechnungen von chinesischen Ökonomen muss dafür die Zahl der Menschen mit mittlerem Einkommen, derzeit rund 400 Millionen Menschen, verdoppelt werden.

Schon in seiner Doktorarbeit hatte Xi die Überarbeitung des Hukou-Systems zu einem zentralen politischen Ziel erklärt. Ende 2019 hatte der Staatsrat zugesagt, das System in Städten mit drei bis fünf Millionen Einwohnern zu lockern und für Megastädte wie Peking und Shanghai die Registrierung für Zugezogene zu vereinfachen. Chinas Urbanisierungsrate ist seit den 60er-Jahren von etwa 20 Prozent auf knapp 60 Prozent bis Ende 2018 gestiegen. niw

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CIA richtet China-Zentrum ein

Der Auslandsgeheimdienst der USA (CIA) hat die Einrichtung eines neuen China-Zentrums angekündigt. Das China Mission Center “wird unsere gemeinsame Arbeit an der wichtigsten geopolitischen Bedrohung, die uns im 21. Jahrhundert entgegensteht, nämlich eine zunehmend feindlich gesinnte chinesische Regierung, stärken”, erklärte CIA-Direktor William Burns in einer Mitteilung, wie Reuters berichtete.

Die Einsatzzentren sind eigenständige Einheiten, die Ressourcen aus der gesamten CIA nutzen. Solche Einheiten gibt es bereits für Spionageabwehr, Terrorismusbekämpfung und den Nahen Osten. Burns sagte, das Missionszentrum werde dazu beitragen, die bisherige Arbeit des Geheimdienstes über China zusammenzuführen.

Burns hatte bereits bei Bestätigungsanhörung im US-Senat im Februar China als eine seiner Prioritäten festgelegt. Der erfahrene Diplomat nannte Chinas “feindliche, räuberische Führung” die größte Bedrohung für die USA und sagte, Pekings Ziel sei es, “die Vereinigten Staaten als mächtigste und einflussreichste Nation der Welt abzulösen”. ari

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Huawei eröffnet Innovationszentrum in Helsinki

Der chinesische Telekommunikationsausrüster Huawei hat ein Innovationszentrum in Finnland eröffnet. Im Digital Finance and Security Innovation Lab (Fin²Sec) in Helsinki sollen Medienberichten zufolge Innovationen im Zusammenhang mit Partnern vor Ort entwickelt werden. Der Fokus liegt dabei auf der Digitalisierung von Bank-, Finanz- und Zahlungsdiensten in Europa, wie der Tech-Blog Gizmo China berichtete. Huawei kooperiert dazu demnach unter anderem mit der Aalto-Universität, der Universität Helsinki und weiteren Partnern wie Banken und Fintechs aus ganz Europa. In dem Lab sollen nicht nur neue Konzepte entwickelt, sondern auch Erfahrungen und Herausforderungen ausgetauscht werden, sagte Adam Rybusiewicz von Huawei dem Bericht zufolge.

Für Huawei ist die Einrichtung des Zentrums ein seltener Erfolg im Baltikum. Die Länder dort sind dem chinesischen Konzern gegenüber eher skeptisch eingestellt. Das finnische Parlament hatte im Dezember ein Gesetz verabschiedet, das es Behörden ermöglichen würde, die Verwendung von Telekommunikationsnetzgeräten zu verbieten, wenn sie “schwerwiegende Gründe für den Verdacht haben, dass die Verwendung des Geräts die nationale Sicherheit oder Landesverteidigung gefährdet”.
Im Gegensatz zu seinem Nachbarn Schweden hat Finnland bisher keinen Anbieter aufgrund seines Herkunftslandes verboten und nannte auch Huawei oder ZTE nicht namentlich. Finnland ist allerdings die Heimat von Nokia, einem der wichtigsten Mitwettbewerber. ari

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  • Kommunikation
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Steigende Nachfrage nach Lithium

Aufgrund von steigender Nachfrage nach E-Auto-Batterien ist der Preis für Rohstoffe weltweit gestiegen. So ist der Preis für Lithium, das ein elementarer Bestandteil von Batterien für E-Autos und Smartphones ist, zuletzt stark nach oben gegangen. Laut dem Benchmark Mineral Intelligence Index für Lithiumcarbonat und -hydroxid haben sich die Preise im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt, wie Bloomberg berichtete. Die Nachfrage nach Materialien, die in Elektroautos und erneuerbaren Energiespeichern verwendet werden, ist demnach sprunghaft angestiegen.

Abbau-Unternehmen versuchten zwar, das Angebot zu erhöhen. Das reiche aber nicht aus, um den Verbrauch zu decken, hieß es weiter in dem Bericht. “Die Kosten von Zellen sind ein wichtiger Preisfaktor für Batterien. Und Rohmaterialien wie Lithium, Kobalt und Nickel machen immer noch 50 Prozent der Kosten aus”, sagte Christophe Pillot, Chef der französischen Energieberatung Avicenne, Ende September auf einer Konferenz der Branche.

Lagen die Preise für Lithium vor gut einem Jahr noch auf Tiefstmarken, sind sie seit Ende September nun auf ein Rekordhoch gestiegen. So wurde an den Spotmärkten in China, wo kurzfristige Lieferverträge abgeschlossen werden, ein neuer Rekordpreis von 182 Yuan (etwa 24 Euro) pro Kilogramm Lithiumcarbonat erreicht.

Aufgrund des Anstiegs der Rohstoffpreise prognostiziert Bloomberg, dass die Batteriepreise im Jahr 2021 erstmals seit langer Zeit nicht fallen werden. Lithium-Ionen-Batterien könnten durch die starke Nachfrage teurer werden und dadurch die Preise von E-Autos in die Höhe treiben, so Experten. Laut Bloomberg NEF wird sich der weltweite Lithiumverbrauch bis Ende dieses Jahrzehnts verfünffachen. niw

  • Autoindustrie

Facebook-Whistleblowerin: Überwachung von Uiguren

Die Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen hat bei einer Aussage nahegelegt, dass China Facebook nutze, um Uiguren im Ausland zu überwachen. Die ehemalige Produktmanagerin verwies vor dem Unterausschuss für Verbraucherschutz des US-Senats auf Spionage durch die Volksrepublik, wie CNN berichtete. Auf die Frage eines Senators, ob Facebook von “autoritären oder terroristischen Führungen” weltweit genutzt werde, antwortete Haugen, dass das “definitiv” der Fall sei und sich Facebook dessen “sehr bewusst” sei, heißt es in dem Bericht. Ihr Team habe direkt daran mitgearbeitet, chinesische Beteiligungen in dem Netzwerk zu verfolgen “und beispielsweise die uigurische Bevölkerung an Orten auf der ganzen Welt zu überwachen”, so Haugen.

Bereits im März hatten dem Bericht zufolge Sicherheitsmitarbeiter von Facebook bekannt gegeben, dass chinesische Hacker uigurische Aktivisten und Journalisten, die außerhalb Xinjiangs und der Volksrepublik leben, mit gefälschten Facebook-Konten und Malware ins Visier genommen hatten. Whistleblowerin Haugen machte “eine konsequente Unterbesetzung der (Facebook-)Spionage-Operation” verantwortlich und kündigte an, auch mit anderen Teilen des US-Kongresses darüber zu sprechen.

Haugen hatte bei Google, Pinterest, Yelp und schließlich rund zwei Jahre bei Facebook gearbeitet, zuletzt in der Abteilung für Spionageabwehr. Aus Frustration darüber, dass Facebook bei jeder Entscheidung den eigenen Profit über das Allgemeinwohl gestellt habe, habe sie umfangreiche Dokumente gesammelt, die allen Facebook-Mitarbeitern zugänglich waren und diese dann dem Wall Street Journal übergeben. ari

  • Facebook
  • Menschenrechte
  • Technologie
  • USA
  • Xinjiang

AsiaBerlin Summit 2021

4. – 10. Oktober
Organisiert vom Berliner Senat & Asia Berlin Forum e.V.

Der AsiaBerlin Summit 2021 findet hybrid statt – in Berlin und im Netz. Vom 4. bis zum 10. Oktober tauschen sich Experten und Interessierte über die Start-up-Ökosysteme Asiens und Europas aus. Table.Media fasst den Tag zusammen:

Das Satellite Event “Trends and Best Practices in urban tech, green tech, mobility, advanced materials, and design cooperation between Berlin & China” setzte sich zum Ziel, Best Practices aus verschiedenen Industrien in China zu erörtern. Vier Networking-Projekte des Berliner Senats gestalteten die Reihe: Cooperation Network Berlin & China, Exploasia, the Assembly and BeCan (Berlin Chinesisches Automotive Netzwerk). Der Fokus lag auf den Themen Markteintritt, Patente und Urheberrecht – ein Workshop nahm sich dem Thema Design und E-Mobiltät im Zeitalter digitaler Transformation an.

Anbei finden Sie eine Auswahl des Programms für heute, hier können sich für einzelne Veranstaltungen registrieren. Der Veranstaltungsort ist, wenn nicht anders angegeben, das Spielfeld digitalHub, Skalitzer Str. 85/86, 10997 Berlin. Der hybride Summit nutzt die Brella App. Unter diesem Link können sie dort nach der Registrierung teilnehmen.

Der Summit bietet über das Wochenende auch geführte Touren in Museen und Ausstellungen an. Alle weiteren Informationen finden Sie auf der Website von Asia Berlin.

EINE AUSWAHL AUS DEM PROGRAMM HEUTE

10:00 – 12:00 AM SATELLITE EVENT: Connecting Berlin – Beijing: Cross-city startups, Beijing-Berlin Ecosystem Exchanges – An Overview, Speaker: Sandra Schulze (Berlin Partner), Yiran Li (Berlin Rep Office in Beijing), Till Ammelburg (TechCode) – Berlin-Beijing cross-border startup teams, Speaker: Hans Uszkoreit (Giance), Han Xiao (Jina AI) – Panel Trends in Ecosystem Exchanges, Speaker: Han Xiao (Jina AI), Hans Uszkoreit (Giance)
Yasemine Cilt (Startup Grind, Community Manager of APAC & Middle East), Tim Luan (Innoway Beijing), Till Ammelburg (Moderator)
TechCode Karl-Liebknecht-Str. 5, 10178 Berlin

02:00 PM: Asia Berlin Blockchain Summit | Panel: Data ownership, SSI and central control, Speaker: Kamal Laungani (Affindi), Diksha Dutta (AsiaBerlin), Joachim Lohkamp  (Jocolom), Bruce Pon (Ocean Protocol), Marvin Tong (Phala Netwok) SPIELFELD STAGE 1

03:00 PM: Asia Berlin Blockchain Summit: Panel: CBDCs Europe and Asia (+DCEP), Speaker: Xiaocheng Zhang (AWS), Shermin Voshmgir (Token Kitchen), Philipp Sandner ( Frankfurt School Blockchain Center), Dr. Oriol Caudevilla (CBDC) SPIELFELD STAGE 1

Presseschau

Hong Kong plans megacourt to deal with protest arrests backlog THE GUARDIAN
Tariffs on China Are Destructive and They Are Here to Stay BLOOMBERG
China’s Power Crunch Exposes Tensions Ahead of Key U.N. Climate Summit New York Times (PAY)
Nuclear submarines will not deter China from conflict with Taiwan, but Australia has an alternative arsenal THE GUARDIAN
Yang-Sullivan meeting showcases positive signals, major divergence GLOBAL TIMES (STAATSMEDIUM)
“Ping-Pong-Diplomatie” zwischen Peking und Tokio? FAZ
Spannungen im Pazifik: Biden nimmt einen neuen Anlauf mit China SUEDDEUTSCHE
Evergrande, Greenland & Co.: Diese zehn chinesischen Firmen haben zusammen über zwei Billionen Dollar Schulden HANDELSBLATT
Wirtschaftshistoriker: “China ist nicht mehr zu bremsen” WIWO
Alibaba, Tencent und Co: Starker Anstieg bei China-Aktien AKTIONÄR

Standpunkt

Xi – Ein Mann sieht Rot

Von Johnny Erling
Johnny Erling zu Xi Jinpings Farbwahl "rot".

Die Volksrepublik China hat sich wie andere sozialistische Staaten an die Symbolfarbe rot (红色) gewöhnt. Doch Parteichef Xi Jinping will mit frischem Schwung den revolutionären Anstrich für seine Partei und die Gesellschaft nun noch dicker auftragen. Nur wenn die Jugend mit “roten Genen” aufwächst, würde China “nie seine Farbe wechseln”.

Kurz vor dem Ende November in Peking tagenden ZK-Plenum, der letzten richtungsweisenden großen Parteikonferenz für den im kommenden Herbst bevorstehenden Wahlparteitag, bringt Xi Jinpings Partei, Land und Leute ideologisch auf Vordermann. Zugleich lässt er China marktwirtschaftlich zurückrudern. Der Parteichef setzt alles daran, um 2022 seine zehnjährige Herrschaft über China verlängern zu können. Das ganze Land müsse noch röter werden: “Bei den Babys fangen wir an.”   

Eigentlich fällt die Kennzeichnung “rot” unter die Gruppe von Adjektiven, die im deutschen Sprachgebrauch als nicht steigerungsfähig angesehen werden. In China ist das anders. Vergangene Woche druckte das vom ZK herausgegebene Theorie-Magazin der Partei “Quishi” zum Nationalfeiertag eine unveröffentlichte Rede von Xi vor seinem Politbüro: Darin wiederholt er 22-mal das Wort “rot” und verbindet es mit mehr als einem halben Dutzend Begriffen. Von der roten Kultur, den roten Nachfolgern, roten Ressourcen, roten Denkmäler, roten Idealen, roten Genen bis zum roten Land. (红色文化  红色血脉  红色资源  红色旧址 红色理想 红色基因 红色江山).

Xi hielt seine interne Ansprache am 25. Juni, eine Woche vor den in Peking pompös inszenierten 100-Jahr-Feiern zur Gründung der KP-China. Als erstes belehrt er die höchsten Funktionäre des Landes mit einer Binsenweisheit: “Rot ist die am frischesten strahlende, grundlegende Farbe der Kommunistischen Partei Chinas und der Volksrepublik. In unserem riesigen Land sind überall rote Ressourcen verstreut.” Damit meint er Museen, Denkmäler oder Plätze, die an die Jahrzehnte dauernde Revolution der Partei bis zu ihrem Sieg und Gründung der Volksrepublik erinnern sollen. “Diese Ressourcen müssen Wallfahrtsorte zur ideologischen und patriotischen Erziehung der Jugend werden, damit sich die roten Gene von Generation zu Generation fortpflanzen. So würde garantiert, dass unser rotes Land niemals seine Farbe wechselt.”  (把红色基因传承好,确保红色江山永不变色.)  

Dazu ermahnt er seine engsten Mitstreiter: “Ich habe Euch immer wieder gesagt, dass revolutionäre Ideale höher als der Himmel reichen,” und verlangt von ihnen, ebenso ideologisch zu denken, wie er es tut: “Rote Arterien zu haben ist der konzentrierte Ausdruck des politischen Wesens der KP-Chinas und die Quelle unserer spirituellen Kraft”.  

Auf seinen Reisen durchs Land inspizierte Xi seit Amtsantritt 2012 auch immer wieder die historischen Gedenkorte der Revolution. Vom Gedenken zeigte er sich in “seiner Seele erschüttert”. Die Zeitschrift Qiushi wählte vergangenen Juni von diesen Besuchen 32 entsprechende Zitate Xis aus. Darunter spricht er auch über sein “Projekt zur Weitergabe der roten Gene von einer Generation zur Anderen,” (红色基因代代传”工程). Die Partei könne nicht früh genug mit patriotischer Erziehung der Jugend starten. “Revolutionäre traditionelle Erziehung muss bei den Babys beginnen, damit die roten Gene ins Blut eindringen.”(革命传统教育要从娃娃抓起, 使红色基因渗进血液).  

Am 25. November 1968 erschien eine Briefmarke, die selbst Maos kulturrevolutionärem China zu rot war. “Das ganze Land ist rot” stand auf der Marke, die aber die Insel Taiwan als weißen Fleck und die von Peking beanspruchten Inseln im Südchinesischen Meer gar nicht zeigten. Die Marke wurde sofort eingezogen. Sie ist heute die allergrößte Rarität. Auf einer Hongkonger Auktion wurde für das obige Paar 1,725 Millionen HK-Dollar gezahlt. 

Nur zu Zeiten der Herrschaft Maos ging Peking noch inflationärer mit der Symbolfarbe Rot um. Der Große Vorsitzende ließ sich als “Rote Sonne” preisen, sein Volk das Lied “Der Osten ist Rot” singen und entfesselte die Roten Garden.

Zur Groteske des roten Wahns wurde am 25. November 1968 eine zu Ehren von Maos Kulturrevolution herausgegebene Sonderbriefmarke mit der Aufschrift: “Das ganze Land ist Rot”. Sie zeigte ein in seinen Grenzen komplett rot gefärbtes China. Die Marke wurde Stunden nach ihrer Ausgabe zurückgezogen, weil die Insel Taiwan auf ihr weiß eingezeichnet und die von Peking territorial beanspruchten Inseln im Südchinesischen Meer gar nicht markiert waren. Der Sinologe, Journalist und Experte für Mao-Memorabilien, Helmut Opletal, schätzt, dass nur wenige hundert Exemplare in Umlauf kamen. Als wertvollste Rarität der chinesischen Philatelie erzielen die Marken heute fantastische Preise.  

Auf der Briefmarke schwenken die Kulturrevolutionäre das kleine rote Buch Maos mit den “Worten des Vorsitzenden”, auch als Rote Mao-Bibel bekannt. Xi Jinping musste für das Buch seiner Worte daher eine andere Farbe finden. 2017 erschien sein erster Sammelband unter dem Titel: “Lernt von Xis Goldenen Sätzen”. Seither sind weitere “Goldene Sätze Bücher” erschienen.   

Die Überflutung Chinas mit roter Propaganda ist von Xi nicht etwa zu dick aufgetragener Tünche, nur, um die Alleinherrschaft der Partei zu legitimieren. Es ist auch ein Schachzug, um den ideologischen Überbau zu erhalten, mit dem er Chinas Wirtschaftsweise wieder in sozialistische Richtung lenken kann. Sein jüngstes Plädoyer für eine Politik des gleich verteilten Wohlstandes, Pekings Förderung von Staatsunternehmen und die spektakulären Feldzüge gegen wirtschaftliche Monopole, Macht und Einfluss in privater Hand weisen alle in die gleiche Richtung. Der britische “Economist” nannte es in seiner jüngsten Ausgabe: “Chinas neue Realität”, oder “Xis Zähmung des Kapitalismus.” 

Xi Jinpings "Lernt von Xis Goldenen Sätzen"
Inspiriert von der berühmten Roten Mao-Bibel  (Worte des Vorsitzenden Mao) ließ auch Xi Jinping ausgewählte Zitate aus seinen Werken veröffentlichen. Er ließ sie allerdings anders nennen: “Lernt von Xis Goldenen Sätzen” heißt der Titel von Band 1, der 2017 im Parteiverlag erschien.

Der Parteichef hat nie verhehlt, dass er kein pragmatischer Wirtschaftsreformer, sondern ein Nationalist und Überzeugungstäter ist, der die Absicht verfolgt, Wirtschaft, Gesellschaft und Ideologie – zwar in chinesischer Weise – aber sozialistisch umzumodeln, um seine Nation zum Weltreich zu machen. Nur wollten das viele im Westen nicht wahrhaben. Nach seiner Wahl zum Parteichef sagte er in der Antrittsrede vor dem neuen Zentralkomitee am 5. Januar 2013: “In diesen Jahren wird im In- und Ausland immer wieder angezweifelt, ob das, was wir tun, noch sozialistisch ist. Manche nennen unser System einen vom Kapital geprägten Sozialismus, einen Staatskapitalismus oder neuen bürokratischen Kapitalismus. (资本社会主义,   国家资本主义 , 新官僚资本主义). Sie liegen damit total falsch.”    

In seiner jüngsten zum 1. Oktober abgedruckten Rede sagte Xi: “Wir tragen den Namen ‘Kommunistische Partei’ und erkennen damit die Ideale des Kommunismus als die unseren an (…) Unsere Partei ist seit mehr als 70 Jahre an der Macht und wird das noch für lange Zeit sein.” Xi ist sich treu geblieben. Er ist ein Mann, der Rot sieht.   

  • KP Chinas
  • Xi Jinping

Personalien

Christopher Laskowski ist neuer Asien-Investmentbanking Chef von Jefferies Financial Group. Laskowski hat zuletzt bei MSA Capital in Hongkong gearbeitet, nachdem er Anfang des Jahres die US-Bank Citigroup nach mehr als zwei Jahrzehnten verlassen hatte. Er war bei Citi unter anderem als Chief Operating Officer des Asien-Pazifik-Geschäfts und des Investmentbanking-Bereichs tätig.

Dessert

Die freien Tage der Golden Week bieten Zeit für die unterschiedlichsten Dinge: Während ein Brautpaar für Fotos in Peking posiert, ist die Gruppe Touristen daneben mit den eigenen Urlaubs-Schnappschüssen auf dem Smartphone beschäftigt. Heute geht die “Goldene Woche” allerdings zu Ende – nun steht wieder die Arbeit an.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Wie nachhaltig sind EZB und People’s Bank of China?
    • Huawei zielt auf mehr internationales Personal
    • Termine der Woche
    • Mehr Hukou-Rechte für Wanderarbeiter
    • CIA rückt China in den Fokus
    • Huawei forscht in Finnland nach Innovationen
    • Nachfrage nach Lithium steigt
    • Facebook-Whistleblowerin berichtet von Überwachung von Uiguren
    • Programm des AsiaBerlin Summit am Freitag
    • Kolumne: Johnny Erling über Xi Jinpings politische Lieblingsfarbe
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Das Problem ist bekannt: Sowohl EZB-Chefin Christine Lagarde, als auch ihr chinesischer Kollege Yi Gang von der People´s Bank of China wissen um die Verantwortung der Zentralbanken im Kampf gegen den Klimawandel. Nico Beckert analysiert, was die EZB und die PBoC sich auf den Fahrplan geschrieben haben, um den grünen Umbau der Wirtschaft mitzugestalten. Chinas Zentralbank kann beim Klimaschutz enger mit dem Staat zusammenarbeiten als westliche Zentralbanken. Doch die PBoC dient Peking auch für wirtschaftliche Ziele und steckt Milliarden in die Kohleindustrie. Die EZB hingegen steht vor einem anderen Dilemma: Sie ist nicht demokratisch legitimiert und darf kaum eigenständig klimapolitisch tätig werden.

    Huaweis Gründer Ren Zhengfei will mehr Talente aus dem Ausland anwerben, um auch in neuen Geschäftsbereichen wie Haushaltsgeräten, Wearables und Industriemaschinen die Standards von morgen setzen zu können. Was er alles auf einem Campus nahe Shanghai plant, damit sich Spitzenmanager aus dem Ausland wohlfühlen, hat sich Frank Sieren in einem internen Memo von Huawei angeschaut.

    Das ganze Land ist während der Golden-Week-Feiertage derzeit auf Rot getrimmt. Fähnchen an jeder Straßenecke, überall rote Blumendeko. Zum Nationalfeiertag hielt Staats- und Parteichef Xi Jinping eine Rede vor seinem Politbüro. Und auch darin kam die Farbe vor: von der roten Kultur, den roten Nachfolgern, roten Ressourcen, roten Denkmälern, roten Idealen, roten Genen bis zum roten Land. Warum Xi seinen ersten Sammelband aber nicht die “Rote Xi-Bibel”, sondern “Lernt von Xis Goldenen Sätzen” nannte, hat Johnny Erling in seiner Kolumne aufgeschrieben.   

    Ich wünsche Ihnen ein goldenes Herbstwochenende!

    Ihre
    Ning Wang
    Bild von Ning  Wang

    Analyse

    Zentralbanken bei Klimakrise in der Zwickmühle

    Die nächste Weltklimakonferenz Anfang November in Glasgow rückt immer näher. Die Vereinten Nationen stellten jüngst in einer Studie fest, “dass sich die Welt auf einem katastrophalen Weg” zu “einer Erwärmung von 2,7 Grad befindet”. Das Finanzwesen spielt eine entscheidende Rolle bei diesem Thema.

    Die weltweit größten Banken haben selbst nach dem Beschluss des Pariser Klimaabkommens weiterhin Milliarden-Summen in fossile Energieträger investiert oder dem Sektor durch Underwriting bei Investitionen geholfen. Und diese Investitionen gefährden die Stabilität des Finanzwesens. Deswegen ist die Klimakrise auch ein Thema der Zentralbanken. Die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, nannte den Klimawandel die “größte Herausforderung, die wir zu bewältigen haben”. Der Klimawandel wirkt sich auf das “vorrangige Ziel” der EZB, “die Preisstabilität” aus, so die Französin.

    Ihr chinesischer Kollege Yi Gang von der People’s Bank of China (PBoC) drängt dazu, “die potenziellen Auswirkungen des Klimawandels auf die Finanzstabilität zu bewerten.” Der Zeitraum, in dem die Volksrepublik die CO2-Neutralität erreichen wolle, sei kürzer als der der EU oder der USA, so Yi. “Die Zeit ist kürzer und die Kurve für China viel steiler. Das bedeutet, dass unsere Finanzinstitute großen Risiken ausgesetzt sind und sofort mit ihrem ‘grünen Übergang’ beginnen sollten”, mahnte der Chef der PBoC. Denn je länger die chinesischen Banken Kredite an fossile Industrien geben, desto größer wird das Risiko, dass Unternehmen diese Kredite nicht zurückzahlen können, wenn ihr fossiles Geschäftsmodell in Zukunft aufgrund klimapolitischer Maßnahmen nicht mehr tragbar ist.

    Den Risiken des grünen Wandels müssten vor allem im Zusammenhang mit fossilen Brennstoffen größere Aufmerksamkeit geschenkt werden, betonte Yi. “Chinas Finanzinstitute haben stark in CO2-intensive Vermögenswerte investiert, und das Risiko einer durch den grünen Übergang verursachten Preisanpassung von Vermögenswerten muss genau überwacht werden.” Übersetzt heißt das: Wenn die Banken nicht schnell beginnen, weniger Kredite an fossile Unternehmen zu vergeben, steigt ihr Kreditrisiko immer weiter an. Denn die fossilen Unternehmen werden ihre Geschäftsgrundlage verlieren. Wenn China beispielsweise den Ausstieg aus der Kohle forciert, müssen Betreiber von Kohlekraftwerken ihr Vermögen abschreiben – mit gravierenden Folgen für Banken, die auf Krediten sitzen bleiben. Yi warnt deswegen vor “Kreditrisiken, die unser gesamtes Finanzsystem untergraben“.

    Problembewusstsein gibt es in der PBoC und der EZB – doch die Zentralbanken befinden sich auch in einem Spannungsfeld. Die EZB ist nicht demokratisch legitimiert, selbstständig große klimapolitische Entscheidungen zu treffen. Die chinesische Zentralbank hingegen dient dem Staat als Werkzeug, um auch wirtschaftspolitische Entscheidungen zu treffen. Und dazu gehört die Förderung klimaschädlicher Sektoren wie der Kohleindustrie.

    Chinas Zentralbank – Grüne Finanzierungen, aber auch Geld für Kohle

    Chinas Zentralbank arbeitet enger mit der Regierung zusammen als westliche Zentralbanken und hat so die Möglichkeit, die Regierung in der Umsetzung der Klimaziele effektiver zu unterstützen.

    Die Zentralbank Chinas:

    • hat kürzlich Instrumente eingeführt, um chinesische Banken bei der Vergabe grüner Kredite finanziell zu unterstützen. Unternehmen sollen vergünstigte Kredite erhalten, wenn sie in emissionsmindernde Maßnahmen investieren wollen. Chinas Zentralbank ist nach der japanischen die zweite Zentralbank der Welt, die so ein Instrument eingeführt hat.
    • zahlt Banken leicht höhere Zinsen auf ihre Zentralbankreserven, wenn die Zentralbank die Finanzinstitute als “grün” einschätzt. Seit Sommer 2021 erfasst die Zentralbank zudem den Anteil grüner Anleihen an den Gesamtaktiva der 24 größten chinesischen Banken. Auch die jährliche Veränderung des Gesamtwerts der von den Banken gehaltenen grünen Anleihen wird erfasst. Diese Maßnahmen sollen Anreize schaffen, damit Banken die Kreditvergabe für nachhaltige Investitionen erhöhen.
    • plant neue Vorschriften zur Offenlegung klimarelevanter Informationen (China.Table berichtete) und Klimastresstests für Banken.

    Gleichzeitig hat die PBoC im August vorgeschlagen, in Zukunft “den Umfang der Kreditvergabe für Projekte mit hohem Energieverbrauch und hohen Emissionen streng zu kontrollieren“. Die Zentralbank nennt jedoch keine Details, wie sehr die Kreditvergabe an Unternehmen aus dem fossilen Sektor beschränkt werden soll.

    Zudem gab es bereits in der Vergangenheit ähnliche Vorschläge. Schon 2012 kündigte die Regierung an, die Kreditvergabe an energieintensive Industrien und Sektoren mit hohen Emissionen “streng einzuschränken“.

    Passiert ist seitdem aber wenig. Denn die Zentralbank Chinas befördert nicht nur die Klimaziele Pekings. Sie unterstützt die Regierung auch in der Umsetzung der Wirtschaftspolitik. In Reaktion auf die Pandemie erhöhte die Zentralbank die Geldmenge und legte vergünstigte Kreditprogramme auf. Jüngst hat Chinas Regierung angeordnet, dass die staatlichen Banken neue Kredite an Betreiber von Kohlekraftwerken und -minen geben sollen, um die Energiekrise Chinas zu überwinden (China.Table berichtete).

    EZB – viele Vorhaben und Vorsicht bei grüner Geldpolitik

    Die EZB hat im Juli einen “Aktionsplan zur Berücksichtigung des Klimawandels in ihrer geldpolitischen Strategie” vorgestellt. Sie hat unter anderem folgende Maßnahmen angekündigt, die “mit dem Ziel der Preisstabilität in Einklang stehen”:

    Die Europäische Zentralbank:

    • will Klimaüberlegungen beim Ankauf von Unternehmensanleihen berücksichtigen. Die Unternehmen, deren Anleihen die EZB ankauft, sollen sich beispielsweise zur Einhaltung der Pariser Klimaziele verpflichtet haben.
    • plant eine Überprüfung bei der Bewertung der Vermögenswerte, die Banken als Sicherheiten bei der Zentralbank hinterlegen. Bei dieser Überprüfung des Bewertungsrahmens sollen Klimarisiken berücksichtigt werden.
    • plant, den Banken neue Transparenzpflichten zu den Klimarisiken ihrer Vermögenswerte, beispielsweise Kredite und Anleihen, aufzuerlegen. Die Transparenzpflichten sollen als Grundlage für die Entscheidung dienen, ob Bank-Vermögenswerte als Sicherheiten bei der EZB infrage kommen oder inwiefern bestimmte, mit mehr Klimarisiken behaftete Vermögenswerte bei der Einschätzung als Zentralbank-Sicherheiten anders behandelt werden. Einen detaillierten Plan darüber will die EZB im Jahr 2022 vorlegen. Da Banken ein großes Interesse haben, Vermögenswerte zu halten, die als wertvolle Sicherheiten dienen, könnte ein solches Vorgehen die Vergabe von Krediten an fossile Unternehmen verringern.
    • will Wissenslücken schließen und Daten erheben – beispielsweise zum CO2-Fußabdruck von Finanzinstituten und inwiefern die Vermögenswerte der Banken Klimarisiken ausgesetzt sind.
    • plant, ab 2022 Klimastresstests der nationalen Zentralbanken des Eurosystems durchzuführen.
    • will sicherstellen, dass Ratingagenturen die Risiken des Klimawandels in ihren Ratings adäquat berücksichtigen.

    Vorsichtiges Lob für EZB – Tadel für die PBoC

    Mauricio Vargas, Finanzexperte bei Greenpeace, begrüßt “das klare Bekenntnis der EZB, den Kampf gegen die Klimakrise ernst zu nehmen”. In den Details blieben die Beschlüsse jedoch sehr vage. Vargas fordert, dass die EZB in ihren Anleihekaufprogrammen fossile Energieunternehmen ausschließt, “die in die Erschließung neuer fossiler Energieprojekte investieren”.

    Ernest Urtasun, spanisches Mitglied der Fraktion Grüne/EFA im Europaparlament, sieht die Klimastrategie als “guten ersten Schritt”. Es mangele den Plänen jedoch an “Ehrgeiz und Gespür für die Dringlichkeit” der Klimakrise. Die EZB ergreife keine Maßnahmen “gegen die Kreditvergabe an die Kohlenstoffwirtschaft, die die Klimakrise beschleunigt”, kritisiert Urtasun.

    Paul Schreiber, Campaigner bei Reclaim Finance kritisiert, dass die EZB-Maßnahmen zu sehr auf die Erfassung von Klimarisiken beschränkt bleiben. Vor allem bei den Sicherheiten, die Banken bei der Zentralbank hinterlegen müssen, sei es problematisch, dass die EZB keine weiteren Maßnahmen zur Dekarbonisierung der Sicherheiten vorschlägt.

    Auch die Reformen beim Ankauf von Firmenanleihen kritisiert Reclaim Finance. Eine bloße Verpflichtung der Unternehmen zu den Pariser Klimazielen reiche nicht aus. Es sei keine Kontrolle gegeben, ob die Unternehmen die Klimaziele auch in ihrem täglichen Geschäft umsetzen. Die Anpassungen bei den Ankäufen von Firmenanleihen seien zudem erst für 2023 geplant und kämen viel zu spät, kritisiert die NGO.

    Die vermeintlich grünen Reformen von Chinas Zentralbank werden hingegen kritisiert, weil sie auf der anderen Seite weiterhin massiv Geld in die Kohleindustrie des Landes pumpt. Nach der Corona-Pandemie vergab sie vergünstigte Kredite, um die Wirtschaft anzukurbeln. Dabei flossen auch immense Investitionen in neue Kohlekraftwerke, kritisiert die NGO Oil Change International. Die Organisation hat die Maßnahmen der Zentralbanken in einem Bericht verglichen und hält die Eingriffe der PBoC zum Klimaschutz für nicht ausreichend. Auch fehlende Transparenz wurde bemängelt: Chinas Devisenreserven – die größten der Welt – seien “wahrscheinlich auf fossile Brennstoffe ausgerichtet”, schreibt die Organisation. Allerdings lägen nur wenige Informationen dazu vor (China.Table berichtete).

    Zentralbanken in der Zwickmühle

    Die Zentralbanken verfügen zwar über Instrumente, die Kreditvergabe an fossile Industrien zu verteuern. Doch bisher machen sie noch recht sparsam davon Gebrauch. In China unterstützt die Zentralbank die Wirtschaftspolitik der Regierung viel aktiver. Das Land ist noch immer sehr stark von fossil erzeugter Energie abhängig, sodass die Zentralregierung und die Zentralbank die Transformation der Wirtschaft vorsichtig vorantreiben müssen, wenn sie das Wachstum nicht gefährden wollen.

    Die EZB wiederum ist eine unabhängige Zentralbank. Ihr Mandat sieht die Erhaltung der Preisstabilität und die Unterstützung der Wirtschaftspolitik der EU vor. Im EZB-Rat ist es umstritten, inwieweit Klimapolitik zu den Aufgaben der Zentralbank gehört.

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    Huawei will ausländisches Spitzenpersonal

    Dem globalen Kampf um Talente werden auch chinesische Unternehmen nicht aus dem Weg gehen können. Wer nach oben will oder dort bleiben möchte, benötigt hochqualifizierte Mitarbeiter:innen – innovativ, kreativ, dynamisch. Der Netzwerkausrüster Huawei aus dem südchinesischen Shenzhen bildet keine Ausnahme. Zwar ist der Hersteller ein Riese beim Verkauf seiner Mobiltelefone, der im vergangenen Jahr erstmals Platz eins im Verkaufsranking belegte, vor Samsung und all den anderen Alphatieren der Branche wie Apple oder Xiaomi. Doch eine Garantie, dass sich der Erfolg unaufhörlich fortsetzt, besteht für Huawei deswegen noch lange nicht.

    Für Firmengründer Ren Zhengfei zählt die Suche nach erstklassigem Personal deswegen zu den größten Herausforderungen seines Unternehmens. Bei einer internen Tagung mit Forscher:innen und Entwickler:innen aus dem eigenen Haus adressierte Ren das Problem kürzlich ausführlich. “Unsere Vergütungspakete müssen sich an den internationalen Talentmärkten orientieren und über das lokale Niveau hinausgehen. Das ist notwendig, um die besten Mitarbeiter der Welt anzuziehen”, sagte Ren laut Tagungsprotokoll, das China.Table vorliegt.

    “Unser Unternehmen befindet sich in einer kritischen Phase, was das strategische Überleben und die Entwicklung angeht”, sagte Ren. Seine Zukunft wird sich demnach auch über den Wettbewerb um die besten Ingenieure, Softwareexperten, Strategen und Analysten entscheiden. Um solch gefragten Mitarbeiter:innen ein angenehmes Umfeld zu bieten, will Huawei einen neuen Campus im Yangtse-Delta etablieren, mit Shanghai als Zentrum. Das Unternehmen setzt dabei auf den hohen Freizeit- und Erholungswert des Umlandes. “Die Region hat eine wunderschöne Landschaft. Sie ist ein großartiger Ort für Nicht-Chinesen zum Leben und Arbeiten”, sagte Ren.

    Ein Campus “so international wie möglich”

    Laut Protokoll schilderte der 77-Jährige vor seinen Angestellten detailliert, wie er sich das Profil des neuen Campus vorstellt. So international wie eben möglich, mag es der studierte Bauingenieur. “Wenn 700 oder 800 nicht-chinesische Wissenschaftler dort arbeiten, werden sie nicht das Gefühl haben, in einem fremden Land zu sein”, sagte er. Ob Ren damit die Präferenz seiner Zentralregierung bedient, scheint eher unwahrscheinlich zu sein. Peking möchte die Abhängigkeit der Volksrepublik von ausländischen Ressourcen minimieren. Dazu gehört auch das Personal.

    Wichtig seien aber nicht nur die Forschungsstätten selbst, sondern vor allem auch die Freizeitmöglichkeiten, die das Unternehmen kreiert. Junge Leute seien heute anders als zu seiner Zeit, so der Huawei-Chef. “Sie haben genug zu essen und Kleidung, deshalb stellen sie ihre Interessen oder Hobbys über alles andere. Allein durch Beförderungen, persönliche Gehaltserhöhungen oder mehr Boni sind sie nicht mehr zu motivieren.”

    Der Trend ist ein weltweiter. Bei Jobangeboten interessieren sich potenzielle Kandidat:innen außer für Geld und Karrierechancen zunehmend auch für die äußeren Umstände eines Arbeitsplatzes. Wer viel arbeitet, möchte sich währenddessen vor allem auch wohlfühlen. Auf dem Campus in Shanghai soll es deshalb zahlreiche Cafés geben, die alle vom Unternehmen gestaltet und eingerichtet werden. Huawei greift damit Prinzipien des Konzepts der New Work auf, in dem der Arbeitsplatz viele Alternativen für eine erholsame und gelöste Pause bietet. Deshalb ist auch ein See auf dem Campus geplant.

    Forschung muss sich nicht sofort auszahlen

    Ein wichtiger anderer Punkt, der bei der Tagung zur Sprache kam: theoretische Grundlagenforschung. China widme der experimentellen Wissenschaft viel Aufmerksamkeit, aber kaum der theoretischen Forschung, kritisierte Ren. Das Unternehmen dürfe nicht kurzsichtig sein und nur der Praktikabilität nachgehen. Stattdessen bräuchte es mehr Durchbrüche in der Theorie, insbesondere in Bereichen wie Halbleiter und Materialwissenschaften. “Hätten wir in den letzten zehn Jahren der Grundlagenforschung nicht so viel Aufmerksamkeit geschenkt, hätten wir nicht die riesige Menge an theoretischem und technischem Wissen erlangt, um die Schwierigkeiten zu überwinden, die durch die Beschränkungen und Blockaden durch die USA entstanden sind”, sagte Ren mit Bezug auf die Sanktionen der US-Regierung gegen Huawei. Durchaus zufrieden stellte der Firmengründer fest, dass man die Schwierigkeiten gut pariert habe.

    Auf die Frage eines jungen Wissenschaftlers, wie sich durch langfristige Forschung auch eine kurzfristige Wertschöpfung ergeben kann, antwortete Ren, dass man dies nur arbeitsteilig erreichen könne: “Ich glaube nicht, dass Menschen, die Langzeitforschung betreiben, direkt für die geschäftliche Ernte verantwortlich sein müssen.” Stattdessen sollten sie sich nur auf die Erforschung grundlegender Theorien konzentrieren. Ren verglich die Grundlagenforschung der Huawei-Halbleitersparte dabei blumig mit dem Besteigen eines Berges: “Wir erlauben HiSilicon weiterhin den Himalaya zu erklimmen, aber die meisten unserer Mitarbeiter werden Kartoffeln anbauen und Schafe und Rinder am Fuße des Berges weiden lassen, um denjenigen, die den Berg besteigen, einen stetigen Nahrungsfluss zu bieten.”

    Huawei will neue Standards etablieren

    Ein Beispiel, bei dem sich die Grundlagenforschung schon bald auszahlen könnte, sei die Forschung zur 6G-Netzwerktechnologie. 6G könne durch die Integration von Kommunikation und Sensorik noch mehr Anwendungsszenarien und neue Netzwerkfähigkeiten zeigen. “Wir dürfen uns nicht durch Standards beschränken lassen, sondern müssen es wagen, unsere eigenen Wege zu gehen und de facto neue Standards etablieren”, fordert Ren.

    Um selbst Standards zu setzen, plant Huawei noch mehr in neue Geschäftsbereiche vorzustoßen. Das könnten laut Ren zum Beispiel Automobile, elektrische Haushaltsgeräte, Wearables und Industriemaschinen sein.

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    Termine

    12.10.2021, 10:00 Uhr (16:00 Uhr Beijing Time)
    Dezan Shira & Associates mit AHK Nordchina, Webinar: Preventing Occupational Fraud in a Time of Crisis Mehr

    13.10.2021, 22:00 Uhr (14.10.2021, 04:00 Uhr Beijing Time)
    Harvard Fairbank Center, Vortrag: Environment in Asia Lecture Series featuring Ruth Mostern – The Yellow River: A Natural and Unnatural History Mehr

    13.10.2021, 17:00-18:00 Uhr (23:00-00:00 Uhr Beijing Time)
    Rayliant Global Advisors, Webinar: Opportunity of the Decade or Irresponsible Gamble? A Careful Look at China Equities Mehr

    13.10.2021, 10:00 Uhr (16:00 Uhr Beijing Time)
    Dezan Shira & Associates, Webinar: Shenzhen and Hong Kong: Twin Cities in the Greater Bay Area Mehr

    14.10.2021, 10:00-12:00 Uhr (16:00-18:00 Uhr Beijing Time)
    EU SME Centre, Online Training: Best practices of European SME’s exporting to China during and after Covid-19: Lessons from business who navigated through the crisis imposed by this pandemic Mehr

    15.10.2021, 17:15-18:30 Uhr (23:15 Uhr Beijing Time)
    Harvard Fairbank Center, Diskussionsrunde: The Future of Africa-China Engagement/Relations

    News

    Wanderarbeiter sollen Städtern gleichgestellt werden

    Ein ranghoher Berater der chinesischen Zentralbank People’s Bank of China (PBoC) hat gefordert, dass Wanderarbeiter in den chinesischen Städten den vollen Zugang zu lokalen Regierungsdienstleitungen erhalten sollten. Cai Fang, ein Mitglied des geldpolitischen Ausschusses der PBoC, sagte in einer online veröffentlichten Rede, dass der Zugang zum Hukou-System in den Städten für Wanderarbeiter den Konsum um bis zu 30 Prozent steigern würde. Dies würde laut einer Studie auch helfen, die Zahl der Menschen mit mittlerem Einkommen zu verdoppeln, berichtete Bloomberg am Donnerstag.

    Das chinesische Haushaltsregistrierungssystem Hukou steht derzeit dem Wachstum der Volksrepublik im Weg. Nur wer den Status eines Stadtbewohners von Geburt an hat, bekommt bisher auch Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen wie Schulplätzen, Krankenhausbesuchen oder zu Rentenzahlungen. Reformen sind seit einigen Jahren von der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission auf den Weg gebracht worden. Sie scheinen jedoch nicht schnell genug zu greifen. Auch die von Peking vorangetriebene Erhöhung der Urbanisierungsrate birgt Risiken einer “mittleren Einkommensfalle” (China.Table berichtete).

    Präsident Xi Jinping rief erst im August dazu auf, Chinas Bevölkerung mit mittlerem Einkommen als Teil der Bemühungen um “gemeinsamen Wohlstand” zu vergrößern. Laut Berechnungen von chinesischen Ökonomen muss dafür die Zahl der Menschen mit mittlerem Einkommen, derzeit rund 400 Millionen Menschen, verdoppelt werden.

    Schon in seiner Doktorarbeit hatte Xi die Überarbeitung des Hukou-Systems zu einem zentralen politischen Ziel erklärt. Ende 2019 hatte der Staatsrat zugesagt, das System in Städten mit drei bis fünf Millionen Einwohnern zu lockern und für Megastädte wie Peking und Shanghai die Registrierung für Zugezogene zu vereinfachen. Chinas Urbanisierungsrate ist seit den 60er-Jahren von etwa 20 Prozent auf knapp 60 Prozent bis Ende 2018 gestiegen. niw

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    CIA richtet China-Zentrum ein

    Der Auslandsgeheimdienst der USA (CIA) hat die Einrichtung eines neuen China-Zentrums angekündigt. Das China Mission Center “wird unsere gemeinsame Arbeit an der wichtigsten geopolitischen Bedrohung, die uns im 21. Jahrhundert entgegensteht, nämlich eine zunehmend feindlich gesinnte chinesische Regierung, stärken”, erklärte CIA-Direktor William Burns in einer Mitteilung, wie Reuters berichtete.

    Die Einsatzzentren sind eigenständige Einheiten, die Ressourcen aus der gesamten CIA nutzen. Solche Einheiten gibt es bereits für Spionageabwehr, Terrorismusbekämpfung und den Nahen Osten. Burns sagte, das Missionszentrum werde dazu beitragen, die bisherige Arbeit des Geheimdienstes über China zusammenzuführen.

    Burns hatte bereits bei Bestätigungsanhörung im US-Senat im Februar China als eine seiner Prioritäten festgelegt. Der erfahrene Diplomat nannte Chinas “feindliche, räuberische Führung” die größte Bedrohung für die USA und sagte, Pekings Ziel sei es, “die Vereinigten Staaten als mächtigste und einflussreichste Nation der Welt abzulösen”. ari

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    • USA

    Huawei eröffnet Innovationszentrum in Helsinki

    Der chinesische Telekommunikationsausrüster Huawei hat ein Innovationszentrum in Finnland eröffnet. Im Digital Finance and Security Innovation Lab (Fin²Sec) in Helsinki sollen Medienberichten zufolge Innovationen im Zusammenhang mit Partnern vor Ort entwickelt werden. Der Fokus liegt dabei auf der Digitalisierung von Bank-, Finanz- und Zahlungsdiensten in Europa, wie der Tech-Blog Gizmo China berichtete. Huawei kooperiert dazu demnach unter anderem mit der Aalto-Universität, der Universität Helsinki und weiteren Partnern wie Banken und Fintechs aus ganz Europa. In dem Lab sollen nicht nur neue Konzepte entwickelt, sondern auch Erfahrungen und Herausforderungen ausgetauscht werden, sagte Adam Rybusiewicz von Huawei dem Bericht zufolge.

    Für Huawei ist die Einrichtung des Zentrums ein seltener Erfolg im Baltikum. Die Länder dort sind dem chinesischen Konzern gegenüber eher skeptisch eingestellt. Das finnische Parlament hatte im Dezember ein Gesetz verabschiedet, das es Behörden ermöglichen würde, die Verwendung von Telekommunikationsnetzgeräten zu verbieten, wenn sie “schwerwiegende Gründe für den Verdacht haben, dass die Verwendung des Geräts die nationale Sicherheit oder Landesverteidigung gefährdet”.
    Im Gegensatz zu seinem Nachbarn Schweden hat Finnland bisher keinen Anbieter aufgrund seines Herkunftslandes verboten und nannte auch Huawei oder ZTE nicht namentlich. Finnland ist allerdings die Heimat von Nokia, einem der wichtigsten Mitwettbewerber. ari

    • Huawei
    • Kommunikation
    • Technologie

    Steigende Nachfrage nach Lithium

    Aufgrund von steigender Nachfrage nach E-Auto-Batterien ist der Preis für Rohstoffe weltweit gestiegen. So ist der Preis für Lithium, das ein elementarer Bestandteil von Batterien für E-Autos und Smartphones ist, zuletzt stark nach oben gegangen. Laut dem Benchmark Mineral Intelligence Index für Lithiumcarbonat und -hydroxid haben sich die Preise im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt, wie Bloomberg berichtete. Die Nachfrage nach Materialien, die in Elektroautos und erneuerbaren Energiespeichern verwendet werden, ist demnach sprunghaft angestiegen.

    Abbau-Unternehmen versuchten zwar, das Angebot zu erhöhen. Das reiche aber nicht aus, um den Verbrauch zu decken, hieß es weiter in dem Bericht. “Die Kosten von Zellen sind ein wichtiger Preisfaktor für Batterien. Und Rohmaterialien wie Lithium, Kobalt und Nickel machen immer noch 50 Prozent der Kosten aus”, sagte Christophe Pillot, Chef der französischen Energieberatung Avicenne, Ende September auf einer Konferenz der Branche.

    Lagen die Preise für Lithium vor gut einem Jahr noch auf Tiefstmarken, sind sie seit Ende September nun auf ein Rekordhoch gestiegen. So wurde an den Spotmärkten in China, wo kurzfristige Lieferverträge abgeschlossen werden, ein neuer Rekordpreis von 182 Yuan (etwa 24 Euro) pro Kilogramm Lithiumcarbonat erreicht.

    Aufgrund des Anstiegs der Rohstoffpreise prognostiziert Bloomberg, dass die Batteriepreise im Jahr 2021 erstmals seit langer Zeit nicht fallen werden. Lithium-Ionen-Batterien könnten durch die starke Nachfrage teurer werden und dadurch die Preise von E-Autos in die Höhe treiben, so Experten. Laut Bloomberg NEF wird sich der weltweite Lithiumverbrauch bis Ende dieses Jahrzehnts verfünffachen. niw

    • Autoindustrie

    Facebook-Whistleblowerin: Überwachung von Uiguren

    Die Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen hat bei einer Aussage nahegelegt, dass China Facebook nutze, um Uiguren im Ausland zu überwachen. Die ehemalige Produktmanagerin verwies vor dem Unterausschuss für Verbraucherschutz des US-Senats auf Spionage durch die Volksrepublik, wie CNN berichtete. Auf die Frage eines Senators, ob Facebook von “autoritären oder terroristischen Führungen” weltweit genutzt werde, antwortete Haugen, dass das “definitiv” der Fall sei und sich Facebook dessen “sehr bewusst” sei, heißt es in dem Bericht. Ihr Team habe direkt daran mitgearbeitet, chinesische Beteiligungen in dem Netzwerk zu verfolgen “und beispielsweise die uigurische Bevölkerung an Orten auf der ganzen Welt zu überwachen”, so Haugen.

    Bereits im März hatten dem Bericht zufolge Sicherheitsmitarbeiter von Facebook bekannt gegeben, dass chinesische Hacker uigurische Aktivisten und Journalisten, die außerhalb Xinjiangs und der Volksrepublik leben, mit gefälschten Facebook-Konten und Malware ins Visier genommen hatten. Whistleblowerin Haugen machte “eine konsequente Unterbesetzung der (Facebook-)Spionage-Operation” verantwortlich und kündigte an, auch mit anderen Teilen des US-Kongresses darüber zu sprechen.

    Haugen hatte bei Google, Pinterest, Yelp und schließlich rund zwei Jahre bei Facebook gearbeitet, zuletzt in der Abteilung für Spionageabwehr. Aus Frustration darüber, dass Facebook bei jeder Entscheidung den eigenen Profit über das Allgemeinwohl gestellt habe, habe sie umfangreiche Dokumente gesammelt, die allen Facebook-Mitarbeitern zugänglich waren und diese dann dem Wall Street Journal übergeben. ari

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    • Menschenrechte
    • Technologie
    • USA
    • Xinjiang

    AsiaBerlin Summit 2021

    4. – 10. Oktober
    Organisiert vom Berliner Senat & Asia Berlin Forum e.V.

    Der AsiaBerlin Summit 2021 findet hybrid statt – in Berlin und im Netz. Vom 4. bis zum 10. Oktober tauschen sich Experten und Interessierte über die Start-up-Ökosysteme Asiens und Europas aus. Table.Media fasst den Tag zusammen:

    Das Satellite Event “Trends and Best Practices in urban tech, green tech, mobility, advanced materials, and design cooperation between Berlin & China” setzte sich zum Ziel, Best Practices aus verschiedenen Industrien in China zu erörtern. Vier Networking-Projekte des Berliner Senats gestalteten die Reihe: Cooperation Network Berlin & China, Exploasia, the Assembly and BeCan (Berlin Chinesisches Automotive Netzwerk). Der Fokus lag auf den Themen Markteintritt, Patente und Urheberrecht – ein Workshop nahm sich dem Thema Design und E-Mobiltät im Zeitalter digitaler Transformation an.

    Anbei finden Sie eine Auswahl des Programms für heute, hier können sich für einzelne Veranstaltungen registrieren. Der Veranstaltungsort ist, wenn nicht anders angegeben, das Spielfeld digitalHub, Skalitzer Str. 85/86, 10997 Berlin. Der hybride Summit nutzt die Brella App. Unter diesem Link können sie dort nach der Registrierung teilnehmen.

    Der Summit bietet über das Wochenende auch geführte Touren in Museen und Ausstellungen an. Alle weiteren Informationen finden Sie auf der Website von Asia Berlin.

    EINE AUSWAHL AUS DEM PROGRAMM HEUTE

    10:00 – 12:00 AM SATELLITE EVENT: Connecting Berlin – Beijing: Cross-city startups, Beijing-Berlin Ecosystem Exchanges – An Overview, Speaker: Sandra Schulze (Berlin Partner), Yiran Li (Berlin Rep Office in Beijing), Till Ammelburg (TechCode) – Berlin-Beijing cross-border startup teams, Speaker: Hans Uszkoreit (Giance), Han Xiao (Jina AI) – Panel Trends in Ecosystem Exchanges, Speaker: Han Xiao (Jina AI), Hans Uszkoreit (Giance)
    Yasemine Cilt (Startup Grind, Community Manager of APAC & Middle East), Tim Luan (Innoway Beijing), Till Ammelburg (Moderator)
    TechCode Karl-Liebknecht-Str. 5, 10178 Berlin

    02:00 PM: Asia Berlin Blockchain Summit | Panel: Data ownership, SSI and central control, Speaker: Kamal Laungani (Affindi), Diksha Dutta (AsiaBerlin), Joachim Lohkamp  (Jocolom), Bruce Pon (Ocean Protocol), Marvin Tong (Phala Netwok) SPIELFELD STAGE 1

    03:00 PM: Asia Berlin Blockchain Summit: Panel: CBDCs Europe and Asia (+DCEP), Speaker: Xiaocheng Zhang (AWS), Shermin Voshmgir (Token Kitchen), Philipp Sandner ( Frankfurt School Blockchain Center), Dr. Oriol Caudevilla (CBDC) SPIELFELD STAGE 1

    Presseschau

    Hong Kong plans megacourt to deal with protest arrests backlog THE GUARDIAN
    Tariffs on China Are Destructive and They Are Here to Stay BLOOMBERG
    China’s Power Crunch Exposes Tensions Ahead of Key U.N. Climate Summit New York Times (PAY)
    Nuclear submarines will not deter China from conflict with Taiwan, but Australia has an alternative arsenal THE GUARDIAN
    Yang-Sullivan meeting showcases positive signals, major divergence GLOBAL TIMES (STAATSMEDIUM)
    “Ping-Pong-Diplomatie” zwischen Peking und Tokio? FAZ
    Spannungen im Pazifik: Biden nimmt einen neuen Anlauf mit China SUEDDEUTSCHE
    Evergrande, Greenland & Co.: Diese zehn chinesischen Firmen haben zusammen über zwei Billionen Dollar Schulden HANDELSBLATT
    Wirtschaftshistoriker: “China ist nicht mehr zu bremsen” WIWO
    Alibaba, Tencent und Co: Starker Anstieg bei China-Aktien AKTIONÄR

    Standpunkt

    Xi – Ein Mann sieht Rot

    Von Johnny Erling
    Johnny Erling zu Xi Jinpings Farbwahl "rot".

    Die Volksrepublik China hat sich wie andere sozialistische Staaten an die Symbolfarbe rot (红色) gewöhnt. Doch Parteichef Xi Jinping will mit frischem Schwung den revolutionären Anstrich für seine Partei und die Gesellschaft nun noch dicker auftragen. Nur wenn die Jugend mit “roten Genen” aufwächst, würde China “nie seine Farbe wechseln”.

    Kurz vor dem Ende November in Peking tagenden ZK-Plenum, der letzten richtungsweisenden großen Parteikonferenz für den im kommenden Herbst bevorstehenden Wahlparteitag, bringt Xi Jinpings Partei, Land und Leute ideologisch auf Vordermann. Zugleich lässt er China marktwirtschaftlich zurückrudern. Der Parteichef setzt alles daran, um 2022 seine zehnjährige Herrschaft über China verlängern zu können. Das ganze Land müsse noch röter werden: “Bei den Babys fangen wir an.”   

    Eigentlich fällt die Kennzeichnung “rot” unter die Gruppe von Adjektiven, die im deutschen Sprachgebrauch als nicht steigerungsfähig angesehen werden. In China ist das anders. Vergangene Woche druckte das vom ZK herausgegebene Theorie-Magazin der Partei “Quishi” zum Nationalfeiertag eine unveröffentlichte Rede von Xi vor seinem Politbüro: Darin wiederholt er 22-mal das Wort “rot” und verbindet es mit mehr als einem halben Dutzend Begriffen. Von der roten Kultur, den roten Nachfolgern, roten Ressourcen, roten Denkmäler, roten Idealen, roten Genen bis zum roten Land. (红色文化  红色血脉  红色资源  红色旧址 红色理想 红色基因 红色江山).

    Xi hielt seine interne Ansprache am 25. Juni, eine Woche vor den in Peking pompös inszenierten 100-Jahr-Feiern zur Gründung der KP-China. Als erstes belehrt er die höchsten Funktionäre des Landes mit einer Binsenweisheit: “Rot ist die am frischesten strahlende, grundlegende Farbe der Kommunistischen Partei Chinas und der Volksrepublik. In unserem riesigen Land sind überall rote Ressourcen verstreut.” Damit meint er Museen, Denkmäler oder Plätze, die an die Jahrzehnte dauernde Revolution der Partei bis zu ihrem Sieg und Gründung der Volksrepublik erinnern sollen. “Diese Ressourcen müssen Wallfahrtsorte zur ideologischen und patriotischen Erziehung der Jugend werden, damit sich die roten Gene von Generation zu Generation fortpflanzen. So würde garantiert, dass unser rotes Land niemals seine Farbe wechselt.”  (把红色基因传承好,确保红色江山永不变色.)  

    Dazu ermahnt er seine engsten Mitstreiter: “Ich habe Euch immer wieder gesagt, dass revolutionäre Ideale höher als der Himmel reichen,” und verlangt von ihnen, ebenso ideologisch zu denken, wie er es tut: “Rote Arterien zu haben ist der konzentrierte Ausdruck des politischen Wesens der KP-Chinas und die Quelle unserer spirituellen Kraft”.  

    Auf seinen Reisen durchs Land inspizierte Xi seit Amtsantritt 2012 auch immer wieder die historischen Gedenkorte der Revolution. Vom Gedenken zeigte er sich in “seiner Seele erschüttert”. Die Zeitschrift Qiushi wählte vergangenen Juni von diesen Besuchen 32 entsprechende Zitate Xis aus. Darunter spricht er auch über sein “Projekt zur Weitergabe der roten Gene von einer Generation zur Anderen,” (红色基因代代传”工程). Die Partei könne nicht früh genug mit patriotischer Erziehung der Jugend starten. “Revolutionäre traditionelle Erziehung muss bei den Babys beginnen, damit die roten Gene ins Blut eindringen.”(革命传统教育要从娃娃抓起, 使红色基因渗进血液).  

    Am 25. November 1968 erschien eine Briefmarke, die selbst Maos kulturrevolutionärem China zu rot war. “Das ganze Land ist rot” stand auf der Marke, die aber die Insel Taiwan als weißen Fleck und die von Peking beanspruchten Inseln im Südchinesischen Meer gar nicht zeigten. Die Marke wurde sofort eingezogen. Sie ist heute die allergrößte Rarität. Auf einer Hongkonger Auktion wurde für das obige Paar 1,725 Millionen HK-Dollar gezahlt. 

    Nur zu Zeiten der Herrschaft Maos ging Peking noch inflationärer mit der Symbolfarbe Rot um. Der Große Vorsitzende ließ sich als “Rote Sonne” preisen, sein Volk das Lied “Der Osten ist Rot” singen und entfesselte die Roten Garden.

    Zur Groteske des roten Wahns wurde am 25. November 1968 eine zu Ehren von Maos Kulturrevolution herausgegebene Sonderbriefmarke mit der Aufschrift: “Das ganze Land ist Rot”. Sie zeigte ein in seinen Grenzen komplett rot gefärbtes China. Die Marke wurde Stunden nach ihrer Ausgabe zurückgezogen, weil die Insel Taiwan auf ihr weiß eingezeichnet und die von Peking territorial beanspruchten Inseln im Südchinesischen Meer gar nicht markiert waren. Der Sinologe, Journalist und Experte für Mao-Memorabilien, Helmut Opletal, schätzt, dass nur wenige hundert Exemplare in Umlauf kamen. Als wertvollste Rarität der chinesischen Philatelie erzielen die Marken heute fantastische Preise.  

    Auf der Briefmarke schwenken die Kulturrevolutionäre das kleine rote Buch Maos mit den “Worten des Vorsitzenden”, auch als Rote Mao-Bibel bekannt. Xi Jinping musste für das Buch seiner Worte daher eine andere Farbe finden. 2017 erschien sein erster Sammelband unter dem Titel: “Lernt von Xis Goldenen Sätzen”. Seither sind weitere “Goldene Sätze Bücher” erschienen.   

    Die Überflutung Chinas mit roter Propaganda ist von Xi nicht etwa zu dick aufgetragener Tünche, nur, um die Alleinherrschaft der Partei zu legitimieren. Es ist auch ein Schachzug, um den ideologischen Überbau zu erhalten, mit dem er Chinas Wirtschaftsweise wieder in sozialistische Richtung lenken kann. Sein jüngstes Plädoyer für eine Politik des gleich verteilten Wohlstandes, Pekings Förderung von Staatsunternehmen und die spektakulären Feldzüge gegen wirtschaftliche Monopole, Macht und Einfluss in privater Hand weisen alle in die gleiche Richtung. Der britische “Economist” nannte es in seiner jüngsten Ausgabe: “Chinas neue Realität”, oder “Xis Zähmung des Kapitalismus.” 

    Xi Jinpings "Lernt von Xis Goldenen Sätzen"
    Inspiriert von der berühmten Roten Mao-Bibel  (Worte des Vorsitzenden Mao) ließ auch Xi Jinping ausgewählte Zitate aus seinen Werken veröffentlichen. Er ließ sie allerdings anders nennen: “Lernt von Xis Goldenen Sätzen” heißt der Titel von Band 1, der 2017 im Parteiverlag erschien.

    Der Parteichef hat nie verhehlt, dass er kein pragmatischer Wirtschaftsreformer, sondern ein Nationalist und Überzeugungstäter ist, der die Absicht verfolgt, Wirtschaft, Gesellschaft und Ideologie – zwar in chinesischer Weise – aber sozialistisch umzumodeln, um seine Nation zum Weltreich zu machen. Nur wollten das viele im Westen nicht wahrhaben. Nach seiner Wahl zum Parteichef sagte er in der Antrittsrede vor dem neuen Zentralkomitee am 5. Januar 2013: “In diesen Jahren wird im In- und Ausland immer wieder angezweifelt, ob das, was wir tun, noch sozialistisch ist. Manche nennen unser System einen vom Kapital geprägten Sozialismus, einen Staatskapitalismus oder neuen bürokratischen Kapitalismus. (资本社会主义,   国家资本主义 , 新官僚资本主义). Sie liegen damit total falsch.”    

    In seiner jüngsten zum 1. Oktober abgedruckten Rede sagte Xi: “Wir tragen den Namen ‘Kommunistische Partei’ und erkennen damit die Ideale des Kommunismus als die unseren an (…) Unsere Partei ist seit mehr als 70 Jahre an der Macht und wird das noch für lange Zeit sein.” Xi ist sich treu geblieben. Er ist ein Mann, der Rot sieht.   

    • KP Chinas
    • Xi Jinping

    Personalien

    Christopher Laskowski ist neuer Asien-Investmentbanking Chef von Jefferies Financial Group. Laskowski hat zuletzt bei MSA Capital in Hongkong gearbeitet, nachdem er Anfang des Jahres die US-Bank Citigroup nach mehr als zwei Jahrzehnten verlassen hatte. Er war bei Citi unter anderem als Chief Operating Officer des Asien-Pazifik-Geschäfts und des Investmentbanking-Bereichs tätig.

    Dessert

    Die freien Tage der Golden Week bieten Zeit für die unterschiedlichsten Dinge: Während ein Brautpaar für Fotos in Peking posiert, ist die Gruppe Touristen daneben mit den eigenen Urlaubs-Schnappschüssen auf dem Smartphone beschäftigt. Heute geht die “Goldene Woche” allerdings zu Ende – nun steht wieder die Arbeit an.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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